Dr. Eva Bauer DEMENZERKENNUNG IM PRAXISALLTAG CognitiveNeuroScience at the Centre for Psychiatry Justus Liebig University Giessen Landespsychologentag 2013, Darmstadt Was sind Ursachen kognitiver Defizite? Depression Demenz •Alzheimer •Vaskulär •Mischform Delir Medikamente •Lewy-Body-Demenz kognitive Defizite •Parkinson-Demenz •Frontotemp. Demenz •Korsakow-Syndrom andere neurologische/ psychiatrische Erkrankungen •Schlaganfall (Aphasie), Multiple Sklerose, etc. •Angst, Burnout, Persönlichkeitsstörung, Suchterkrankungen, etc. scheinbare kognitive Defizite •Brille, Hörgerät vergessen, etc. Demenz = hirnorganisch bedingter pathologischer, nicht altersgemäßer Abbau kognitiver Leistungen in Folge unterschiedlicher Krankheiten Alter und kognitive Entwicklung kognitive Leistung altersgemäße Funktion MCI: Mild Cognitive Impairment Demenz Alter Früherkennung • = essentiell zur optimalen Behandlung von demenzerkrankten Personen • verschiedene Demenzarten unterschiedliche Symptome • Demenz ≠ Gedächtnisverlust Überblick Demenzarten Screeningverfahren Memory-Clinic Fallbeispiele Sollbruchstelle Mendez & Cummings (2003). Dementia. A clinical approach. 3rd Ed. Philadelphia: Butterworth Heinemann, Elsevier Science. PRIMÄR VASKULÄR • Morbus Alzheimer • Senile Demenz vom Alzheimer-Typus • Lewy-body-Demenz • Morbus Pick • Frontotemporale Demenz • Morbus Parkinson • Chorea Huntington • Seltene Ursachen • Hirninfarkt • Multiinfarkt • subkortikale arteriosklerotische Enzephalopathie (SAE) • Morbus Binswanger • Thalamische Demenz gemischte Formen SEKUNDÄR • Infektionen (z.B. HIV) • Intoxikation (Alkohol, Kohlenmonoxid, Metall, etc.) • Stoffwechselstörungen • Tumoren • Traumata • andere Erkrankungen mit zerebraler Beteiligung „möglicherweise behandelbar“ Überblick Demenzarten • • • • Alzheimer (DD Depression) Vaskuläre Demenzen Demenz bei M. Parkinson und Lewy-Body-Demenz Fronto-temporale Demenzen Screeningverfahren Memory-Clinic Fallbeispiele M. Alzheimer Verlauf • schleichend • progredient Einsicht • häufig uneinsichtig / unbekümmert Psychopathologie • zu Beginn Ängstlichkeit / Depression Bildgebung • Hippokampusatrophie, im Verlauf kortikale Atrophie • CCT/MRT mit Normalbefund vereinbar • PET/SPECT: Minderbelegung mediotemporal M. Alzheimer Neuropsychologie • Einspeicherung (Neugedächtnisstörung mit „fast forgetting“) • semantisches Netzwerk • Wortfindung, Paraphasien, Intrusionen • Zeitgitter • Visuo-Konstruktion • Flexibilität • Aufmerksamkeit erhalten ! Überblick Demenzarten • • • • Alzheimer (DD Depression) Vaskuläre Demenzen Demenz bei M. Parkinson und Lewy-Body-Demenz Fronto-temporale Demenzen Screeningverfahren Memory-Clinic Fallbeispiele Depression Verlauf • variabel Einsicht • Überschätzung der Defizite Psychopathologie • Affekt niedergestimmt • klagsam • antriebsarm Bildgebung • Normalbefund ! Depression Neuropsychologie • Lernvolumen (über Aufmerksamkeitsdefizit?) • Aufmerksamkeit ! (Verarbeitungsgeschwindigkeit) • Exekutive Funktionen (Wortflüssigkeit, Flexibilität) • Semantik immer erhalten Depression vs. Demenz • Kognitive Defizite bei älteren Menschen mit depressiver Störung: 20-70%! • „Demenzsyndrom der Depression“ • Ursachen residualer Defizite nach Abklingen der Depression: – Persistierende subklinische Depression – Irreversible neuronale Veränderung (z.B. Hippocampus) Beblo & Lautenbacher (2006): Neuropsychologie der Depression Mögliche Zusammenhänge Depression – Demenz • Kognitives Defizit Depression Kognitive Defizite infolge ZNS-Schädigung führen zu depressiver Reaktion • Depression kognitives Defizit Pathophysiologische Veränderungen bei Depression und / oder Depressionsbehandlung führen zu kognitiven Defiziten • Gemeinsame Ursache Depressive und kognitive Störung sind gemeinsame Folge eines 3. Faktors (z.B. Schlaganfall, M. Parkinson, Hypothyreose) • Unabhängige Ursachen zufällige Koinzidenz von Depression und kognitiven Defiziten Jahn in: Lautenbacher (Ed.) Neuropsychologie psychischer Störungen, 2004 Überblick Demenzarten • • • • Alzheimer (DD Depression) Vaskuläre Demenzen Demenz bei M. Parkinson und Lewy-Body-Demenz Fronto-temporale Demenzen Screeningverfahren Memory-Clinic Fallbeispiele Vaskuläre Demenz (VD) = Oberbegriff für Demenzformen, die durch pathophysiologisch ganz unterschiedliche gefäßbedingte Läsionen des Gehirns entstehen • reine VDn sind eher selten (16%), zudem zeigen 77% aller VD-Fälle post mortem zusätzlich eine Alzheimer-Pathologie (gemischte Demenz) 3 Formen: • Multiinfarktdemenz nach mehreren Insulten • Demenz nach einmaligem Schlaganfall • SAE-Demenz (Demenz bei subkortikaler arteriosklerotischer Enzephalopathie) Multiinfarktdemenz nach mehreren Insulten • Beginn plötzlich • Verlauf gleichbleibend oder schrittweise progredient „Demenzen nach Schlaganfällen sind stabile Defektsyndrome und progredieren nur bei Re-Insulten“ (Schmidtke, 2006) • Defizite eher lokalisationsspezifisch Demenz nach einmaligem Schlaganfall • Beginn plötzlich • Verlauf gleichbleibend oder schrittweise progredient „Demenzen nach Schlaganfällen sind stabile Defektsyndrome und progredieren nur bei Re-Insulten“ (Schmidtke, 2006) • Defizite eher lokalisationsspezifisch SAE-Demenz • Beginn schleichend / stufenweise • Verlauf langsam progrediente SAE führt nur selten und bei starker Ausprägung zur SAE-Demenz • Defizite dysexekutives Syndrom • Risikofaktor Hypertonie Vaskuläre Demenz bei SAE (auch: M.Binswanger, subkortikale Demenz, zerebrale Mikroangiopahtien) • Kognitive Symptome + • Relevante Hinweise in der Bildgebung + • Vorliegen von oder Krankengeschichte mit neurologischen Zeichen für CV-Erkrankung (z.B. Hemiparese, sensorische Defizite, Dysarthrie, Gangstörung, extrapyramidale Zeichen) SAE-Demenz: dysexekutives Syndrom • • • • • • psychomotorische Verlangsamung Erschöpfbarkeit Konzentration Aufmerksamkeit Antrieb Spontaneität SAE-Demenz: körperliche Defizite Frühstadium: • Gangunsicherheit • unsystematischer Schwindel • Hypertonie • verstärkter Harndrang Vaskuläre Demenz bei SAE Neuropsychologie ! • Verlangsamung, Apathie • Gedächtnisabruf, keine Speicherstörung • Freier Abruf ; WDK ok, Profit von Hinweisreiz • „Vergesslichkeit“ ohne (genuine) Gedächtnisstörung • Abstraktion • Exekutive Funktionen • Visuo-Konstruktion Psychopathologie • Weitschweifigkeit • Antrieb • Affektlabilität und -inkontinenz ! Überblick Demenzarten • • • • Alzheimer (DD Depression) Vaskuläre Demenzen Demenz bei M. Parkinson und Lewy-Body-Demenz Fronto-temporale Demenzen Screeningverfahren Memory-Clinic Fallbeispiele Demenz bei M. Parkinson – Lewy-Body-Demenz • Klinisch und neuropathologisch kaum unterscheidbar • Differenzierung derzeit nur über Zeitkriterium und EPS – Demenz bei M. Parkinson: • Entwicklung der kognitiven Störung > 12 Mon. nach Beginn der EPS – LBD: • Auftreten von EPS innerhalb 12 Mon. nach Auftreten der kognitiven Störung Lewy-Body-Demenz Kernsymptome • Fluktuierender Verlauf der Kognitiven Fähigkeiten mit Schwankungen der Wachheit und Aufmerksamkeit • Detaillierte optische Halluzinationen • Spontaner Parkinsonismus (EPS) außerdem: autonome Dysfunktion (Inkontinenz), delirante Phasen Lewy-Body-Demenz Verlauf • Schleichend, fluktuierend Einsicht • Häufig Störungseinsicht Psychopathologie • Illusionäre Verkennungen / visuelle Halluzinationen • Wiederholte Stürze, Synkopen • Persönlichkeitsveränderung, Depression Bildgebung • Allgemeine Atrophie, CCT / MRT mit Normalbefund vereinbar ! Lewy-Body-Demenz Neuropsychologie • Aufmerksamkeitsdefizit ! • fluktuierende Vigilanz (teils 15 Min.Schwankungen) • Exekutive Funktionen • Visuo-Konstruktion, visuelle Verarbeitung • Gedächtnisabruf • Speicherstörung (zu Beginn weniger gestört) Demenz bei M. Parkinson • Bis zu 6-fach erhöhtes Risiko im Vergleich zu Gesunden • Abhängig von – Alter – Schweregrad der motorischen Symptome Aarland et al. (2003); Emre et al. (2003) Demenz bei M. Parkinson Neuropsychologie ! • Verlangsamung • Aufmerksamkeit (Intensität, Selektivität, Fluktuationen) • Nicht so ausgeprägt wie bei LBD • Exekutive Funktionen • Wortflüssigkeit • Planen, Regeln finden, set shifting, Flexibilität, Interferenzresistenz • Gedächtnisabruf • Visuo-Konstruktion, visuelle Verarbeitung • Sprache: Wortfindung, Verstehen komplexer Sätze reduziert • Selten AD-typische Störungen wie Aphasie, Agnosie, Apraxie Überblick Demenzarten • • • • Alzheimer (DD Depression) Vaskuläre Demenzen Demenz bei M. Parkinson und Lewy-Body-Demenz Fronto-temporale Demenzen Screeningverfahren Memory-Clinic Fallbeispiele Frontotemporale Demenz (FTD) • Komplexe störende Veränderungen von Persönlichkeit und sozialen Verhaltensweisen – Enthemmung, Apathie, Rückzug • Anfänglich nicht so deutliche kognitive Beeinträchtigungen – v.a. Wortflüssigkeit • später: Exekutivfunktionen Fronto-temporale Demenz (Verhaltensvariante der FTD: M.Pick Sprachvarianten: Primär progressive Aphasie (PPA), Semantische Demenz (SD)) Verlauf • Schleichend, progredient Einsicht • Fehlende Krankheitseinsicht (bei frontaler Variante), bei SD und PPA Störungseinsicht Psychopathologie • Formale Denkstörungen, Logorrhoe, Dysphorie, sozial unangemessenes Verhalten, Enthemmungen • Tiefgreifende Persönlichkeitsveränderung • Trägheit, Überaktivität, Umhergehen • Emotionale Verflachung • Perseverationen, Stereotypien • Essverhalten: Überessen, Vorliebe für Süßes Bildgebung • Häufig frühe fronto-temporale Atrophie, Verschmälerung der Gyri ! Fronto-temporale Demenz (Verhaltensvariante der FTD: M.Pick Sprachvarianten: Primär progressive Aphasie (PPA), Semantische Demenz (SD)) Neuropsychologie • Exekutive Dysfunktionen (Planen, Problemlösen, Urteilsfähigkeit) • Ablenkbarkeit • Handlungsflexibilität und -kontrolle • Abwehr automatisierter Reaktionen, Konkretismus • Abstraktionsvermögen • Arbeitsgedächtnis • Flexibilität • Relativer Erhalt der Gedächtnisfunktionen • Initial: visuell-räumliche Leistungen erhalten • PPA/ SD: Aphasie Differentialdiagnostik bei frontotemporaler Demenz • Schizophrenie absonderliche Verhaltensweisen, Unnahbarkeit, Rückzug, Interesselosigkeit • Zwangsstörung / zwanghafte Persönlichkeitsstörung stereotypes und perseverierendes Verhalten (ABER! Keine charakteristische Bewertung der Routinen als unsinnig und quälend) • Manie / Hypomanie Sorglosigkeit, Enthemmung, Überaktivität Fazit • ! Alltagseinschränkungen • ! Verschiedenste kognitive Auffälligkeiten • ! Verhaltensänderungen Abklärung durch Memory Clinic Neurologe / Neuropsychologe Zeitpunkt der Untersuchungen mit Fachpersonal besprechen und auf Besonderheiten hinweisen Überblick Demenzarten Screeningverfahren • • • • • • Allgemeines MMSE Uhrentest MoCA MemenTool IQCODE Memory-Clinic Fallbeispiele Die 2 Stufen der Demenzabklärung 1. Stufe Hausärztliche Untersuchung Krankengeschichte, Demenz-Screening Verdacht einer Demenz Zuweisung für eine Demenzabklärung 2. Stufe Memory Clinic oder Spezialisten Diagnose (speziell in Frühstadien), Differentialdiagnose Endgültige klinische Diagnose Therapievorschläge Stähelin et al. (1997) Screening • 2/3 der Patienten mit Demenz werden nicht diagnostiziert! • Gespräch – Spezifische Fragen zur Hirnleistung – Fokus auf neu aufgetretene Probleme • Kurzer kognitiver Test – Uhrentest, MMSE, DemTect, MoCA etc • Interview mit dem Angehörigen – Standardisierter Fragebogen (z.B. IQCODE) Screening • Anforderungen – – – – – Kurz Einfach anwendbar Akzeptabel für Patienten Wenig beeinflusst von Bildung, Geschlecht, Alter, etc. Hohe • Sensitivität (Empfindlichkeit) Anteil tatsächlich kranker Personen, die in der Population erkannt werden • Spezifität (Genauigkeit) Anteil tatsächlich gesunder Personen, die korrekt identifiziert werden Überblick Demenzarten Screeningverfahren • • • • • • Allgemeines MMSE Uhrentest MoCA MemenTool IQCODE Memory-Clinic Fallbeispiele MMSE (Mini-Mental Status Examination) • Meist verwendetes Screeningtool • Umfasst viele kognitive Domänen • Beeinflusst von Alter, Bildungslevel, kulturellem Hintergrund, SES, Sprachlichen Fähigkeiten • Sensitivität zur Detektion von MCI / Demenz (mit cut-off score von 26 / 27): 65% / 77% • Spezifität zur Detektion von MCI / Demenz: 89% / 90% Lorentz et al. (2002); Larner (2011); Thalmann et al. (2002) Überblick Demenzarten Screeningverfahren • • • • • • Allgemeines MMSE Uhrentest MoCA MemenTool IQCODE Memory-Clinic Fallbeispiele Uhrentest • „traditionelles“ Screeningtool • Kein einheitlicher Standard • + : zur Bewältigung sind verschiedene kognitive Funktionen notwendig (z.B. LZG, Strategien planen, Visuokonstruktion, exekutive Funktionen, …) • Bildung hat einen Effekt • Sensitivität = 77% / 85% • Spezifität = 75% / 85% Lorentz et al. (2002); Thalmann et al. (2002) MMSE & Uhrentest • Kombination MMSE / Uhrentest besser als einer der Tests alleine: Sensitivität Spezifität Correct Positivier Classification Prädikiver Rate Wert Negativer Prädiktiver Wert Uhrentest 77.3 75.0 76.5 75.6 76.8 MMSE* 76.7 90.9 81.4 89.4 79.6 Kombination 80.7 89.9 83.7 88.8 82.3 *Cut-off von 27 Thalmann et al. (2002) Überblick Demenzarten Screeningverfahren • • • • • • Allgemeines MMSE Uhrentest MoCA MemenTool IQCODE Memory-Clinic Fallbeispiele MoCA Larner (2011): Validierungsstudie Methode: • 150 Besucher einer Memory Klinik; Demenz (Prävalenz = 57%) oder MCI (Prävalenz = 43%) Sensitivität für MCI / Demenz Spezifität für MCI / Demenz MMSE* 65% 89% MoCA* 97% 60% * Cut-off von 26 • • • Kombination MoCA / MMSE nicht hilfreich Kombination MoCA / IQCODE nicht hilfreich einfache und schnelle Anwendung, gute Annahme bei Patienten Larner (2011) MoCA www.mocatest.org Überblick Demenzarten Screeningverfahren • • • • • • Allgemeines MMSE Uhrentest MoCA MemenTool IQCODE Memory-Clinic Fallbeispiele MemenTool (Mild Executive and Memory impairment – EvaluatioN Tool) • = kurzes Screeningtool für – MCI – Demenz – Depression • entwickelt für Hausärzte • Einfach in Durchführung und Auswertung • Entscheidungshilfe • www.memoryclinic.ch Ehrensperger (2011) MemenTool 3 Fragen 1. Haben Sie in der letzten Zeit erlebt, dass Ihre Fähigkeit sich neue Dinge zu merken, nachgelassen hat? 2. Haben Angehörige oder Freunde Bemerkungen gemacht, dass Ihr Gedächtnis schlechter geworden sei? 3. Sind Sie in Ihrem Alltag durch Gedächtnis- oder Konzentrationsschwierigkeiten beeinträchtigt? Uhrentest 4. Sind zwei unterscheidbare Zeiger (Dicke oder Länge) vorhanden? 5. Ist die Uhrenzeichung inklusive Zeit in Zahlen „perfekt“? MemenTool Sensitivität = 83% Spezifität = 79% Trennschärfe = 81% Uhrentest: normal ja nein Bemerkungen von Angehörigen ja Weitere Abklärung 1-3: normal + 2 verschiedene Zeiger nein „Watchful Waiting“ ja nein Weitere Abklärung Überblick Demenzarten Screeningverfahren • • • • • • Allgemeines MMSE Uhrentest MoCA MemenTool IQCODE Memory-Clinic Fallbeispiele IQCODE (Informant Questionnaire on Cognitive Decline in the Elderly) • = Screeningverfahren zur Fremdbeurteilung der kognitiven Leistungsfähigkeit einer Person • Angehöriger / Betreuungsperson beurteilt, ob / in welchem Ausmaß sich die Fähigkeit einer Person verändert hat, verschiedene Alltagsaktivitäten zu bewältigen • Fremdanamnese immer mit erheben, insbesondere bei – Schweren somatischen Erkrankungen und / oder sensorischen Beeinträchtigungen – Eingeschränkter Störungseinsicht – Unzureichenden am Patienten direkt erhebbaren Informationen • www.memoryclinic.ch IQCODE • Wir möchten Sie bitten, sich daran zu erinnern, wie Ihr/e Angehörige/r vor 10 Jahren war und das damit zu vergleichen, wie er / sie jetzt ist. Vor 10 Jahren hatten wir das Jahr _____. Im Folgenden sind Situationen aufgeführt, in welchen Ihr/e Angehörige/r Gedächtnis- oder Intelligenzleistungen erbringen muss. Wir bitten Sie anzugeben, ob sich seine / ihre Leistung in der entsprechenden Situation verbessert oder verschlechtert hat oder gleichgeblieben ist. Bitte beachten Sie, dass es wichtig ist, die aktuellen Leistungen mit denen von vor 10 Jahren (Jahr _____) zu vergleichen. Das heißt, wenn Ihr/e Angehörige/r vor 10 Jahren immer vergaß, wo er / sie Dinge hingelegt hat und das noch immer tut, würde dies als „wenig Änderung“ eingeschätzt werden. Bitte markieren Sie die Veränderungen, die Sie beobachtet haben, indem Sie die zutreffende Antwort einkreisen. IQCODE Wie gut kann Ihr/e Angehörige/r im Vergleich zu vor 10 Jahren ... viel besser ... Informationen über Angehörige und Freunde erinnern wie z. B. Berufe, Geburtstage, Adressen ... sich an kürzlich Geschehenes erinnern ... sich nach einigen Tagen an Unterhaltungen erinnern ... Wochentag und Monat des heutigen Tages erinnern ... Dinge wiederfinden, die nicht an ihrem gewohnten Platz abgelegt wurden ... im Allgemeinen neue Dinge lernen ... finanzielle Angelegenheiten regeln, z. B. Rente, Bankgeschäfte etwas besser wenig etwas viel Änderung schlechter schlechter IQCODE • Verschiedene Varianten: – Beurteilungsintervall (10, 5, 2 Jahre) – Anzahl der Fragen (26, 16, 7) – Verschiedene Schwellenwerte Was ist brauchbar? Jorm et al. (1989); Jorm (2004); Ehrensperger et al. (2010) IQCODE Ehrensperger et al. (2010) IQCODE: Trennschärfen MMSE IQCODE: 16 Fragen IQCODE: 7 Fragen NC vs. MCI 64.0 79.9 80.1 NC vs. AD 85.2 90.7 90.5 Ehrensperger et al. (2010); Folstein et al. (1975) IQCODE • Schwellenwerte zur möglichst frühen Entdeckung von Verschlechterung: – IQCODE 16 Fragen (M): 3.19 (≥ 3/16 Fragen) – IQCODE 7 Fragen (M): 3.29 (≥ 2/7 Fragen) • 2 Jahres-Beurteilungsintervall ok • MCI-Stadium mit IQCODE gut abgrenzbar • Trennschärfe mit 7 Fragen gut MemenTool & IQCODE MMSE Memen IQ Tool CODE MemenTool & IQCODE Sensitivität 82.9 84.3 90.0 97.3 Spezifität 79.6 77.9 77.0 81.4 Correct classification rate 81.3 81.1 83.5 89.4 www.memoryclinic.ch Ehrensperger: Die Neuropsychologie des höheren Erwachsenenalters, Basel, Dezember 2012 Zusammenfassung Screeningtools • MMSE – Im Vergleich geringe Sensitivität – Kommunizierbarkeit hoch • MoCA – Hohe Sensitivität – www.mocatest.org • Mementool & IQCODE in Kombination – Hohe Sensitivität – www.memoryclinic.ch Die 2 Stufen der Demenzabklärung 1. Stufe Hausärztliche Untersuchung Krankengeschichte, Demenz-Screening Verdacht einer Demenz Zuweisung für eine Demenzabklärung 2. Stufe Memory Clinic oder Spezialisten Diagnose (speziell in Frühstadien), Differentialdiagnose Endgültige klinische Diagnose Therapievorschläge Stähelin et al. (1997) Überblick Demenzarten Screeningverfahren Memory-Clinic Fallbeispiele Was geschieht in der Memory Clinic? neuropsychologischer Befund MRT Fremdanamnese Anamnese Kombination mit EEG Verhaltensbeobachtung Testergebnisse Liquordiagnostik Anamnese / Fremdanamnese • subjektiv/objektiv berichtete kognitive Defizite (aktuell und im Verlauf): Gedächtnis, Konzentration, Orientierung, Sprache, Wahrnehmung • subjektiv/objektiv berichtete psychische Auffälligkeiten (aktuell und im Verlauf): Stimmung, Ängste, Alkohol, Drogen, etc. • soziodemographische Daten: Alter, Bildung, Beruf, familiäre Situation, Geschlecht, Händigkeit, Muttersprache • körperliche Vorerkrankungen • wichtige Lebensereignisse • Alltagskompetenzen/Selbstständigkeit Verhaltensbeobachtung • • • • • • • • • • • • Stimmung/Emotionalität Belastbarkeit besondere Fehlertypen Bearbeitungsgeschwindigkeit Kooperativität Motivation Sprache logisches Verständnis Instruktionsverständnis Flexibilität Weitschweifigkeit Sozialverhalten (z.B. Distanzlosigkeit) kognitive Funktionen räumlich-konstruktive Fähigkeiten Gedächtnis Sprache Aufmerksamkeit … Exekutivfunktionen Orientierung Literatur Artikel Frisoni, G.B. & Whitwell, J.L. (2008). How fast will it go, doc?: New tools for an old question from patients with Alzheimer disease. Neurology, 70, 2194-2195. Bäckman, L. (2008). Memory and cognition in Preclinical Dementia: What we know and what we do not know. L Revue canadienne de Psychiatrie, 53 (6), 354-360. Rosness, T.A. et al. (2008). Frontotemporal dementia – a clinically complex diagnosis. Int J Geriatr Psychiatry, 10.1002/gps Wolfersdorf et al. (2003). Differenzialdiagnostische Schwierigkeiten Morbus Pick versus Depression – Eine Kasuistik. Psychiat Prax, 30 (2), 75-77. Wittenberg, D. et al. (2008). The Early Neuropsychological and Behavioural characteristics of Frontotemporal Dementia. Neuropsychol rev, 18, 91-102. Fujishiro, H. et al. (2008). 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