Skript zur Vorlesung

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VORLESUNG
Theoretische Physik
Kontinuumsmechanik
12. Juli 2007
2
Inhaltsverzeichnis
1 Vorbemerkungen
5
2 Kinematik elastischer Medien
2.1 Verschiebungsfeld, Verschiebungstensor, Deformationstensor . . . . . . . . .
2.2 Rotationsanteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3 Deformationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
7
9
10
3 Dynamik elastischer Medien
3.1 Der Spannungstensor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.2 Die statischen Gleichgewichtsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.3 Die Bewegungsgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15
15
18
20
4 Elastostatik
4.1 Das Hooke’sche Gesetz .
4.2 Isotroper Körper . . . .
4.3 Das elastische Potential .
4.4 Kristallelastizität . . . .
4.5 Torsion . . . . . . . . . .
4.6 Balkenbiegung . . . . . .
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21
21
23
27
32
33
35
5 Wellen in elastischen Medien
5.1 Die Bewegungsgleichungen des isotrop elastischen Körpers
5.2 Die Wellengleichung für den isotrop elastischen Körper . .
5.3 Spezielle Lösungen der Wellengleichung . . . . . . . . . . .
5.4 Ebene harmonische elastische Wellen . . . . . . . . . . . .
5.5 Elastische Wellen im Stab . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.6 Elastische Wellen in Platten . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.7 Schwingende Saite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.8 Reflexion und Brechung elastischer Wellen . . . . . . . . .
5.9 Oberflächenwellen (Rayleigh-Typ) . . . . . . . . . . . . . .
5.10 Oberflächenwellen (Love-Typ) . . . . . . . . . . . . . . . .
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41
41
43
44
46
47
49
50
55
59
63
6 Kinematik von Flüssigkeiten und Gasen
6.1 Die lokale Betrachtungsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.2 Die Kontinuitätsgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
67
67
68
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3
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4
INHALTSVERZEICHNIS
7 Dynamik von Flüssigkeiten und Gasen
7.1 Der Spannungstensor in Flüssigkeiten und Gasen . . . . . . . . . . . . . . .
7.2 Zustandsgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.3 Euler’sche und Navier-Stokes’sche Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . .
71
71
72
73
8 Hydro- und Aerostatik
8.1 Grundgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.2 Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
77
77
78
9 Druckgleichung und Bernoulli-Gleichung
9.1 Grundbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9.2 Die Druckgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9.3 Die Bernoulli-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
83
83
84
84
10 Potentialströmungen
10.1 Allgemeine Potentialströmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10.2 Die ebene Potentialströmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
87
87
87
11 Wirbelströmungen
95
12 Laminare Strömungen
12.1 Die Hagen-Poiseuille’sche Strömung .
12.2 Strömung eines Gases durch ein Rohr
12.3 Stokes’sches Widerstandsgesetz . . .
12.4 geneigter Flüssigkeitsfilm . . . . . . .
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99
99
102
103
104
13 Ähnlichkeitsgesetze
107
14 Turbulente Strömungen
109
15 Wellen in Flüssigkeiten und Gasen
113
15.1 Oberflächenwellen: Schwerewellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113
15.2 Oberflächenwellen: Kapillarwellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118
15.3 Schallwellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118
16 Sickerströmungen
121
17 Rheologische Gleichungen
125
Kapitel 1
Vorbemerkungen
Achtung: Das Skript ist nur ein Entwurf, der noch nicht fertiggestellt ist und
sicher noch Fehler enthält. Entdeckte Mängel bitte mir mitteilen. Gert Irmer,
[email protected], Tel. 2006/2777
Mechanik deformierbarer Medien.
Vergleiche mit starrem Körper: Abstände der N Teilchen voneinander fest, M Nebenbedingungen, f = 3N − M = 6, 3 Translationen und 3 Rotationen.
Beschreibungsmöglichkeiten für ein deformierbares Medium:
1. Medium besteht aus N diskreten Massenpunkten. Wechselwirkungskräfte aus Potentialfunktionen ableitbar, Veranschaulichung durch Federkräfte. Bsp.: Kristallgittertheorien,
Molekulardynamik, ab initio- Rechnungen
2. Homogenes Medium. Beschreibung durch makroskopische Größen wie Massendichte, Druck,
Geschwindigkeit. Die makroskopischen Größen sind stetige Funktionen des Ortes und der
Zeit. Das Volumenelement muß hinreichend groß sein (genügend viele MP enthalten, damit
Begriffe wie Massendichte sinnvoll sind), aber auch hinreichend klein sein, um mit Differentialen rechnen zu können.
Abb. 1.1:
Zwei Modelle des Festkörpers
a) Punktmassen und Federkräfte
b) Homogenes Kontinuum
a
b
5
6
KAPITEL 1. VORBEMERKUNGEN
Kapitel 2
Kinematik elastischer Medien
2.1
Verschiebungsfeld, Verschiebungstensor, Deformationstensor
Lagrange’sche und Euler’sche Darstellung
Euler:
Der Zustand des Fluids am Ort ~r zur Zeit t wird betrachtet, z.B. ~v (~r, t). Die Herkunft des
Teilchens am Ort ~r zur Zeit t ist uninteressant.
Anwendung: Flüssigkeiten und Gase.
Lagrange’sche „substantielle“ Betrachtungsweise:
Jedes Massenelement („Punkt“ ) wird mit einem „Namen“ versehen, z. B. dem Ort ~r des ME
zur Zeit t = 0. Die Bewegung des Massenelementes wird verfolgt: ~s(~r, t)
Anwendung: Festkörper. In den Kapiteln zu elastischen Medien wird die Lagrange’sche Betrachtungsweise angewendet.
Zur Zeit t0 befindet sich das Massenelement ~r am Ort ~r0 . Verrückung zweier benachbarter
ME: Beispiel Kreis mit Pfeil auf Radiergummi.
~s(~r) ist der Verschiebungsvektor. Die Deformation der Umgebung des ME wird durch d~s
beschrieben.
~r0 = ~r + ~s
d~r0 = d~r + d~s
Abb. 2.1:
Deformation eines Radiergummis
s + ds
dr
s
r
Der Kreis auf dem Radiergummi geht bei der Deformation in eine Ellipse über.
Aus dem Pfeil d~r wird
der Pfeil d~r0
dr'
r'
7
(2.1)
8
KAPITEL 2. KINEMATIK ELASTISCHER MEDIEN
xi + dxi
Abb. 2.2:
Darstellung der infinitesimalen
Verschiebung aus Abb. 2.1 in
Komponenten-Schreibweise
si(xj + dxj )=si(xj ) + dsi
dxi
xi' + dxi'
dxi'
xi
si(xj )
xi'
Vektorschreibweise:
Ã
!
∂~s
∂
~s(~r + d~r) = ~s(~r) + d~s = ~s(~r) +
dxj = ~s(~r) + dxj
~s =
∂xj
∂xj
Ã
!
∂
∂
∂
= s(~r) + dx1
+ dx2
+ dx3
~s =
∂x1
∂x2
∂x3
= ~s(~r) + (d~r · grad) ~s
|
{z
}
Vektorgradient
Komponentenschreibweise:
si (xj + dxj ) = si (xj ) + dsi = si (xj ) +
∂si
dxj + ...
∂xj
Vektorgradient:
¯
¯
¯ ∂s ¯
¯ i¯
Annahme : ¯
¯
¯ ∂xj ¯
dsi =
sei klein (<< 1), lineareElastizitätstheorie
∂si
dxj = aij dxj , d~s = (d~r · grad)~s
∂xj
(2.2)
Verschiebungstensor:

∂s1

 ∂x1



 ∂s2
ã = 

 ∂x1



 ∂s3
∂x1
∂s1
∂x2
∂s2
∂x2
∂s3
∂x2

∂s1

∂x3 


∂sx

 ∂x





 ∂sy
∂s2 
=

∂x3  
 ∂x






∂s3   ∂sz
∂x3
∂x
∂sx
∂y
∂sy
∂y
∂sz
∂y

∂sx
∂z 




∂sy 

∂z 




∂sz 
∂z
2.2. ROTATIONSANTEIL
9
beschreibt die Verschiebung: Deformation + Rotation des Volumenelementes, keine Translation (für diese ist ~s = const.). Zerlegung dieses Tensors in einen symmetrischen und einen
antisymmetrischen Anteil:
1
1
aij = aaij + asij = (aij − aji ) + (aij + aji ) = aaij + εij
2
2
Rotationstensor:
Ã
!
Ã
! 

1 ∂sx ∂sy
1 ∂sx ∂sz
0
−
−

2 ∂y
∂x
2 ∂z
∂x 





Ã
!

1 ∂sx ∂sy

a
ã =  −
−

2 ∂y
∂x



Ã
!

1 ∂sx ∂sz

−
2
∂z
−
∂x
1
−
2
Deformationstensor:

∂sx
∂x





Ã
!
 1 ∂s
∂sy
x

ε̃ = 
+
 2 ∂y
∂x



Ã
!

∂sz
 1 ∂sx
2
dsi = 0
∂z
+
∂x
1
2
0
1
2
Ã
Ã
∂sy ∂sz
−
∂z
∂y
∂sx ∂sy
+
∂y
∂x
!
∂sy
∂y
1
2
Ã
∂sy ∂sz
+
∂z
∂y
!
Ã
!


! 
∂sy ∂sz 

−

∂z
∂y 





0
1
2
Ã
∂sx ∂sz
+
∂z
∂x
! 




Ã
! 
1 ∂sy ∂sz 

+

2 ∂z
∂y 




∂sz

∂z
→ Translation, alle xi haben dasselbe si
Zusammenfassung:
dsi =
aij
∂si
dxj = aij dxj = dsai + dsD
i
∂xj
1
=
2
Ã
∂si
∂sj
−
∂xj
∂xi
!
1
+
2
Ã
∂si
∂sj
+
∂xj ∂xi
!
(2.3)
= aaij + εij
2.2
Rotationsanteil
ãa kann ein axialer Vektor zugeordnet werden:
µ
1
1 ∂sz ∂sy ∂sx ∂sz ∂sy ∂sx
1
−
,
−
,
−
ϕ
~ = rot~s = ∇ × ~s =
2
2
2 ∂y
∂z ∂z
∂x ∂x
∂y
¶
10
KAPITEL 2. KINEMATIK ELASTISCHER MEDIEN
¯
¯
¯ ∂s ¯
¯ i¯
ϕ
~ ist klein wegen ¯
¯ << 1, Abbildung ϕ
~ ⇔ ãa
¯ ∂xj ¯
Es ist d~s
a
=ϕ
~ × d~r.
d~s
a
= {ϕy dz − ϕz dy, ϕz dx − ϕx dz, ϕx dy − ϕy dx}
(Ã
!
Ã
!
)
1
∂sx ∂sz
∂sy ∂sx
=
−
dz −
−
dy, ..., ...
2
∂z
∂x
∂x
∂y
=
n
aa1j dxj , ..., ...
o
Abbildung des antisymmetrischen Tensors auf einen axialen Vektor
d~sa = ϕ
~ × d~r = 12 (rot~s) × d~r
dsai = aaij dxj
(2.4)
Unterschied axialer Vektor - polarer Vektor: bei Inversion am Koordinatenursprung ergibt sich
axialer Vektor → axialer Vektor,
polarer Vektor → - polarer Vektor
ϕ
dsa
dl
Abb. 2.3:
Drehung des Volumenelementes um einen
kleinen Winkel ϕ
dr
ϑ
2.3
~ a = |~
ds
ϕ × d~r| = ϕ dr sin ϑ = ϕ dl
Deformationen
x0i = xi + si
dx0i = dxi + dsi
dsi = aaij dxi + dsD
i
Im folgenden werden keine Rotationen, nur Deformationen betrachtet:
dsD
i = εij dxj
(2.5)
2.3. DEFORMATIONEN
11
Ein kleines Volumenelement dV mit den Kanten dxi wird deformiert zu dV 0 :
dx0i = dxi + εij dxj
Ausführlich geschrieben:
dx01 = (1 + ε11 )dx1 + ε12 dx2 + ε13 dx3
dx02 = ε21 dx1 + (1 + ε22 )dx2 + ε23 dx3
dx03 = ε31 dx1 + ε32 dx2 + (1 + ε33 )dx3
Längenänderungen:
Beispiel: Ein Radiergummi mit aufgedrucktem Pfeil wird durch reine Streckung bzw. Stauchung deformiert
Abb. 2.4:
Deformation eines Radiergummis
durch Dehnung und Stauchung
dr
dr'
In Richtung der x1 - Achse ergibt sich :
d~r = (dx1 , 0, 0)
d~r0 = (dx01 , dx02 , dx03 ) = (1 + ε11 , ε21 , ε31 )dx1
dx01 − dx1
,
ε11 =
dx1
entsprechendes gilt für ε22 , ε33
Die ε11 , ε22 , ε33 sind die relativen Längenänderungen in Richtung der Achsen x1 , x2 , x3 .
Winkeländerungen:
Beispiel: Ein Radiergummi mit aufgedrucktem Pfeil wird durch reine Scherung deformiert
12
KAPITEL 2. KINEMATIK ELASTISCHER MEDIEN
dr(2)
α
dr(1)
ε12
Abb. 2.5:
Deformation eines Radiergummis
durch Scherung
d~r(1) = (dx1 , 0, 0)
d~r(2) = (0, dx2 , 0)
dr'(2)
dr'(1)
α
d~r
d~r
ϑ
Die Winkeländerungen sind:
0
(1)
0
(2)
= (1 + ε11 , ε21 , ε31 )dx1
= (ε12 , 1 + ε22 , ε32 )dx1
d~r 0(1) · d~r 0(2)
ε12 + ε21
q
≈ 2ε12
cos ϑ =
≈q
0
0
|d~r (1) | · |d~r (2) |
(1 + 2ε11 ) · (1 + 2ε22 )
π
cos ϑ = cos( − γ12 ) = sin γ12 ≈ γ12 ≈ 2ε12 ,
2
da |ε12 | klein («1).
Der Zusammenhang von ε12 mit der Scherung (Gleitung, Schiebung) γ12 = π/2 − ϑ ist
ε12 ≈
γ12
= α.
2
γ23
,
2
ε13 ≈
Entsprechend gilt
ε23 ≈
γ13
.
2
Hauptachsentransformation:
Durch Koordinatentransformation kann der Deformationstensor auf die Form


ε1 0 0

ε̃ =  0 ε2 0 

0 0 ε3
gebracht werden. Die εi sind die Eigenwerte von ε̃, die sogenannten Hauptdilatationen.
Das bedeutet, jede Deformation kann durch drei Dehnungen (bzw. Stauchungen) in drei
aufeinander senkrechten Richtungen ausgedrückt werden.
Beispiel: kleine Kugel wird zu Ellipsoid verformt:
dx0 = (1 + ε1 )dx
dy 0 = (1 + ε2 )dy
dz 0 = (1 + ε3 )dz
2.3. DEFORMATIONEN
13
Kugel
(dx)2 + (dy)2 + (dz)2 = (dR)2
Ellipsoid
(dx0 )2
(dy 0 )2
(dz 0 )2
+
+
= (dR)2
(1 + ε1 )2 (1 + ε2 )2 (1 + ε3 )2
Volumenänderung:
Im Hauptachsensystem:
dV 0 = dx0 dy 0 dz 0 = (1 + ε1 )(1 + ε2 )(1 + ε3 )dxdydz ≈ dV + (ε1 + ε2 + ε3 )dV
dV 0 − dV
dV
∆V
= ε1 + ε2 + ε3 = ε11 + ε22 + ε33 = Sp ε̃
V
∂sx ∂sy ∂sz
= εii =
+
+
= div~s = relative Volumenänderung
∂x
∂y
∂z
=
∆V
= Sp ε̃ = div~s
V
(2.6)
14
KAPITEL 2. KINEMATIK ELASTISCHER MEDIEN
Kapitel 3
Dynamik elastischer Medien
3.1
Der Spannungstensor
Deformationen durch Kräfte verursacht:
a) Volumenkräfte
Z
fi (xj , t)d3 r,
Fi =
vektoriell:
R
F~ = f~(~r, t)d3 r
(3.1)
f ist die Kraftdichte (N/m3 )
• Beispiele: Schwerkraft, Zentrifugalkraft
Übertragung durch Felder
Beispiel:Kraftdichte der Schwerkraft, die am Massenelement ∆m = ρ∆V angreift. Die
z(x3 ) - Achse ist nach oben gerichtet.
g
p = const.
∆V
Abb. 3.1:
Schwerkraft als Volumenkraft
∆F3 = −ρ∆V g = −∆mg
∆F1 = ∆F2 = 0
∆F
→ f3 = −ρg
b) Flächenkräfte
Z
Fi =
σij dAj ,
vektoriell:
15
R
~
F~ = σ̃dA
(3.2)
16
KAPITEL 3. DYNAMIK ELASTISCHER MEDIEN
σij : Spannungstensorkomponente (N/m2 )
• Beispiele:
Spannung, Druck, Oberflächenspannung
Übertragung durch Druck oder Reibung
Beispiel: Druck, den eine Flüssigkeit im Schwerefeld auf eine Platte der Fläche A = a∗a
ausübt. Die Normalkraft F3 ergibt sich als Gewicht der Flüssigkeitssäule über der Fläche A.
Abb. 3.2:
Flächenkraft, die durch Druck in
einer Flüssigkeit auf eine Platte
übertragen wird
g
A
F3 = −mg =
= −ρA(h − x3 )g =
= −pA = σA
→ p = ρg(h − x3 )
h
x3


1 0 0

σ̃ = −p 
 0 1 0 
0 0 1
Druck p :
σij = −pδij
Platte senkrecht: dA2 = a dx3
Zh2
F1 = −a
ρg(h − x3 )dx3
h1
c) Zusammenhang zwischen Volumen- und Flächenkräften,
Euler’sches Schnittprinzip
• Beispiel:
gespannter Gummi, herausgeschnittene Figuren werden verformt und durch Flächenkräfte wieder auf die ursprüngliche Form gebracht
Abb. 3.3:
Deformation eines Gummis
durch Streckung
und Anwendung
des Schnittprinzips
3.1. DER SPANNUNGSTENSOR
17
Abb. 3.4:
Deformation eines Gummis
durch Scherung
und Anwendung
des Schnittprinzips
• Euler’sches Schnittprinzip:
Herausgeschnittenes Volumenelement ∆V , an der Fläche ∆A1 greife die Kraft ∆F~ an:
Zerlegung der Kraft in eine Normal- und eine Tagentialkomponente, die Tangentialkomponente kann weiter zerlegt werden:
∆ Ft
Abb. 3.5:
Zerlegung von Flächenkräften
∆F
∆x3
∆x1
∆F~ = ∆F~n + ∆F~t =
∆A1
∆x2
Normalspannung: σn =
= ∆F~1 + ∆F~2 + ∆F~3
∆ Fn
∆Fn
∆x2 ∆x3
Tangential(Schub-)spannung: σt =
~ 1 , ∆A
~ 1 nach außen
positiv, wenn ∆F~n k∆A
∆Ft
∆x2 ∆x3
• Indexkonvention für σij :
1. Index kennzeichnet die Kraftrichtung (Komponente k zur Achse xi )
2. Index kennzeichnet die Fläche (Schnitt senkrecht zur Achse xj
hier: σn ⇒ σ11 , σt → σ21 , σ31
∆F1 = σ11 ∆x2 ∆x3 = σ11 ∆A1
∆F2 = σ21 ∆x2 ∆x3 = σ21 ∆A1
∆F3 = σ31 ∆x2 ∆x3 = σ31 ∆A1
∆Fi = σi1 ∆A1
Normalspannungen: σ11 , σ22 , σ33
Schubspannungen, Tangentialspannungen:
σ12 , σ13 , σ23 (σji = σij , siehe unten)
18
KAPITEL 3. DYNAMIK ELASTISCHER MEDIEN
Der Spannungstensor läßt sich auf Hauptachsen transformieren:


σ1 0 0


σ̃ =  0 σ2 0 
0 0 σ3
Hauptspannungen σ1 , σ2 , σ3
3.2
Die statischen Gleichgewichtsbedingungen
(Vergleich zum starren Körper
1)
P~
Fk = 0
Kräftegleichgewicht
k
2)
P
k
~rk × F~k = 0
Momentengleichgewicht )
hier:
Z
Z
I
fi dV +
Z
f~dV +
σij dAj = 0
~r × f~dV +
I
~ =0
~r × (σ̃dA)
I
~ = 0 Kräftegleichgewicht
σ̃dA
Momentengleichgewicht
(3.3)
zu 1) Kräftegleichgewicht
Betrachtung der x-Komponente
Z
I
f1 dV +
σ1j · dAj = 0
~σ1 = σ11 , σ12 , σ13 wird als Vektor aufgefaßt
Z
I
f1 dV +
~ =
~σ1 dA
Z
Z
f1 dV +
div ~σ1 dV = 0
Z
→
(f1 + div ~σ1 )dV
= 0 → f1 + div ~σ1 = f1 +
∂σ1j
=0
∂xj
allgemein:
fi +
∂σij
=0
∂xj
äußere Kraft innere Kraft
pro Volumen pro Volumen
f~ + Divσ̃ = 0
Div „Vektordivergenz“
(3.4)
3.2. DIE STATISCHEN GLEICHGEWICHTSBEDINGUNGEN
x2
19
σ12 + (∂σ12/∂x2)dx2
σ22 + (∂σ22/∂x2)dx2
σ21 + (∂σ21/∂x1)dx1
dx2
σ11
σ13
σ11 + (∂σ11/∂x1)dx1
σ13 + (∂σ13/∂x3)dx3
σ21
σ12
σ22
dx1
x3
x1
Abb. 3.6:
Kräftegleichgewicht am herausgeschnittenen Würfel dV
Kräftegleichgewicht in Richtung xi
σij : 1. Index kennzeichnet die Richtung der zugeordneten Kraft
2. Index kennzeichnet die Fläche
Ã
!
∂σ11
σ11 +
dx1 dx2 dx3 +
∂x1
Ã
!
Ã
!
∂σ12
∂σ13
σ12 +
dx2 dx1 dx3 + σ13 +
dx3 dx1 dx2 +
∂x2
∂x3
−σ11 dx2 dx3 − σ12 dx1 dx3 − σ13 dx1 dx2 + f1 dx1 dx2 dx3 = 0
Ã
→
∂σ11 ∂σ12 ∂σ13
+
+
∂x1
∂x2
∂x3
!
+ f1 = 0
Zu 2): Momentengleichgewicht
Z
~r × f~dV +
I
~ =0
~r × (σ̃dA)
x-Komponente:
Z
(x2 f3 − x3 f2 )dV +
I
→
I
→
~ 3 = (σ3j daj ) = (~σ3 · dA),
~
(σ̃dA)
~ 3 =
x2 (σ̃dA)
~ 2 =
x3 (σ̃dA)
Z
Z
div(x2~σ3 )dV =
Z
I h
i
~ 3 − x3 (σ̃dA)
~ 2 =0
x2 (σ̃dA)
~ 2 = (σ2j dAj ) = (~σ2 · dA)
~
(σ̃dA)
Z
div(x3~σ2 )dV =
Z
(x2 div~σ3 + ~σ3 · grad x2 )dV =
(x2 div~σ3 + σ32 )dV
Z
(x3 div~σ2 + ~σ2 · grad x3 )dV =
(x3 div~σ2 + σ23 )dV
20
KAPITEL 3. DYNAMIK ELASTISCHER MEDIEN
Z
[x2 (f3 + div~σ3 ) + σ32 − x3 (f2 + div~σ2 ) − σ23 ] dV = 0 → σ32 = σ23
allgemein: wegen f1 + div~σi = 0 ergibt sich
σji = σij
3.3
(3.5)
Die Bewegungsgleichungen
Wenn kein statisches Gleichgewicht am Volumenelement dV vorhanden ist:
ρai = fi +
ρ=
dm
= Massendichte,
dV
∂σij
∂xj
ρ~a = f~ + Div σ̃
~a Beschleunigung des Volumenelementes
in substantieller Betrachtungsweise x0i = xi + si (xj , t),
ρs̈i = fi +
∂σij
∂xj
ai =
d2 si
dt2
ρ~s̈ = f~ + Div σ̃
Wenn die fi und die σij bekannt sind, lassen sich im Prinzip die si ausrechnen.
Die σij hängen mit den si über die Materialgleichung σij = σij (εij ) zusammen.
(3.6)
Kapitel 4
Elastostatik
4.1
Das Hooke’sche Gesetz
Zunächst: eindimensionale Betrachtung
Zugversuch:
Abb. 4.1:
Dehnung eines Stabes unter Einfluss der Kraft F~
x2
x1
l
Zugspannung σ =
Dehnung ε =
F
A
= E ∆l
= Eε
l
∆l
l
∆l
A
F
Hooke’sches Gesetz mit der Elastizitätskonstanten E:
σ = Eε
Spannungs- Dehnungsdiagramm:
21
(4.1)
22
KAPITEL 4. ELASTOSTATIK
Abb. 4.2:
Schematische Darstellung der
Spannungs- Dehnungs- Beziehung
σ
A
0 ... A: Hooke
A ... B: elastisch/nichtlinear
B ... C: Fließen
C ... D: Verfestigung, Bruch
B C D
ε
0
Beispiel für lineares, elastisches Verhalten:
Abb. 4.3:
Dehnung einer elastischen Schraubenfeder
unter Einfluss der Kraft F~
l
Die Ausdehnung ∆l der Feder ist der
Kraft F proportional, k ist die Federkonstante
∆l
F = k∆l
F
Oft kein rein elastisches Verhalten auch bei kleinem σ:
σ
ε
Abb. 4.4:
Elastische Hysterese
Im Folgenden wird angenommen, dass die Deformationen Zustandsfunktionen sind, d. h.
unabhängig von der Vorgeschichte.
Zusammenhang: σ̃(ε̃) :
allgemein:
σ11 = f11 (ε11 , ε12 , ..., ε33 )
σ12 = · · ·
..
.
4.2. ISOTROPER KÖRPER
23
σ33 = · · ·
Taylorentwicklung für linearen Bereich:
σ11 = f11 (0, ..., 0) +
σ12 = · · ·
∂f11
∂f11
ε11 + · · ·
ε12 + · · ·
∂ε11
∂ε12
fij (0, ..., 0) = 0 (ohne Deformationen keine Spannungen)
allgemein:
σij = Cijmn εmn
Tensor vierter Stufe
(4.2)
Die Cijmn sind die elastischen Moduln (81 Konstanten)
Einführung der Voigt’schen Konstanten unter Ausnutzung der Symmetrieeigenschaften des
Deformations- und des Spannungstensors (εji = εij , σji = σij )
σ11
σ22
σ33
σ23
σ31
σ12
=
=
=
=
=
=
C11 ε11 + C12 ε22 + C13 ε33 + 2C14 ε23 + 2C15 ε31 + 2C16 ε12
C21 ε11 + · · ·
···
···
···
···
σi = Cij εj
36 Konstanten Cij
(4.3)
weitere Reduktion der Anzahl der voneinander unabhängigen Konstanten möglich → siehe unten!
4.2
Isotroper Körper
keine ausgezeichnete Richtung
Beispiel:
polykristalline, amorphe, glasartige Körper, Flüssigkeiten
keine Einkristalle (diese können aber optisch isotrop sein, z. B. kubische)
Im Folgenden Annahme:
24
KAPITEL 4. ELASTOSTATIK
Achsen || Hauptachsen
σ1 = aε1 + bε2 + bε3
σ2 = bε1 + aε2 + bε3
σ3 = bε1 + bε2 + aε3
wegen Gleichwertigkeit aller Richtungen gibt es nur zwei elastische Konstanten:
a für Deformationen || zur wirkenden Spannung und b für Deformationen ⊥ zur wirkenden Spannung
Lamèsche Moduln:
a − b = 2µ
b = λ
σ1 = 2µε1 + λ(ε1 + ε2 + ε3 )
σ2 = 2µε2 + λ(ε1 + ε2 + ε3 )
σ3 = 2µε3 + λ(ε1 + ε2 + ε3 )
Übergang vom Hauptachsensystem zu beliebigem orthogonalem Koordinatensystem (Die
αik sind die Richtungskosinus):
σk = 2µεk + λSpε̃,
(σk = δkl σkl ,
X
0
σij = αik αjl σkl =
αik αjk σk
εk = δkl εkl )
k
ε0ij
= αik αjl εkl =
X
αik αjk εk
k
αik = cos 6< (x0i , xk )
X
X
σij0 = 2µ
αik αjk εk + λSpε̃
αik αjk
k
|
k
{z
}
δij
σij0 = 2µε0ij + λδij Spε̃0
wegen Sp ε̃0 = Spε̃ .
Index0 weggelassen:
σij = 2µεij + λδij · Spε̃
Hooke’sches Gesetz für den elastisch isotropen Körper, „strain stress relation“
Umkehrung:
(4.4)
4.2. ISOTROPER KÖRPER
25
Spσ̃ = 2µSpε̃ + 3λSpε̃
= (2µ + 3λ)Spε̃
1
→ Spε̃ =
Spσ̃
2µ + 3λ
λδij · Spσ̃
σij
εij =
−
2µ 2µ(2µ + 3λ)
= 2µ0 σij + λ0 δij · Sp σ̃
εij
mit 2µ0 =
1
λ
, λ0 = −
2µ
2µ(2µ + 3λ)
Zusammenhang der Lamè’schen Konstanten mit dem Elastizitätsmodul E und der Querkontraktionszahl ν:
Abb. 4.5:
Dehnungen und Querkontraktionen beim Zugversuch
x2
l
σ11 = 2µε11 + λ · Spε̃
0 = 2µε22 + λ · Spε̃
0 = 2µε33 + λ · Spε̃
0 = 2µε23
0 = 2µε31
0 = 2µε12
x1
∆l
A
F
⇒ ε22 = ε33 = −
λ
Sp ε̃,
2µ
ε23 = ε31 = ε12 = 0
λ
λε11
(ε11 + 2ε22 ) = −
2µ
2(µ + λ)
λ
µε11
Sp ε̃ = ε11 (1 −
)=
µ+λ
µ+λ
λµ
)ε11 = Eε11
σ11 = (2µ +
µ+λ
ε22 = −
⇒ E=
µ(2µ + 3λ)
µ+λ
Young0 scher Elastizitätsmodul
Querkontraktionen:
−ε22
−ε33
λ
=
=
=ν
ε11
ε11
2(µ + λ)
(4.5)
26
KAPITEL 4. ELASTOSTATIK
⇒ ν=
λ
2(µ + λ)
Poisson0 sche Querkontraktionszahl
(4.6)
Zusammenhang der Lamè’schen Konstanten mit dem Schubmodul G:
x2
Abb. 4.6:
Scherung eines Würfels
σ12 = 2µε12 = Gγ12
α
γ12 = 2α = 2ε12
α
x1
⇒ G=µ
Schubmodul G
(4.7)
Zusammenhang der Lamè’schen Konstanten mit dem Kompressionsmodul κ:
Beispiel: Ein Würfel ist in einer Flüssigkeit allseitigem Druck σij = −pδij ausgesetzt und
wird um ∆V zusammengedrückt:
Abb. 4.7:
Kompression eines Würfels
Flüssigkeit
p
σ11
σ22
σ33
σ23
σ31
σ12
= −p = 2µε11 + λSpε̃
= −p = 2µε22 + λSpε̃
= −p = 2µε33 + λSpε̃
= 0 = 2µε23
= 0 = 2µε31
= 0 = 2µε12
⇒ ε11 = ε22 = ε33 , ε23 = ε31 = ε12 = 0
−3p = (2µ + 3λ)Spε̃
1
1 ∆V
Spε̃
3
= −
=−
=
κ
p V
p
2µ + 3λ
⇒ κ=
2µ + 3λ
3
Kompressionsmodul κ
(4.8)
4.3. DAS ELASTISCHE POTENTIAL
27
Elastische Konstanten einiger Stoffe:
Stahl
Kupfer
Aluminium
Glas
4.3
Dichte
ρ
Laméscher
Modul λ
Laméscher
Modul µ
(Schubmodul G)
Youngscher
Modul E
g/cm3
7,8
8,9
2,7
2,2
1011 N/m2
0.97
1,09
0,57
0,17
1011 N/m2
0,76
0,47
0,27
0,33
1011 N/m2
1,95
1,26
0,72
0,76
Querkontrakt.zahl ν
Kompressionsmodul κ
longitud.
Schallgeschw.
cl
transv.
Schallgeschw.
ct
0,28
0,35
0,34
0,17
1011 N/m2
1,48
1,40
0,75
0,38
km/s
5,7
4,8
6,4
6,1
km/s
3,1
2,3
3,2
3,8
Das elastische Potential
Elastische Deformation erfordert Verrichten von Arbeit und führt zur Änderung des elastischen Potentials.
Hooke-Bereich: keine Wärmeentwicklung, keine Reibung
Beispiele:
a) gespannte Feder
Abb. 4.8:
Elastische Energie einer gespannten Feder
Z∆l
l0
FF = -kx
W =
F dx =
x=0
x
F
Z∆l
0
(∆l) 2
kxdx = k
2
28
KAPITEL 4. ELASTOSTATIK
b) Zugversuch
Abb. 4.9:
Elastische Energie eines gespannten Stabes
σ = εE =
Z∆l
W =
l0
x=0
V = Al0
x
(∆l)2 EA
Eε2 V
EAdx =
=
l0
2l0
2
W
Eε2
σε
=
=
V
2
2
x
F = σA
A
x
E,
l0
Die elastische Energie ist in den Volumenelementen des elastischen Körpers gespeichert.
Energiedichte der Deformationsenergie:
dW
φ=
= φ (ε11 , ε12 , · · · , ε33 )
dV
Ein Körper habe die Energiedichte φ. Wie ändert sich φ bei einer kleinen Deformation?
Beispiel:
Ein Volumenelement ∆V wird in x1 -Richtung gedehnt unter Einfluss der Zugspannung σ1 ,
∆W
so dass es die Energiedichte φ =
erhält. Dann wird es zusätzlich durch dσ1 belastet
∆V
(Vernachlässigung der Querkontraktion, σ1 = σ1 (x1 ))
x3
s1
∆x3
σ1
∆x1
W =0
x1
∆x1
∆W1 =
∆x01
R
∆x1
∆x1
σ1 ∆x2 ∆x3 dx1
σ1 + dσ1
ds1
d(∆W1 )
Abb. 4.10:
Änderung der elastischen Energie eines vorgespannten Körpers
unter Einfluss einer kleinen Spannungsänderung
d(∆W1 ) = (σ1 + dσ1 )∆x2 ∆3 d(∆x01 − ∆x1 )
Ã
!
∆x01 − ∆x1
≈ σ1 ∆2 ∆x3 ∆x1 d
= σ1 ∆V dε1
∆x1
4.3. DAS ELASTISCHE POTENTIAL
µ
→ dφ = d
∆W1
∆V
29
¶
= σ1 dε1
allgemeiner:
An einem Körper (Volumen V ) greifen an der Oberfläche(A)KräftedF~ an, die ihn etwas
deformieren. Welche Arbeit wird geleistet und wie ändert sich sein elastisches Potential?
I
dW =
(A)
dFi dsi
V ektor aj
I
=
σij dAj dsi =
I z
}|
{
(σij dsi ) dAj
Z
∂
(σij dsi )dV
∂xj
Ã
!
Z
∂σij
=
∂xj
=
|
{z
Z
Ã
dsi dV +
∂si
σij d
∂xj
Ã
!
}
!
dV
=0 (Kräftegleichgewicht)
Z
dW =
Ã
∂si
σij d
∂xj
!
dV =
∂si
∂sj
1Z
σij d
+
dV
2
∂xj ∂xi
{z
|
}
(σji = σij wegen Momentengleichgewicht)
Z
dW =
Z
σij dεij · dV =
dφdV
⇒ dφ = σij · dεij
φ = φ(εij ) , dφ =
(4.9)
∂φ
dεij = σij dεij = Cijmn εmn dεij
∂εij
vollständiges Differential der gespeicherten Energiedichte (φ ist Zustandsgröße, nur vom Deformationszustand, nicht von der Vorgeschichte abhängig)
Anzahl voneinander unabhängiger elastischer Moduln:
σij = Cijkl εkl =
∂φ
∂εij
1. wegen εkl = εlk , σij = σji :
Cijkl = Cjikl = Cijlk
⇒ statt 3 · 3 · 3 · 3 = 81 Konstanten nur 6 · 6 = 36 Konstanten
30
KAPITEL 4. ELASTOSTATIK
2. wegen Vertauschbarkeit der Ableitungen (Schwartz):
∂σij
∂ 2φ
= Cijkl =
:
∂εkl
∂εkl ∂εij
Cijkl = Cklij
⇒ statt 36 Konstanten nur 21 Konstanten
in Voigt’scher Schreibweise mit
σ = {σ1 , σ2 , ..., σ6 } = {σ11 , σ22 , σ33 , σ23 , σ31 , σ12 }
ε = {ε1 , ε2 , ..., ε6 } = {ε11 , ε22 , ε33 , 2ε23 , 2ε31 , 2ε12 }
σi = Cij εj
dφ =
6
X
σi dεi =
i=1
6
X
Cij εj dεi =
i,j=1
⇒
6
X
∂φ
i=1
σi =
∂εi
dεi
∂φ
= Cij εj
∂εi
∂ 2φ
= Cij
∂εj ∂εi
Cij = Cji
(21 voneinander unabhängige Konstanten wegen Vertauschbarkeit der Ableitungen)
C11 2
ε + C12 ε1 ε2 + C13 ε1 ε3 + · · · + C16 ε1 ε6
2 1
C22 2
+
ε + ···
2 2
φ =
4.3. DAS ELASTISCHE POTENTIAL
31
elastisches Potential des isotrop elastischen Körpers:
σij = 2µεij + λδij Spε̃
dφ = σij dεij =
XX
i
φ =
XX½
¾
Z
µε2ij
i
{2µεij dεij + λδij Spε̃dεij }
j
+λ
Spε̃dεii
j
φ = µ {[ε211 + ε222 + ε233 ] + 2 [ε223 + ε213 + ε212 ]} +
½·
¸¾
ε22 2
ε33 2
ε11 2
+λ
+ ε11 (ε22 + ε33 ) +
+ ε22 (ε11 + ε33 ) +
+ ε33 (ε11 + ε22 )
2
2
2
i
λh 2
= µ {[ ] + 2[ ]} +
ε11 + ε222 + ε233 + 2λ [ε11 ε22 + ε11 ε33 + ε22 ε33 ]
2
Ã
!
i
h
i
λ h 2
= µ+
ε11 + ε222 + ε233 + 2µ ε223 + ε231 + ε212 + 2λ [ε11 ε22 + ε11 ε33 + ε22 ε33 ]
2
(Integrationskonstante = 0 wegen φ = 0, wenn εij = 0)
a) nur Scherungen ε11 = ε22 = ε33 = 0
⇒ µ > 0 wegen φ > 0
b) nur Volumenänderungen ε11 = ε22 = ε33 = ε,
⇒ λ > − 52 µ wegen φ > 0
experimentell: µ > 0,
Wegen ν =
λ>0
λ
1
ergibt sich auch 0 < ν < .
2(µ + λ)
2
ε23 = ε31 = ε12 = 0
32
4.4
KAPITEL 4. ELASTOSTATIK
Kristallelastizität
σij = Cijkl εkl
| σi =
6
X
Cij εj
i=1
elastische Konstanten Cijkl bzw. Cij .
7 Kristallsysteme
triklin
monoklin
rhombisch
trigonal
tetragonal
hexagonal
kubisch
Anzahl
elastischer Konstanten
21
13
9
7 bzw. 6
7 bzw. 6
5
3
o
je nach Kristallklasse
Beispiel:
kubische Kristalle (optisch isotrop, elastisch anisotrop) in Voigt’scher Schreibweise:





C11 · · · C16

 .

..  = 
 .
.  

 .


C61 · · · C66

C11 C12 C12 0
0
0
C12 C11 C12 0
0
0
C12 C12 C11 0
0
0
0
0
0 C44 0
0
0
0
0
0 C44 0
0
0
0
0
0 C44










4.5. TORSION
4.5
33
Torsion
Torsion eines isotrop elastischen Zylinders (Drahtes) mit dem Radius R, Lamè’sche Konstanten µ und λ
A0
x2
Abb. 4.11:
Torsion eines Drahtes mit zylindrischem Querschnitt
x1
x3
Gegeben ist die Deformation:
parallele Querschnitte sind gegeneinander verdreht.
Die Fläche A0 sei fixiert, an der Fläche Al wirkt
ein Drehmoment, der Mantel sei kräftefrei.
Maximaler Verdrehungswinkel ϕ(l) = ϕl
l
Al
r
ϕ(l)
ϕ
r
Gesucht ist das Drehmoment, das diese
diese Verzerrung bewirkt.
x1
s
x2
ϕ
~
~r
~s
s1
s2
s3
=
=
=
=
=
=
(0, 0, ϕ(x3 ))
(x1 , x2 , x3 )
ϕ
~ × ~r
−x2 ϕ(x3 )
x1 ϕ(x3 )
0
Verschiebungsfeld(s1 , s2 , s3 )
Deformationstensor:
Ã
ε23
ε31
ε12
!
1 ∂s2
∂s3
1
=
+
= x1 ϕ0 (x3 ) = ε32
2 ∂x3 ∂x2
2
Ã
!
1 ∂s3
∂s1
1
=
+
= − x2 ϕ0 (x3 ) = ε13
2 ∂x1 ∂x3
2
= ε21 = ε11 = ε22 = ε33 = 0
Die Torsion erfolgt ohne Volumenänderung wegen Spε̃ = 0.
Spannungstensor:
34
KAPITEL 4. ELASTOSTATIK
σ23 = 2µε23 = µx1 ϕ0 (x3 ) = σ32
σ31 = 2µε31 = −µx2 ϕ0 (x3 ) = σ13
σ12 = σ21 = σ11 = σ22 = σ33 = 0
Kräftegleichgewicht:
∂σ1j
∂xj
∂σ2j
∂xj
∂σ11 ∂σ12 ∂σ13
+
+
=0
∂x1
∂x2
∂x3
∂σ21 ∂σ22 ∂σ23
=
+
+
=0
∂x1
∂x2
∂x3
∂σ13
∂σ23
→
=
=0
∂x3
∂x3
→
ϕ00 (x3 ) = 0
=
→ ϕ=
→
ϕl
x3
l
(4.10)
σ23 = µx1 ϕl /l
σ13 = −µx2 ϕl /l
(4.11)
σ23 und σ13 unabhängig von x3
Welche Oberflächenkräfte sind den Spannungstensorkomponenten zuzuordnen?
Am Mantel greifen keine Kräfte an (senkrecht oder tangential zur Manteloberfläche) wegen
σ11 = σ22 = σ12 = σ21 = 0..
Abb. 4.12:
Tangentialkräfte an der unteren Zylinderkreisfläche
σ13
An der Fläche Al greifen Tangentialkräfte an:
σ23
q
σ23
σ13
x2
x1
σ=
2
2
σ13
+ σ23
= µrϕl /l
mit r =
q
x21 + x22
Schubspannung
4.6. BALKENBIEGUNG
35
q
σ =
mit r =
q
2
2
σ13
+ σ23
= µrϕl /l
x21 + x22
Auf einen Kreisring mit dem Radius r und der Breite dr wirkt das Drehmoment
dM = r · dF = r · σ · 2πrdr
2πµϕl r3 dr
=
l
4
πµR ϕl
πGR4 ϕl
→M =
=
2l
2l
(µ = G = Torsionsmodul = Schubmodul)
→ ϕl =
mit D =
M
D
(4.12)
πGR4
= Richtmoment
2l
Bestimmung von G aus einem Torsionsexperiment möglich.
4.6
Balkenbiegung
Oft ist es möglich, Näherungslösungen anzugehen, die auf vereinfachenden Annahmen beruhen, ausreichend für viele technische Anwendungen.
Beispiel ist die Theorie der Balkenbiegung, die auf Bernoulli zurückgeht.
Annahme: nur σ11 6= 0, gleichförmige Biegung, neutrale Schicht, kleine Verbiegungen, ebene
Querschnitte, keine Verwölbung
dx1 = Rdϕ
dx1 + ds1 = (R + x3 )dϕ
ds1
x3 dϕ
x3
ε11 =
=
= ,
dx1
dx1
R
ε22 = ε33 = −νε11 = −
νx3
R
oberhalb der neutralen Faser Dehnungen, unterhalb Stauchungen längs des Balkens. Bei
den folgenden Ableitungen wird angenommen, dass die Durchbiegung nur gering ist, so dass
die Koordinate der neutralen Faser längs des Balkens mit der Koordinate x1 gleichgesetzt
werden kann.
36
KAPITEL 4. ELASTOSTATIK
Hooke:
E
x3 ,
R
σ11 = Eε11 =
x3
alle anderen σij = 0
l
x3
h
n
x1
x2
b
x3
n
Abb. 4.13:
Biegung eines Balkens
unter Einfluss
der KraftF~
x3
σ11
F
dx1 + ds1
x3
dx1
n
n
x1
R
dϕ
Die Gleichgewichtsbedingung ist erfüllt:
∂σij
=0
∂xj
Am Flächenelement dx2 dx3 = dA greift die Kraft σ11 dA an. Da der Balken sich im Ganzen
nicht dehnt, gilt:
Z
EZ
σ11 dA =
x3 dA = 0
R
Diese Beziehung ist erfüllt, wenn sich die neutrale Faser in Balkenmitte befindet. Das auf
den Querschnitt wirkende Drehmoment (Biegemoment) ist:
Z
MB =
x3 σ11 dA =
EZ 2
x3 dA
R
Z
mit I =
x23 dA =
„Flächenträgheitsmoment".
(4.13)
4.6. BALKENBIEGUNG
37
Beispiel: Rechteckquerschnitt
h/2
Zb/2 Z
x23 dx2 dx3 =
−b/2 −h/2
bh3
12
Das Drehmoment MB hält dem äußeren Drehmoment M (x1 ) der Kraft F~ das Gleichgewicht (s. Abb. 4.14)
x3
Abb. 4.14:
Die Spannungen σ11 bewirken
ein Drehmoment im Gleichgewicht
mit dem Drehmoment
der KraftF~
n
x1
F
σ11
x1
F
MB =
E
I = M (x1 ) = F (l − x1 )
R
→
1
F
=
(l − x1 )
R
EI
(4.14)
E
F
x3 = x3 (l − x1 )
R
I
(4.15)
Die Spannung σ11 ergibt sich zu
σ11 =
σ11 hängt nur von der Kraft F und der Querschnittsform ab (I), nicht vom Material (E).
h
maximale Spannung für x3 = , x1 = 0
2
max
=
→ σ11
hlF
2I
38
KAPITEL 4. ELASTOSTATIK
Der Krümmungsradius R der neutralen Faser x3 = x3 (x1 ) ergibt sich aus :
00
1
x3
=
,
0
R
(1 + x32 )3/2
0
bei kleinen Verbiegungen gilt x32 << 1.
1
F
00
= x3 =
(l − x1 )
R
EI
F l
x1 3
→ x3 = − ( x21 −
) + Ax1 + B
EI 2
6
Randbedingungen:
x1 = 0 :
x3 = 0,
→ x3 = −
x03 = 0
(neutrale Faser)
F 2
x1
x1 (l − )
2EI
3
(4.16)
x3 (x1 ) ist die „elastische Linie“ des Balkens. Der Balken ist für x1 = l um die Strecke
l3 F
x3 (l) = −
verbogen.
3EI
zweifach unterstützter und in der Mitte durch eine Kraft beanspruchter Balken:
F/2
F/2
F
Abb. 4.15:
Biegung des zweifach unterstützten Balkens und des "Kragträgers"
kann auf das Problem des „Kragträgers“ zurückgeführt werden.
4.6. BALKENBIEGUNG
39
Stabknickung:
Abb. 4.16:
Knickung eines Stabes
x3
Eine horizontal wirkende Kraft
greift an einem Hebel der Länge
ε (ε „Exzentrizität“) an und
bewirkt eine Biegung
(in der Abb. übertrieben
stark gezeichnet )
x3 (l) = p
ε
x1
n
F
x3
p
x3
x1
l
Das Drehmoment M = F · [ε + p − x3 (x1 )] bezüglich Stelle x1 ist mit dem Biegemoment
00
MB = E
I = EIx3 (x1 ) im Gleichgewicht:
R
n
x1
00
F [ε + p − x3 (x1 )] = EIx3 (x1 )
Abkürzung: λ2 =
F
,
EI
00
→ x3 (x1 ) + λ2 x3 (x1 ) = λ2 (ε + p)
Lösung:
x3 (x1 ) = ε + p + c1 cos (λx1 ) + c2 sin (λx1 )
RB : x3 (0) = 0,
→ c1 = −(ε + p),
→ x3 (x1 ) =
x03 (0) = 0,
c2 = 0,
x3 (l) = p
p=ε
1 − cos (λl)
cos (λl)
ε
1 − cos (λx1 )
(1 − cos (λx1 )) = p
cos (λl)
1 − cos (λl)
Gleichung für die neutrale Faser
Diskussion:
Maximales Biegemoment für x1 = 0,
x3 (0) = 0 :
Mmax = F (ε + p) =
kritische Last:
εF
cos (λl)
(4.17)
40
KAPITEL 4. ELASTOSTATIK
für λl = π/2 wächst x3 (x1 ) über alle Grenzen (Instabilität), es muss F < Fkr sein, sonst
Knicken des Stabes
π 2 EI
(4.18)
→ Fkr =
4 l2
Das gilt auch für sehr kleine ε. Auch ein axial gedrückter Stab (ε → 0) wird instabil für
F > Fkr , weil geringste seitliche Störkräfte Knicken einleiten.
Schubspannungen im Träger
Bisher Annahme σij = 0 außer σ11 . Eine bessere Näherung berücksichtigt auch die Schubspannungen σ13 = σ31 :
∂σij
= 0 ergibt sich
Aus
∂xj
∂σ11 ∂σ13
∂σ31
+
= 0,
=0
∂x1
∂x3
∂x1
F
Mit σ11 = x3 (l − x1 ) ergibt sich
I
∂σ13
∂σ11
F x3
=−
=+
∂x3
∂x1
I
→ σ13 =
F x23
+C
2I
h
Randbedingung: σ13 (± ) = 0
2
(Verschwinden der Schubspannungen an der Balkenoberfläche)
→ σ13
F
=
2I
Ã
h2
2
x3 −
4
maximale Schubspannung für x3 = 0:
max
σ13
=−
max
(Vergleich mit σ11
=
hlF
)
I
F h2
8I
!
(4.19)
Kapitel 5
Wellen in elastischen Medien
5.1
Die Bewegungsgleichungen des isotrop elastischen Körpers
ρs̈i = fi +
∂σij
∂xj
ρs̈i = fi +
∂
∂xj
1
εij =
2
Ã
ρs̈i = fi + µ
(ρ~¨s = f~ + Div σ̃)
(2µεij + λδij Spε̃)
!
∂si
∂sj
+
,
∂xj ∂xi
Spε̃ =
∂ 2 si
∂ 2 sj
∂ ∂sj
+µ
+λ
∂xj ∂xj
∂xi ∂xj
∂xi ∂xj
x1 -Komponente: i = 1
Ã
ρs̈1
∂sj
∂xj
!
∂ 2 s1 ∂ 2 s1 ∂ 2 s1
= f1 + µ
+
+
+
∂x21
∂x22
∂x23
!
Ã
∂ 2 s2
∂ 2 s3
∂ 2 s1
+
+
+
+µ
∂x1 ∂x1 ∂x2 ∂x1 ∂x3 ∂x1
Ã
!
∂ 2 s1
∂ 2 s2
∂ 2 s3
+λ
+
+
=
∂x1 ∂x1 ∂x1 ∂x2 ∂x1 ∂x3
!
Ã
∂2
∂2
∂2
s1 +
= f1 + µ
+
+
∂x21 ∂x22 ∂x23
Ã
!
∂
∂s2
∂s3
∂s1
+µ
+
+
+
∂x1 ∂x1 ∂x2 ∂x3
41
42
KAPITEL 5. WELLEN IN ELASTISCHEN MEDIEN
Ã
!
∂s1
∂s2
∂s3
+
+
=
∂x1 ∂x2 ∂x3
Ã
Ã
!
!
∂
∂2
∂2
∂2
∂s1
∂s2
∂s3
= f1 + µ
+
+
s1 + (µ + λ)
+
+
∂x21 ∂x22 ∂x23
∂x1 ∂x1 ∂x2 ∂x3
∂
+λ
∂x1
|
{z
}
|
∆
{z
}
div ~s
analog für i = 2, i = 3.
Zusammenfassung:
ρs¨i = fi + µ
ρ~¨s
∂ 2 si
∂ 2 sj
+ (µ + λ)
∂xj ∂xj
∂xi ∂xj
(5.1)
= f~ + µ∆~s + (µ + λ) grad div ~s
3 lineare partielle Dgl. für si (xj , t),
i, j = 1 · · · 3
Vorgabe von Randbedingungen und Anfangsbedingungen notwendig
Randbedingungen:
1. ~s (Rand) vorgegeben, z.B. si |Rand = 0 (feste Einspannung)
2. σij (Rand) vorgegeben (Flächenkräfte auf Rand)
3. gemischte Randbedingungen
oft günstig, zunächst von ρs¨i = fi +
Gesetzes.
∂σij
auszugehen, dann Anwendung des Hooke’schen
∂xj
5.2. DIE WELLENGLEICHUNG FÜR DEN ISOTROP ELASTISCHEN KÖRPER
5.2
43
Die Wellengleichung für den isotrop elastischen Körper
Annahme: fi = 0.
Einführung neuer Konstanten:
s
cl =
λ + 2µ
,
ρ
s
ct =
µ
ρ
Aus Gleichung (5.1) ergibt sich:
→ ~¨s = c2t ∆~s + (c2l − c2t )grad div~s
(5.2)
~s: Verschiebung = Rotation + Deformation
~s = ~st + ~sl
rot ~s = rot ~st = 2~
ϕ,
div ~st = 0
(Drehung des Volumenelementes, keine Volumenänderung)
div ~s = div ~sl =
∆V
V
,
rot ~sl = 0
(Volumenänderung, keine Drehung des Volumenelementes)
~s¨l + ~s¨t = c2t ∆(~sl + ~st ) + (c2l − c2t ) grad div~sl
(∆ = grad div -rot rot)
→ ~s¨l + ~s¨t = c2t ∆(~sl + ~st ) + (c2l − c2t )∆~sl
~s¨l = c2l ∆~sl
~s¨t = c2t ∆~st
Wellengleichung
~st :
keine Volumenänderung, Scherungswellen, S-Wellen (secunda unda),
transversale Wellen
~sl :
keine Rotationen, nur Volumenänderungen, Kompressionswellen, P-Wellen
(prima unda), longitudinale Wellen
cl , ct : Ausbreitungsgeschwindigkeit
(5.3)
44
KAPITEL 5. WELLEN IN ELASTISCHEN MEDIEN
5.3
Spezielle Lösungen der Wellengleichung
a) allgemeine eindimensionale Lösung
Annahme: Es sei ψ = ψ(x, t) mit z.B. ψ = sl1 , sl2 , ..., st1 , ...
Die Wellengleichung ist dann
2
∂2ψ
2∂ ψ
=
c
∂t2
∂x2
(5.4)
Lösungsansatz: ψ = ψ(x ± ct)
∂ψ
∂ψ ∂( )
= ψ̇ =
·
= ψ 0 · (±c)
∂t
∂( ) ∂t
2
∂ ψ
= c2 · ψ 00
2
∂t
∂2ψ
= 1 · ψ 00
∂x2
→ die Wellengleichung ist erfüllt.
Die allgemeine Lösung läßt sich als Superposition von zwei beliebigen Funktionen darstellen, in die x und t nur in der Kombination (x − ct) bzw. (x + ct) eingehen.
ψ = ψ1 (x − ct) + ψ2 (x + ct)
(5.5)
Die Anfangs- und Randbedingungen legen die Funktionen ψ1 und ψ2 fest.
Ausbreitungsrichtung der Wellen:
Abb. 5.1:
Ausbreitung einer eindimensionalen Welle
ψ
t1= 0
x1= β
t1
x2
x
Wie bewegt sich eine konstante Auslenkung ψ1 (x − ct) = const. ?
Dann muss auch die Phase β = x−ct = const. sein, deren Wanderungsgeschwindigkeit
ergibt sich aus
dx
dx
dβ
=0=
−c →
=c>0.
dt
dt
dt
5.3. SPEZIELLE LÖSUNGEN DER WELLENGLEICHUNG
45
ψ1 (x − ct) läuft in positive x-Richtung
ψ2 (x + ct) läuft in negative x-Richtung.
harmonische Welle als Spezialfall:
ψ = a cos [k(±x − ct) + α]
= a cos [±kx − ωt + α]
(5.6)
mit:
k = 2π
λ
λ
c=λ·ν
ν
ω = 2πν =
T
α
2π
T
Wellenzahl
Wellenlänge
Ausbreitungsgeschwindigkeit
Frequenz
Kreisfrequenz
Schwingungsdauer
Phasenwinkel
Für die Ausbreitungsgeschwindigkeit gilt:
c=λ·ν =
ω
k
(5.7)
weitere Darstellungen:
ψ = aRe ei(±kx−ωt+α)
ψ = Re{A ei(±kx−ωt) }
mit A = a eiα
Periodizität:
ψ[k(x ± λ)] = ψ(kx ± 2π) = ψ(kx)
ψ[ω(t ± T )] = ψ(ω ± 2π) = ψ(ωt)
b) ebene Welle als spezielle dreidimensionale Lösung:
r
n
Abb. 5.1:
Ebenen konstanter Auslenkung
senkrecht zur Ausbreitungsrichtung ~n
ψ = ψ(~n · ~r − ct)
(5.8)
46
KAPITEL 5. WELLEN IN ELASTISCHEN MEDIEN
harmonische ebene Welle als Spezialfall:
ψ = a cos [k(~n · ~r − ct) + α]
ψ = Re{Aeik(~n·~r−ct) }
~
ψ = Re{Aei(k·~r−ωt) }
(5.9)
mit:
~k = k~n Wellenvektor in Ausbreitungsrichtung der Welle.
5.4
Ebene harmonische elastische Wellen
Darstellung der Verschiebung aus Longitudinal- und Transversalanteil:
~s = ~sl + ~st
(5.10)
mit
~ l ei(~kl ·~r−ωt)
~sl = A
~ t ei(~kt ·~r−ωt)
~st = A
Wegen rot ~sl = 0 ergibt sich:
~ l f (r)) = ∇f (r) × A
~l
∇ × ~sl = ∇ × (A
~
~l = 0
= ei(kl ·~r−ωt)~kl × A
~ l = 0,
→ ~kl × A
~kl ||A
~l
(~sl ist Longitudinalwelle)
Wegen div ~st = 0 ergibt sich
~ t f (r)) = ∇f (r) · A
~t
∇ · ~st = ∇ · (A
~
~t = 0
= ei(kt ·~r−ωt)~kt · A
~ t = 0,
→ ~kt · A
~kt ⊥A
~t
5.5. ELASTISCHE WELLEN IM STAB
47
(~st ist Transversalwelle)
Bemerkung: Das Auftrennen in rein longitudinale und transversale Wellen ist nur für
elastisch isotrope Medien möglich. Im Allgemeinen liegen Wellen gemischten Typs vor (gilt
auch für kubische Einkristalle abgesehen von speziellen Ausbreitungsrichtungen).
Ausbreitungsgeschwindigkeit in elastisch isotropen Medien:
ω
=
cl =
kl
cl
=
ct
s
s
ω
ct =
=
kt
λ + 2µ
ρ
λ + 2µ
=
µ
s
s
µ
ρ
(5.11)
2(1 − ν) √
> 2
1 − 2ν
<
Die Poisson’sche Querkontraktionszahl ν liegt im Bereich 0 < ν = 1/2
Mit ν ≈ 1/3 ergibt sich cl ≈ 2ct .
5.5
Elastische Wellen im Stab
l >>
√
A
Longitudinalwellen: im Querschnitt homogene Deformation des Stabes, keine Kräfte auf
Seitenflächen, Ausbreitung von Dehnungen und Kompressionen
(Querkontraktionen breiten sich ungehindert aus, in elastisch angekoppelter Umgebung werden Gegenspannungen hervorgerufen). σ11 6= 0, sonst σij = 0
σ11 = Eε11 = E
ρs¨1 =
∂s1
∂x1
∂σ1j
∂σ11
∂ 2 s1
=
=E 2
∂xj
∂x1
∂x1
∂ 2 s1
E ∂ 2 s1
=
∂t2
ρ ∂x21
s
→ c=
E=
E
ρ
µ(2µ + 3λ)
µ+λ
s
c < cl =
2µ + λ
ρ
(5.12)
(5.13)
48
KAPITEL 5. WELLEN IN ELASTISCHEN MEDIEN
c ist kleiner als die Ausbreitungsgeschwindigkeit longitudinaler Wellen in unbegrenzten Medien.
c = cl für Querkontraktionszahl ν = 0.
µ=
1 E
,
2 1 + 2ν
λ=
νE
(1 + ν)(1 − 2ν)
2µ + λ → E für ν = 0
Ableitung anders:
Hooke :
σ11 = 2µε11 + λ(2ε22 + ε11 )
0 = 2µε22 + λ(2ε22 + ε11 )
aus Symmetriegründen ε33 = ε22
λ
ε11
2(µ + λ)
µ(2µ + 3λ)
=
ε11 = Eε11
µ+λ
∂σ11
∂ 2 s1
=
=E 2
∂x1
∂x1
ε22 = −
σ11
ρs¨1
s
→c=
E
ρ
Longitudinalwelle
keine Transversalwellen (σ22 = σ23 = σ12 = 0) vorhanden,
aber „Biegungswellen“ existieren, Herleitung komplizierter !
5.6. ELASTISCHE WELLEN IN PLATTEN
5.6
49
Elastische Wellen in Platten
Die Platte sei in (x1 , x2 ) - Richtung unendlich ausgedehnt, freie Oberflächen in x3 - Richtung
„ebener Spannungszustand“:
σ33 = σ23 = σ13 = 0, Deformation in x3 -Richtung vorhanden, aber homogen
(im Gegensatz dazu:
„ ebene Deformation“:
ε33 = ε23 = ε13 = 0, z.B. ebene transv. Wellen im unbegrenzten elastischen dreidimensionalen Medium)
Hooke:
σ11
σ22
0
0
0
σ12
=
=
=
=
=
=
2µε11 + λSp ε̃
2µε22 + λSp ε̃
2µε33 + λSp ε̃
2µε23
2µε31
2µε12
Eliminieren von ε33 :
λ
(ε11 + ε22 )
2µ + λ
4µ(µ + λ)
2µλ
=
ε11 +
ε22
2µ + λ
2µ + λ
4µ(µ + λ)
2µλ
=
ε22 +
ε11
2µ + λ
2µ + λ
Ã
!
∂s1
∂s2
1 ∂s1
∂s2
=
, ε22 =
, ε12 =
+
∂x1
∂x2
2 ∂x2 ∂x1
ε33 = −
σ11
σ22
ε11
Die Bewegungsgleichungen sind mit ρs¨i =
∂σij
:
∂xj
4µ(µ + λ) ∂s21
∂ 2 s1 µ(2µ + 3λ) ∂ 2 s2
+
µ
+
2µ + λ ∂x21
∂x22
2µ + λ ∂x1 ∂x2
2
2
4µ(µ + λ) ∂s2
∂ s2 µ(2µ + 3λ) ∂ 2 s1
=
+
µ
+
2µ + λ ∂x22
∂x21
2µ + λ ∂x1 ∂x2
ρs¨1 =
ρs¨2
„ebene Wellen“ in Richtung x1 -Achse, die Auslenkungen sollen nur von x1 abhängen.
50
KAPITEL 5. WELLEN IN ELASTISCHEN MEDIEN
ρ
2
∂ 2 s1
4µ(µ + λ) ∂s21
2 ∂s1
=
=
ρc
∂t2
2µ + λ ∂x21
∂x21
∂ 2 s2
∂s2
∂ 2 s2
ρ 2 = µ 2 = ρc2t 22
∂t
∂x1
∂x1
Die longitudinale Welle hat kleinere Geschwindigkeit als die longitudinale Welle im unbegrenzten Medium.
Vergleich:
Geschwindigkeit der long. Welle
s
Stab
s
Platte
s
unbegrenztes Medium
E:
ν:
5.7
E
ρ
E
1
·
ρ (1 − ν 2 )
E
1
(1 − ν)2
·
·
=
ρ (1 − ν 2 ) 1 − 2ν
s
2µ + λ
= cl
ρ
Elastizitätsmodul,
Poisson’sche Querkontraktionszahl (0 < ν < 1/2)
Schwingende Saite
begrenztes elastisches Medium:
Mehrfachreflexionen elastischer Wellen an den Grenzflächen, Bewegungszustand kompliziert
zu beschreiben.
Vereinfachungen möglich, wenn in einer Richtung (Platten, Membranen) oder zwei Richtungen (Saite) die Ausdehnung relativ klein ist.
Saite: Querdimension klein gegenüber Länge (kein Biegungswiderstand, besteht aus
„neutraler Faser“), Querschnittsfläche A, in der Abb. sind die Auslenkungen s(x) stark übertrieben gezeichnet.
5.7. SCHWINGENDE SAITE
51
dV ≈ A dx
s
Ft(x)
s(x)
s(x+dx)
α
Ft(x+dx)
α + dα
x+dx
x
x
Abb. 5.3:
Schwingende Saite: Auslenkungen und Tangentialkräfte
Das Seil wird mit der Kraft σA gespannt.
Die resultierende Kraft in Richtung s auf das ausgelenkte Saitenelement ist
dFs = σA [sin(α + dα) − sin α] = σAdα
∂s
= tanα ≈ α,
∂x
∂2s
dα =
dx
∂x2
dFs = dFT = Trägheitskraft = ρAdx
∂ 2s
∂2s
=
dm
∂t2
∂t2
2
∂2s
σ ∂ 2s
2∂ s
→
=
=v
∂t2
ρ ∂x2
∂x2
Dgl. der schwingenden Saite
s
mit
v=
σ
ρ
Produktansatz: s(x, t) = ϕ(x)ψ(t)
→
ϕ00 (x)
1 ψ 00 (t)
= 2
= const. = −k 2
ϕ(x)
v ψ(t)
→ ϕ00 (x) + k 2 ϕ(x) = 0
ψ 00 (t) + k 2 v 2 ψ(t) = 0
Ortsabhängigkeit:
Randbedingungen ϕ(0) = 0,
ϕ(l) = 0 :
ϕ = c1 cos(kx) + c2 sin(kx)
(5.14)
(5.15)
52
KAPITEL 5. WELLEN IN ELASTISCHEN MEDIEN
ϕ(0) = 0
→ c1 = 0
ϕ(l) = 0
→ kl = νπ ,
ν = 1, 2, · · ·
(ν = 0 : Trivialfall ruhende Saite)
Lösung:
ϕν (x) = c2ν sin (kν x) mit kν =
νπ
l
(5.16)
ϕν (x) Eigenfunktionen
kν
Eigenwerte
Zeitabhängigkeit:
ψν (t) = c3ν cos(kν vt) + c4ν sin(kν vt)
Lösung für s(x, t):
sν (x, t) = ϕν (x)ψν (t)
= sin(kν x) [Aν cos(kν vt) + Bν sin(kν vt)]
mit Aν = c2ν c3ν ,
(5.17)
Bν = c2ν c4ν
Anfangsbedingungen
s(x, 0) = s0 (x),
ṡ(x, 0) = ṡ0 (x)
Wegen der Linearität der Wellengleichung gilt auch:
s(x, t) =
∞
X
sin(kν x) [Aν cos(kν vt) + Bν sin (kν vt)]
(5.18)
ν=1
Die Koeffizienten Aν und Bν dieser Fourier-Reihe werden aus den Anfangsbedingungen
bestimmt:
s(x, 0) = s0 (x) =
ṡ(x, 0) = ṡ0 (x) =
∞
X
ν=1
∞
X
ν=1
Aν sin(kν x)
Bν kν v sin(kν x)
5.7. SCHWINGENDE SAITE
53
mit
l
Aν
2Z
=
s0 (x) sin(kν x)dx
l
Bν
2 Zl
ṡ0 (x) sin(kν x)dx
=
πνv 0
0
s(x, t) stellt stehende Wellen dar (Überlagerung von jeweils zwei nach rechts bzw. links
laufenden Wellen). Es ist nämlich
1
{sin [kν (x + vt)] + sin [kν (x − vt)]}
2
1
sin(kν x) sin(kν vt) =
{cos [kν (x + vt)] + cos [kν (x − vt)]}
2
sin(kν x) cos(kν vt) =
Die Randbedingungen bestimmen die Frequenz der Schwingungsmoden: ων2 = kν2 v 2
νπv
νπ
→ ων = kν v =
=
l
l
ν
fν =
2l
Grundschwingung:
Oberschwingungen:
s
σ
ρ
s
σ
= 2πfν
ρ
(5.19)
ν = 1 (Tonhöhe)
ν = 2, 3, ... (Klangfarbe)
Blasinstrumente: 2ν, 4ν, 6ν, .... betont, Streichinstrumente 3ν, 5ν, 7ν, .... betont
Flügel: Anschlag des Hammers auf die Saite bei 1/9L : Oberton 9ν fehlt im Spektrum
54
KAPITEL 5. WELLEN IN ELASTISCHEN MEDIEN
s(x,0)
s(x,0)=0
s0(x,0): Auslenkung der Saite zur Zeit t=0
s0
Lx
0
L/2
L/10
L/4
1
0.8
|Aν|
0.6
0.4
0.2
0
1 3 5 7 9 11 13 15
1 3 5 7 9 11 13 15
1 3 5 7 9 1113 15
1 3 5 7 9 11 13 15
ν
Abb. 5.4:
Schwingende Saite:
Verhältnis der Amplituden der Obertöne ν = 2, 3, ... relativ zum
Grundton ν = 1 bei verschiedenen Ausgangsauslenkungen s0 (x, 0)
a
b
T
T
T/4
3T/4
3T/4
t
T/4
t = 0 s0(x)
0
0.5
t=0
T/2
1 0
0.5
1
0
s0(x)
0.4
T/2
0.8
0
0.4
0.8
x/L
x/L
Abb. 5.4:
Schwingende Saite: s(x, t) für zwei verschiedene Ausgangsauslenkungen
Anfangsbedingungen s(t = 0) = s0 (x), v(t = 0) = 0
Randbedingungen s(x = 0) = s(x = L) = 0
5.8. REFLEXION UND BRECHUNG ELASTISCHER WELLEN
5.8
55
Reflexion und Brechung elastischer Wellen
Annahme: ebene, harmonische, monochromatische Wellen in elastisch isotropen Medien I
und II
I
kl
kt
st
I
sl
α
α
klI
sl
I
αt
Medium I
x
Medium II
αtII
αl
Abb. 5.5:
Reflexion und Brechung einer
longitudinalen ebenen Welle
slII
II
stII
II
kl
II
kt
z
~
~sl = ~sl0 ei(kl ·~r−ωt)
~s
~s
0
l
00
l
= ~s
= ~s
0
l0
00
l0
~0
ei(kl ·~r−ωt)
e
i(~k
i(~kt0 ·~
0
r−ωt)
t0 e
~ 00
~s 00t0 ei(kt ·~r−ωt)
~s 0t = ~s
~s
00
t
=
00 ·~
l r −ωt)
~kl = kl (sin α, 0, cos α)
~k 0 = kl (sin α, 0, − cos α)
l
~k 0 = k 0 (sin α0 , 0, − cos α0 )
t
t
t
t
00
00
00
00
~k
= k (sin α , 0, cos α )
~k
l
00
t
l
kt00
=
l
l
00
(sin αt , 0, cos αt00 )
~sl0 = Al (sin α, 0, cos α)
~s 0l0 = A0l (sin α, 0, − cos α)
~s 00l0 = A00l (sin αl00 , 0, cos αl00 )
~s
~s
0
t0
00
t0
= A0t (− cos αt0 , 0, − sin αt0 ) = ~e2 × ~kt0 (A0t /kt0 )
= A00 (cos α00 , 0, − sin α00 ) = ~e2 × ~k 00 (A00 /k 00 )
t
t
t
t
t
t
56
KAPITEL 5. WELLEN IN ELASTISCHEN MEDIEN
Randbedingungen:
allgemein:
sx , sy , sz stetig in der Grenzfläche
σzz , σxz , σyz stetig in der Grenzfläche
wenn Medium I Flüssigkeit oder Gas:
σxz = σyz = 0 in der Grenzfläche
wenn Medium I Vakuum:
σzz = σxz = σyz = 0 in der Grenzfläche
~sl + ~s 0l + ~s0t = ~s 00l + ~s
00
t
für z = 0
~sl0 ei(kl ·~r−ωt) + ~s
~
0
l0
ei(kl ·~r−ωt) + · · · = · · ·
~0
~sl0 ei(kl sin αx−ωt) + ~s
0
l0
ei(kl sin αx−ωt) + · · · = · · ·
0
(5.20)
für z = 0
für z = 0
Die Randbedingung darf nicht von x und nicht von t abhängen.
→ kl sin α = k
wegen k =
ω
c
00
l
sin αl00 = kt0 sin αt0 = kl0 sin αl0 = kt00 sin αt00
gilt daher
sin α
cα
=
,
sin β
cβ
beschreibt Brechung und Reflexion longitudinaler und transversaler Wellen.
(5.21)
5.8. REFLEXION UND BRECHUNG ELASTISCHER WELLEN
57
Amplituden:
aus
0
l0
~sl0 + ~s
+ ~s
0
t0
= ~s
00
l0
+ ~s
00
t0
für z = 0
folgt
Al sin α + A0l sin α − A0t cos αt0 = A00l sin αl00 + A00t cos αt00
(5.22)
Al cos α − A0l cos α − A0t sin αt0 = A00l cos αl00 − A00t sin αt00
(5.23)
unbekannt: A0l , A0t , A00l , A00t
weitere 2 Gleichungen ergeben sich aus der Stetigkeit von σzz und σxz in der Grenzfläche
z = 0:
~s I = ~sl + ~s 0l + ~s 0t
sIx = {Al sin α eikl (sin αx+cos αz) + A 0l sin α eikl
0
0
0
−A0t cos αt0 eikt (sin αt x−cos αt z) }e−iωt
sIy = 0
(sin αx−cos αz)
−
sIz = {Al cos α eikl (sin αx+cos αz) − A 0l cos α eikl (sin αx−cos αz) −
0
0
0
−A 0t sin αt0 eikt (sin αt x−cos αt z) }e−iωt
~s II = ~s 00l + ~s 00t
00
00
00
00
00
00
sII
= {A 00l sin αl00 eikl (sin αl x+cos αl z) + A00t cos αt00 eikt (sin αt x+cos αt z) }e−iωt
x
sII
= 0
y
00
sII
= {A 00l cos αl00 eikl
z
00
(sin α00
l x+cos αl z)
00
− A00t sin αt00 eikt
00
(sin α00
t x+cos αt z)
für z = 0 ergibt sich (die Exponentialausdrücke sind weggelassen):
∂sIx
∂x
∂sIz
∂z
∂sIx
∂z
∂sIz
∂x
εIxz
= (Al + A0l )kl sin2 α − A0t cos αt0 sin αt0 kt0 = εIxx
= (Al + A0l )kl cos2 α + A0t cos αt0 sin αt0 kt0 = εIzz
= (Al − A0l )kl sin α cos α + A0t cos2 αt0 kt0
= (Al − A0l )kl cos α sin α − A0t sin2 αt0 kt0
= (Al −
A0l )kl
cos α sin α +
Sp ε̃I = εI11 + εI33 = (Al + A0l )kl
(1
A0t kt0
− 2 sin2 αt0 )
2
}e−iωt
58
KAPITEL 5. WELLEN IN ELASTISCHEN MEDIEN
∂sII
z
∂z
∂sII
x
∂x
∂sII
x
∂z
∂sII
z
∂x
= A00l cos2 αl00 kl00 − A00t sin αt00 cos αt00 kt00 = εII
zz
= A00l sin2 αl00 kl00 + A00t cos αt00 sin αt00 kt00 = εII
xx
= A00l sin αl00 cos αl00 kl00 + A00t cos2 αt00 kt00
= A00l cos αl00 sin αl00 kl00 − A00t sin2 αt00 kt00
00
00
00 00
00 00
εII
xz = Al sin αl cos αl kl + At kt
(1 − 2 sin2 αt00 )
2
II
00 00
Sp ε̃II = εII
xx + εzz = Al kl
Hooke’sches Gesetz:
σij = ρ{2c2t εij + (c2l − 2c2t )δij Sp ε̃}
I
II
σzz
= σzz
σzz = ρ{cl2 (εxx + εzz ) − 2c2t εxx }
ρ0 {c0l 2 kl (Al + A0l ) − 2c0t 2 kl (Al + A0l ) sin2 α + 2c0t 2 kt0 A0t cos αt0 sin αt0 } =
ρ
00
00 2
{cl A00l kl00
−
00 2
2ct A00l
sin
2
αl00 kl00
−
2c0t 2 A00t
cos αt00
(5.24)
sin αt00 kt00 }
I
II
σxz
= σxz
ρ0 {kl (Al − A0l )c0t 2 sin 2α + kt0 A0t c0t 2 cos 2αt0 } =
ρ
00
{kl00 A00l c00t 2
sin 2αl00
+
A00t kt00 c00t 2
cos 2αt00 }
Aus den 4 Gleichungen (22) - (25) lassen sich die relativen Amplituden
A0l A00l A0t
,
,
Al Al Al
und
bestimmen.
Anwendungen (seismische Wellen) → siehe Seminar
A00t
Al
(5.25)
5.9. OBERFLÄCHENWELLEN (RAYLEIGH-TYP)
5.9
59
Oberflächenwellen (Rayleigh-Typ)
Gesucht werden Lösungen der Bewegungsgleichungen, die elastische Wellen beschreiben, die
sich in Nähe der Oberfläche des elastischen Halbraums ausbreiten und nur wenig in das
Körperinnere eindringen.
Bewegungsgleichung:
ψ̈ = c2 ∆ψ
(5.26)
ψ ist irgendeine Komponente von ~st oder ~sl .
Ansatz für eine ebene monochromatische Oberflächenwelle, die sich in x-Richtung ausbreitet:
ψ = ψ0 ei(kx−ωt) f (z)
(5.27)
Mit ψ̈ = −ω 2 ψ
ψ 00
f (z) ergibt sich
f
f 00
−ω 2 ψ = c2 (−k 2 + )ψ .
f
und ∆ψ = −k 2 ψ +
Die Differentialgleichung
f 00 − (k 2 −
hat für k 2 −
ω2
)f = 0
c2
ω2
> 0 Lösungen, die im Körperinneren exponentiell abklingen:
c2
q
−
f (z) ∼ e
2
k2 − ω2 z
c
Gl. (27) wird daher
ψ
= ψ0 ei(kx−ωt) e−κz
(5.28)
q
mit κ =
k2 −
ω2
c2
Der Verschiebungsvektor ~s = ~st + ~sl , dessen einzelne Komponenten die Gl. (26) mit
c = ct bzw. cl , erfüllen, wird aus den Randbedingungen bestimmt. Es ergibt sich, dass die
Verschiebung der Oberflächenwelle nicht einfach in zwei Anteile mit Verschiebung parallel
bzw. senkrecht zur Ausbreitungsrichtung zerlegt werden kann wie bei Volumenwellen. Die
Anteile ~st und ~sl des Verschiebungsvektors werden als quellenfrei bzw. rotationsfrei angenommen.
60
KAPITEL 5. WELLEN IN ELASTISCHEN MEDIEN
Randbedingungen:
σxz = σyz = σzz = 0
für z = 0
(5.29)
Mit dem Hooke’schen Gesetz ergibt sich
σzz = 0 =
=
σxz = 0 =
σyz = 0 =
2ρc2t εzz + ρ(c2l − 2c2t )(εxx + εyy + εzz )
ρc2l εzz + ρ(c2l − 2c2t )εxx
2ρc2t εxz
2ρc2t εyz
c2l
∂sz
∂sx
+ (c2l − 2c2t )
=0
∂z
∂x
(5.30)
∂sx ∂sz
+
=0
∂z
∂x
(5.31)
∂sy ∂sz
+
=0
∂z
∂y
(5.32)
(Wegen des Ansatzes (27), keine Abhängigkeit der Verschiebungsvektorkomponenten von
y, folgt:
∂sy
= 0 → sy = const. = 0),
∂z
d.h., der Vektor ~s liegt in der (x, z)-Ebene.
Beziehungen zwischen den Komponenten des ’Transversal’- und des ’Longitudinal’anteils:
’Transversal’anteil:
Wegen
div ~st = 0 =
r
folgt mit κt =
k2 −
ω2
c2t
∂stx ∂stz
+
=0
∂x
∂z
und s ∼ eikx−κt z
ikstx − κt stz = 0.
Ansatz mit zu bestimmender Konstanten a:
stx = +κt a eikx−κt z−iωt
stz = +ika eikx−κt z−iωt
’Longitudinal’anteil:
(5.33)
5.9. OBERFLÄCHENWELLEN (RAYLEIGH-TYP)
61
Wegen
∂slx ∂slz
−
=0
∂z
∂x
rot ~sl = 0 →
r
folgt mit κl =
k2 −
ω2
c2l
und s ∼ ei(kx−κl z)
ikslz + κl slx = 0.
Ansatz mit zu bestimmender Konstanten b:
slx = k b eikx−κl z−iωt
slz = +iκl b eikx−κl z−iωt
(5.34)
Bestimmung der Konstanten a und b:
Die Komponenten der gesamten Verschiebung sx = slx + stx , sz = slz + stz müssen den Gln.
(30) und (31) genügen. (Gl. (32) wurde bereits verarbeitet):
a(k 2
+ κ2t ) + 2bkκl = 0
2
2
−cl bκl − 2ac2t kκt + c2l bk 2 − 2c2t bk 2 = 0
(5.35)
Unter Berücksichtigung von
κ2l = k 2 −
sowie mit den Abkürzungen
η=
ergibt sich
ω2
c2l
ct
,
cl
und κ2t = k 2 −
ξ=
ω2
c2t
cR
1 ω
=
ct
ct k
q
(5.36)
q
κl = k 1 − ξ 2 η 2
und κt = k 1 − ξ 2 .
(5.37)
Aus dem Gleichungssystem (15) wird
√
2 1 − ξ 2 · a +(2√− ξ 2 ) · b = 0
(2 − ξ 2 )· a +2 1 − ξ 2 η 2 · b = 0
cR =
(5.38)
ω
ist die Geschwindigkeit der Rayleighwelle.
k
Das homogene Gleichungssystem Gl. (38) hat nichttriviale Lösungen (Verschwinden der
Determinante) für
q
q
4 1 − ξ 2 1 − ξ 2 η 2 = (2 − ξ 2 )2
(5.39)
62
KAPITEL 5. WELLEN IN ELASTISCHEN MEDIEN
Es gibt nur eine Wurzel dieser Gleichung mit den Bedingungen ξ positiv reell, ξ < 1 (κl
und κt müssen reell sein).
Das Verhältnis der Amplituden von Transversal- und Longitudinalanteil ist
a
sqr1 − ξ 2
=−
b
2
(5.40)
Diskussion:
η ≈ 0, 25 · · · 0, 65
→ ξ = 0, 955 · · · 0, 90,
cR = ξct
Die Bewegung der Teilchen erfolgt auf Ellipsen (siehe Seminar)
1
Abnahme der Welle mit der Tiefe: e−κt z = e−1 =
= 0, 37
2, 71
Eindringtiefe:
→ dt = κ1t = √1
k
1−ξ 2
=
2π
√λ
1−ξ 2
dt ≈ 0, 5 · λ
Entsprechend ergibt sich dl ≈ 0, 18 · λ.
0.96
ξ = cR/ct
0.92
0.88
0.84
Abb. 5.7:
Ausbreitungsgeschwindigkeit cR
der Oberflächenwelle (Rayleigh-Typ)
0.8
0.76
0
0.2
0.4
η = ct /cl
0.6
0.8
Lösung (reell, 0 < ξ < 1) der Gleichung
ξ 6 − 8ξ 4 + (24 − 16η 2 )ξ 2 + 16(η 2 − 1) = 0
5.10. OBERFLÄCHENWELLEN (LOVE-TYP)
5.10
63
Oberflächenwellen (Love-Typ)
Oberflächenwellen vom Love-Typ (Love 1911) sind Scherwellen, die sich in einer Schicht
(Medium) unterhalb der Oberfläche ausbreiten (s. Abb.).
z
Oberf läche
h
y
Abb. 5.8:
Ausbreitung von Love-Wellen
als Scherwellen im Medium 1
in Richtung der x-Achse
Medium 1
x
Medium 2
Ansatz mit ebenen Wellen, die sich in x-Richtung ausbreiten:
Medium 1:
s1x = s1z = 0
s1y = aei(kx−ωt) f (z)
(5.41)
s2x = s2z = 0
s2y = bei(kx−ωt) eκ2 z
(5.42)
Medium 2:
Aus der Wellengleichung ergibt sich:
Medium 1:
s̈1y = c2t1 ∆s1y
2
−ω s1y =
c2t1 (−k 2
Ã
f 00
+ )s1y
f
!
ω2
→ f + 2 − k2 f = 0
ct1
00
(5.43)
Wenn man für die Lösung dieser Differentialgleichung sin / cos-Funktionen ansetzt, ergibt
sich
s1y = [a1 sin(κ1 z) + a2 cos(κ1 z)]ei(kx−ωt)
(5.44)
mit
s
κ1 =
ω2
− k2
c2t1
(5.45)
64
KAPITEL 5. WELLEN IN ELASTISCHEN MEDIEN
Medium 2:
s̈2y = c2t2 ∆s2y
−ω 2 s2y = c2t2 (−k 2 + κ22 )s2y .
Daher ist
s2y = beκ2 z ei(kx−ωt)
mit
s
κ2 =
k2 −
ω2
c2t2
(5.46)
(5.47)
Reine Scherwellen sind ohne Medium 2 als Oberflächenwellen nicht möglich. Sonst wäre nämlich die Bedingung zu erfüllen, dass s1y (z → −∞) verschwindet. Das ist bei einem Ansatz
mit sin / cos-Funktionen nicht gewährleistet. Bei einem Ansatz f = c1 eκ1 z + c2 e−κ2 z sind
nicht gleichzeitig f (h) = 0 und f (−∞) = 0 erfüllbar.
Randbedingungen:
z=h:
σyz = 0
(5.48)
∂s1y
= 0
∂z
→ a1 cos(κ1 h) − a2 sin(κ1 h) = 0
→
z=0:
s1y = s2y
(5.49)
→ a2 = b
σyz |1 = σyz |2
(5.50)
∂s1y
∂s2y
= µ2
∂z
∂z
→ µ1 κ1 a1 = µ2 κ2 b
→ µ1
Die Randbedingungen führen auf das homogene Gleichungssystem
cos(κ1 h) · a1 − sin κ1 h · a2 = 0
a2 − b = 0
µ1 κ1 · a1 − µ2 κ2 b = 0
Aus der Bedingung, dass die Determinante des Gleichungssystems verschwinden muss, folgt
die Gleichung
µ2 κ2
tan (κ1 h) =
.
(5.51)
µ1 κ1
5.10. OBERFLÄCHENWELLEN (LOVE-TYP)
Mit den Abkürzungen
ξ=
ergibt sich
cL
ω/k
=
,
ct2
ct2
s
κ1 = k
und
µ2 κ 2
µ2 η
=
µ1 κ 1
µ1
s
ξ2
−1 ,
η2
65
η=
ct1
ct2
(5.52)
q
κ2 = k 1 − ξ 2
1 − ξ2
= tan
ξ 2 − η2
"
kh q 2
ξ − η2
η
#
.
Reelle Lösungen dieser Gleichung ergeben sich für η < ξ < 1.
Daher ist die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Love-Welle kleiner als die Ausbreitungsgeschwindigkeit von S-Wellen im Medium 2 und größer als die Ausbreitungsgeschwindigkeit
von S-Wellen im Medium 1:
ct1 < cL < ct2
(5.53)
Beispiel:
Medium 1: Eis
Medium 2: Granit
ρ(g/cm3 ) ct (km/s)
0,9
1,8
2,6
3,0
angenommene Schichtdicke: h = 100 m
λ/m
100
1000 m
10 km
kh = 2πh/λ
2π
0,63
0,063
ξ
0,932
0,985
0,9999
Bei kleiner Wellenlänge nähert sich cL der Geschwindigkeit ct1 in der Schicht (Medium 1),
bei großer Wellenlänge der Geschwindigkeit ct2 im Untergrund (Medium 2).
66
KAPITEL 5. WELLEN IN ELASTISCHEN MEDIEN
Kapitel 6
Kinematik von Flüssigkeiten und Gasen
6.1
Die lokale Betrachtungsweise
In diesem Kapitel werden als nichtelastische Medien insbesondere Flüssigkeiten und Gase
behandelt. substantielle Betrachtungsweise (Lagrange):
si = si (xj , t) xj :
si = x0i − xi
„Name“ des Massenpunktes (Ort bei t = 0)
Verschiebung des MP, der zu xi gehört
In diesem Sinne si bisher verwendet in lin. Elast. theorie,
wenn Teilchen wieder in Ausgangslage zurückkehren
Aber: bei Betrachtung der Strömung in Flüssigkeiten
und Gasen ist es meist unwichtig, die Bahn
individueller Teilchen zu verfolgen
lokale Betrachtungsweise (Euler):
si = si (xj , t) xj : Ort
si : Verschiebung des MP, der sich zur Zeit t = 0 gerade bei
xj befand
In verschiedenen Zeiten ist si die Verschiebung
verschiedener MP.
Gefragt ist nicht Zustand des Teilchens, sondern Zustand am Ort, gesucht werden vi =
dsi
d2 si
und ai = 2 am Ort xj . (si ist nicht interessant)
dt
dt
Änderung von si = lokale Änderung + räumliche Änderung
si (xj + ∆sj , t + τ ) − si (xj , t)
dsi
=
τ →0
τ
dt
vi (xj + ∆sj , t + τ ) − vi (xi , t)
dvi
d2 si
= lim
=
= 2
τ →0
τ
dt
dt
∂vi
∂vi
1
∆sj +
τ − vi (xj , t)}
= lim {vi (xj , t) +
τ →0 τ
∂xj
∂t
vi = lim
ai
ai
67
68
KAPITEL 6. KINEMATIK VON FLÜSSIGKEITEN UND GASEN
dvi
∂vi
∂
= ai =
+ vj
vi
dt
∂t
∂xj
~a =
∂~v
+ (~v grad)~v
∂t
(6.1)
Gilt auch für andere Feldgrößen
dA
=
dt
∂A
∂t
|{z}
lokale Änderung
t1
t2
x1:
dv (t ) =
x1
x2
t1:
∂v
dt
∂t
dv( x ) =
+
(~v grad) A
|
{z
}
Änderg. inf olge örtl. V ariation
Abb. 6.1:
zeitliche und räumliche
Veränderung der Geschwindigkeit
∂v
dx
∂x
Beispiel: Wasserfall:
∂~v
∂t
Nur ~a = (~v grad)~v 6= 0 , aber wäre z.B. die Erdbeschleunigung g veränderlich, wäre auch
6= 0
„Reisegleichung“:
A = T = Temperatur
Temperaturänderung für Reisenden: Lokale Änderung + Änderung infolge örtlicher Variation (Wetter, Klima)
6.2
Die Kontinuitätsgleichung
Massenerhaltung:
6.2. DIE KONTINUITÄTSGLEICHUNG
69
Abb. 6.2:
Massendichteρ(xj , t) eines Volumenelementes ∆V
ρ = ρ(xj , t)
V
ρ=
∆m
∆V
∆m = ρ∆V
∆V
R
M = ρdV
A
Strom durch die Oberfläche:
Massenstromdichte j :
~j = ρ~v
ji (xj , t) = ρ(xj , t)vi (xj , t)
¯ ¯
¯~ ¯
¯j ¯
(6.2)
M asse
M asse Länge
·
=
V ol
Zeit
F läche · Zeit
=
Abb. 6.3:
~
Massenstrom dI durch ein Flächenelement dA
A
v
α
~
dI = ~j · dA
j
~ cos α
= |~j||dA|
dA
= ρvi dAi
~ in der Zeit dt:
Massenabnahme durch Massenstrom über das Flächenelement dA
−
partialm
= ρvi dAi
partialt
gesamter Massestrom aus V :
−
I
I
partialM
~
= ji dAi = ~j · dA
partialt
Z
I
∂M
∂ Z
∂ρ
~
−
=−
ρdV = −
dV = ~j · dA
∂t
∂t
∂t
(6.3)
70
KAPITEL 6. KINEMATIK VON FLÜSSIGKEITEN UND GASEN
Gauß’scher Satz:
Z
−
Z
Z
∂ρ
∂ρ
dV =
div ~jdV → ( + div ~j)dV = 0
∂t
∂t
→
∂ρ
∂ρ ∂jj
+ div ~j =
+
=0
∂t
∂t ∂xj
Kontinuitätsgleichung
(6.4)
lokale Form der Massenerhaltung:
Die Masse entsteht oder verschwindet nur durch Strom.
Kontinuitätsgleichung für andere Größen : Ladung, Energie, Impuls, Drehimpuls, Entropie
geschlossenes Gefäß:
I
ji dAi = 0
→
dM
=0
dt
∂ρ
∂ρ
+ div ~j =
+ div (ρ~v ) =
∂t
∂t
∂ρ
=
+ ρ div ~v + ~v grad ρ = 0
∂t
div ~v = Volumendilatationsgeschwindigkeit
div ~s =
∆V
V
inkompressibles Medium: div ~v = 0
∂ρ
dρ
+ ~v grad ρ =
=0
∂t
dt
dρ
∂ρ
=
+ ~v grad ρ (00 Reisegleichung00 )
dt
∂t
Kapitel 7
Dynamik von Flüssigkeiten und Gasen
7.1
Der Spannungstensor in Flüssigkeiten und Gasen
a) ruhendes Medium
außer Widerstand gegen Volumenänderung kein Widerstand gegen Formänderung
→
keine Tangentialspannungen
σ12 = σ23 = σ31 = 0
σ11 = σ22 = σ33 = −p
p = Druck = negative Spannung, wirkt allseitig
σij = −p δij
(7.1)
b) bewegtes Medium
v
Abb. 7.1:
Übertragung von Tangentialspannungen
Bsp.: Platte über einem Flüssigkeitsfilm
wird mit ~v gegenüber einer festen
Oberfläche bewegt.
σij = − p δij + σij0
(7.2)
σij0 = 0 für ideale Flüssigkeiten
σij0 6= 0 bei vi 6= 0 für zähe Flüssigkeiten
Die Bewegung von Flüssigkeitsteilchen relativ zueinander führt zu σij0 , nicht Translationen
und Rotationen, sondern Deformationen sind entscheidend.
71
72
KAPITEL 7. DYNAMIK VON FLÜSSIGKEITEN UND GASEN
Deshalb Ansatz (linear, isotrop) σij0 = σij0 (ε̇ij )
σij0 = 2 η ε̇ij + η 0 δij Sp ε̃˙
(7.3)
η,η 0 : Reibungskoeffizienten, temperaturabhängig. η Viskosität
ideale Flüssigkeit: η = η 0 = 0
inkompressible Flüssigkeit: Sp ε̃˙ = div ~v = 0
7.2
Zustandsgleichungen
Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Druck und der Deformation: p = p(εij ) ?
Betrachtung für ideale Flüssigkeit (ideales Gas): η = η 0 = 0. Dann ist σij = − p δij . Andererseits folgt aus dem Hooke’schen Gesetz mit µ = 0 ( kein Widerstand gegen Scherung)
σij = λ δij Sp ε̃ und es ist
µ(2µ + 3λ)
=0
µ
+
λ
s
s
s
µ
λ + 2µ
λ
= 0,
cl =
=
6= 0
→
ct =
ρ
ρ
ρ
2µ + 3λ
→
κ=
=λ
3
1 dV
1
, κ Kompressionsmodul :
Zusammenhang mit der Kompressibilität K = = −
κ
V dp
→
E=
a) Flüssigkeit
Grosse Drucke bewirken nur kleine Volumenänderungen.Eine Erhöhung des Druckes von
0 auf ∆p bewirkt eine Volumenänderung um ∆V .
1
1 ∆V
1
Es ergibt sich mit −∆p = λ Sp ε̃ = λ ∆V
und
=−
=
V
κ
V ∆p
λ
λ = κ
κ kann berechnet werden, wenn die Zustandsgleichung p = p(V, T )
pressibilität oft gute Näherung:
bekannt ist . Inkom-
K = 0, κ → ∞, λ → ∞
b) Gase
Kleine Druckunterschiede bewirken grosse Volumenänderungen. Oft ist die thermodynamische Zustandsgleichung bekannt.
7.3. EULER’SCHE UND NAVIER-STOKES’SCHE GLEICHUNGEN
73
Bsp.: ideales Gas:
pV = νRT
(7.4)
J
R = Gaskonstante = 8, 3143 · 103 K kmol
m
ρV
Mit ν =
=
= Molzahl und µ = Molmasse ergibt sich
µ
µ
p=
ρRT
µ
Berechnung des Kompressionsmoduls κ:
isothermer Vorgang: p = const · ρ = aρ
1
1 dρ
11
1
=
=
=
κ
ρ dp
ρa
p
→
κ=p=λ
adiabatischer Vorgang: p = const · ργ = bργ
cp
=
cV
Volumen
γ =
Verhältnis der spezifischen Wärmen bei konstantem Druck und konstantem
1
1 dρ
1 1/γ
1
=
= 1/γ p1/γ−1 =
κ
ρ dp
ρb
γp
→ κ = γp = λ
Schallausbreitung ist adiabatischer Vorgang (cl Schallgeschwindigkeit):
s
cl =
7.3
λ
=
ρ
s
γp
=
ρ
s
γRT
µ
Euler’sche und Navier-Stokes’sche Gleichungen
Ausgang für die Ableitung ist die Bewegungsgleichung:
∂vi
∂vi
∂σij
+ ρvj
= fi +
∂t
∂xj
∂xj
∂~v
ρ~a = ρ
+ ρ(~v · grad)~v = f~ + Div σ̃
∂t
ρai = ρ
(7.5)
74
KAPITEL 7. DYNAMIK VON FLÜSSIGKEITEN UND GASEN
mit den Spannungstensorkomponenten
˙
σij = −p δij + σij0 = −p δij + 2 η ε̇ij + η 0 δij Sp ε̃.
a) ideale Flüssigkeit (Gas):
Wegen η = η 0 = 0 ist
∂p
∂p
∂σij
= −δij
=−
∂xj
∂xj
∂xi
Div σ̃ = −grad p
Damit ergeben sich die Eulerschen Gleichungen:
∂vi
∂vi
1 ∂p
+ vj
= fi0 −
∂t
∂xj
ρ ∂xi
∂~v
1
+ (~v · grad)~v = f~0 − gradp
∂t
ρ
Die Kraftdichte f~0 ist auf die Masse bezogen: f~0 = f~/ρ =
Kraf t
/Dichte
V olumen
(7.6)
=
Kraf t
M asse
Wenn man f~0 als gegeben annimmt, sind die fünf Unbekannten v1 , v2 , v3 , p und ρ als Funktionen von Ort und Zeit zu bestimmen. Neben den drei Euler’schen Gleichungen stehen noch
die Zustandsgleichung und die Kontinuitätsgleichung zur Verfügung:
Zustandsgleichung:
ρ = ρ(p)
(7.7)
Beispiele sind:
ρ = const.
p = const · ρ
p = const. · ργ
Kontinuitätsgleichung:
∂
∂ρ
+
(ρvj ) = 0
∂t ∂xj
(7.8)
7.3. EULER’SCHE UND NAVIER-STOKES’SCHE GLEICHUNGEN
75
b) zähe Flüssigkeit (Gas):
∂σij0
∂σij
∂p
∂p
∂ ε̇ij
∂
=−
+
=−
+ 2η
+ η 0 δij
Sp ε̃˙
∂xj
∂xi
∂xj
∂xi
∂xj
∂xj
.
Mit
∂vj
1 ∂vi
+
),
ε̇ij = (
2 ∂xj ∂xi
∂vj
Sp ε̃˙ =
∂xj
ergibt sich
∂σij
∂p
∂ 2 vi
∂ 2 vj
=−
+η
+ (η + η 0 )
∂xj
∂xi
∂xj ∂xj
∂xi ∂xj
.
Einsetzen in die Bewegungsgleichung führt zu den Navier- Stokes’schen Gleichungen:
∂vi
∂vi
1 ∂p
η ∂ 2 vi
(η + η 0 ) ∂ 2 vj
+ vj
= fi0 −
+
+
∂t
∂xj
ρ ∂xi ρ ∂xj ∂xj
ρ
∂xi ∂xj
(7.9)
0
∂~v
1
η
(η + η )
+ (~v · grad)~v = f~0 − gradp + ∆~v +
grad div ~v
∂t
ρ
ρ
ρ
(7.10)
Zusammen mit der Zustandsgleichung
ρ = ρ(p)
(7.11)
∂
∂ρ
+
(ρvj ) = 0
∂t ∂xj
(7.12)
und der Kontinuitätsgleichung
sind das fünf Gleichungen, die unter Beachtung der Anfangs- und Randbedingungen zur
Bestimmung der fünf Unbekannten v1 , v2 , v3 , p und ρ zu lösen sind.
76
KAPITEL 7. DYNAMIK VON FLÜSSIGKEITEN UND GASEN
Systematik:
a)
Statik vi = 0
—
Dynamik
vi 6= 0
∂vi
=0
∂t
—
instationär
∂vi
6= 0
∂t
wirbelfrei rot ~v = 0
—
wirbelbehaftet
d) inkompressibel div ~v = 0
—
kompressibel
div ~v 6= 0
η = η0 = 0
—
zäh, viskos
η 6= 0, η 0 6= 0
b)
c)
e)
stationär
ideal
rot ~v 6= 0
Kapitel 8
Hydro- und Aerostatik
8.1
Grundgleichungen
Statik: vi = 0,
∂
=0
∂t
Die Navier- Stokes’schen Gleichungen vereinfachen sich zu:
1
f~ 0 = grad p
ρ
(8.1)
(kein Unterschied zwischen idealen und zähen Flüssigkeiten!)
Diese Gleichung beschreibt das Gleichgewicht zwischen äußeren Kräften und dem Druck.
Die Zustandsgleichung sei gegeben durch
ρ = ρ(p).
(8.2)
Die Kontinuitätsgleichung entfällt.
1
Umwandlung von ρ(p)
grad p durch Einführung einer Druckfunktion P (p) :
Zp
1
grad p = grad P
ρ(p)
mit P =
p0
Es ist nämlich
1 ∂p
∂P
dP ∂p
=
=
ρ ∂xi
∂xi
dp ∂xi
Zp
→P =
p0
dp0
ρ(p0 )
77
dp0
ρ(p0 )
(8.3)
78
KAPITEL 8. HYDRO- UND AEROSTATIK
→ f~ 0 = gradP
(8.4)
Wenn die äußeren Kräfte aus einem Potential abgeleitet werden können,
f~0 = −grad U,
lautet die Gleichgewichtsbedingung:
Z
P +U =
dp
+ U = const.
ρ
(8.5)
Äquipotentialflächen: Flächen konstanter Druckfunktion, Flächen konstanten Drucks
8.2
Anwendungen
a) inkompressible Flüssigkeiten im Schwerefeld
Annahme: ρ = const. = ρ0
Abb. 8.1:
Druck im Inneren einer Flüssigkeit im Schwerefeld
g
∆m ~g
∆F~
=
= ~g = g~ez
f~0 =
∆m
∆m
f~0 = − grad U
U = − gz + const.
∆V
z
∆F
P + U = const.
Z
dp
p
+U =
− gz = const..
ρ0
ρ0
p = c + ρ0 gz
R.B.: z = 0: p = p0 (Luftdruck)
p = p0 + ρ0 gz
(8.6)
8.2. ANWENDUNGEN
79
∧
Äquipotentialflächen = Flächen konstanten Druckes
Schlussfolgerung:
Form des Gefässes unwesentlich, Druck auf dem Boden der Gefässe bei gleicher Füllhöhe gleich, hydrostatisches Paradoxon:
Abb. 8.2:
Hydrostatisches Paradoxon
80
KAPITEL 8. HYDRO- UND AEROSTATIK
b) Auftrieb
Abb. 8.3:
Auftrieb in einer Flüssigkeit
z
h
V = Ah
p1 = p0 + ρ0 gz
p2 = p0 + ρ0 g(z + h)
p1
m V
p2
F~A = p1 A~ez − p2 A~ez
= −ρ0 gAh~ez = −ρ0 gV ~ez
= −mW g~ez
Die Druckverteilung in der Flüssigkeit ist nur von z abhängig, nicht vom eingebrachten
Körper. Die resultierende Kraft auf die Oberfläche des Körpers F~A hält dem Gewicht
der verdrängten Flüssigkeitsmasse mW das Gleichgewicht (Auftrieb).
c) Gase im Schwerefeld
Abb. 8.4:
Druck im Innern eines Gases im Schwerefeld
z
∆V
f
Luftsäule über der Erdoberfläche,
Annahme T = const.
f~0 = −g~ez
U = gz + const.
ideales Gas : pV
= νRT =
m
RT
µ
R
p = ρ T
µ
U + P = gz +
→
z+
RT
lnp = const.
gµ
RT Z dp
= const.
µ
p
8.2. ANWENDUNGEN
81
p = p0 e−gµz/RT
→
barometrische Höhenformel
(8.7)
ρ = ρ0 e−gµz/RT
für p0 = 1 atm ≈ 105 N/m2
ρ0 = 0, 001293g/cm3
(760 mm Hg)
ergibt sich z = 18, 210 log pp0 in km
für p = 0, 1p0 ist z = 18, 2km (10 log10 = 1)
Tatsächlich ist die Temperatur nicht konstant und nimmt in der Troposphäre bis ca.
15 km auf etwa −55o C ab. Eine bessere Näherung für p(z), ρ(z) wird im Seminar gerechnet.
82
KAPITEL 8. HYDRO- UND AEROSTATIK
Kapitel 9
Druckgleichung und Bernoulli-Gleichung
9.1
Grundbegriffe
v
Abb. 9.1:
Strömungsfeld mit Stromlinien
v
Strömungsfeld:
~v (~r, t)
Stromlinien:
Raumkurven, deren Tangenten in jedem Raumpunkt mit
Richtung von ~v übereinstimmen.
Bahnkurven:
Kurven von Massenelementen, die im Laufe der Zeit durchlaufen werden (Anfärben, substantielle Betrachtungsweise!)
Stromlinie = Bahnkurve, wenn stationäre Strömung (~v = ~v (~r))
Stromröhre:
Menge der Stromlinien durch kleine geschlossene Kurve
Stromfaden:
Flüssigkeitsmenge, die die Stromröhre enthält
Wirbelvektor:
w
~ = 21 rot ~v
(vergl.: ϕ
~=
1
2
(Vektor der Drehgeschwindigkeit)
rot ~s)
Wirbelfeld:
w(~
~ r, t)
Wirbelströmung:
w
~ = 21 rot ~v 6= 0
div rot ~v = 0
(Wirbellinien können nicht entstehen oder vergehen)
Potentialströmung:
2w
~ = rot ~v = 0
~v = grad φ (Potential existiert)
φ ’Geschwindigkeitspotential’
83
84
9.2
KAPITEL 9. DRUCKGLEICHUNG UND BERNOULLI-GLEICHUNG
Die Druckgleichung
Voraussetzung:
1 ideale Flüssigkeit:
2 f~0 hat Potential:
3 wirbelfreie Bewegung:
η = η 0 = 0 (Glieder mit η, η 0 fallen auch weg für div ~v = 0 :
inkompressible Strömung)
f~0 = − grad U
rot ~v = 0 → ~v = grad φ
∂~v
1
+ (~v grad )~v = f 0 − grad p
∂t
ρ
Es ist (~v grad )~v =
(
1
2
grad ~v 2 − ~v × rot ~v =
1
2
(Euler)
grad ~v 2
Die x- Komponente ist z.B.:
" Ã
!
Ã
∂u
∂u
∂u
1 ∂ 2
∂v ∂u
∂u ∂w
u
+v
+w
=
(u + v 2 + w2 ) − v
−
−w
−
∂x
∂y
∂z
2 ∂x
∂x ∂y
∂z
∂x
!#
.)
Damit wird wegen rot ~v = 0
∂~v
~v 2 ~0 1
+ grad
= f − grad p
∂t
2
ρ
Ã
grad
∂φ ~v 2
+
+U +P
∂t
2
!
Zp
mit ~v = grad φ,
P =
p0
∂φ ( grad φ) 2
→
+
+ U + P = const.
∂t
2
=0
dp
ρ
Druckgleichung
(9.1)
(Das heisst, statt eines vektoriellen ist nur noch ein skalares Feld φ zu ermitteln, aus dem
durch Gradientenbildung ~v ermittelt wird.)
9.3
Die Bernoulli-Gleichung
Aus der Druckgleichung folgt für den stationären Fall
Ã
!
∂φ
∂~v
= 0,
=0 :
∂t
∂t
v2
+ U + P = const.
2
Bernoulli
(9.2)
9.3. DIE BERNOULLI-GLEICHUNG
85
Diese Gleichung läßt sich übrigens auch aus der Euler-Gleichung ableiten für rot ~v 6= 0 längs
einer Stromlinie:
∂~v
~v 2
+ grad ( ) − ~v × rot ~v = f~0 − grad P
∂t
2
∂~v
= 0, Integration längs einer Stromlinie d~s k ~v :
∂t
à 2
Zs2
grad
s1
→
~v
+U +P
2
!
Zs2
· d~s =
(~v × rot ~v ) · d~s = 0
s1
v2
+ U + P = const. längs einer Stromlinie
2
weitere Vereinfachungen der Bernoulli-Gleichung:
1
2
inkompressibles, homogenes Medium (ρ = const.)
U = gz (z-Achse im Erdfeld nach oben)
1 2
ρv + ρgz + p = const.
2
(9.3)
Die Gleichung entspricht dem Energieerhaltungssatz:
kinetische + potentielle + Druckenergie = const.
für konstante Höhe z gilt:
1
p + ρv 2 + ρgz = p0 (v = 0) + 0 + ρgz
2
→
1 2
ρv + p = p0
2
Staudruck + statischer Druck = Gesamtdruck
p0 = hydrostatischer Druck (maximaler Druck)
Beispiele:
Grundlage der Hydraulik
Prandtl’sches Staurohr
hydrodynamisches Paradoxon
weitere Beispiele → Seminar
(9.4)
86
KAPITEL 9. DRUCKGLEICHUNG UND BERNOULLI-GLEICHUNG
Kapitel 10
Potentialströmungen
10.1
Allgemeine Potentialströmung
Voraussetzungen:
1
2
3
f~ 0 hat Potential
wirbelfreie Strömung: rot ~v = 0
inkompressible Strömung: div ~v = 0
aus 2 und 3 folgt: die Zähigkeit (η, η 0 ) spielt keine Rolle
aus rot ~v = 0 folgt: ~v = grad φ
aus div ~v = 0 folgt: ∆φ = 0
Vorgehen:
• ∆φ = 0 lösen unter Berücksichtigung der gegebenen Randbedingungen
• p berechnen aus der Druckgleichung
∂φ 1
+ ( grad φ)2 + U + P = const.
∂t
2
• ~v berechnen aus ~v = grad φ
→ Das mathematische Handwerkszeug der Potentialtheorie kann genutzt werden!
10.2
Die ebene Potentialströmung
Aus rot ~v = 0 (wirbelfreie Strömung) und div ~v = 0 (inkompressible Strömung) folgt
∆φ = 0
(10.1)
Ã
~v = grad φ = (vx (x, y), vy (x, y)) =
87
∂φ ∂φ
,
∂x ∂y
!
88
KAPITEL 10. POTENTIALSTRÖMUNGEN
→ vx =
∂φ
,
∂x
vy =
∂φ
∂y
(10.2)
φ : Geschwindigkeitspotential
Einführung einer Stromfunktion Ψ:
div ~v =
∂vx ∂vy
+
= 0 kann ausgedrückt werden durch
∂x
∂y
∂Ψ
∂Ψ
−
=0
∂x∂y ∂y∂x
Ã
mit ~v =
∂Ψ ∂Ψ
,−
∂y
∂x
(Schwartz0 scher Satz)
!
∂Ψ
∂x
(10.3)
Differentialgleichung der Stromlinie
(10.4)
vx =
∂Ψ
,
∂y
vy = −
Stromlinien:
Für die Stromlinien ist Ψ = const.
dΨ = −vy dx + vx dy = 0
Ermittlung der Geschwindigkeitskomponenten aus dem Geschwindigkeitspotential und der
Stromfunktion:
vx =
∂φ
∂Ψ
=
∂x
∂y
∂φ
∂Ψ
vy =
=−
∂y
∂x
Cauchy − Riemann0 sche Differentialgleichungen
(10.5)
für den Realteil φ und den Imaginärteil Ψ einer analytischen Funktion W = φ + iΨ des
komplexen Argumentes z = x + iy
W : komplexes Geschwindigkeitspotential
Durch jede komplexe analytische (reguläre) Funktion W (z) wird ein Strömungsbild vermittelt.
w =
dW
= vx − ivy
dz
10.2. DIE EBENE POTENTIALSTRÖMUNG
Ã
w
∗
=
dW
dz
89
!∗
= vx + ivy
∂φ
∂Ψ
∂ψ
∂φ
dx +
dy + i
dx + i dy
∂x
∂y
∂x
∂y
= (vx − ivy )(dx + idy) = (vx − ivy )dz
dW = dφ + idΨ =
Beispiele:
a) W = αz
(Grundströmung)
α = const. = a + ib ,a, b reell, > 0
W = αz = (a + ib)(x + iy) = φ + iΨ
y
φ = const.
φ = ax − by = const = c1
Ψ = bx + ay = const = c2
x
w=
ψ = const.
dW
= α = a + ib = vx − ivy
dz
→ vx = a,
Abb. 10.1:
Grundströmung
b) W = az 2 (Staupunktströmung)
a reell, > 0
W = az 2 = a(x + iy)2 = a(x2 − y 2 ) + i2axy = φ + iΨ
vy = −b
90
KAPITEL 10. POTENTIALSTRÖMUNGEN
y
Ψ = const.
φ = a(x2 − y 2 ) = const. = c1
c2 < 0
Ψ = 2axy = const. = c2
c2 > 0
x
c2 > 0
Abb. 10.2:
Staupunktströmung
c2 < 0
w=
dW
= 2az = 2ax + i2ay = vx − ivy
dz
→ vx = 2ax,
vy = −2ay
10.2. DIE EBENE POTENTIALSTRÖMUNG
c) W =
91
a
(Dipolströmung)
z
a reell, > 0
a
a
a
W = = e−iϕ = (cos ϕ − i sin ϕ) = φ + iΨ
z
r
r
y
c2 < 0
Ψ = const.
x
c2 > 0
a
cos ϕ = const = c1
r
a
ay
Ψ = − sin ϕ = − 2
= const = c2
r
x + y2
a 2
a2
→
(y +
) + x2 = 2
2c2
4c2
dW
a
a
w=
= − 2 = − 2 e−i2ϕ = vx − ivy
dz
z
r
a
a
→ vx = − 2 cos 2ϕ, vy = − 2 sin 2ϕ
r
r
φ=
Abb. 10.3:
Dipolströmung
d) W = a(z +
r2
) (Grund- + Dipolströmung)
z
a reell,Ã > 0 !
Ã
!
Ã
!
R2
R2
R2
W =a z+
= ax 1 + 2
+ iay 1 − 2
= φ + iΨ
z
x + y2
x + y2
ψ = const.
R
R2
) = const = c1
x2 + y 2
R2
Ψ = ay(1 − 2
) = const = c2
x + y2
R
R
dW
= a(1 − 2 ) = a(1 − 2 i2ϕ )
w=
dz
z
r e
φ = ax(1 +
= vx − ivy
Ã
!
R2
→ vx = a 1 − 2 cos 2ϕ ,
r
2
R
→ vy = −a 2 sin 2ϕ
r
Abb. 10.4:
92
KAPITEL 10. POTENTIALSTRÖMUNGEN
Grund- + Dipolströmung
e) W = α ln z (Strudel)
α = a + ib
W = (a + ib)(ln r + iϕ) = a ln r − bϕ + i(b ln r + aϕ)
φ = a ln r − bϕ, Ψ = b ln r + aϕ
dW
α
(a + ib)
w =
= =
(cos ϕ − i sin ϕ)
dz
z
r
a cos ϕ + b sin ϕ
a sin ϕ − b cos ϕ
→ vx =
, vy =
r
r
y
y
Ψ = const.
a/b < 0
a>0
Ψ = const.
a/b > 0
a>0
x
x
Abb. 10.5:
Strudelströmung
f) W = ±a ln z (Quelle bzw. Senke)
a reell, > 0
W = ±a ln z = ±a ln(reiϕ ) = ±a ln r ± iaϕ = φ + iΨ
y
ψ = const.
φ = ±a ln r = const. = c1
Ψ = ±aϕ = const = c2
x
w=
dW
a
a
= ± = ± (cos ϕ − i sin ϕ)
dz
z
r
= vx − ivy
→ vx = ±
Abb. 10.6:
a cos ϕ
ax
=± 2,
r
r
vy = ±
a sin ϕ
ay
=± 2
r
r
10.2. DIE EBENE POTENTIALSTRÖMUNG
93
Quellströmung
g) W = ib ln z (Wirbelströmung)
b reell, > 0
W = ib ln z = ib ln r + iibϕ = φ + iΨ
y
φ = −bϕ = const. = c1
ψ = const.
Ψ = b ln r = const = c2
w=
x
dW
ib
ib
=
= (cos ϕ − i sin ϕ)
dz
z
r
= vx − ivy
→ vx =
Abb. 10.7:
Wirbelströmung
bx
b sin ϕ
= 2,
r
r
vy = −
b cos ϕ
by
=− 2
r
r
94
KAPITEL 10. POTENTIALSTRÖMUNGEN
Kapitel 11
Wirbelströmungen
Annahmen: η = η 0 = 0, f~0 = − grad U
→ Wirbelströmung in einer idealen Flüssigkeit soll untersucht werden.
Euler’sche Gleichung:
d~v
∂~v
1
=
+ (~v · grad )~v = f~0 − grad p = − grad U − grad P
dt
∂t
ρ
Wirbelvektor
w
~=
1
rot ~v
2
(11.1)
(Vektor der Drehgeschwindigkeit)
w
~ 6= 0 für Wirbelströmungen
Zirkulation
Z
Γ=
~=
rot ~v · dA
(A)
Beispiele für Wirbelströmungen:
95
I
~v · d~r
(11.2)
96
KAPITEL 11. WIRBELSTRÖMUNGEN
a)
y
b)
y
v
r
x
x
Abb. 11.1:
Zwei Wirbelströmungen:
a) ~v = (αy, 0, 0), α = const.
~ × ~r, Ω
~ = (0, 0, Ω),
b) ~v = Ω
Ω = const.
Wie ändert sich die Zirkulation zeitlich?
Wir betrachten eine geschlossene Kurve, die immer aus denselben Flüssigkeitsteilchen bestehen soll.
I
I
d I
d~v
~v · d~r =
· d~r + ~v · d~v
dt
dt
I
I
d~v 2
~v · d~v =
=0
2 Ã !
I
Z
d~v
d~v
~
· dA
· d~r =
rot
dt
dt
Z
=
~=0
rot (− grad U − grad P ) · dA
I
→ Γ=
~v · d~r = const.
Thomson0 scher Satz von der Erhaltung der Zirkulation
(11.3)
Die Zirkulation längs einer geschlossenen Kurve (die immer aus denselben Flüssigkeitsteilchen besteht) ändert sich zeitlich nicht.
Helmholtz’sche Wirbelsätze:
1. Die Wirbelstärke eines Wirbelfadens ist zeitlich konstant. Wirbelfäden bestehen immer aus denselben Flüssigkeitsteilchen.
Wirbelstärke:
Z
~ = const.
w
~ · dA
(Folgt auch aus Thomson’schem Satz mit
Z
Z
I
~=1
~ = 1 ~v · d~r = 1 Γ = const. )
w
~ · dA
rot ~v · dA
2
2
2
(11.4)
97
2. Die Wirbelstärke eines Wirbelfadens ist räumlich konstant. Wirbelfäden können in
der Flüssigkeit weder anfangen noch enden.
div w
~ =0
(11.5)
(folgt aus div rot ~v = div (2w)
~ = 0)
Beispiel für geschlossene Kurven:
w
Abb. 11.2:
Rauchring
Beispiel: Wirbel im Fluss, sind geschlossen oder reichen bis an die Ränder der Flüssigkeit
98
KAPITEL 11. WIRBELSTRÖMUNGEN
Kapitel 12
Laminare Strömungen
12.1
Die Hagen-Poiseuille’sche Strömung
Annahmen:
Die Strömung sei
1. zäh η, η 0 =
6 0
2. inkompressibel, div ~v = 0 (η 0 spielt keine Rolle)
3. kräftefrei f~0 = 0
∂~v
=0
∂t
4. stationär
Strömung durch ein Rohr:
r
v
R
z
Abb. 12.1:
Strömung durch ein Rohr
l
z1 = 0
p1
z2 = l
p2
Navier-Stokes’sche Gleichungen unter den obigen Annahmen:
(~v · grad )~v = −
1
η
grad p + ∆~v
ρ
ρ
Randbedingungen:
99
(12.1)
100
KAPITEL 12. LAMINARE STRÖMUNGEN
r=R
z = z1 = 0
z = z2 = l
: ~v = 0 (Haftbedingung)
)
: p = p1
∆p = p1 − p2
: p = p2
aus Symmetriegründen:
vx = vy = 0, vz 6= 0
wegen
∂vz
= 0 : vz = vz (x, y) = vz (r)
∂z
mit r2 = x2 + y 2
∂
(~v · grad )~v = (vz )vz = 0
∂z
div ~v =
Die Navier-Stokes-Gleichungen haben daher die Gestalt:
∂p
=0
∂x
∂p
=0
∂y













→ p = p(z)
Ã
Ã
!
!
∂ 2 vz ∂ 2 vz
dvz
∂p
1 d
r
=η
+
=η
2
2
∂z
∂x
∂y
r dr
dr
Die linke Seite der letzten Gleichung hängt nur von z ab, die rechte nur von r. Daher muss
erfüllt sein:
Ã
!
dp
dvz
1 d
r
= const. = C = η
dz
r dr
dr
Druck:
p = Cz + C1 = p1 −
∆p z
,
l
weil aus den RB folgt: C1 = p1 ,
C=−
(12.2)
∆p
.
l
Geschwindigkeit:
r
dvz
dr
vz
C r2
+ C2
η 2
Cr2
=
+ C2 ln r + C3
4η
=
vz =
∆p 2
(R − r2 ),
4ηl
(12.3)
12.1. DIE HAGEN-POISEUILLE’SCHE STRÖMUNG
101
2
weil aus den RB folgt: C2 = 0(vz (0) soll endlich sein); C3 = − CR
.
4η
Masse, die pro Zeit durch das Rohr strömt:
Z
Z
~=
~j · dA
Q=
(A)
~=
ρ~v · dA
ρ2πrvz dr
0
(A)
Q=
ZR
πρR4 ∆p
.
8ηl
(12.4)
Mittlere Geschwindigkeit: v̄ = Q/ρA :
v̄ =
R2 ∆p
8ηl
Spannungstensor in der Flüssigkeit:
−pδij + 2η ε̇ij + η 0 δij Sp ε̃˙
−pδij + 2η ε̇ij wegen Sp ε̃˙ = div ~v = 0
−p
−p
−p
Ã
!
∂vx ∂vy
=0
= η
+
∂y
∂x
σij =
=
σxx =
σyy =
σzz =
σxy
σxz
σyz
Ã
!
Ã
!
∂vx ∂vz
=η
+
∂z
∂x
∂vy ∂vz
=η
+
∂z
∂y
∂vz
=η
∂x
∂vz
=η
∂y















σzr = η
∂vz
∂r
Schubspannung an der Rohrwand:
¯
σrz
∂vz ¯¯
∆pR
2∆pR
=η
=−
.
¯ = −η ·
∂r ¯R
4ηl
2l
Die auf die Rohrwand übertragene Tangentialkraft
Ft = −σzr · A =
∆pR
· 2πR · l = πR2 ∆p
2l
ist im Gleichgewicht mit den Kräften, die die Flüssigkeit durch das Rohr drücken:
102
KAPITEL 12. LAMINARE STRÖMUNGEN
F1 − F2 = πR2 ∆p
12.2
Strömung eines Gases durch ein Rohr
Nach welchem Gesetz fällt der Druck in einem Rohr mit kreisförmigem Querschnitt ab, durch
das ein Gas (Viskosität η) stationär und isotherm strömt? (z = 0 : p = p1 , z = l : p = p2 )
Die Viskosität eines idealen Gases ist druckunabhängig. Für kleine Rohrabschnitte kann man
ρ = const. annehmen und die Durchflussmenge Q mit
Q=−
πρR4 dp
8η dz
(Hagen-Poiseuille’sche Strömung) ansetzen.
Für große Rohrabschnitte ist ρ(p) zu berücksichtigen.
p·V
= ν<T =
m
<T
µ
<T
µ
πµR4 dp
Q = −
p
<T · 8η dz
→p = ρ
Wegen ρvA = const. (Kontinuitätsgleichung) bleibt Q konstant.
Zp2
Zl
pdp = −
p1
→ Q=
0
Q<T · 8η
dz
πµR4
πµR4 2
[p1 − p22 ]
16<T ηl
(12.5)
12.3. STOKES’SCHES WIDERSTANDSGESETZ
12.3
103
Stokes’sches Widerstandsgesetz
Umströmung einer Kugel mit idealer Flüssigkeit:
A
Abb. 12.2:
Umströmung einer Kugel
mit idealer Flüssigkeit
(Radius R)
A'
B
A, A0 : v = 0 (Staugebiete)
ρv 2
+ p = p0 nimmt der statische Druck von A nach B hin ab und dann wieder
2
0
zu nach A hin, wegen symmetrischer Druckverteilung keine resultierende Kraft auf die Kugel.
Wegen
laminare Umströmung einer Kugel mit zäher Flüssigkeit:
Abschätzung der Widerstandskraft:
dv
v
Annahme
≈
in Schicht der Dicke R um die Kugel steigt v von Null (Kugeloberfläche)
dr
R
auf den Wert der Umströmungsgeschwindigkeit v.
Bremsende Kraft, die an der Kugeloberfläche 4πR2 angreift:
F =η
dv
A = 4πηvR
dr
Die genaue Rechnung (Navier-Stokes-Gleichungen) ergibt
F = 6πηvR
Für größere Reynolds-Zahlen wird F =
widerstand, cw : Widerstandsbeiwert)
(12.6)
1
1
cw ρAv 2 = cw ρπR2 v 2 (Newton’scher Strömungs2
2
104
KAPITEL 12. LAMINARE STRÖMUNGEN
12.4
geneigter Flüssigkeitsfilm
Annahmen:
Die Strömung sei
1. zäh, η 6= 0
2. inkompressibel, div ~v = 0 (η 0 spielt keine Rolle)
3. stationär,
∂~v
=0
∂t
z
h
p0
α
Abb. 12.3:
Rieselfilm
v
x
Navier-Stokes’sche Gleichungen:
(~v · grad) ~v = ~g −
1
η
grad p + ∆~v
ρ
ρ
Ansatz:
~v = (vx (z), 0, 0), p = p(z)
~g = (g sin α, 0, −g cos α)
∂
(~v · grad) ~v = vx (z) vx (z)~ex = 0
∂x
0 = g sin α +
η ∂2
vx (z)
ρ dz 2
1 ∂p
0 = −g cos α −
ρ ∂z
Randbedingungen:
z=h
: p = p0 ,
z=0
:v = 0
σxz = η
Druck:
p = −ρg cos αz + c
dvx
=0
dz
(12.7)
12.4. GENEIGTER FLÜSSIGKEITSFILM
105
p = p0 + ρg cos α(h − z)
(12.8)
Geschwindigkeit:
dvx
ρg
= − sin αz + c1
dz
η
ρg
vx = − sin αz 2 + c1 z + c2
2η
vx =
ρg
sin α · z(2h − z)
2η
(12.9)
Spannungstensor:
Ã
σij =
σxx =
σxy =
σxz =
∂vj
∂vi
−pδij + 2η ε̇ij = −pδij + η
+
∂xj ∂xi
σyy = σzz = −p
σyz = 0
dvx
η
= ρg sin α · (h − z)
dz
!
Eine auf der geneigten Fläche senkrecht stehende Flüssigkeitssäule der Querschnittsfläche A,
Höhe h und Masse m bewirkt an der Fläche (z = 0) eine Normalkraft FN = −σzz A = pA =
p0 A + mg cos α und Hangabtriebskraft FH = σxz A = mg sin α.
106
KAPITEL 12. LAMINARE STRÖMUNGEN
Kapitel 13
Ähnlichkeitsgesetze
laminar: geordnete Bewegung benachbarter Flüsigkeitsteilchen
turbulent: Wirbelbildung, Strömung nur statistisch beschreibbar, Schwankungen um Mittelwerte: v = v0 + ∆v, p = p0 + ∆p, ... , immer instationär
Beispiel:
1. Strömung durch ein Rohr: laminare Strömung möglich, bei bestimmten Strömungsparametern Umschlag in turbulente Strömung möglich
2. Windkanal: Umströmung von Modellen
Wann sind zwei Strömungen ähnlich?
Die Strömungsanordnungen seien
a) geometrisch ähnlich
b) genügen der gleichen Grundgleichung und werden durch die gleichen Lösungen beschrieben
Beispiel:
Navier-Stokes’sche Gleichung (stationär, kräftefrei, inkompressibel)
(~v · grad )~v = −
1
η
grad p + ∆~v
ρ
ρ
Einführung dimensionsloser Größen (0 )
~v
p
η
l
=
=
=
=
v0~v 0
p0 p0
η0 η 0
l0 l0
107
108
KAPITEL 13. ÄHNLICHKEITSGESETZE
vo , po , η0 , l0 sind charakteristische Bezugsgrößen
v0 2
p0 1
η 0 v0 η 0 0 0
0 0
(~v · grad0 )~v = −
grad
p
+
∆ ~v
l0
ρ0 l0 ρ 0
ρ0 l02
p0 1
η0 η 0
0
0
(~v 0 · grad 0 )~v 0 = −
grad
p
+
∆ 0~v 0
ρ0 v02 ρ 0
ρ 0 l 0 v0
1
1
η0
0
0
= −
grad
p
+
∆ 0~v 0
2Eu2 ρ 0
ρ 0 Re
v0
Eu = q p0
2 ρ0
=
v
u ρ0 v 2
0
1 u
t l0
√
2
p0 /l0
s
=
Trägheitskraft
Druckkraft
= Euler − Zahl
v2
ρ0 0
ρ0 l0 v0
Trägheitskraft
Re =
=
= vl00
η0
Reibungskraft
η0 l2
0
=
Reynolds − Zahl
Die angegebenen Kräfte sind auf das Volumen bezogen.
Weitere Kennzahlen:
v02
Fr =
=
gl0
=
v0 t 0
St =
=
l0
ρ0 v02
l0
Trägheitskraft
ρ0 g
Schwerkraft
Froude − Zahl
=
Strouhal − Zahl
Die Strouhal- Zahl wird für den Vergleich nichtstationärer Strömungen herangezogen.
Zwei Strömungen sind ähnlich, wenn sie gleiche Kennzahlen haben und damit die gleiche Lösung der Navier-Stokes-Gleichungen (bei ähnlicher geometrischer Anordnung und ähnlichen
Randbedingungen).
Kapitel 14
Turbulente Strömungen
Reynolds-Zahl:
Sie beschreibt das Verhältnis von Trägheitskraft zu Reibungskraft.
kleine Re-Zahlen → laminare Strömungen
große Re-Zahlen → turbulente Strömungen
Strömung durch Rohr:
Rekrit ≈
ρ0 l0 v0
≈ 2000
η0
(l0 Rohrdurchmesser, v0 = v̄ = mittlere Geschwindigkeit)
bei vorsichtigem Einlauf unter Vermeidung von Wirbelbildungen möglich Rekrit = 40.000
Beispiele laminarer und turbulenter Strömungen (s. Gerthsen)
Bach
Wasserleitung
Aorta
Atemwege
v0
m/s
1...10
0,1 ...1
0,1
15
l0
m
1
0,1
0,015
0,01
ρ0
g/cm3
1
1
1
0,0013
η
N s/m2
0,001
0,001
0,008
2 · 10−5
Re
106 ...107
103 ...104
200
104
Regentropfen: Luftwiderstand 6πηvr für r < 0, 1 mm , kleine Re
Luftwiderstand πr2 v 2 ρL für r > 0, 1 mm, große Re
Beispiele turbulenter Strömungen umströmter Körper:
109
110
KAPITEL 14. TURBULENTE STRÖMUNGEN
Abb. 14.1:
Umströmung eines Körpers,
laminarer Totbereich mit Wirbelbildung
v
Stromlinienprofil verhindert Wirbelbildung:
Abb. 14.2:
Körper mit Stromlinienprofil:
Die Ausbildung von Wirbeln
wird verhindert
v
Karmán’sche Wirbelstraße:
h
l
Abb. 14.3:
Karmán’sche Wirbelstrasse
h
= 0, 283
l
Beispiel:
Flattern von Fahnen
Grenzschichttheorie
Aufgabe:
Berechnung des Widerstandes, den ein Körper (z.B. Auto) der Umströmung durch ein Fluid
entgegensetzt. In einfachen Fällen mit Navier-Stokes-Gleichungen lösbar:
Beispiel: Hagen-Poiseuille’sche Strömung:
Berechnung v(r); τ ∼ dv
auf Wand übertragene Kraft.
dr
prinzipiell RW-problem mathematisch kompliziert
neue Lösungsansätze:
111
Prandtl (1904) Grenzschichttheorie
Grundgedanke:
Umströmung eines Körpers aufteilbar in
a) Strömung in schmaler Schicht (Grenzschicht) um den Körper und im Nachlauf (NavierStokes-Gleichungen)
b) Potentialströmung im übrigen Strömungsfeld (∆φ = 0 zu lösen)
c) Die Grenzschichtströmung muss stetig an die Potentialströmung angeschlossen werden.
Prandtl-Grenzschicht
Abb. 14.4:
Grenzschicht an umströmtem Körper
v
η
(~v · grad)~v = 4~v
ρ
2
v
η v
∼
l
ρ d2s
ηl
→ d∼
ρv
d
v
d
l
Auf die umströmte Oberfläche A wirkt die Reibungskraft: FR = ηA vd .
Der Körper wird um die eigene Länge l gegen die Strömung verschoben:
WR = F R · l = η
Avl
d
Mit Hilfe dieser Energie wird eine neue Grenzschicht aufgebaut mit der Energie
d
Wkin
µ
1Z
vz
=
Aρdz
2
d
0
Aus WR = Wkin folgt:
s
d=
6ηl
=
ρv
s
¶2
1
= Aρv 2 d
6
6ηl2
=
ρlv
s
6
l
Re
(14.1)
wenn Re >> 1; d << l. Andernfalls ist die ganze Strömung laminar, d.h. der Begriff der
Grenzschicht überflüssig.
112
KAPITEL 14. TURBULENTE STRÖMUNGEN
Kapitel 15
Wellen in Flüssigkeiten und Gasen
15.1
Oberflächenwellen: Schwerewellen
a) große Flüssigkeitstiefe:
Die freie Oberfläche der weit ausgedehnten, sehr tiefen , inkompressiblen Flüssigkeit ist im
Gleichgewicht eben. Eine Störung (Wind, Erschütterung) bewirkt eine Bewegung der Flüssigkeitsteilchen, die sich als Welle im wesentlichen im Oberflächenbereich fortbewegt und
durch die Wirkung des Erdschwerefeldes hervorgerufen wird.
y
λ
η(x,t)
η0
x
Abb. 15.1:
Oberflächenwellen einer
tiefen Flüssigkeit
RB: η = η0 sin(kx − ωt)
kη0 = 2π
η << 1
λ 0
Mit dem Ansatz div ~v = 0, rot ~v = 0 ergibt sich die Strömung als Potentialströmung
2
2
mit ~v = grad Φ, wir suchen Lösungen der ebenen Potentialgleichung ∆ Φ = ∂∂ xΦ2 + ∂∂ yΦ2 = 0 in
Form einer in x- Richtung fortschreitenden Welle, die in (-y)- Richtung mit wachsender Tiefe
mit ihrer Amplitude abklingt.
Ansatz:
W = Ae−ikz
mit A = A0 eiωt
Mit z = x + iy ergibt sich
W = A0 eky cos(kx − ωt) − iA0 eky sin(kx − ωt) = Φ + iΨ
Die Geschwindigkeitskomponenten sind
113
(15.1)
114
KAPITEL 15. WELLEN IN FLÜSSIGKEITEN UND GASEN
∂Φ
= −A0 keky sin(kx − ωt)
∂x
∂Φ
vy =
= A0 keky cos(kx − ωt)
∂y
vx =
Die Geschwindigkeit nimmt nach unten exponentiell ab. Randbedingungen:
Die Druckgleichung ist
grad(
∂Φ
p
+U + )=0
∂t
ρ0
Wegenf~0 = −g~ey ist U = gy.
An der Flüssigkeitsoberfläche gilt p = p0 (äusserer Luftdruck). Daher ist der Ausdruck
∂Φ
+ gη = c(t)
∂t
räumlich konstant an der Flüssigkeitsoberfläche (y = η), kann aber noch zeitlich veränderlich
sein.
→
A0 ωekη sin(kx − ωt) = −gη + c(t)
→
η=
−A0 ωekη
c(t)
sin(kx − ωt) +
g
g
Wegen der geforderten Randbedingung η = η0 sin(kx−ωt) an der Oberfläche folgt c(t) = 0
und mit |kη| ¿ 1
A0 ω
η0 = −
(15.2)
g
Außerdem muss die Bewegung der Oberfläche mit der Bewegung der gerade an der Oberfläche befindlichen Flüssigkeitsteilchen übereinstimmen:
vy =
∂Φ
∂η
=
∂y
∂t
und es ergibt sich für y = η mit Berücksichtigung von |kη| ¿ 1
∂2 Φ
∂Φ
+g
= (−ω 2 + gk) Φ = 0
2
∂t
∂y
Der Zusammenhang zwischen Kreisfrequenz ω und Wellenlänge λ ist daher
s
q
ω=
gk =
2πg
λ
(15.3)
15.1. OBERFLÄCHENWELLEN: SCHWEREWELLEN
115
und die Phasengeschwindigkeit der Welle ist
dx
ω
c=
= =
dt
k
r
g
=
k
s
gλ
2π
,
(15.4)
weil sich ein konstanter Phasenwinkel α = kx − ωt = const. mit der Geschwindigkeit
dα/dt = k dx/dt − ω = 0 bewegt.
Schlußfolgerungen:
→ Die Phasengeschwindigkeit ist unabhängig von der Natur der Flüssigkeit.
→ Dispersion: Lange Wellen schreiten schneller fort als kurze Wellen.
Bahnkurven der Flüssigkeitsteilchen:
Die Koordinaten eines sich bewegenden Flüssigkeitsteilchens seien
x = x0 + ξ, y = y0 + η,
wobei x0 , y0 Gleichgewichtslagen der ruhenden Flüssigkeit sind, um die die Bewegung der
Flüssigkeitsteilchen erfolgt. η hat hier eine andere Bedeutung als oben, wo η einem Ort an
der Flüssigkeitsoberfläche entsprach.
Mit dξ = vx dt und dη = vy dt ergibt sich unter Berücksichtigung von |λξ| ¿ 1, |λη| ¿ 1
nach Integration
k ky0
e cos(kx0 − ωt)
ω
k
η = −A0 eky0 sin(kx0 − ωt)
ω
ξ = −A0
Die Integrationskonstanten wurden wegen der Periodizität der Bewegungen Null gesetzt. Aus
den beiden Gleichungen erhält man
ξ 2 + η 2 = (A0
k ky0 2
e )
ω
¯
¯
¯
k ky0 ¯¯
¯
Die Flüssigkeitsteilchen beschreiben Kreise mit dem Radius ¯¯A0 e ¯¯ um die Punkte x0 , y0 .
ω
Der Radius nimmt zur Tiefe hin exponentiell ab, an der Oberfläche entspricht dieser Radius
der Amplitude η0 .
116
KAPITEL 15. WELLEN IN FLÜSSIGKEITEN UND GASEN
Abb. 15.2:
Bewegung der Flüssigkeitsteilchen
an der Oberfläche
auf Kreisbahnen
Welle
Abb. 15.3:
Vektordiagramm
für die Geschwindigkeit
~v = (vx , vy )
b) endliche Flüssigkeitstiefe h:
λ
y
η0
η(x,t)
x
h
Abb. 15.4:
Oberflächenwellen einer
flachen Flüssigkeit
Randbedingungen:
Oberfläche: η = η0 sin(kx − ωt)
y = −h:
vy =
∂Φ
=0
∂y
Ansatz:
W = Ae−ikz + Beikz
Ã
Die Randbedingung vy =
(C0 /2)e−kh . Daher ergibt sich
∂Φ
∂y
mit A = A0 eiωt , B = B0 e−iωt
(15.5)
!
= 0 wird erfüllt mit A0 = (C0 /2)ekh und B0 =
y=−h
15.1. OBERFLÄCHENWELLEN: SCHWEREWELLEN
117
W = Φ + iΨ = C0 cosh(ky + kh) cos(kx − ωt) − iC0 sinh(ky + kh) sin(kx − ωt)
und die Geschwindigkeitskomponenten sind
∂Φ
= −C0 kcosh(ky + kh)sin(kx − ωt)
∂x
∂Φ
vy =
= C0 ksinh(ky + kh)cos(kx − ωt)
∂y
vx =
Die Druckgleichung fordert für die Oberfläche:
∂Φ
+ gη = c(t).
∂t
→
η=
C0 ω
cosh(kη + kh) sin(kx − ωt) + c(t),
g
woraus mit der Randbedingung η = η0 sin(kx − ωt) an der Oberfläche c(t) = 0 folgt und mit
|kη| ¿ 1
η0 =
Aus der Gleichung
C0 ω
cosh(kh) .
g
(15.6)
∂2 Φ
∂Φ
+g
=0
2
∂t
∂y
folgt
q
ω=
g k tanh(kh)
(15.7)
und die Phasengeschwindigkeit wird zu
ω
c= =
k
s
gλ
2πh
tanh(
).
2π
λ
(15.8)
kleine Flüssigkeitstiefen:
Die Kreisbewegungen der Flüssigkeitsteilchen flachen mit wachsender Tiefe zu Ellipsen
ab, am Grunde entarten die Kreise zu Geradenabschnitten, weil nur horizontale Bewegungen
möglich sind.
Für kh ¿ 1 (h ¿ λ/2π) wird
q
ω = k hg .
(15.9)
118
KAPITEL 15. WELLEN IN FLÜSSIGKEITEN UND GASEN
und die Phasengeschwindigkeit
c=
ω q
= hg .
k
(15.10)
Das bedeutet, daß für kleine Wassertiefen die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Oberflächenwellen unabhängig von der Wellenlänge ist. Seichtwasserwellen haben keine Dispersion.
Tsunamis des Pazifik (30 m Höhe).
15.2
Oberflächenwellen: Kapillarwellen
Wellen sehr kurzer Wellenlängen ( “ripples, Kräuselwellen”), für die der Kapillardruck p =
σ/r, σ: Oberflächenspannung, r: Oberflächenkrümmungsradius, eine wesentliche Rolle spielt.
s
c=
15.3
2πσ
.
ρλ
(15.11)
Schallwellen
Im Folgenden wird die Schallausbreitung in ruhenden Flüssigkeiten und Gasen untersucht.
Annahme: Schallwellen haben nur kleine Amplituden der Druck- und Dichteschwankungen
um die Gleichgewichtswerte. Das ermöglicht die Linearisierung der Euler’schen und der Kontinuitätsgleichung.
v
p
ρ
f~0
=
=
=
=
v0 + v 0 mit v0 = 0
p0 + p0
ρ0 + ρ0
0
p0 und ρ0 sind Gleichgewichtswerte, v 0 , p0 und ρ0 sind kleine Größen.
Aus der Euler’schen Gleichung
1
∂~v
+ (~v · grad )~v = − grad p
∂t
ρ
wird
∂~v 0
1
= − grad p0
∂t
ρ0
und aus der Kontinuitätsgleichung
∂ρ
+ div (ρ~v ) = 0
∂t
(15.12)
15.3. SCHALLWELLEN
119
wird
∂ρ0
+ ρ0 div ~v 0 = 0
∂t
(15.13)
Der Druck lässt sich in Nähe des Gleichgewichtswertes p0 darstellen als
Ã
∂p
p = p0 +
∂ρ
Ã
mit p0 =
∂p
∂ρ
!
ρ0 + ... = p0 + p0
0
!
ρ0 = c2 ρ0 .
0
Aus den Gleichungen (12) und (13) ergeben sich mit
∂ 2 ρ0
= c2 ∆ρ0 ,
∂t2
∂ 2 p0
= c2 ∆p0
∂t2
(15.14)
Wellengleichungen, die die Ausbreitung der Dichte- und Druckschwankungen beschreiben.
Die Schallgeschwindigkeit c ergibt sich für ein ideales Gas folgendermaßen: Für einen adiabatischen Vorgang ist
p = ργ · const. = ργ ·
p0
ργ0
dp
p0
p0
= γργ−1 · γ ≈ γ
dρ
ρ0
ρ0
→
s
c=
p0
γ =
ρ0
s
wegen p =
γ
RT
µ
ρRT
µ
Die Schallwelle ist longitudinal wegen rot grad p0 = 0.
(15.15)
120
KAPITEL 15. WELLEN IN FLÜSSIGKEITEN UND GASEN
Kapitel 16
Sickerströmungen
Problem: Strömung durch poröse bzw. klüftige Medien
vF :
Filtergeschwindigkeit
definiert durch vF = Q/Aρ
(Flüssigkeitsmenge, die durch eine Fläche A pro Zeit durchtritt)
vF gemittelte Geschwindigkeit, die tatsächliche Geschwindigkeit der
Flüssigkeitsteilchen weicht davon ab (meist größer).
experimenteller Befund:
~vF = −
α
grad p
η
(16.1)
Darcy0 schesFiltergesetz
(Darcy, Henry,1803-1858) α : Permeabilität, Durchlässigkeit, in Darcy gemessen
1 Darcy = 0.9862 · 10−12 m2 , keine SI- Einheit
Beispiele: Kalkstein 0.2 Darcy, Ziegel 0.002 Darcy, Zement 10−7 Darcy
Hinweis: für laminare Strömung (kleine Re-Zahl) durch ein Rohr
(Hagen-Poiseuille’sche) Strömung gilt auch v̄ ∼ − grad p.
Wegen div ~vF = 0 (inkompressible Strömung) ergibt sich mit α = const., η = const.:
∆p = 0
Anwendung der Methoden für Potentialströmungsprobleme:
Vergleich (für α, η = const.):
121
(16.2)
122
KAPITEL 16. SICKERSTRÖMUNGEN
Sickerströmung
Potentialströmung
~vF = − αη grad p ~v = grad φ
div ~vF = 0
div ~v = 0
∆p = 0
∆φ = 0
Randbedingungen:
• Normalkomponente von ~vF verschwindet an undurchlässigen Wänden
• ~vF ist endlich
Anwendungen:
Strömung von Flüssigkeiten, wie Erdöl, Wasser in unterirdischen Speichern, Brunnen
Bsp.: Wasserbrunnen
Ein Wasserspeicher (Permeabilität α) befindet sich unterhalb einer wasserundurchlässigen
Schicht (α = 0). Der Druck im Wasserspeicher soll p = p0 an der Grenzfläche der beiden
p0
Medien bei z = 0 sein, so dass sich in der Bohrung eine Wassersäule der Höhe h0 =
ρg
befindet. Der äußere Luftdruck werde vernachlässigt. Die ansonsten zylindrische Bohrung
habe an ihrem unteren Ende die Form einer Halbkugelfläche mit dem Radius R, R << h0
und R << h kann angenommen werden. In der permeablen Schicht (z < 0) wird sich ein
hydrostatischer Druck ps = ρg(z + h0 ) einstellen, der aber keine Strömung bewirkt und im
weiteren außer Acht gelassen werden kann.
Q
α=0
h0
R
h
x
R
Abb. 16.1:
Kontinuierliche Wasserentnahme
aus einem Wasserbrunnen
vF
z
Über ein Rohr, das bis zur Höhe h über der Grenzfläche z = 0 in den Brunnen eintaucht, wird
die Flüssigkeitsmenge Q (gemessen in kg/s) unter stationären Verhältnissen abgepumpt. Im
permeablen Medium bildet sich ein Druckgefälle heraus, das den Nachschub des Wassers
gewährleistet. Die entsprechende Druckverteilung muss der Gleichung ∆p = 0 genügen. Ein
Ansatz, der auch der Symmetrie des Problems gerecht wird, ist
c
p=− .
r
(16.3)
123
α
Die Filtergeschwindigkeit ergibt sich wegen ~vF = − gradp zu
η
vF = −
α dp
α c
=−
.
η dr
η r2
(16.4)
Die Äquipotentialflächen p = const. sind Halbkugelfächen und die ”Stromlinien” sind radial
verlaufende Geraden. Die über die Halbkugelfächen strömende Wassermenge ρ·vF ·2πr2 = Q
ist konstant.
Für r = R gilt Q = −ρvF 2πR2 . (Das Minuszeichen berücksichtigt, dass ~vF zum Punkt (0,0,0)
gerichtet ist). Daher ist c = Qη/(2πρα).
Der Wasserstand h in der Bohrung ergibt sich aus dem Druck
p=−
c
+ ρgh0 = ρgh
R
(16.5)
am Grund der Bohrung.
Für vF = 0 (c = 0) ist der Druck p mit dem hydrostatischen Druck ρgh0 im Gleichgewicht. Bei Höhe h des Absaugrohrendes über der Grenzfläche z = 0 lässt sich maximal die
Flüssigkeitsmenge
(h0 − h) · 2πRρ2 gα
Q=
(16.6)
η
abpumpen.
124
KAPITEL 16. SICKERSTRÖMUNGEN
Kapitel 17
Rheologische Gleichungen
Reale Stoffe verhalten sich oft weder rein elastisch noch wie eine zähe Flüssigkeit. Ihr Materialverhalten wird durch rheologische Gleichungen beschrieben, die die Deformation und das
Fließen unter dem Einfluss von Kräften berücksichtigen. In viele Modelle gehen Eigenschaften sowohl des sogenannten Hooke’schen Körpers (rein elastische Deformation) als auch des
sogenannten Newton’schen Körpers (rein zähes Fließen) für das Materialverhalten ein. Der
Einfachheit halber beschränken sich die folgenden Ausführungen auf den eindimensionalen
Fall.
a) Hooke’scher Körper:
Abb. 17.1:
Hooke’scher Körper
E
σ
σ =E·ε
(1)
ε=
ds
∆l
=
dx
l
b) Newton’scher Körper:
Abb. 17.2:
Newton’scher Körper
η
σ
σ = η ε̇
(2)
125
126
KAPITEL 17. RHEOLOGISCHE GLEICHUNGEN
c) Kelvin’scher Körper:
(Addition der Spannungen für einen Hooke’schen und einen Newton’schen Körper)
Abb. 17.3:
Kelvin’scher Körper
E
η
σ
σ = Eε + η ε̇
(3)
Lösung der Differentialgleichung (3) mit der Anfangsbedingung
ε(0) = ε0 . Die angelegte Spannung soll konstant sein: σ = σ0
ε+
η
σ0
ε̇ =
E
E
Mit dem Ansatz ε = ae−λt ergibt sich die allgemeine Lösung dieser inhomogenen
Differentialgleichung zu
ε=
´
σ0 ³
1 − e−t/τ + ε0 e−t/τ
E
(4)
mit der Zeitkonstanten τ = η/E. Die Lösungen ε(t) streben für t → ∞ gegen den
Grenzwert ε = σ0 /E.
d) Maxwell’scher Körper:
(Addition der Deformationen eines Hooke’schen und eines Newton’schen Körpers)
E
Abb. 17.4:
Maxwell’scher Körper
η
σ
ε̇ =
σ
σ̇
+
E
η
(5)
127
Periodische Beanspruchung des Maxwell’schen Körpers mit σ = σ0 eiωt :
Aus Gl. (5) ergibt sich:
σ0
ε=
(1 + iωτ )eiωt
(6)
ηiω
Der Körper verhält sich für große Frequenzen (ωτ >> 1) wie ein
Hooke’scher Körper (σ = Eε) und für kleine Frequenzen (ωτ << 1) wie ein Newton’scher Körper.
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