1. aufführungsabend - Staatskapelle Dresden

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1. AUFFÜHRUNGSABEND
S a ison 2 01 2 20 13
d o n n er s tag 2 7.9.12 2 0 U h R
I Semperoper Dresden
1. aufführungsabend
Michail Jurowski
Dirigent
Dmitri Schostakowitsch
Evelina Dobračeva
Sopran
Marina Prudenskaya
Alt
Zwei Stücke für Streichoktett op. 11
(1924/1925)
1. Präludium. Adagio
2. Scherzo. Allegro molto
Vsevolod Grivnov
Tenor
Hans Werner Henze
(19 0 6 -19 7 5)
(G e b o r e n 19 2 6)
»L’heure bleue«,
Serenade für 16 Instrumente (2001)
Andante cantabile, con moto
Pau s e
Mieczysław Weinberg
(1919 -19 9 6)
Rhapsodie über Moldawische Themen
für großes Orchester op. 47 Nr. 1 (1949)
Dmitri Schostakowitsch
(19 0 6 -19 7 5)
»Aus jiddischer Volkspoesie«,
Vokalzyklus für Sopran, Alt,
Tenor und Orchester op. 79 (1948)
1. Totenklage. Moderato (Sopran, Alt)
2. Wiegenlied. Allegretto (Sopran, Alt)
3. Söhnchen, schönstes. Andante (Alt)
4. Abschied. Adagio (Sopran, Tenor)
5. Warnung. Allegretto (Sopran)
6. Der verlassene Vater. Moderato (Alt, Tenor)
7. Die große Not. Allegretto (Tenor)
8. Winter. Adagio (Sopran, Alt, Tenor)
9. Das schöne neue Leben. Allegro (Tenor)
10. Lied der Hirtin. Allegretto (Sopran)
11. Das Glück. Allegretto (Sopran, Alt, Tenor)
Zum Programm
Dmitri Schostakowitsch
Zwei Stücke für Streichoktett op. 11
Als Dmitri Schostakowitsch seine Zwei Stücke für Streichoktett op. 11 komponierte, war er
19 Jahre alt, musste eine schwere Krankheit auskurieren und zugleich als Klavierspieler
im (Stummfilm-)Kino mühsam einen kargen Lebensunterhalt verdienen. Es lagen bereits
Werke unterschiedlicher Gattungen vor, darunter seine erste Symphonie (als Staatsexa­
mensarbeit für das Leningrader Konservatorium!). Im Abstand von sechs Monaten zu Pa­
pier gebracht und anders vollendet als konzipiert, belegen die Stücke op. 11 den Wandel
im musikalischen Ausdruckswillen, der sich um diese Zeit bei dem Komponisten vollzog.
Ist das Präludium noch gewissermaßen der Spätromantik zuzuordnen, so das Scherzo
einer Moderne, die sich von funktionaler Harmonik losgesagt hat.
Die Uraufführung der Stücke op. 11 fand im Januar 1927 in Moskau statt. Mitte der
1930er Jahre gerieten auch sie in das Kreuzfeuer der »Formalismus«-Debatte, die Stalin
lostreten ließ und die alle nicht zum »sozialistischen Realismus« zu rechnenden künstlerischen Strömungen als ideologisch verwerflich und volksfeindlich ablehnte, ja verbot. Ab
1948 folgte eine zweite, noch heftigere Welle, die erst in der »Tauwetter-Periode« unter
Chruschtschow beendet wurde. Infolge dessen kam es auch erst 1968 zu einer ersten
Tonaufnahme von Schostakowitschs frühem Opus 11.
Besetzung: 4 Violinen, 2 Violen, 2 Violoncelli // Dauer: ca. 11 Minuten
Hans Werner Henze
»L’heure bleue«, Serenade für 16 Instrumente
Als derzeitiger »Capell-Compositeur« der Sächsischen Staatskapelle ist Hans Werner
Henze in dieser Spielzeit mit einem weiten Spektrum an Kompositionen an der Semper­
oper zu erleben, in den Konzerten ebenso wie auf der Opern- und Ballettbühne. Sein
»L’heure bleue« darf trotz der 16 verwendeten Instrumente noch der Kammermusik zugezählt werden. Jedes einzelne Instrument zur Geltung bringend und doch auf Gesamtklänge zielend, setzt Henze in diesem atmosphärisch dichten Werk ein optisches Naturschauspiel in Töne. Der Titel des Stücks bezieht sich auf die »Blaue Stunde«, die Zeit nach
dem Sonnenuntergang, während derer Himmel und Erde ein von Blautönen bestimmtes,
ständig changierendes Farbspiel zeigen, bis die Dunkelheit alles in sich aufsaugt. Dieses
Phänomen, das vor allem im Mittelmeerraum eindrucksvoll zu beobachten ist, hat den
in Italien lebenden Altmeister zu seiner Komposition angeregt. Vor zehn Jahren im Auftrag der Alten Oper Frankfurt geschrieben, erlebte diese Klangpoesie ihre Uraufführung
durch ein Spezialensemble am Ort ihrer Bestimmung.
Besetzung: Flöte, Altflöte, Klarinette, Bassklarinette, Oboe d’amore, Englischhorn, Fagott, Horn,
Wagner-Tube, Schlagzeug, Harfe, Klavier, Streicher // Dauer: ca. 10 Minuten
Mieczysław Weinberg
Dmitri Schostakowitsch
Rhapsodie über Moldawische Themen
für großes Orchester op. 47 Nr. 1 (1949)
»Aus jiddischer Volkspoesie«,
Vokalzyklus für Sopran, Alt, Tenor und Orchester op. 79 (1948)
Mit Mieczysław Weinberg begegnen wir einem sehr bedeutenden Komponisten polnischjüdischer Herkunft, der erst in jüngster Zeit international »entdeckt« wird. Vor der HitlerInvasion in die Sowjetunion geflohen (seine Angehörigen kamen in den Konzentrations­
lagern um), verblieb er sein Leben lang in seinem Gastland, in dem er unter Stalins
Juden-Hass zu leiden hatte – vor allem wegen der Familie seiner Frau, die verfolgt und
teilweise ermordet wurde. Er selbst musste einige Monate unter schweren Haftbedingungen im Gefängnis verbringen und trug dauerhafte Schäden an seiner ohnehin nicht
stabilen Gesundheit davon.
Als Komponist teils anerkannt, teils als »Formalist« verurteilt, seinerseits nicht darauf
aus, einen Schülerkreis um sich zu bilden oder sich um das Erringen von Staatspreisen
zu bemühen, hatte Weinberg mit materieller Not zu kämpfen, seit Aufträge für Filmmusiken ausblieben und er nicht mehr die Kraft hatte, als Pianist aufzutreten. Seine ganze
Lebensenergie floss in sein kompositorisches Werk, das von erstaunlichem Umfang und
universaler Vielfalt ist und neben mehreren Opern u.a. über 20 Symphonien, 17 Streichquartette, Klaviermusik sowie Vokalmusik diverser Art und Besetzung umfasst. Die wohl
bedeutendste seiner Opern, »Die Passagierin«, 1968 vollendet, konnte erst 2010, mit
42jähriger »Verspätung«, in Bregenz szenisch uraufgeführt werden. Von existenzieller
Wichtigkeit waren Weinberg seine Privatsphäre und sein Freundeskreis, aus dem Dmitri Schostakowitsch herausragt. Beide Komponisten haben einander in ihrem Schaffen
beeinflusst, und Schostakowitsch bemühte sich, den Jüngeren auf jede Weise zu unterstützen. Er schätzte Weinberg als Komponisten und Pianisten, Anerkennung und Respekt
kennzeichnet ihre jahrzehntelange Freundschaft. Schostakowitschs Tod 1975 bedeutete
für Weinberg einen unersetzbaren Verlust.
Weinbergs »Rhapsodie über Moldawische Themen« op. 47 Nr. 1 entstand 1949, konnte
im selben Jahr in Moskau uraufgeführt werden und auch wenig später im Druck erscheinen. Eine Bearbeitung für Violine und Klavier hoben David Oistrach und der Komponist
1953 aus der Taufe. Moldawien, früher Bessarabien, war die Heimat von Weinbergs
Mutter; durch sie kannte er viele Volksgesänge jenes Landes, die stark vom jüdischen
Teil der Bevölkerung geprägt waren. Und sicher setzte er der Mutter bereits mit der
Rhapsodie ein Denkmal, wenngleich erst seine dreizehnte Symphonie, versehen mit der
Opuszahl 115, ihr ausdrücklich gewidmet ist.
Schostakowitschs Vokalzyklus »Aus jiddischer Volkspoesie« op. 79 stammt von 1948. Der
Komponist fühlte sich mitbetroffen von den Verfolgungen, denen die Juden unter Stalin
wie unter Hitler ausgesetzt waren. Er übte vorbehaltlos Solidarität mit ihnen, zumal engste Freunde von ihm, darunter Kollegen und Interpreten seiner Werke, Juden waren. Auch
sein Opus 79 bezeugt seine warme Anteilnahme. Der mehr zufällige Fund eines Bändchens jiddischer Volksdichtungen, ins Russische übersetzt, hatte ihn zur Vertonung einer
Auswahl daraus angeregt. Acht der elf Gesänge handeln von Not, Trennung, Tod und
Leiden durch Armut, drei weitere von jüdischer Landbevölkerung, die nach der Revolution im Süden der UdSSR ein besseres Leben beginnen konnte. Da allerdings zu der Zeit,
als die Komposition beendet war, Stalins antijüdische Kampagnen einsetzten und die Gesänge sowohl grundsätzlich unwillkommen waren als auch als ironisch hätten verstanden
werden können, ließ Schostakowitsch sie liegen und brachte erst 1956 die Klavierfassung
mit namhaften Sängern zu Gehör. Die Aufführung der Orchesterfassung folgte sogar
erst 1963, und zwar in Berlin unter Kurt Sanderling, mit deutsch übersetzten Texten. Als
Uraufführung durfte diese Darbietung aber nicht ausgewiesen werden! Zwei Jahre später
dirigierte Kurt Sanderling, der vor wenigen Tagen 100 Jahre alt geworden wäre, als damaliger Chefdirigent der Sächsischen Staatskapelle das Werk auch in Dresden.
Besetzung: Sopran, Alt, Tenor; Piccolo, 2 Flöten, 2 Oboen, 2 Klarinetten, Bassklarinette, 2 Fagotte,
Kontrafagott, 4 Hörner, Pauken, Schlagzeug, 2 Harfen, Streicher // Dauer: ca. 24 Minuten
»Kurz vor der Dresdner Aufführung hatte ich mit dem Berliner Sinfonie-Orchester die allererste Aufführung der Orchesterfassung (von Schostakowitschs Opus 79) gemacht. Wir konnten es aber nicht als Erstaufführung ankündigen, da die Aufführung sonst sofort vom dama­
ligen Botschafter der Sowjetunion abgesagt worden wäre. Es wäre undenkbar gewesen,
dass dieses Werk, das in der Sowjetunion schon keine offizielle Zustimmung gefunden hatte,
nun noch im Ausland erstaufgeführt wurde! So haben wir es einfach nur aufgeführt, ohne es
als Erstaufführung zu deklarieren. … Schostakowitsch war damals übrigens sehr dankbar.«
Kurt Sanderling in seinem letzten Interview vor seinem Tod über die Uraufführung der Orchesterfassung des
Besetzung: 3 Flöten (3. auch Piccolo), 2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Fagotte, 4 Hörner, 3 Trompeten, 3 Posaunen,
Vokalzyklus »Aus jiddischer Volkspoesie« 1963 in Ost-Berlin, die damals nicht als solche bezeichnet werden durfte
Tuba, Pauken, Schlagzeug, Harfe, Streicher // Dauer: ca. 12 Minuten
(Interview mit Tobias Niederschlag, 2010)
Dmitri Schostakowitsch
»Aus jiddischer Volkspoesie« op. 79
1. Totenklage
Sonne und Regen,
Taghelle und Nacht.
Es fallen die Nebel,
der Mond ist verblasst.
Wen hat sie geboren?
Ein kleines Jungelchen.
Wie war sein Name?
Moischele, Moischele.
Und wiegte sie das Jungelchen?
Wiegte!
Was aß Jungchen?
Schwarzbrot und Zwiebel.
Und wo tut es liegen?
Im Grabe.
Ach, Jungchen, im Grabe,
im Grabe, Moischele,
im Grabe.
Ah!
2. Wiegenlied
Schlaf, schlaf ein!
Die Tante fährt ins Dorf hinein,
bringt dem Kind ein Bändchen,
friert ihm nicht sein Händchen.
Schlaf!
Schlaf, schlaf ein!
Die Tante fährt ins Dorf hinein,
bringt dem Kind ein Hündchen,
friert ihm nicht sein Mündchen.
Schlaf!
Schlaf, schlaf ein!
Die Tante fährt ins Dorf hinein,
bringt dem Kind ein Hähnchen,
friert ihm nicht sein Zähnchen.
Schlaf!
Schlaf, schlaf ein!
Die Tante fährt ins Dorf hinein,
bringt dem Kind ein Häschen,
friert ihm nicht sein Näschen.
Schlaf!
Schlaf, schlaf ein!
Die Tante fährt ins Dorf hinein,
bringt dem Kind ein Nüsschen,
friert ihm nicht sein Füßchen.
Schlaf!
Schlaf, schlaf ein!
Die Tante fährt ins Dorf hinein,
bringt dem Kind ein Rehchen,
friert ihm nicht sein Zehchen,
schlaf!
3. Söhnchen, schönstes
Söhnchen, schönstes,
Du mein einz’ges Licht in dunkler Nacht!
Vater quält sich in Sibirien
für den Zar’n im tiefen Schacht.
Schlaf, schlaf, Mutter wacht.
An der Wiege wein’ ich Tränen
über Dich gebückt.
Bist Du groß, wirst Du verstehen,
was mein Herz bedrückt.
In Sibirien fern ist Vater,
wir sind ganz allein.
Schlaf, solang ich noch bei Dir bin,
schlaf nur, schlafe,
schlaf nur, schlafe ein.
Schwarz wie Nacht sind meine Schmerzen,
schlaf, ich sing’ Dich ein.
Schlaf, mein Söhnchen,
schlaf, mein Herzchen.
Schlaf nur, schlafe,
schlaf nur, schlafe ein.
4. Abschied
Ach, Abram, wie wird das Leben sein!
Ich ohne Dich,
Du ohne mich,
beide so ganz allein.
Ach, weißt Du, wie wir uns am Torweg fanden?
Was Du mir damals heimlich gestanden?
Ach, ach, Riwotschka, gib den Mund mir,
Mädelchen!
Ach, Abram, wie wird das Leben hier.
Ich ohne Dich,
Du ohne mich,
ohne Klinke die Tür.
Ach, weißt Du, wir gingen wie alle Paare,
was Du mir sagtest auf dem Boulevarde?
Ach, ach,
ach, ach, Riwotschka, gib den Mund mir,
Mädelchen!
Ach, Abram, wie soll ich leben so.
Ach, Riwotschka!
Ich ohne Dich,
Du ohne mich,
nie mehr des Lebens froh.
Sag, weißt Du, so feuerrot ist mein Rock
gewesen.
Ach, wie ich schön war und glücklich, damals.
Ach Abram, ach Abram.
Ach, ach, Riwotschka, gib den Mund mir,
Mädelchen!
5. Warnung
Hör mich, Hasja!
Geh nicht zum Tanz,
mit irgendwem geh nicht zum Tanz.
Denn wenn Du gehst,
bis zum Morgen gehst, oi,
wirst sehr Du’s bereuen, Hasja!
Hör doch!
Hasja!
6. Der verlassene Vater
Ehle, der Trödler, legt an den Kaftan,
denn mit dem Wachtmeister
fort die Tochter war.
»Zirele, Tochter! Komm heim zu mir!
Kleider wieviel Du willst,
sollst Du auch haben.
Zirele, Tochter, Kettchen und Haarkämme
such’ ich Dir aus.
Zirele, Tochter!
Bring Dir zur Hochzeit ’nen Bräutigam,
’nen Bräutigam ins Haus!
Zirele, Tochter!«
»Ich brauche keine Kleider
und keine Kämm’ ins Haar,
und nur mit dem Herrn Wachtmeister
da geh’ ich zum Altar.«
»Zirele, Tochter! Komm heim zu mir!«
»Wachtmeister, hör’n Sie,
so hör’n Sie, ich bitte,
verjagen Sie doch diesen alten Juden!«
»Zirele, Tochter! Komm heim zum Vater,
ach, so komm doch heim zu mir!
Zirele, Tochter.«
7. Die große Not
Weich und süß schläft unser Dach
unter seinem warmen Stroh.
In der Wiege schläft das Kind
ohne Windeln, nackt und bloß.
Hopp, hopp, aufgewacht,
die Ziege frisst das Stroh vom Dache,
Oi!
Eine Spinne spinnt ihr Netz
um die Wiege in der Kammer,
saugt mir meine Freude weg, ach,
und lässt mir nichts als Jammer.
Hopp, hopp, aufgewacht,
die Ziege frisst das Stroh vom Dache.
Oi!
Auf dem Dache sitzt der Hahn,
hat’ nen Kamm wie Feuer rot.
Geh doch, Frau, borg für die Kinder
irgendwo ein Stückchen Brot!
Hopp, hopp, aufgewacht,
die Ziege frisst das Stroh vom Dache.
Oi!
8. Winter
Die Mutter liegt frierend im Bette
und mit ihr das kranke Kind.
Kein Span in der kalten Hütte
und draußen, da sauset der Wind.
Da sind wieder Kälte und Winde,
der Frost dringt durch Fenster und Wand.
So weint doch, ja weint und schreit,
arme Kinder,
der Winter ist wieder im Land.
mitwirkende
9. Das schöne neue Leben
Kein Lied von den Feldern
ist damals erklungen,
als Not und Elend
uns in Ketten gezwungen.
Ach, nicht für uns
erblühten die Felder;
ach, nicht für uns
fiel Tau auf die Wälder.
Dunkel und feucht war’s im Keller,
wo wir lebten.
Hunger und Not war’s, wovor wir bebten!
Ach, traurig und ernst war das Lied,
das wir sangen,
als Kummer und Elend
uns hielten gefangen.
Du kleines Flüsschen, fließ munter dahin,
erfreu meinen Lieben das Herz und den Sinn.
Erzähl, dass mein Haus im Kolchos ich fand.
Ein blühender Baum steht vorm Haus an der
Wand.
Für mich blühn die Felder,
für mich grünt die Saat!
für mich hält man Milch und Honig parat.
O Flüsschen!
Die Botschaft sollst allen du bringen:
Wie schön solche Lieder bei uns jetzt sich
singen.
10. Lied der Hirtin
Auf der Wiese vor dem Walde,
der dort hinten träumend steht,
hüt’ ich im Kolchos die Herde
von morgens früh bis spät.
Und ich spiele meine Flöte,
weit mein Liedchen zieht.
Kann mich gar nicht satt dran sehen,
wie es hier so grünt und blüht.
Dort im Wald die grünen Bäume,
wie so hoch lind grad sie steh’n!
Hier die Ähren auf dem Felde,
ach, seht, wie ist das schön!
Tra-la-la!
Hier nickt freundlich mir ein Blümchen,
dort mir eine Ähre winkt,
tief in meiner Brust die Freude
wie ein helles Fünkchen blinkt.
Sing mein Flötchen, kling mein Liedchen,
leicht, ja leicht, singt man zu zweit,
über Berg und Täler töne
unser Jubel weit und breit!
Nur nicht klagen sollst Du, Flötchen,
was gewesen, das vergiss!
In beschwingten Melodien
sing vom Glück, das uns gewiss,
Tra-la-la!
Glücklich bin ich im Kolchose,
mitten in dem Blühen dort,
darum singe fröhlich deine Lieder,
sing nur, Flötchen, singe fort.
Bild bitte aus Konzertplan, S. 105
11. Das Glück
Michail Jurowski
Bei meinem Mann hab’ ich mich eingehakt,
bin ich auch alt, und alt mein Kavalier,
hab’ ich ihn ins Theater doch gebracht:
»Nimm zwei Billetts parterre in Reihe vier!«
Den ganzen Abend saßen wir zu zweit,
ich hörte zu und fühlte es genau:
Wie herrlich gut hat’s doch in unsrer Zeit
des armen jidd’schen Schusters seine Frau.
Oi.
Ich sag’s, damit es hören alle Leut,
oi,
wir sind jetzt frei und unsre eignen Herrn,
oi,
Doktoren, Doktoren, werden unsre Söhne heut,
oi.
Ja, leuchtend über uns erstrahlt ein Stern.
Oi.
In Moskau als Sohn des Komponisten Wladimir Jurowski geboren, wuchs Michail Jurowski
in engem Kontakt mit herausragenden Künstlerpersönlichkeiten der damaligen Sowjetunion
auf, darunter David Oistrach, Mstislaw Rostropowitsch, Loenid Kogan, Emil Gilels und Aram
Chatschaturjan. In besonders enger Beziehung stand seine Familie zu Dmitri Schostakowitsch, und so hatte Michail Jurowski in jungen Jahren nicht nur das Glück, mit dem großen
Komponisten Gespräche führen zu können, sondern auch vierhändig mit ihm Klavier zu
spielen. Angesichts dieser prägenden Erfahrung verwundert es kaum, dass Michail Jurowski
heute zu den authentischsten Interpreten von Schostakowitschs Musik zählt.
Noch während des Studiums wurde Michail Jurowski Assistent von Gennadi Roschdestwenski beim Großen Symphonieorchester des Staatlichen Rundfunks und Fernsehens in Moskau. Trotz seiner jüdischen Abstammung und der daraus resultierenden Restriktionen in der
Sowjetunion erarbeitete er sich einen bedeutenden Platz im Moskauer Musikleben. 17 Jahre
lang war er Dirigent des Stanislawski und Nemirowitsch-Dantschenko Musiktheaters, zudem
leitete er eine Vielzahl an Vorstellungen am Bolschoi-Theater. Nachdem er bereits ab 1978 als
Ständiger Gastdirigent an der Komischen Oper Berlin gewirkt hatte, folgte er 1989 einer Einladung der Semperoper Dresden zu einer festen Zusammenarbeit und ließ sich in Deutschland
nieder. Chefposten führten Michail Jurowski u.a. an die Oper Leipzig (1999-2001) und zum
WDR Rundfunkorchester in Köln (2006-2008). Er war Ständiger Gastdirigent des RundfunkSinfonieorchesters Berlin (1998-2006) und der Deutschen Oper Berlin (2001-2006), seit 2003
ist er in gleicher Funktion dem Tonkünstler-Orchester Niederösterreich verbunden.
Wie in den vergangenen beiden Jahren gehört Michail Jurowski in diesen Tagen wieder
zu den Protagonisten der Internationalen Schostakowitsch Tage in Gohrisch. Im Laufe
des morgen beginnenden Festivals dirigiert er ein Programm mit Gidon Kremer, den
Gesangssolisten des heutigen Aufführungsabends und der Sächsischen Staatskapelle. Für
seine künstlerischen Verdienste wurde Michail Jurowski kürzlich im Rahmen einer Feier­
stu­nde mit dem 3. Internationalen Schostakowitsch Preis Gohrisch 2012 geehrt.
Aus dem Russischen von Alfred Kurella (1963)
Dir ige nt
Evelina Dobračeva
Sopran
Die Sopranistin Evelina Dobračeva absolvierte ihr Gesangsstudium an der Hochschule für Musik »Hanns Eisler« in Berlin,
darüber hinaus besuchte sie Meisterklassen bei Dietrich FischerDieskau, Thomas Quasthoff und Peter Konwitschny. Ihr Operndebüt gab sie in Hamburg als Mozarts Donna Anna, eine Partie,
die sie unter Daniel Barenboim auch bei einem Japan-Gastspiel
der Deutschen Staatsoper sang. Sie verkörperte in München die
Emma in Mussorgskys »Chowanschtschina« und stand in Köln als
Micaëla und Violetta auf der Bühne, dazu trat sie im Konzertsaal
u.a. mit dem Royal Liverpool Philharmonic Orchestra und dem
Orchestra Sinfonica di Milano Giuseppe Verdi unter Dirigenten
wie Rudolf Barschai, Michail Jurowski und Robin Ticciati auf.
Marina Prudenskaya
Alt
Marina Prudenskaya, Gewinnerin des ARD-Musikwettbewerbs
2003, studierte in ihrer Heimatstadt St. Petersburg. Nach zwei
Jahren am Stanislawski und Nemirowitsch-Dantschenko Musiktheater in Moskau wurde sie 2000 an das Staatstheater Nürnberg engagiert, an dem sie sich viele Partien des lyrischen und
dramati­schen Fachs einschließlich des barocken Repertoires erarbeitete. Über die Deutsche Oper Berlin führte ihr Weg 2007 ins
Ensemble der Staatsoper Stuttgart. Daneben gastierte sie an den
Opernhäusern in Hamburg, Mailand, Prag und Amsterdam, debütierte unter Christian Thielemann bei den Bayreuther Festspielen
und trat mit den großen Orchestern in Berlin, München, Bamberg,
Pitts­burgh und Tokio sowie beim Festival in Aix-en-Provence auf.
Vsevolod Grivnov
T en o r
Seine künstlerische Ausbildung erhielt Vsevolod Grivnov an der
Gnessin-Musikakademie in Moskau. 1990 wurde er Ensemblemitglied der Neuen Opernkompanie am Moskauer Städtischen Thea­
ter, derzeit ist er Solist am Bolschoi-Theater. Sein USA-Debüt
gab er an der Houston Grand Opera in »Boris Godunow«, ebenso
gastierte er an den renommierten Bühnen in Berlin, Mailand,
London, Glyndebourne, Edinburgh, Madrid oder Los Angeles.
Als Konzertsänger hoch geschätzt, arbeitete er u.a. mit Rudolf
Barschai und Vladimir Jurowski zusammen. Schostakowitschs
»Aus jiddischer Volkspoesie« brachte er bereits mit dem Baltimore und mit dem San Francisco Symphony Orchestra unter
Yuri Temirkanov und Michael Tilson Thomas zur Aufführung.
VORSCHAU
Mi t t wo ch 7.11.12 2 0 U h R
S e m p er o p er D r e s d e n
2. Kammerabend
Mitwirkende Gäste
Annette Jahns Sopran
Peter Bruns Violoncello
Frank-Immo Zichner Klavier
Ausführende
Kai Vogler Violine
Sabine Kittel und Rozália Szabó Flöte
Astrid von Brück Harfe
u.a.
Claude Debussy zum
150. Geburtstag
Claude Debussy
Sonate für Violoncello
und Klavier d-Moll
Sonate für Flöte, Viola
und Harfe F-Dur
Sonate für Violine
und Klavier g-Moll
Kammermusik der Sächsischen
Staatskapelle Dresden
Gegründet 1854 als TonkünstlerVerein zu Dresden
Verantwortlich: Friedwart
Christian Dittmann, Ulrike Scobel
und Christoph Bechstein
I m pressu m
Sächsische Staatskapelle Dresden
Chefdirigent Christian Thielemann
Spielzeit 2012|2013
Herausgegeben von der
Sächsischen Staatsoper Dresden
© September 2012
R e da k t i o n
Dr. Torsten Blaich
b i l d n ac h w e i s
Michail Jurowski: Matthias Creutziger;
alle übrigen Fotos: Agenturfotos.
Text
Dr. Ortrun Landmann
G e s ta lt u n g u n d s at z
schech.net
Strategie. Kommunikation. Design.
Druck
Union Druckerei Dresden GmbH
»Chansons de Bilitis«
Private Bild- und Tonaufnahmen
sind aus urheberrechtlichen Gründen
nicht gestattet.
D o n n er s tag 8 .11.12 2 0 U h r
S e m p er o p er D r e s d e n
2. Aufführungsabend
Alain Altinoglu Dirigent
Thomas Eberhardt Fagott
Igor Strawinsky
Acht Miniaturen für 15 Musiker
Concertino für 12 Musiker
Johann Nepomuk Hummel
Fagottkonzert F-Dur
Georges Bizet
Symphonie C-Dur
w w w. s taat s k ape l l e - dresden . de
w w w. s ta at s k a p el l e- d r e s d en . d e
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