Sind wir allein im Universum

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08.01.2015
Sterne & Kosmos
Sind wir allein im Universum?
Nach einer Abb. Aus dem Buch von :Cammille Flammarion: L'Atmosphère, Paris 1888
9.1
Prof. U. Walter
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Sterne & Kosmos, Vorlesung
Definitionen & Literatur
Literatur
Davis, P. (1996), Sind wir allein im Universum?
München Scherz Verlag, ISBN 3502131449
Goldsmith, D., Owen, T. (1992), The Quest for Extraterrestrial Life: A Book of Readings
Mill Valley: University Science Books, ISBN 0935702083
Shostak, S. (1998), Sharing the Universe: Perspectives on Extraterrestrial Life
Beverly Hills Books, ISBN 0965377431
Ward P.D. and Brownlee D. (2000): Rare Earth - Why Complex Life Is Uncommon in the
Universe, Copernicus/Springer-Verlag, N.Y., ISBN 0-387-98701-0
Walter U., Außerirdische und Astronauten - Zivilisationen im All,
Spektrum Akademischer Verlag, 2001, ISBN 3-8274-1176-9
9.2
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Sterne & Kosmos, Vorlesung
Prof. U. Walter
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1
08.01.2015
Definitionen
Im Einklang mit der heutigen Fachliteratur wollen wir eine außerirdische
intelligente Zivilisationen als Extraterrestrial Intelligence, ETI, bezeichnen.
Wer glaubt, dass es ETIs gibt?
9.3
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Das Populär-Pluralistische Argument
Umfrage des EMNID-Instituts im Jahre 2002:
„Gibt es ausserhalb unserer Erde noch weitere intelligente
Lebewesen?“
Dabei ist der typische ETI-Gläubige jung, gebildet, und
männlich, kommt aus Westdeutschland und verfügt über ein
überdurchschnittliches Nettoeinkommen.
Insgesamt gilt: Je jünger, desto gläubiger.
In den Vereinigten Staaten ist der Prozentsatz der Gläubigen
sogar noch höher: Eine Umfrage von RoperASW im Jahre 2002
zeigte, dass 56% der Bevölkerung glauben, an UFOs (womit sie
Außerirdische meinen) sei etwas dran. Bei den unter 30-jährigen
waren es sogar 70%.
Umfrageergebnis
Die übliche Begründung:
Es gibt 100 Milliarden Sterne  Planeten in unserer Milchstraße.
Es gibt 10.000 Milliarden Milliarden Sterne  Planeten im sichtbaren Universum
Da gebietet es doch der gesunde
Menschenverstand, dass es noch andere
intelligenten Wesen im All gibt!
Wirklich?
9.4
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2
08.01.2015
„Wir leben und wir sind erfüllt mit dem Gedanken von der Existenz
von Leben überall.“
Carl Sagan
in seinem Buch Cosmos, 1980
Lauschen wir einem Gespräch zweier
astronomischer Wissenschaftler
im 19. Jahrhundert.
„Ich kann nichts auf der Venus erkennen.“
„Warum nicht?“
„Weil Sie vollständig mit Wolken bedeckt ist.“
„Woraus bestehen Wolken?“
„Aus Wasser natürlich!“
„Warum sind dann Wolken auf der Venus dicker
© NASA
als die Wolken auf der Erde?“
„Weil es dort wohl mehr Wasser gibt.“
„Aber wenn es dort mehr Wasser gibt, muss es auch mehr Wasser auf der Oberfläche
geben. Was für Oberflächen sind sehr feucht?“
„Sümpfe.“
„Wenn es dort Sümpfe gibt, warum nicht Palmfarne und Libellen und vielleicht sogar
Dinosaurier auf Venus?“
Fazit:
Es gibt absolut nichts auf Venus zu sehen. Daher muss Venus erfüllt sein mit Leben!
Hamlet, Affen und ETIs
Vergleich (Cousins 1972):
Zufällige Entstehung des Lebens

Ein Affe schreibt per Zufall Hamlet auf einer Schreibmaschine

Zeit bis ein Affe per Zufall Hamlet geschrieben hat: 10460.000 Sekunden.

1022 Affen auf allen 1022 Planeten im Universum schrieben seit dem Urknall bis
Heute auf Schreibmaschinen  51050 Schreibsekunden
Hamlet würde also in unserem Universum praktisch nirgendwo jemals geschrieben.
Trotzdem ist Hamlet geschrieben worden!
Fazit:
Wäre die Wahrscheinlichkeit der Entstehung intelligenten Lebens extrem klein,
dann sind wir allein im einsehbaren Teil des Universums.
UND: Dies steht nicht im Widerspruch damit, dass wir trotzdem existieren!
 Wie wahrscheinlich ist die Entstehung intelligenten Lebens?
9.6
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Drake-Gleichung
9.7
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© NASA/Ames/JPL-Caltech
9.8
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4
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Das Lebensparadox – I
1. kritischer Evolutionsschritt:
Der Übergang von unbelebter anorganischen Materie zu einer ersten
protobiontischen Zelle
Das einfache Bakterium Escherichia coli enthält etwa 2500 Gene, was einer
Informationsmenge von etwa sechs Millionen Bits entspricht. Um eine solche
Informationsmenge durch Zufall aus Aminosäurenbasen der irdischen Ursuppe
zusammen zu bauen wären etwa 101.800.000 Jahre notwendig gewesen. Um durch
zufällige Prozesse aus Aminosäuren zusammen zu setzen, bräuchte es auf einem
Planeten etwa 101.800.000 Jahre!
Im ganzen Universum mit 1022 Sternen bräuchte es immer noch 101.799.978 Jahre.
Fazit: Es bräuchte etwa 1.799.970 Universen, damit innerhalb etwa
100 Millionen Jahre in irgend einem davon zufälligerweise ein
Bakterium entsteht.
9.9
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Das Lebensparadox – II
2. Kritischer Evolutionsschritt:
Der Übergang von höheren Lebensformen zu intelligentem Leben.
Der Evolutionsbiologe John Maynard Smith drückte die Unwahrscheinlichkeit des
Übergang zu menschlichem Leben einmal so aus:
„Wenn es möglich wäre, die gesamte Evolution zu Tieren zu wiederholen,
beginnend bei den Anfängen im Kambrium ..., dann gibt es keine Garantie –
tatsächlich keine Wahrscheinlichkeit – dass das Ergebnis dasselbe wäre. Es gäbe
keine Eroberung des Landes, kein Auftreten von Säugetieren und sicherlich keine
Menschen.”
Im Tierreich hat es wenigstens 40 unabhängige Entwicklungen zu Augen
gegebenen, aber unter den mehr als Milliarden verschiedenen Tierarten, die alle auf
einem Planeten leben, der für Intelligenz geschaffen scheint, hat es nur eine einzige
geschafft, höhere Intelligenz zu entwickeln.
Fazit:
Es ist extrem unwahrscheinlich, dass aus einer einzelnen biologischen Zelle irgendwann einmal intelligentes Leben entsteht.
9.10
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08.01.2015
Teleologische Evolution zum Menschen?
© Zusammenstellung: S. Letschnik
Gould: Die Evolution zu immer komplexeren Lebewesen ist nicht teleologisch, sondern
natürlich. Die bisher größten Landlebewesen lebten vor 100 Millionen Jahren und nicht heute.
© Rainer Sturm/pixelio.de
© W. R. Wagner/pixelio.de
© Bernd Sterzl/pixelio.de
© Wilson Urlaub/pixelio.de
© Lichtkunst73/pixelio.de
9.11
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Das Lebensparadox - Fazit
9.12
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08.01.2015
Alternativen zur Drake-Gleichung – Fermi Paradox
1.: Enrico Fermi: „Wenn es sie gibt, wo sind sie?“
Mögliche Gründe für die Abwesenheit auf der Erde:
1.
Beschaulichkeits-Hypothese: „Es ist so schön zu Hause!“
2.
Selbstzerstörungs-Hypothese: ETIs zerstören sich durch nukleare Kriege.
3.
Zoo-Hypothese: ETIs halten uns als schützenswerte Zoo-Tiere
4.
Technische Gründe: Physikalische oder technische Gründe machen Raumfahrt unmöglich.
5.
Zeit-Hypothese: Die Kolonialisierung der Galaxie dauert > 5 Gyr
Ben Zuckerman 1985: 700 Millionen Sterne in unserer Galaxie sind inzwischen
verloschen. Wenn es 10-100 ETI-Kulturen gibt, dann müsste wenigstens eine von
ihnen ausgewandert sein. Bei einer Millionen wären es mehr als 10.000.
Bisher waren keine ETIs da.

Es gibt keine ETIs in unserer Milchstraße.
9.13
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Alternativen zur Drake-Gleichung
2.: Biokosmologisches Argument
Annahme: Die Evolution zu Intelligenz ist unabhängig von der kosmologischen Entwicklung unseres
Universums.
Dann gibt es zwei Möglichkeiten:
1. Die Evolutionszeit ist wesentlich kürzer als 5 Milliarden Jahre (Alter der Erde)
Dies ist im Widerspruch zu unserer Existenz, die wir erst 5 Milliarden Jahre nach Entstehung der
Erde auftraten. Außerdem müssten sich dann bis heute viele unterschiedliche Lebensformen auf der
Erde entwickelt haben. Das ist nicht der Fall.
2. Die Evolutionszeit ist wesentlich länger als 5 Milliarden Jahre (Alter der Erde)
Bsp.: Die vorgegebene kosmische Entwicklungszeit sei tE  5109 a und die mittlere biologische
Entwicklungszeit zur Intelligenz sei tE « t1/2  51011 a. Die Wahrscheinlichkeit P, dass sich innerhalb
tE Intelligenz entwickelt ist, dann [Walter 1999]
Wobei i = Anzahl der kritischen Entwicklungsschritte. Biologen: i = 5-10
Es braucht mehr als 2·1010 Lai-Planeten für eine ETI. Es gibt aber nur 5·107 Lai-Planeten in unserer
Galaxis.  Wahrscheinlichkeit für die Entstehung einer ETI ist  2·10-3 oder noch viel kleiner.
9.14
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08.01.2015
Kommunikation mit Ausserirdischen
Annahme:
Es gibt etwa 10 intelligente Zivilisationen in unserer Milchstraße
Also, mittlerer Abstand der nächsten Zivilisation von unserer
Erde etwa 10.000 Lichtjahre.
Ist Kommunikation so möglich?
9.15
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© Arecibo Observatory/NSF/NASA
© NASA
© Dr. Jerry R. Ehman/John Kraus
Radiowellenfenster
Kommunikation mit
Außerirdischen
- SETI
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Arecibo
9.16
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SETI - Ergebnisse
© NASA/SETI Institute
9.17
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Kommunikation mit Außerirdischen
23
AreciboNachricht
abgestrahlt
am 16.
November
1974 an
Messier 13
73
1679 = 23x73
Zeichen
Messier 13 =
Kugelsternhaufen
mit etwa 300.000
Sternen in 21.000
Lichtjahren
Entfernung am
Rande unserer
Milchstraße
© F. Drake/SETI/Arecibo-Oberservatory
9.18
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Kommunikation mit Außerirdischen - Voyager
© NASA/APOD
9.19
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© 2014, LRT
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© NASA
Kommunikation mit
Außerirdischen
© NASA
© NASA
Schallplatte mit Musik- und
Videostücken auf Voyager 1
+2
9.20
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10
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© NASA
9.21
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Kommunikation mit Außerirdischen - Pioneer
© NASA
9.22
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11
08.01.2015
Wie wahrscheinlich ist ein
Universum, das Leben
hervor bringen kann?
9.23
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Zufall 3-dimensionale Welt
Laut supersymmetrischer Quantengravitations-Theorie gibt es
10+1 Dimensionen
Wir „sehen“ davon nur 3+1.
Wo sind die anderen?
© TU Wien /M. Kreuzer
9.24
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12
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Eingerollte Dimension - aus zwei mach eins!
© M.Steinbacher
9.25
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Leben in anderen Dimensionen
Weniger als 3 Dimensionen:

In weniger als 3 Dimensionen kann es kein metabolisierendes
leben geben.
In 2 Dimensionen gibt es gemäß allgemeiner Relativitätstheorie
keine Gravitationskraft mehr.
In 2 Dimensionen könnte es kein komplexes Gehirn geben, weil
Neuronenstränge sich nicht mehr kreuzen können.


Mehr als 3 Dimensionen:


Theoretische Mechanik: In mehr als 3 Dimensionen gibt es keine
stabile Planetenbahnen.
Quantenphysik: Es gibt keine stabilen Atome.
9.26
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2-dimensionale Lebewesen
Zweidimensionale
Lebewesen können keinen
Verdauungskanal besitzen.
Der Verdauungskanal, der
beim Mund beginnt und am
After endet, würde den
Hund in zwei separate
Teile teilen –
Der Hund würde
auseinanderfallen.
© U. Walter
9.27
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Zufall 3-dimensionale Welt
Die Wahrscheinlichkeit, dass sich beim Big Bang von 10
Raumdimensionen genau die drei richtigen nicht einrollten, beträgt
Die Chancen betrugen also nur 1 zu 120.
Da hatten wir aber verdammt
Glück!
9.28
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14
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Zufall Kraftkonstanten
Astrophysiker sagen: Wenn eine dieser Kraftkonstanten sich nur um 1% ändern
würde, gäbe es KEIN belebtes Universum.
Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Kraftkonstanten diese Werte mit 1% Genauigkeit
einnahmen, beträgt 1,610-16.
Das ist 500 Millionen mal unwahrscheinlicher als ein Sechser im
Lotto!
Da hatten wir aber
VERDAMMT Glück!
9.29
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Fazit
Unsere Existenz ist EXTREM unwahrscheinlich.
Warum existieren wir dann?
Teleologie Gottes?
Zweckbestimmtheit der Welt
Anthropisches Prinzip?
Weil es uns gibt, muss die Welt so sein, wie sie ist!
???
9.30
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08.01.2015
“Wir sind hier in diesem ganz und gar
fantastischen Universum
und haben kaum eine Ahnung davon,
ob unser Dasein eine wirkliche Bedeutung hat.“
Fred Hoyle
Britischer Astronom
Hat unser Dasein eine Bedeutung?
9.31
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