med update Nr. 10/07 September 2007 - Allgemeines „HIV-Infektion über die Mandeln?“ „HIV-Test: das diagnostisches Fenster“ „HIV-Therapie gegen Krebs“ „Ländereinblick: Papua Neuguinea“ Allgemeines: Liebe LeserInnen, Obwohl es noch viele Wochen bis zum Welt-AIDS-Tag am 01. Dezember sind, beginnen bereits diverse Veranstaltungen und Projekte. So wird auch im Vorfeld zu diesem Anlaß eine Wein-Sonderedition präsentiert. Der Wein entstammt biologischem Anbau vom Weingut Kirchberghof der Familie Rittsteuer aus dem burgenländischen Jois. Es gibt eine Sonderedition Blaufränkischer und eine Edition Welschriesling. Den Ehrenschutz für dieses besondere Projekt hat die Wiener Stadträtin für Gesundheit und Soziales Mag. Sonja Wehsely übernommen. Die Patenschaften für die beiden Weinsorten liegen bei Zabine Kapfinger und Alfons Haider. Auf dem Etikett befindet sich ein Photo des österreichischen Photografen Andreas H. Bitesnich: es zeigt zwei Hände, die sich zu einem Red Ribbon zusammenschließen. Mit dem Erwerb dieses Weines können Sie die Aids Hilfe Wien aktiv unterstützen. Nähere Informationen zu dieser Wein-Sonderedition und zu den Bestellmöglichkeiten finden Sie ab Mitte September unter www.aids.at. Mit freundlichen Grüßen, Mag. Birgit Leichsenring Med. Info / Doku der AIDS-Hilfen Österreichs Falls sich Ihre e-mail-Adresse ändert oder Sie med update nicht mehr erhalten möchten, schicken Sie bitte eine e-mail an: [email protected] Medieninhaber: Die AIDS-Hilfen Österreichs, Mariahilfer Gürtel 4, 1060 Wien © Die AIDS-Hilfen Österreichs, 2007 Text: Mag. Birgit Leichsenring „ HIV-Infektion über die Mandeln? “ Die Mandeln (Tonsillen) liegen beidseitig am Ende des Gaumens. Es gibt noch weitere Mandeln im menschlichen Körper, doch normalerweise sind immer die „Gaumentonsillen“ gemeint. Sie sind Teil des Immunsystems und helfen der Abwehr von Krankheitserregern, die mit Nahrung und Atem in die Mundhöhle gelangen. Und über den Mund- und Rachenraum kann es durch ungeschützten Oralverkehr unter Umständen auch zu einer HIV-Infektion kommen. Eine amerikanische Forscherin veröffentlichte nun eine Arbeit, in der speziell auf die Rolle der Mandeln bei einer HIV-Infektion über die Mundhöhle eingegangen wurde. Die Studie vergleicht einige Eigenschaften der Mandeln mit der restlichen Mundschleimhaut. Zunächst untersuchte man die Verteilung von einigen Bestandteilen der Oberflächen von Zellen in der Mundschleimhaut und den Mandeln. Dazu gehörten der CD4-Rezeptor und die Korezeptoren CCR5 und CXCR4. Das sind bestimmte Strukturen außen auf den Zelleen und werden für die körpereigene Kommunikation zwischen den Zellen benutzt. Für das HI-Virus sind die 3 Strukturen essentiell. Denn es kann nur diese Rezeptoren erkennen, um an die Zelle zu binden und sie zu infizieren. Während der CD4-Rezeptor das Haupterkennungsmerkmal ist, benötigt das HI-Virus von den beiden Korezeptoren jeweils nur einen, um in die Zelle zu gelangen. Eine Kombination aus 2 Rezeptoren ist also notwendig. (Entweder CD4 + CCR5 oder CD4 + CXCR4.) Die Forscher fanden nun heraus, dass der CD4-Rezeptor und der Korezeptor CCR5 sowohl in der gesamten Mundschleimhaut, als auch in den Mandeln gleichmäßig verteilt ist. Hier ergab sich also kein Unterschied. Signifikant unterschiedlich hingegen ist die Situation bezüglich des Korezetors CXCR4. Dieser ist den Mandeln weitaus häufiger zu finden. Eine höhere Dichte solcher „Andockstellen“ für das HI-Virus, kann natürlich die Wahrscheinlichkeit eines Infektionsereignisses erhöhen. Im nächsten Schritt wurden allgemeine Wirkstoffe verglichen, die Krankheitserreger abtöten können. In der Mundhöhle kommen viele solcher Stoffe vor, da durch Nahrung und Atmung unzählige Erreger in den Körper gelangen können. Dazu gehört z.B. auch das bekannte Lysozym, welches allerdings auf HIV keine Auswirkung hat. Ein solcher Stoff, der jedoch sehr wohl Einfluß auf das HI-Virus hat, ist das sogenannte SLPI (secretory leukocyte protease inhibitor). SLPI ist ein kleines Molekül mit antimikrobieller Wirkung und kommt fast in allen Sekreten vor. Z.B. im Ejakulat, im Vaginalsekret, in der Muttermilch und eben auch im Speichel. Wie genau SLPI aus das HI-Virus einwirkt ist noch nicht vollkommen geklärt. Es scheint nicht direkt an das Virus zu binden, sondern auf die Zielzelle einzuwirken und damit den viralen Lebenszyklus zu unterbrechen. Während die Zellen der Mundschleimhaut sehr viel von diesem SLPI produzieren, kommt SLPI in den Mandeln nur in einer geringen Konzentration vor. Dieser antivirale Schutz ist hier also nicht gegeben. Als zusätzlichen Punkt führten die Wissenschaftler den generellen Aufbau der Mandeln an. Die Oberfläche ist dünner und stark gefaltet und bietet daher auf kleinem Platz eine große Angriffsfläche für das HI-Virus. Zusätzlich ist die Oberfläche nicht von einer sogenannten Kreatin-Schicht geschützt. Die restliche Mundhöhle ist mit dieser dickeren und härteren Schicht ausgekleidet, um die Haut vor Verletzungen durch Nahrungsbestandteile zu schützen. Diese Schicht ist auch eine erste Barriere gegen Viren. Die Summe dieser Beobachtungen führt zu dem Schluss, dass eine Infektion mit dem HI-Virus über die Mandeln wahrscheinlicher sein wird, als über die restliche (gesunde) Mundschleimhaut. Es wurden allerdings keine direkten Versuche mit HIViren durchgeführt, sondern nur die Verteilung beteiligter Faktoren in den Zellen untersucht. Es handelt sich hier nicht um einen neuen Infektionsweg, den es vorher so noch nicht gab. Es ist eher eine Detailinformation über die generelle Infektionsmöglichkeit bei ungeschütztem Oralverkehr. Es handelt sich nicht um ein verändertes Verhalten, bzw. eine neue Eintrittspforte von HIV. Es ist wohl nicht nachzuvollziehen, ob HIV-Infektionen über die Mundschleimhaut oder die Mandeln geschehen sind. Diese Arbeit bestätigt durchaus die Aussage, dass infektiöses Sperma im Mund ein Risiko darstellt. Wahl, S. et al; „Tonsil Epithelial Factors May Influence Oropharyngeal Human Immunodeficiency Virus Transmission“; J.Patholgy; August ; Vol.171 No.2; 571-579 „ HIV-Test: das diagnostisches Fenster “ Es stehen verschiedene Testarten zur Verfügung, um eine HIV-Infektion nachweisen zu können. Der klassische Test, der auch bei den AIDS-Hilfen Österreichs angeboten wird, ist ein sogenannter Antikörpertest. D.h., bei diesem Verfahren, wird nicht das HI-Virus an sich, sondern die vom Körper gebildeten Abwehrstoffe (Antikörper) getestet. Das Problem bei diesen Tests ist, dass eine bestimmte Menge von Antikörpern benötigt wird, um sie messen zu können. Die Zeit, die der Körper braucht, um diese Menge herzustellen, wird „diagnostisches Fenster“ genannt. Denn in dieser Phase der Infektion verbreitet sich das Virus im Körper, aber ein Test würde negativ ausfallen, da noch nicht genügend Antikörper gebildet sind. Bei HIV beträgt diese Zeit ca. 3 Monate. Das gefährliche ist, das sich besonders in diesen ersten Wochen der Infektion das Virus sehr rasch verbreitet und hohe Mengen an HI-Viren erreicht werden können. Dementsprechend steigert sich auch das Risiko, die Infektion zu übertragen. Aus diesem Grund wäre es günstig, das diagnostische Fenster zu verkleinern. Bereits seit 2004 existiert ein neues Testverfahren, welches von einer israelischen Arbeitsgruppe entwickelt wurde. In Deutschland wird dieses Verfahren seit kurzem über eine kleine Firma vertrieben. (BioSam, Samuel Gebert) Das Prinzip der Methode ist eigentlich recht einfach. Wie beim üblichen Test, wird den ProbandInnen Blut entnommen. Diese Probe enthält neben den bereits produzierten Antikörpern auch die Zellen, welche Antikörper bilden (BLymphozyten). Anstelle nun gleich nach den freien Antikörpern zu suchen, werden hier der Blutprobe zuerst bestimmte Substanzen zugegeben und 5 Tage bei Körpertemperatur gehalten. Durch diese Prozedur werden die B-Lymphozyten stimuliert und zur Antikörperproduktion angeregt. Innerhalb dieser 5 Tage kann auf diese Weise ein mehrfaches an Antikörpern hergestellt werden, die dann mit den herkömmlichen Tests gemessen werden können. Daher folgt auch der Name, eine Zusatzbehandlung mit dem sogenannten SMARTube ®, „Stimulating Maximal Antibody Response Tube“. Frei übersetzt: ein Teströhrchen zur Anregung der maximalen Antikörperproduktion. D.h., mit dieser Vorbehandlung, kann ein HIV-Antikörpertest bereits das positive Ergebnis anzeigen, bevor die tatsächliche Antikörpermenge im Blut die Nachweisgrenze überschritten hat. Laut der firmeneigenen Homepage soll dies bereits 7 Tage nach dem Infektionsereignis möglich sein. (Inwieweit diese SMARTubes® in der Praxis zur Anwendung kommen werden, ist nicht bekannt. Es dürften eventuell aussagekräftige Studien, bzw. überzeugende Publikationen fehlen. Anmerkung B.Leichsenring) „Das diagnostische Fenster bei HIV/HCV wird geschlossen“; Deutscher Presseanzeiger vom 28.Aug.2007 - Weitere Informationen auf www.biosam.eu „ HIV-Therapie gegen Krebs “ Die HAART (hoch aktive antiretrovirale Therapie) ist eine Kombination aus mehreren Wirkstoffen gegen HIV. Eine dieser möglichen Wirkstoffe sind sogenannte Protease-Inhibitoren (PI). Die Protease hat die für das Virus essentielle Aufgabe, neue Virusbestandteile zu generieren. Wird diese Funktion unterbrochen, können keine neue Viren zusammengebaut werden. Das US-amerikanische „National Cancer Institute“ veröffentlichte nun eine Studie, in der gezeigt wurde, dass diese Protease-Inhibitoren ebenfalls eine hemmende Wirkung auf die Entstehung von bestimmten Krebsarten haben könnten. Insbesondere das sogenannte „kleinzellige Bronchalkarzinom“ ist hier eventuell ein Anwendungsgebiet. Es handelt sich bei dieser Art von Lungenkrebs um eine besonders gefährliche Sorte, da er sich extrem schnell verbreiten und Metastasen (abgelöstes Krebsgewebe) bilden kann. Er macht ca. 25% aller vorkommenden Lungenkrebsarten aus. Einige der antiviralen Proteinase-Inhibitoren hemmen zusätzlich einen körpereigenen Stoff (Akt-1, eine Protein Kinase), dessen Aktivität vor allem in Krebszellen zu beobachten ist. Diese erhöhte Aktivität spielt eine noch nicht genau geklärte Rolle bei der Ablösung von Tumorgewebe und der daraus resultierenden Metastasenbildung. Mit der Hemmung dieses Stoffes, wird auch das Risiko dieser Metastasenbildung gehemmt. Von den verschiedenen Protease-Inhibitoren der HAART haben sich vor allem Viracept®, Norvir® und Invirase® gut in der Hemmung des Tumorwachstums gezeigt. Diese Ergebnisse stammen aus ersten Labor- und Tierversuchen. Insbesondere Viracept® (Wirkstoff: Nelfinavir) soll nun auch in einer klinischen Studie an KrebspatientInnen getestet werden, da es den besten Effekt zeigte. Diese Art der „Weiterverwendung“ von bereits erprobten Medikamenten, hat den großen Vorteil, dass schon Erfahrungswerte vorliegen. Auch auf dem Gebiet der Krebsforschung sind ständig neue Medikamente notwendig. Durch dieses HIVMedikament kann in Zukunft eventuell auch anderen PatientInnen geholfen werden. Eine Zukunftsprognose, inwieweit die Einnahme von Protease-Inhibitoren sich auf ein vermindertes Krebsrisiko bei Menschen mit HIV/AIDS auswirken könnte, wurde in diesem Rahmen nicht gestellt. www.medicalnewstoday.com / Dennia PA. Et al.; „Nelfinavir, a lead HIV protease inhibitor, is a broad spectrum, anticancer agent that induces ER stress, autophagy and apoptosis in vitro and in vivo“; Clin.Can.Res.; Vol.13; No.17, September 2007 „ Ländereinblick: Papua Neuguinea “ Papua Neuguinea liegt nordöstlich von Australien und ist der weltweit drittgrößte Inselstaat. Die ca. 5,8 Millionen Einwohnern teilen sich in über 200 Kulturgruppen auf und es werden schätzungsweise 800 verschiedene Sprachen gesprochen. Doch nicht nur die humane Diversität in ihren teils unberührten Formen, auch die Naturvielfalt macht dieses Land zu einem der exotischsten Reiseziele der Welt. Nun machte der Inselstaat mit einer unschönen Nachricht von sich reden. HIV-positive Menschen seinen lebendig begraben worden sein, berichten die Medien. Es sei den Angehörigen nicht möglich gewesen, die Kranken zu pflegen und vor allem hätten sie Angst vor der Ansteckungsgefahr gehabt. Papua Neuguinea hat eine der höchsten HIV/AIDS Raten im Pazifikraum. Der erste Fall wurde 1987 dokumentiert, seither steigt die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) drastisch an. Laut UNAIDS erfolgt die Übertragung hauptsächlich auf heterosexuellem Wege in einer Altersgruppe von 20-40 Jahren. Es leben hier ca. 60.000 Menschen mit HIV/AIDS, wobei die Dunkelziffer auf bis zu 140.000 geschätzt wird. 2003 erhielten davon laut WHO (Weltgesundheitsorganisation) nur 320 PatientInnen eine antiretrovirale Therapie. Die Prognose der australischen Regierung ist wenig optimistisch: Bis 2025 werden über 500.000 Menschen mit HIV infiziert sein und 70% aller verfügbaren Spitalsbetten werden für PatientInnen mit HIV/AIDS benötigt werden.