Glossar Adorno, Theodor W. (Wiesengrund) (1903

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Glossar
Adorno, Theodor W. (Wiesengrund) (1903-1969): Bedeutender Philosoph, Soziologe,
Musikwissenschaftler und Komponist; entwickelte zusammen mit Max Horkheimer die "Kritische
Theorie der Gesellschaft" ("Frankfurter Schule"). 1931 Habilitation in Frankfurt am Main, 1933
Entzug der Lehrbefugnis, 1934 Emigration nach England, 1938 in die USA. Mitbegründer des
Instituts für Sozialforschung in New York. 1949 Rückkehr an die Universität Frankfurt am Main,
Professor für Philosophie und Soziologie. Zahlreiche kulturkritische, philosophische und
musiktheoretische Schriften.
Aktion Reinhard: Nicht eindeutig geklärte, allgemein auf →Reinhard Heydrich bezogene
Tarnbezeichnung für die planmäßige Durchführung der →"Endlösung" durch Giftgas in den drei
speziell eingerichteten Todeslagern →Belzec, →Sobibór und →Treblinka. Zwischen März 1942
und Oktober 1943 wurden 1,75 Millionen Juden aus Polen und anderen europäischen Ländern
sowie Tausende →Sinti und →Roma im Rahmen der "Aktion Reinhard" ermordet.
Aktion T4: NS-Tarnbegriff für den euphemistisch als →"Euthanasie" bezeichneten staatlich
organisierten Massenmord an geistig und körperlich behinderten Kindern und Erwachsenen sowie
Psychiatriepatienten und nicht mehr arbeitsfähigen oder kranken KZ-Häftlingen; benannt nach der
Adresse einer Villa in der Tiergartenstraße 4 in Berlin, in der sich von 1940 bis 1945 die der →
Kanzlei des Führers unterstellte Organisationszentrale befand.
Alte Synagoge Essen: Die Alte Synagoge in Essen (Nordrhein-Westfalen), 1911-1913 erbaut,
eine der größten und schönsten Synagogen in Deutschland, wurde in der Nacht vom 9. zum 10.
November 1938, in der sogenannten →"Reichskristallnacht" zerstört, nach dem Krieg zunächst
notdürftig restauriert und für verschiedene kulturelle Zwecke genutzt, seit 1980 Mahn- und
Gedenkstätte.
Antisemitismus: In den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts geprägter Begriff für
Judenfeindschaft. Als ein Produkt der bürgerlichen Industriegesellschaft ist der Antisemitismus
überwiegend politisch, wirtschaftlich und rassistisch motiviert. Er richtet sich gegen Juden als
ethnische und kulturelle Minderheit in Europa. Die seit der Antike vorkommende religiös
motivierte Judenfeindschaft bezeichnet man als Antijudaismus.
Aprilboykott: Am 1. April 1933, öffentlich angekündigter, von →SA organisierter Boykott von
Geschäften, Anwaltskanzleien, Arztpraxen, Apotheken jüdischer bzw. →"nichtarischer" Inhaber.
Beginn der Berufsverbote. Bitten der Reichsvertretung der deutschen Juden an beide christliche
Kirchen um Beistand blieben unbeantwortet.
Arier, arisch: Ethnologisch-sprachwiss. Begriff (Sanskrit: arya = Herr, Edler) für Völker der
indo-germanischen Sprachfamilie, ab Mitte des 19. Jahrhunderts politische Verwendung in
Rassentheorien. Zentraler Begriff in der →"Rassenlehre" der Nationalsozialisten. Ab 1933 wurden
→"Nichtarier" schrittweise aus Berufen, Verbänden, dem deutschen Kulturleben und von der
Staatsbürgerschaft ausgeschlossen. Die NS-Rassenpolitik gipfelte im Massen- und Völkermord an
Juden, →Sinti und →Roma und Millionen Slawen in Europa.
Ariernachweis: Urkundlich belegter Nachweis "arischer Abstammung" bis zu den Großeltern (→
"Arier", "arisch"), erforderlich ab 1933 (Arierparagraph) für die Berufsausübung, ab 1935 (→
Nürnberger Gesetze) für alle deutschen Staatsbürger in Personenstandsangelegenheiten; bei
ungeklärten Familienverhältnissen erteilt auf Grund rassenbiologischer Gutachten durch das 1933
eingerichtete Amt des Sachverständigen für Rasseforschung beim Reichsministerium des Innern.
Arisierung: Nationalsozialistischer Begriff für die zwangsweise Enteignung des Besitzes und
Vermögens von →"Nichtariern" (Juden, →Sinti und →Roma) sowie ihrer Eliminierung aus dem
Berufs- und Wirtschaftsleben zugunsten von "Ariern" bzw. des deutschen Reiches. Diese
Maßnahmen wurden auch von den Verbündeten des NS-Staates übernommen.
Asoziale: Bereits vor 1933 diskriminierender Sammelbegriff für Bettler, Fürsorgeempfänger,
Obdachlose, Zuhälter, Prostituierte, auch →Homosexuelle und →"Zigeuner" sowie sonstige nach
rassenideologischen und kriminalpolizeilichen Kriterien als "gemeinschaftsunfähig" definierte
soziale Minderheitern. Tausende als "asozial" geltende Menschen wurden von der Kriminalpolizei
auf Grund des Erlasses zur "vorbeugenden Verbrechensbekämpfung" vom 14. 12. 1937 verhaftet,
in →KZ inhaftiert, viele zwangssterilisiert oder im Rahmen der →"Euthanasie" ermordet.
Asylbewerberheim: Wohnheim für Flüchtlinge, die als politisch Verfolgte nach dem Grundgesetz
(Art. 16) Asyl in der Bundesrepublik Deutschland beantragt haben. Das deutsche Asylrecht basiert
auf den historischen Lehren aus dem nationalsozialistischen Unrechtsstaat, der Millionen politisch
verfolgte Menschen in die Emigration trieb. Das Asylrecht wird seit einigen Jahren zunehmend
restriktiv ausgelegt.
Auschwitz (KZ) (polnisch: Oswiecim): Größtes nationalsozialistisches Konzentrations-, Arbeitsund Vernichtungslager im besetzten Polen während des Zweiten Weltkriegs, westlich von
Krakau/Krakow an der Mündung des Flusses Sola in die Weichsel gelegen. Von der →SS 1940
errichtet, wurde das KZ Auschwitz 1941/42 zu einem Vernichtungslager erweitert. Es bestand aus
drei Hauptlagern: AI war das Stammlager, AII-Birkenau das Vernichtungslager, AIII-Monowitz
das Arbeitslager der →IG-Farben, auch als BUNA bezeichnet. Zum Lagerkomplex Auschwitz
gehörten zahlreiche Außen- und Nebenlager.
Auschwitz-Lüge: Schlagwort für die Leugnung der nationalsozialistischen Verbrechen des
Massen- und Völkermords in den NS-Konzentrationslagern, exemplarisch in →Auschwitz. In der
Bundesrepublik Deutschland seit 1985 als Beleidigung nach § 194 StGB strafrechtlich verfolgt.
BDM: Abkürzung für "Bund Deutscher Mädel", Teilorganisation der →Hitlerjugend.
Bekennende Kirche: Nach 1933 von den Theologen Martin Niemöller, →Dietrich Bonhoeffer
und Karl Barth begründeter Zusammenschluss von Pfarrern und Laien innerhalb der evangelischen
Kirche in Opposition zur NS-Kirchenpolitik und zu den nationalsozialistischen "Deutschen
Christen". Ab 1936 durch inneren Dissens und Verfolgung vieler Mitglieder in der Wirkung
geschwächt. Bedeutende Repräsentanten wie Bonhoeffer schlossen sich der politisch heterogenen
Widerstandsgruppe "Kreisauer Kreis" um Helmuth James Graf von Moltke an (23.1.1945
hingerichtet), dessen Gut Kreisau in Schlesien konspirativer Treffpunkt war.
Belzec: Erstes der drei Vernichtungslager der →"Aktion Reinhard" (→Sobibór, →Treblinka) im
besetzten Polen zu Ermordung der Juden. Anfänglich Arbeitslager, wurde Belzec ab November
1941 Vernichtungslager. Die drei →Gaskammern wurden mit Kohlenmonoxydabgasen von
Dieselmotoren betrieben. Im Juni 1942 Bau neuer Gaskammern mit der Kapazität von jeweils
mehr als 1.000 Menschen. Bis Ende 1942 wurden über 600.000 Menschen, überwiegend Juden,
aber auch →Sinti und →Roma, ermordet. Im Frühjahr 1943 Auflösung des Lagers, Beseitigung
der Spuren durch Exhumierung und Verbrennung der menschlichen Überreste.
Bergen-Belsen (KZ): Bei Celle (Niedersachsen), 1940 Lager für belgische und französische, ab
Juli 1941 für über 20.000 sowjetische Kriegsgefangene (→Stalag). Bis Februar 1942 starben ca.
18.000 durch Hunger und Unterbringung im Freien. 1943 Auffanglager für ca. 6.000
"ausländische" Juden (Geiseln im Austausch für inhaftierte Deutsche). 1944/45 drastische
Verschlechterung der Bedingungen durch Einweisung Tausender Häftlinge aus anderen →KZ (→
Todesmärsche). Massensterben vor und nach der Befreiung am 15.4.1945 an Seuchen und
Entkräftung. →Anne Frank starb im März 1945 in Bergen-Belsen.
Bernburg: Psychiatrisches Krankenhaus Bernburg (Sachsen-Anhalt), eine der sechs →
"Euthanasie"-Tötungsanstalten, geleitet von dem Arzt, Dr. I. Eberl, 1942 erster Kommandant von
→Treblinka. Zwischen 1940 bis 1943 wurden mehr als 9.000 geistig und körperlich Behinderte
sowie Psychiatriepatienten aus Nord- und Mitteldeutschland, zudem über 5.000 mehrheitlich
jüdische Häftlinge der →KZ →Buchenwald, →Flossenbürg, →Groß-Rosen, →Neuengamme, →
Ravensbrück und →Sachsenhausen in der →Gaskammer mit Kohlenmonoxid erstickt (→
"Sonderbehandlung 14f13"). Nach 1943 wieder Krankenhaus, Gedenkstätte seit 1989.
Berufsbeamtengesetz: "Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" vom 7. April
1933, auf Grund dessen Beamte wegen "nichtarischer Abstammung" (→"Ariernachweis",
"arisch") oder politischer Unzuverlässigkeit entlassen bzw. in den Ruhestand versetzt wurden.
Maßnahme zur "Gleichschaltung", wodurch in erster Linie Kommunisten, Sozialdemokraten und
Gewerkschafter aus dem öffentlichen Dienst entfernt wurden, deren Stellen mit Nationalsozialisten
oder "rückhaltlos" den NS-Staat unterstützenden Kollegen besetzt wurden.
Best, Werner (1903-1989): Jurist, Promotion 1927, NSDAP-Mitglied 1930, SS-Eintritt 1931,
1944 SS - Obergruppenführer, geht 1935 zur Gestapo nach Berlin. 1939-40 Chef des Amtes
Verwaltung und Recht im Hauptamt Sicherheitspolizei, Leiter des Amts des →RSHA, 1940-42
Verwaltungschef beim Militärbefehlshaber in Frankreich, 1942-45 Reichsbevollmächtigter im
besetzten Dänemark, 1948 in Dänemark zum Tode verurteilt, 1949 begnadigt, 1951 entlassen.
Danach Rechtsanwalt und Rechtsberater in der Industrie, 1972 erneute Anklage, Einstellung des
Verfahrens aus Gesundheitsgründen.
Börgermoor (KZ): Erstes →Emslandlager, 1933 von 1.000 politischen Häftlingen errichtet,
berüchtigt wegen der inhumanen Arbeits- und Haftbedingungen. Hier entstand 1933 das "Lied der
Moorsoldaten", das zur Hymne des politischen Widerstands wurde. Die Häftlinge nannten sich
selbst Moorsoldaten wegen ihrer grau-grünen Uniform mit Rekrutenkäppchen. Ab 1934
Justizvollzugslager für Strafgefangene, →Homosexuelle, →Sinti und →Roma (→"Zigeuner") und
Regimegegner. Im September 1944 wurden 400 →"Nacht und Nebel"-Gefangene, ausländische
Widerstandskämpfer, in den Emslandlagern inhaftiert.
Bonhoeffer, Dietrich (1906-1945): Evangelischer Theologe, Mitbegründer der →Bekennenden
Kirche, bedeutender Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus. Er verhalf 15 jüdischen
Verfolgten 1942 zur Flucht in die Schweiz, wurde am 5. April 1943 von der Gestapo verhaftet,
nach dem misslungenen Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 in das KZ →Buchenwald, dann in das
KZ →Flossenbürg eingewiesen und dort am 9. April 1945 hingerichtet. Bonhoeffers gelebtes
Christentum prägte den Protestantismus der Nachkriegszeit auch in den USA und Großbritannien.
Brack, Viktor (1904-1948): Sohn eines Arztes, Diplom in Wirtschaftswissenschaften, 1929
Eintritt in die →NSDAP, zunächst Himmlers Fahrer, 1936 →SS-Verbindungsmann zur →Kanzlei
des Führers und Adjutant von Philipp Bouhler, (Kanzleichef Hitlers). 1940 SS-Oberführer, 193941 Organisator der →"Euthanasie" in der →T4 -Dienststelle, bereitete den Einsatz von Gaswagen
zur Tötung von Juden in Riga und Minsk vor, maßgeblich am Aufbau der Vernichtungslager in
Polen beteiligt. Ab 1942 Dienst in der →Waffen-SS, im Nürnberger Ärzteprozess 1947 zum Tode
verurteilt, in →Landsberg am Lech 1948 hingerichtet.
Brandanschläge: Neonazistische und ausländerfeindliche Angriffe meist Jugendlicher durch
Brandlegung in Wohnhäusern ausländischer Bürger in der Bundesrepublik ab Ende der achtziger
und Anfang der neunziger Jahre auf →Asylbewerberheime und Unterkünfte von Vertragsarbeitern
der ehemaligen DDR. Orte wie Hünxe, Mölln, Solingen, Hoyerswerda, Rostock-Langenhagen und
Lübeck sind verbunden mit der Erinnerung an Opfer rassistischer Gewalt.
Breker, Arno (1900-1991): Bildhauer, lebte ab 1933 in Berlin. Von den Nationalsozialisten durch
Staatsaufträge gefördert, schuf er monumentale Skulpturen für Repräsentationsbauten, z.B. für
das Berliner Olympiagelände und den Ehrenhof der Reichskanzlei (→Kanzlei des Führers). Nach
1945 fertigte er dem Pathos faschistischer Ästhetik weiterhin verhaftet überwiegend Skulpturen
und Portraitbüsten bekannter Sportler und Personen des öffentlichen Lebens.
Buchenwald (KZ): 1937 als Konzentrationslager auf dem Ettersberg bei Weimar (Thüringen)
eröffnet für politische Oppositionelle, Zeugen Jehovas, →Sinti und →Roma sowie Strafgefangene,
auf Grund der Verhaftungen zur "vorbeugenden Verbrechensbekämpfung" (→"Asoziale"). Ende
1938 kamen Tausende Juden dazu. Von den ca. 250.000 Häftlingen in Buchenwald und den 130
Nebenlagern starben ca. 65.000. Ab Mitte 1938 organisierten die politischen Häftlinge den
Lagerwiderstand. Buchenwald gehörte zu den wenigen Lagern, in denen die Häftlinge vor der
Befreiung durch US-Truppen am 11. April 1945 revoltierten.
Bücherverbrennung: Am 10. Mai 1933 von der Deutschen Studentenschaft (DSt) an allen
deutschen Universitäten vorbereitete und durchgeführte öffentliche Verbrennung von Büchern
"undeutschen Geistes" unter Beteiligung von Rektoren, Professoren, →SA und →HJ. Geächtet,
verboten und in die Emigration getrieben wurden unzählige jüdische und als politisch links bzw.
demokratisch geltende Autoren.
Busch, Ernst (1900-1980): Schauspieler und Sänger, arbeitete mit Erwin Piscator und Bertolt
Brecht in den 20er Jahren in Berlin, aktiv in der sozialistischen Arbeiterbewegung. Nach 1933 Exil
in Holland, Belgien und Frankreich, Teilnahme am spanischen Bürgerkrieg. 1942 in Südfrankreich
von den Deutschen verhaftet und 1943 wegen Hochverrats verurteilt, bis 1945 im Zuchthaus
Brandenburg inhaftiert. Nach 1945 bedeutender Interpret vieler Stücke und Lieder von Brecht und
→Hanns Eisler am Deutschen Theater und Berliner Ensemble. Mitglied der Akademie der Künste
der DDR.
Celan, Paul (1920-1970): In Czernowitz (Rumänien) als Sohn deutschsprachiger jüdischer Eltern
geboren, studierte Medizin und Romanistik. Seine Eltern wurden nach Transnistrien deportiert und
getötet. Celan entging der →Deportation, überlebte zwei Jahre Arbeitslager. Er lebte nach 1945 in
Bukarest, Wien, ab 1948 in Paris, lehrte deutsche Literatur, wurde berühmt durch seine Lyrik, die
biblische Motive und die Judenverfolgung in surrealistischen Metaphern thematisiert, sowie durch
Übersetzungen klassischer Literatur. 1960 Büchnerpreis. 1970 Tod durch Selbstmord.
Chelmno (Kulmhof): Ortschaft und Tötungszentrum im annektierten Wartheland (Polen),
bestehend aus einem Gutshaus und einem 5 km entfernten Waldlager, wo ab 8. 12.1941 die
mechanische Massentötung von Juden aus der Umgebung, (→Lodz und Posen), in
Speziallastwagen durch Motorenabgase begann. Chelmno wurde bis März 1943 betrieben,
vorübergehend aufgelöst und vom Juli 1944 bis Januar 1945 für die Ermordung der Juden des
Ghettos Lodz erneut in Betrieb genommen. 152.000 Juden und ca. 5.000 österreichische →Sinti
und →Roma wurden in Chelmno vergast.
Cremer, Fritz (1906-1993): Bildhauer und Graphiker, geboren in Arnsberg, Westfalen. 1922-34
Studium der Bildhauerei in Essen und Berlin. 1929 Eintritt in die kommunistische Partei. 1946-50
Professor an der Kunsthochschule in Wien. 1950 Übersiedlung in die DDR, wo er als einer der
anerkanntesten und wichtigsten Meister realistischer Plastik galt. Sein Stil zeigt Einflüsse von
Ernst Barlach und Käthe Kollwitz. Zu seinen Hauptwerken zählen Mahnmale für →Auschwitz
(1947), →Buchenwald (1952-58) und →Ravensbrück (1959/60)
Dachau (KZ): Am 20.3. 1933 gab Himmler die Errichtung des →KZ in Dachau bei München zur
Inhaftierung politischer Gegner bekannt. Der zweite Kommandant, Theodor Eicke, später
Inspekteur aller KZ, machte Dachau zum "Musterlager". Schrittweise wurden weitere
Häftlingsgruppen nach Dachau überstellt, u.a. viele Geistliche, →Zeugen Jehovas, Juden und
Kriegsgefangene. Ab 1942 wurde ein Netz von Außenlagern errichtet. Von den über 200.000
Häftlingen zwischen 1933 und 1945 kamen außer den 30.000 registrierten Toten Tausende nicht
registrierte Häftlinge ums Leben. Befreiung am 29.4. 1945 durch die US-Armee.
Deportation: Zwangsumsiedlung von Juden sowie →Sinti und →Roma aus ihren Wohnungen
zunächst in besondere Unterkünfte, Häuser und städtische Lager, in Osteuropa in Ghettos, →KZ,
Arbeits- und Straflager sowie Tötungszentren. Deportationen wurden sprachlich als "Aussiedlung"
oder "Evakuierung" getarnt, um das eigentliche Ziel, die Ermordung, zu vertuschen.
Dietl, Eduard (1890-1944): Generaloberst, Berufssoldat ab 1909. 1938 Generalmajor. Mit seiner
3. Gebirgsdivision beim Überfall auf Polen bei der Heeresgruppe Süd eingesetzt. 1940 Landung
deutscher Truppen unter seinem Kommando in Narvik (Norwegen). 1941 Vorstoß in die
Sowjetunion nach Murmansk. Oberbefehlshaber der Gebirgstruppe in Finnland und Lappland. Bei
Flugzeugabsturz nahe Salzburg im Juni 1944 tödlich verunglückt.
Displaced Persons (D.P.): Nach 1945 Bezeichnung der Alliierten für die im Zweiten Weltkrieg
nach Deutschland verschleppten ausländischen Zwangsarbeiter, Kriegsgefangenen, heimat- und
staatenlosen jüdischen Überlebenden der befreiten Lager sowie nichtdeutschen Flüchtlinge aus
Osteuropa, zusammen ca. 8,5 Millionen Menschen. DP-Lager bestanden nach 1945 vielfach für
einige Jahre in ehemaligen NS-Lagern bis zur Auswanderung, Repatriierung oder Einbürgerung
der D.P.
DNB: Abkürzung für Deutsches Nachrichtenbüro GmbH, gegründet am 5.12.1933 im Zuge der
"Gleichschaltung" durch Zusammenlegung zweier großer Nachrichtenagenturen, der Continental
Telegraphen Compagnie, Wolffs Telegraphisches Büro (gegr. 1849, Dr. B. Wolff war Besitzer der
National-Zeitung) und der Telegraphen = Union, gegründet 1913, die bis zur Machtübernahme der
Nationalsozialisten der deutsch-nationalen Volkspartei (DNVP) nahestand. Über das DNB
verbreitete des NS-Regime alle Nachrichten amtlichen Charakters.
Dora-Mittelbau (KZ): Im August 1943 als Außenlager von →Buchenwald bei Nordhausen im
Harz errichtet. Nach der Bombardierung des Raketenversuchsgeländes Peenemünde wurde die
Produktion der "V1"- und "V2"- Raketen in unterirdische Fabriken verlegt. KZ-Häftlinge aus
Buchenwald wurden für den Bau der Stollen und die Waffenproduktion eingesetzt. Von den
60.000 in das KZ →Dora-Mittelbau und seine Nebenlager verschleppten Menschen aus über 40
Nationen starben über 20.000 auf Grund der mörderischen Arbeitsbedingungen.
Eichberg: Kleinstadt im Rheingau nahe Wiesbaden. In der 1849 gegründeten Landes-Heilanstalt
für Geisteskranke wurde 1941 unter dem Leiter Dr. Mennecke eine der sog.
Kinderfachabteilungen zur Tötung behinderter Kleinkinder eingerichtet und Gehirne der Opfer an
die Universitätsklinik in Heidelberg geliefert. Die Anstalt Eichberg war wie die in Herborn,
Weilmünster, Scheuern und Kalmenhof Durchgangsstation, von der aus Patienten zur Tarnung der
Mordaktion vor den Angehörigen nach →Hadamar verlegt wurden. In Eichberg wurden auch
Experimente mit Insulin bei Schockbehandlung durchgeführt.
Eichmann, Adolf (1906-1962): Geb. in Solingen. Nach abgebrochenem Studium Vertreter. 1932
Eintritt in die österreichische →NSDAP und →SS, 1934 im →SD in Berlin. 1938/39 Leiter der
"Zentralstelle für jüdische Auswanderung" in Wien. 1941 SS-Obersturmbannführer, Leiter des
Judenreferats IV B4 im →RSHA. Protokollführer der →Wannsee-Konferenz. 1942-44
verantwortlich für die →Deportationen der europäischen Juden im Rahmen der→"Endlösung".
Nach 1945 untergetaucht, 1950 Flucht nach Argentinien, 1960 vom israelischen Geheimdienst
aufgespürt, in Jerusalem zum Tode verurteilt, 1962 hingerichtet.
Eisler, Hanns (1898-1962): Deutscher Komponist, wichtigster Repräsentant der sozialistischen
Musikkultur. Eisler studierte u.a. bei Arnold Schönberg und Anton Webern. Ab 1929
Zusammenarbeit mit dem Dramatiker Bertolt Brecht. 1933 Emigration. Ab 1938 in den USA,
Hochschullehrer für Komposition in New York und Los Angeles. Rückkehr nach Deutschland. In
Berlin (DDR) lehrte er von 1950 bis zu seinem Tod an der später nach ihm benannten Hochschule
für Musik. Eisler komponierte 1949 die Hymne der DDR "Auferstanden aus Ruinen".
Emigration: (Lateinisch: emigrare) Auswanderung aus politischen oder religiösen Gründen. Von
besonderer Bedeutung war die von den Nationalsozialisten verursachte Emigration von Künstlern
und politisch Verfolgten, Kommunisten und Sozialisten, vor allem aber den aus rassistischen
Gründen verfolgten deutschen Juden. In die Flucht getrieben wurden die Unerwünschten bis zum
Kriegsbeginn 1939 durch Zerstörung der beruflichen Existenzgrundlagen durch Ausbürgerung,
Enteignung von Häusern, Grundstücken und Kapital. Zudem war die →Reichsfluchtsteuer zu
zahlen.
Emslandlager (KZ): Zwischen 1933 und 1938 im Emsland errichtete, von Papenburg aus
verwaltete 15 →KZ, die direkt dem Reichsjustizministerium unterstanden. Nach der
"Reichstagsbrandverordnung" vom 28. 2. 1933 wurden Tausende politische Gegner
(Kommunisten, Sozialdemokraten, Gewerkschafter) in sog. Schutzhaft genommen und u.a. in die
Lager →Börgermoor, Neusustrum und Esterwegen unter Aufsicht von →SS und →SA
eingewiesen. In Esterwegen waren zahlreiche Politiker und Intellektuelle der Weimarer Republik
inhaftiert, u.a. der Publizist und Friedensnobelpreisträger →Carl von Ossietzky.
Endlösung: Im vollen Wortlaut des NS-Sprachgebrauchs "Endlösung der Judenfrage"
Tarnbezeichnung im amtlichen Schriftverkehr spätestens ab Frühjahr 1941 für den Plan der
Vernichtung der europäischen Juden im deutschen Machtbereich.
Entartete Musik: Titel einer Ausstellung 1938 in Düsseldorf im Rahmen der ersten
"Reichsmusiktage". Diffamierende nationalsozialistische Bezeichnung für moderne,
avantgardistische Kompositionen sowie Unterhaltungsmusik (→Swing), die als "undeutsch" bzw.
"entartet" galt.
Entlausungsstation: Als Maßnahme zur Bekämpfung des Fleckfiebers, einer von Läusen
übertragenen, hochgradig ansteckenden und meist tödlich endenden Epidemie in den →KZ, wurde
die Kleidung der Häftlinge in dafür eingerichteten Baracken d.h. "Entlausungsstationen"
desinfiziert, um das →SS-Wachpersonal vor Ansteckung zu schützen. Im KZ →Buchenwald
wurde ab Herbst 1941 vom Hygiene Institut der →Waffen-SS Fleckfieberforschung mit sinnlosen,
vielfach tödlich endenden Versuchen an Häftlingen betrieben.
Ermächtigungsgesetz: "Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich" v. 23.3. 1933.
Grundlage für Hitlers Diktatur. Mit diesem Gesetz wurde die Weimarer Verfassung faktisch
abgeschafft. Gesetze, Haushaltsentscheidungen und Verträge mit fremden Staaten konnten danach
ohne parlamentarisches Verfahren vom Reichskanzler allein erlassen werden. Die Abstimmung
fand in Anwesenheit von bewaffneten →SA und →SS Männern statt. Mit der →NSDAP stimmten
alle bürgerlichen Parteien. Allein die Sozialdemokraten votierten geschlossen dagegen. Die KPDAbgeordneten waren vorher verhaftet worden.
Eröffnungsbescheinigung: Formular, womit →Sinti und →Roma durch Unterschrift bestätigen
mussten, dass sie gemäß →"Festschreibungserlass" den Wohnort nicht verlassen durften.
Eugenik: Griechisch: eugenos = wohlgeboren. Lehre von der Erbpflege und Förderung des
Erbguts, →Rassenhygiene.
Euthanasie: Griechisch: leichter, schmerzloser Tod. Im 20. Jh. Begriff für Sterbehilfe. Als
"Gnadentod" bzw. →Aktion T4 verschleierte Tötung durch Giftgas von über 70.000 körperlich
und geistig Behinderten in speziell eingerichteten Tötungsanstalten in →Bernburg, Brandenburg,
Grafeneck, →Hadamar, Hartheim/Linz, Sonnenstein/Pirna zwischen Oktober 1939 und August
1941. Bis 1945 dezentral über 200.000 weitere Opfer durch Giftinjektionen, Nahrungsentzug,
Erschießungen, auch Tausende jüdische Patienten, KZ-Häftlinge (→"Sonderbehandlung 14f13")
und Behinderte in Polen und der Sowjetunion.
Evakuierung: Nationalsozialistischer Tarnbegriff für →Deportation
Festschreibungserlass: Erlass Himmlers vom 17. Oktober 1939, wodurch →Sinti und →Roma
unter Androhung von →KZ-Haft verboten wurde, ihre Wohnorte zu verlassen. Anordnung von
Maßnahmen zur Vorbereitung der →Deportation der Sinti und Roma: Fahndung und Festnahme
von Sinti und Roma, Erfassung aller →"Zigeuner und Zigeunermischlinge einschließlich der
Kinder", Unterbringung in Sammellagern.
Flossenbürg (KZ): Konzentrationslager im Nordosten Bayerns. 1938 in der Nähe großer
Granitsteinbrüche als Männerlager für →"Asoziale" und Strafgefangene eröffnet, ab 1943 auch
weibliche Häftlinge. Zum KZ Flossenbürg gehörten ca. 100 Außenlager und -kommandos.
Insgesamt wurden 96.716 Häftlinge registriert, von denen ca. 30.000 ermordet wurden. Im letzten
Kriegsjahr wurden ca. 1.500 →politische Gefangene hingerichtet, so noch am 9. 4. 1945 →
Dietrich Bonhoeffer und Beteiligte am gescheiterten Attentat auf Hitler (20. Juli 1944). Das KZ
Flossenbürg wurde am 23.4.1945 von US-Truppen befreit.
Frank, Anne (1929-1945): In einer deutsch-jüdischen Familie in Frankfurt am Main geboren. Die
Familie Frank emigrierte 1933 nach Amsterdam. Ab Juli 1942 lebte die Familie im Versteck in
einem Hinterhaus. Anne dokumentierte das Leben in ihrem Tagebuch. Im August 1944 wurde die
Familie durch Verrat entdeckt und über das Lager Westerbork nach →Auschwitz deportiert, wo
die Mutter starb. Anne und ihre ältere Schwester Margot wurden im Oktober 1944 nach →
Bergen-Belsen gebracht, wo beide im März 1945 an Typhus starben. Der Vater überlebte
Auschwitz. Annes Tagebuch wurde in vielen Sprachen veröffentlicht.
Freimaurer: Internationale Bewegung humanitärer Weltanschauung. Säkularer Zusammenschluss
von Männern, die miteinander geistigen Austausch und Brüderlichkeit pflegen. Freimaurer treten
für die Achtung der Menschenwürde, Toleranz, Entfaltung der Persönlichkeit und Hilfsbereitschaft
ein. Die Nationalsozialisten verfolgten die Freimaurer wegen des Geheimbundcharakters ihrer
Logen. Sie unterstellten ihnen, den "artfremden Einfluss" der Juden gefördert zu haben. Nach 1933
wurden Freimaurer verhaftet, Logen zur Auflösung gezwungen und ihr Vermögen enteignet.
Funk, Walther (1890-1960): Reichswirtschaftsminister von 1938-1945 und Präsident der
Deutschen Reichsbank von 1939-1945. Im →Nürnberger Prozess gegen die
Hauptkriegsverbrecher wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu
lebenslänglicher Haft verurteilt, jedoch 1957 aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig entlassen.
Gaskammern: Geschlossene Räume in Tötungszentren der →Aktion T4, den Vernichtungslagern
der →"Aktion Reinhard" sowie in →Auschwitz , →Majdanek und einigen Konzentrationslagern,
in denen geistig und körperlich Behinderte, Juden, →Sinti und →Roma sowie andere Gefangene,
insgesamt mehr als 3 Millionen Menschen, mit Giftgas (Kohlenmonoxyd und Zyklon B) ermordet
wurden.
Generalgouvernement (GG): Bezeichnung für die nach Kriegsbeginn (1.9.1939) besetzten
polnischen Gebiete, die nicht dem Deutschen Reich eingegliedert wurden, unterteilt in die vier
Distrikte Krakau, Radom, Warschau und Lublin mit zusammen 12 Millionen Einwohnern. Nach
dem Überfall auf die Sowjetunion am 22.6.1941 Annexion des Gebiets um Lemberg (Lwow) als 5.
Distrikt Galizien.
Gerechte unter den Völkern: Bezeichnung für die in →Yad Vashem, der nationalen
Gedenkstätte des Staates Israel, geehrten nichtjüdischen Menschen zahlreicher Nationen, die unter
Einsatz ihres Lebens Juden durch verschiedene Hilfsleistungen vor der Vernichtung retteten. Bis
Januar 1998 wurden 15.670 Einzelpersonen aus 36 Ländern sowie die Widerstandsorganisationen
Dänemarks und Norwegens kollektiv anerkannt und mit der Pflanzung eines Baumes in der "Allee
der Gerechten" in Yad Vashem geehrt.
Gerstein, Kurt (1905-1945): SS-Obersturmführer, Ingenieur. 1933 Eintritt in die →NSDAP,
aber auch Mitglied der →Bekennenden Kirche. 1938 Parteiausschluss. Medizinstudium. Nach der
Ermordung einer Verwandten im "Euthanasie"-Programm freiwillige Meldung zur Waffen-SS. Er
wird Entseuchungsexperte am Hygiene-Institut der →Waffen-SS, um Einblick in die
Tötungsmaschinerie zu bekommen. 1942 Zeuge von Vergasungen in →Treblinka, →Sobibór und
→Belzec, worüber er erfolglos das Ausland informiert. Verfasst 1945 in französischer Haft seinen
Bericht über den NS-Massenmord. Selbstmord in der Haft.
Geschwister Scholl: Hans (22.9.1918-22.2.1943), Widerstandskämpfer, Medizinstudent, →HJFührer wurde vom begeisterten Anhänger des Nationalsozialismus zum entschiedenen Gegner.
Gründete im Herbst 1942 mit anderen Gleichgesinnten die Widerstandsgruppe →Weiße Rose.
Nach einer Flugblattaktion in der Münchner Universität am 18.2.1943 verhaftet. Vier Tage später
durch das Fallbeil hingerichtet. Sophie (9.5.1921-22.2.1943), Widerstandskämpferin, Schwester
von Hans, Studentin der Biologie und Philosophie, zusammen mit ihrem Bruder verhaftet und
hingerichtet.
Gestapo: Abk. für Geheime Staatspolizei, am 26.4.1933 von →Göring als preußischem
Ministerpräsidenten eingerichtet, (Zentralbehörde: Geheimes Staatspolizeiamt Gestapa). 1934
Reichsbehörde unter →Himmler als Reichsführer SS und Chef der Dt. Polizei, mit Kriminalpolizei
zur Sicherheitspolizei vereinigt, ab 1939 als Amt IV im →Reichssicherheitshauptamt. Ohne
Bindung an Recht und Gesetz verhängte die Gestapo Haft in Gefängnissen und →KZ, folterte,
ermordete politische Häftlinge, ausländische Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und war beteiligt an
den Mordaktionen der Einsatzgruppen.
Ghetto: Italienisch, Bezeichnung für zwangsweise zugewiesenen, räumlich beschränkten
Wohnbezirk für eine Minderheit, der von außen abgeriegelt und mit Ausgehverbot und
behördlichen Kontrollen belegt werden kann. Im Rückgriff auf historische Vorbilder aus dem
Mittelalter errichteten die Nationalsozialisten ab Dezember 1939 in den besetzten osteuropäischen
Gebieten durch Mauern und Stacheldraht abgetrennte Wohnbezirke z.B. in Lodz, Warschau,
Wilna, Riga, Minsk, in denen Juden und →"Zigeuner" unter unmenschlichen Bedingungen leben
mussten, bevor sie deportiert und ermordet wurden.
Goebbels, Joseph (1897-1945): Chefpropagandist und treuester Paladin Hitlers. 1926 →NSDAPGauleiter von Berlin. 1927-1935 Herausgeber der von ihm gegründeten Zeitung "Der Angriff".
1933 Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda sowie Präsident der
→ Reichskulturkammer. 1944 Generalbevollmächtigter für den totalen Kriegseinsatz. Goebbels
kämpfte fanatisch für den Ausschluss der Juden aus dem Kulturleben. Er verbrachte die letzten
Kriegstage bei Hitler im Führerbunker, wo er am 1. Mai 1945 seine sechs Kinder vergiften ließ,
bevor er mit seiner Frau Selbstmord beging.
Göring, Hermann (1893-1946): Im 1. Weltkrieg Jagdflieger, seit 1922 Mitglied der →NSDAP,
Teilnahme am →Hitlerputsch.1933 Preußischer Innenminister u. Ministerpräsident, 1935
Reichskommissar für Luftfahrt. Als Beauftragter für den Vierjahresplan ab 1936 diktatorische
Vollmacht über die Wirtschaft, verantwortlich für die →Arisierung jüdischen Eigentums. Hitlers
designierter Nachfolger. Im Juli 1941 Auftrag an →Reinhard Heydrich zur Vorbereitung der
"Endlösung der Judenfrage". Als einer der Hauptangeklagten im →Nürnberger Prozess zum Tode
verurteilt. Selbstmord vor der Hinrichtung.
Groß-Rosen (KZ): Am 2. August 1940 als Außenkommando des KZ →Sachsenhausen für
männliche Häftlinge bei einem Steinbruch nahe dem Dorf Groß-Rosen (Rogoznica) in
Oberschlesien, 60 km von Breslau (Wroclaw) eröffnet. 1941 selbständiges KZ mit 118
Außenkommandos, davon 45 für weibliche Häftlinge. Die Häftlinge mussten in Industrie und
Bauwirtschaft arbeiten. Insgesamt waren von 1941-1945 ca. 120.000 Häftlinge in Groß-Rosen,
das am 13. Februar 1945 durch sowjetische Truppen befreit wurde.
Gustloff-Werke: Rüstungsbetriebe nahe dem KZ →Buchenwald gelegen, in dem Häftlinge zur →
Zwangsarbeit eingesetzt waren. Benannt zur Erinnerung an Wilhelm Gustloff (1895-1936),
Landesgruppenleiter der Auslandsorganisation der →NSDAP in der Schweiz. Gustloff, der aus
gesundheitlichen Gründen seit 1917 in Davos lebte, wurde 1936 von David Frankfurter aus
politischen Gründen erschossen. Gustloff wurde als "Blutzeuge" unter Teilnahme Hitlers mit
großem Staatsbegräbnis in seiner Geburtsstadt Schwerin in Mecklenburg beigesetzt.
Hachschara: Neuhebräisch: Ertüchtigung, Bezeichnung für landwirtschaftliche und
handwerkliche Ausbildungslager der zionistischen Bewegung zur Vorbereitung auf die
Auswanderung und das Leben als Pionier (Chaluz) beim Aufbau des jüdischen Gemeinwesens
bzw. Staates in Palästina/Israel.
Hadamar: Stadt in Hessen bei Limburg. In der 1883 als Armenanstalt gegründeten, ab 1906 zur
Unterbringung Geisteskranker genutzten Landes-Heilanstalt wurde 1940 die sechste der →
"Euthanasie"-Anstalten eingerichtet. Von Januar bis August 1941 wurden 10.072 Menschen in der
→Gaskammer getötet, bis 1945 weitere 5.000 durch tödliche Medikamente, darunter auch 34
jüdische "Mischlingskinder" in Fürsorgeerziehung sowie 476 Tbc-kranke polnische u. russische
Zwangsarbeiterinnen u. -arbeiter. Oktober 1945 erster US-Militärgerichtsprozess gegen das
Anstaltspersonal, 1947 dt. ziviler Strafprozess.
Haus der Wannsee-Konferenz: Hier fand am 20. Januar 1942 die →Wannsee-Konferenz statt.
Seit 1992 Gedenk- und Bildungsstätte.
Haushofer, Albrecht (1903-1945): Professor für politische Geographie in Berlin. Verfasser von
Tragödien in Versen. Vertreter des konservativen Widerstands. Sohn von Karl Haushofer, dem
deutschen Theoretiker der Geopolitik, dessen Schüler Rudolf Hess (Stellvertreter des Führers)
war. Vermutlich regte A. Haushofer dessen erfolglosen Englandflug an. Danach Beobachtung
durch die Gestapo, im Dezember 1944 verhaftet. Im Gefängnis Berlin-Moabit schrieb er die
"Moabiter Sonnette", die erst nach seinem Tod gefunden wurden. Am 23. April 1945 wurde
Haushofer von einem SS-Kommando erschossen.
Heyde, Werner (1902-1964): Prof. Dr. med., Psychiater, Neurologe. 1933 Eintritt in die →
NSDAP, 1936 Aufnahme in die →SS, 1938 Führer im SS-Sanitätsamt. 1940/41 medizinischer
Leiter der →Aktion T4. 1945 SS-Standartenführer, Chefarzt des SS-Lazaretts in Würzburg. 1945
Flucht nach Dänemark, verhaftet, interniert. 1947 von den US Militärbehörden an die deutsche
Justiz überstellt. Nach Zeugenaussage 1947 im Nürnberger Ärzteprozess geflohen. In SchleswigHolstein unter dem Namen Sawade bis zur Enttarnung 1959 psychiatrischer Gutachter. 1964 in
Untersuchungshaft Selbstmord vor dem Strafprozess.
Heydrich, Reinhard (1904-1942): Geb. in Halle, Vater Musiker. Katholisches Gymnasium,
1919/20 Meldegänger im Freikorps Maercker. 1922-1931 Kriegsmarine, in Unehren entlassen.
1931 Eintritt in die →NSDAP und →SS. Chef der Sicherheitspolizei und des →SD. 1939 Chef
des →RSHA. Organisator der "Endlösung der Judenfrage". 1941 Reichsprotektor von Böhmen
und Mähren. Einberufung und Leitung der →Wannsee-Konferenz (20.1.1942). Am 27.5.1942
durch Attentat des tschechischen Widerstands schwer verletzt, starb H. am 4.6.1942. Zur
Vergeltung wurde das Dorf →Lidice liquidiert.
Himmler, Heinrich (1900-1945): Geb. in München, Vater Gymnasialdirektor. 1922 Dipl.Landwirt. 1923 Teilnahme am →Hitlerputsch. 1929 "Reichsführer SS". Juni 1936 Chef der
deutschen Polizei, Befehlsgewalt über den gesamten →SS Terrorapparat. 1939 Reichskommissar
für die Festigung des deutschen Volkstums, 1943 Reichsinnenminister, verantwortlich für die
Durchführung der →"Endlösung". Nach der Kapitulation gescheiterte Flucht. In britischer
Gefangenschaft Selbstmord am 23. Mai 1945.
Hitlerjugend (HJ): Gegründet 1926, Jugendorganisation der →NSDAP für Jungen und
Mädchen. Ziel war die totale Erfassung und politische Beeinflussung der deutschen Jugend. Durch
Verbot anderer Jugendverbände und Zwangsmitgliedschaft neben Elternhaus und Schule einzige
Erziehungsinstitution. 8,7 Mio. Mitglieder 1938. Die HJ war nach Alter u. Regionen
paramilitärisch organisiert: die 10-14jährigen als Pimpfe im Deutschen Jungvolk (DJ) bzw. bei den
Jungmädel (JM); die 14-18jährigen in HJ und →BDM (Bund Deutscher Mädel). 1939-1945
wurden HJ und BDM zu kriegswichtigen Hilfsdiensten eingesetzt.
Hitlerjungen: Mitglieder der →Hitlerjugend, die 1926 gegründete Jugendorganisation der →
NSDAP für Jungen und Mädchen.
Hitlerputsch (9. November 1923): Gescheiterter Versuch Hitlers, die Weimarer Republik zu
stürzen. Der Marsch Hitlers zusammen mit General Ludendorff und 3.000 republikfeindlichen
Anhängern am 9. November 1923 zur Feldherrnhalle in München endete im Gefecht mit der
Polizei. Es gab 20 Tote. Hitler wurde 1924 zu 5 Jahren Haft in →Landsberg/Lech verurteilt, doch
schon nach 9 Monaten entlassen. In der Haft schrieb er sein Buch "Mein Kampf". Nach 1933
wurde die Niederlage durch den jährlich inszenierten Gedenkmarsch zur Feldherrnhalle in einen
nationalen Triumph umgedeutet.
Homosexuelle: Homosexualität, bereits vor dem NS kriminalisiert, galt nach der NS-Ideologie als
der Bevölkerungspolitik schädliche, zu bekämpfende "Entartung". Die Verfolgung setzte in den
eigenen Reihen der →NSDAP 1934 mit dem "Röhm-Putsch"(→SA) ein. Ein von →Himmler in
der Zentrale der →Gestapo eingerichtetes "Sonderdezernat Homosexualität" organisierte die
Erfassung. Tausende homosexuelle Männer wurden inhaftiert, z. T. kastriert und in →KZ
ermordet. Der rosa Winkel kennzeichnete H. in den KZ. Es gibt keinen Beleg darüber, dass
lesbische Frauen aufgrund ihrer Homosexualität verurteilt und inhaftiert wurden.
Höß (Höss), Rudolf (1900-1947): Höß wuchs in fromm-katholischem Milieu auf. 1916
Kriegsfreiwilliger, 1919 Freicorps Roßbach, 1922 Eintritt in die →NSDAP. 1923 Beteiligung an
Fememord und Verurteilung zu 10 Jahren Haft, 4 Jahre Zuchthaus Brandenburg, 1928 begnadigt.
1934 Eintritt in die →SS und Blockführer im KZ →Dachau, 1938 KZ →Sachsenhausen, 1940-43
Kommandant des Vernichtungslagers →Auschwitz, 1943-45 Leiter der Amtsgruppe D des SSWirtschafts- und Verwaltungshauptamts (WVHA). 1946 verhaftet, an Polen ausgeliefert und 1947
in Auschwitz erhängt.
Hrdlicka, Alfred: Geb. in Wien 1928, österreichischer Bildhauer und Graphiker. Seine Werke,
Plastiken, Zeichnungen, Radierungen, zeichnen sich durch ausdrucksstarke Bildsprache aus.
Hrdlicka stellt Themen wie Mord und Gewalt als die bestimmenden Zeitphänomene dar. Dies zeigt
der von ihm 1972 vollendete "Plötzenseer Totentanz" in der "Sühne Christi Kirche" in Berlin, nahe
bei der NS-Hinrichtungsstätte und heutigen Gedenkstätte →Plötzensee gelegen. Heftig umstritten
bleibt seine Plastik zur Erinnerung an die Verfolgung der Wiener Juden, die seit 1988 auf dem
Albertinerplatz in Wien steht.
IG-Farben: Interessengemeinschaft Farbenindustrie AG. Durch Zusammenschluss u.a. von BASF,
Bayer und Farbwerke Hoechst größter deutscher Chemie-Konzern, gigantisches internationales
Wirtschaftsimperium, führend beteiligt an →"Arisierung", Kriegsvorbereitung, wirtschaftlicher
Ausbeutung der eroberten Gebiete sowie Massen- und Völkermord. Die IG-Farben baute 1940/41
beim KZ →Auschwitz Werke für Treibstoff und Gummiherstellung (Monowitz und Buna), beutete
millionenfach →KZ-Häftlinge durch →Zwangsarbeit aus und lieferte das Giftgas →Zyklon B für
die →Gaskammern.
Inoue, Fumikatsu: Architekt und Schriftsteller, geb. 1944 in Japan, gestaltete das HolocaustMahnmal "Erdknospe", Vorstandsmitglied der japanischen→Korczak-Gesellschaft, des
Internationalen Instituts zur Erforschung von Holocaust und Völkermord (Sitz in Jerusalem),
Mitglied der Japan- →Auschwitz-Gedenkstätte in Tokio und Mitorganisator des "Welttreffens der
jüdischen Holocaust-Überlebenden".
Judenrat: In den besetzten Gebieten auf Befehl der deutschen Behörden in den jüdischen →
Ghettos gebildete Vertretungen von 12-24 Mitgliedern; meist Vertreter der Gemeinden der
Vorkriegszeit, die für die interne Verwaltung, Verteilung von Nahrung, Wohnraum sowie die
Durchführung der Anordnungen verantwortlich waren. Die Judenräte mussten bei der
Vorbereitung und Abwicklung der Deportationen mitwirken.
Judenverfolgung: Die Verfolgung der Juden mit dem Ziel ihres Ausschlusses aus der deutschen
Nation war zentraler Bestandteil der nationalsozialistischen Politik. Die Verfolgungsmaßnahmen
führten auf der Grundlage von über 2.000 rassistischen Gesetzen und Verordnungen zwischen
1933 und 1945 schrittweise von der Vernichtung der bürgerlichen Existenz und wirtschaftlichen
Lebensgrundlagen im Zweiten Weltkrieg zum Holocaust, der physischen Vernichtung als ethnische
und kulturelle Minderheit in Europa.
Judenvermögensabgabe: Am 21.11. 1938 mit der 1. Durchführungsverordnung zur VO über die
"Sühneleistung der Juden" (12.11.1938) nach der →"Reichskristallnacht" eingeführte
Zwangssteuer von 20 Prozent auf Vermögen von deutschen u. staatenlosen Juden. Maßnahme zur
Ausschaltung der Juden aus dem dt. Wirtschaftsleben. Zur Begleichung der 1 Milliarde RM
wurden sämtliche jüdischen Vermögenswerte über 5.000 RM herangezogen: Grundeigentum,
Wertpapiere, Schmuck, Kunstgegenstände, Renten u. Versicherungsansprüche. Die Abgabe musste
in vier Teilbeträgen bis zum 15.8.1939 entrichtet werden.
Jugendschutzlager (Jugend-KZ): →Moringen →Uckermark. Konzentrationslager für Kinder
und Jugendliche, die den Behörden in negativer Weise auffielen. Das Jugend-KZ →Moringen war
1940 das erste Lager für männliche Jugendliche, dem 1943 u. 1944 zwei Außenlager angegliedert
wurden. Das Jugend-KZ →Uckermark für Mädchen wurde 1942 bei →Ravensbrück eröffnet, das
Nebenlager Dallgow/Döberitz 1944. Ab Dezember 1942 wurden in Polen im Bezirk →Lodz ein
"Polen-Jugendverwahrlager" mit zwei Nebenlagern eingerichtet, in dem Kinder und Jugendliche
beiderlei Geschlechts im Alter ab 2 Jahren inhaftiert waren.
Kanzlei(en) des Führers: Hitler unterstanden vier Kanzleien: Die Präsidialkanzlei des
Staatsoberhaupts unter dem Staatssekretär Otto Meisner; die Reichskanzlei, Amtssitz des
Reichskanzlers, geleitet von dem Reichsminister Hans Heinrich Lammers; die Kanzlei des Führers,
geleitet von →NSDAP Reichsleiter Philipp Bouhler, zuständig für persönlich an Hitler gerichtete
Eingaben, ab 1939 für das Euthanasieprogramm; schließlich in München bis 1941 die von Rudolf
Heß geleitete Dienststelle Stellvertreter des Führers, ab 1941 umbenannt in Parteikanzlei unter
dem Reichsleiter Martin Bormann.
Kaufering (KZ): Ein Außenlagerkomplex mit 11 Lagern für Männer und Frauen, die dem KZ →
Dachau unterstanden und vom 16. Juni 1944 bis Ende April 1945 existierten.
Kempner, Robert M.W. (1899-1993): Deutsch-jüdischer Jurist, bis zu seiner Entlassung 1933
aus dem Staatsdienst im preußischen Innenministerium Justitiar der Polizei. 1935 Ausbürgerung u.
Emigration, ab 1939 in den USA, Regierungsberater, ab 1943 Mitglied der War Crimes
Commission. 1945/46 Stellvertretender Hauptankläger der USA im Nürnberger Internationalen
Militärtribunal, 1947/48 sogen. →Wilhelmstraßenprozess gegen Beamte des Auswärtigen Amtes.
Ihm ist die Auffindung des Protokolls der →Wannsee-Konferenz zu verdanken. Sachverständiger
in weiteren NS-Verfahren u. Anwalt der Opfer.
Kinder von Mulfingen: Im katholischen Kinderheim St. Joseph in Mulfingen in Württemberg
waren schulpflichtige →Sinti-Kinder untergebracht, deren Eltern bereits deportiert waren. Etwa
40 dieser Kinder wurden Anfang 1943 von der Deportation nach →Auschwitz zurückgestellt,
damit Eva Justin, Mitarbeiterin an der "rassenhygienischen Forschungsstelle" im
Reichsgesundheitsamt für ihre Doktorarbeit →"rassenbiologische Untersuchungen" an ihnen
vornehmen konnte. Nach Abschluss der Arbeit wurden die Kinder nach →Auschwitz-Birkenau
deportiert. Nur vier von ihnen überlebten.
Koegel, Max (1895-1946): Geb. in Füssen (Bayern), Kaufmann. Eintritt in die →NSDAP 1932,
in die →SS 1933, Aufstieg zum Obersturmbannführer 1942. Stationen seiner Karriere in der KZVerwaltung ab 1933: KZ →Dachau, Columbia-Haus in Berlin, erneut Dachau, Kommandant der
Frauen-KZ Lichtenburg und →Ravensbrück, 1942 Kommandant des KZ →Lublin-Majdanek und
1943 des KZ →Flossenbürg. Selbstmord 1946.
Korczak, Janusz (1878-1942): Geb. in Warschau. Pseudonym Henryk Goldszmit, Kinderarzt,
Schriftsteller, Pädagoge, Gründer und Leiter eines jüdischen Waisenhauses in Warschau, nach der
deutschen Besetzung im →Warschauer Ghetto. Als am 5.8.1942 die 200 Kinder des Heims von
der →SS zur →Deportation nach →Treblinka abgeholt wurden, begleitete er sie in den Tod,
obwohl er die Möglichkeit hatte, sich zu retten. Korczak wurde 1972 posthum mit dem
Friedenspreis des Deutschen Buchhandels geehrt.
Kriegsende: Am 8. Mai 1945 in Europa durch die bedingungslose Kapitulation Deutschlands.
Ende des Zweiten Weltkrieges am 15. August 1945 mit der Kapitulation Japans.
Kuckhoff, Adam (1887-1943): Schriftsteller und Dramaturg; gehörte mit seiner Frau zu dem
1933 entstehenden Kreis um Harnack/Schulze-Boysen (→Rote Kapelle). Kuckoff schrieb für die
antifaschistische Zeitschrift "Die innere Front" und war Verbindungsmann zu akademischen und
literarischen Widerstandskreisen. Im August 1942 wurde Kuckhoff verhaftet und am 5. 8. 1943 in
→Plötzensee hingerichtet.
KZ: Konzentrationslager, (NS- Abkürzung: KL) Nach 1933 eingerichtet zur Ausschaltung
politischer Gegner, zur Einschüchterung der Bevölkerung und zur Isolierung und Vernichtung
unerwünschter sozialer, ethnischer und religiöser Minderheiten sowie Kriegsgefangener. Der →SS
unterstellt, waren die Lager der ordentlichen Rechtsprechung entzogen. Der Tod von Millionen
Menschen durch unzureichende Ernährung und Unterbringung, durch →Zwangsarbeit,
Krankheiten und Misshandlungen war beabsichtigt. Bis 1945 gab es im NS-Machtbereich Tausende
Lager, Nebenlager und Außenkommandos.
Landsberg/Lech: Im Landkreis Landsberg wurden 1944/ 45 acht der insgesamt elf Lager des Lagerkomplexes àKaufering errichtet, die dem àKZ Dachau unterstellt waren, in dem ca. 30.000 Häftlinge (fast
ausschließlich Juden) zur àZwangsarbeit an drei unterirdischen Flugzeugfabriken eingesetzt waren. Amerikanische
Truppen befreiten Landsberg am 27.4. 1945. Bis 1951 gab es im Landkreis Landsberg ein Lager mit bis
zu 7000 àDisplaced Persons. In den Jahren 1946 bis 1949 durchliefen ca. 1.600 NS-Kriegsverbrecher die Haftanstalt, die in der amerikanischen Besatzungszone abgeurteilt wurden. Hitler saß 1923/ 24 nach einem misslungenen
Putschversuch in der Festungshaftabteilung des Landsberger Gefängnisses ein, wobei er "Mein Kampf" diktierte.
Langhoff, Wolfgang (1901-1966): 1928-1933 Schauspieler, Regisseur und Theaterdirektor in
Düsseldorf. Als Kommunist im Februar 1933 verhaftet und im KZ →Börgermoor inhaftiert. Nach
der Entlassung 1934 Flucht in die Schweiz. Sein Bericht "Die Moorsoldaten", veröffentlicht 1935,
schildert die Lagerhaft und enthält das Lied der Moorsoldaten. 1934-45 arbeitete Langhoff am
Züricher Schauspielhaus. 1946-1963 Leiter des Deutschen Theaters in Ostberlin.
Langgässer, Elisabeth (1899-1950): Schriftstellerin, geboren in Alzey bei Worms, gläubige
Katholikin, väterlicherseits aus jüdischer Familie. Ab 1924 Publikation von Lyrik, Erzählungen und
Romanen in der Tradition der Romantik. 1929 Geburt einer Tochter, deren Vater Jude war. Heirat
mit dem nichtjüdischen Philosophen Wilhelm Hoffmann, 1936 Schreibverbot. Sie selbst war durch
die Ehe geschützt, nicht jedoch ihre Tochter, die15-jährig 1944 nach →Auschwitz deportiert
wurde, überlebte, bis 1974 in Schweden wohnte und seit 1974 in Israel lebt.
Lidice: Dorf im →Protektorat Böhmen und Mähren. Nach dem Attentat vom 27.5.1942 auf den
Reichsprotektor u. Chef des →RSHA, →Reinhard Heydrich befahl Hitler die Liquidierung des
Dorfes. Die männlichen Einwohner über 16 Jahre wurden am 10.6.1942 erschossen, die Frauen
und Kinder in →KZ deportiert, einige wenige kamen später in deutsche Familien zur
Eindeutschung. Einige Kinder wurden in →Chelmno vergast.
Litzmannstadt: Stadt Lodz im 1939 annektierten Teil Polens, umbenannt in Litzmannstadt.
Erstes größeres Ghetto, im Frühjahr 1940 eingerichtet. Im Juni 1940 lebten 157.000 Menschen auf
einem Areal von 4 km unter unzureichenden Bedingungen. Im Oktober 1941 kamen 20.000
deutsche, österreichische, luxemburgische und tschechische Juden dazu sowie 5.000 →Sinti und
→Roma aus dem Burgenland, die in einem separaten Teil des Ghettos inhaftiert wurden. Zwischen
Januar 1942 und Juli 1944 →Deportationen zur Vernichtung nach →Chelmno. 1944 Auflösung
des Ghettos und Deportation von ca. 60.000 Menschen nach →Auschwitz.
Lodz: Stadt im 1939 annektierten Teil Polens, umbenannt in Litzmannstadt. Erstes größeres
Ghetto, im Frühjahr 1940 eingerichtet. Im Juni 1940 lebten 157.000 Menschen auf einem Areal
von 4 km unter unzureichenden Bedingungen. Im Oktober 1941 kamen 20.000 deutsche,
österreichische, luxemburgische und tschechische Juden dazu sowie 5.000 →Sinti und →Roma
aus dem Burgenland, die in einem separaten Teil des Ghettos inhaftiert wurden. Zwischen Januar
1942 und Juli 1944 →Deportationen zur Vernichtung nach →Chelmno. 1944 Auflösung des
Ghettos und Deportation von ca. 60.000 Menschen nach →Auschwitz.
Lublin: Stadt in Ostpolen, nach der deutschen Besetzung im sogenannten →
Generalgouvernement (GG). Nach Planungen der →SS Stützpunkt für ein Imperium im Osten.
Ort des Konzentrations- und Vernichtungslagers →Majdanek für Polen und Juden.
Majdanek (KZ): Konzentrations- und Vernichtungslager in einem Stadtteil →Lublins. Ende 1941
Kriegsgefangenen- und Arbeitslager für Russen und Polen, ab 1942/43 →KZ und zugleich
Vernichtungslager mit →Gaskammern wie in →Auschwitz. Von den mehr als 200.000
Todesopfern waren ca. 60-80.000 Juden. Befreiung im Juli 1944 durch die Sowjetarmee, im
Oktober 1944 dort erstes Militärtribunal zur Aburteilung der Kriegsverbrechen, November 1944
Einrichtung einer Gedenkstätte.
Mauthausen (KZ): Ab 8.8.1938 KZ bei Linz/ Österreich mit 62 Außenlagern. Dort wurde
"Vernichtung durch Arbeit" in Steinbrüchen praktiziert. Berüchtigt war die "Todesstiege" (186
Stufen). Ab 1941 Ermordung von 5.000 Häftlingen durch →Giftgas in der →"Sonderbehandlung
14f13" in Hartheim. 1942 Inbetriebnahme der →Gaskammer. Von den 200.000 Häftlingen – dt. u.
österr. Kommunisten, Spanienkämpfer, Juden, →Sinti und →Roma, Widerstandskämpfer,
Kriegsgefangene aus den okkupierten Ländern Europas, – ab Ende 1943 auch Frauen –, kamen ca.
119.000 zu Tode, davon ca. 38.000 Juden. Am 5.5.1945 Befreiung durch US-Panzereinheit.
Medizinische Experimente: Experimente vor allem an Juden, →Sinti und →Roma, Frauen und
sowjetischen Kriegsgefangenen in den →KZ. Ohne Schmerz- bzw. Betäubungsmittel Versuche mit
Medikamenten, Infizierung mit Erregern, Verfahren zur Unfruchtbarmachung, Transplantationen,
Unterkühlungs- und Unterdrucktests; als "rassenhygienisch" notwendig und kriegswichtig
begründet, in Wahrheit jedoch wissenschaftlich sinnlos. Ca. 350 Ärzte aus der →SS,
Universitätsinstituten und der Wehrmacht waren als Täter beteiligt. 23 wurden 1947 im
Nürnberger Ärzteprozess angeklagt, 16 verurteilt.
Moringen (KZ, Jugendschutzlager): Kleinstadt zwischen Göttingen und Hannover, in der es
von April bis November 1933 ein Männer-KZ, anschließend bis 1938 ein Frauen-KZ und 19401945 ein →KZ für männliche Jugendliche im Alter von 12-22 Jahren gab. In Moringen waren bis
1945 ca. 1.600 politisch, religiös, rassistisch und sozial verfolgte Jugendliche inhaftiert, u.a. weil
sie →Swing und Jazz hörten oder spielten. Sie wurden kriminalbiologischen Untersuchungen, →
Zwangsarbeit, Hunger und drakonischen Strafen ausgesetzt. Viele Jugendliche starben. Seit 1993
besteht in Moringen eine Gedenkstätte.
Nacht und Nebel-Erlass: Anordnung vom 7.12.1941 zur Deportation von Personen aus den
besetzten Gebieten nach Deutschland, die des Widerstands gegen die deutsche Besatzung
verdächtig waren, um sie dort verschwinden zu lassen bzw. vor Sondergerichten zum Tode zu
verurteilen oder in ein →KZ einzuweisen. Die Willkür des Vorgehens "bei Nacht und Nebel" sollte
Angst auslösen und Widerstandshandlungen verhindern. Ca. 7.000 Menschen, mehrheitlich
Franzosen, fielen der Aktion zum Opfer.
Neuengamme (KZ): Konzentrationslager in einem Vorort Hamburgs, 1938 eröffnet, ursprünglich
ein Nebenlager des KZ →Sachsenhausen, wurde eigenständiges Lager ab 1940 mit zahlreichen
Nebenlagern (z.B. →Wöbbelin in Mecklenburg), von britischen Truppen am 4. Mai 1945 befreit.
Neumann, Erich (1892-1948): Jurist, ab 1920 Karriere im preußischen Staatsdienst: Innen-,
Handels- und Staatsministerium. 1933 Eintritt in die →NSDAP, 1934 in die →SS. 1938
Staatssekretär im Amt des Beauftragten für den Vierjahresplan (→Göring). Teilnahme an
Maßnahmen der →"Arisierung", Kennzeichnung der Juden, 1942 Teilnehmer an der →WannseeKonferenz als Vertreter der Ministerien für Wirtschaft, Arbeit, Finanzen, Ernährung, Verkehr
sowie Bewaffnung und Munition. 1945 interniert und verhört, 1948 aus gesundheitlichen Gründen
entlassen und gestorben.
Neustadt-Glewe (KZ): In Mecklenburg, Nebenlager des Frauen-KZ →Ravensbrück, das vom 1.
September 1944 bis 2. Mai 1945 bestand. Die Häftlinge waren aus Auschwitz evakuierte jüdische
Frauen und weibliche politische Gefangene aus Holland, Frankreich, Griechenland, Polen, Ungarn,
der Sowjetunion und dem Deutschen Reich. Die Frauen wurden zur →Zwangsarbeit auf einem
Flugplatz, in der Dornier-Flugzeugfabrik und zum Ausheben von Panzerabwehrgräben eingesetzt.
Nichtarier: Nach der nationalsozialistischen →"Rassenlehre", Menschen "nicht rein arischer
Abstammung" (→"Arier", →"Ariernachweis"). "Nichtarier" wurden ab 1933 auf Grund des sog.
Arierparagraphen im →Berufsbeamtengesetz (BBG) und zahlreichen Folgegesetzen und
Verordnungen (→Nürnberger Gesetze) schrittweise aus Berufen, Verbänden, dem deutschen
Kulturleben und der Staatsbürgerschaft ausgeschlossen. Die NS-Rassenpolitik gipfelte im Massenund Völkermord an Juden, →Sinti und →Roma und Millionen Slawen in Europa.
Nürnberger Gesetze: Zwei am 15.9.1935 auf dem Nürnberger Parteitag verkündete, jedoch lange
vorbereitete rassistische Gesetze,– das "Gesetz zum Schutz des dt. Blutes und der dt. Ehre" und
das "Reichsbürgergesetz". Ehen zwischen →"Ariern" und "Nichtariern" wurden verboten,
außerehelicher Geschlechtsverkehr als "Rassenschande" unter Strafe gestellt. "Nichtarier" wurden
zu Bürgern minderen Rechts. Die Gesetze definierten, wer als Jude, "Mischling" oder
"deutschblütig" galt. (→"Arier" →"Ariernachweis") Anwendung der NG gemäß
Ausführungsbestimmungen auch auf deutsche "Zigeuner" und "Neger".
Nürnberger Prozess (Nachkriegsprozesse): Sammelbezeichnung für Verfahren vor dem
Internationalen Militärtribunal (IMT) 1945/46 gegen 24 Hauptverantwortliche für die NSVerbrechen und 6 NS-Organisationen sowie weitere 12 Nachfolgeprozesse zwischen 1946-1948
vor US-Militärgerichten mit 177 Angeklagten der NS-Bürokratie, Wehrmacht, →SS, Polizei, der
Ärzteschaft, Justiz, Industrie und Wirtschaft. In Hunderten Prozessen britischer, französischer,
sowjetischer und US-amerikanischer Militärgerichte wurden vor Gründung der beiden deutschen
Nachkriegsstaaten NS-Täter abgeurteilt.
NSDAP (Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei): Im Januar 1919 als Deutsche
Arbeiterpartei gegründete antimarxistische, antisemitische und völkische Organisation. Im Februar
1920 umbenannt in NSDAP und Verkündung des 25 Punkte umfassenden Parteiprogramms durch
Adolf Hitler, nach dem →Hitlerputsch vom 8./9. November 1923 verboten. Wiedergründung im
Februar 1925. Die Mitgliederzahl stieg von 27.000 im Jahr 1925 auf 2,5 Millionen im März 1933.
Ortsgruppenleiter: Parteifunktionär der →NSDAP, der einer Gebietseinheit bis ca. 1.500
Haushalten vorstand. Vom Kreis- und Gauleiter eingesetzt, bestand seine Aufgabe in der
Betreuung, Überwachung und politischen Beurteilung der im Gebiet der NSDAP-Ortsgruppe
lebenden Bevölkerung.
Ossietzky, Carl von (1889-1939): Journalist, überzeugter Pazifist. 1919/20 Sekretär der
Deutschen Friedensgesellschaft. In den 20er Jahren in Berlin Redakteur bei verschiedenen
Zeitungen. 1927-1933 Herausgeber der "Weltbühne". Nach einem Enthüllungsartikel über die
geheime Aufrüstung der Reichswehr 1931 wegen Landesverrats zu 18 Monaten Haft verurteilt.
1933 nach dem Reichstagsbrand Verbot der Weltbühne, Gestapo-Haft im KZ Esterwegen. 1935
bekam Ossietzky in Haft den Friedensnobelpreis, dessen Entgegennahme ihm verboten wurde. Er
starb an den Folgen der Haft nach seiner Entlassung.
Pimpfe: Die →Hitlerjugend war nach Alter u. Regionen paramilitärisch organisiert: die 1014jährigen als Pimpfe im Deutschen Jungvolk (DJ) bzw. bei den Jungmädel (JM); die 1418jährigen in HJ und →BDM (Bund Deutscher Mädel).
Plötzensee: Gefängniskomplex in Berlin, 1869-1879 für 1.400 Häftlinge erbaut; bis heute
Strafanstalt. 1933-1945 Hinrichtungsstätte für über 3.000 aus politischen Gründen meist vom
"Volksgerichtshof" zum Tode verurteilte Menschen. Viele der in P. Ermordeten gehörten dem
deutschen Widerstand an: Mitglieder der →Roten Kapelle, der Herbert Baum-Gruppe, des
Kreisauer Kreises und Beteiligte am gescheiterten Attentat vom 20. Juli 1944. Nach 1942 wurden
auch Widerstandskämpfer aus 19 europäischen Nationen in P. hingerichtet. Der Hinrichtungsbau
auf dem Anstaltsgelände ist seit 1952 Gedenkstätte.
Politische Gefangene: Politische Gegner, deutsche und ausländische Widerstandskämpfer, zur
Ausschaltung der Opposition gegen die NS-Diktatur inhaftiert. In den →KZ waren sie mit dem
roten Winkel, einem auf der Spitze stehenden Dreieck gekennzeichnet, bei Ausländern oft mit dem
Initial des Herkunftslandes. (→Emslandlager)
Protektorat Böhmen und Mähren: Nationalsozialistische Bezeichnung für die von der
Wehrmacht besetzten Gebiete der Tschechoslowakei, am 16.3.1939 von Hitler in Prag proklamiert
als "Gebiet des Großdeutschen Reiches".
Rassenbiologische Untersuchungen: Die 1936 im Reichsgesundheitsamt in Berlin unter der
Leitung des Arztes Dr. Dr. Robert Ritter eingerichtete "rassenhygienische Forschungsstelle" (→
Rassenhygiene) erstellte im Auftrag des →Reichssicherheitshauptamtes (RSHA) bis 1944 über
24.000 "Rassegutachten" über →Sinti und →Roma. Die demütigenden körperlichen
Untersuchungen bestanden im Vermessen, Fotografieren u. Abformen von Körperteilen, häufig
unter Anwendung von Gewalt. Ergänzend wurden genealogische Daten erfasst. Die Gutachten
dienten als Planungsunterlagen zum Völkermord.
Rassenhygiene (Eugenik): Nach 1860 in England von Francis Galton als →Eugenik bezeichnete
Lehre von der Förderung des Erbguts. Die in Deutschland von Alfred Ploetz und Wilhelm
Schallmeyer nach 1890 mit einer radikaleren Zielsetzung unter dem Begriff Rassenhygiene
propagierte Steuerung der Fortpflanzung durch "Auslese" und "Ausmerze" bereitete bei den
deutschen Ärzten den Boden für die Akzeptanz der nationalsozialistischen Gesundheits- und
Bevölkerungspolitik, die mit Zwangssterilisation und Heiratsverboten begann und im →
"Euthanasie"-Programm und Völkermord endete.
Rassenlehre: Kernpunkt der NS-Ideologie war die abwegige Behauptung der biologischen
Ungleichheit der Menschen und "Rassen" und der Höherwertigkeit der nordisch-germanischen
Völker bzw. →"arischen Rasse" gegenüber "minderwertigen Rassen", vor allem Juden, →
"Zigeunern", "Negern", Slawen und Asiaten. Vermischung mit "Minderwertigen" führe zum
Untergang der "Höherwertigen". Diese Vorstellungen waren keine Erfindung der
Nationalsozialisten. Sie basierten auf Rassentheorien des 19. und 20. Jahrhunderts, die im
NSDAP-Programm und Hitlers Buch "Mein Kampf" (1923) verarbeitet wurden.
Rassenschande: Straftatbestand nach § 2 des "Blutschutzgesetzes" (→Nürnberger Gesetze),
wonach "Mischehen" und außerehelicher Geschlechtsverkehr mit Personen "artfremden Blutes"
(Juden, "Zigeunern", "Negern") verboten und selbst schon der Versuch strafbar war. Obwohl
Absatz 2 des § 5 eine Verurteilung nur für Männer vorsah, wurde diese Bestimmung umgangen.
Es wurden vor allem jüdische Frauen und "Zigeunerinnen" in →KZ eingewiesen.
Ravensbrück (KZ): Konzentrationslager für Frauen bei Fürstenberg, 80 km nördlich Berlins,
eröffnet im Mai 1939, Ende April 1945 von der Sowjetarmee befreit. Das Lager wurde im Winter
1938-39 von Häftlingen aus →Sachsenhausen in einem Sumpfgebiet erbaut. Für 15.000 Häftlinge
angelegt, wurden zeitweise mehr als 120.000 Frauen aus 23 Ländern dort zusammengepfercht;
u.a. Frauen aus dem politischen Widerstand, →Zeuginnen Jehovas, →Sinti und →Roma und
Jüdinnen. Zu Ravensbrück gehörte ein separates Männerlager und das Jugend-KZ →Uckermark
für Mädchen. Noch Anfang 1945 wurde eine Gaskammer installiert.
Reichsbürgergesetz: Nach dem "Reichsbürgergesetz" konnten politische Rechte (u.a.
Stimmrecht, Wahrnehmung öffentlicher Ämter) nur noch von "Reichsbürgern" (definiert als
Staatsangehörige deutschen und artverwandten Blutes) wahrgenommen werden. Es wurde
zusammen mit dem "Gesetz zum Schutz des dt. Blutes und der dt. Ehre" am 15.9.1935 auf dem
Nürnberger Parteitag verkündet (→Nürnberger Gesetze).
Reichsfluchtsteuer: Am 8.12.1931 wurde bereits unter den Bedingungen wirtschaftlicher
Depression zur Verhinderung von Kapitalflucht auf Vermögen über 200.000 Reichsmark eine
Steuer von 25 Prozent der Vermögenssumme eingeführt, die nach 1933 auswandernden Juden und
Regimegegnern gesetzwidrig auferlegt wurde. Durch Verordnung vom 8.5.1934 wurden bereits
Vermögen bereits ab 50.000 RM und Jahreseinkommen ab 20.000 RM entsprechend besteuert,
wodurch die zur Auswanderung gezwungenen faktisch ausgeplündert wurden.
Reichskristallnacht - Kristallnacht (Novemberpogrom): Bezeichnung ungeklärter Herkunft für
die reichsweiten gewalttätigen Übergriffe auf jüdische Menschen, Geschäfte, Wohnungen,
Synagogen und jüdische Einrichtungen in Deutschland und Österreich durch →SA, →HJ und →
NSDAP- Mitglieder am 9./10. November 1938. Über 7.000 Geschäfte und Wohnungen wurden
zerstört, 91 Menschen getötet, und ca. 28.000 jüdische Männer in →KZ, Tausende jüdische
Frauen in städtische Gefängnisse eingesperrt. Durch Terror sollten die Juden massenhaft zum
Verlassen des Deutschen Reiches veranlasst werden.
Reichskulturkammer: Durch Gesetz vom 22. 9.1933 als Instrument der NS-Kulturpolitik
geschaffen, gehörte sie zum Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda unter der
Leitung von →Joseph Goebbels. Die Reichskulturkammer bestand aus sieben Unterabteilungen für
Musik, Literatur, Film, Theater, Rundfunk, Bildende Kunst und Presse. Die Mitgliedschaft war
Pflicht. →"Nichtarier" (Juden und →"Zigeuner") wurden ausgeschlossen und konnten danach ihre
Berufe nicht mehr ausüben.
Reichsschrifttumskammer: Unterabteilung der →Reichskulturkammer. Die Mitgliedschaft war
Pflicht und Voraussetzung für die Berufsausübung. →"Nichtarier" (Juden und →"Zigeuner")
wurden ausgeschlossen und konnten als Folge ihre Berufe nicht mehr ausüben.
Reichssicherheitshauptamt (RSHA): Im September 1939 gegründete Behörde im →SSApparat. Zusammenschluss von →SD und Sicherheitspolizei einschließlich der Gestapo und
Kriminalpolizei unter der Leitung von →Reinhard Heydrich (1943-45 Ernst Kaltenbrunner) mit
Sitz in der Berliner Prinz-Albrecht-Straße.
Reichwein, Adolf (1898-1944): Pädagoge, Sozialdemokrat und Widerstandskämpfer. Auf Grund
des →Berufsbeamtengesetzes 1933 Entlassung aus der Lehrerbildungsakademie Halle. Seit 1938
Verbindung zu James Graf Moltke und der Widerstandsgruppe Kreisauer Kreis. 1944 Verbindung
zum kommunistischen Widerstand, Gruppe Saefkow-Bästlein. Nach dem 20. Juli 1944 verhaftet
und vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt. Nach Folterungen am 20.10.1944 in →Plötzensee
hingerichtet.
Republikaner: 1983 in der Bundesrepublik Deutschland gegründete rechtsextreme Partei.
Rettung der dänischen Juden: 1940 lebten in Dänemark 8.000 Juden, davon 1.500 Flüchtlinge.
Im August 1943 wurde die dänische Regierung entmachtet und der Ausnahmezustand erklärt.
Bevor die Verhaftung der nun ungeschützten Juden begann, informierte der deutsche Diplomat
Duckwitz die dänische Widerstandsbewegung, die die Rettungsaktion organisierte. 7.900
Verfolgte wurden mit Booten nach Schweden gebracht. Von den 466 dennoch Verhafteten, die
nach →Theresienstadt deportiert wurden, konnten bis auf 51 Personen alle durch Intervention der
dänischen Regierung gerettet werden.
Roma: Rom bedeutet Mensch in →Romanes, der Sprache der Roma. Internationale kollektive
Bezeichnung für ca. 10 Millionen →"Zigeuner" auf der Welt. Roma leben überwiegend in Ostund Südosteuropa, einige auch seit ca. 100 Jahren in Deutschland und Mitteleuropa. Sie
unterscheiden sich von den →Sinti durch sprachliche Unterschiede (Dialekte u. Lehnwörter) und
in kulturellen Traditionen. Gemeinsam ist ihnen der besondere Zusammenhalt der Familien, die
unbestrittene Autorität und Verehrung der älteren Generation durch die Jüngeren sowie die
Erfahrung der Verfolgung.(→"Zigeuner")
Romanes: Aus dem altindischen Sanskrit stammende Sprache der ethnischen Minderheit der
Roma. Sie wird von Sinti und Roma seit Jahrhunderten im deutschen Sprachraum gesprochen.
Rosch ha Schana: Hebräisch: Anfang des Jahres. Neujahrsfest am 1. und 2. Tischri, dem 1.
Monat des jüdischen Kalenders (September/Oktober).
Rosenfeld, Oskar (1884-1944): Geboren in Korycany, Mähren. Rosenfeld studierte an der
Wiener Universität und arbeitete zusammen mit Theodor Herzl. Nach dem "Anschluss Österreichs"
1938 ging Rosenfeld nach Prag, wo er als Korrespondent für den Londoner "Jewish Chronicle"
arbeitete. Im Oktober 1941 wurde Rosenfeld von Prag ins →Ghetto →Lodz deportiert. Er wurde
Mitarbeiter des Ghetto-Archivs und schrieb Teile der Chronik des Ghettos Lodz. 1944 wurde er
nach →Auschwitz deportiert und ermordet.
Rote Kapelle: Fahndungs- und Tarnbezeichnung der →Gestapo für die linksliberalen
Widerstandskreise um Arvid Harnack, Oberregierungsrat im Reichswirtschaftsministerium, und
Harro Schulze-Boysen, Offizier im Reichsluftfahrtministerium. Die Klassifizierung als sowjetische
Spionageorganisation verfälschte die Motive und politischen Ziele dieser Gruppen und wirkte sich
nachteilig auf ihre Anerkennung in der Nachkriegszeit aus. 120 von den über 50 Frauen und 100
Männer der "Roten Kapelle" wurden Ende 1942 verhaftet, 92 angeklagt, 49 davon zum Tode
verurteilt und hingerichtet, darunter 19 Frauen.
Rumkowski, Mordechai Chaim (1877-1944): Polnischer Zionist, Fabrikant, in den zwanziger
Jahren in der kommunalen Sozialarbeit der jüdischen Gemeinde von →Lodz tätig. Bis 1939
Direktor eines Waisenhauses. 1943 wurde Rumkowski von den deutschen Besatzungsbehörden im
→Ghetto Lodz als "Judenältester" bzw. Vorsteher des →Judenrats eingesetzt und mit dem Aufbau
und der Leitung der jüdischen Selbstverwaltung beauftragt. Nach der Auflösung des Ghettos im
August 1944 wurde er mit seiner Familie nach →Auschwitz deportiert und ermordet.
SA: Abk. für "Sturmabteilung", seit 1920 parteieigener Ordnerdienst zum Schutz von
Veranstaltungen der →NSDAP. 1932 ca. 420.000 Mitglieder, 1934 bereits 4,2 Millionen. Die
paramilitärischen, braun-uniformierten Sturmtruppen waren Instrument zur Zerschlagung der
Demokratie durch Terrorakte und Straßenkämpfe. Nach 1933 erhielt die SA hilfspolizeiliche
Vollmachten. Die Machtansprüche des Stabschefs der SA, Ernst Röhm, die SA mit der
Reichswehr zusammenzuschließen, veranlassten Hitler, seinen Freund Röhm sowie 85 SA-Führer
und Regimekritiker am 1. Juli 1934 von der →SS ermorden zu lassen.
Sachsenhausen (KZ): Ab 1936 von Häftlingen des KZ Esterwegen (→Emslandlager) in
Oranienburg bei Berlin errichtet, wo 1933/1934 schon ein KZ unter →SA-Verwaltung bestand.
Arbeits- und Lebensbedingungen entsprachen dem Konzept der "Vernichtung durch Arbeit".
Ausbildungsort für →SS-Führungspersonal u. Wachmannschaften, ab 1938 Sitz der für alle →KZ
zuständigen Inspektion. Das Hauptlager mit ca. 100 Außenkommandos hatte über 200.000
Häftlinge aus 40 Nationen. Ca. 100.000 Todesopfer. Evakuierung der meisten Gefangenen in →
Todesmärschen. Am 22.4.1945 Befreiung durch die Sowjetarmee.
Schumacher, Kurt (1895-1952): Sozialdemokratischer Politiker. Im Ersten Weltkrieg schwer
verwundet. 1918 Eintritt in die SPD. Studium der Staats- und Wirtschaftswissenschaften. 1926
Promotion. 1924-1931 Abgeordneter im Württembergischen Landtag, ab 1930
Reichstagsabgeordneter. Schon vor 1933 scharfer Gegner der Nationalsozialisten. Im Juli 1933
verhaftet. In →KZ-Haft in →Dachau und →Flossenbürg bis 1943. Als Schwerkranker entlassen.
Er bereitete noch vor Kriegsende in Hannover die Neugründung der SPD vor und prägte die
Nachkriegsentwicklung der Sozialdemokratie entscheidend.
SD: Abk. für Sicherheitsdienst. 1931 unter Leitung von →Reinhard Heydrich als
Nachrichtendienst der →SS und Geheimdienst der →NSDAP entwickelt. Aufgabe des SD war die
Überwachung der weltanschaulichen Gegner und der innerparteilichen Opposition. Nach 1933
übernahm die Geheime Staatspolizei (→Gestapo) einen Teil der Aufgaben. Der SD ermittelte im
Inland die Stimmung der Bevölkerung und erstellte die geheimen Lageberichte "Meldungen aus
dem Reich". Der Auslandsnachrichtendienst hatte großen Anteil an Sabotageakten sowie den
Planungen für die Ausbeutung annektierter Gebiete.
Sinti: Auch Cinti. Bezeichnung für die im deutschen, west- und mitteleuropäischen Sprachraum
seit 1400 lebende nationale Minderheit, die Teil der seit 1979 mit beratendem Status bei der UNO
akkreditierten Weltorganisation der "Romani-Union" ist. Die Bezeichnung leitet sich vermutlich
von der Herkunft aus der nordindischen Region Sindh ab. Die ca. 40.000 heute in Deutschland
lebenden deutschen Sinti, deren Vorfahren schon seit mehr als 500 Jahren hier ansässig waren,
unterscheiden sich von den →Roma durch sprachliche Unterschiede (Dialekte und Lehnwörter)
und kulturelle Traditionen (→"Zigeuner" →Romanes).
Sobibór: Im östlichen Polen nahe dem Dorf Sobibór im Rahmen der →"Aktion Reinhard" zur
Durchführung der →"Endlösung" im März/April 1942 errichtetes Vernichtungslager, wie →
Belzec und →Treblinka. Sobibór wurde von wenigen Mitarbeitern der →Aktion T4 und →SSHilfspersonal betrieben und bewacht. Aus den Transporten wurden Opfer zu Arbeiten für die
Mordmaschinerie aussortiert, nach kurzer Zeit jedoch ebenfalls ermordet. Mehr als 250.000 Juden
wurden in Sobibór mit Abgasen von Dieselmotoren in →Gaskammern ermordet. Am 14. Oktober
1943 nach dem Aufstand der jüdischen Häftlinge geschlossen.
Sonderbehandlung 14f13: Mit dem Aktenzeichen "14f13" als Tarnung bezeichnete Erfassung
und Ermordung ca. 20.000 kranker →KZ-Häftlinge von April 1941 bis April 1943 durch Personal
der →Aktion T4 in den →"Euthanasie"-Anstalten.
Speziallager: 1945 in der sowjetischen Besatzungszone von der Geheimpolizei NKWD meist auf
dem Gelände von NS-→KZ eingerichtete Lager für NS-Täter und Täterinnen, Jugendliche unter
Verdacht der "Werwolf"-Zugehörigkeit, gering Belastete, Opfer von Denunziationen, willkürlich
Verhaftete, sogar gerade befreite KZ-Häftlinge, ab 1947/48 potentielle und tatsächliche
Oppositionelle und Kritiker des neuen Regimes. Bis 1950 wurden in 11 Speziallagern 50-60.000
Menschen inhaftiert, von denen mindestens 13.000, wahrscheinlich erheblich mehr, infolge der
Haftbedingungen starben.
SS: Abk. für "Schutzstaffel", gegründet 1925 als Leibgarde Hitlers. Ab 1929 unter Himmler
Entwicklung zur Eliteeinheit der Partei. Nach der Entmachtung der →SA 1934 selbständige
Organisation der NSDAP und schrittweise Verschmelzung mit der staatlichen Polizei. Die SS war
zuständig für die innenpolitische Machtsicherung, die Inspektion sowie die Bewachung der →KZ
durch bewaffnete "Totenkopfverbände". Nach 1939 spielte die SS die entscheidende Rolle bei der
Eroberungs- und Vernichtungspolitik. Die Farbe der Uniform war schwarz, Erkennungszeichen
ein doppeltes S in Runenform und der Totenkopf.
Stalag: Abkürzung für Stammlager für alliierte Kriegsgefangene. Es gab ca. 150 Stalags mit
zahlreichen Nebenlagern und Arbeitskommandos. Sie unterstanden der Wehrmacht und unterlagen
Regeln des Kriegsgefangenenwesens, die bei Lagern für sowjetische Kriegsgefangene nicht
eingehalten wurden.
Struthof (Natzweiler) (KZ): Konzentrationslager für Männer, errichtet 1941 in den Vogesen
südwestlich von Straßburg (Elsass). Die Häftlinge, viele aus der Résistance und →"Nacht und
Nebel"-Häftlinge, zuletzt 7.000, mussten im Steinbruch in 800 Meter Höhe arbeiten. Viele wurden
Opfer rassenanatomischer Untersuchungen von Prof. Hirt an der Universität Straßburg sowie von
Tests zur Erprobung chemischer Kampfstoffe. Es gab 50 Außenlager mit insgesamt 45.000
Häftlingen. Das Stammlager wurde im September 1944 aufgelöst, die Häftlinge in
→Todesmärschen in Richtung →Dachau getrieben.
Stuckart, Wilhelm (1902-1953): 1922 Eintritt in die →NSDAP, Teilnahme am →Hitlerputsch.
Jurist, 1928 Promotion. 1935 Staatssekretär im Reichsministerium des Innern. An der
Ausarbeitung u. Kommentierung der →Nürnberger Gesetze sowie der Rassen- u.
Gesundheitsgesetzgebung maßgeblich beteiligt. S. schlug auf der →Wannsee-Konferenz
Zwangssterilisation für "Mischlinge" und Zwangsscheidung für "Mischehen" vor. 1944 →SSObergruppenführer. 1945 verhaftet, 1949 zu vier Jahren Gefängnis verurteilt, die als verbüßt
galten. Als "Mitläufer "entnazifiziert". 1953 Tod durch einen Verkehrsunfall.
Stutthof (KZ): Am 2. September 1939 östlich von Danzig als Zivilgefangenenlager für Männer
der polnischen Führungsschicht und des Widerstands errichtet, ab 1941 auch Frauenlager. 1942
Konzentrationslager mit 146 Nebenlagern. In Stutthof wurde Massenmord durch Hinrichtungen
und 1944 auch durch Giftgas praktiziert. Insgesamt waren etwa 115.000 Männer, Frauen und
Kinder aus vielen Nationen in Stutthof registriert. Im Januar 1945 lebten noch weniger als 50.000.
Ein Großteil der meist weiblichen Häftlinge kam auf den →Todesmärschen um. Stutthof wurde im
April 1945 von der Roten Armee befreit.
Swing: Dem Jazz verwandter, populärer Musikstil der dreißiger Jahre, von den Nationalsozialisten
als "undeutsch" und "entartet" verboten. Interpreten und Anhänger dieser Musikkultur, zumeist
Jugendliche, die in Opposition zur →Hitler-Jugend standen, wurden deswegen verfolgt und
inhaftiert, vor allem in speziellen →KZ, den →"Jugendschutzlagern" →Moringen und →
Uckermark bei →Ravensbrück. Auch →Sinti und →Roma-Musiker sowie afrodeutsche und
afroamerikanische Jazz- und Swing-Musiker wurden diskriminiert und verfolgt.
Theresienstadt (Terezin): 60 km von Prag. Nach der dt. Besetzung Umsiedlung der Einwohner,
Errichtung eines Ghettos für jüdische Prominente u. Künstler aus Böhmen u. Mähren sowie ca.
15.000 Kinder. Ab Juli 1942 Vortäuschung als Altersghetto für dt. Juden u. "Privilegierte", in
Wirklichkeit →KZ. Durchgangsstation für →Deportationen nach →Auschwitz. Gesondert bestand
ab 1940 in der "Kleinen Festung" eine KZ-Haftstätte für ca. 32.000 →politische Gefangene und
Juden. Von 141.000 nach T. Deportierten starben dort 33.500, insgesamt kamen 118.000 ums
Leben. Befreiung am 8.5.1945 durch die Sowjetarmee.
Todesmärsche: Im Chaos der letzten Kriegswochen wurden über große Entfernungen mehrere
tausend Häftlinge vor allem im Osten gelegener →KZ in tagelangen Fußmärschen oder
Transporten in Güterwaggons vor den Linien der alliierten Befreiungstruppen in noch nicht
besetzte Teile des Deutschen Reiches getrieben. Unzählige Gefangene wurden dabei von den →
SS-Begleitmannschaften erschlagen, erschossen, ertränkt oder starben elend durch Hunger und
Kälte. Die deutsche Zivilbevölkerung beteiligte sich zum Teil an der Jagd auf flüchtende Häftlinge,
Unterstützung der Notleidenden geschah selten.
Treblinka: Nordöstlich von Warschau errichtetes größtes Vernichtungslager der→"Aktion
Reinhard", nach →Belzec und →Sobibór im Juni/Juli 1942 zur Steigerung der Tötungskapazitäten
errichtet. Von Angehörigen der →Aktion T4 geplant, mit →SS-Hilfspersonal betriebene
Mordstätte für ca. 900.000 Menschen, vor allem Juden aus dem →Warschauer Ghetto, dem
Bezirk Radom und vielen europäischen Ländern sowie Tausenden →Sinti und →Roma. Nach dem
Aufstand der "Arbeitsjuden" am 2. August 1943 Auflösung, Beseitigung der Spuren, Tarnung des
Ortes durch Überbauung mit einem Bauernhof.
Trümmerfrauen: Bezeichnung für die deutschen Frauen, die nach 1945 in körperlicher
Schwerstarbeit die Trümmer der Kriegszerstörungen in den Städten beseitigten und wesentlichen
Anteil am Wiederaufbau hatten.
Uckermark (KZ, Jugendschutzlager): 1942 als Jugend-KZ (→Moringen) mit ca. 600
Haftplätzen für weibliche Jugendliche ab 16 Jahren in der Nähe des Frauen-KZ →Ravensbrück in
Mecklenburg eröffnet. Die "Jugendschutzlager" unterstanden dem →RSHA, die Einweisung
erfolgte durch die Kriminalpolizei und die →Gestapo. Die eingelieferten Jugendlichen galten nach
"kriminalbiologischer" Begutachtung als "kriminell", "minderwertig" und "unerziehbar". Nur eine
Minderheit der inhaftierten Kinder und Jugendlichen kam wieder in Freiheit.
United States Holocaust Memorial Museum (USHMM): Nationale Holocaust Gedenkstätte
der Vereinigten Staaten von Amerika in Washington, D.C., zur Erinnerung an die sechs Millionen
Juden und Millionen nichtjüdischen Opfer der NS-Verbrechen. Das Museum wurde im Frühjahr
1993 eröffnet. Ständige Ausstellung, Wechselausstellungen, Forschungszentrum, Bibliothek,
Archiv und pädagogische Abteilung dienen der Dokumentation, Interpretation und Vermittlung
der Geschichte des Holocaust.
Vierjahresplan: Auftrag Hitlers 1936, in vier Jahren die Aufrüstung Deutschlands und die
Kriegsbereitschaft der deutschen Wirtschaft zu erreichen. Das Ziel des Plans beinhaltete die
Revision des Versailler Friedensvertrags. →Hermann Göring wurde Beauftragter für den
Vierjahresplan mit Generalvollmacht in allen wirtschaftlichen Fragen und Chef des 1936
geschaffenen Amtes im Rang einer Obersten Reichsbehörde.
Waffen-SS: Ab Oktober 1939 von →Himmler eingeführte Bezeichnung für die bewaffneten Teile
der →SS. Der Waffen-SS gehörten 1944 fast 600.000 Mann an, bei Kriegsende 38 Divisionen. Sie
unterstand militärisch dem Heereskommando, organisatorisch dem SS-Führungs-Hauptamt. Der
Soldat der Waffen-SS war Freiwilliger, musste SS-Rassekriterien erfüllen und war meist
fanatischer Vertreter der NS-Weltanschauung. Ab 1943/44 wurden zunehmend Nichttaugliche,
Nichtfreiwillige sowie Nichtdeutsche in die Waffen-SS rekrutiert. Die Waffen-SS war vielfach an
Kriegsverbrechen beteiligt.
Wannsee-Konferenz: Konferenz am 20. Januar 1942 in einer Villa am Wannsee im Süden
Berlins. Unter dem Vorsitz des →SS-Obergruppenführers →Reinhard Heydrich, Chef des →
Reichssicherheitshauptamtes (RSHA), verhandelten 14 hochrangige Vertreter der
Ministerialbürokratie und der →SS über die organisatorische Durchführung der →"Endlösung",
d.h. die Entscheidung, die Juden Europas in den Osten zu deportieren und zu ermorden.
Warschauer Ghetto: Besetzung der polnischen Hauptstadt am 29.9.1939, Entrechtung der
350.000 jüdischen Einwohner. November 1940 Errichtung des Ghettos nach mittelalterlichem
Muster. Bewacht hinter Mauern, Konzentration von 500.000 Juden und Tausenden →Sinti und →
Roma auf minimaler Fläche unter unmenschlichen Bedingungen. 45.000 Todesopfer allein 1941.
Deportationen in das Vernichtungslager →Treblinka 1942/43. April 1943 Aufstand der
Widerstandsbewegung unter Mordechai Anielewicz, Zerstörung des Ghettos nach 28 Tagen durch
→SS unter dem Kommando Stroop, Anlage eines Parks und→KZ.
Wewelsburg, Kult- und Terrorstätte der SS: 1603-1609 erbaut als Nebenresidenz der
Fürstbischöfe von Paderborn. Von der →SS 1934 gemietet. Nach Plänen →Himmlers vom
Reichsarbeitsdienst zur "Weihestätte" für tote SS-Führer ausgebaut, ab 1939 durch Einsatz von →
KZ-Häftlingen aus →Sachsenhausen. 1941 Gründung des KZ Niederhagen. Von den 3.900
Häftlingen starben ca. 1.285 an Unterernährung und den Arbeits- u. Haftbedingungen. Am 31.
März 1945 befahl Himmler die Sprengung der Burg. Zwei Tage später befreiten US-Soldaten die
Häftlinge des KZ. 1982 Eröffnung einer dokumentarischen Ausstellung und Gedenkstätte.
Wehrkraftzersetzung: Durch Verordnung vom 17.8.1939 gemäß Kriegssonderstrafrecht
eingeführter Straftatbestand, auf den die Todesstrafe stand. Als Wehrkraftzersetzung galten:
Wehrdienstentziehung z.B. durch Selbstverstümmelung, Verweigerung der Dienstpflicht,
Fahnenflucht und die Aufforderung dazu. Selbst kritische Äußerungen zur Kriegslage in privatem
Kreis wurden als Wehrkraftzersetzung abgeurteilt. Volksgerichtshof, Kriegs-, Sonder- und
Militärgerichte fällten Tausende Todesurteile im Verlauf des Krieges.
Weiße Rose: Widerstandsgruppe um die →Geschwister Scholl. Die Gruppe verbreitete 1942/43
Flugblätter mit Aufrufen, sich vom Nationalsozialismus zu trennen. Die Kerngruppe in München
bestand aus vier vom Wehrdienst zum Medizinstudium abkommandierten Studenten, Hans Scholl,
Alexander Schmorell, Christoph Probst und Willi Graf sowie Sophie Scholl, der Schwester von
Hans, und dem Philosophieprofessor Kurt Huber. Hans und Sophie Scholl wurden bei einer
Flugblattaktion beobachtet und denunziert. Auch Schmorell, Probst, Graf und Huber wurden
hingerichtet, andere Mitglieder zu Haft verurteilt.
Wilhelmstraßenprozess: Fall 11 der amerikanischen Nürnberger Nachfolgeprozesse von
November 1947 bis November 1948 gegen den ehemaligen Staatssekretär, Ernst von Weizsäcker,
und weitere Angehörige des Auswärtigen Amts, das sich in der Wilhelmstraße in Berlin befand.
Wöbbelin (KZ): Ortschaft bei Ludwigslust in Mecklenburg. In den letzten Wochen der NSHerrschaft entstand am 12. Februar 1945 bei Wöbbelin noch ein Außenlager des KZ →
Neuengamme, das zum Auffanglager für Tausende Häftlinge bestimmt war, die in →
Todesmärschen aus anderen →KZ wegen der anrückenden Truppen der Alliierten evakuiert
wurden. Einheiten der US-Armee befreiten am 2.5.1945 ca. 4.000 Häftlinge und fanden ca. 1.000
Tote vor, die im Umkreis von Wöbbelin in Massengräbern beerdigt wurden. Die genaue Zahl der
Opfer des Lagers Wöbbelin ist nicht bestimmbar.
Yad Vashem: Hebräische Bedeutung: "Ein Denkmal und ein Namen" (nach Jesaja 56,1). Zentrale
nationale Gedenkstätte zur Erinnerung an die Märtyrer der Shoah (hebräisch: Katastrophe, Begriff
für Holocaust) und Helden des Widerstands in Israel. 1953 unterhalb des Herzl-Berges in
Jerusalem als Ensemble von Landschaftsarchitektur mit Denkmalen, Museen und
Forschungseinrichtungen errichtet. Ort der jährlich am Yom Hashoah (Tag der Katastrophe)
stattfindenden staatlichen Gedenkfeier. Forschungs- und Bildungszentrum zur Geschichte des
Holocaust.
Zeugen Jehovas (Ernste Bibelforscher): Religionsgemeinschaft der Ernsten Bibelforscher, die
sich ab 1931 "Zeugen Jehovas" nannten. Sie wurden nach Machtantritt der Nationalsozialisten
verboten, ihre Mitglieder verfolgt, weil sie sich der NS-Ideologie und NS-Herrschaft widersetzten
und als konsequente Pazifisten den Militärdienst verweigerten. Zu Tausenden in →KZ inhaftiert.
Mit dem lila Winkel gekennzeichnet, bildeten sie eine besondere Häftlingsgruppe. Von den nach
Kriegsbeginn 1939 zum Tode verurteilten Kriegsdienstverweigerern waren Zeugen Jehovas die
größte Gruppe.
Zigeuner: Die Sammelbezeichnung "Zigeuner", für die ethnische Minderheit der →Sinti und →
Roma gilt als diskriminierend. Sinti und Roma, die bekanntesten der 5 Hauptgruppen, kamen als
Migranten aus Indien. Seit über 600 Jahren leben Sinti und Roma in Europa. Sie sind meist
katholische Christen, die balkanischen Roma häufig Muslime. Die Sinti und Roma sind oft über
Generationen in ihren Heimatorten verwurzelt. Von den Nationalsozialisten wurden sie wie die
Juden aus rassistischen Gründen verfolgt. Nach Schätzungen wurden ca. 500.000 in →KZ,
Ghettos und durch Massenerschießungen im Zweiten Weltkrieg ermordet.
Zwangsarbeit: Schon ab 1936 wurden →Sinti und →Roma in kommunale →KZ eingewiesen und
mussten Zwangsarbeit leisten. Ende 1938 Zwangsarbeit für →"Asoziale" und arbeitslose Juden. Im
Krieg wurden →KZ-Häftlinge und zwangsrekrutierte Zivilarbeiter aus den besetzten Ländern, vor
allem aus Osteuropa; zur Arbeit in der deutschen Industrie, Landwirtschaft sowie der Bau- und
Rüstungswirtschaft gezwungen und in mehr als 30.000 Lagern unter brutalen Bedingungen
("Vernichtung durch Arbeit") ausgebeutet. Die Anklage im →Nürnberger Prozess ging von einer
Gesamtzahl von 12 Millionen Zwangsarbeitern aus.
Zyklon B: Kristalline Blausäure, hergestellt 1923 von der Firma DEGESCH, einer Tochterfirma
der →I.G. Farben, als Schädlingsvernichtungsmittel und zur Desinfektion u.a. vom Militär
verwendet. Am 3.9.1941 erstmals als Mittel zur Vergasung von Menschen erprobt und ab
Frühjahr 1942 vor allem in →Auschwitz und →Majdanek in →Gaskammern, später auch in
anderen →KZ zur Massentötung eingesetzt.
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