8. Sinfoniekonzert W W W . G L A E S E R N E M A N U FA K T U R . D E 8. Sinfoniekonzert KulturE R L E B N I S Wir wünschen Ihnen einen klangvollen Abend in der Semperoper. Besuchen Sie auch den Ort, an dem Automobilbau zum kulturellen Ereignis wird: Die Gläserne Manufaktur von Volkswagen in Dresden. Eine Fertigungsstätte, so einzigartig wie ihr Produkt: der Phaeton. Besuch nach Voranmeldung über das Customer Care Center: Telefon 0 18 05 - 89 62 68 (0,14 € | Minute aus dem dt. Festnetz, max. 0,42 € | Minute aus den Mobilfunknetzen, abhängig vom jeweiligen Mobilfunknetzbetreiber). Generalmusikdirektor Fabio Luisi Ehrendirigent Sir Colin Davis 1 8. Sinfoniekonzert 29.1.10 2 0 U h r · S a m s tag 30.1.10 S o n n tag 31.1.10 1 1 U h r · S e m p ero p er F r e i tag Programm 20 Uhr Dirigent Christoph Eschenbach Violine Frank Peter Zimmermann Johannes Brahms (1833-1897) Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 77 1. Allegro non troppo 2. Adagio 3. Allegro giocoso, ma non troppo vivace pause Antonín Dvořák (1841-1904) Sinfonie Nr. 8 G-Dur op. 88 1. Allegro con brio 2. Adagio 3. Scherzo: Allegretto grazioso 4. Allegro ma non troppo Sehr geehrte Damen und Herren, aus gesundheitlichen Gründen musste Generalmusikdirektor Fabio Luisi das Dirigat des 8. Sinfoniekonzertes leider absagen. Wir danken Christoph Eschenbach, dass er sich kurzfristig bereit erklärt hat, die Konzerte in der Semperoper zu übernehmen. In Zusammenhang mit dem Dirigentenwechsel hat sich das Programm der zweiten Konzerthälfte geändert. Wir bitten diesbezüglich um Ihr Verständnis und wünschen Ihnen ein schönes Konzerterlebnis! O r c h e s t e r d i r e k t i o n d e r S ä c h s i s c h e n S ta at s k a p e l l e D r e s d e n Kostenlose Einführungen jeweils 45 Minuten vor Beginn im Kellerrestaurant 2 3 Christoph Eschenbach Dirigent Christoph Eschenbach ist eine der großen Musikerpersönlichkeiten unserer Zeit und leitet derzeit in seiner zehnten und letzten Spielzeit als Directeur musical das Orchestre de Paris. Im Herbst 2010 übernimmt er in Washington D.C. die Leitung des National Symphony Orchestra sowie die neu geschaffene Stelle des Musikdirektors des John F. Kennedy Center for the Performing Arts. Von 1999 bis 2001 war er Intendant und Künstlerischer Leiter des Schleswig-Holstein Musik Festivals, deren Orchesterakademie er noch immer als Principal Conduc- tor verbunden ist. In der Saison 2009/10 dirigiert Christoph Eschenbach u.a. die Wiener Philharmoniker im Rahmen der Salzburger Mozartwoche, das London Philharmonic Orchestra auf einer China-Tournee und das Philadelphia Orches­ tra, dem er von 2003 bis 2008 als Music Director vorstand. Außerdem gastiert er bei New York Philharmonic, San Francisco Symphony, den Münchner Philhar- monikern und dem NDR Sinfonieorchester, das er von 1998 bis 2004 als Chefdirigent leitete. Mit dem Schleswig-Holstein Festival Orchester konzertiert er in Ungarn, Tschechien und den USA. Außerdem leitet er seine ersten Konzerte am Pult des National Symphony Orchestra seit seiner Ernennung zum zukünftigen Music Director. Als ein international führender Pianist setzt er seine Zusammenarbeit mit dem Bariton Matthias Goerne fort, mit dem er die Schubert- Liederzyklen für Harmonia Mundi einspielt. Mit dem Orchestre de Paris und dem Philadelphia Orchestra entstanden in den vergangenen Jahren zahlreiche Aufnahmen für das finnische Label Ondine. Eschenbach wurde früh von George Szell und Herbert von Karajan gefördert und hatte Chefpositionen u.a. beim Tonhalle-Orchester Zürich (1982-1986) und beim Houston Symphony Orchestra (1988-1999) inne. Zu seinen jüngsten Auszeichnungen gehören das Große Verdienstkreuz mit Stern des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland und die Aufnahme in die französische Ehrenlegion. 1993 wurde er mit dem Leonard Bernstein Award des Pacific Music Festival ausgezeichnet, das er von 1992 bis 1998 künstlerisch leitete. Bei der Sächsischen Staatskapelle war Chris- toph Eschenbach zuletzt im November/Dezember 2009 zu Gast, mit Konzerten in Dresden und einer anschließenden Gastspielreise nach Dortmund, BadenBaden und Abu Dhabi. 4 5 Ein «Konzert gegen die Violine»? Zu Johannes Brahms’ Violinkonzert Johannes Brahms * 7. Mai 1833 in Hamburg † 3. April 1897 in Wien Johannes Brahms komponierte sein einziges Violinkonzert größtenteils in den Jahren 1877 und 1878 in Pörtschach am Wörthersee (Kärnten), wo er mehrere Jahre in Folge seine Sommerurlaube verbrachte. In die gleiche Zeit fällt auch die Entstehung seiner zweiten Sinfonie, mit der das Violinkonzert neben der Grundtonart D-Dur auch den «lichten» Grundcharakter teilt. Angeregt wurde das Konzert durch den berühmten und mit Brahms befreundeten Geiger Jo- seph Joachim, der den Komponisten schon seit vielen Jahren um ein Violinkonzert gebeten hatte. Doch Brahms zögerte lange: Zu groß war sein Respekt vor dem Konzert Beethovens (ebenfalls in D-Dur) und dem a-Moll-Konzert von Giovanni Battista Viotti (1755-1824), die ihm als «klassische Modelle», als uner- reichbare Vorbilder galten. Gleichzeitig wollte er auch kein reguläres Virtuosenkonzert schreiben – die reine Virtuosität um ihrer selbst willen, wie sie viele Solokonzerte des 19. Jahrhunderts auszeichnet, widerstrebte ihm. So verfolgte Violinkonzert D-Dur op. 77 1. Allegro non troppo 2. Adagio 3. Allegro giocoso, ma non troppo vivace er, nachdem er sich zur Komposition «durchgerungen» hatte, einen ganz neuen, eigenständigen Ansatz: Brahms komponierte ein Violinkonzert, in dem er die konzertante mit der sinfonischen Form verband. Besonders deutlich geht dies aus der ersten, verworfenen Fassung des Kon- zertes von 1874 hervor, die Brahms – nach dem Vorbild einer Sinfonie – viersät- zig anlegte. Nach intensivem Austausch mit Joachim, der den Pianisten Brahms in geigentechnischen Fragen beriet, verwarf er aber die beiden Mittelsätze und ersetzte sie schließlich durch einen lyrischen Adagio-Satz. Formal folgt das e n t s ta n d e n Besetzung 1874 und 1877/78 in Wien und in Violine solo; 2 Flöten, 2 Oboen, Pörtschach am Wörthersee 2 Klarinetten, 2 Fagotte, 4 Hörner, 2 Trompeten, Pauken, Streicher ur aufgeführt am 1. Januar 1879 im Leipziger Verl ag Gewandhausorchester, Dirigent: Leipzig Gewandhaus (Solist: Joseph Joachim, Johannes Brahms) Breitkopf & Härtel, Wiesbaden/ Dauer gewidmet dem Geiger Joseph Joachim 6 ca. 40 Minuten Konzert damit der traditionellen Dreisätzigkeit, mit der Satzfolge schnell-langsam-schnell. In seiner Struktur zeigt das Werk aber auch in der endgültigen Gestalt deutlich sinfonische Züge. Soloinstrument und Orchester sind hier aufs engste miteinander verbunden, die Violine ist quasi in das dichte Gefüge des Orchestersatzes eingebunden. Und genau darin unterscheidet sich das Werk doch grundlegend von dem ansonsten wesensverwandten Violinkonzert Beet­ hovens: Stehen sich dort Solist und Orchester wie «Individuum und Gesellschaft» gegenüber, so sind sie hier untrennbar miteinander verwachsen. Trotz der hohen spieltechnischen Ansprüche verzichtete Brahms im Solo- part weitgehend auf geigerische Effekte. Ihm ging es in dem Werk vor allem um sinfonische Entwicklungen – wie sie bereits der groß dimensionierte Kopfsatz eindringlich zeigt. In der Allegro-Einleitung stellt das Orchester zwei Hauptgedanken vor: ein lyrisch-kantables Hauptthema, das zu Beginn in Bäs- 7 «Ich wünsche es mit einem weniger guten Geiger als Du es bist, durchzugehen, da ich fürchte, Du bist nicht dreist und streng genug. Nur durch viel Vorschläge und Änderungen könntest Du imponieren.» Brahms 1879 an Joseph Joachim, mit dem er auch nach der Uraufführung noch am Violinpart feilte. Der Geiger Joseph Joachim. Fotografie um 1880 sen und Hörnern erklingt, und ein energisches Seitenthema der Streicher, das mit seinen Punktierungen einen trotzigen Charakter ausstrahlt. Als Folge dieser ersten «Entwicklung» setzt der Solist mit dem variierten Hauptthema in Moll ein – eine einfache Wiederholung des Beginns scheint nicht möglich. Darüber hinaus führt er schon wenig später ein schwelgerisches neues Thema ein (das in der Orchesterexposition nur angedeutet war), und erst danach greift auch er das punktierte Seitenthema mit markanten Doppelgriffen auf. All dies ist bereits «Durchführung», d.h. permanente Weiterentwicklung des thematischen Materials, und so wundert es nicht, dass die eigentliche Durchführung nur recht kurz ausfällt. Eine Kadenz hat Brahms für den Satz selber nicht geschrieben: In der Regel erklingt die Solokadenz von Joseph Joachim, so auch am heutigen Abend. Auch der langsame Satz hat sinfonischen Anspruch, die Kunst des ständigen Variierens verschleiert hier die schlichte dreiteilige Liedform. Eröffnet wird das Adagio durch eine innige Weise der Oboe, die in einen reinen Bläsersatz eingebettet ist. Sie wird von der Solovioline aufgegriffen – allerdings nicht «wörtlich», sondern in ausdrucksvollen Fortspinnungen. Im Mittelteil nimmt die Musik bewegtere, leidenschaftliche Züge an. Die Violine tritt zunehmend in Johannes Brahms. Gemälde von Willy von Beckerath (1928). Der Maler Willy von Beckerath war mit Brahms befreundet und als Möbeldesigner und Unternehmer Mitbegründer der ersten deutschen Gartenstadt in Dresden-Hellerau den Vordergrund und behält diese Führungsrolle auch in der anschließenden Reprise bei, in der das Hauptthema erneut variiert wird. Der Geigenvirtuose Pablo de Sarasate brachte das Unkonventionelle des Werkes – unbeabsichtigt – 8 9 auf den Punkt, als er es als Zumutung empfand, im Adagio «mit der Geige in der Hand zuzuhören, wie die Oboe dem Publikum die einzige Melodie des ganzen Stücks vorspielt». Als «ungarisierendes» Rondo gestaltete Brahms den Finalsatz, der mit einem feurigen Hauptgedanken in der Solovioline anhebt (den der Komponist übrigens nicht – wie häufig vermutet wurde – der ungarischen Folklore abgelauscht hat: die Melodie ist «reiner Brahms»). In zwei kontrastierenden Cou- plets nimmt die Musik auch lyrische Züge an, aber jedes Mal wird sie vom zündenden Charakter des Rondo-Themas mitgerissen und kehrt zur anfänglichen Spielfreude zurück. Ganz am Ende, in der Coda, wird das Thema durch eine überraschende Umrhythmisierung noch rasant gesteigert – worauf der Satz aber schließlich in einer völligen Zurücknahme des Tempos endet: Anstelle einer effektvollen Schlusswirkung steht hier ein resignativer Rückzug, auf den nur noch die Schlussakkorde folgen. Die Uraufführung des Konzertes fand am Neujahrstag 1879 im Leipziger Gewandhaus statt, Joseph Joachim spielte den Solopart, Brahms dirigierte. Das Publikum reagierte freundlich, von der Kritik wurde das Werk aber zunächst zwiespältig aufgenommen. Feierten einige Kritiker das Konzert sofort als «drit- tes Werk im Bunde» mit Beethoven und Mendelssohn, so wurde ihm von anderen der Konzertcharakter völlig abgesprochen – es sei eine «Sinfonie mit obligater Geige», schlimmer noch: ein «Konzert gegen die Violine», mit einem an vielen Stellen «ungeigerischen» Violinpart. Dennoch konnte sich das Werk, nicht zuletzt durch den engagierten Einsatz Joachims und seines großen Schülerkreises, schon bald nachhaltig durchsetzen und gilt heute unbestritten als «das» Violinkonzert der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. To b i a s N i e d e r s c h l a g Alfred Brendel in Dresden 2. Februar 2010, 18 UhR Hochschule für Musik Carl Maria von Weber 3. Februar 2010, 20 Uhr Semperoper Unter dem Eindruck des Violinkonzertes von Johannes Brahms komponierte auch Antonín Dvořák, der wesentlich von Brahms gefördert wurde und vielen als «böhmischer Brahms» galt, zwischen 1879 und 1882 ein Violinkonzert für Joseph Joachim. Der Geiger spielte das Werk zwar im Rahmen eines internen Vortragsabends an der Berliner Musikhochschule, als deren Gründungsrektor er seit 1869 wirkte. Öffentlich hat er 5. Februar 2010, 19 Uhr Die Gläserne Manufaktur von Volkswagen Unter Mitwirkung von Musikerinnen und Musikern der Staatskapelle Dresden, Adrian Brendel (Violoncello) u.a. Weitere Informationen unter www.staatskapelle-dresden.de Tickets: 2. Februar: Hochschule für Musik Carl Maria von Weber, [email protected] 3. und 5. Februar: Schinkelwache am Theaterplatz, Tel. 0351-4911705, [email protected] es jedoch niemals aufgeführt. 10 11 Frank Peter Zimmermann Violine Geboren 1965 in Duisburg, begann Frank Peter Zimmermann im Alter von fünf Jahren mit dem Geigenspiel und gab bereits mit zehn Jahren sein erstes Konzert mit Orchester. Im Jahr 2005 feierte er sein 30-jähriges Bühnenjubiläum. Nach Studien bei Valery Gradow, Saschko Gawriloff und Hermann Krebbers begann 1983 sein kontinuierlicher Aufstieg zur Weltelite. Zimmermann gastierte bei allen wichtigen Festivals und bei allen berühmten Orchestern und ­Dirigenten in der Alten und Neuen Welt. Zu den Höhepunkten der Saisons 2008/09 und 2009/10 zählen Konzerte mit den Berliner Philharmonikern und dem Royal Concertgebouw Orchestra jeweils unter Bernard Haitink, den Wie- ner Philharmonikern unter Sir Simon Rattle, dem Chicago Symphony Orchestra unter Pierre Boulez, dem Boston Symphony Orchestra, dem New York Philharmonic Orchestra und der Staatskapelle Dresden. Frank Peter Zimmermann brachte drei Violinkonzerte zur Uraufführung: 2009 das Violinkonzert «Juggler in Paradise» der amerikanischen Komponistin Augusta Read Thomas, 2007 «The Lost Art of Letter Writing» von Brett Dean mit dem Royal Concertgebouw Orchestra und 2003 Matthias Pintschers Violinkonzert «en sourdine» mit den Berliner Philharmonikern. Neben seinen zahlreichen Orchesterengagements ist Zimmermann auch als engagierter Kammermusiker regelmäßig auf den großen Podien der Welt zu erleben. Gemeinsam mit dem Bratscher Antoine Tamestit und dem Cellisten Christian Poltéra gründete er 2007 das «Trio Zimmermann». Während seiner Zeit als Exklusiv-Künstler von EMI Classics spielte Frank Peter Zimmermann von Bach bis Weill alle großen Violinkonzerte auf CD ein. In den vergangenen Jahren erschienen Aufnahmen bei Teldec, ECM und Sony Classical. Zahlreiche seiner Einspielungen wurden weltweit mit bedeutenden Preisen ausgezeichnet. Frank Peter Zimmermann spielt eine Stradivari aus dem Jahr 1711, die einst dem Geiger Fritz Kreisler gehörte. Das Instrument wird ihm freundlicherweise von der WestLB AG zur Verfügung gestellt. Bei der Sächsi- schen Staatskapelle ist Zimmermann seit vielen Jahren ein regelmäßiger und gern gesehener Gast. 12 13 «Da bin ich nicht nur absoluter Musikant, sondern Poet» Zu Antonín Dvořáks achter Sinfonie Antonín Dvořák * 8. September 1841 in Nelahozeves (bei Prag) † 1. Mai 1904 in Prag Im Gegensatz zur sechsten Sinfonie D-Dur op. 60, die Antonín Dvořák auf Bitte des Dirigenten Hans Richter 1880 für die Wiener Philharmoniker komponierte, und auch im Gegensatz zur siebten Sinfonie d-Moll op. 70, die der Prager Kom- ponist 1884/85 als Auftragswerk für die Londoner Philharmonic Society schrieb, entstand seine achte Sinfonie G-Dur op. 88, die ihren Beinamen «Englische» einzig dem Umstand verdankt, dass sie nicht wie die vorausgegangenen Opera 60 und 70 vom Berliner Musikverlag N. Simrock, sondern vom Londoner Musikverlag Novello gedruckt wurde, ohne nachweisbaren Auftrag von Außen. Doch scheinen auch bei ihrer Entstehung äußere Umstände eine gewisse Rolle ge- Sinfonie Nr. 8 G-Dur op. 88 spielt zu haben. Eine Sinfonie für Russland? 1. Allegro con brio 2. Adagio 3. Scherzo: Allegretto grazioso 4. Allegro ma non troppo Im Februar und November 1888 konzertierte Peter I. Tschaikowsky in Prag. Mehrfach traf er dabei mit Dvořák zusammen, der seine Musik bewunderte («voll innigen Gefühls und Poesie»), und mit dem ihn rasch eine enge Freundschaft verband. Noch im November 1888 muss Tschaikowsky in seiner Eigen- schaft als Direktor der Kaiserlich-Russischen Musikgesellschaft Dvořák münde n t s ta n d e n Nationaltheaters, Dirigent: Antonín zwischen August und November Dvořák) Besetzung 2 Flöten (2. auch Piccolo), 2 Oboen gewidmet der Berufungskommission «Für die Aufnahme in die Tschechische KaiserFranz-Joseph-Akademie für Wissenschaften, Literatur und Kunst» (2. auch Englischhorn), 2 Klarinetten, 2 Fagotte, 4 Hörner, 2 Trompeten, 3 Posaunen, Tuba, Pauken, Streicher Verl ag Supraphon, Prag ur aufgeführt 14 tet haben – einen Vorschlag, dem der Prager Komponist nach nur kurzer Be- denkzeit im Februar 1889 zustimmte. Die anfängliche Idee allerdings, im Mos- 1889 auf Dvořáks Sommersitz Vysoká und in Prag lich den Vorschlag einer Konzertreise nach Moskau im Frühjahr 1890 unterbrei- am 2. Februar 1890 im Prager Rudol- Dauer finum (Orchester des Tschechischen ca. 37 Minuten kauer Konzert von Dvořák dessen Oratorium «Die heilige Ludmilla» zur Aufführung zu bringen, musste rein technischer Gründe wegen (Übersetzung des Textes, Probleme der Chorbesetzung) fallengelassen werden. Mehrere größere Orchesterkompositionen aus der Feder Dvořáks sollten stattdessen auf dem Programm stehen. Neben der Konzertouvertüre «Husitská», den «Sinfonischen Variationen» und dem «Scherzo capriccioso» schlug Dvořák dabei als letzten Programmpunkt am 24. August 1889 vor: «4. eine von meinen Sinfonien (aber welche?). Ich habe 3 Sinfonien: D dur, D moll und F Dur.» Dass Dvořák, an den inzwischen auch Petersburg mit der Bitte um ein Kon- zert auf der Rückreise von Moskau herangetreten war, zwei Tage nach diesem Brief mit der Komposition der achten Sinfonie begann, dass er am 2. Oktober 1889, was das Programm betraf, schrieb: «Eine Sinfonie. Entweder die D moll 15 oder F dur, oder bringe ich eine neue, die noch Manuskript ist», und dass er Anfang Januar 1890 Moskau meldete: «Ich erlaube mir, Ihnen also die neue Sinfonie in G Dur, welche noch Manuskript ist, vorzuschlagen», drängt doch die Vermutung auf, dass das Auslösungsmoment für die Komposition der «Ach- ten» Russland und die bevorstehende Russlandreise waren. Der Umstand, dass die «Achte» 1890 dann weder in Moskau noch in St. Petersburg gespielt wurde, sowie der Umstand, dass die «Achte» die Widmung an die Tschechische Akademie trägt, sind dazu kein Widerspruch: ersteres geht höchstwahrscheinlich auf das Veto des Verlegers Simrock zurück (mit dem es wegen Dvořáks Honorar­ forderungen für die «Achte» denn auch zum Bruch kam), letzteres war ein nachträgliches Dankeschön für eine Ehrung, von der Dvořák zum Zeitpunkt der kompositorischen Arbeit am Opus 88 noch nichts wissen konnte. Musik und Poesie Die Komposition der «Achten» fällt in eine Zeit der künstlerischen Umorientie- rung Dvořáks. Zwischen April und Juni 1889, nur wenige Monate vor der Entstehung der neuen Sinfonie, schuf er jene mit «Poetische Stimmungsbilder» über- schriebenen 13 Klavierstücke op. 85, über die er seinen Verleger Simrock wissen ließ: «Jedes Stück wird einen Titel haben und soll etwas ausdrücken, also gewissermaßen Programmusik»; und seinem Freund, dem Prager Musikkritiker Emanuel Chvála, schrieb er im Zusammenhang mit diesem Werk: «Da bin ich nicht nur absoluter Musikant, sondern Poet.» Dvořáks Worte und seine vor dem Hintergrund der ästhetischen Streitigkeiten des 19. Jahrhunderts um Form und Inhalt, Gestaltung, Ausdruck und Bestimmung des musikalischen Kunst- werks sicherlich nicht unbedacht gewählten Begriffe wie «Titel, etwas ausdrücken, gewissermaßen Programmusik, absoluter Musikant, musikalischer Poet» deuten auf Neues im kompositorischen Selbstverständnis Dvořáks. Das bisherige Komponieren «tönend bewegter Formen» weicht dem Bemühen um ver- stärktes musikalisches Sprechen, um deutlicheres musikalisches Ausdrücken und bestimmtere musikalisch-charakteristische Bildhaftigkeit: der – sich bis dahin auch selbst so verstehende – absolute Tonsetzer Dvořák wird zum musi- kalischen Poet. Das betrifft nicht nur die Klavierstücke op. 85, sondern auch die Werke der Folgezeit wie das «Dumky-Trio» (1890/91) oder die drei Konzertouvertüren (1891 /92) «In der Natur» op. 91, «Karneval» op. 92 und «Othello» op. 93, die Dvořák zufolge einen Zyklus «Natur – Leben – Liebe» über das menschliche Dasein bilden. Vogelrufe und prämotivische Naturlaute kennzeichnen dabei das Opus 91; eine wichtige Rolle spielt in der das aufgeregte Treiben und Tun der 16 Antonín Dvořák im Jahr 1891 17 Menschen schildernden Ouvertüre «Karneval» jenes nach Dur gewendete, vom «Requiem» her bekannte Todesmotiv; und die Liebe in «Othello» ist ohnehin zutiefst tragischer Natur: In der Partitur notierte Dvořák zu bestimmten Stellen die entsprechenden Textmarken der gleichnamigen Tragödie Shakespeares, wie etwa: «Sie umarmen einander in seliger Wonne», «Eifersucht und Rachedurst reifen in ihm», «Othello ermordet sie in toller Wut». Betroffen von diesem musikalischen Poetisieren Dvořáks sind auch Werke der Amerikajahre 1892-1895: Zwar nicht mehr in der autographen Partitur und im Druck, aber noch in der Skizze trägt der langsame Satz der so berühmt ge- Das ehemalige Prager Konservatorium und heutige Rudolfinum. Hier fand 1890 die Uraufführung statt wordenen «Sinfonie aus der Neuen Welt» op. 95 (1893), der mit seinem traurig- verträumten Tonfall inhaltliche Deutungen wie «Einsamkeit in der Prairie» oder «Trauriges Erinnern an die Heimat» hervorrief, die Überschrift «Legenda» (Er- treibende Verbindungsmotiv der Streicher, das für den Durchführungsteil wie- haber und praktizierende Katholik, mit Pastoralcharakter und stilisierten Vo- Seitenthema in den Streichern, das zur Grundtonart G-Dur ungewohnterweise zählung). Autobiographische Momente sind es, auf die Dvořák, der Naturliebgelrufen sowie Anklängen an den Kirchenton in seinem amerikanischen Streichquartett F-Dur op. 96 (1893) anspielt; und den Titel «Neptun» trug ein damaliger Entwurf zu einer Sinfonie, in deren Kommentar zu den einzelnen Sätzen zu lesen ist: «I. Satz Neptun / wellenartige Begleitung der Melodie, Ruhe und Zuversicht / II. Satz Choral / dann Variationen / III. Satz Scherzo / ein heiterer Satz – Tänze und Belustigungen auf dem Schiff / IV. Satz Sturm und Ruhe – und glückliche Rückkehr ans Land». Dass dieses zunehmende musika- lische Poetisieren Dvořák im Jahre 1896 schließlich zur Sinfonischen Dichtung («Der Wassermann» op. 107, «Die Mittagshexe» op. 108, «Das goldene Spinnrad» op. 109 und «Die Waldtaube» op. 110) führte und zur Verwendung eines dichterischen Programms greifen ließ, war in seinem Schaffen, entgegen manch zeitgenössischer Ansicht, kein Bruch, sondern nur die logische Fortsetzung seines seit 1889 beschrittenen neuen Wegs. Bildhaftigkeit und Sprachähnlichkeit Die achte Sinfonie war dabei das erste Werk für Orchester, das von den neuen kompositorischen Tendenzen Dvořáks betroffen war. Das zeigt sich zum einen bereits in der Vielzahl und Buntheit der Themen, motivischen und melodischen Gedanken – in einer Vielzahl und Buntheit, wie sie in keiner der vorausgegan- genen Sinfonien anzutreffen ist. Sieben (und eben nicht wie vorher üblich, drei oder vier) verschiedene thematisch-motivische Gedanken z.B. weist der Expositionsteil des ersten Satzes auf: das klagende Cellothema am Satzbeginn, das von der Flöte gespielte Hauptthema, das rhythmisch punktierte und vorwärts 18 der herangezogene Bratschenthema, den lyrischen Überleitungsgedanken zum in h-Moll stehende Seitenthema selbst sowie das Schlussgruppenthema in H-Dur. Ihre Vielzahl und Buntheit allerdings ist nicht willkürlich, sondern durch motivische Verwandtschaften und strukturelle Bezüge kompositorisch kontrolliert (wobei die Verwandtschaft zwischen den Hauptthemen des ersten und denen des vierten Satzes zyklischen Zusammenhang des Ganzen garantiert) und eingebunden in eine Art übergeordnete formale Ökonomie: jenes Brat- schenthema etwa, das in der Exposition des ersten Satzes als vierter Gedanke erscheint und das tongetreu oder in unmittelbar fasslichen Varianten die ganze Durchführung über erklingt, wird – ganz so, als seien seine formellen und ausdrucksmäßigen Möglichkeiten zur Genüge ausgeschöpft – in der Reprise nicht mehr aufgegriffen. Viele der in der Sinfonie auftretenden Themen und melodischen Gedanken tragen den Charakter musikalischer Sprachgesten, ja Vokabeln: Sie klingen wie Signale (Quartmotiv 2. Satz), geben sich fanfarenartig (Beginn 4. Satz), oder als Naturlaute (Hauptthema 1. Satz, Flöteneinwürfe 2. Satz); sie signalisieren Choral (1. und 2. Satz), Trauermarsch (4. Satz) oder Tanz (Coda 3. Satz); sie sind Ausdruck des Schönen (Solovioline 2. Satz) oder auch des Fremden, exotisch Anmutenden (Klarinette Anfang 2. Satz). Durch ihren Vokabelcharakter erwecken sie beim Hören unmittelbare Assoziationen, lassen mehr oder weniger konkrete Bilder entstehen und benennen musikalisch fest umrissene Aus- drucks- und Vorstellungsbereiche. Tangiert von dieser Art neuen Sprechens und Ausdrückens werden Form und Formgestaltung, auch wenn Dvořák nach außen hin die Tradition der Gattung «Sinfonie» in der Viersätzigkeit der «Ach- ten» (in der zwar anstelle des Scherzos ein walzerartiges «Allegretto grazioso» 19 erscheint und das Finale eine formal recht freie Verbindung von Sonaten- und Variationssatz darstellt) aufrecht erhielt. Im Inneren aber machte sich eine Gewichtsverschiebung bemerkbar: Nicht mehr so sehr die thematische Verar- beitung, das kunstvolle Kombinieren und gegenseitige Sich-Durchdringen der Themen, Motive und melodischen Gedanken, als vielmehr ihr immer wieder 2 . – 6 . F eb rua r 2 0 1 0 Skandinavien-Tournee neues, oft subtil variiertes Auftreten bildet das Hauptanliegen Dvořáks. Gerade dies aber wurde vielfach missverstanden und hat zu manch nega- Dirigent tivem Urteil über Opus 88 geführt. So schrieb Bernard Shaw voll böser Ironie: Neeme Järvi vorzügliche Promenadenmusik für sommerliche ländliche Feste.» Und für Her- Violine «Die Sinfonie erreicht fast das Niveau von Rossinis Ouvertüren und wäre eine mann Kretzschmar stellte die G-Dur-Sinfonie ein Werk dar, das «den Begriffen nach, an die die europäische Musikwelt seit Haydn und Beethoven gewöhnt ist, Frank Peter Zimmermann kaum noch eine Symphonie zu nennen [ist], dafür ist sie viel zu wenig durch­ gearbeitet und in der ganzen Anlage zu sehr auf lose Erfindung begründet. Sie neigt zum Wesen der Smetana‘schen Tondichtungen und dem von Dvořáks eignen slavischen Rhapsodien.» Kretzschmars angebliche Negativpunkte («lose Erfindung, Wesen der Tondichtung und Wesen der Rhapsodie») aber benennen Programm ker nach der Londoner Erstaufführung vom 24. April 1890 schrieb, es sei hier Johannes Brahms Violinkonzert D-Dur op. 77 genau das Neue und Einzigartige in dieser Sinfonie, zu der ein englischer Kriti«unmöglich, nicht zu fühlen, dass die Musik versucht, sehr verständlich von Geschehnissen außerhalb ihrer selbst zu sprechen», und in der Dvořák – eige- nen Worten zufolge – sich bemühte, «ein von seinen übrigen Sinfonien abweichendes und den musikalischen Gedankeninhalt auf eine neue Art und Weise verarbeitendes Werk zu geben.» K l aus D ö g e Im November/Dezember 1990 spielte die Staatskapelle Dresden Dvořáks achte Sinfonie unter der Leitung von James Levine in der Lukaskirche für die Deutsche Grammophon ein. 1994 entstand in Fortsetzung dieser Zusammenarbeit die Aufnahme der neunten Sinfonie («Aus der Neuen Welt»). 20 Richard Strauss «Also sprach Zarathustra » op. 30 2. Februar 2010 Oslo Konserthus 3. Februar 2010 Kopenhagen DR Koncerthuset 4. Februar 2010 Hamburg Laeiszhalle 6. Februar 2010 Stockholm Konserthus 21 8. Sinfoniekonzert Orchesterbesetzung 1. Violinen Bratschen Kai Vogler Michael Neuhaus 1. Konzertmeister Kontrabässe Christoph Anacker* Solo Hörner Solo Jochen Ubbelohde Solo Michael Eckoldt Andreas Schreiber Petr Popelka Harald Heim Michael Frenzel Michael Schöne Christoph Bechstein Klaus Gayer Jörg Faßmann Michael Horwath Jörg Kettmann Torsten Hoppe Uwe Jahn Susanne Branny Fred Weiche Ulrich Milatz Birgit Jahn Ralf Dietze Martina Groth Juliane Böcking Henrik Woll Irena Krause Anja Krauß Reimond Püschel Trompeten Johannes Nalepa Sven Barnkoth Flöten Posaunen Thomas Grosche Susanne Neuhaus Wieland Heinze Rozália Szabó Eva-Maria Knauer* Solo Reinald Ross* Bernhard Kury Franz Schubert Violoncelli Oboen Andrea Karpinski* Friedwart Christian Dittmann Roland Knauth Anselm Telle Isang Enders Konzertmeister Renate Hecker Tom Höhnerbach 2. Violinen Heinz-Dieter Richter Uwe Kroggel Konzertmeister Matthias Meißner Annette Thiem Jens Metzner Ulrike Scobel Olaf-Torsten Spies Beate Prasse Mechthild von Ryssel Andreas Priebst Johann-Christoph Schulze Céline Moinet Solo Solo Andreas Lorenz Michael Goldammer Klarinetten Fabian Dirr* Dietmar Hedrich Matthias Schreiber* Fagotte Bruno Klepper* Mathias Schmutzler Solo Tobias Schiessler Solo Jürgen Umbreit Frank van Nooy Tuba Hans-Werner Liemen Solo Pauken Bernhard Schmidt Solo Solo Jörg Hassenrück Anke Heyn Julius Rönnebeck Thomas Eberhardt Solo Hannes Schirlitz * als Gast Alexander Ernst Emanuel Held Martin Fraustadt Stanko Madić Johanna Fuchs Steffen Gaitzsch* 22 23 Vorschau 9. Sinfoniekonzert Zum Gedenken an die Zerstörung Dresdens am 13. Februar 1945 S a m s tag S o n n tag 13.2.10 14.2.10 20 Uhr 20 Uhr S e m p er o p er Dirigent Christian Thielemann Krassimira Stoyanova Sopran Elīna Garanča Mezzosopran Michael Schade Tenor Franz-Josef Selig Bass Chor der Sächsischen Staatsoper Dresden Einstudierung: Pablo Assante Ludwig van Beethoven «Missa solemnis» D-Dur op. 123 Impressum Bilder Sächsische Staatsoper Dresden Intendant Prof. Gerd Uecker Generalmusikdirektor Fabio Luisi Spielzeit 2009|2010 Herausgegeben von der Intendanz © Januar 2010 Redak tion Tobias Niederschlag G e s ta lt u n g u n d L ay o u t schech.net | www.schech.net Scans Tobias Glöckner Christoph Eschenbach: Eric Brissaud; Abbildungen zu Brahms: Christiane Jacobsen (Hrsg.), Johannes Brahms. Leben und Werk, Hamburg 1983; Frank Peter Zimmermann: Franz Hamm; Abbildungen zu Dvořák: Klaus Döge, Dvořák. Leben – Werke – Dokumente, Mainz 1991 Texte «Da bin ich nicht nur absoluter Musikant, sondern Poet» von Dr. Klaus Döge erschien erstmals in den Programmheften der Münchner Philharmoniker. Wir danken dem Autor für die freundliche Geneh­ migung zum Nachdruck. «Ein Konzert gegen die Violine?» von Tobias Niederschlag ist ein Originalbeitrag für die Programmhefte der Sächsischen Staatskapelle Dresden. Druck Urheber, die nicht ermittelt oder erreicht werden konnten, werden wegen nachträglicher Rechtsabgeltung um Nachricht gebeten. Anzeigenvertrieb Private Bild- und Tonaufnahmen sind aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet. Union Druckerei Dresden GmbH Keck & Krellmann Werbeagentur GmbH i.A. der Moderne Zeiten Medien GmbH Telefon: 0351/25 00 670 e-Mail: [email protected] www.kulturwerbung-dresden.de Christian Thielemann im Gespräch Kapellmeister mit kompromissloser Leidenschaft 12 . Feb rua r 20 1 0 | 19 U h r D i e G l ä ser n e M a n ufa k t u r vo n Vo l k swag en To b i a s N i ed er s ch l ag , M o d er at i o n K artenbestellung w w w . s ta at s k a p e l l e - d r e s d e n . d e Schinkelwache am Theaterplatz Telefon (0351)4911705 · [email protected] k artenPreis : 24 5€