Pathobiologie/Pathobiochemie Teil 2 Lektion 8 8.11.10 Endokrinopathien, Gewichtsregulation, Fettstoffwechsel-Störungen Lektion 9 15.11.10 Darm- und Leberkrankheiten Lektion 10 22.11.10 Erkrankungen von Skelett und Muskulatur Rheumatische Erkrankungen Lektion 11 29.11.10 Lektion 12 6.12.10 Pathophysiologie des Blutzellsystems Pathophysiologie der Nieren Störungen beim Wasser/Salz-Haushalt Lektion 13 13.12.10 Pathophysiologie der Lungen Lektion 14 20.12.10 Erkrankungen von Geschlechtsorganen 1 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 1 * Gastrointestinaltrakt Thews, Mutschler & Vaupel, 1999 Übersicht über die an Verdauung und Resorption beteiligten Organe, die gastrointestinale Flüssigkeitsbilanz sowie die jeweilige Verweildauer des Inhalts. 2 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 2 Bakterielle Vielfalt im Gastrointestinaltrakt 3 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 3 Stoff aus dem Lehrbuch zu Lektion 9 G. Thews, E. Mutschler, P. Vaupel Anatomie, Physiologie, Pathophysiologie des Menschen (6. Auflage) Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart, 2007. Grundlagen aus der Anatomie/Physiologie: Kapitel 12: Seiten 377-428 Pathophysiologie des Gastrointestinaltrakts: Kapitel 12: Seiten 428-456 4 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 4 Pathophysiologie des Gastrointestinaltrakts • Ösophagus Motilitätsstörungen, Refluxkrankheit, Divertikel • Magenkrankheiten Motilitäts- und Sekretionsstörungen, Gastritis, Ulkuskrankheiten • Vaskuläre Darmerkrankungen Ischämien / Infarkte der Darmwand • Chron. entzündliche Darmerkrankungen (Abk. CED) Colitis ulcerosa und Morbus Crohn • Störungen der Verdauung und der Darmmotilität Maldigestions- und Malabsorptionssyndrome, • Spez. Topic: Helicobacter pylori Morbus Crohn osmotische und sekretorische Diarrhö, Motilitätsstörungen Tumoren des Gastrointestinaltrakts • Ösophagus- und Magentumoren Plattenepithelkarzinom, Adenokarzinom des Ösophagus, Magenkarzinome (nach atrophischer Gastritis, Magenulkus, Magenadenom) • Tumoren des Dünn- und Dickdarms Adenokarzinome, familiäre adenomatöse Polyposis (FAP), hereditäres nicht-polypöses kolorektales Karzinom (HNPCC) Hepatozell. Carcinom 5 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 5 Achalasie Achalasie Fölsch / Abb 17.1 seltene neuromuskuläre Erkrankung der glatten Ösophagus-Muskulatur: - fehlende oder inkomplette Erschlaffung des unteren Ösophagussphinkters (UÖS) - fehlende propulsive Peristaltik im tubulären Ösophagus Schematische Gegenüberstellung der typischen manometrischen Befunde der Achalasie und hypermotile Achalasie im Vergleich zum Normalbefund. SA: Schluckakt. BP: Bauchpresse. Der Schluckakt löst beim Gesunden eine peristaltische propulsive Welle und eine schluckreflektorische Erschlaffung des UÖS aus. Bei der Achalasie finden sich simultane Kontraktionen und inkomplette Erschlaffung des UÖS. Bei der hypermotilen Achalasie zeigen sich aperistaltische repetitive Kontraktionen mit hohen Amplituden und ebenfalls eine inkomplette Erschlaffung des UÖS. Die manometrischen Befunde des Ösophagusbreischlucks bei Achalasie zeigt einen dilatierten Megaösophagus bei filiformer Stenose am gastroösophagealen Übergang und fehlender Luftblase im Magen. 6 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 6 Sekundäre Motilitätsstörungen Fölsch / Abb 17.4 Sekundäre Motilitätsstörungen können bei systemischen Bindegewebserkrankungen und bei Stoffwechselstörungen auftreten, z.B. bei Sklerodermie und bei Polymyositis. Sklerodermie (verschiedenartige Kollagenoseformen) befällt exklusive die glatte Muskulatur des Ösophagus und führt zu verminderten Kontraktionsamplituden (<30 mm Hg) und Abnahme des Ruhetonus des UÖS. 7 15/11/10 Polymyositis (Autoimmunerkrankung, v.a. der Muskulatur) und andere Systemerkrankungen der quergestreiften Muskulatur führt zu einer Schwächung der Kontraktionskraft im oberen Ösophagus und Pharynx. Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 7 (*) Refluxösophagitis Fölsch / Abb 17.5 Rückfluss von Mageninhalt in den Ösophagus ist Ursache für eine Refluxösophagitis. Der saure Mageninhalt führt zu Erosionen in der Schleimhaut des Ösophagus. Ein alkalischer Reflux kann bei inkompetentem Pylorus oder nach Eingriffen am Magen (z.B. Gastrektomie) möglich werden. 8 15/11/10 Zum Schutz der Ösophagusschleimhaut vor gastroösophagalem Reflux werden verschiedene Defensivstrategien eingesetzt. Die Antirefluxbarriere minimiert das Volumen und die Frequenz des Refluats. Clearance-Mechanismen minimieren die Kontaktzeit des Refluats mit der Ösophagusschleimhaut. Die vorhandene Geweberesistenz limitiert die durch den Kontakt mit dem aggressiven Refluat entstandene, epitheliale Schädigung auf ein Minimum. Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 Schnitt durch die obere (Innen-)Schicht des Ösophagus bei Refluxösophagitis: zahlreiche Eosinophile sind eingewandert und die Schichtstruktur des Epithels gelangt wegen des Entzündungszustands nicht zur vollständigen Maturation. Therapie der Refluxösophagitis mit: (1) Antaziden, (2) Histamin-H2-Rezeptorblockern, (3) Protonenpumpenhemmern. 8 * 9 15/11/10 Motilitätsstörungen, Divertikel Robbins (1) Achalasie (4) Zenker-Divertikel (62% aller Divertikel) (2) Hiatusgleithernie (Hiatus ösophagus = Öffnung im Zwerchfell für den Durchtritt der Speiseröhre) (5) Epiphrenales Divertikel (21% aller Divertikel) (6) (3) Paraösophagale Hiatushernie Mallory-Weiss-Syndrom (durch Druckerhöhung bei Würgen und Erbrechen hervorgerufene längsgestellte Schleimhauteinrisse) Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 9 * Gastrinsekretion Fölsch / Abb 18.1 Anatomie des Magens Regulation der Gastrinsekretion: wichtigste Faktoren der D-G-Zellinteraktion. Die Gastrin produzierende G-Zelle steht unter tonischer Inhibition der Somatostatin sezernierenden D-Zelle. Stimulation der Gastrinsekretion durch Acetylcholin (ACh), Gastrin-releasing peptide (GRP) und Prostaglandine. Stimulation der Somatostatinsekretion durch Cholezystokinin (CCK), ACh und GRP. 10 15/11/10 Proinflammatorische Zytokine (IL-1, IL-6, IL8, TNF-α) tragen zur Hypergastrinämie bei (Inhibition der D-Zelle; Stimulation der GZelle). Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 10 * Säuresekretion Fölsch / Abb 18.2 Regulation der Säuresekretion: wichtigste Faktoren der D-ECL-Parietalzellinteraktion. Gastrin stimuliert die ECL-(enterochromaffin-like cell)-Zelle zur Ausschüttung von Histamin, welches die Säuresekretion der Parietalzelle stimuliert. ECL- und Parietalzelle stehen unter tonischer Inhibition der D-Zelle. Stimulation der Säuresekretion durch Acetylcholin (ACh), Gastrin und Histamin; Inhibition der Säuresekretion durch Somatostatin. Proinflammatorische Zytokine (IL-1, IL-6, IL-8, TNF-α) haben direkte inhibierende (Parietalzelle) und indirekt stimulierende Effekte (Inhibition der D-Zelle). Dreiecke = Rezeptoren. 11 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 11 (*) Säuresekretion (updated) A Schubert & Peura, Gastroenterol 2008 A: Tonische Inhibition der Säuresekretion durch Somatostatin: Situation im Fundus und Corpus (oxyntic gland) und im Antrum (pyloric gland). B: Signalling zwischen ECL-Zelle und Parietalzelle. C: Modell der Beteiligung von neuronaler, parakriner und hormoneller Regulation der Säuresekretion im Magen. B 12 15/11/10 HP = H. pylori Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 C 12 (*) Gastritis, Ulkus Robbins Schematische Darstellung der verursachenden Faktoren von Gastritis (Magenentzündung) und Ulkuskrankheit (Reizmagen) und der Abwehrmechanismen Links: Normalzustand, schädigende und abwehrende Faktoren/Reaktionen sind im Gleichgewicht. 13 15/11/10 Rechts: Nicht-perforierende Ulzerierung, mit Nekrosen (N), Entzündungsherden (I), Granulationsgewebe (G) und Narbenbildung (Fibrosen) (S). Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 13 (*) Akute Gastritis Robbins Akute Gastritis ist eine akute Magenschleimhautentzündung, bei der bevorzugt Granulozyten im Entzündungsgebiet gefunden werden. Sie wird verursacht durch exogene Noxen, schwere Traumen und andere Erkrankungen und heilt meist spontan aus: • Nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAIDs) • Exzessiver Alkoholkonsum • Bakterielle Toxine (z.B. Salmonellose) • Starkes Rauchen • Chemotherapeutika gegen Krebs • Verbrennungen • Kreislaufschock • Säuren, Laugen (Ätzgastritis) 14 15/11/10 Klinische Symptome Bei der akuten Gastritis zeigt sich neben der Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes häufig Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen und Schmerzen im Oberbauch sowie auch Blutungen aus Magenschleimhauterosionen. Die Schwere der Symptome ist nicht mit dem Ausmass der Schleimhautveränderungen korreliert. A: Übersicht, welche punktförmige Erosionen zeigt, wobei die Mukosa zum grössten Teil intakt ist. B: Fokale Disruption der Mukosa mit Blutung; die angrenzende Mukosa ist normal. Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 14 (*) Chronische Gastritis Robbins Die chronische Magenschleimhautentzündung geht einher mit einer Infiltration von Lymphozyten und Plasmazellen. Die chronische Gastritis lässt sich in drei Typen einteilen: • Typ-A-Gastritis (Autoimmungastritis; ca. 5%) Antikörper gegen Parietalzellen (Belegzellen) und IntrinsicFaktor im Fundus und Korpus führen zur Atrophie von säureproduzierenden Drüsen und zur Sistierung der Intrinsic-FaktorSekretion. • Typ-B-Gastritis (bakterielle Gastritis; ca. 80%) Meist im Antrum lokalisiert und durch H. pylori verursacht. • Typ-C-Gastritis (Gastritis durch chemische Noxen; ca. 15%) Betrifft den ganzen Magen und wird verursacht durch Alkoholabusus, NSAIDs (u.a. Aspirin), Gallereflux, inhalierendes Rauchen. Klinische Symptome Meist geringere Beschwerden als bei der akuten Gastritis; es kann sich ein Völlegefühl, Brechreiz oder leichter Schmerz manifestieren. Bei langjähriger chronischer Typ-A und Typ-B Gastritis ist das Magenkarzinomrisiko erhöht. 15 15/11/10 Bei der chronischen Gastritis ist das schleim- und bicarbonatbildende Oberflächenepithel teilweise durch eine intestinale Metaplasie ersetzt (links oben) oder es zeigt sich bei einem entzündlichen Schub eine Infiltration der Lamina propria und des Epithels mit neutrophilen Granulozyten (rechts). Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 15 * Helicobacter pylori Reference: C. Montecucco, R. Rappuoli. Nat Rev Mol Cell Biol 2001; 2: 457-466. Gram-negativ Spezialisiert auf Kolonisierung des Magens Einer der erfolgreichsten menschlichen Parasiten UREASE H. pylori hat zytosolische Urease, welche aufgenommenen Harnstoff zu NH3 und CO2 abbaut entstehendes NH3 bildet neutrale Schicht um Baketrium Menge an Urease kann variieren H. pylori-Mutanten mit defekter Urease können Magen nicht besiedeln In vitro: tote H. pylori setzten Urease frei, welche an lebende Zellen bindet In humanen Biopsien findet sich Urease auch auf der Oberfläche von H. pylori Helicobacter pylori: Produktion von Ammoniak Folgen der NH3-Bildung: Verschiedene Zellveränderungen Veränderung des vesikulären Membrantransports reduzierte Protein- und ATP-Synthese Unterbrechung des Zellzyklus Bildung karzinogener Substanzen durch Interaktion mit neutrophiler Myeloperoxidase 16 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 16 * Helicobacter pylori Reference: C. Montecucco, R. Rappuoli. Nat Rev Mol Cell Biol 2001; 2: 457-466. Kolonisierung des Magens durch Helicobacter pylori Im sauren Milieu des Magens überlebt das H. pylori dank seiner Urease, mit welchem das Bakterium Ammoniak produziert und so die Säure auf seiner Oberfläche neutralisiert. Mit den Flagellen bort sich das Bakterium in die Mukusschicht des Magens, wo es sich mit Hilfe von Adhäsinen an der apikalen Seite der Magenepithelzellschicht anheftet. Das Bakterium injiziert das CagA-Protein in die Wirtszelle und es setzt andere toxische Faktoren wie das HP-NAP (H. pylori neutrophil-activating protein) und das VacA (vakuolisierende Cytotoxin A) frei. VacA induziert die Bildung von grossen Vakuolen in den Zellen. HP-NAP induziert die Extravasation/Einwanderung von Neutrophilen und Monozyten, welche durch freigesetzte Radikale einen Gewebeschaden auslösen. Das CagA-Protein löst Veränderungen im Zytoskelett aus, was im Zellkern zur Bildung von mRNA für proinflammatorische Zytokine führt; diese verstärken die Entzündungsreaktion. Die sich potenzierende Toxizität von VacA und den reaktiven Sauerstoffradikalen hat zur Folge, dass die schützende Mukusschicht sich mehr und mehr vermindert. 17 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 17 Helicobacter pylori CAG A VAC A Cytotoxin-assoziertes Gen A (Cag A) ist ein 128-145 kD Protein Bisher einziges bekanntes Protein, welches von H. pylori direkt in Wirtszelle injiziert wird Möglicherweise löst Cag A eine Signalkaskade aus, die zur Neuorganisation von einigen Membranbestandteilen führt Hohe Prävalenz von Antigenen gegen Cag A und hohe Frequenz von Cag A-spezifischen T-Zellen in der Magen-mucosa weisen auf eine hohe Immunogenität von Cag A hin cag--Stämme führen zu leichter Infektion und cag+-Stämme zu schwerer Infektion Induktion der Freilassung proinflammatorischer Cytokine VAC A 18 15/11/10 Vac A: Vakuolisierendes Cytotoxin A; 95 kD Protein In Zellkulturen induziert Vac A die Bildung von zytoplasmatischen Vakuolen Wichtiger Virulenzfaktor von H. pylori Wichtiges Antigen für Immunantwort Sehr robustes Protein; es wird bei pH 1.5 nicht denaturiert und hat hohe Resistenz gegen Verdauung durch Pepsin Vac A hat selbst nur geringe Tendenz zur Vakuolisierung, diese wird jedoch aktiviert, wenn Vac A für kurze Zeit basischem oder saurem Milieu ausgesetzt ist Abnahme der proteolytischen Aktivität, v.a. der Proteolyse von Antigenen in AG-präsentierenden Zellen Inhibiert Stimulation der T-Zell-Klone Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 18 Helicobacter pylori HP-NAP H. pylori neutrophil activating protein – HP-NAP Induziert Entzündung Gewebeuntergang Aktivierung inflammatorischer Zellen: Förderung von Produktion und Freisetzung essentieller Nährstoffe Zusammenfassung: Urease, Cag A, Vac A und HPNAP sind Determinanten der Pathogenität und wichtige Antigene Impfung Vielleicht gelingt die Ausrottung eines Pathogens, das seit 150’000 Jahren mit dem Menschen gelebt hat? HP-NAP bindet an spezifische Rezeptoren auf der Leukozytenzellmembran; diese Rezeptoren sind an Pertussistoxin-sensitive GProteine gekoppelt. Die Aktivierung dieses Systems führt zu einem Ca2+-Einstrom ins Zytoplasma (durch Aktivierung von Ca2+Kanälen in der Plasmamembran sowie in der Membran des endoplasmatischen Retikulums, via PLC-Aktivierung und IP3-Signalling). Die Aktivierung dieser Signalsysteme führt zur Phosphorylierung der zytosolischen Untereinheiten der Phagozyten-NADPH-Oxidase (p47phox, p67phox und p40phox). Schliesslich kommt es zur Produktion von Superoxid-Anionen und reaktiven Sauerstoffradikalen. 19 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 19 (*) Helicobacter-pylori-Infektion Fölsch / Abb 18.3 Stadien und Verlauf der Helicobacter-pylori-Infektion: zeitlicher Verlauf und Assoziation mit Erkrankungen im Magen und Duodenum. 20 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 20 (*) Vaskuläre Darmerkrankungen Robbins Ischämische Darmerkrankungen - Ischämie der Mukosa - Ischäme in Teilen der Darmwand - Infarkte der gesamten Darmwand, ausgelöst z.B. durch eine Okklusion eines Mesenterialgefässes (meist einer wichtigen Mesenterialarterie). Hämorrhagie in der Dünndarmmukosa bei fehlender Epithelschicht nach Mukosa-Infarkt Transmuraler Infarkt der Dünndarmwand nach Thrombose der oberen Mesenterialarterie 21 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 21 (*) Zöliakie Zöliakie ist eine Dünndarmerkrankung, die mit einer Zottenatrophie (abgeflachte Schleimhautzotten), gestörter Verdauung und Durchfall einher geht und auf einer Unverträglichkeit auf Gliadin, einem Bestandteil von gewissen Getreidesorten, beruht. Die meisten Patienten haben mit der Zeit einen deutlichen Gewichtsverlust. Weitere Symptome sind allgemeine Schwäche, Bauchbeschwerden und Anzeichen einer Mangelernährung (Vitaminmangel). Häufigkeit (effektiv Erkrankte): schwankt zwischen 1:10’000 (USA) und 1:300 (Schweden) Pathomechanismen: Prolin/Glutamin-reiche Abschnitte des Gliadins führen zu einer komplexen Immunreaktion zwischen Darmschleimhaut und Immunsystem, mit Bildung von Autoantikörpern gegen Proteine der Darmmukosa, z.B. Gewebetransglutaminase. Die Folge ist eine Mischform aus Allergie und Autoimmunkrankheit. Morphologische Veränderungen (Zottenatrophie), Stimulation von T- und B-Zellen in der Darmschleimhaut und Einwanderung von T-Zellen ins Epithel bei der Zöliakie 22 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 22 (*) Entzündliche Darmerkrankungen Robbins Morbus Crohn des Ileum Die Enteritis regionalis (Morbus Crohn) tritt als “segmentär vernarbende Enteritis” v.a. bei jüngeren Erwachsenen auf und ist eine meist schubweisechronisch verlaufende, transmurale Entzündung der unteren Ileumsegmente und (seltener) höherer Darmabschnitte. Sie greift häufig auf das Kolon über, beginnt mit einem Block der Lymphwege (Lymphstauung, Ödem, zelluläre Infiltration der Darmwand, Geschwürsbildung, Nekrosen, granulomatöse Entzündung, Fibrose; krampfartige oder andauernde Schmerzen im Unterbauch. Colitis ulcerosa Meist chronische Schleimhautentzündung des Dickdarms, mit geschwürigen Darmwandzerstörungen, gefolgt von Superinfektionen durch Eitererreger, narbige Schrumpfung, Stenose und ev. Peritonitis durch Geschwürsperforation. Zu Beginn schleimig-blutig-eitrige Durchfälle. 23 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 23 * Morbus Crohn und Colitis ulcerosa Robbins Ileum Kolon Kolon Scharf begrenzte Abschnitte betroffen Diffuse Ausbreitung Transmurale Entzündung Entzündung auf die Mukosa beschränkt Tiefe, messerscharfe Ulzerierungen Oberflächliche, breite Ulzerierungen Starke Fibrosierung Starke Entzündung Schwache oder fehlende Fibrosierung/ Entzündung Fettmalabsorption Keine Fettmalabsorption Wiederaufflammen der Krankheit nach Operation häufig Keine Wiederaufflammen der Krankheit nach Operation Verteilung der betroffenen Darmabschnitte bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa 24 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 24 (*) Entzündungsprozesse im GI-Trakt Robbins Modell der Pathogenese von entzündlichen Darmerkrankungen Die Entzündungsprozesse werden durch bakterielle Komponenten ausgelöst, wobei die Voraussetzung dafür ein Defekt in der Interaktion der Darmzellen mit der Darmflora sowie eine epitheliale Dysfunktion und eine atypische Immunantwort der Darmmukosa ist. 25 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 25 Epithelzellen und MALT Das Mukosa assoziierte Immunsystem des Darmes (MALT; auch Gut Associated Lymphoid Tissue GALT) ist grösstenteils in der intestinalen Lamina propria lokalisiert. Innerhalb der Epithelzellschicht befindet sich eine Population von intraepithelialen Lymphozyten (IEL). Im Stroma der Lamina propria finden sich Mastzellen, Makrophagen, B- und TLymphozyten, die komplexe Verteidigungsaufgaben wahrnehmen. Vorwiegend Antikörper des Isotyps IgA werden kontinuierlich bereitgestellt. Peyer-Plaques sind lymphfollikel-ähnliche Strukturen, die sich an wenigen Stellen nachweisen lassen. Sie besitzen ein germinales Zentrum, um das B-Zellen angeordnet sind. Über den Peyer-Plaques befinden sich typischerweise spezialisierte Epithelzellen mit einer flachen Zelloberfläche ohne Villioder Mikrovillibesatz. Diese werden als M-(Microfold-)Zellen bezeichnet und selektieren durch Glykoproteinrezeptoren Antigene aus dem intestinalen Lumen, die sie durch Transzytose an die Lymphozyten xxx Fölsch / Abb 19.2 der Peyer-Plaques weiterleiten. Das Zytoplasma der M-Zellen misst im Gegensatz zu den Nachbarzellen nur wenige Nanometer, sodass die basale Zellmembran “unter der Zelle” einen kuppelförmigen Hohlraum bildet. Dadurch können oft mononukleäre Phagozyten und TLymphozyten in unmittelbaren Kontakt mit der Zellmembran der M-Zelle treten, indem sie sich an die basale Plasmamembran der M-Zellen anlagern. 26 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 26 Der Fall Der Fall einer 35-jährige Frau • früher längere Probleme mit Herpes genitalis • seit 2-3 Jahren periodische Bauchschmerzen • seit kurzem stark zunehmend, besonders bei Anstrengung und tierfer Atmung; Übelkeit, Völlegefühl, Gewichtsverlust • Labor-Untersuchungen und endoskopische Inspektion zeigen keine auffallenden Abweichungen von der Norm • Biopsien aus dem Antrum ergeben jedoch granulomatöse Entzündungsherde in der Magenschleimhaut; CT zeigt zahlreiche solche Läsionen auch in der Milz South Med J 2007; 100: 301 Sarkoidose (sarcoidosis) Besnier-Boeck-Schaumann-Krankheit • Granulomatös entzündliche Systemerkrankung unklarer Genese • Betroffene Altersgruppe vorwiegend jüngere Erwachsene • Befall der Lymphknoten, Lunge, Haut und Gelenke • Selten betroffen: Augen, Skelett, ZNS, Herz, Intestinaltrakt, Nieren • Behandlung mit Corticosteroiden Sarkoidose-Läsionen in der Haut Multiple granulomatöse Nodulen (N) in der Milz 27 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 27 Störungen der Verdauung und Darmmotilität Fölsch / Abb 20.1 Malassimilation ist der Oberbegriff für Störungen der Digestion (Maldigestion) und Resorption (Malabsorption) Maldigestionssyndrome (Störungen der Verdauungsfunktion und enzymatischen Spaltung der Nahrungsprodukte im Magen-Darm-Trakt) entstehen häufig durch einen Mangel an Enzymen des exokrinen Pankreas, an Gallensäuren oder an endverdauenden Enzymen der Dünndarmmukosa. Primäre Malabsorptionssyndrome (Störungen der Resorption digestiver Nahrungsendprodukte aus dem Dünndarm) sind in der Regel genetisch bedingt (Enzym- u. Transporterdefekte); Sekundäre Malabsorptionssyndrome beruhen auf einer morphologischen Veränderung der Dünndarmmukosa. 28 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 28 Resorptionsstörungen von Fetten Fölsch / Kap 20 Normale Digestion und Resorption Resorptionsstörungen von Nahrungsfetten • Mechanische Zerkleinerung der Nahrung (Kauen, antrale Magenmotorik) • Mangel an pankreatischer Lipase (exokrine Pankreasinsuffizienz) • Luminale Digestion (Magen-, Pankreas-, Gallen- und Darmsekret) • Mukosale Endverdauung an der Bürstensaummebran der Epithelzellen (z.B. Disaccharidasen, Peptidasen) • Resorption durch die apikale Membran der Epithelzellen (erleichterte Diffusion, verschiedene Transporter) • Metabolisierung und Verarbeitung in der Mukosazelle (z.B. Chylomikronenbildung) • Mangel an Gallensäuren (Verschlussikterus, Gallensäurenverlustsyndrom, bakterielle Überbesiedelung des Dünndarms) • Reduzierte Resorptionsfläche (Darmresektion oder Zottenschwund) • Lymphabflussstörungen Zusammengefasst: Die wichtigsten Fettresorptionsstörungen treten durch einen Mangel/Inaktivierung der pankreatischen Lipase, durch ein Unterschreiten der kritischen mizellaren Gallensäurenkonzentration im Duodenum oder durch eine Verminderung der Oberfläche des Resorptionsepithels im Dünndarm auf. • Abtransport über Blut- oder Lymphgefässe Lipase-Hemmer (z.B. Orlistat) reduzieren die Resorption von Triglyzeriden im Dünndarm, die dann im Dickdarm bakteriell zu freien Fettsäuren und Hydroxyfettsäuren abgebaut werden. Es resultiert eine Steatorrhö (Stuhlfettausscheidung). Orlistat 29 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 29 Bakterielle Überbesiedelung Fölsch / Abb 20.3 Eine bakterielle Überbesiedelung des Dünndarms kommt bei anatomischen Dünndarm-Veränderungen wie Divertikel, Fisteln, Strukturen und Stenosen vor, aber auch bei Motilitätsstörungen wie diabetischer Neurogastroenteropathie und Sklerodermie sowie auch bei Infekten und immunologischen Defekten. Die Folgen sind: - vorzeitige Dekonjugation von konjugierten Gallensäuren - Malabsorption von Triglyzeriden - vorzeitige Fermentation von Kohlenhydraten - Vitamin-B-12-Mangel 30 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 30 * Diarrhö Fölsch / Abb 20.5 Definition: > 3 dünnflüssige Stühle/Tag mit einem Gewicht von mehr als 200 g/Tag. Pathogenese: • Gesteigerte intestinale Flüssigkeits- und Elektrolyt-Sekretion oder Hemmung normaler aktiver Ionenresorption (sekretorische Diarrhö). • Gestörte intestinale Motilität (gesteigerte propulsive Muskelkontraktionen). • Exsudation von Schleim, Blut und Protein aus entzündetem Gewebe durch Alteration der Mukosa und erhöhte Permeabilität. • Vorhandensein ungewöhnlicher Mengen schlecht oder überhaupt nicht resorbierbarer, osmotisch wirksamer Substanzen bei Malabsorption (osmotische Diarrhö). 31 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 31 (*) Diarrhö Fölsch / Abb 20.6/7 Wechselwirkung zwischen Sekretion, Resorption, Motilität, enteralem Nervensystem und Immunsystem. Pathophysiologie der Diarrhö Erhöhte Sekretion, beschleunigte Passage und verminderte Resorption führen zur erhöhten Ausscheidung von Wasser und Elektrolyten im Stuhl. 32 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 32 (*) Osmotische und sekretorische Diarrhö Fölsch Vorkommen einer osmotischen Diarrhö Vorkommen einer sekretorischen Diarrhö 33 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 33 (*) Bakterielle Enterotoxine Fölsch / Abb 20.8 Mechanismen bakterieller Enterotoxine Oben: Cholera-Toxin bindet an einen spezifischen Membranrezeptor, tritt in die Zelle ein und bewirkt durch Aktivierung der Adenylat-Zyklase eine Sekretion. Unten: Das hitzestabile Enterotoxin von E. coli induziert eine Diarrhö durch Stimulation der Guanylat-Zyklase. cGMP stimuliert eine Chloridsekretion. 34 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 34 (*) Wirkungsweise von Cholera- und Pertussis-Toxinen Mechanismus der Wirkungsweise von Cholera-Toxin. Nach Andocken der B-Untereinheit des Toxins an das GM1-Gangliosid der Epithelzelle des Darms gelangt die A-Untereinheit durch retrograden Transport ins endoplasmatische Reticulum, wo sie durch die PDI (Protein-Disulfid-Isomerase) freigesetzt wird und auf diese Weise ins Zytoplasma gelangt. Im Zusammenspiel mit dem ARF (ADP-Ribosylierungsfaktor) induziert die A-Untereinheit die ADP-Ribosylierung von Gsα, was den aktivierten, GTP-bindenden Zustand von Gsα arretiert. Dies führt zu einer Daueraktivierung von AC (Adenylatzyklase), und das somit ständig produzierte cAMP öffnet den CFTR- (Chlorid-) Transporter, was zur Dauersekretion von Chlorid und zur Diarrhö führt. 35 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 35 * Gastrointestinale Tumoren Fölsch / Abb 21.1 Gastrointestinale Tumoren sind in der Regel exophytisch ins Lumen hineinwachsende Polypen epithelialen Ursprungs. Die genetische Untersuchung der verschiedenen Progressionsstadien von Dickdarmpolypen bzw. kolorektalen Adenomen und Karzinomen führte zur Entwicklung des ersten molekularen Tumorprogressionsmodells. Dieses Modell erklärt die Entstehung eines kolorektalen Karzinoms durch eine Ansammlung genetischer Veränderungen in der Tumorzelle. Diese Veränderungen treten häufig in einer bestimmten Abfolge auf und definieren molekulargenetisch unterschiedliche Stadien innerhalb der Tumorprogression vom Adenom zum metastasierenden Karzinom. Klonales Selektionsmodell. Jede klonale Entwicklungsstufe ist die Folge einer erworbenen somatischen Mutation, die der individuellen Zelle und ihren Tochterzellen einen Selektionsvorteil verschafft. Dadurch kommt es während eines jeden klonalen Entwicklungsstadiums zur Ausbildung eines dominierenden Klons. 36 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 36 (*) Tumoren des Magens Robbins Wachstums- und Verbreitungsformen des Magenkarzinoms. Im frühen Stadium ist der Tumor auf die Mukosa- und Submukosaschicht beschränkt, während in späteren Stadien auch die Muscularis-propria-Schicht durchsetzt wird. 37 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 37 Tumoren des Magens (Malignes) Magenkarzinom (unten) Benigne Tumoren (rechts) (Faktoren, die die Entwicklung begünstigen) (Polypen sind Gewebeausstülpungen, die über den umgebenden Mukosarand herausragen) Nahrung (z.B. geräuchertes/gepökeltes Fleisch, Nitrite, Aflatoxin) Lebensstil (z.B. Tabak) Magenerkrankungen (z.B. Gastritis aufgrund einer H.-pylori-Infektion oder einer Anämie; Magenulkus; Magenadenom) Robbins Adenomatöser Polyp des Magens (Auf der Polypen-Oberfläche findet sich eine kleine Ulzeration; s. Pfeil) Genetische Veranlagung (z.B. Blutgruppe A, HNPCC, genetisch-bedingte Prädisposition) Ulzerierendes Magenkarzinom (links); schlecht differenziertes Adenokarzinom (intestinaler Typ) (mitte); diffus infiltrativ wachsendes Magenkarzinom (rechts). 38 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 38 Tumoren des Kolons und Rektums Fölsch / Abb 21.2 Kolon-Resektionspräparate mit den typischen neoplastischen Veränderungen a: Tubuläres Adenom in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem Karzinom. b: Ausgedehntes villöses Adenom ohne Karzinomnachweis. c: “Klassisches” karzinom. exophytisch wachsendes Kolon- 39 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 39 (*) Progressionsmodell des Kolorektaltumors Fölsch / Robbins (Vorläufiges) Progressionsmodell des Kolorektaltumors nach Vogelstein: Die Tumorinitiation geschieht durch Inaktivierung des Tumorsuppressorgens APC. Daraus resultieren Foki dysplastischer aberranter Krypten (ACF), aus denen im Verlauf makroskopisch sichtbare Adenome hervorgehen können. Einige dieser frühen Adenome entwickeln sich durch sukzessive Akkumulation weiterer Genalterationen zu fortgeschrittenen Adenomen, was in der Regel mit einer Grössenzunahme sowie einer Zunahme des Dysplasiegrades bzw. des villösen Anteils der Adenome einhergeht. Mit dem Auftreten von inaktivierenden Veränderungen im Tumorsuppressorgen p53 scheint eine weitere klonale Selektionswelle getriggert zu werden, die zur Ausbildung hochdysplastischer Adenome bzw. zu Karzinom führt. Ein Defekt des Mismatch-Reparatur-Systems beschleunigt den Tumorprogressionsprozess (schematisch durch Doppelpfeile dargestellt). Modell nach Robbins 40 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 40 Tumor-Stammzellen beim Kolorektaltumor Stammzellen in der Darmmukosa: • Lokalisation am unteren Ende der Krypten • Krypten sind Furchen von 50 Zellen zwischen zwei Darmzotten • neue Zellen wachsen von unten nach oben • nach 5 Tagen werden Zellen oben abgestossen Ausbreitung von mutierten Stammzellen von unten nach oben oder von oben nach unten (Details noch unklar). 41 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 41 Karzinoide des Magen-Darm-Traktes Robbins Karzinoide sind neuroendokrine Tumoren, die von den enterochromaffinen Zellen des APUD-Systems ausgehen, meist langsam wachsen und selbst bei Lebermetastasierung eine 5-Jahres-Überlebensrate von 20-65% aufweisen. Karzinoid des Ileums mit vielen herauswachsenden Tumoren. Im Dünnschnitt einheitliche Zell-Beschaffenheit und in der Elektronenmikroskopie im Zytoplasma dichte Partikel. 42 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 42 Pathophysiologie der Leber • Virus-Hepatitis Hepatitis A, B, C, D, E • Metabolische Lebererkrankungen Störungen des Kohlenhydratmetabolismus, des Aminosäuren- und Proteinstoffwechsels sowie des Fettstoffwechsels, Hämochromatose Morbus Wilson Spez. Topic: Hepatitis C Porphyrie • Störungen des Gallensäuren- und Bilirubinstoffwechsels Intra- und extrahepatische Cholestase, prä- und posthepatischer Ikterus, Cholelithiasis, Gallensäurenverlust, biliäre Zirrhose • Störungen der Leberhämodynamik Portale Hypertension, intrahepatische Zirkulationsstörungen, Aszitesbildung • Störungen von Entgiftung und Abbau Toxin-induzierte Leberschäden Störungen der Biotransformation, Alkohol- und Medikamenten-bedingte Lebererkrankungen, Leberzirrhose • Akute und chronische Leberinsuffizienz Hepatische Enzephalopathie (Leberkoma), hepatorenales Syndrom (Niereninsuffizienz bei Lebererkrankung), Pulmo (hepatopulm. Syndr.) • Lebertumoren Hepatozelluläres Karzinom, fibrolamellares Karzinom, Metastasen (z.B. eines primären Kolonkarzinoms) Alkohol und Leberkrebs 43 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 43 * Normale Leber Robbins Normalstruktur des Leberläppchens: A: Dreidimensionaler Aufbau mit Ästen der Pfortader (Vena porta) (violett), der Leberarterie (Arteria hepatica) (rot), den intrahepatischen Gallengängen (grün) und den Lebervenen (Vv. Hepaticae) (blau). B: Längsschnitt durch das Läppchenzentrum mit Zentralvene (blau). C: Gefässe in der Leber: Leberarterie (Hepatic artery) (rot), Gallengänge (Bile duct) (grün), Pfortader (Portal vein) (blau), Lebervene (Terminal hepatic vein) (d’blau). C Gewebeschnitt der Leber im Normalzustand 44 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 44 * Reaktionen der Leber Robbins Degeneration / Intrazelluläre Akkumulation Toxische oder immunologische Noxen führen zu: - Schwellung von Hepatozyten (reversibel) - Formveränderung von Hepatozyten (ballooning degeneration, feathery degener.) - Akkumulation von Metallen (Eisen, Kupfer) in Hepatozyten - Steatose (mikrovesikulär, makrovesikulär) Nekrose und Apoptose Starke Noxen führen bei den Hepatozyten zu: - Apoptotischem Zelltod - Ischämisch-koagulativer Nekrose - Lytischer Nekrose Entzündung ( Hepatitis) Zonal unterschiedliche Verteilung Toxische oder immunologische Noxen, die eine Nekrose verursachen, lösen meist eine Hepatitis aus. Zerstörung von Antigen exprimierenden Leberzellen durch zytotoxische Lymphozyten ist der häufigste Grund des Leberschadens, v.a. bei viralen Infekten. Dabei wandern Entzündungszellen aus dem Portalbereich ins Leberparenchym ein und zerstören Hepatozyten. Die Reste werden durch Kupferzellen und Monozyten phagozytiert, wobei Entzündungsherde entstehen. Regeneration Hepatozyten überleben relativ lange und können aufgrund von Gewebeentnahme oder Zelltod proliferieren, und zwar in den meisten Krankheitszuständen der Leber (je nach Schweregrad). Zum Beispiel regeneriert die Leber nach hepatozellulärer Nekrose (ohne Zerstörung der Bindegewebsstruktur) zu fast perfekter Form. Fibrose Vermehrte Einlagerung von Kollagen in der Leber; häufig Übergangsstadium zur Leberzirrhose Die Fibrosierung der Leber führt meist zu einem irreversiblen Leberschaden; sie ist die Folge einer Entzündung oder von toxischen Noxen. Initiale Fibrosierung in den Bereichen der Pfortader- oder Lebervenen, später Ausbildung von Nodulen proliferierender Hepatozyten, umgeben von Narbengewebe (“Zirrhose”). 45 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 45 Laborbefunde bei Leberkrankheit Test Category Serum Measurement Hepatocyte integrity Cytosolic hepatocellular enzymes - Serum aspartate aminotransferase (AST)* - Serum alanine aminotransferase (ALT)* - Serum lactate dehydrogenase (LDH)* Biliary excretory function Substances normally secreted in bile - Serum bilirubin Total: unconjugated plus conjugated* Direct: conjugated only* Delta: covalently linked to albumin* - Urine bilirubin* - Serum bile acids* Robbins Plasma membrane enzymes (from damage to bile canaliculus) - Serum alkaline phosphatase * - Serum γ-glutamyl transpeptidase* - Serum 5'-nucleotidase* Hepatocyte function Proteins secreted into the blood - Serum albumin† - Prothrombin time * (factors V, VII, X, prothrombin, fibrinogen) Hepatocyte metabolism - Serum ammonia* - Aminopyrine breath test (hepatic demethylation)† - Galactose elimination (intravenous injection)† The most common tests are in italics. *An elevation implicates liver disease. †A decrease implicates liver disease. 46 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 46 (*) Ikterus (Gelbsucht) Fölsch / Kap 22 Ikterus (sog. Gelbsucht): hell- bis dunkelgelbe Hautfarbe infolge Übertritts von Gallenbestandteilen (Bilirubin, Gallensäuren) zunächst ins Blut ( Cholämie, Hyperbilirubinämie) sowie durch das Gefässendothel in die Haut, die Conjunctiva bulbi und das übrige Körpergewebe. Ikterus ist ein Symptom, das bei verschiedenen Grunderkrankungen auftreten kann und sichtbar wird, wenn die Serumkonzentration von Bilirubin auf etwa 34 mmol/l (2 mg/dl) oder höher ansteigt. Einteilung nach pathogenetischen Kriterien: • Produktionsikterus: Überforderung des Glukuronyltransferase-Systems bei erhöhter Bilirubinproduktion und gesteigertem Hämabbau (z.B. bei Hämolyse, Hyperbilirubinämie von Neugeborenen) • Transportikterus: Störung des Bilirubintransports von den Lebersinusoiden zu den Mikrosomen der Leberzellen (z.B. bei bestimmten Hepatitisformen und Leberzirrhose) • Konjugationsikterus: Störung der Konjugation von Bilirubin mit Glukuronsäure in den Mikrosomen der Leberzelle • Exkretionsikterus: Vermehrung des konjugierten Bilirubins durch Störung der Ausscheidung in die Gallengänge (z.B. bei Hepatitis, Leberzirrhose, Alkoholhepatitis, Schwangerschaftsikterus, Drogenikterus, nach Einnahme gewisser Steroide) • Verschlussikterus: Störung des Bilirubintransports durch partielle oder totale Verlegung des Ductus choledochus (z.B. bei Gallengangkarzinom, Cholelithiasis) Bilirubinmetabolismus und -elimination: (1) Im Normalfall stammt das Bilirubin fast ausschliesslich aus dem Hämoglobin von Erythrozyten, die eliminiert werden (0.2 bis 0.3 g/Tag). (2) Extrahepatisches Bilirubin wird an Serumalbumin gebunden und zur Leber transportiert. (3) Aufnahme und (4) Konjugierung zu Glucuroniden, Exkretion in die Galle. (5) Dekonjugierung von Bilirubin durch Darmbakterien zu farblosen Urobilinogenen; Ausscheidung zusammen mit anderen Pigmenten. 47 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 47 (*) Porphyrie Definition: Genetische bedingte Störungen der Häm-Biosynthese, die unter der Wirkung auslösender Faktoren zu Stoffwechselkrisen führen können. Pathogenese: Porphyrine sind Vorstufen in der Hämbiosynthese, deren Ausgangsprodukt die 5-Aminolävulinsäure (ALA) (auch: Delta-Aminolävulinsäure, ALS) ist, die durch die Wirkung der 5-Aminolävulinsäure-(ALA)-Synthase entsteht. Dieses Enzym wird durch negative Rückkopplung seiner Stoffwechselprodukte, inklusive des Häms, gehemmt. Die verschiedenen Porphyrieformen unterscheiden sich durch den Schritt im Stoffwechsel auf dem Weg von der 5-Aminolävulinsäure zum Häm, an dem die Synthese gestört ist. Die akute intermittierende Porphyrie beispielsweise weist die Störung bei der Porphobilinogen-Desaminase auf, die Porphyria cutanea tarda (chronische hepatische Porphyrie) bei der Uroporphyrinogen-Decarboxylase, die Porphyria variegata bei der Protoporphyrinogen-Oxidase und die erythropoetische Porphyrie bei der Ferrochelatase. Auslösung: - hormonelle Veränderungen (z.B. prämenstruell, Schwangerschaft, Antikontrazeptiva) - Alkoholkonsum - psychischer oder physischer Stress (auch Infektionen oder Operationen) - Arzneimittel (wichtigste Faktoren) Klassifikation: siehe übernächstes Dia Klinik: Die Symptomatik reicht, in unterschiedlichen Schweregraden, von unspezifischen Abdominalbeschwerden mit oder ohne Übelkeit, Erbrechen, Koliken, Obstipation und Subileussymptomatik bis hin zu akuten Schmerzkrisen mit kardiovaskulärer Dekompensation und Hyponatriämie, Depression oder einem Guillain-Barré-Syndrom und Tod durch Atemlähmung. Therapie: Glukose-Infusion (20 g/h) oder Hämatin (3-4 mg/kg/Tag) infundiert über 15 min, 3-5 Tage lang: Hemmung der Induktion der hepatischen ALA-Synthase. Pos. Arnzeien: Analgetika (Acetamidophen, Acetylsalicylsäure, Kodein, Fentanyl, Morphin, Dihydrocodein, Paracetamol). Antibiotika (Penicilline, Cephalosporine, Aminoglykoside, Tetracyclin). Herzkreislaufmittel (Adrenalin, Atropin, Digitoxin, Metrolol, Propranolol u.a.). Antihypertonika und Diuretika (Amilorid, Atenolol, Reserpin). Sedativa (Chloralhydrat, Haloperidol, Lithium, Oxazepam, Promazin). Andere (Aciclovir, Atropin, Heparin, Insulin u.a.). 48 15/11/10 Neg. Arzneien: Analgetika und NSAR (alle NSAR, Phenacetin, Phenylbutazon, Tilidin, Pentazocin, Tramadol u.a.). Antibiotika (Chloramphenicol, Sulfonamide, Doxycyclin u.a.). Herzkreislaufmittel (Amiodaron, Nifedipin, Verapamil). Antihypertonika und Diuretika (Thiazide, α-Methyldopa, Captopril, Furosemid u.a.). Sedativa (Barbiturate, Diazepam, Meprobamat). Andere (Ergotamin, Imipramin, Östrogene, Sulfonylharnstoffe, Theophyollin u.a.). Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 48 Porphyrie: Enzymdefekte der Häm-Biosynthese 49 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 49 Porphyrie-Typen Pschyrembel 50 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 50 (*) Virus-Hepatitis Robbins Akute Viren-Hepatitis: Entzündung des Leberparenchyms, hervorgerufen durch Hepatitis-Viren-Infektion Weitere Virus-Infektionen, die eine Hepatitis auslösen können, betreffen (1) Epstein-Barr-Virusinfektion, (2) CytomegalovirusInfektion (z.B. bei Neugeborenen), (3) Gelbfieber, welches besonders in tropischen Ländern die Hauptursache von Hepatitis ist. 51 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 51 (*) Akute vs. chronische Hepatitis Robbins Schematische Gegenüberstellung der morphologischen Gegebenheiten bei akuter und chronischer Hepatitis 52 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 52 (*) Akute vs. chronische Hepatitis Leber bei akuter Hepatitis Robbins Leber bei chronischer Hepatitis Akute Viren-Hepatitis geht einher mit der Auflösung der lobulären (Läppchen-) Struktur, Eindringen von Entzündungszellen in die Sinusoide und hepatozelluläre Apoptose. Die Hepatozyten schwellen ballonartig an und können in Apoptose übergehen oder nekrotisieren. In den Gallenkanälchen kann es zu Gallenstauung (Cholestase) kommen. Bei Hepatitis C wird ferner Fettakkumulation festgestellt. Chronische Hepatitis nach HCV-Infektion (mit Expansion im Bereich der Pfortader, zahlreichen Entzündungszellen, die sich ins Leberparenchym ausbreiten). Bei der chronischen Hepatitis ist in der mildesten Form die Entzündung auf den Bereich der Pfortader beschränkt. In erster Linie Lymphozyten und Makrophagen, selten neutrophile oder eosinophile Zellen, bilden lymphoide Aggregate, besonders bei HCV-Infektion. In dieser Form ist die Leberstruktur noch gut erhalten. Bei Ausbreitung der Entzündung und Bildung von fibrösem Gewebe (periportale Fibrose, dann sog. bridging fibrosis) ergibt sich ein kontinuierlicher Verlust an Hepatozyten, was schliesslich zu einer Zirrhose führt. 53 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 53 * Hepatitis-A-Virus Robbins Hepatitis-A-Virus ist ein kleines Pikornavirus, das über kontaminiertes Wasser oder Nahrung aufgenommen wird. Es hat eine Inkubationszeit von 2-6 Wochen, zeigt einen milden Verlauf und entwickelt keine chronische Krankheitsform. (Jaundice = Gelbsucht) Abfolge des Auftretens von serologischen Markern bei akuter Hepatitis A. 54 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 54 * Hepatitis-B-Virus Robbins Das Hepatitis-B-Virus (HBV) ist Ursache der “SerumHepatitis”, die sich wie folgt manifestieren kann: • Akute Hepatitis • Nicht-progrediente chronische Hepatits • Progressive chronische Hepatitis mit Zirrhose • Fulminante Hepatitis mit massiver Lebernekrose • Asymptomatischer Trägerzustand, mit oder ohne subklin. Krankheit Durch HBV verursachte Lebererkrankungen sind ein riesiges Problem weltweit, mit einer geschätzten Zahl von 300 Mio. Infizierten (in den USA 300’000 neue Fälle pro Jahr). Im Gegensatz zu HAV zirkuliert das HBV im Blut, auch noch nach Ausbruch einer akuten oder chronischen Hepatitis. Es ist auch in allen Körperflüssigkeiten nachweisbar (nicht im Stuhl). HBV widersteht extremen Temperaturen. HBV kann über alle Körpersekrete übertragen werden. Abfolge des Auftretens von serologischen Markern bei Hepatitis B: (A) Akute Infektion (B) Progression in eine chronische Infektionsform. 55 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 55 (*) Hepatitis-B-Virus-Infektion Robbins Verlaufsformen einer Hepatitis-B-Virusinfektion; die Häufigkeiten beziehen sich auf Zahlen der USA * Recovery: Erholung von einer akuten Hepatitis B, mit Abheilung oder latenter Infektion mit Aufrechterhaltung der T-Zell-Antwort. ** Recovery: Erholung von einer chronischen Hepatitis B. *** Healthy Carrier State: Positiver Befund bezüglich Habe-Antikörper. 56 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 56 * Hepatitis-C-Virus Robbins Das Hepatitis-C-Virus (HCV) ist eine wichtige Ursache für chronische Hepatitis, Leberzirrhose und hepatozelluläres Karzinom (HCC). Weltweit sind etwa 170 Mio. Personen durch HCV infiziert (in Europa sind ca. 1% der Bevölkerung seropositiv). Besonders betroffen sind Drogenkonsumenten. Die akute HCV-Infektion verläuft häufig asymptomatisch. Im Unterschied zur HBV- geht die HCV-Infektion in der Mehrzahl der Fälle (50-80%) in eine chronische Infektion über. Etwa 20% der Patienten entwickeln über die Jahre eine Leberzirrhose, woraus schliesslich ein HCC resultieren kann. Eine Impfung existiert noch nicht und als Therapie wird derzeit pegyliertes Interferon-α in Kombination mit Riboflavin eingesetzt. Abfolge des Auftretens von serologischen Markern bei Hepatitis C: (A) Akute Infektion (B) Progression in eine chronische Infektionsform. 57 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 57 (*) Hepatitis-C-Virus-Infektion Robbins Verlaufsformen einer Hepatitis-C-Virusinfektion; die Häufigkeiten beziehen sich auf Zahlen der USA 58 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 58 Hepatitis-C-Virus Diagramm der Genomstruktur und der transkribierten Komponenten des Hepatitis-C-Virus Das Genom des Hepatitis-C-Virus wird in ein einziges Transkript übersetzt, wie auf der obersten Zeile dargestellt: 340 Nukleotide am 5’-Ende und 128 Nukleotide am 3’-Ende werden nicht in Proteininformation translatiert. Die einzelnen strukturellen Proteinteile werden aus dem einzigen Vorläufer, dem HCV-Polyprotein, durch Einwirkung von ER-Signalpeptidasen herausgeschnitten; das Core-Protein wird mittels Signalpeptid-Peptidase herausgeschnitten. Die nicht-strukturellen Proteine werden aus dem Vorläufer mittels HCV-NS2-3- und -NS-3-Proteasen gespalten. E1 und E2 werden schliesslich noch glykosyliert. 59 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 59 (*) Hepatitis-C-Virus-Infektion Hepatozelluläres Karzinom Man erkennt das knotige Bild einer Leberzirrhose und einen grossen, hellen Tumor mit Tumorzapfen in der Pfortader. Fölsch / Abb 22.7 Hepatokarzinogenese nach HCV-Infektion. HCC: Hepatocellular carcinoma; ROS: reactive oxygen species. From: Oncology 2002; 35 (suppl 1): 1175-1181 60 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 60 Hepatitis-D-Virus Hepatitis D Virus (HDV) (Hepatitis Delta Virus) Afrika, Orient, Mittelmeer RNA-Virus mit einem Replikationsdefekt, das nur dann eine Infektion auslöst, wenn es in einem HBs-Ag eingeschlossen ist. Das heisst, seine Replikation hängt von der genetischen Information eines HBV ab. Eine HDV-Hepatitis wird also nur in Gegenwart von HBV ausgelöst. 61 15/11/10 Verschiedener klinischer Verlauf bei HDV-HBV-Koinfektion und HDV-Superinfektion nach HBV-Infektion. Bei Koinfektion von HDV mit HBV kommt es zu einer milden bis fulminanten Hepatitis; die fulminante Form ist bei Koinfektion häufiger als bei Infektion mit HBV allein. Bei Superinfektion kann es zu einer akuten, schweren Hepatitis bei einem zuvor gesunden HBVTräger kommen, oder eine milde HBV-Hepatitis wird in eine fulminante Form gesteigert, oder es kommt zu einer chronischen, progredienten Hepatitis, die oft in einer Zirrhose kulminiert (80% der Fälle). Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 61 Hämochromatose Robbins Genetische Hämochromatose: Hepatozelluläre Eisenablagerung (rechts: blau) im frühen Stadium der Krankheit (die Architektur des Leberparenchyms ist noch normal). Die Krankheit beruht auf einem genetischen Defekt in der intestinalen Eisenabsorption: das HFE-Protein, ein HLA-I-ähnliches Molekül auf kryptischen Darm-Epithelzellen, ist defekt, Die Eisen-Transporter sind up-reguliert und reagieren nicht auf erhöhte Eisenkonzentration im Blut (oben). 62 Wilson Disease = Akkumulation toxischer Mengen von Kupfer in verschiedenen Organen: Leber, Gehirn, Augen. 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 62 (*) Fettleber Modell der Nicht-alkoholischen Fettleber-Krankheit (non-alcoholic fatty liver disease, NAFLD). Die Pathogenese ist multifaktoriell und basiert insbesondere auf einer Wechselwirkung von Steatose, oxidativem Stress (herrührend z.B. von einer weiteren Krankheit) und genetischen Faktoren, welche die Entzündung und die Steatose begünstigen (a). Nicht-alkoholische Steatohepatitis (NASH) resultiert aus einer Steatose und oxidativem Stress. Reduktion der Steatose wirkt sich günstig aus, auch wenn der Grad des oxidativen Stresses unverändert bleibt (b). Wirkung von Gewichtsverlust bei chronischer Virus-C-Hepatitis. Biopsien wurden vor (a) und nach (b) Gewichtsverlust entnommen und zeigen bei (b) eine markante Reduktion der Steatose. 15/11/10 Pathogenese der Nicht-alkoholischen Fettleber-Krankheit (NAFLD). IRS-1: Insulin-Rezeptor-Substrat 1. TNF-a: Tumornekrosis-Faktor-a. PI3K: Phosphatidylinsoitol-3-Kinase. PPAR: Peroxisom-Proliferator-aktivierter Rezeptor. HCV: Hepatitis C Virus. FFA: Freie Fettsäuren. NASH: Nicht-alkoholische Steatohepatitis. HCC: Hepatozelluläres Carcinom. Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 63 63 * Alkohol-induzierte Leberkrankheit Robbins Alkohol-induzierte Leberkrankheit: Zusammenhänge zwischen Alkohol-Exposition der Leber und Abstinenz 64 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 64 (*) Alkohol-induzierte Leberkrankheit Robbins • Steatose • Hepatitis • Zirrhose Alkohol-induzierte Steatose: das intrazelluläre Fett erscheint als klare Vakuolen. Fibrose (blau) ist bereits sichtbar. Alkohol-induzierte Hepatitis: Ein Cluster von Entzündungszellen markiert einen nekrotischen Hepatozyten (A). Bildung von Mallory-Körperchen (Degenerationsprodukte im Hepatozytenplasma, s. Pfeil). Mallory-Körperchen umgeben von fibrösem Material in Hepatozyten (B). 65 15/11/10 Alkohol-induzierte Leberzirrhose: Diffuse noduläre Oberfläche (A) und Struktur (B) mit durchschnittlich 3 mm grossen Nodulen. Grünliche Bereiche deuten auf eine Cholestase (Gallenstau). Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 65 * Leberzirrhose Fölsch / Kap 22 Bei der Leberzirrhose handelt es sich um die Spätfolge von Lebererkrankungen unterschiedlicher Ätologie. Sie gehört in der westlichen Welt zu den 10 häufigsten Todesursachen Durch Parenchymnekrosen werden Narbenbildung, Umgestaltung des Gefässapparates und regeneratorischer Parenchymumbau der Leber induziert. Durch die Bindegewebsvermehrung und teilweise Zerstörung des normalen Läppchenaufbaus sowie Abschnürung von Parenchyminseln ist eine Wiederherstellung der normalen Leberarchitektur nicht mehr möglich. Funktionelle Folgen sind Leberinsuffizienz und portale Hypertension. Formen • mikronoduläre Leberzirrhose (mit Regeneratknötchen bis 3 mm) • makronoduläre Leberzirrhose (mit Regeneratknötchen von 3 mm bis 3 cm) • gemischtknotige Leberzirrhose (Mischung der mikro- und makronodulären Form) Ursachen • Alkoholabusus (ca. 50% der Fälle) • Virushepatitis (Hepatitis B, C, D; ca. 40% der Fälle) • Autoimmune chronisch-aktive Hepatitis • Primär biliäre Zirrhose und primär sklerosierende Cholangitis • Medikamenten-induzierte und toxische Leberschäden • Stoffwechselkrankheiten • Kardiale Zirrhose • Budd-Chiari-Syndrom (Verschluss der Lebervenen) Leberzirrhose aufgrund einer chronischen Virus-Hepatitis. • Tropenerkrankungen (Bilharziose, Leberegel) 66 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 66 (*) Leberzirrhose Robbins Normale Leber (links) und Fibrose (Sklerose) der Leber (rechts): Die Aktivierung von ruhenden Sternzellen (deren Funktion die Fettspeicherung ist, inkl. Vitamin A) wird ausgelöst (1) durch Aktivierung von lokalen Kupfferzellen, die nun Zytokine sekretieren; (2) durch eine chronische Entzündung (mittels Zytokinen, die von Endothelzellen, eingewanderten Zellen des Immunsystems oder von Hepatozyten stammen können; hier nicht gezeichnet); (3) durch Schädigung der extrazellulären Matrix (Sternzellen reagieren sehr empfindlich auf solche Veränderungen); (4) direkte Stimulation von Sternzellen durch Toxine. Die aktivierten Sternzellen nehmen einen Phänotyp einer Myofibroblastenzelle an; sie können durch Endothelin-Einwirkung kontrahieren. Die Bildung von extrazellulärer Matrix wird durch TGF-β stimuliert. Die Zellen wandern an jene Orte, wo Hepatozyten durch Apoptose untergegangen sind, stimuliert durch PDGF und MCP-1. 67 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 67 * Leberzirrhose Robbins Folgen der (sog. kompensierten) Leberzirrhose: • Müdigkeit • Übelkeit • chronische Obstipation • Fettintoleranz • Leberhautzeichen (Naevus araneus; spider nevus) • Vergrösserte und verhärtete Leber und Milz • Einengung der Pfortaderstrombahn, dadurch: portale Hypertonie • Pfortaderstauung mit Aszitesbildung • Ösophagusvarizen, äussere Hämorrhoiden Spätfolgen: • Blutungen aus Ösophagusvarizen (häufigste Todesursache) • Hepatisches Koma • Primäres Leberzellkarzinom Die wichtigsten Folgen einer portalen Hypertonie ausgelöst durch eine Leberzirrhose. Bei Frauen zusätzlich Oligomenorrhö, Amenorrhö und Sterilität aufgrund von Hypogonadismus. 68 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 68 (*) Portale Hypertension Fölsch / Abb 22.5 Eine portale Hypertension kann durch einen • prähepatischen Block • intrahepatischen Block • posthepatischen Block ausgelöst werden. Erreicht der Druck in der Portalvene mehr als 10 mm Hg, beginnt sich ein Kollateralkreislauf zwischen dem Portalvenensystem und dem benachbarten venösen Niederdrucksystem auszubilden, durch Wiedereröffnung von Gefässen, die eine Verbindung von der Pfortader zur Vena cava superior oder Vena cava inferior herstellen. Dadurch wird Portalblut ohne Kontakt zu Hepatozyten in die systemische Zirkulation umgeleitet. Während normalerweise 100% des portalen Blutflusses über die Vv. Hepaticae abgeleitet werden, kann dies bei der Leberzirrhose auf rund 10% des portalen Blutflusses reduziert sein. Die portale Hypertension führt obligat durch Blutstauung zur Milzvergrösserung (Splenomegalie). a: Lokalisation und Ursachen des Strömungshindernisses bei portaler Hypertension. b: Ursachen der intrahepatischen portalen Hypertension. 69 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 69 Intrahepatische Zirkulationsstörung Robbins Klassifikation und klinische Manifestationen von hepatischen Zirkulationsstörungen 70 15/11/10 Leber-Infarkt Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 Thrombosen in den wichtigsten hepatischen Venen 70 (*) Cholestase Fölsch / Robbins Die Cholestase ist eine Störung des Gallenflusses, die zwischen den sinusoidalen Hepatozyten und den grösseren Gallengängen lokalisiert sein kann. Die Ursachen können intra- oder extrahepatisch sein. Bei der intrahepatischen Cholestase liegt der Defekt in der Leberzelle oder den intrahepatischen Gallengängen (Gallengänge nicht erweitert). Bei der extrahepatischen Cholestase liegt eine mechanische Obstruktion der grösseren Gallengänge vor (obere Gallengänge häufig dilatiert), z.B. bei sklerosierender Cholangitis. Veränderungen der morphologischen Charakteristiken des Leberparenchyms und des Portaltrakts bei Cholestase (normal: links; Cholestase: rechts): Bei Cholestase sind die Hepatozyten vergrössert (1), mit erweiterten Caniculas (2); es treten apoptotische Zellen auf (3), und Kupferzellen enthalten aufgenommene Gallenpigmente (4). Im Portaltrakt kommt es zu einer Zellproliferation (5), Ödembildung und Pigmentretention (6), und umgebende Hepatozyten sind aufgeschwollen (7). 71 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 71 Cholestase Fölsch Intrahepatische und extrahepatische Cholestase Intrahepatische Cholestase (klinische Klassifikation) Extrahepatische Cholestase Cholangitis = Entzündung der extrahepatischen und/oder intrahepatischen Gallengänge Endoskopisch retrograde Darstellung der Gallengänge bei primär sklerosierender Cholangitis. Es finden sich multiple, teils perlschnurartige Strukturen der intrahepatischen Gallengänge. 72 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 72 Biliäre Zirrhose Primäre biliäre Zirrhose: Der Pfortaderbereich ist durch ein Lymphozyteninfiltrat erweitert. Das sich bildende Granulom verschliesst das Gallenkanälchen und führt zu dessen Destruktion. Robbins Biliäre Zirrhose (Endzustand): Der Leberschnitt zeigt feine noduläre Struktur des Leberparenchyms mit Gallenansammlung. Sekundäre biliäre Zirrhose resultiert aus langanhaltender Obstruktion der extrahepatischen Gallengänge. 73 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 73 Gallenganganomalien Robbins Dargestellt sind die vier wichtigsten Formen von Gallenganganomalien, die Art ihrer Vererbung und ihre Assoziation zur polyzystischen Nierenkrankheit (PKD). 74 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 74 Gallensteine Robbins CholesterinGallensteine PigmentGallensteine Links: Schematische Darstellung der vier hauptsächlichen Faktoren für Cholelithiasis (Gallensteinbildung): Übersättigung, Hypomotilität der Gallenblase, Steinbildung und -wachstum in der Mukosa der Gallenblase. 75 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 75 (*) Hepatokarzinogenese From: Toxicology 2002; 181-182: 43-47 76 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 76 (*) Beispiele von Lebertumoren Robbins Hepatozelluläres Karzinom (HCC). A: Massiver Tumor in nicht-zirrhotischer Leber. B: Tumorzellen wachsen in Nestern, manchmal mit Bildung eines zentralen Lumens. Fibrolamellares Karzinom (Variante des HCC). Tritt v.a. im Alter 20-40 auf. Die Tumorzellnester sind durch dicke Kollagenbündel getrennt. Multiple Lebermetastasen, die von einem primären Kolonadenokarzinom ausgingen. 77 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 77 (*) Akute Pankreatitis Robbins 78 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 78 (*) Pankreaskarzinom Robbins Pankreaskarzinom: Enstehung (oben), makroskopisches Bild mit undefinierter Gewebemasse (unten links), welche den Pankreasgang verlegt, und mikroskopisches Bild mit wenigen Drüsenläppchen und viel fibrotischem Gewebe und einigen Immunzellen. 79 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 79 Entamoeba histolytica Lancet 2003; 361: 1025-34 E. histolytica gehört zu den Protozoen und kommt als Trophozoit (= vegetative Form) und als Zyste vor. Er ist Ursache für die Amöbiasis (Amöbenruhr). Diese Krankheit kann als sog. Darmlumeninfektion ohne Gewebeinvasion symptomlos bleiben, jedoch als intestinale invasive Amöbiasis verlaufen und diverse Komplikationen nach sich ziehen. Infektion durch Aufnahme von Amöbenzysten, die sich im Dickdarmlumen zu Trophozoiten entwickeln, durch Teilung vermehren, wieder Zysten bilden und als Zysten im Stuhl ausgeschieden werden. E. histolytica in stool Above: E. histolytica cyst in stool (about X1600). Chlorazol black stain. Two of the four nuclei, each with the characteristic central karyosome, are clearly visible. Courtesy of George Healy, US Centers for Disease Control and Prevention. Verlauf: Obstipation oder leichter Durchfall, flüssig-eitrige Durchfälle, begleitet von bakteriellen Superinfektionen, Neigung zu chronischem Verlauf, Ulkusbildung. Below: E. histolytica trophozoite in stool (about X800). Wheatley's trichrome stain. Note the round nucleus and central karyosome. Komplikation: Leberabszesse (Leberzellnekrosen) 80 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 80 Amöbiasis Lancet 2003; 361: 1025-34 Ulceration in amoebic colitis Above: Gross pathology of amoebic colitis showing multiple ulcer formation. Below: Classic flask-shaped ulcer of amoebiasis. Mucosal ulceration with widespread submucosal invasion shown. 81 15/11/10 Pathobiologie - HS 2010 - Lektion 9 81