Tuberöse Sklerose Deutschland e. V. www.tsdev.org I N F O R M AT I O N S B L AT T 0 9 Arzneistoffe zur Behandlung oder Verhinderung epileptischer Krampfanfälle bei Tuberöser Sklerose (TSC) 1. Einführung Das Erkennen der Anfallsform ist wesentlich für die Wahl des entsprechenden Arzneistoffes. TSC-Patienten leiden häufig unter epileptischen Krampfanfällen. Dafür sind Veränderungen im Gehirn, insbesondere in der Hirnrinde, verantwortlich. Hierbei spielen die so genannten Tuber eine wesentliche Rolle. Die Epilepsie bei TSC-Betroffenen wird deshalb auch oft als „symptomatische Epilepsie“ bezeichnet, da die hirnorganischen Veränderungen Symptome, also Krankheitszeichen, wie z.B. epileptische Krampfanfälle, mit sich bringen. Bei den meisten TSC-Betroffenen beginnt die Epilepsie bereits im Säuglings- und Kleinkindalter. Der Arzt kann durch genaue Beobachtung des Patienten im Anfall und mit Hilfe eines Elektroenzephalogramms (EEG) die Lokalisation des Anfallsherdes, die Anfallsbereitschaft und die Anfallsform bestimmen. Dann legt er die Therapiestrategie fest. Ziel ist es, die Krampfanfälle zu beseitigen oder zumindest ihre Zahl zu minimieren, denn epileptische Anfälle belasten das Gehirn sehr und können zu Entwicklungsstörungen und sogar geistigen Einschränkungen führen. 2. Pharmakologische Therapie 2.1. Definition Bei der pharmakologischen Therapie kommen bestimmte Medikamente zum Einsatz. Medikamente, die zur Behandlung oder Verhinderung von epileptischen Krampfanfällen eingesetzt werden, heißen Antiepileptika oder Antikonvulsiva (griechisch: anti „gegen“, lateinisch: convulsio „Krampfanfall“). Zur besseren Verständlichkeit des folgenden Blattes wird auf das Informationsblatt „Epileptische Anfälle bei Tuberöser Sklerose (TSC)“ verwiesen. Das Blatt enthält wichtige Grundinformationen zum Thema Epilepsie. Unter anderem werden darin unterschiedliche epileptische Anfallsformen beschrieben. Anschrift Tuberöse Sklerose Deutschland e. V. Vereinsbüro Im Brückfeld 15 65207 Wiesbaden Kontakt Tel 0611/469-2707 Fax 0611/469-2708 eMail [email protected] www.tsdev.org 2.2. Monotherapie Die pharmakologische Therapie wird mit einer so genannten Monotherapie begonnen. Darunter versteht man, dass nur ein einziges Arzneimittel gegen Epilepsie verabreicht wird. Der Vorteil dieser Behandlung ist, dass sowohl die Wirkungen der Behandlung als Spendenkonten Sparkasse Ettlingen BLZ 660 512 20 , Konto 123 54 64 Commerzbank Frankfurt BLZ 500 400 00, Konto 33 90 33 300 1 Mitgliedschaften des TSD e.V. Kindernetzwerk e.V. Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (ACHSE) Tuberous Sclerosis International (TSI) Tuberous Sclerosis Europe (TSE) auch die Nebenwirkungen übersichtlicher sind. Zeigt das Medikament keine Wirkung, wird schrittweise seine Dosis erhöht. Der Arzt bestimmt dabei, wann und in welchem Maß die Erhöhung erfolgt. Bei einigen Antiepileptika kann der Wirkstoff im Blut nachgewiesen und der Wirkspiegel bestimmt werden. Das erleichtert dem Arzt die Behandlung. Das Auf- oder Umdosieren von Medikamenten zur Anfallsbehandlung kann manchmal mit Nebenwirkungen wie z.B. Appetitlosigkeit oder innerer Unruhe verbunden sein. Möglich ist auch, dass sich rasche, eventuell unvorhersehbare Änderungen in der Anfallsbereitschaft einstellen. Es kann daher notwendig werden, den Beginn oder die Umstellung einer medikamentösen Anfallsbehandlung zunächst unter medizinischer Kontrolle – also stationär im Krankenhaus – durchzuführen. Meist sind diese Symptome aber nur von kurzer Dauer und die Befindlichkeit des Patienten normalisiert sich wieder. Bei vielen Patienten tritt die optimale Wirkung des Arzneimittels erst nach einiger Zeit ein. In der Regel sollte eine Monotherapie bis zum Erreichen einer zufrieden stellenden Anfallssituation oder bis zum Auftreten nicht akzeptabler Nebenwirkungen aufdosiert werden. Die Veränderung der Anfallssituation und das Befinden sollten wachsam beobachtet werden. Gerade im Falle einer komplizierten Anfallsbehandlung bringt dieses Vorgehen eine präzise individuelle Erfahrung mit dem Medikament mit sich. Außerdem vermeidet man, dass später Medikamente mangels geeigneter Alternativen ein zweites Mal verwendet werden müssen. Zur Dokumentation der Behandlung, der Medikation und der eigenen Beobachtungen können die Patienten bzw. Eltern/Betreuer das im Netz frei verfügbare Computerprogramm „Epivista“ (www.desitin.de) einsetzen. Das Programm bietet die Möglichkeit, sich online mit dem behandelnden Arzt über alle Fragen der Anfallskontrolle auszutauschen. Zudem sind die sortierten Daten bei einem Wechsel des betreuenden Arztes sofort verfügbar. Auch ohne die Übergabe der Informationen an den Arzt ist es eine wertvolle Hilfe für die Verlaufsdokumentation. 2.3. Kombinationstherapie Falls die Monotherapie keine Wirkung zeigt, erfolgt eine Kombinationstherapie. Der Arzt verabreicht also zu dem bestehenden Medikament ein weiteres aus einer anderen Wirkstoffgruppe. Er berücksichtigt dabei entsprechende Wechselwirkungen, die von bestimmten Medikamenten ausgehen können. Beispielsweise kann ein bestimmtes Präparat ein anderes in seiner Verstoffwechslung verstärken oder abschwächen, sodass eine Dosisänderung notwendig wird. Die Aufdosierung erfolgt grundsätzlich wie in der Monotherapie, kann sich aber im Tempo und in der angestrebten Zieldosis erheblich von dieser unterscheiden. Ist wiederholt kein Erfolg zu verzeichnen, kann in komplizierten Fällen ein drittes oder sogar viertes Präparat in die Behandlung mit eingeführt werden. Die Schwierigkeiten, die sich verständlicherweise aus Wechselwirkungen und auch Nebenwirkungen ergeben, lassen eine dauerhafte Kombinationstherapie von mehr als drei Präparaten kaum zu. 2.4. Therapieziel Zu Beginn einer Anfallsbehandlung sollte ein realistisches Therapieziel besprochen werden, um später den Erfolg der Maßnahme richtig beurteilen zu können. Während dies bei der Erstbehandlung meist die Anfallsfreiheit ohne oder mit lediglich wenigen Nebenwirkungen ist, kann es bei komplizierten Epilepsien die Minderung der Anfallshäufigkeit oder -schwere wie auch ein leichteres Nebenwirkungsspektrum sein. 2.5. Alternative Therapieformen Neben der pharmakologischen Therapie gibt es auch noch andere Therapieformen, die Erfolg versprechen können. Sie kommen meist bei einer schwer behandelbaren Epilepsie zum Einsatz, bei der drei hoch dosierte Antiepileptika weder in Monotherapie noch in Kombinationstherapie zur Anfallsfreiheit führen oder bei der die Anfallsfreiheit nur unter Inkaufnahme erheblicher Antiepileptika-Nebenwirkungen zu erreichen ist. In Einzelfällen sollte die Entscheidung, insbesondere zur Prüfung von Möglichkeiten und Grenzen epilepsiechirurgischer Maßnahmen, frühzeitig getroffen werden. Zu den alternativen Therapieformen gehören: Zudem sind die sortierten Daten bei einem Wechseln des betreuenden Arztes sofort verfügbar. Auch ohne die Übergabe der Informationen an den Arzt ist es eine wertvolle Hilfe für die Verlaufsdokumentation. 2 Mit einer Monotherapie kann bei ca. zwei Dritteln aller Patienten mit Epilepsien eine Anfallsfreiheit erreicht werden. Da bei der Tuberösen Sklerose die Anfallsursache oftmals sehr kompliziert ist, gilt diese Regel für die TSC-Betroffenen leider nicht. • Ketogene Diät (vgl. bitte gesondertes Informationsblatt) • Epilepsiechirurgische Eingriffe • Vagusnervstimulation (vgl. bitte gesondertes Informationsblatt) Treten trotz Ausschöpfung aller Therapiemaßnahmen epileptische Anfälle auf, spricht man von einer Therapieresistenz. Das Informationsblatt konzentriert sich im Folgenden auf die pharmakologische Therapie. 3. Antiepileptika und ihre Wirkung Zur besseren Übersicht wurde die tabellarische Form gewählt. In der Spalte „Anwendung und Wirkung“ wird auf verschiedene Anfallsformen hingewiesen, die im Informationsblatt „Epileptische Anfälle bei TSC“ genau beschrieben wurden und dort nachzulesen sind. Da die Behandlungsdosis aller Anfallsmedikamente im Einzelfall erheblich variieren kann, wird in der tabellarischen Besprechung auf deren Nennung verzichtet. Sie sollte mit dem behandelnden Arzt abgesprochen werden. Hier noch ein paar Anmerkungen zum besseren Verständnis der einzelnen Tabellen: Die chemische Kurzbezeichnung: Sie gibt an, welcher chemische Stoff in dem Medikament enthalten ist. Manchmal werden bestimmte chemische Stoffe zu einer Wirkstoffgruppe zusammengefasst. Der Arzneimittelname: Er ist als Marke in einem oder mehreren nationalen Markenverzeichnissen amtlich registriert (*® registered trademarks). Damit kann sich das Unternehmen, welches ein bestimmtes Arzneimittel herstellt, von anderen Unternehmen unterscheiden. Oft weisen Arzneimittel unterschiedlicher Hersteller trotz gleicher chemischer Wirkstoffe und Darreichungsformen (Applikationsformen) beachtliche preisliche Unterschiede auf. Auch können sich die Zubereitung der Grundsubstanzen und ihrer Begleitsubstanzen unter den Herstellern erheblich unterscheiden. Man sollte daher auch bei Beibehaltung des Wirkstoffes nicht ohne Grund und ohne Rücksprache mit dem betreuenden Arzt das Medikament wechseln. Die Wechselwirkungen: Sie sind vor allem dann interessant, wenn eine Kombinationstherapie durchgeführt wird (vgl. oben). Es kann hierbei zu einer entsprechenden Wirkungsverstärkung und damit Erhöhung der Nebenwirkungsgefahr oder aber zu einer Wirkungsabschwächung mit evtl. vermehrtem Anfallsgeschehen kommen. Die Darreichungsform: Arzneistoffe können auf unterschiedliche Art verabreicht werden: • Oral (über den Mund), z.B. Kapseln, Tabletten, Dragees, Tropfen oder Saft. Einige Tabletten bestimmter Firmen können auch aufgelöst und zu einer Suspension verarbeitet werden, was die Einnahme erleichtert. Das ist aber nicht bei jeder Tablettenform möglich, denn die pharmakologische Wirkung ist von verschiedenen Parametern abhängig, z.B. Dosis, Ansprechbarkeit (Rezeptorverhalten), Resorption, Verteilung und Abbau des Medikaments. Diese Wirkmechanismen dürfen nicht gestört werden. Deshalb ist es ratsam, den Arzt oder Apotheker zu fragen, ob das entsprechende Medikament aufgelöst werden darf. • Rektal (über den Anus), z.B. Rektiolen oder Zäpfchen. Die Wirkstoffe werden hierbei über die Schleimhaut des Enddarms aufgenommen. • Nasal, über die Nasenschleimhaut mit Hilfe von Sprays oder Zerstäubern. Der Wirkstoff kann über die Nasenschleimhaut aufgenommen werden. • Buccal, über die Mundschleimhaut. Die nasale und buccale Darreichungsform ist bei Notfällen ideal. • Intravenös, über die Vene (i.v.). Diese Darreichungsform darf nur durch einen Arzt verabreicht werden. Vorteil ist der schnelle Wirkungseintritt des Medikaments, weshalb diese Darreichungsform im Notfall ihre Anwendung findet. Nicht jedes Medikament bekommt man in allen Darreichungsformen. Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker, in welchen Darreichungsformen Ihr Medikament vorliegt. Generika: Medikamente mit identischen Wirkstoffen werden auch als Generika bezeichnet. Die Indikation: Sie zeigt an, bei welcher Krankheit bzw. bei welchen Symptomen ein bestimmtes Arzneimittel eingesetzt wird. Die Nebenwirkungen: Unter Nebenwirkungen werden Begleiterscheinungen beschrieben. Das Informationsblatt beschränkt sich auf wesentliche Nebenwirkungen, die entweder häufig vorkommen oder die so schwerwiegend sind, dass man sie immer im Auge behalten sollte, wenn man das entsprechende Medikament verabreicht. Die Beipackzettel der Medikamente enthalten hingegen aus rechtlichen Gründen alle denkbaren Nebenwirkungen, was die Abwägung möglicher Risiken erheblich erschwert. 3 3.1. Benzodiazepine Wirkstoffgruppe, chemische Kurzbezeichnung Benzodiazepine: z. B. Diazepam, Arzneimittelname*, Generika Beispiele: Valium®, Diazepam®, Clonazepam, Rivotril®, Lorazepam, Tavor®, Midazolam, Dormicum®, Clobazam Frisium® Anwendung (Indikation) und Wirkung Anwendung insbesondere beim Status epilepticus oder bei Anfallsserien, da die Ausbreitung der krankhaften Erregung auf beide Hirnhälften gehemmt wird. Nebenwirkungen Wechselwirkungen • Müdigkeit, Benommenheit, Verlängerung der Reaktionszeit, Muskelentspannung Benzodiazepine und andere Antiepileptika beeinflussen sich gegenseitig. • Paradoxe Reaktion mög- Bei Valproinsäulich (also Erregungszu- re und Phenytoin führt eine durch stände) die Benzodiazepine ausgelöste StoffIn Einzelfällen Verwen- • Neigung zur Gewöhdung der Benzodiazenung und Abhängigkeit wechselhemmung beispielsweise zur pine auch zur LangzeitWirkungssteigerung behandlung. • Herabsetzung des dieser Präparate. Atemantriebs möglich Wirkungsweise: (Vorsicht bei begleitenIm Gegensatz dazu Auswirkung auf einen den Erkrankungen der können PhenobarÜberträgerstoff im Atemwege) bital und Phenytoin Gehirn (GABA), der den Abbau von Diabenachbarte NervenKeine Dosiserhöhung zepam beschleunizellen in ihrer Erregung ohne genaue ärztliche gen. hemmt. Rücksprache! Vorsicht bei: • Überempfindlichkeit gegen Benzodiazepine (Gefahr des Kreislaufschocks) Rauchen steigert die Diazepamausscheidung und setzt entsprechend die Wirkung herab. 3.2. Carbamazepin Wirkstoffgruppe, Arzneimittelchemische name*, Kurzbezeichnung Generika Carbamazepin Beispiele: Tegretal®, Timonil® 4 Anwendung (Indikation) und Wirkung Nebenwirkungen Anwendung bei fokalen • Schläfrigkeit, Benommenheit, Erbrechen, Anfällen, komplexDoppeltsehen, Zittern, fokalen Anfällen und Gangunsicherheit sekundär generalisierten tonisch-klonischen Anfällen, insbesondere • Darmentzündung (Colitis) bei symptomatischen Epilepsien (u. a. bei TSC). • Verminderung von Natrium im Blut/HyAbsencen und myokloponatriämie (kann zu nische Anfälle können Bewusstseinsstörungen, verstärkt werden. Erbrechen, Verwirrtheit und evtl. einer AnfallsPatienten mit einer verstärkung führen) idiopathisch-generalisierten Epilepsie sollten nicht mit Carbamazepin behandelt werden. Wechselwirkungen Carbamazepin führt in der Leber zu einem beschleunigten Abbau verschiedener Medikamente (=Enzyminduktor). Die Serumkonzentration einiger Antiepileptika (Valproinsäure, Phenytoin, Lamotrigin, Phenobarbital, Tiagabin) wird dadurch herabgesetzt.Es besteht dann kein wirksamer Medikamentenspiegel mehr. Wirkungsweise: • Leberschäden und VerHemmung der Erregungs- minderung der weißen weiterleitung in NervenBlutkörperchen im Blut zellen durch Blockade von (Regelmäßige BlutkonNatrium-Ionenkanälen in trollen - Leberwerte, der Zellmembran. Blutsalze und Blutbild - werden deshalb empfohlen.) Das gilt auch für Gerinnungshemmer (z.B. Marcumar) oder Hormonpräparate. • Osteoporose (Bei Behinderten kann es aufgrund mangelnder Aktivität zu Knochenschwund kommen, der durch das Medikament verstärkt werden kann.) • Verschlechterung von Herzrhythmusstörungen möglich Vorsicht bei: • Neigung zu Allergien • Schwangerschaft (Carbamazepin kann zu Missbildungen führen.) Carbamazepin kann auch die Wirkung der Antibabypille aufheben. Cimetidin (Anwendung bei Magengeschwüren) und das Antibiotikum Erythromycin erhöhen den Carbamazepinserumspiegel. Eine Überdosierung und eine daraus resultierende Vergiftung sind dann möglich. 3.3. Ethosuximid Wirkstoffgruppe, Arzneimittelchemische name*, Kurzbezeichnung Generika Ethosuximid Beispiele: Petnidan®, Pyknolepsinum®, Suxilep®, Suxinutin® Anwendung (Indikation) und Wirkung Sehr gute Wirkung bei Absencen, aber auch bei myoklonischen Anfällen. Nebenwirkungen • Übelkeit, Erbrechen, Schluckauf, Bauchschmerzen • Allergien (u. a. allerIn der Behandlung der gische Hautreaktisymptomatischen Epionen) lepsien (inkl. der TSC) ist Ethosuximid nicht das • Eher selten: BlutbildMittel der ersten Wahl. Meist findet es als Zusatz- veränderungen (z. B. Verminderung der mittel zu einem Stanweißen Blutzellen) dardmedikament (z. B. Lamotrigin oder Valproinsäure) Anwendung. Wirkungsweise: Beeinflussung der Erregungsleitung zwischen den Nervenzellen des Zwischenhirns und des Großhirns. Wechselwirkungen Ethosuximid verhält sich weitgehend neutral in der Kombination mit anderen Medikamenten. Valproinsäure kann den Spiegel von Ethosuximid jedoch erhöhen, dagegen kann Carbamazepin ihn erniedrigen. Ethosuximid kann in seltenen Fällen auch den Spiegel von Phenytoin erhöhen. 5 3.4. Felbamat Wirkstoffgruppe, chemische Kurzbezeichnung Felbamat Arzneimittelname*, Generika Taloxa® Anwendung (Indikation) und Wirkung Nebenwirkungen Anwendung als Reservemedikament bei schwer zu behandelndem Lennox-GastautSyndrom. Nur noch eingeschränkte Zulassung wegen erheblicher, auch lebensbedrohlicher Nebenwirkungen. Aufgrund der schweren Nebenwirkungen empfiehlt sich eine ausgiebige Nutzen-Risiko-Abwägung. Aufgrund der Nebenwirkungen sind regelmäßige Blutuntersuchungen und eine enge ärztliche Überwachung der Behandlung erforderlich! Wechselwirkungen Felbamat steigert den Blutspiegel von Carbamazepin, Phenytoin und Valproinsäure. ->Dosisanpassung! Carbamazepin und Phenytoin verringern hingegen den Felbamatspiegel im Blut um bis zu 20%. Wirkungsweise: Hemmung der Erregungsleitung von Nervenzellen durch Beeinflussung von zwei Überträgerstoffen (Glutamat, GABA). 3.5. Gabapentin Wirkstoffgruppe, chemische Kurzbezeichnung Gabapentin Arzneimittelname*, Generika Beispiele: Gabax®, Neurontin® Anwendung (Indikation) und Wirkung Gilt als Antiepileptikum der neuen Generation und ist seit etwas mehr als über zehn Jahren auf dem Markt. Nebenwirkungen • Benommenheit, Schläf- Gabapentin verhält rigkeit, Schwindel, Kopf- sich neutral zu andeschmerzen ren Medikamenten, einschließlich ande• Gewichtszunahme ren Antiepileptika. • Reizbarkeit Anwendung als Reservewirkstoff der zweiten oder dritten Wahl bei fokalen Anfällen (Herdanfällen) in Mono- oder Kombinationstherapie. Wirksamkeit auch bei komplex-fokalen Anfällen und sekundär generalisierten Anfällen. 6 Keine ausreichende Wirkung bei primär generalisierten Anfällen, wie z. B. den Absencen. Wechselwirkungen • erhöhte Leberwerte (in Kombination mit anderen Antiepileptika) Vorsicht ist allerdings bei der Einnahme von Medikamenten gegen Sodbrennen, die magnesium- und aluminiumhaltig sind, geboten. Maaloxan z. B. verhindert die Aufnahme von Gabapentin im Darm. Gabapentin sollte daher zwei Stunden später und nicht gleichzeitig mit dem Magenpräparat verabreicht werden. Wirkungsweise: Gabapenin verstärkt die hemmenden GABA-Neurotransmitter (Überträgerstoffe). Gabapentin wirkt gut auf verschiedene Schmerzsyndrome. Hierfür wird es heute häufiger eingesetzt als zur Anfallsbehandlung. 3.6. Lamotrigin Wirkstoffgruppe, chemische Kurzbezeichnung Arzneimittelname*, Generika Lamotrigin Lamictal® Anmerkung: Lamotrigin der Firma Desitin und der Firma betapharm lassen sich zu einer Suspension verarbeiten und können damit besser verabreicht werden. Anwendung (Indikation) und Wirkung Gilt ebenfalls als Antiepileptikum der neuen Generation. Anwendung bei allen Formen der Epilepsie in Mono- oder Kombinationstherapie. Ein langsames Aufdosieren verhindert das Auftreten eines sehr unangenehmen Hautausschlags. Nebenwirkungen Wechselwirkungen • Hautausschlag (kann in den ersten sechs Wochen der Behandlung, insbesondere bei einer zu schnellen Aufdosierung und/oder einer Kombination mit Valproinsäure, auftreten; besonders häufig bei begleitenden Missbildungen, wie z. B. Lippenoder Gaumenspalte) Einige Antiepileptika beschleunigen den Abbau von Lamotrigin in der Leber. Dazu gehören: • Carbamazepin, • Phenytoin, • Phenobarbital • Kopfschmerzen, Schwindel, Doppelt-/Verschwommensehen Eine idiopathische, also erbliche, Epilepsie • Reizbarkeit und Schlaflokann durch Lamotrisigkeit (Die Hauptdosis gin verstärkt werden. sollte deshalb möglichst morgens gegeben werWirkungsweise: den.) Hemmung der spannungsabhängigen Natrium-MineralkaGilt bislang als das näle zwischen den für das Kind sicherste Nervenzellen. Hemmt Anfallsmedikament schnell feuernde und während der Schwangeraktivierende Nervenschaft. zellverbände. Die Dosis von Lamotrigin muss daher nahezu verdoppelt werden. Valproinsäure allerdings verringert den Abbau von Lamotrigin in der Leber. Die Lamotrigindosis muss daher in etwa halbiert werden. Die Zieldosis ist in dieser Kombinationsbehandlung ebenfalls erheblich geringer. 7 3.7. Levetiracetam Wirkstoffgruppe, chemische Kurzbezeichnung Levetiracetam Arzneimittelname*, Generika Keppra® Anwendung (Indikation) und Wirkung Anwendung bei fokalen und sekundär generalisierten Anfällen. Bislang besteht die Zulassung nur für die Kombinationstherapie. Wirkungsweise: Man nimmt an, dass Levetiracetam den sog. Kalzium-Mineralaustausch in den Nervenzellen beeinflusst und auf die Übertragungsstellen der Neurotransmitter (Überträgerstoffe) wirkt. Nebenwirkungen Wechselwirkungen Die Verträglichkeit wird im Es bestehen Allgemeinen als gut bekeine wesentschrieben. lichen Wechselwirkungen Schläfrigkeit und Schwämit anderen che werden jedoch häuMedikamenten, figer beobachtet. auch nicht mit anderen AntieNach der Zulassung des pileptika. Medikaments wurden zudem auch Wut, Aggression, Angst, Verwirrung und sogar psychotische Störungen mit Halluzinationen festgestellt. 3.8. Oxcarbazepin Wirkstoffgruppe, chemische Kurzbezeichnung Oxcarbazepin Arzneimittelname*, Generika Trileptal®, Timox® Retardpräparat: Apydan extent® setzt den Wirkstoff mit gleichbleibendem Wirkungsgrad über den ganzen Tag hinweg frei. Mit dem Oxcarbazepin-Retardpräparat besteht die Möglichkeit, eine stabile Therapieführung unter Vermeidung nebenwirkungsreicher Spitzenspiegel zu erreichen. 8 Dieses Präparat ist auflösbar und nahezu geschmacksneutral. Anwendung (Indikation) und Wirkung Nebenwirkungen Wechselwirkungen Anwendung bei fokalen Anfällen (Herdepilepsie) in Mono- oder Kombinationstherapie. • Müdigkeit, Schwindel, Doppelbilder, Schwäche, Kopfschmerzen, Hautausschlag Eine Kombination mit anderen Antiepileptika ist möglich. • Senkung des Natriumwerts im Blut (z. T. mit klinischen Beschwerden, z. B. Verwirrtheit, Bewusstseinsstörungen, Erbrechen, erhöhte Anfallintensität) Diese Nebenwirkung ist bei Oxcarbazepin häufiger zu beobachten als bei Carbamazepin. Carbamazepin, Phenytoin, und Phenobarbital senken den Spiegel von Oxcarbazepin, da sie seinen Abbau in der Leber beschleunigen. Enge Verwandtschaft zu Carbamazepin , aber mit einem günstigeren Nebenwirkungsprofil. Wirkungsweise: Hemmung der Erregungsleitung von Nervenzellen, durch Blockade von Natriumkanälen in der Nervenzellwand. Oxcarbazepin kann die Eine Kontrolle der BlutWirkung der salze beim Eindosieren wird deshalb empfohlen. Antibabypille abschwächen. Kann wie alle auf die Natriumkanäle wirkVorsicht bei: samen Medikamente • Neigung zu Allergien bei erblich bedingten (insbesondere bei AllerEpilepsien zu einer gie gegen Carbamazepin) Verstärkung der Anfäl- • Schwangerschaft (Oxcarle führen. bazepin kann zu Missbildungen führen.) 3.9. Phenobarbital und Primidon Wirkstoffgruppe, chemische Kurzbezeichnung Phenobarbital Arzneimittelname*, Generika Beispiele: Luminal®, Lepinal®, Lepinaletten®, Liskantin®, Mylepsinum®, Resimatil® Anwendung (Indikation) und Wirkung Anwendung bei allen Anfallsformen. Nebenwirkungen • Schwindel, Müdigkeit, Übelkeit und Erbrechen (oftmals zu Beginn der Behandlung) Dem Medikament liegen lange Erfahrungswerte zugrunde. • Verhaltensstörungen (vor allem bei Menschen Primidon wird im Körmit geistiger Einschränper zu Phenobarbital kung) umgewandelt. • Koordinationsstörungen, Doppelbilder, Schwindel, Wirkungsweise: Hautveränderungen, Verstärkung der hemReizbarkeit menden Wirkungen des Überträgerstoffs GABA und Hemmung • Leberschäden (besonders der aktivierenden Glubei hoher Dosierung) tamat-Rezeptoren. • Abhängigkeit bei langer Anwendung Wechselwirkungen Phenobarbital wirkt als starker Enzyminduktor in der Leber. Dadurch werden andere Medikamente (auch Antiepileptika) in der Leber schneller abgebaut und ihre Wirkung verringert. • Orthopädische Probleme (z. B. Dupuytrensche Kontraktur = Streckhemmung einzelner Finger, Gelenkbeschwerden, Schultersteife, Osteoporose = Knochenschwund) Beachte: Bei Behinderten kann es aufgrund mangelnder Aktivität zu einer Osteoporose kommen, die verstärkt werden kann. 3.10. Phenytoin Wirkstoffgruppe, chemische Kurzbezeichnung Phenytoin Arzneimittelname*, Generika Beispiele: Epanutin®, Zentropil®, Phenhydan® Anwendung (Indikation) und Wirkung Anwendung bei fokalen Anfällen, (einfachfokal, komplex-fokal und sekundär generalisiert). Nebenwirkungen • Hautveränderungen, Lymphknotenschwellungen, Vergröberung der Gesichtszüge, Vermehrung der Körperbehaarung, allergische Reaktionen Keine Wirksamkeit bei primär generalisierten Anfällen. • Blutbildveränderungen, Leberschäden Verstärkung von Absencen und myokloRegelmäßige Laborkontrollen empfohlen! nischen Anfällen. Wechselwirkungen Phenytoin verursacht eine starke Enzyminduktion. Begleitende Medikamente, auch Antiepileptika (Valproinsäure, Carbamazepin, Lamotrigin), werden dadurch in der Leber beschleunigt abgebaut und in ihrer Konzentration verringert. 9 Wirkungsweise: • Verschlechterung Hemmung der Ausvon Herzrhythmusbreitung rasch aufeistörungen nander folgender elektrischer Erregungen in • Häufig (50%) der Nervenzellwand Zahnfleischdurch Blockade von wucherungen Nartiumkanälen. (Empfehlung einer elektrischen Dadurch kann die Zahnbürste und epileptische Aktivität Spülungen mit in Entstehung und Chlorhexidin (HeAusbreitung gehemmt xoral®)) werden. • Osteoporoseneigung Beachte: Bei Behinderten kann es aufgrund mangelnder Aktivität zu einer Osteoporose kommen, die durch Phenytoin verstärkt werden kann.Erste Anzeichen sind Knochenbrüche Vorsicht bei: • Schwangerschaft (Phenytoin kann zu Missbildungen führen.) Phenytoin verringert die Wirkung von Marcumar ®, sodass der gerinnungshemmende Effekt des Medikaments ausbleibt und die Blutgerinnselgefahr erhöht wird. Das herzstärkende Digoxin sowie Medikamente gegen Depressionen erhalten ebenso eine Wirkminderung. Phenytoin kann die Wirkung der Antibabypille aufheben. Die Wirkung von Phenytoin kann selbst durch Folsäure, säurehemmende Magenpräparate, Phenobarbital/ Primidon, Carbamazepin und Alkohol gemindert werden. Die Wirkung von Phenytoin wird durch Benzodiazepine, Valproinsäure und Medikamente gegen Depressionen gesteigert. 3.11 Pregabalin 10 Wirkstoffgruppe, chemische Kurzbezeichnung Arzneimittelname*, Generika Pregabalin Lyrica® Anwendung (Indikation) und Wirkung Anwendung bei fokalen Anfällen (Herdepilepsie) mit oder ohne sekundärer Generalisierung, immer in Kombination mit einem anderen Antiepileptikum. Wirkungsweise: Hemmung der bei Epilepsie typischen krankhaften Erregungsleitung von Nervenzellen durch Blockade der Calziumkanäle in der Nervenzellmembran. Wirkt ebenfalls günstig bei Schmerzsyndromen. Nebenwirkungen • Benommenheit und Schläfrigkeit • Gewichtszunahme bei gesteigertem Appetit • Gangunsicherheit, Doppeltsehen • Zittern, Verwirrung und Reizbarkeit Wechselwirkungen Pregabalin verstärkt die Wirkung von Benzodiazepinen und Alkohol. Sonst sind keine Wechselwirkungen bekannt. 3.12 Sultiam Wirkstoffgruppe, chemische Kurzbezeichnung Arzneimittelname*, Generika Sultiam Ospolot® Anwendung (Indikation) und Wirkung Nebenwirkungen Wechselwirkungen Eine Zulassung des Medikaments besteht eigentlich nur für die Rolando-Epilepsie des Kindes- und Jugendalters, wenn andere Medikamente keinen Erfolg bringen. Diese häufige Epilepsieform ist für TSC untypisch, kann aber komplizierend ebenfalls bestehen. Die Verträglichkeit wird im Allgemeinen als gut beschrieben. Selten können folgende Nebenwirkungen auftreten: Lamotrigin- und Phenytoinspiegel können durch Sultiam gesteigert werden. • Magenbeschwerden, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, Schluckauf Primidon kann die Nebenwirkungen von Sultiam erhöhen. Anwendung als Zusatzmedikation bei Herdepilepsien im Erwachsenenalter mit Einverständnis des Patienten möglich. • Schwindel, Steigerung der Atemfrequenz, Kopfschmerzen, Doppelbilder, Kribbeln von Gesicht und Gliedmaßen (dosisabhängig) • erheblichen Verhaltensauffälligkeiten • Blutübersäuerung und Wirkungsweise: Nierensteine (aufgrund der Carboanydrase-HemHemmung der krankmung möglich) haften Erregungsleitung von Nervenzellen. Dabei wird ein Enzym • Allergische Reaktionen (Bei grippeähnlichen Sym(Carboanhydrase) ptomen, Halsschmerzen, blockiert. Fieber und Lymphknotenschwellungen oder Hautausschlag, teilw. blasenartig, ist dringend ein Arzt zu konsultieren.) 3.13 Tiagabin Wirkstoffgruppe, Arzneimittelchemische name*, Kurzbezeichnung Generika Tiagabin Gabitril® Anwendung (Indikation) und Wirkung Nebenwirkungen Anwendung bei fokalen Anfällen (Herdepilepsie) in Kombination mit einem anderen Medikament. Die Verträglichkeit wird im Allgemeinen als gut beschrieben. Folgende Nebenwirkungen können auftreten: Eine primär generalisierte Epilepsie (= idiopatische Epilepsie, die also nicht von einem Herd ausgeht) kann verstärkt werden. • Müdigkeit, Schwindel, Gangunsicherheit, Augenzittern, Übelkeit Wechselwirkungen Tiagabin verhält sich gegenüber anderen Medikamenten, einschließlich Antiepileptika, neutral. Phenytoin, Phenobarbital und Carbamazepin können • Reizbarkeit, Depressionen den Blutspiegel von Tiagabin um bis zu 50% senken. 11 Wirkungsweise: • Non-konvulsiver Status Verstärkung des hemepilepticus. (Bei dieser menden ÜberträgerAnfallsform weisen die Pastoffs GABA durch tienten ein unscheinbares Hemmung seiner Bild auf: Automatismen, Wiederaufnahme in die Desorientiertheit, VerlangNervenzellen und die samung. Nur im EEG ist stützenden Gliazellen der Status nachweisbar. Er (Bindegewebszellen des kann Wochen bis Monate Gehirns). dauern.) 3.14 Topiramat Wirkstoffgruppe, Arzneimittelchemische name*, Kurzbezeichnung Generika Topiramat Beispiele: Topamax®, Topiramat Jansen® Anwendung (Indikation) und Wirkung Nebenwirkungen Gilt als Antiepileptikum Die Verträglichkeit wird in der neuen Generation. der niedrig dosierten Monotherapie als gut beschrieben. Anwendung bei allen Folgende Nebenwirkungen Formen der Epilepsie in können auftreten: Mono- oder Kombinationstherapie. • Müdigkeit, Schwindel, Kopfschmerzen In der Regel wird heute eher mit geringen • Gewichtsabnahme Mengen der Substanz behandelt. Eine opti• Kribbelgefühl an Händen male Einstellung kann und Füßen, Sprachstöaber im Einzelfall horungen, Doppelbilder he Wirkstoffmengen erfordern. • Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit (auch DepressiIm Erwachsenenalter onen und Psychosen) ist das Medikament zur Behandlung der • erhebliche Antriebslosigkeit komplizierten Migräne (insbesondere in der Kombizugelassen. nationsbehandlung) Wirkungsweise: • Nierensteine (selten) Hemmung spannungsabhängiger Natriumkanäle, spezieller Kalziumkanäle, Verstärkung der hemmenden GABA-Wirkung und Hemmung der sog. Carboanhydrase. 12 Wechselwirkungen Phenytoin und Carbamazepin beschleunigen die Ausscheidung von Topiramat, sodass seine Dosis erhöht werden muss. Der Spiegel des herzstärkenden Mittels Digoxin kann unter Topiramat absinken. Eine Dosisanpassung ist notwendig. Medikamente und Substanzen, die zu Nierensteinen führen, sollten vermieden oder mit äußerster Vorsicht eingesetzt werden. Dazu gehören auch Vitamin C, (Empfehlung: <2g/d) und das Antiepileptikum Zonisamid. 3.15 Valproinsäure Wirkstoffgruppe, chemische Kurzbezeichnung Valproinsäure Arzneimittelname*, Generika Beispiele: Anwendung (Indikation) und Wirkung Mittel der ersten Wahl bei allen Epilepsien, insbesondere generalisierten Epilepsieformen. Nebenwirkungen Wechselwirkungen Die Verträglichkeit wird in der niedrig dosierten Monotherapie als gut beschrieben. Folgende Nebenwirkungen können auftreten: Valproinsäure hemmt bestimmte Enzyme in der Leber, sodass der Abbau anderer Medikamente, auch Antiepileptika, wie z. B. Lamotrigin und Phenobarbital, verzögert wird. Ergenyl®, Convulex®, Leptilan®, Orfiril®, Valproat Sandoz®, • Gewichtszunahme (insValprolept®, Besonders gut besondere bei Frauen), wirksam bei Haarausfall Das Retardpräpa- idiopathisch-generat Orfiril ® long ralisierten Epilep- • Magen-Darm-Beschwerwird verzögert sieformen. den mit Erbrechen, Zittern freigesetzt.Damit entsteht über den Wirkungsweise: • Tödlich verlaufender Tag ein gleich blei- Vielfältige WirLeberzerfall insbesondebender Wirkungs- kungsmechare im Kindesalter (Das grad. Wirkspitzen nismen, wie Risiko liegt bei Kindern werden vermieHemmung der unter 2 Jahren bei 1:600. den. spannungsabhänBei Erwachsenen liegt es gigen Natriumbei 1:50.000. Besonders Anmerkung: und Calziumkahoch ist das Risiko bei Leichte Darreinäle, Verstärkung einer Vorschädigung der chungsform. Die der hemmenden Leber, bei Gabe vieler Streukügelchen GABA-TransmisAntiepileptika oder bei lassen sich mit sion (Hemmung einer EntwicklungsverzöBrei oder Joghurt der Übermittlung gerung, der eine mögliche gut verabreichen. eines ÜberträStoffwechselerkrankung Die Kügelchen gerstoffs an der zugrunde liegt. Durch dürfen aber nicht Nervenzelle), abruptes Absetzen des gemörsert oder Verminderung Medikaments in der Frühvom Patienten der erregenden phase kann der Prozess zerbissen werWirkungen beaufgehalten werden. Vor den, da sonst die stimmter AmiBehandlungsbeginn ist Retardwirkung nosäuren sowie eine Diagnostik zum Ausaufgehoben wird. Hemmung der schluss einer StoffwechRegelkreise vom sel-, Leberfunktions- und Zwischenhirn einer Gerinnungsstörung (Thalamus) zum erforderlich.) Großhirn und Beeinflussung der Eine regelmäßige KontrolÜberträgerstoffe le der Leberwerte in den Dopamin und ersten vier Monaten nach Serotonin. Eindosierung wird dringend empfohlen. Im Gegenzug kann die Konzentration von Valproinsäure durch Phenytoin, Phenobarbital und Carbamazepin gesenkt werden. Valproinsäure erhöht die Konzentration des gerinnungshemmenden Mittels Marcumar®, was zu Blutungen führen kann. Die Marcumardosis muss deshalb zum Teil erheblich gesenkt werden. Lamotrigin muss bei bestehender Valproinsäuretherapie erheblich langsamer aufdosiert werden, um Nebenwirkungen, wie z. B. allergische Hautreaktionen, zu vermeiden. • Bauchspeicheldrüsenentzündung, Gerinnungsstörungen (Vorsicht vor einer Operation), erhöhte Cholesterinwerte Vorsicht bei: • Schwangerschaft (Valproinsäure kann zu Missbildungen führen.) 13 3.16. Vigabatrin Wirkstoffgruppe, Arzneimittelchemische name*, Kurzbezeichnung Generika Vigabatrin Sabril® Anwendung (Indikation) und Wirkung Gehört zu den Antiepileptika der neueren Generation und ist als einziges Medikament in der Monotherapie gegen das WestSyndrom (u. a. BNS-Anfälle) zugelassen. In Kombinationstherapie kann es bei fokalen Anfällen eingesetzt werden. Bei TSC eignet es sich als insbesondere als Ersttherapie bei BNS-Anfällen. Wirkungsweise: Hemmung des Abbaus von GABA (Überträgerstoff, der hemmend auf die Weiterleitung elektrischer Impulse wirkt) und somit Wirkunsgverstäkung des Stoffs GABA. Eine Wechselwirkung mit dem sog. mTOR-abhängigen Signalweg, auf den die TSC1- und TSC2-Gene hemmend einwirken, wird angenommen. Nebenwirkungen • Müdigkeit, Verwirrung, Zittern, Gleichgewichtsstörungen Wechselwirkungen Andere Medikamente werden durch Vigabatrin kaum beeinflusst. • Gewichtszunahme Lediglich Phe• Depression und nytoin wird in andere psychotische seinem Spiegel um ein Viertel Störungen reduziert, wenn es zusammen • Gesichtsfeldeinmit Vigabatrin schränkungen bei gegeben wird. einem Drittel der Patienten (Außenfeld des Sehfeldes erblindet und Sehvermögen nimmt zu den Seiten hin ab) Neuere Studien belegen auch eine Beeinflussung des zentralen Sehens. Eine ausgiebige Nutzen-Risiko-Abwägung ist deshalb zu empfehlen. 3.17 Lacosamid NEU! Wirkstoffgruppe, Arzneimittelchemische name*, Kurzbezeichnun Generika Lacosamid 14 Vimpat® Anwendung (Indikation) und Wirkung Nebenwirkungen Bislang sind noch wenige systematische Erfahrungen im Kindesalter gesammelt worden. Die Verträglichkeit wird im Allgemeinen als gut beschrieben. Anwendung bei unkontrollierbaren fokalen epileptischen Anfällen bei Erwachsenen, mit oder ohne sekundärer Generalisation, als Zusatztherapie. Schwindel, Kopfschmerzen, Übelkeit und Doppeltsehen werden jedoch zeitweise beobachtet. Wirkungsweise: Langzeiterfahrungen Man geht davon aus, dass das fehlen! Präparat: • die Natriumkanäle in der Zellmembran inaktiviert und so die übererregbaren Nervenzellmembranen stabilisiert. • an ein bestimmtes Eiweiß (CRMP-2) mit Verringerung der epileptischen Aktivität gebunden ist. Wechselwirkungen Bisher sind keine relevanten Wechselwirkungen mit anderen Antiepileptika, Verhütungsmitteln oder Nahrungsmitteln bekannt. Langzeiterfahrungen fehlen! Bei Fragen: UCB Pharma GmbH christiane. [email protected] 3.18 Zonisamid Wirkstoffgruppe, chemische Kurzbezeichnung Arzneimittelname*, Generika Zonisamid Zonegran® Anwendung (Indikation) und Wirkung Nebenwirkungen Zonisamid ist ein noch recht neues Präparat. • Gewichtsverlust, MagenDarm-Beschwerden Anwendung bei fokalen Anfällen in Kombinationstherapie. • Schwindel, Gangunsicherheit, Doppeltsehen, Müdigkeit • Unruhe, Reizbarkeit, Wirkungsweise: Depression und VerwirrtEinwirkung auf Natriheitszustände um- und Calziumkanäle, Beeinflussung des Überträgerstoffs GABA, • Hautausschläge und ÜberempfindlichkeitsSchwächung eines reaktionen (Vorsicht bei bestimmten Enzyms gleichzeitiger Antibiotika(Carboanhydrase). Allergie) Eine vollständige Klärung der Wirkung steht • Nierensteine (selten) noch aus. Langzeiterfahrungen fehlen! Wechselwirkungen Es bestehen keine wesentlichen Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten. Bei gleichzeitiger Behandlung mit Topiramat muss auf Nierensteine geachtet werden. Langzeiterfahrungen fehlen. 4. Kontraindikation 6. Nachwort Alkohol sollte generell gemieden werden, da durch die Dämpfung hemmender Funktionen im Gehirn Erregungszustände und Anfallsbereitschaft verstärkt werden können Es sei darauf hingewiesen, dass Medikamente keinesfalls eigenständig abgesetzt oder Dosierungen verändert werden dürfen. Der Patient kann dadurch schwerwiegende Folgen erleiden, z. B. ein vermehrtes Anfallsgeschehen bis hin zum Status epilepticus. Bitte informieren Sie Ihren Arzt über beobachtete Nebenwirkungen oder Veränderungen im Anfallsgeschehen. Diskutieren Sie mit ihm Ihre Ängste und Sorgen, die mit einer Medikamentengabe verbunden sind. Im gemeinsamen Gespräch lassen sich Nutzen und Risiko besser abwägen und eine gemeinsame Entscheidung treffen. Bestimmte Arzneimittel sollten bei einer Epilepsie nicht bzw. nur eingeschränkt angewendet werden. Dazu gehören z.B. • Antidepressiva: Einige Medikamente, die bei Depressionen und krankhafter Niedergeschlagenheit eingesetzt werden, können die Krampfbereitschaft erhöhen. • Penicillin: Das Antibiotikum löst in hoher Dosierung Krampfaktivität aus. • Neuroleptika: Einige Medikamente, die bei Psychosen angewendet werden, u.a. der Wirkstoff Reserpin, erhöhen die Krampfbereitschaft. • Thyroxin: Das Medikament, das bei Schilddrüsenunterfunktion Verwendung findet, kann die Erregbarkeit von Nervenzellen steigern. • Pethidin (Dolantin®): Als starkes Schmerzmittel kann es Krampfaktivität auslösen. 5. Notfallmedikation Ein Status epilepticus zählt zu den medizinischen Notfällen. Vergleichen Sie bitte zum Problem des Status epilepticus unser separates Infoblatt. Anmerkung: Die Kenntnisse über Wirkungen und Nebenwirkungen der Anfallsmedikamente unterliegen einem raschen Wandel. Die vorliegende Information wurde nach bestem aktuellem Wissen recherchiert. Wir sind bestrebt, sie regelmäßig dem neuen Kenntnisstand anzupassen. Im Fall von Unklarheiten wird jeder Leser deshalb aufgefordert, die Angaben eigenhändig zu überprüfen oder mit dem behandelnden Arzt zu besprechen. Es handelt sich bei der Auflistung der Pharmaka um keinerlei Empfehlung des Tuberöse Sklerose Deutschland e. V. oder bestimmter Firmen. Die Namen einzelner Generika wurden beispielhaft aufgeführt. 15 Literatur Autoren Rote Liste® 2009 Dr. med. Carmen Gallitzendorfer, Mitglied des Bundesvorstands des TSD e.V. Siemes H: Epilepsien bei Kindern und Jugendlichen, Huber-Verlag, 2.Aufl., 2009 rnst J. P., Steinhoff B: Vademecum Antiepilepticum 2009/2010, Pharmacotherapie der Epilepsien, 20., überarbeitete Auflage Forth W, Henschler D, Rummel W: Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie, 5. Auflage, BI Wissenschaftsverlag Mannheim, Wien, Zürich, 1990 Dr. med. Christoph Hertzberg, Facharzt für Neuropädiatrie am Vivantes Klinikum Berlin-Neukölln, Direktor des DBZ, Wissenschaftlicher Vorstand des TSD e. V. Layout Sandra Welz Lektorat Helmut Hehn, Sandra Hoffmann Fotos Internetrecherche Creative Collection www.epilepsie-medikamente.de (Deutsche Epilepsievereinigung Nordrhein-Westfalen e.V.) www.izepilepsie.de (Deutsche Gesellschaft für Epileptologie – Informationszentrum Epilepsie) www.tsalliance.org (Tuberous Sclerosis Alliance, USA, Information sheet “Table of Antiepileptic Drugs”) www.neuro24.de (K. Mayer, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, liefert medizinisch gut belegte Informationen zur Epilepsie) www.epilepsie-netz.de (unabhängige Website) Mit freundlicher Unterstützung der Rechtlicher Hinweis: Mit den Infoblättern des Tuberöse Sklerose Deutschland e. V. werden Basisinformationen für Betroffene, deren Angehörige und weitere Kontaktpersonen bereitgestellt. Sie sollen Hilfestellung im Umgang mit der Erkrankung geben und zur weiteren Aufklärung hierüber beitragen. Die Informationen berücksichtigen den jeweils aktuellen Stand der Wissenschaft und werden regelmäßig aktualisiert. Ungeachtet dessen sind sie kein Ersatz diagnostischer und/oder therapeutischer Maßnahmen durch den Facharzt und sollten keinesfalls Anlass für eine eigenmächtige Veränderung oder den Abbruch ärztlicher Verordnungen sein. Dies kann zu lebensbedrohlichen Situationen führen! 16 Die Informationsblätter wollen auch nicht für einzelne Personen und / oder Institutionen werben oder Ratschläge erteilen. Eine Weitergabe des Informationsblattes an den behandelnden Arzt ist sinnvoll und erwünscht. Soweit in einzelnen Informationsblättern auf Links verwiesen wird, welche nicht vom Verfasser stammen, distanziert sich dieser ausdrücklich und erklärt, dass ein rechtsgeschäftlicher Wille mit der Bereitstellung solcher Verweise nicht verbunden ist. Stand: 26.02.2010