Gabapentin bremst überaktive Neurone

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V A R I A
AUS UNTERNEHMEN
Neuropathien
Gabapentin bremst
überaktive Neurone
D
ie Behandlung von Neuropathien stellt häufig
eine große Herausforderung dar. Besonders betroffen von der chronischen, auch
durch Prästhesien und Dysästhesien gekennzeichneten
chronischen Schmerzerkrankung sind Diabetiker, ZosterPatienten sowie Patienten
nach schweren Traumen und
Verletzungen wie etwa Amputationen. Das Spektrum der
Symptome kann dabei oft als
breit gefächert und interindividuell, bisweilen aber auch
beim Patienten als uneinheitlich erscheinen.
Nachdem lange Zeit besonders häufig trizyklische
Antidepressiva zur Behandlung von Neuropathien eingesetzt wurden, traten in den
letzten Jahren zunehmend
Antiepileptika in den Vordergrund. Neuere Erkenntnisse
der Schmerzforscher geben
diesem Ansatz, der sich in der
Praxis bewährte, inzwischen
recht. Dabei erweist sich das
Antiepileptikum Gabapentin
als besonders wirksam, wie
zwei Studien bei knapp 400
Patienten mit diabetischer
oder post-zosterischer Neuropathie zeigten.
Zukünftiges Mittel
der Wahl?
Die Ergebnisse wurden
anläßlich eines von Parke-Davis veranstalteten Symposiums von Dr. Norman Harden
(Chicago) vorgestellt, der Gabapentin bereits als zukünftiges Mittel der Wahl bei Neuropathien sieht. In beiden Studien war die Schmerzreduktion unter den mit Gabapentin
behandelten Patienten signifikant deutlicher als bei den Betroffenen, die Plazebo erhalten hatten. 26 Prozent der Patienten mit diabetischer Neuropathie, die acht Wochen lang
Gabapentin erhalten hatten,
gaben Schmerzfreiheit an, 60
Prozent berichteten eine unterschiedlich starke Schmerzreduktion.
Die Wirksamkeit von Gabapentin zeigte sich bereits in
der zweiten Behandlungswoche, noch während der vierwöchigen Gabapentin-Titrationsphase. Dies war auch bei
den mit Gabapentin behandelten Patienten mit postzosterischer Neuropathie der
Fall. 43 Prozent dieser Patienten berichteten nach acht
Wochen über eine mittlere
bis starke Reduktion ihrer
post-zosterischen Schmerzen
durch Gabapentin. In beiden Studien besserten sich
in der Verumgruppe auch
Schlafstörungen, Depressivität, Müdigkeit und Gereiztheit.
Analysen der schmerzreduzierenden Wirkung von
Gabapentin zeigen, daß das
Antiepileptikum insbesondere
die bei Neuropathie-Patienten
stark erhöhte Empfindlichkeit
gegenüber Schmerz (Hyperalgesie), Berührung, Druck,
Kälte oder Wärme (Allodynie) umzukehren vermag. Es
stoppt das oftmals anfallsartige
Auftreten von Schmerzen und
– häufig paradox erscheinenden – Sensationen außerhalb
des ursprünglichen Schmerzbezirkes. Insbesondere Hyperalgesie und Allodynie gelten
als bestimmende Aspekte der
Neuropathie. Sie sind Folgen
einer initialen Schmerzgedächtnisbildung und einer Verselbständigung des Schmerzgeschehens durch Veränderung zentraler Verarbeitungsmechanismen.
Das neuropathische Geschehen ist, wie der Neuropharmakologe Prof. Walter
Zieglgänsberger vom Münchner Max-Planck-Institut für
Psychiatrie deutlich machte,
mit einem epileptischen Geschehen vergleichbar, was den
erfolgreichen Einsatz von Antiepileptika erklären kann.
Hat der Prozeß der Schmerzverselbständigung begonnen,
sind Übererregung und die
Ausbildung spontaner Potentiale in zentralen schmerzverarbeitenden Bereichen die
Folge.
Nach den Ergebnissen von
Zieglgänsbergers pharmakologischer Forschung greift Gabapentin in den Neurotransmitterstoffwechsel ein, indem
es durch Interaktion mit spannungsabhängigen Kalziumkanälen den die Übererregung
anheizenden
übermäßigen
Kalzium-Einstrom in die Nervenzellen reduziert. Dies unterbricht die sich häufig spontan und anfallartig ausbreitende Überaktivität schmerzverarbeitender Neuronen. Es
ist ferner in der Lage, das
Angebot des hemmend wirkenden Transmitters GammaAmino-Buttersäure (GABA)
zu erhöhen, was einen antidepressiven Effekt begünstigt,
und das Angebot des erregend wirkenden Glutamat zu
verringern.
Elisabeth B. Moosmann
Nach Stenting
Clopidogrel tritt die Nachfolge
von Ticlopidin an
Durch Thrombozytenaggregationshemmer kann das
Risiko für kardiovaskuläre
Ereignisse nach einer StentImplantation deutlich vermindert werden. Seit einiger
Zeit hat sich als Standardtherapie eine Kombination von
zweimal 250 mg Ticlopidin
pro Tag in Kombination mit
300 mg Acetylsalicylsäure
(ASS) etabliert. Doch inzwischen beginnt die Nachfolgesubstanz von Ticlopidin, Clopidogrel, ihre Vorgängerin abzulösen.
Clopidogrel ist erheblich
besser verträglich als Ticlopidin. Dies erlaubt, die Therapie mit einer loading dose von
300 mg zu beginnen und danach mit der Standarddosis
von einmal 75 mg pro Tag
fortzusetzen. In Kombination
mit 300 mg ASS pro Tag sei
bei diesem Vorgehen die
Plättchenaggregation schon
am ersten Tag zu 50 Prozent
gehemmt, während bei Beginn mit der Standarddosis
erst am siebten Tag die volle
Plättchenhemmung erreicht
sei, so Prof. Harald Darius
(Mainz) auf einem Symposium der Firma Bristol-Myers
Squibb in Wiesbaden.
In
der
europäischen
CLASSICS-Studie wurde das
Ticlopidin-Regime (zweimal
A-2996 (64) Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 46, 19. November 1999
250 mg Ticlopidin plus 325 mg
ASS) mit dem einfachen Clopidogrel-Regime (75 mg Clopidogrel plus 325 mg ASS)
und dem Loading-dose-Regime an 1 020 Patienten verglichen. Die Patienten erhielten die Medikation innerhalb von sechs Stunden nach
Stent-Implantation über 28
Tage. Als primären Endpunkt prüfte man die Sicherheit. In der Ticlopidin-Gruppe traten unerwünschte Ereignisse wie Blutungen, Neutropenie, Thrombozytopenie
und Therapieabbruch wegen
nichtkardialer Nebenwirkungen mit einer Häufigkeit von
9,12 Prozent auf.
In beiden ClopidogrelGruppen zusammen lag die
Häufigkeit mit 4,56 Prozent
nur halb so hoch, wobei die
Rate unter der loading dose
sogar noch etwas geringer war.
Die prophylaktische Wirksamkeit von Clopidogrel auf
kardiale Ereignisse erwies sich
dabei als ebenso gut wie die
von Ticlopidin. Schwere kardiale Ereignisse traten in allen Gruppen mit einer Häufigkeit von etwa einem Prozent auf. „In unserer Klinik
hat Clopidogrel das Ticlopidin wegen seiner guten Verträglichkeit bereits abgelöst“,
so Darius.
AB
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