Morbidität sichtbar machen

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POLITIK
AMBULANTE KODIERRICHTLINIEN
Morbidität sichtbar machen
Worauf Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten bei den neuen Kodierregeln besonders achten sollten
S
eit dem 1. Januar des neuen
Jahres gelten die Ambulanten Kodierrichtlinien (AKR). Auch
Psychologische Psychotherapeuten
(PP) und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (KJP) sind
verpflichtet, diese anzuwenden. Die
Einführung hat der Gesetzgeber beschlossen, um die Geldströme dorthin zu lenken, wo sie zur Versorgung der Patienten gebraucht werden. Die Kodierrichtlinien sollen
dazu beitragen, die Morbidität genauer abzubilden.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat deshalb mit
den Krankenkassen eine halbjährige Übergangsfrist vereinbart. PP
und KJP sollten die Einführungsphase bis zum 30. Juni nutzen, um
sich mit den Regeln vertraut zu machen und ihre Kodierpraxis zu überprüfen. Sie werden schnell merken,
dass sich nicht viel ändert. So gibt
es für ihr Fachgebiet bereits jetzt
in der ICD-10-GM klare Regeln.
Auch die Definition der Behandlungsdiagnose (siehe A02) beinhaltet kaum Neues. Schon vorher
haben Psychotherapeuten darauf geachtet, nur solche Diagnosen an die Krankenkassen
weiterzuleiten, die auch im Zusammenhang mit der Leistungserbringung standen.
Auf folgende Kodierregeln
sollten Psychotherapeuten besonders achten:
Vollständige und spezifische Kodierung (A06)
Die Informationsbroschüre liegt
diesem Heft bei. Sie
kann auch auf der
Homepage der KBV
(www.kbv.de)
heruntergeladen
werden.
Die AKR stellen das Kodieren
nicht auf den Kopf. Sie erläutern
die Regeln der ICD-10, engen deren Interpretationsspielräume ein
und sorgen für mehr Verbindlichkeit. Sie bestehen aus einem allgemeinen und einem speziellen Teil.
Auch wenn die meisten Regeln bekannt sind, bedeutet die Einführung
der AKR zunächst einen höheren
Aufwand. Denn mit den Richtlinien
liegt erstmals ein Regelwerk vor,
das klare Vorgaben zum Kodieren
macht.
Deutsches Ärzteblatt | PP | Heft 1 | Januar 2011
Die allgemeine Kodierrichtlinie A06 sieht vor, dass ein Arzt
oder Psychotherapeut alle Diagnosen, für die er im jeweiligen Quartal Leistungen erbracht hat oder die im Zusammenhang mit der Leistungserbringung standen, kodiert. Um
die Morbidität möglichst realistisch abzubilden, erfolgt die Kodierung so spezifisch wie möglich.
Entscheidend für die Auswahl des
richtigen Kodes sind die vorliegenden medizinischen Krankheitsinformationen. Sie bestimmen, wie präzise und spezifisch kodiert wird.
Steht zum Beispiel die Diagnose
Depression fest, ist diese auch als
solche zu kodieren. Gibt es hingegen nur Anzeichen dafür, dass ein
Patient an einer psychischen Störung leidet, wird weiterhin ein unspezifischer Kode ausgewählt.
Die Sorge, dass mit dieser Kodierregel der Datenschutz gefährdet sei, ist somit unbegründet. Die
AKR bieten sogar einen zusätzlichen Schutz. So ist vorgeschrieben,
dass die Kodierung schwerer psychischer Erkrankungen – wie Schizophrenie oder Persönlichkeitsstörungen – für die Erstdiagnose beim
Hausarzt eine Mitbehandlung durch
einen Psychiater, ärztlichen oder
Psychologischen Psychotherapeuten
voraussetzt.
Behandlungsdiagnosen in
besonderen Situationen (A07)
Im Vorfeld der Einführung der AKR
kam wiederholt die Frage auf, ob PP
und KJP somatische Diagnosen angeben dürfen. Bei der Überarbeitung der Kodierrichtlinien wurde
deshalb unter der AKR A07 ergänzt: Nur sofern somatische Diagnosen über die entsprechenden
ICD-Schlüsselnummern aus dem
Kapitel V Psychische und Verhaltensstörungen (F00–F99) hinaus die
Definition der Behandlungsdiagnose
erfüllen, können sie kodiert werden.
Für Psychotherapeuten gibt es
drei spezielle Kodierrichtlinien. Sie
betreffen die Kodes des Kapitels V
der ICD-10 für Psychische und Verhaltensstörungen (F00–F99):
● B0500 Demenz-Erkrankungen
● B0501 Abgrenzung verschiedener psychischer Störungen
● B0502 Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen.
Die speziellen Kodierrichtlinien
weichen nicht von den bestehenden
ICD-Regeln ab. Sie fassen diese lediglich zusammen und sind mit
Beispielen untermauert. Wer bislang nach den Erläuterungen des
Kapitels V der ICD-10 verschlüsselt hat, kann dies uneingeschränkt
weiter tun.
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Anna Maria Raskop, KBV
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