Epilepsie - Patientenbroschüre

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Sofortmaßnahmen
bei anhaltenden, akuten Krampfanfällen
Ein Leitfaden für Eltern und Betreuungspersonen
Was ist ein
epileptischer Anfall?
Das Gehirn enthält Millionen von Nervenzellen, die in Form elektrischer Signale
miteinander kommunizieren und unser Denken, unsere Bewegungen und unsere Gefühle steuern.
Bei einem epileptischen Anfall kommt es zu vorübergehenden abnormen Entladungen einiger Nervenzellverbände in der Hirnrinde. Der Anfall kann unterschiedlicheErscheinungsformenhaben–jenachLageundUmfangdesbetroffenen Hirnareals. Insgesamt lassen sich zwei Hauptkategorien epileptischer
Anfälle unterscheiden:1
Lokalisationsbezogene / fokale Anfälle entstehen in begrenzten Bereichen des
Gehirns.
Generalisierte Anfälle betreffen die gesamte Hirnrinde beider Gehirnhälften.
Sie können entweder direkt (primär) entstehen oder
sich aus einem lokalisationsbezogenen Anfall entwickeln, der sich ausbreitet
(sekundär generalisierter Anfall).
In der Regel dauern die Anfälle nicht länger als 2 Minuten.
Wie äußert sich ein Anfall?
FokaleAnfällesehenvonPatientzuPatientsehrunterschiedlichaus.
UnteranderemkönnenfolgendeAnzeichenauftreten:2
Veränderte Wahrnehmung: Das Kind riecht oder schmeckt
etwas, das nicht da ist.
Das Kind wirkt plötzlich verwirrt oder abwesend.
Seltsame Bewegungsabläufe.
Auffälliges Verhalten: Das Kind wiederholt z. B. bestimmte
Bewegungen immer wieder.
Zuckungen von Gliedmaßen.
Bewusstseinsstörungen.
Nicht immer ist ein fokaler Anfall für Außenstehende erkennbar.
Generalisierte Anfälle hingegen bieten einen dramatischen Anblick.
Sehrhäufigistdersogenanntetonisch-klonischeAnfall(„Grandmal“-Anfall).3
ErläuftindenmeistenFällenindreiPhasenab:
1. „Tonische Phase”: Starke Muskelspannung / Versteifung des Körpers.
Das Kind kann hinfallen, bewusstlos werden, eigenartig stöhnen, ggf. durch
Atemaussetzer blau anlaufen.
2. „Klonische Phase“: Krampfanfälle, kurzer Atemstillstand.
Das Kind hat ggf. seltsam verdrehte Augen und durch verstärkten SpeichelflussSchaumvordemMund.DurchBisseaufdieZungekanndiese
zusätzlich bluten.
3. Nachphase, bei der der Anfall abklingt.
Das Kind ist zunächst nicht weckbar, kommt dann langsam zu sich. Ggf.
wirkt es schläfrig, verwirrt oder reizbar. Es erinnert sich nicht an den Anfall.
Wie wird ein
epileptischer Anfall behandelt?
In den meisten Fällen ist die Gabe von Antiepileptika erforderlich, um das AuftretenepileptischerAnfällezuvermeiden.DieMedikamenteerhöhendieReizschwelle des Gehirns für das Auftreten von Anfällen.Es stehen verschiedene
WirkstoffezurVerfügung,derArztwähltjenachAnfallstyp,Epilepsieformund
AlterdesKindesdaspassendePräparataus.1,4 Nicht bei allen Kindern kann
durch Antiepileptika völlige Anfallsfreiheit erreicht werden.4
Treten Anfälle auf, klingen diese meist nach 1 – 2 Minuten von selbst wieder ab.
In Ausnahmefällen kann ein Anfall jedoch 5 Minuten oder länger anhalten.
Für diesen Fall wird den meisten Kindern ein Notfallmedikament verordnet, das
den Anfall unterbricht. Hier kommen sogenannte Benzodiazepine zum Einsatz.1
! Da epileptische Anfälle jederzeit und ohne Vorwarnung auftreten können,
müssen alle für das Kind verantwortlichen Personen wissen, was sie
im Falle eines Falles tun müssen. Dazu gehört auch die Handhabung des
Notfallmedikaments. Nach der Gabe sollte der Notarzt verständigt werden.5
Sofortmaßnahmen,
wenn ein Kind einen Anfall erleidet:
Schauen Sie auf die Uhr und merken Sie sich, wann der Anfall
begonnen hat.
Nehmen Sie dem Kind gefährliche Gegenstände ab
(z. B. Brille, Stifte etc).
Räumen Sie Hindernisse aus dem Weg bzw. bringen Sie das
Kind weg von Gefahrenbereichen (z. B. Treppen, scharfen
Möbelkanten, Straßenverkehr etc).
Beruhigen und beobachten Sie das Kind – Ihre Beobachtungen
können nachher für die Behandlung sehr wichtig sein.
Bringen Sie keine Gegenstände in den Mund des Kindes ein,
um zu verhindern, dass es sich auf die Zunge beißt.
Falls der Anfall länger als 5 Minuten anhält oder mehrere Anfälle
hintereinander auftreten, verabreichen Sie dem Kind bitte die ver
ordnete Notfallmedikation. Dauert der Anfall trotz Gabe des Notfallmedikamentes länger als 10 Minuten, rufen Sie den Notarzt.
7100000 DE/C-ANPROM/BUC/16/0071 10/16
Klingt der Anfall ab, bringen Sie das Kind in Seitenlage, damit es sich nicht
verschluckt. Erleichtern Sie ihm ggf. das Atmen, indem Sie die Kleidung lockern. Sprechen Sie es freundlich an – so erkennen Sie auch, wann das Kind
wieder bei Bewusstsein ist. Überprüfen Sie, dass das Kind unverletzt ist.6 Nach
dem Anfall braucht das Kind Zeit zur Erholung und schläft ggf. fest ein.7
1 Deutsche Gesellschaft für Neurologie: Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Erster epileptischer Anfall und Epilepsien
imErwachsenenalter.5.Auflage,Thieme,Stuttgart,2012.
2KrämerG:WassindfokaleAnfällemitBewusstseinsstörung?epiinfo,abrufbarunterhttp://www.swissepi.ch/fileadmin/pdf/Zentrum/
Was_sind_fokale_Anfaelle_mit_Bewusstseinsstoerung.pdf,letztesZugriffsdatum09.06.2015.
3 KrämerG:Wassindgeneralisiertetonisch-klonische(„Grandmal“-)Anfälle?epiinfo,abrufbarunterhttp://www.swissepi.ch/fileadmin/
pdf/Zentrum/Was_sind_generalisierte_tonisch-klonische_Anfaelle.pdf,letztesZugriffsdatum09.06.2015.
4 Informationszentrum Epilepsie der dgfe: Aktuelle Epilepsiebehandlung im Kindes- und Jugendalter. Abrufbar unter http://www.izepilepsie.de/home/index,id,18.html,letztesZugriffsdatum09.06.2015.
5 Deutsche Epilepsievereinigung e.V.: Notfallbehandlung. Abrufbar unter http://www.epilepsie-vereinigung.de/epilepsie/erste-hilfe/
notfallbehandlung/,letztesZugriffsdatum09.06.2015.
6 InformationszentrumEpilepsiederdgfe:ErsteHilfe.Abrufbarunterhttp://www.dgfe.info/home/index,id,449,selid,2748,type,VAL_
MEMO.html,letztesZugriffsdatum09.06.2015.
7 Informationszentrum Epilepsie der dgfe: Kinderbetreuung bei Epilepsie. Abrufbar unter http://www.dgfe.info/home/index.
html?searchquery=Kinderbetreuung&searchbutton.x=0&searchbutton.y=0,letztesZugriffsdatum09.06.2015.
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