3. Auf dem Kettenkarussell Das Kettenkarussell ‹ B 1 ist ein Beispiel einer Kreisbewegung mit vertikaler Achse. Der Sitz S mit dem Fahrer hat vom Aufhängepunkt A den Abstand l und A von der Drehachse den Abstand r 0 . Rotiert das Karussell gleichförmig, so bilden die Ketten einen konstanten Winkel φ mit der Vertikalen. Die Kette hält den Sitz mit Fahrgast durch die schräg nach oben gerichtete von der Aufhängung aufge­ brachte Kraft F. F und G ergeben die notwendige Zentripetalkraft F z . F ist so groß, dass F zwaagerecht verläuft. Es gilt in dem gelben ­Dreieck in ‹ B 1 : F z m υ 2 ___ υ 2 tan φ = __ = _____ = mit r = r 0 + l · sin φ. G r m g r g B 1 Kräftebilanz beim Kettenkarussell 4. Im Rotor B 2 Rotor auf dem Volksfest Der Rotor auf dem Volksfest ‹ B 2 ist eine große um ihre vertikale Achse drehbare Trommel von etwa 5 bis 10 m Durchmesser. Bei schneller Rotation bleiben die Personen an der Wand hängen, auch wenn sich der Boden senkt. Wegen ihrer Trägheit würden sie ohne Krafteinwirkung tangential weiterfliegen. Sie verformen etwas die Wand durch eine auf diese gerichtete Normalkraft F N ‹ B 2 . F N greift an der Wand an. Die verformte Wand übt auf die Person die zu zwirkt als F Nentgegengesetzt gerichtete reactio F znach innen aus. F Zentripetalkraft. F zhaben hier denselben Be­ Normalkraft F Nund Zentripetalkraft trag. Damit die Person nicht abrutscht, muss infolge der Normalkraft F Neine Haftkraft F han der Person angreifen und der Gewichtskraft G das Gleichgewicht halten. Die Person rutscht also nicht ab, solange G ≤ F h, maxist, d. h. solange gilt: f h m υ 2 r g m g ≤ f h F N oder m g ≤ f h F z = ______ ⇒ υ 2 ≥ ___ . r f h 5. Die Loopingbahn B 3 Warum fallen die Wagen nicht herab? v F1 G Fz M F1 Fz v G Wir schleudern eine mit Wasser gefüllte Büchse an einer Schnur in einem vertikalen Kreis. Im obersten Punkt zeigt ihre Öffnung nach unten. Trotz­dem fließt kein Wasser aus. V 2 158 Kreisbewegungen Physik im Verkehr und auf dem Volksfest Warum fallen die Wagen in ‹ B 3 beim Durchfahren der „Todes­ spirale“, einer Kreisbewegung mit horizontaler Achse, nicht herunter? Um diese Frage zu beantworten, führen wir einen Modellversuch mit einer mit Wasser gefüllten und an einer Schnur im Kreis ge­ schleuderten Blechbüchse durch ‹ V 2 . Damit die Büchse samt dem in ihr befindlichen Wasser auf einem Kreis läuft, muss sie andauernd in Richtung auf den Kreismittelpunkt beschleunigt werden, also fort­ während auf M zu „fallen“. Die dazu notwendige Zentripetal­ beschleu­nigung a zwächst mit der Drehfrequenz. Macht man diese so groß, dass a z = g ist, so wird im höchsten Punkt der Bahn die zur Kreisbewegung notwendige Zentripetalbeschleu­nigung gerade vom freien Fall geliefert. Man muss in diesem Augenblick überhaupt nicht an der Schnur ziehen: Büchse und Wasser fallen beide „von selbst“ mit dem richtigen Betrag der Zentripetal­ beschleunigung a z = g auf den Mittelpunkt zu. Bei größerer Drehfrequenz ist a z > g: Jetzt muss man also die wassergefüllte Büchse der Masse m im obersten Punkt der Bahn noch mit der zusätzlichen Kraft F 1 = m (a z − g) = F z − G nach unten ziehen. Zusammenfassung Das ist wichtig 1 a) Die Kreisbewegung eines Massenpunktes heißt gleichförmig, wenn der Betrag der Geschwindigkeit υ konstant ist. Ist r der Radius des Kreises, T die Umlauf­ dauer und f die Drehfrequenz, so gilt: 2 π r 1 f = __ und υ = ____ = 2 π r f. T T __ › ist in jedem Punkt b) Der Geschwindigkeitsvektor υ der Kreisbewegung tangential zur Kreisbahn gerichtet. 2 Damit ein Körper eine Kreisbahn gleichförmig durch­ läuft, muss auf ihn in jedem Punkt der Bahn eine zum Kreismittelpunkt gerichtete Zentripetalkraft F z einwir­ ken, deren Betrag konstant ist. 3 a) Die Zentripetalkraft F zerzeugt am Körper eine gleich­ gerichtete, also ebenfalls zum Kreismittelpunkt gerichtete Zentripetalbeschleunigung a z . Dafür gilt die Grund­ gleichung der Mechanik: F z = m a z . b) Für die Beträge a zund F z gilt: υ 2 m υ 2 a z = __ sowie F z = m a z = ____ . r r Strategien beim Aufgabenlösen 1 Zu einer Kreisbewegung ist eine zum Kreismittelpunkt hin gerichtete Zentripetalkraft F z notwendig. 2 a) Die Zentripetalkraft F zmuss von den an dem Körper angreifenden Kräften aufgebracht werden. b) Man überlege daher bei allen Aufgaben zur Kreis­ bewegung zunächst, welche äußeren Kräfte an dem krei­ senden Körper angreifen. Die Vektorsumme dieser Kräfte muss die Zentripetalkraft F z ergeben. Bei einem Kettenkarussell ‹ B 1 ist r 0 = 6,0 m und l = 5,0 m. Es dreht sich gleichförmig und (φ = 55°). a) Berechne die Geschwindigkeit υ des Fahrgastes. b) Wie groß sind Umlaufdauer T und Drehfrequenz f? c) Welche Kraft greift im Aufhängepunkt der Kette an? (m = 85 kg). A 2 a) Von welcher Drehfrequenz f an bleibt eine Person (m = 75 kg) an der Wand des Rotors ‹ B 2 mit 4,2 m Durchmesser hängen ( f h = 0,5; Abstand Schwerpunkt der Person – Wand: 10 cm)? b) Von welcher Frequenz f 1 an könnte man die Achse des Rotors horizontal legen, ohne dass die Person im höchsten Punkt der Bewegung herabfällt? c) Der Rotor rotiert gleichförmig mit der Fre­ quenz f 1(Achse horizontal). Bestimme die Kraft, die er im tiefsten Punkt auf die Person nach oben ausübt. A 1 Eine Milchkanne wird in einem vertikalen Kreis mit r = 1,0 m geschwungen ‹ V 2 . a) Wie groß muss die Ge­ schwindigkeit im höchsten Punkt sein, damit keine Milch ausläuft? b) Berechnen die Geschwindigkeit der Kanne im tiefsten Punkt, wenn der Schleudernde keine Energie zuführt. c) Mit welcher Kraft muss er die Kanne (m = 2,0 kg) im höchsten bzw. im tiefsten Punkt halten? A 4 a) Mit welcher Geschwindigkeit können Späne von Werkzeugschleifscheiben (r = 10 cm) wegfliegen, wenn die Scheiben 2 800-mal in der Minute rotieren? b) Punkte an der Oberfläche des kugelförmigen Kopfes (Durchmesser 1 mm) eines Zahnbohrers können eine Geschwindigkeit von 75 km/h erreichen. Wie groß ist dann die Umdrehungszahl pro Minute des Bohrkopfes? A 5 Ein Skateboard­ fahrer (m = 65 kg) übt in einer halb­ kreisförmigen Rinne (r = 2 m) seine Kunst­stücke. Er fährt bei A aus der Ruhe los. Bestimme die Kraft, die die Wand auf ihn in B ausübt. A 6 Ein Rotor hat die Form einer Halbkugel (r = 10 cm). Er rotiert um die vertikale Achse 5-mal je Sekunde. In seinem Innern kreist an der Wand in der Höhe h über dem tiefsten Punkt der Halbkugel eine kleine Kugel mit. Reibung ist ausgeschlossen. Berechne h. A 7 a) Wenn du mit deiner Hand H einen Ball P an einer Schnur der Länge l im Kreis herumschleudern, be­ schreibst du auto­ matisch mit der Hand einen kleinen Kreis. Die Hand eilt dabei dem Ball um etwa 90° voraus. Er­kläre diesen ­Sachverhalt. Hin­ weis: Die Kraft F hat dann eine Tan­ gentialkomponente F t . Wozu ist diese nötig? b) Erkläre, wie man beim Schleuderball- oder Hammerwurf den Ball bzw. den Hammer beschleunigen kann. A 8 Auf einem größeren Ball (Radius r) steht auf dem höchsten Punkt ein kleines Spielzeugauto. Es rollt aus der Ruhe heraus reibungsfrei den Ball entlang nach un­ ten. Nach welchem Höhenverlust h löst es sich von der Balloberfläche? A 9 Die Kugel eines Fadenpendels (l = 1,2 m) wird aus der Gleichgewichtslage um 60 cm ausgelenkt. Berechne die Geschwindigkeit, die man der Kugel erteilen muss, damit sie eine horizontale Kreisbahn beschreibt. A 3 Zusammenfassung Kreisbewegungen 159