Fakultät für Biowissenschaften, WS 2009/10 Grundvorlesung Biologie I: Teil Mikrobiologie Vorlesungsthemen Mikrobiologie 1. Einführung in die Mikrobiologie B. Bukau 2. Zellaufbau von Prokaryoten B. Bukau 3. Bakterielles Wachstum und Differenzierung B. Bukau 4. Bakterielle Genetik und Evolution V. Sourjik 5. Mikrobielle Vielfalt und Ökologie V. Sourjik 6. Medizinische Mikrobiologie V. Sourjik 7. Gentechnik und industrielle Mikrobiologie V. Sourjik B. Bukau, Zentrum für Molekulare Biologie Heidelberg, DKFZ-ZMBH-Allianz Seite 1 Fakultät für Biowissenschaften, WS 2009/10 Grundvorlesung Biologie I: Teil Mikrobiologie Einführung in die Mikrobiologie 1. Geschichte der Mikrobiologie 2. Charakteristika und Bedeutung von Mikroorganismen 3. Klassifizierung von Mikroorganismen 4. Unterschiede zwischen Bakteria und Archaea B. Bukau, Zentrum für Molekulare Biologie Heidelberg, DKFZ-ZMBH-Allianz Seite 2 Fakultät für Biowissenschaften, WS 2009/10 Grundvorlesung Biologie I: Teil Mikrobiologie Robert Hooke: Entdecker der Mikroorganismen und Zellen (Jahr 1654) Das Mikroskop von Hooke Linse des Objektivs am Ende eines verstellbaren Blasebalgs (G) Licht wurde durch eine einzige Linse auf das Objekt fokussiert Zeichnung von Hooke der Fruchtkörper eines blauen Schimmelpilzes, der auf der Oberfläche von Leder wuchs Micrographia, 1654 B. Bukau, Zentrum für Molekulare Biologie Heidelberg, DKFZ-ZMBH-Allianz Seite 3 Fakultät für Biowissenschaften, WS 2009/10 Grundvorlesung Biologie I: Teil Mikrobiologie Antoni van Leeuwenhoek: Entdecker der Bakterien (Jahr 1684) van Leeuwenhoek am Mikroskop sein Mikroskop B. Bukau, Zentrum für Molekulare Biologie Heidelberg, DKFZ-ZMBH-Allianz seine veröffentlichten Beobachtufngen Seite 4 Fakultät für Biowissenschaften, WS 2009/10 Grundvorlesung Biologie I: Teil Mikrobiologie Louis Pasteur Symbole seiner Bedeutung Widerlegung der Spontanzeugung Entwicklung effektiver Sterilisierungsverfahren (Pasteurisierung) Entwicklung von Impfstoffen (1880-90; Milzbrand, Geflügelcholera, Tollwut) Entdeckung der Milchsäurebakterien Fermentation als ein Prozess, der durch Lebewesen erzeugt wird (Hefen) Grundlagen der Stereochemie Institut Pasteur, Paris B. Bukau, Zentrum für Molekulare Biologie Heidelberg, DKFZ-ZMBH-Allianz Seite 5 Fakultät für Biowissenschaften, WS 2009/10 Grundvorlesung Biologie I: Teil Mikrobiologie Pasteur: Widerlegung der Theorie der Spontanzeugung Pasteur’s Experiment mit dem Schwanenhalskolben Aus Samen und Keimen? Oder aus unbelebter Materie? (a) Sterilisierung des Inhalts (b) Aufrechte Haltung: kein mikrobielles Wachstum (c) Wenn Kontakt mit Mikroorganismen im Kolbenhals: mikrobielles Wachstum B. Bukau, Zentrum für Molekulare Biologie Heidelberg, DKFZ-ZMBH-Allianz Seite 6 Fakultät für Biowissenschaften, WS 2009/10 Grundvorlesung Biologie I: Teil Mikrobiologie Robert Koch Begründer der modernen Bakteriologie und klinischen Infektiologie Entdeckung des Milzbrand(Anthrax)-Erregers (1876) Entdeckung des Tuberkuloseerregers (1882) Entdeckung des Choleraerregers (1884) Nobelpreis für Medizin (1905) Die Koch´schen Postulate B. Bukau, Zentrum für Molekulare Biologie Heidelberg, DKFZ-ZMBH-Allianz Seite 7 Fakultät für Biowissenschaften, WS 2009/10 Grundvorlesung Biologie I: Teil Mikrobiologie Die Koch´schen Postulate: Nachweis, daß ein spezifischer Mikroorganismus eine spezifische Erkrankung bewirkt Die Koch´schen Postulate 1. Der mutmaßliche Erreger muss immer mit der Krankheit assoziiert sein und in gesunden Tieren nicht nachgewiesen werden 2. Der mutmaßliche Erreger muss in Reinkultur gezüchtet werden 3. Eine Reinkultur des mutmaßlichen Erregers muss im gesunden Tier die Krankheit auslösen 4. Der Organismus muss reisoliert werden und identisch mit dem ursprünglichen Erreger sein B. Bukau, Zentrum für Molekulare Biologie Heidelberg, DKFZ-ZMBH-Allianz Seite 8 Fakultät für Biowissenschaften, WS 2009/10 Grundvorlesung Biologie I: Teil Mikrobiologie Agarplatten und Reinkultur Jede Kolonie enthält Millionen Bakterien, die von einer Zelle abstammen (Klon) Agarplatte mit Kolonien von Marinebakterien B. Bukau, Zentrum für Molekulare Biologie Heidelberg, Ausstrich von Bakterien, die Urinalinfektionen erzeugen DKFZ-ZMBH-Allianz Seite 9 Fakultät für Biowissenschaften, WS 2009/10 Grundvorlesung Biologie I: Teil Mikrobiologie Die zehn wichtigsten Todesursachen in den USA Vor 100 Jahren waren Infektionserkrankungen (rot) die wichtigste Todesursache B. Bukau, Zentrum für Molekulare Biologie Heidelberg, DKFZ-ZMBH-Allianz Seite 10 Fakultät für Biowissenschaften, WS 2009/10 Grundvorlesung Biologie I: Teil Mikrobiologie Genomsequenzierung von Mikroorganismen Erstes Genom (1977): Bacteriophage φX174 Fred Sanger nur 10 Gene 1980 Nobelpreis für Chemie an Fred Sanger, Walter Gilbert, Paul Berg: Methode zur DNA Sequenzierung B. Bukau, Zentrum für Molekulare Biologie Heidelberg, DKFZ-ZMBH-Allianz Seite 11 Fakultät für Biowissenschaften, WS 2009/10 Grundvorlesung Biologie I: Teil Mikrobiologie Genomsequenzierung von Mikroorganismen Erstes Bakterium (1995): Haemophilus influenzae Creg Venter B. Bukau, Zentrum für Molekulare Biologie Heidelberg, DKFZ-ZMBH-Allianz Seite 12 Fakultät für Biowissenschaften, WS 2009/10 Grundvorlesung Biologie I: Teil Mikrobiologie Meilensteine der molekularen Mikrobiologie seit 1985 B. Bukau, Zentrum für Molekulare Biologie Heidelberg, DKFZ-ZMBH-Allianz Seite 13 Fakultät für Biowissenschaften, WS 2009/10 Grundvorlesung Biologie I: Teil Mikrobiologie Einführung in die Mikrobiologie 1. Geschichte der Mikrobiologie 2. Charakteristika und Bedeutung von Mikroorganismen 3. Klassifizierung von Mikroorganismen 4. Unterschiede zwischen Bakteria und Archaea B. Bukau, Zentrum für Molekulare Biologie Heidelberg, DKFZ-ZMBH-Allianz Seite 14 Fakultät für Biowissenschaften, WS 2009/10 Grundvorlesung Biologie I: Teil Mikrobiologie Charakteristika von Mikroorganismen Sind Ursprung aller Lebensformen Sind phylogenetisch diverser als Pflanzen und Tiere Bilden Hauptanteil an gesamter Biomasse und sind weit verbreitet: wachsen überall wo Wasser vorhanden ist, die meisten unterhalb der Erdoberfläche Sind essentiell für die Nahrungskette Transformieren die Geosphäre Beeinflussen das Klima Nehmen an zahlreichen Symbiosen mit Tieren, Pflanzen und Mikroben teil Verursachen Erkrankungen B. Bukau, Zentrum für Molekulare Biologie Heidelberg, DKFZ-ZMBH-Allianz Seite 15 Fakultät für Biowissenschaften, WS 2009/10 Grundvorlesung Biologie I: Teil Mikrobiologie Bedeutung von Mikroorganismen für den Menschen B. Bukau, Zentrum für Molekulare Biologie Heidelberg, DKFZ-ZMBH-Allianz Seite 16 Fakultät für Biowissenschaften, WS 2009/10 Grundvorlesung Biologie I: Teil Mikrobiologie Leben auf der Erde begann mit Mikroorganismen Cyanobakterien: die ersten O2 produzierenden Phototrophen Purpurbakterien: (bya: billion years ago) die ersten Phototrophen Zelluläres Leben existiert auf der Erde seit 3.8 Milliarden Jahren Cyanobacterien brachten O2 in die Atmosphäre (3 bya); heutige O2 Konzentrationen erst vor 500–800 Millionen Jahren B. Bukau, Zentrum für Molekulare Biologie Heidelberg, Während 80% der Zeit, in der Leben auf der Erde existiert, gab es nur Mikroben DKFZ-ZMBH-Allianz Seite 17 Fakultät für Biowissenschaften, WS 2009/10 Grundvorlesung Biologie I: Teil Mikrobiologie Einführung in die Mikrobiologie 1. Geschichte der Mikrobiologie 2. Charakteristika und Bedeutung von Mikroorganismen 3. Klassifizierung von Mikroorganismen 4. Unterschiede zwischen Bakteria und Archaea B. Bukau, Zentrum für Molekulare Biologie Heidelberg, DKFZ-ZMBH-Allianz Seite 18 Fakultät für Biowissenschaften, WS 2009/10 Grundvorlesung Biologie I: Teil Mikrobiologie Was ist ein Mikroorganismus (Mikrobe)? mikroskopisch klein aber stark unterschiedliche Größe, manchmal sogar sichtbar meist Einzeller, einige sind Mehrzeller Prokaryoten: Bakterien Archaea Eukaryoten: viele Pilze mikroskopische Algen Protisten (Protozoen) Viren (Je nach Definition des Begriffs Lebewesen: Stoffwechsel!) Schwierigkeiten in der Einteilung: einige nicht freilebend sondern obligat intrazelluläre Parasiten (Mycobacterium leprae) einige Gruppen schwer abzugrenzen, z.B. weil sie große Verwandte haben: (Pilze: Hefen sind Mikroorganismen, Eßpilze nicht) B. Bukau, Zentrum für Molekulare Biologie Heidelberg, DKFZ-ZMBH-Allianz Seite 19 Fakultät für Biowissenschaften, WS 2009/10 Grundvorlesung Biologie I: Teil Mikrobiologie Riesenmikroben: die größten einzelzelligen Organismen der Welt das größte Bakterium: Thiomargarita namibiensis B. Bukau, Zentrum für Molekulare Biologie Heidelberg, die größte einzellige Alge: Caulerpa taxifolia DKFZ-ZMBH-Allianz Seite 20 Fakultät für Biowissenschaften, WS 2009/10 Grundvorlesung Biologie I: Teil Mikrobiologie Klassifizierung der Mikroben Hauptprobleme: Lichtmikroskop geringe Auflösung und keine Kultivierbarkeit. Mikroben passen schlecht in klassische Definition einer Spezies (Gruppe von Organismen, die sich kreuzen): Meist asexuelle Reproduktion, nur seltener sexueller Austausch, und wenn dann auch mit entfernt verwandten Mikroben Fortschritte: Biochemische Eigenschaften: Metabolismus Elektronenmikroskopie: Ultrastruktur der Zellen DNA Sequenzierung: rRNA Moderne Definitionen basieren auf genetischen Ähnlichkeiten/Unterschieden B. Bukau, Zentrum für Molekulare Biologie Heidelberg, DKFZ-ZMBH-Allianz Seite 21 Fakultät für Biowissenschaften, WS 2009/10 Grundvorlesung Biologie I: Teil Mikrobiologie Der Stammbaum des Lebens 19. Jahrhundert 19./20. Jahrhundert Ernst Haeckel (1834-1919) 20. Jahrhundert Herbert Copeland (1902-1968) Zwei Domänen: Tiere und Pflanzen Drei Domänen: Tiere, Pflanzen, Monera (Mikroorganismen) Vier Domänen: Tiere, Pflanzen, Protisten, Bakterien Robert Whittaker (1924-1980) Fünf Domänen: Tiere, Pflanzen, Protisten, Pilze, Bakterien Carl Woese (1977) Drei Domänen: Bacteria, Archaea, Eukarya B. Bukau, Zentrum für Molekulare Biologie Heidelberg, DKFZ-ZMBH-Allianz Seite 22 Fakultät für Biowissenschaften, WS 2009/10 Grundvorlesung Biologie I: Teil Mikrobiologie Bacteria und Archaea =Makroorganismen Moderne Definition auf Basis der 16S-ribosomalen RNA als evolutionärer, molekularer Zeitmesser: Entdeckung der Archaea (Carl Woese, 1970er) B. Bukau, Zentrum für Molekulare Biologie Heidelberg, DKFZ-ZMBH-Allianz Seite 23 Fakultät für Biowissenschaften, WS 2009/10 Grundvorlesung Biologie I: Teil Mikrobiologie Mikroorganismen leben in Gemeinschaften in einem See in Klärschlamm Population: Zellen, die in Zusammenschlüssen leben Habitat: Ort, an dem eine Population lebt Mikrobielle Gemeinschaft: Summe der Populationen verschiedener Mikroorganismen in einem Habitat (mit verschiedenen Farbstoffen gefärbt, basierend auf rRNA-Bindung) B. Bukau, Zentrum für Molekulare Biologie Heidelberg, DKFZ-ZMBH-Allianz Seite 24 Fakultät für Biowissenschaften, WS 2009/10 Grundvorlesung Biologie I: Teil Mikrobiologie Einführung in die Mikrobiologie 1. Geschichte der Mikrobiologie 2. Charakteristika und Bedeutung von Mikroorganismen 3. Klassifizierung von Mikroorganismen 4. Unterschiede zwischen Bakteria und Archaea B. Bukau, Zentrum für Molekulare Biologie Heidelberg, DKFZ-ZMBH-Allianz Seite 25 Fakultät für Biowissenschaften, WS 2009/10 Grundvorlesung Biologie I: Teil Mikrobiologie Bacteria und Archaea Unterschiede in Zellwand und Membranen; einige Zellformen sind aber ähnlich (Stäbchen, Kokken) Alle krankheitserregenden Prokaryoten (bei Mensch Tier, Pflanze) sind Bakterien Bakterien sind sensitiv gegenüber Antibiotika; Archaea sind nicht sensitiv gegenüber vielen Antibiotika Archaea sind Eukaryoten ähnlicher als es Bakterien sind (z.B. viele Protein- und Nukleinsäure-synthetisierenden Enzyme) Typische Bakterien: Escherichia coli, Staphylococcus aureus, Bacillus subtilis Typische Archaea sind extreme Thermophile und Methanproduzenten Archaea und Bacteria bilden heterogene und große Domänen mit verzweigten Stammbäumen B. Bukau, Zentrum für Molekulare Biologie Heidelberg, DKFZ-ZMBH-Allianz Seite 26