Prof. Dr. Peter Bürgisser Jesko Hüttenhain Einführung in die Geometrie Sommersemester 2013, Universität Paderborn Aufgabenzettel 9 Mit Lösungsansätzen von Jesko Hüttenhain Die folgenden Ansätze stellen Leitfäden für eine korrekte Lösung dar, ohne jegliche Gewähr. Sie haben keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Korrektheit. Es handelt sich lediglich um meine persönlichen Notizen. Hinweis: Dieser Zettel ist doppelt so lang wie die bisherigen Aufgabenzettel, dafür erfolgt die Abgabe erst in 2 Wochen. Aufgabe 1 (4 Punkte). Welche der folgenden Matrizen sind orthogonal? −1 √1 √1 √ 1 0 5 1 1 0 3 6 2 1 √ √2 B = 2 1 −2 C = 1 0 1 A= 3 0 6 −1 −1 √1 √ √ −1 2 1 0 1 1 3 2 6 Gebe zu jeder orthogonalen Matrix ihr Inverses an. Lösungsansatz. Nur A ist orthogonal. Das Inverse ist natürlich √1 13 √ A| = 2 −1 √ 6 √1 3 0 √2 6 √1 3 −1 √ . 2 −1 √ 6 Die Spalten von B sind zwar orthogonal, aber nicht orthonormal. Die Matrix C hat nicht einmal orthogonale Spalten. Aufgabe 2 (4 Punkte). Sei A ∈ Rn×n eine Matrix und In ∈ Rn×n bezeichne die Einheitsmatrix. Wir erinnern daran, dass A genau dann orthogonal ist, wenn A| A = In . Zeige, dass A genau dann orthogonal ist, wenn AA| = In . Lösungsansatz. Dies folgt aus der Eindeutigkeit des Inversen. Angenommen, A| A = In . Dann ist A eine invertierbare Matrix, entspricht somit einer bijektiven linearen Abbildung und hat daher ein Rechtsinverses B. Es ist B = In B = A| AB = A| , also AA| = AB = In . Anders angenommen, es gilt AA| = In . Dann hat A ein links-inverses C und es gilt C = CIn = CAA| = A| . Aufgabe 3 (5 Punkte). Beweise die Additionstheoreme mit Hilfe von Drehmatrizen: Für x, y ∈ R gilt cos( x + y) = cos( x ) · cos(y) − sin( x ) · sin(y), sin( x + y) = sin( x ) · cos(y) + cos( x ) · sin(y). Lösungsansatz. Wir haben cos( x + y) − sin( x + y) sin( x + y) cos( x + y) ! = D ( x + y) = D ( x ) · D (y) = = cos( x ) − sin( x ) sin( x ) cos( x ) ! cos(y) − sin(y) · sin(y) cos(y) ! cos( x ) · cos(y) − sin( x ) · sin(y) ∗ sin( x ) · cos(y) + cos( x ) · sin(y) ∗ ! Ich berechne hier nur die erste Spalte, da dies bereits den Beweis liefert. Aufgabe 4 (4 Punkte). Sei K ein Körper und U, V zwei K-Vektorräume. Eine Abbildung φ : U × V → K heißt bilinear, wenn für alle u ∈ U und alle v ∈ V die Abbildungen φ(u, −) : V −→ K φ(−, v) : U −→ K 0 0 u0 7−→ φ(u0 , v) v 7−→ φ(u, v ) K-linear sind. Das Skalarprodukt euklidischer Vektorräume ist beispielsweise bilinear. Seien B ⊆ U und C ⊆ V jeweils eine Basis. Zeige: Wenn für zwei bilineare Abbildungen φ, ψ : U × V → K und alle (b, c) ∈ B × C die Identität φ(b, c) = ψ(b, c) gilt, so folgt bereits φ = ψ. Lösungsansatz. Seien x = ∑b∈ B xb · b und y = ∑c∈C yc · c jeweils beliebige Vektoren. Dann gilt φ( x, y) = φ ∑b∈ B xb b, ∑c∈C yc c = ∑ φ(xb b, yc c) (b,c)∈ B×C = ∑ xb · yc · φ(b, c) ∑ xb · yc · ψ(b, c) = · · · = ψ( x, y). (b,c)∈ B×C = (b,c)∈ B×C Aufgabe 5 (Auffrischungskurs komplexe Zahlen, 3 · 2 Punkte). Im folgenden sei C = { a + bi | a, b ∈ R } der Körper der komplexen Zahlen. Hier ist i2 = −1. Wir setzen C× := C \ { 0 }. (a) Sei z ∈ C× . Bestimme a, b ∈ R mit der Eigenschaft, dass 1 z = a + bi. (b) Beweise: Jedes z ∈ C× lässt sich eindeutig schreiben als z = r · cis(α) für einen Winkel α ∈ [0, 2π ) und eine positive, reelle Zahl r. (c) Verwende Aufgabenteil (b), um zu zeigen, dass jede komplexe Zahl z ∈ C eine Wurzel hat. Mit anderen Worten, finde alle y ∈ C mit y2 = z. Verwende deine Formel, um alle Quadratwurzeln von i zu bestimmen. Lösungsansatz. (a) Sei z = c + di. Dann ist 1 c d Re(z) − Im(z) c − di c − di = 2 − 2 ·i = + · i. = = 2 c + di (c + di )(c − di ) c + d2 c + d2 c + d2 k z k2 k z k2 (b) Setze r := kzk und y := 1r · z. Nach der Vorlesung gibt es einen eindeutigen Winkel θ ∈ [0, 2π ) mit cis(θ ) = y. √ (c) Schreibe z = r · cis(θ ) wie in Aufgabenteil (b). Setze y := r · cis( 2θ ). Dann ist y2 = r · cis( 2θ ) · cis( 2θ ) = r · cis( 2θ + 2θ ) = r · cis(θ ) = z. Damit sind y und −y die Wurzeln von z. Wir bemerken, dass ki k = 1. Wir suchen den Winkel θ ∈ [0, 2π ) mit cos(θ ) = 0 und sin(θ ) = 1, also i = cos(θ ) + sin(θ ) · i = cis(θ ). Dies ist θ = π2 . Damit ist j := cis( π4 ) = cos( π4 ) + sin( π4 )i eine Wurzel von i. Nach den Additionstheoremen folgt cos( π4 )2 − sin( π4 )2 = cos( π2 ) = 0 2 cos( π4 ) sin( π4 ) = sin( π2 ) = 1 also cos( π4 )2 = sin( π4 )2 und mit der zweiten Gleichung cos( π4 )2 = 1 1 π 2 = 4 sin( 4 ) 4 cos( π4 )2 Also cos( π4 ) = ± √1 und sin = ∓ √1 . Damit sind 2 2 von i. ±1 √ 2 · (1 + i ) die Quadratwurzeln Definition. Sei u ∈ Rn \ { 0 } ein Vektor. Wir nennen R≥0 · u = { λ · u | λ ∈ R, λ ≥ 0 } den von u erzeugten Strahl. Wir definieren den Vektor ũ = ku1 k · u mit kũk = 1 und der Eigenschaft, dass R≥0 · u = R≥0 · ũ. Zu jedem Strahl gibt es also einen eindeutig bestimmten Vektor der Länge 1, welcher den Strahl erzeugt. Für zwei Strahlen S und T seien jeweils u und v die Vektoren der Länge 1, welche sie erzeugen. Sei θ ∈ [0, 2π ) so, dass D (θ ) ∈ SO(2) die eindeutig bestimmte Drehung mit v = D (θ )u ist. Dann bezeichnen wir mit ^(u, v) oder ^(S, T ) den Winkel θ und nennen dies den Winkel zwischen u und v bzw. den Winkel zwischen S und T. Aufgabe 6 (5 Punkte). Seien S, S0 , T, T 0 vier Strahlen. Zeige: Es gibt ein D ∈ SO(2) mit S0 = D (S) und T 0 = D ( T ) genau dann, wenn ^(S, T ) = ^(S0 , T 0 ). Lösungsansatz. Angenommen, S0 = DS und T 0 = DT. Wähle eine Drehmatrix E mit S0 = ET 0 . Dann ist DS = S0 = ET 0 = EDT und daher D −1 EDT = S. Da Drehmatrizen kommutieren, bedeutet dies ET = S. Die Rückrichtung folgt, indem man die Schritte in umgekehrter Reihenfolge anwendet.