DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Zur Fortbildung Aktzelle Medizin ÜBERSICHTSAUFSÄTZE: Trachom: Gefahr der Erblindung Trachom: Gefahr der Erblindung Die operative Korrektur der Trichterbrust Familienplanung — ein klinischer Beitrag Ursache und Abwehr der Lungenfibrose Vormals Krankheit nur des Vorderen Orients — Im Zeitalter des Tourismus über alle Welt verbreitet Hannsjürgen Trojan BRIEFE AN DIE REDAKTION: Programmierte Fortbildung — spannender als „Der Kommissar" DIAGNOSTIK IN KÜRZE: Isolierte Ösophagotrachealfisteln Behebung der Harninkontinenz TECHNIK IN DER MEDIZIN: Photometer mit Analogund Digitalanzeige Fahrradergometer NOTIZEN: Wo bleibt die Grippe im Sommer? Laborautomaten für Histologie und Zytologie Antibabypillen — keine Gefahr für Kinder Das Trachom, eine durch große atypische Viren (Clamydozoen) hervorgerufene Keratokonjunktivitis, stellte die Haupterblindungsursache der Weltbevölkerung dar. Durch Klima- und Umweltfaktoren bedingt, trifft man es vornehmlich in tropischen und subtropischen Gegenden an. Im Zeitalter des Massentourismus ist auch bei Urlaubern mit dem Auftreten der Krankheit zu rechnen. Die Erkrankung wird in sechs Stadien unterteilt. Die Behandlung erfolgt mit lokaler Anwendung von Tetrazyklinen, die auch als Prophylaktikum in gefährdeten Gebieten genommen werden können. 0 Definition Unter Trachom (Granulose, Körnerkrankheit, ägyptische Augenkrankheit) versteht man eine chronische, beidseitige, ansteckende und spezifische Keratokonjunktivitis. Charakteristisch sind Follikelhyperplasie der Conjunctiva tarsi Hornhautvaskularisation sowie schließlich narbige Schrumpfung der Lider. Der Erreger gehört in die Gruppe der Psittakose- und der Lymphogranuloma-venereum-Viren. Historisches Das Trachom wurde schon vor 5000 Jahren am unteren Euphrat bekämpft und in den Salbenstempeln der römischen Legionsärzte gab es schon ein „Acineton contra aspretudinem", ein „Mittel gegen die Rauhigkeit". Im Grab des Tutenchamun wurden Epilationspinzetten gefunden, die den heute gebräuchlichen recht ähnlich sind. Während des Mittelalters kam die Erkrankung auch nach Europa. Teilnehmer an den Kreuzzügen hatten sie mitgebracht. In Paris wurden „quinze ä vingt" erblindete Kreuzfahrer hospitalisiert. Das bekannte Krankenhaus Quinze-Vingt legt heute noch Zeugnis dieser Begebenheit ab. Auch englische Soldaten kehrten mit einem Trachom in die Heimat zurück, nachdem sie im Nildelta gegen Napoleon gekämpft hatten. 0 Der Erreger Das Virus gehört, wie die Erreger des Lymphogranuloma venereum und der Psittakose, in die Gruppe der großen atypischen Viren (Clamydozoen). Sie erscheinen als kleine Elementarkörper und als große basophile Initialkörper, die die zytoplasmatischen HalberstädterProwazek-Einschlußkörperchen bilden (1907). DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 40 vom 2. Oktober 1975 2741 Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Trachom Die Isolierung und Züchtung des Virus ist erst neuerdings möglich geworden. Seine Virulenz blieb auch nach der achten Passage über den Embryonalsack eines Hühnereies erhalten, anschließend konnte menschliche Bindehaut infiziert werden. Halberstädter-Prowazek-EinDie schlußkörperchen sind nicht unbedingt für Trachom beweisend. Man findet sie auch bei der Einschlußblennorrhöe Neugeborener sowie bei der akuten Schwimmbad-Konjunktivitis. In der Fachliteratur wird meist von Tric-Viren gesprochen (Trachoma Inklusionsconjunktivitis). Im Gegensatz zu der allgemeinen Annahme ist das Trachom normalerweise nicht hochinfektiös. Es droht erst dann Gefahr, wenn ver- schiedene Umweltfaktoren, Überbevölkerung, Schmutz oder Fliegen hinzukommen. Auf keinen Fall darf die Diagnose Trachom automatisch mit dem Gedanken an Erblindung verbunden werden. Auch bei meiner mehrjährigen Tätigkeit als Augenarzt in Togo hat sich bestätigt, daß vidle Fälle von Trachom auch ohne Behandlung langsam mit geringgradiger Narbenbildung und einer oft nur unwesentlichen Visusherabsetzung abheilen. 0 Geographische Verteilung Gefunden wird das Trachom praktisch in allen Ländern der Erde. Es gibt wohl heute keine Gegend mehr, in der keine frischen Trachomfälle diagnostiziert werden. Selbst in Grönland ist kürzlich ein frischer Fall beschrieben worden! Die These, es handele sich ausschließlich um eine tropische Erkrankung, ist also nicht gültig. Fest steht allerdings, daß in heißen Ländern eine ungleich höhere Zahl an Erkrankungen vorkommt. Abbildung 1: Ektropioniertes Oberlid mit typischen Trachomfollikeln. Die tarsale Bindehaut ist sulzig verdickt Abbildung 2: Beginnender Pannus in der oberen Hälfte der Hornhaut 2742 Heft 40 vom 2. Oktober 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Die Verbreitung des Leidens ist heute noch vor allem in China, Indien, den südlichen Mittelmeerländern und auch auf dem afrikanischen Kontinent erschreckend groß. In der weiten Skala der Erblindungsursachen rangiert die Krankheit nach wie vor an erster Stelle. Nach Schätzung der Weltgesundheitsorganisation sind 100 bis 400 Millionen Menschen an der Seuche erkrankt. Der Erblindungsfaktor dürfte bei drei Prozent liegen, das hieße, daß zwischen drei und zwölf Millionen Trachomblinde auf der Erde existieren! Relativ häufig findet man das Trachom auch in Osteuropa, auf dem Balkan, in Süditalien, Südfrankreich und in Spanien. Dadurch wird verständlich, warum durch den immer mehr anwachsenden Reiseverkehr auch immer mehr Urlauber infiziert in nördliche Gegenden zurückkehren können. Sicherlich wurde und wird diese Krankheit oft Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Abbildung 3 (links): Durch Schwellung der Lider entsteht eine Ptosis Abbildung 4 (rechts): Weiter fortgeschrittene Pannusbildung nicht sofort erkannt. Dies ist möglich, weil es wohl nur wenige Ärzte gibt, die schon frische Trachomfälle gesehen haben. Das wiederum kann dazu geführt haben, daß in amtlichen Blättern des Bundesgesundheitsministeriums in den letzten drei Jahren insgesamt nur 24 Fälle von Trachom im Bundesgebiet gemeldet worden sind. (1972 = 9 Fälle, 1973 = 11 Fälle, 1974 = 4 Fälle!). 0 Infektionsmodus Um eine gesunde Person zu infizieren, muß infektiöses Material von der Bindehaut eines Kranken in die Bindehaut eines Gesunden gebracht werden. Der kürzeste Weg ist also krankes Auge — gesundes Auge. Da dieser direkte Kontakt wohl nur sehr selten vorkommt, muß ein Kontaktmedium als Überträger dienen. Am häufigsten ist fraglos die Infektion innerhalb der Familie. In manchen Regionen gilt das Trachom als Familienkrankheit. Gemeinsam benutzte Handtücher und Waschschüsseln sind ein idealer Überträger für die Clamydozoen. Gefährdend wirkt weiter das Zusammenleben vieler Familien auf engstem Raum, etwa bei Naturkatastrophen: mehrere Personen schlafen in einem Bett, es mangelt an Waschgelegenheiten. In den Ländern mit allgemeiner Schulpflicht bilden sich automatisch Kollektive heraus, innerhalb deren sich die Kinder untereinander infizieren. Ein krankes Mitglied eines Internates oder einer Kaserne genügt, um seine gesamte Umgebung zu gefährden. Kosmetische Produkte sind ebenfalls zur Verbreitung des Trachoms geeignet, vor allem natürlich Präparate, die direkt mit dem Auge in Berührung kommen. Ungeklärt ist noch immer die Frage, ob Fliegen das Trachom übertragen können. In Marokko konnte man feststellen, daß das Trachom nach Ausrottung der Stubenfliege in umschriebenen Gebieten deutlich seltener war. Weiterhin weiß man, daß bakterielle Konjunktivitiden die Anfälligkeit für ein Trachom wesentlich erhöhen, wohl im Sinne einer lokalen Resistenzverminderung. Es ist auch sicher, daß schlechte hygienische Bedingungen einer schnellen Ausbreitung des Trachoms wesentlichen Vorschub leisten. Gelegentliche Kontakte, so scheint es, reichen nicht aus, einen Menschen mit dem Trachom zu infizieren. Man kann daraus schließen, daß zur Manifestation eines Trachoms mehrere Infektionen notwendig sind. und Klassifizierung des Trachoms Als weitere Infektionsquelle dienen die Finger, wenn sich der Kranke vorher mit ihnen die Augen gewischt hat. Beim „Shakehands" werden also die Viren regelrecht „weitergereicht". Das Lebensalter spielt für die Manifestation des Trachoms keine Rolle. Die Krankheit beginnt meist wenig dramatisch als scheinbar banale, katarrhalische, doppelseitige Konjunktivitis. Im Laufe der Zeit O Symptomatik DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 40 vom 2. Oktober 1975 2743 Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Trachom (Wochen) entwickeln sich dann die typischen Körner zuerst an den oberen Übergangsfalten der Bindehaut, später auch auf der Conjunctiva tarsi. Diese ein bis drei Millimeter großen, sulzig-trüben, grauroten, zu Erweichung und zum Platzen neigenden Follikel kann man in einer bestimmten Entwicklungsphase ausdrücken, eine früher angewandte therapeutische Möglichkeit. Außerdem kommt es zu einer mehr oder weniger ausgeprägten, diffusen, papillären Hyperplasie der Subkonjunktiva oberhalb der Lidknorpel und in den Übergangsfalten. Gleichzeitig entsteht der Hornhautpannus: von oben her schiebt sich ein trachomatöses, gefäßführendes Granulationsgewebe zwischen Epithel und Bowmansche Membran der Kornea. Die Narben an der Innenseite der Lider gehen mit einer Einwärtskrümmung der Oberlidkante mit reibenden Zilien einher. Dieser progressive Vernarbungsvorgang begünstigt eine Superinfektion mit eventueller Ulzeration, was in den Tropen meist mit dem Verlust des betreffenden Auges gleichzusetzen ist. Mit der Zeit kommt der Prozeß — auch unbehandelt — nach meist mehreren Rezidiven und Remissionen zur Ruhe. Ausgedehnte Narben, die die Funktion in hohem Maße beeinträchtigen, bleiben zurück. Ptosis, Bindehautschrumpfung, Entropium, Trichiasis und Hornhautleukome sind die Folgen. Eine Beteiligung der Schleimhaut der abführenden Tränenwege kommt gelegentlich ebenfalls vor. 0 Einteilung Die klassische Einteilung nach McCallan, die vier Stufen umfaßt, wurde von der Weltgesundheitsorganisation um zwei Stufen erweitert. Die auch allgemein angewandte Klassifizierung umfaßt sechs Stufen (Stadien): Tr. d. = Trachoma dubium Pr. Tr. = Pro Trachoma oder präfollikuläres Trachom K 0 Tr. I = Trachoma Stadium I ® Tr. II = Trachoma Stadium II • Tr. III = Trachoma Stadium III O Tr. IV = Trachoma Stadium IV geschlossen ist (Abbildung 1). Subjektiv empfindet der Patient die typischen Zeichen einer akuten Konjunktivitis mit Schmerzen, Lichtscheu und Tränenfluß. • Die Trachomfollikel sind im allgemeinen größer und opaleszenter als die kleinen Lymphfollikel, die man auch bei „gesunden" Kindern in den Augenwinkeln finden kann. Sie messen 0,2 bis 0,7 Millimeter im Durchmesser und liegen auch der Conjunctiva tarsi auf. In typischen Fällen sind sie von Gefäßen umgeben, und zwar so, daß sie direkt in der Bifurkation dieser kleinen Neovaskularisation gelegen sind. Trachoma dubium Dieser Begriff ist nicht geschaffen worden, um auszudrücken, daß man im Zweifel ist über die Natur einer zunächst noch harmlos erscheinenden Konjunktivitis. Dafür gibt es die Bezeichnung: n. d. = non däterminö. Das Stadium Tr. d. tritt sieben bis zehn Tage nach der Inokulation auf und ist wie folgt charakterisiert: Klinisch finden sich die Zeichen einer konjunktivalen Hyperämie — Reaktion der Konjunktiva auf die eingedrungenen Viren. Follikel sind noch nicht sichtbar oder erst atypisch ausgebildet. Es finden sich weder Veränderungen der Kornea, noch lassen sich die Einschlußkörperchen nach Halberstädter und Prowazek nachweisen. Die Bezeichnung Trachoma dubium ist für die Arbeit außerhalb eines Krankenhauses geschaffen worden, wo der untersuchende Arzt lediglich den Eindruck hat, es handelte sich um ein Trachom. C Trachoma praefollicularis oder Pro Trachoma — Pr. Tr. Hierbei handelt es sich um das schon weiter fortgeschrittene Krankheitsbild. Jetzt lassen sich Einschlußkörperchen nachweisen, jedoch, auch wie in den späteren Stadien, nur in 30 Prozent der Fälle. Klinisch finden sich die ersten Zeichen einer konjunktivalen Reaktion auf das eingedrungene Trachomvirus. Follikelbildungen bahnen sich an, korneale Veränderungen sind nicht nachweisbar. ® Trachoma Stadium I = Tr. I Klinisch besteht eine Follikulitis der oberen Conjunctiva tarsi, wobei auch der mittlere Anteil mit ein- 2744 Heft 40 vom 2. Oktober 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Diese Gefäßanomalien gestatten eine differentialdiagnostische Abgrenzung gegen andere „harmlose" Bindehautentzündungen. Weiterhin findet man hier auch eine Schwellung der präaurikulären Lymphknoten, was beim Trachom nie der Fall ist. ® Trachoma Stadium II = Tr. II Das Stadium ist durch Ausreifung der Follikel und eine beginnende Bildung des Hornhautpannus gekennzeichnet. Langsam beginnt er sich über den Oberteil der Hornhaut auszubreiten (Abbildung 2). Dieser korneale Pannus ist eines der charakteristischen Zeichen des Trachoms. Hierbei handelt es sich um eine Narbenbildung zwischen Epithel und der Bowmanschen Membran. Die Gefäße zeigen eine typische, besenreiserartige Aufteilung, die sie wiederum gegen die B-Avitaminosen abgrenzen. Es muß betont werden, daß der Pannus ein charakteristisches Frühzeichen des Trachoms darstellt und nicht, wie früher angenommen, eine Komplikation desselben. Die papilläre Hyperplasie ist auf dem Höhepunkt angelangt, was zu einer Schwellung der Lider führt. Daraus resultiert eine Ptosis, die dem Kranken einen charakteristischen, verschlafenen Blick gibt (Abbildung 3). Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Trachom ® Trachoma Stadium 111 = Tr. 111 Hierbei steht die Narbenbildung im Bereich der Oberlider im Vordergrund . Die Follikel sind nekrotisch, und das fehlende Gewebe wird durch Fibroblasten, also Narbengewebe, ersetzt. Durch die Einwärtsdrehung der Lider können die ersten Zeichen einer Trichiasis auf- treten. Der korneale Pannus hat seinen Höhepunkt erreicht (Abbildung 4) . Das Trachom ist nur noch bedingt infektiös. ® Trachoms Stadium IV = Tr. IV Jetzt sind alle Follikel und Infiltrate endgültig durch Narbengewebe er- Abb ildu ng 5: Entropiu m mit Tri chiasis beiderseits. Die einwärts gedrehten Zili en scheuern auf der Hornhaut setzt. Diese Narben können, obwohl sie nicht mehr ansteckend sind, bei mechanischer Eröffnung Ausgangspunkt einer Reinfektion sein . Deshalb sollten auch in Spätstadien vorgenommene plastische Operationen unter Tetrazyklinschutz durchgeführt werden. Diese Narben sind für die eigentliche Schwere der Krankheit verantwortlich. An erster Stelle rangiert das durch narbige Verkürzung der Lider hervorgerufene Entropium {Abbildung 5). Die Zilien werden nach innen gekehrt und reiben auf der ohnehin schon vorgeschädigten Hornhaut. Obgleich die Sensibilität dieser Hornhaut geringgradig herabgesetzt ist, wird das Reiben der Zilien als sehr schmerzhaft empfunden. Diese bedingt einen Blepharospasmus, der wiederum eine Verstärkung des Entropiums bewirkt. Außerdem verursachen scheuernde Zilien auf der schon vorgeschädigten Hornhaut mechanische Läsionen, was zu Ulzerationen führen kann (Abbildung 6) . Die Folgen sind erneute Superinfektionen , oft genug mit Perforation und Verlust des Auges. Verständlicherweise ist die Erkrankung im Einzelfall nicht immer exakt einem bestimmten Stadium zuzuordnen. Die einzelnen Stadien können stufenlos ineinander übergehen. Auch der erfahrene Tropenarzt wird immer wieder vor der Frage stehen , in welchem Stadium sich der Kranke wirklich befindet. Dies ist aber nicht so wichtig . Wesentlich erscheint, daß das Trachom überhaupt erkannt wird. Im folgenden seien nochmals die typischen Symptome aufgez?hlt: ..,.. Hyperplastische Follikel, die, wenn sie reif sind, auf Druck platzen . ..,.. Vorherrschen der Follikel im Bereich der Konjunktiva des Oberlides . ..,.. Typischer trachomatöser Pannus, der sich von oben kommend über und in die Hornhaut schiebt. Abb ildung 6: Durch scheuernde Zilien schwer geschädigte Hornhaut 2746 Heft 40 vom 2. Oktober 1975 DEUTSCHES ARZTEBLATI' ..,.. Fehlen jeglicher Adenopathie. Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Trachom • Vernarbung im III. und IV. Stadium. Neben diesen klinischen Aspekten trägt die mikroskopische Untersuchung eines Bindehautabstriches zur Sicherung der Diagnose bei. Einschlußkörperchen sind jedoch nur in 30 Prozent der Fälle nachweisbar! Auch auf dem Sektor der Serodiagnostik werden intensive Anstrengungen unternommen. Die Ergebnisse lassen jedoch noch keine routinemäßige Anwendung dieser Untersuchungsmethode zu. Eine aktive und passive Immunisierung ist bisher noch nicht möglich. 0 Die Therapie des Trachoms Aus dem Gesagten geht die überragende Bedeutung prophylaktischer Maßnahmen, vor allem einer Verbesserung der Hygiene, hervor. Auf diesen sehr wichtigen Aspekt sei hier jedoch nicht näher eingegangen. Die Prognose hat sich durch die Einführung der Sulfonamide und der Antibiotika wesentlich verbessert. Die Behandlung der Trachompatienten sollte auf zwei Punkte zielen: 0 Verbesserung des Allgemeinzustandes des Patienten, um die körperliche Abwehr zu stärken. C) Frühzeitige Therapie. Das therapeutische Vorgehen vor der Antibiotika-Ära ist heute verlassen. Dabei handelte es sich um mechanische Methoden, wie Ausquetschender Follikel, oder um die lokale Applikation zum Beispiel von Silbernitrat, Quecksilbersalben und Phenol. Die Antibiotika werden lokal in den Bindehautsack gegeben. Hier haben sich Tetrazykline am besten bewährt. Man muß aber wissen, daß sich diese Behandlung über Monate hinziehen kann. Zusätzlich können oral Sulfonamide zugeführt werden. Auch diese kombinierte Behandlung erstreckt sich über mehrere Monate, ehe man sicher sein kann, daß das Trachom endgültig abgeheilt ist. Durchschnittlich erfolgt im Laufe von drei bis fünf Monaten bei 80 bis 90 Prozent aller Kranken eine vollständige Heilung. Schließlich müssen noch die vielfältigen chirurgischen Eingriffe Erwähnung finden, die bei der Trichiasis unumgänglich sind. Selbst eine Keratoplastik kommt bei dichten Hornhautnarben in Betracht. Für Reisende in besonders gefährdete Gebiete empfiehlt es sich, zur Prophylaxe zweimal wöchentlich einige Tropfen eines Tetrazyklinpräparates in den unteren Bindehautsack einzuträufeln. Weiterhin ist auf strenge persönliche Hygiene zu achten. So sollten zum Beispiel unnötiges Händeschütteln vermieden werden, denn leicht gelangen so die Erreger durch unwillkürliches Reiben der Augen in den Bindehautsack. Bei Übernachtungen in einfachen Herbergen sollte möglichst in eigener Bettwäsche geschlafen werden, noch wichtiger sind die eigenen Handtücher zum Abtrocknen des Gesichts! Anschrift des Verfassers: Dr. med. Hannsjürgen Trojan 355 Marburg/Lahn Barfüssertor 25 Berichtigung Röntgenstrahlen — Ihr Entstehen und ihre Eigenschaften In der Vorankündigung des Artikels „Röntgenstrahlen" von Karlheinz Manegold, Heft 33/1975, Seite IV, ist versehentlich an Stelle des Wortes „energiearm" das Wort „energieschwach" verwendet worden. Wir bitten .diesen Fehler zu entschuldigen. Es bestand keineswegs die Absicht, eine neue Art von Strahlen zu kreieren. DÄ IN KÜRZE Diagnostik Isolierte Ösophagotrachealfisteln lassen sich von allen angeborenen Mißbildungen der Speiseröhre am schwierigsten nachweisen. Am ehesten gelegt in die Diagnosestellung mit der strahlensparenden Mittelformattechnik mit Serienaufnahmen. Dazu müssen eine 70oder 100-Millimeter-Kamera und ein Bandspeichergerät zur Verfügung stehen. Das Kind muß bei der Untersuchung exakt seitlich gelagert werden, damit eine genaue Unterscheidung zwischen Luft- und Speiseröhre möglich wird. Nachdem die kontrastgebende Substanz geschluckt oder mittels Sonde appliziert wurde, muß das Gebiet vom Kehlkopf bis zur Bifurkation beobachtet werden. Übertreten des Kontrastmittels vom Ösophagus in die Trachea und Anfärbung des Fistelgangs beweisen eine isolierte Ösophagotrachealfistel. cb (Bützler, H.-O., et al.: Röntgen-BI. 28 [1975] 1-17) Zur Behebung der Harninkontinenz werden auch Prothesen implantiert, die einen Druck von außen im Bereich des Bulbus urethrae, distal vom Diaphragma urogenitale, auf die Harnröhre ausüben. Das Implantat besteht aus einem silikongefüllten Kunststoffball. Der Detrusordruck öffnet die Harnröhre so weit, daß ein Harnstrahl zustande kommt. Bei sieben Patienten mit Harninkontinenz nach transurethraler Resektion der Prostata, radikaler Prostatektomie oder Meningozelenoperation wurde der Eingriff teilweise erfolgreich durchgeführt. Das Ergebnis war direkt nach der Operation bei drei Patienten sehr gut, zweimal gut und zweimal schlecht. Sehr gute Resultate erzielte die Implantation der Prothese Größe „large". Im Fall der beiden schlechten Befunde wurden Prothesen der Größe „medium" verwendet. Diese wiesen nach Füllen des Kunststoffballs mit SilikonFlüssigkeit ein Leck auf. he (Riedel, B., Brosig, W., Kelämi, A.: Urologe A 14 [1975], S. 121-126) DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 40 vom 2. Oktober 1975 2747