Psychotraumatologie in Bildern Dr. med. Marc Muret Höschgasse 68 8008 Zürich © Dr. med. Marc Muret, Zürich Ein Trauma ist das Zusammentreffen einer Person mit einem kritischen Ereignis + Es lässt eine Verletzung, die heilen muss. Manchmal heilt es nicht, die Wunde bleibt offen. Leute sagen : „hey, du bist aber schnell verletzt“. Es lässt eine Narbe: vielleicht macht sie Dich stark. Du hast etwas gelernt, du bist reifer geworden. Manche Leute waren schon vorher traumatisiert Manche sind stark und können viel vertragen Manche Leute sind fragiler als andere Akute Belastungsreaktionen Akute Belastungsreaktionen Bei einem kritischen Ereignis treten immer wieder die 3+1 gleichen Reaktionen. Ob König oder Bettler. In jedem Land, in jeder Kultur. Es sind 3 +1 normale Reaktionen. Sie sind da, um uns zu schützen. Man soll sich also nicht darum schämen. Drei akute spezifische Belastungsreaktionen Aufregung _ + + + Wiederholung _ + Vermeidung Vom Mensch zu Mensch ein anderes Muster Aufregung _ + + + _ Wiederholung + Vermeidung Manche sind mehr spektakulär Aufregung Wiederholung Vermeidung Im Hintergrund taucht die Dissoziation auf Aufregung _ + + + Dissoziation Wiederholung _ Vermeidung + Critical incident Stunden/Tage Tage/Wochen > 1-3 Monate Monate/Jahre Resilienz Akute Belastungs Reaktion •Aufregung •Wiederholung •Vermeidung • Dissoziation Akute Belastungs Störung PTBS Post-traumatische Belastungssyndrom Integration Chronischer Schaden 1 Aufregung Angst und Hyperarousal: Schlafstörungen, Reizbarkeit, Hypervigilanz, Aggressivität, usw. ALARM! Das neurovegetative - oder autonome – Nervensystem regiert alle automatischen Aktivitäten des Körpers wie Augenpupille, Atem, Herz und Kreis-laufsystem, Schwitzen, Verdauung. Im Gegensatz zum motorischen Nervensystem, ist es nicht unter unserer Kontrolle. Zentrales Nervensystem Das Zentrales Nervensystem setzt das Bewegungsapparat im Gang Muskulaturverkrämpfung, Zittern Zentrales Nervensystem Sympathikus Parasympathikus Zentrales Nervensystem Sympathikus Herzrasen Schwitzen Trockenheit der Schleimhäute Parasympathikus Asthma Durchfall Kollaps Die einzige natürliche Kontrolle über das autonome neurovegetative Nervensystem ist die Atmung. Durch das rhythmische Ein- und Ausatmen , gelingt es uns dieses System zu beruhigen und stabilisieren. Es geht nicht darum, sich zu entspannen, sondern eine Struktur zu finden. Darum ist auch der Körper schön gerade. Vorführung der Atemübung in der Balapitiya Schule, Sri Lanka. Mit dem Übersetzer. Atemübung Einatmen 1,2,3,4,5 STOPP! Ausatmen 5,4,3,2,1 alles raus! 2 Wiederholung Um das Erlebnis im Griff zu bekommen, wiederholt das Nervensystem das Erlebnis: wiederkehrende Bilder oder Gedanken, Flash-backs, Albträume, Spiele. Das Ereignis ist fragmentiert Es braucht Ordnung! Die Erinnerungen drehen sich im Kreis, oft fehlt ein Teil Narrativ = eine Geschichte bauen vorher Timeline Sicherheitsäule 2 Timeline nachher Sicherheitsäule 1 Anatomie Unser emotionelles Gehirn, das limbische System, ist mit dem Lernen stark verbunden. Zwei Zentren haben da ein besondere Bedeutung. Der Mandelkern (gr. Amygdala) und der Hippokampus. Limbisches System Limbisches System Amygdala Hippokampus Hippokampus = Seepferd der Integrator Dieses Zentrum setzt die Information in einer logischen Ordnung (timeline), so kann sie leicht abgerufen werden. Mit der Hilfe des Sprachzentrum (Broca) werden die Erinnerungen in eine persönliche Geschichte verarbeitet (explizites Gedächtnis). Amygdala = Mandelkern der Bodygard Dieses Zentrum ist für die Sicherheit zuständig. Es kontrolliert jede einkommende Information und gibt Alarm bei Gefahr. Es speichert die schmerzhaften Ereignisse, um sie blitztschnell vorbeugen zu können. Es verfügt über ein einfaches eigenes Gedächtnis. Die Amygdala ist auf Erkennung von gefährlichen Formen spezialisiert. Hier für ein Kaninchen. Normaler Ablauf Die Amygdala (Mandelkern) hat die Information kontrolliert. Sie ist ungefährlich und kann durch den Verwalter weiter verarbeitet werden. Sie wird archiviert, kommentiert (Sprachzentrum) und sorgfältig gespeichert. Mann sucht sich eine Frau Welcher Frau kann ich trauen? Frage Deine Amygdala! Motor cortex Orbitofrontal cortex Sensory cortex Medial temporal cortex Sprachzentrum Basal Hippocampus A Thalamus implicit memory explicit memory Alarmsituation Eine bedrohliche Information wurde wahrgenommen. Die Amygdala gibt Alarm. Der Informationsfluss ist Richtung Hippokampus (Seepferd) blockiert. Die Information wird chaotisch und fragmentiert (dissoziiert) gespeichert. Das sprachzentrum wird ausgeschlossen. Man ist sprachlos. Motor cortex Orbitofrontal cortex Sensory cortex Medial temporal cortex Sprachzentrum Basal Hippocampus A Thalamus Alarm! Die neuesten Techniken bestätigen es Werden Menschen mit PTBS an dem traumatischen Ereignis erinnert, reagiert das Gehirn, als ob es echt wäre. Wie die PET Aufnahme zeigt, nimmt die Durchblutung in der Region der rechten Amygdala extrem zu. Dagegen ist das Sprachzentrum, links wie stumm! Es verschlägt mir die Worte und die Amygdala sieht rot! Sprachzentrum Amygdala Rechte Hämisphäre Vorne Linke Hämisphäre 3 Vermeidung Vermeidung von Reizen, die an das Trauma erinnern: Gedanken, Gespräche, Gefühle, Handlungen, usw. Vermeide die Vermeidung! Von weit scheint es riesig! Vermeide die Vermeidung! Vermeide die Vermeidung! Vermeide die Vermeidung! und jetzt ist es nur noch winzig! Vermeide die Vermeidung! und jetzt ist es nur noch winzig! 4 Dissoziation Assoziation Verbunden Alle 5 Sinne Im Hier und Jetzt präsent Dissoziation Fragmentiert Partielles Körperbild Amnesie Depersonalisation Derealisation Dissoziation kommt meistens vor, wenn die Bewegung – kämpfen oder flüchten – in einer bedrohlichen Situation unmöglich ist. Dissoziation kann Dein Leben retten, wenn sie adäquat ist. Sie kann aber gefährlich sein, wenn sie Dich lähmt in einer ungünstigen Situation, die unbedingt Bewegung fordert. Beispiel: Stelle Dir vor, beim Zoobesuch fällst Du in den Graben eines hungrigen Löwen. Du hast keine Waffe und die Tür ist zu. Wenn weder Kampf noch Flucht möglich ist … Dissoziation Gefahr! Fight ? Freeze die 3 „F“ Fly Assoziiert Ich bin wohl in meiner Haut Ich bin in einer sicheren Welt Dissoziiert Ich bin „out of my body“ Ich spüre mich selbst nicht mehr Die Welt ist mir fremd, ich erkenne den Alltag nicht mehr Sehen Hören Riechen Schmecken Spüren Eine Szene – assoziiert - mit den 5 Sinnen erfassen Dissoziation: plötzllich wird alles komisch. Ich höre alles von weit weg. Oder ich spüre meinen Körper nicht mehr. In der grössten Gefahr fühlt man sich ausgesetzt. Dissoziation So fühlt man sich vorübergehend - unter der Glocke - in Sicherheit. Ist die Gefahr vorbei, wird die Glocke nicht mehr gebraucht Dissoziation ? Manche schaffen aber nicht, sich von der Glocke zu befreien. Sie fühlen sich fremd in dieser Welt. Nach einem Trauma können gewisse Leute immer wieder dissoziiert sein. Es hilft am meisten Aktivitäten zu haben, wo man sich wohl fühlt. Es sind Ressourcen. Sie könne auch in einer Therapie eingesetzt werden: in der Kurztherapie wird es lieber Ressourcenorientiert gearbeitet als Problemorientiert. Verschiedene Imaginationsübungen helfen auch, die innere Seele zu stabilisieren. Unspezifische Reaktionen • Ohnmacht >> Scham, Wut, Angst • Verlusterlebnis: Sicherheit, Gesundheit >> Trauer • Verwirrung: Ort, Zeit, Werte, « es gibt keine Justiz! » Was hilft ? Antonowski (Israel) hat gemerkt, dass gewisse Leute sich besser erholen als andere: 3 Faktoren. Kontrolle Verstehen Sinn finden Durch die soziale Anerkennung, die Kontrolle und das Verstehen, kann ein Sinn gefunden werden. Religion Einen Sinn finden Resilienz Märchen und Geschichten Resilienz Deutsche Resilienz Wie kann ich das Negative entfernen ? Positiv Negativ mit Ressourcen arbeiten mit Ressourcen arbeiten Die beste Ressource: der spielende Körper! ENDE Resilienz Bei Menschen ist sie wie ein Scanner für Gesichter: „Face reading“. Gut oder böse? Freund oder Feind?