Einführung in die Quantenmechanik

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Einführung in die Quantenmechanik
Vorlesungsskriptum
nach der Vorlesung von Prof. Dr. Christof Gattringer
Wintersemester 2008/09
erstellt von Stefan Scherz
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
1
2
3
4
i
Die grundlegenden Experimente der Quantenmechanik
1.1 Das Strahlungsspektrum schwarzer Körper . . . . . . . . . . . . .
1.2 Der Photoelektrische Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3 Doppelspaltexperiment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.4 Compton-Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.5 Atomspektren, Bohr’sches Atommodell und Franck-Hertz Versuch
1.6 Stern-Gerlach Versuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Die freie Schrödingergleichung
2.1 Materiewellen und die Schrödingergleichung . .
2.2 Interpretation der Wellenfunktion . . . . . . . . .
2.3 Wellenpakete . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.4 Unschärferelation . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.5 Ortsraumdarstellung und Impulsraumdarstellung
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Die Schrödingergleichung mit Potential
3.1 Einbau eines Potentials in die Schrödingergleichung
3.2 Der unendlich tiefe Potentialtopf . . . . . . . . . .
3.3 Arbeiten mit Wellenfunktionen . . . . . . . . . . .
3.4 Die Potentialbarriere . . . . . . . . . . . . . . . .
3.5 Der quantenmechanische Tunneleffekt . . . . . . .
Drehimpuls, Wasserstoffproblem und Spin
4.1 Der Drehimpuls in der Quantenmechanik . .
4.2 Zentralpotentiale . . . . . . . . . . . . . . .
b2
4.3 Eigenfunktionen des Drehimpulsoperators L
4.4 Radialgleichung . . . . . . . . . . . . . . . .
4.5 Spin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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41
ii
Kapitel 1
Die grundlegenden Experimente der Quantenmechanik
1.1
Das Strahlungsspektrum schwarzer Körper
Ein Schwarzer Körper ist eine idealisierte Vorstellung eines Körpers, der alle einfallende Strahlung
komplett absorbiert. Im Experiment ist es ein Hohlraum mit einem kleinen Loch.
Die Strahlung, die ein schwarzer Körper emittiert, wenn er auf eine Temperatur T erhitzt wird, bezeichnet man als Schwarzkörperstrahlung oder Hohlraumstrahlung.
Erfahrungstatsachen
• Er strahlt auf verschiedenen Frequenzen (z.B. ein glühender Draht mit Wärme und optischer
Strahlung).
• Die Frequenz (Wellenlänge) des Maximums hängt von der Temperatur ab.
• Die Gesamtintensität über alle Wellenlängen ist proportional zu T 4 (Stefan-Boltzmann Gesetz).
• Maximum ist bei λmax = 2, 9 · 10−3 mK
(Wien’sches Verschiebungsgesetz) mit m . . . Meter,
T
K . . . Kelvin und T . . . Temperatur in Kelvin.
Beispiel: Sonnenlicht strahlt mit λmax = 500 nm. Wie groß ist die Temperatur an der Oberfläche?
500 · 10−9 m = 2, 9 · 10−3
T =
mK
T
2, 9
29
· 106 K =
· 103 K ≈ 6 · 103 K
500
5
Wenn heiße Körper Strahlung abgeben, entstehen durch Wärme Schwingungen der Moleküle/Atome.
Dadurch kommt es zu bewegten Ladungen und somit zu elektromagnetischer Strahlung.
Das Problem ist, dass klassische Konzepte die Verteilung der Intensität u nicht korrekt wiedergeben.
Es gab folgende Versuche dieses Problem zu lösen:
1
Kapitel 1
Die grundlegenden Experimente der Quantenmechanik
−A
ν
1. Wien’sches Strahlungsgesetz:
u ∼ e KB T
mit ν . . . Frequenz, KB . . . Boltzmannkonstante und T . . . Temperatur
Die Grundidee war die Verwendung der Boltzmannverteilung. Da λ =
c
ν
gilt, folgt:
−A λKc
u∼e
BT
Daher ist die Anwendung dieses Gesetzes gut für kleine λ bzw. große ν.
2. Rayleigh-Jeans Gesetz:
u ∼ ν 2 ∼ λ−2
Die Grundidee der Herleitung war das Abzählen von Fouriermoden.
Der Kern des Problems liegt darin, dass für den klassischen Oszillator gilt:
2
E = m v2 +
Kx2
2
Also ist E kontinuierlich und beliebig groß.
In der Quantenmechanik kann ein Oszillator Energie jedoch nur in Paketen der Größe
∆E = hν = ~ω mit ~ =
h
2π
aufnehmen und abgeben (Quantenhypothese).
Das abgestrahlte Licht ist ebenfalls in Einheiten von ∆E = hν = ~ω quantisiert.
E
Die Auswertung der Quantenhypothese und Rechnung (Boltzmannfaktor e− KT und Abzählen der
Schwingungsmoden) führen zur Planck’schen Strahlungsformel:
( ~ω
d( VEol )
e− KT für ω → ∞
~
ω3
u(ω, T ) =
∼
= 2 3 ~ω
dω
π c e KT − 1
ω2
für ω → 0
Intensität ist somit
E
V ol
pro ∆ω.
Abbildung 1.1: Intensität u(λ) der Strahlung eines schwarzen Körpers als Funktion der Wellenlänge λ des emittierten Lichtes für verschiedene Temperaturen T
Bestimmung von ~ (Planck’sches Wirkungsquantum) durch Fit an die Daten:
~=
h
2π
= 1, 054571596 (82) · 10−34 N m · s
Dies war der Beginn der Quantenmechanik im Jahr 1900.
2
([E] · [t])
Die grundlegenden Experimente der Quantenmechanik
1.2
Kapitel 1
Der Photoelektrische Effekt
Dieser Effekt erlaubt einen direkten Nachweis der Quantisierung von Licht. Einstein postulierte 1905,
dass die Energie der Photonen in Quanten kommt, also E = hν = ~ω. Die Wechselwirkung mit
Elektronen sollte wie ein Stoßprozess beschrieben werden.
Der Photoelektrische Effekt besagt nun, dass Elektronen emittiert werden, wenn eine geladene Metallplatte mit Licht bestrahlt wird.
Beim Versuch werden eine Spannungsquelle, ein Amperemeter und eine Photozelle wie in folgender
Skizze verwendet:
Abbildung 1.2: Versuchsanordnung des photoelektrischen Effektes
Fragestellungen Einsteins
• Wie hängen Intensität und kinetische Energie der austretenden Elektronen von der Frequenz ν
(ω) des Lichtes, d.h. der Farbe des Lichtes, ab?
• Wie hängen Intensität und kinetische Energie der austretenden Elektronen von der Intensität
des Lichtes, d.h. der Lichtstärke, ab?
In der klassischen Beschreibung oszillieren in einem oszillierenden elektrischen Feld die Elektronen
mit, nehmen Energie auf und werden herausgeschleudert.
Zur Erinnerung:
(Intensität der Strahlung) ∼ (Amplitude)2
Vorhersagen:
• hohe kinetische Energie bei hoher Intensität
• viele Elektronen bei hoher Intensität
• Wellenlänge spielt eine untergeordnete Rolle
• Einschwingen der Elektronen führt zu zeitlicher Verzögerung
3
Kapitel 1
Die grundlegenden Experimente der Quantenmechanik
In der Beschreibung mit der Quantenhypothese (Photonen) wird monochromatisches Licht mit fester
Frequenz verwendet. Dann haben alle Photonen die gleiche Energie E = hν = ~ω.
Einstein behauptete, dass das Elektron beim Stoß mit dem Photon aus der Oberfläche gelöst wird und
dabei die gesamte Energie auf das Elektron übertragen wird. Um die Metalloberfläche verlassen zu
können, müssen laut Einstein die Elektronen eine Mindestenergie W0 haben (Austrittsarbeit).
Vorhersagen:
• Ist die Energie der Photonen kleiner als W0 , so werden keine Elektronen herausgeschlagen, das
heißt aufgrund von E = hν < W0 bzw. ν < Wh0 = ν0 , dass keine e− herausgeschlagen werden,
wenn ν < ν0 ist.
• Erhöhung der Frequenz ν führt zu höherer kinetischer Energie, denn E = hν = W0 + Ekin und
daher Ekin = hν − W0 .
• Erhöhung der Intensität führt zu mehr Elektronen, aber zu keinem Anstieg von Ekin .
Experimente von Robert Millikan (1913/14) zeigten die Linearitätsbeziehung sowie dass es keine
Zeitverzögerung gibt. Damit wurde die Photonen- bzw. Quantennatur des Lichtes direkt nachgewiesen.
1.3
Doppelspaltexperiment
Dieses Experiment wurde in der Zeitschrift ’Physics World’ 2002 zum ’schönsten Experiment aller
Zeiten’ gewählt. Es wurde erstmals 1802 von Thomas Young mit Licht durchgeführt, später auch mit
Teilchen. Für das Experiment werden eine Quelle Q (Lichtquelle), eine Blende mit 2 Spalten und ein
Schirm mit Photoplatte verwendet.
Wenn man Photonen als Teilchen betrachtet, würde man klassisch eine Abbildung der Spalten, also
folgendes Bild erwarten:
Abbildung 1.3: Klassische Erwartung des Ergebnisses des Doppelspaltexperiments
Das tatsächliche Experiment zeigt allerdings die Wellennatur des Lichtes durch ein Interferenzmuster,
wie in folgendem Bild dargestellt:
4
Die grundlegenden Experimente der Quantenmechanik
Kapitel 1
Abbildung 1.4: Tatsächliches Ergebnis des Doppelspaltexperiments
Dieses Interferenzmuster ergibt sich durch die konstruktive und destruktive Interferenz der sich (aufgrund der gleiche Quelle) in Phase befindenden Wellen.
Mathematisch kann das Doppelspaltexperiment mit Hilfe der folgenden Skizze beschrieben werden:
Abbildung 1.5: Mathematische Betrachtung des Doppelspaltexperiments
In der Skizze bezeichnet a den Spaltmittenabstand, d den Abstand des Schirms vom Doppelspalt, x
die Entfernung des Beobachtungspunktes auf dem Schirm vom Mittelpunkt und ∆s den gesuchten
Längenunterschied der Wellen. Als erstes fallen folgende Beziehungen auf
tan(α) =
x
d
und sin(α0 ) =
∆s
a
Für α bzw. α0 << 1 folgen sin(α0 ) ∼ α0 und tan(α) ∼ α und somit in weiterer Folge
α ∼ α0 ∼
∆s
a
∼ xd , also ∆s ∼ x
a
d
Für die konstruktive Interferenz gilt ∆s = nλ mit n ∈ N und daher folgt ∆s ∼ xmax
xmax = nλ ad .
a
d
= nλ bzw.
5
Kapitel 1
Die grundlegenden Experimente der Quantenmechanik
Für die destruktive Interferenz gilt ∆s = (n+ 12 )λ mit n ∈ N und daher folgt ∆s ∼ xmin
bzw. xmin = (n + 21 )λ ad .
a
d
= (n+ 12 )λ
Das folgende Bild soll das Doppelspaltexperiment mit einem und zwei geöffneten Spalten schematisch darstellen:
Abbildung 1.6: Schematische Darstellung des Doppelspaltexperiments
Abbildung 1.7: Gemessene Intensitätsverteilung im Doppelspaltexperiment
Was sind nun Photonen wirklich?
• Hohlraumstrahlung, Photoelektrischer Effekt und Compton-Effekt sprechen für Quanten
• Doppelspaltexperiment und Streuung von Röntgenlicht am Kristallgitter sprechen für Wellen
6
Die grundlegenden Experimente der Quantenmechanik
Kapitel 1
Das Doppelspaltexperiment kann auch mit Elektronen, Neutronen und Molekülen C60 durchgeführt
werden und ergibt abermals ein Interferenzmuster. Es ist auch möglich immer nur ein Teilchen loszuschicken, aber mit der Zeit entsteht trotzdem ein Interferenzmuster. Man sagt dann auch ’Teilchen
interferieren mit sich selbt’.
Louis-Victor de Broglie stellte fest ’Auch Teilchen haben Wellencharakter’.
Eine erste Abschätzung der Wellenlänge ergibt sich durch die Vereinigung von E = mc2 und E =
(wegen νλ = c), also
hν = hc
λ
hc
λ
= mc2 und daher λ =
h
mc
Diese Wellenlänge nennt man Compton-Wellenlänge (relatvistischer Teilchen).
Elektron: λc = 2, 4 · 10−12 m
Photon: λc = 1, 2 · 10−15 m ∼ 1 Femtometer
Eine andere Variante ist die de Broglie Wellenlänge (siehe Kapitel 1.5.2).
1.4
Compton-Effekt
Werden Photonen (γ-Strahlen, sehr energiereich) an Elektronen gestreut, so findet man eine Erniedriegung der Frequenz ν bzw. eine Erhöhung der Wellenlänge λ. Dieser Effekt hängt vom Ablenkungswinkel θ der Photonen ab und wird als Stoßprozess zwischen Elektron und Photon beschrieben. Das
Elektron wird als frei (ungebunden) beschrieben, da die Energie des Photons sehr viel größer als die
Bindungsenergie ist. Dies ist eine relativistische Beschreibung.
Der Zusammenhang zwischen E (Energie) und p~ (Impuls) in einer relativistischen Beschreibung ist
gegeben durch
E 2 = m2 c4 + p~ 2 c2
(1.1)
Für Photonen gilt einerseits m = 0 und daher E 2 = p~ 2 c2 bzw. E = p~c und andererseits mit der
Quantenhyptothese E = hν.
.
Somit folgt p~c = hν bzw. p~ = hν
c
Mit λν = c folgen für die Energie und den Impuls von Photonen
hc
λ
hν
h
p~ =
=
c
λ
E = hν =
Beim Stoß von Elektron und Photon sind Etot und p~tot erhalten.
Photon vorher:
Photon nachher:
Elektron vorher:
Elektron nachher:
p~p = λh ~n
p~p 0 = λh0 ~n0
p~e = 0
p~e 0 6= 0
Ep = hc
λ
Ep0 = hc
λ0
Ee = mc2
Ee0 > mc2
Dabei ist ~n der Richtungsvektor mit |~n| = 1.
7
Kapitel 1
Die grundlegenden Experimente der Quantenmechanik
Die Energieerhaltung liefert nun
Ep + Ee = Ep0 + Ee0
hc
hc
+ mc2 = 0 + Ee0
λ
λ
1
1
Ee0 = hc( − 0 ) + mc2
λ λ
(1.2)
Die Impulserhaltung liefert
p~p + p~e = p~p 0 + p~e 0
h
h
~n + 0 = 0 ~n0 + p~e 0
λ
λ
1
1
p~e 0 = h( ~n − 0 ~n0 )
λ
λ
(1.3)
Setze nun (1.2) und (1.3) in die relativistische Energie-Impuls-Relation (1.1) für das Elektron nach
dem Stoß ein.
Ee0 2 = p~e
02 2
c + m 2 c4
1
1
1
1
(hc( − 0 ) + mc2 )2 = (h( ~n − 0 ~n0 ))2 c2 + m2 c4
λ λ
λ
λ
1
2
1
1
1
1
2
1
h2 c2 ( 2 − 0 + 0 2 ) + 2hc( − 0 )mc2 + m2 c4 = h2 c2 ( 2 ~n2 − 0 ~n~n0 + 0 2 ~n0 2 ) + m2 c4
λ
λλ
λ
λ λ
λ
λλ
λ
Da ~n2 = 1 bzw. ~n0 2 = 1 und ~n~n0 = |~n| |~n0 | cos (θ) gelten, folgt
−2h2 c2
h
mc
0
1
cos (θ)
2λ − λ
+
2hcmc
= −2h2 c2
0
0
λλ
λλ
λλ0
0
mc(λ − λ) = h(1 − cos (θ))
h
(1 − cos (θ))
λ0 − λ =
mc
= λc wird auch als Compton-Wellenlänge des Elektrons bezeichnet.
Die Compton-Streuung wurde 1922 von Arthur Compton mit Graphit und Röntgenstrahlung nachgewiesen. Dabei wurden die spezielle Relativitätstheorie und die Quantenhypothese für Photonen
vereint.
1.5
1.5.1
Atomspektren, Bohr’sches Atommodell und Franck-Hertz
Versuch
Atomspektren
Licht hat Quantennatur, was nahe legt, dass auch Materie, die Licht abstrahlt, Quantennatur besitzt.
Emission:
Ein verdünntes Gas (z.B. Hg-Dampf) sendet bei Erhitzung Licht aus und erzeugt ein Linienspektrum,
d.h. es sendet Licht nur bei einigen wenigen Frequenzen aus. Genauer gesagt entsteht bei einem
8
Die grundlegenden Experimente der Quantenmechanik
Kapitel 1
verdünnten Gas die Emission durch isolierte Atome (anders als bei einem glühenden Körper, der ein
kontinuierliches Spektrum hat).
Absorption:
Licht mit kontinuierlichem Spektrum wird durch ein verdünntes Gas geschickt. Anschließend kann
man dunkle Streifen im Spektrum beobachten, d.h. bei bestimmten Frequenzen kommt es zur Absorption.
Abbildung 1.8: Spektrum einer Niederdruck-Quecksilberdampflampe
Emissions- und Absorptionsverhalten legen nahe, dass es diskrete Energieniveaus in Atomen gibt.
Elektronen hüpfen zwischen den Niveaus und absorbieren/emittieren dabei Licht mit ∆E = hν.
1.5.2
Bohr’sches Atommodell
In diesem Modell gibt es einen positiv geladenen Kern und Elektronen auf Kreisbahnen sowie keine
kontinuierliche Abstrahlung. Der Radius ändert sich sprunghaft rn1 → rn2 und dabei ändert sich auch
die Energie En1 → En2 .
E −E
Absorbiert und emittiert wird mit ν = n1 h n2 .
h
Der Bahndrehimpuls L ist quantisiert mit L = n · ~ = n · 2π
und es gilt ’Zentrifugalkraft = Coulombkraft’.
m 2
e2
FZent = v und FCoul =
r
4π0 r2
~
L = mvr = n~ und daher v =
n mit n ∈ N
mr
m ~2 2
e2
FZent =
n =
= FCoul
r m2 r2
4π0 r2
(1.4)
Durch Umformung erhält man:
4π0 ~2 2
n
e2 m
4π0
Bohr’sche Radius: r1 = 2 ~2
em
Mögliche Radien: rn =
(1.5)
9
Kapitel 1
Die grundlegenden Experimente der Quantenmechanik
Der Bohr’sche Radius beträgt ungefähr 5, 29 · 10−11 m.
Mit (1.4) und (1.5) folgt für die Energie
Epot = −
Ekin =
e2
e2
1
e4 m
=−
=
−
2
4π
2
2
~
4π0 r
(4π0 ) ~ n2
4π0 e2 0 m n2
m ~2 1 2 m ~2 2
1
1
mv 2
1 e4 m
1
=
Epot
n
=
n
=
=
−
2 4
2
2
2
2
2
2
(4π
)
~
0
4
2
2m r
2m
2 (4π0 ) ~ n
2
4
2n
e
E = Epot + Ekin
Also gilt hν = ∆E =
m
1
1 e4 m
1
= Epot = −
= En
2
2
2
2 (4π0 ) ~ n2
me4
1
[1
2 (4π0 )2 ~2 n21
−
1
],
n22
wobei
me4
1
2 (4π0 )2 ~2
= 13, 6 eV gilt.
Verallgemeinert folgt mit der Kernladung −eZ mit Z ∈ N für die Energie
1 e4 m Z 2
2 (4π0 )2 ~2 n2
1 me4
1
2 1
hν = ∆E =
Z
(
−
)
2
2 (4π0 )2 ~2
n1 n22
En = −
Linienspektren gemäß dieser Formel sind:
n1 = 1, n2 = 2, 3, 4, . . . Lyman Serie
n1 = 2, n2 = 3, 4, 5, . . . Balmer Serie
n1 = 3, n2 = 4, 5, 6, . . . Paschen Serie
h
:
Bemerkung zur Auswahlbedingung L = n~ = n 2π
Beim Compton Effekt galt für den Impuls des Photons p~ = λh ⇔ λ = hp~ (Louis de Broglie). Dem
Teilchen mit Impuls p~ wird über diese Beziehung eine Wellenlänge λ zugeordnet (de Broglie Wellenlänge).
Betrachtet man eine stehende Welle entlang einer Kreisbahn, so folgt folgendes:
2πr = nλ ⇒ λ =
2πr
mit n ∈ N
n
h
2πr
h
=λ=
⇒
n = p~r = L
p~
n
2π
h
Die Auswahlbedingung L = n~ = n 2π
ist also die Bedingung für stehende Materiewellen.
Das Bohr’sche Atommodell weist allerdings einige Nachteile auf:
• Ad-hoc Ansatz
• Beschreibung von H, aber z.B. nicht mehr von He
• Der ’Zeeman-Effekt’, also die Aufspaltung von Linien im B-Feld (Magnetfeld), ist nicht erklärbar
• Lamb-Shift (Quantenelektrodynamik)
• ...
Daher werden Schrödinger Gleichung bzw. Dirac Gleichung benötigt.
10
Die grundlegenden Experimente der Quantenmechanik
1.5.3
Kapitel 1
Franck-Hertz Versuch
Dieser Versuch wurde von James Franck und Gustav Ludwig Hertz 1914 durchgeführt (Nobelpreis
1925).
Abbildung 1.9: Versuchsanordnung des Franck-Hertz Versuches
In der evakuierten Röhre befindet sich ein verdünnter Hg-Dampf, für den es eine Differenz zwischen
den Energieniveaus von ∆E = 4, 9 eV gibt. Die Elektronen werden zwischen Kathode und Gitter
beschleunigt. Ist die Energie 4, 9 eV , so können die Elektronen Hüllenelektronen des Hg anregen.
Dabei geben sie ihre kinetische Energie ab und können die Energiebarriere zur Anode nicht mehr
überwinden. Dadurch bricht der Strom ein. Dies wiederholt sich bei 2, 3, . . . Stößen.
Abbildung 1.10: Strom als Funktion der Spannung beim Franck-Hertz Versuches
1.6
Stern-Gerlach Versuch
Elektronen, Protonen, Atome, . . . besitzen ein magnetisches Moment µ
~ (vom Spin dieser Teilchen).
~
~ steht.
Ein Magnetfeld B versucht nun das Teilchen so auszurichten, dass µ
~ parallel zu B
~ = −|~µ||B|
~ cos ϕ
Epot = −~µB
Sei das Magnetfeld so, dass Bx = By = 0 und Bz = Bz (z) (Funktion von z) gilt.
~ pot = ∇(~
~ µB)
~ = ∇(µ
~ z Bz (z)) = ~ez ∂ (µz Bz (z)) = ~ez µz ∂ (Bz (z)) = ~ez Fz
F~ = ∇E
∂z
∂z
11
Kapitel 1
Die grundlegenden Experimente der Quantenmechanik
B ist variabel in z-Richtung, aber Fz ist in z-Richtung.
Ein Strom von Teilchen wird durch das Magnetfeld geschickt und diese werden je nach Wahl von µz
abgelenkt.
Abbildung 1.11: Versuchsanordnung des Stern-Gerlach Versuches
Es bilden sich nur zwei Flecken auf dem Schirm. Dies wird dahingehend interpretiert, dass quantenmechanische Teilchen mit Spin 12 nur zwei Einstellungen haben.
Der Versuch wurde 1922 durchgeführt.
Abbildung 1.12: Gerlach’s Postkarte an Niels Bohr
12
Kapitel 2
Die freie Schrödingergleichung
2.1
Materiewellen und die Schrödingergleichung
Konstruktion der Schrödingergleichung
Die Idee ist es die Materie durch Wellen (Wellenfunktionen) zu beschreiben.
Daher wird zunächst eine allgemeine Gleichung für eine ebene Welle betrachtet:
~
u(~x, t) = eik·~x−iωt = cos (~k · ~x − ωt) + i sin (~k · ~x − ωt)
Dabei sei ~k = |~k| ~n der Wellenvektor, wobei ~n der Richtungsvektor mit |~n| = 1 ist und |~k| =
mit der Schwingungsdauer T .
Weiters gilt ω = 2π
T
Das Maximum des cos wird bei ~k · ~x − ωt = 0 erreicht, also
 
1
~k =  0  |~k| ⇒ |~k| x1 − ωt = 0
0
ω
x1 =
t=
|~k|
2π
T
2π
λ
t=
2π
λ
gilt.
λ
t = vt
T
v bezeichnet dabei die Ausbreitungsgeschwindigkeit und es gilt weiter
v=
mit ν =
1
T
λ
= λν
T
der Frequenz.
Für den Fall einer quantenmechanischen Materiewelle gelten für die ebene Welle die Energie-FrequenzBeziehung (2.1) sowie die de Broglie Beziehung (2.2).
E
~
h
h 2π
|~p|
|~p| = =
= ~ |~k| ⇒ |~k| =
λ
2π λ
~
E = hν = ~ω ⇒ ω =
13
(2.1)
(2.2)
Kapitel 2
Die freie Schrödingergleichung
Weiters gilt die nicht relativistische Energie-Impuls-Beziehung (2.3).
E=
p~ 2
2m
(2.3)
(2.1) und (2.3) ergeben dann
1 p~ 2
p~ 2
⇒ω=
(2.4)
E = ~ω =
2m
~ 2m
Mit (2.2) und (2.4) folgt aus der allgemeinen Gleichung für eine ebene Welle die Gleichung für eine
Materiewelle mit Impuls p~ und Masse m
up~ (~x, t) = exp
i p~ 2
i
p~ · ~x −
t
~
~ 2m
(2.5)
Die Schrödingergleichung ist dadurch definiert, dass sie die Materiewellen (2.5) als Lösungen hat (im
freien Fall). Die freie Schrödingergleichung lautet
i~
~2
∂
ψ(~x, t) = −
∆ψ(~x, t)
∂t
2m
wobei ∆ für den Laplace-Operator steht.
ψ(~x, t) = up~ (~x, t) erfüllt die Schrödingergleichung:
∂
i p~ 2
up~ (~x, t) = −
up~ (~x, t)
∂t
~ 2m
p~ 2
∂
up~ (~x, t)
i~ up~ (~x, t) =
∂t
2m
Für die einzelnen Koordinaten des Vektors ~x folgt andererseits:
∂
i
up~ (~x, t) = p1 up~ (~x, t)
∂x1
~
2
∂
i
1
u~ (~x, t) =
p1 up~ (~x, t) = − 2 p21 up~ (~x, t)
2 p
∂x1
~
~
Insgesamt folgt:
∆up~ (~x, t) = −
1 2
(p + p22 + p23 ) up~ (~x, t)
~2 1
~2
p~ 2
−
∆up~ (~x, t) =
up~ (~x, t)
2m
2m
Somit wird die Schrödingergleichung für beliebige p~ durch die ebene Materiewelle gelöst.
Superpositionen von Lösungen
2
∂
~
Die freie Schrödingergleichung i~ ∂t
ψ(~x, t) = − 2m
∆ψ(~x, t) ist eine lineare, partielle Differentialgleichung 2-ter Ordnung.
Aus der Linearität folgt, dass Linearkombinationen von Lösungen wieder eine Lösung ergeben. So
14
Die freie Schrödingergleichung
Kapitel 2
ist z.B. für zwei Lösungen ψ1 (~x, t) und ψ2 (~x, t) auch ψ(~x, t) = α ψ1 (~x, t) + β ψ2 (~x, t) eine Lösung.
Dadurch ist aber auch die Linearkombination von Materiewellen up~ (~x, t) eine Lösung:
X
ψ(~x, t) =
φ(~
pi ) up~i (~x, t)
i
Da p~ ∈ R3 gilt, kann die Summe durch ein Integral
neren Lösung
Z
ψ(~x, t) =
R
d3 p ersetzt werden, was zu der noch allgemei-
d3 p φ(~p) up~ (~x, t)
(2.6)
führt, wobei φ(~p) eine Koeffizientenfunktion ist.
Die Wellenfunktion ψ(~x, t) aus (2.6) ist eine Lösung der Schrödingergleichung, d.h. sie erfüllt:
Z
~2
∂
~2
∂
∆ ψ(~x, t) = i~ +
∆
0 = i~ +
d3 p φ(~p) up~ (~x, t)
∂t 2m
∂t 2m
Für geeignete (ausreichend glatte) Funktionen gilt weiter:
Z
~2
∂
3
∆ up~ (~x, t)
0 = d p φ(~p) i~ +
∂t 2m
{z
}
|
=0 weil up~ (~
x,t) ∀~
p Lösung ist
Somit lautet die allgemeinere Lösung der freien Schrödingergleichung:
Z
Z
i
i p~ 2
3
3
ψ(~x, t) = d p φ(~p) up~ (~x, t) = d p φ(~p) exp
p~ · ~x −
t
~
~ 2m
(2.7)
Berücksichtigung der Anfangsbedingung
Nun möchte man wissen, wie sich die Wellenfunktion ψ(~x, t) als Funktion der Zeit ändert. D.h. man
gibt die Wellenfunktion zum Zeitpunkt t = 0 vor, also ψ(~x, t = 0) = ψ0 (~x), und möchte anschließend
ψ(~x, t) für t > 0 berechnen.
Dazu muss man φ(~p) bestimmen, sodass folgendes gilt:
Z
i
3
p~ · ~x = ψ0 (~x)
(2.8)
ψ(~x, t = 0) = d p φ(~p) exp
~
Wenn φ(~p) daraus bestimmt wurde, ist ein Einsetzen in (2.7) möglich und man erhält ψ(~x, t).
Verwendet wird dafür die Fouriertransformation im R3 , also:
Z
1
~
f (~x) =
d3 k fb(~k) eik·~x
3/2
(2π)
R3
Z
1
~
b
~
f (k) =
d3 x f (~x) e−ik·~x mit ~k ∈ R3 beliebig
3/2
(2π)
R3
fb(~k) wird Fouriertransformierte von f (~x) genannt und in der ersten Gleichung wird f (~x) durch ein
Fourierintegral ausgedrückt.
15
Kapitel 2
Die freie Schrödingergleichung
f (~x) = p
~
~
3
d p
~3
Z
p
~
1
1
d3 p fb(~p/~) ei ~ ·~x
=
3/2
3
(2π) ~
R3
Z
1
1
3 c
i ~p~ ·~
x
ψ0 (~x) =
d
p
ψ
(~
p
/~)
e
0
3/2
3
(2π) ~
= ~k
= d3 k
(2.9)
R3
Der Vergleich von (2.8) und (2.9) liefert
φ(~p) =
1
1c
ψ0 (~p/~)
3/2
(2π) ~3
Zusammenfassung des Lösungsweges der freien Schrödingergleichung
1. ψ(~x, t = 0) = ψ0 (~x) sei vorgegeben
c0 (~k) =
2. Berechne die Fouriertransformierte ψ
1
(2π)3/2
R
~
d3 x ψ0 (~x) e−ik·~x
R3
3. Die Lösung für t > 0 ist dann gegeben durch
Z
p~
p~ 2 t
1
1
3 c
d p ψ0 (~p/~) exp i · ~x − i
ψ(~x, t) =
(2π)3/2 ~3
~
2m ~
(2.10)
R3
2.2
Interpretation der Wellenfunktion
~
Eine Welle der Elektrodynamik wird beschrieben durch A(~x, t) = eik·~x−iωt . Weiters gilt, dass die
Energiedichte proportional zu |A(~x, t)|2 ist.
Die Wellenfunktion ψ(~x, t) wird analog interpretiert:
|ψ(~x, t)|2
2 3
R|ψ(~x, t)| d2 x 3
|ψ(~x, t)| d x
. . . Wahrscheinlichkeitsdichte, Aufenthaltswahrscheinlichkeit
. . . Wahrscheinlichkeit das Teilchen im Volumen d3 x bei ~x zu finden
. . . Wahrscheinlichkeit das Teilchen im Volumen V zu finden
RV ⊂R3
|ψ(~x, t)|2 d3 x = 1 . . . Normierung
R3
Für die Berechnung von Erwartungswerten betrachtet man zunächst den Erwartungswert für den
b = ~x.
’Ortsoperator’ ~x
Der quantenmechanische Erwartungswert oder Mittelwert < ~x > ist gegeben durch
Z
< ~x >= ~x |ψ(~x, t)|2 d3 x
R3
In weiterer Folge gilt auch
2
Z
< ~x >=
~x 2 |ψ(~x, t)|2 d3 x
R3
Dabei erhält die Zeitentwicklung (2.10) die Normierung.
16
Die freie Schrödingergleichung
2.3
Kapitel 2
Wellenpakete
1
2
x
1 3/4 − 2σ2 ~
1. ψ
sei eine gaußförmige Verteilung mit Normierungsfaktor ( σ12 π )3/4 , der
R 0 (~x3 ) = ( σ2 π )2 e
d x |ψ0 (~x)| = 1 garantiert.
R3
c0 (~k) =
2. ψ
1
(2π)3/2
R
~
d3 x ψ0 (~x) e−ik·~x =
R3
1
( 1 )3/4
(2π)3/2 σ 2 π
R
1
d3 x e− 2σ2 ~x
2 −i~
k·~
x
R3
Zur Integration wird die folgende wichtige Integrationsformel verwendet (Gauß’sches Integral):
√
R∞
x2
b2
dx e− 2a +bx = 2πa e 2 a mit a, b ∈ C und Re a > 0
−∞
R
2
~2
b
~
x
~
d3 x e− 2a +bx = (2πa)3/2 e 2 a mit a ∈ C, Re a > 0 und ~b ∈ C3
R3
Setzt man a = σ 2 und ~b = −i~k so erhält
man:
~2
(−i~
k)2 2
1
σ 2 3/4 −2k σ 2
1
σ
3/4
2 3/2
c0 (~k) =
2
)
(2πσ
)
e
)
e
ψ
=
(
(
2
3/2
σ π
π
(2π)
Somit folgt:
c0 (~p/~) =
ψ
σ2
π
3/4
2
e
)2
− p~2 ( σ
~
=
σ2
π
3/4
e
−
p
~2
2(~/σ)2
c0 (~p/~) gibt an, wie die Impulse verteilt sind.
Diese Fouriertransformierte ψ
Die Breite im Ortsraum beträgt 2σ.
Die Breite im Fourierraum (Impulsraum) beträgt 2 σ~ .
Die Verschiebung um einen Impulswert p~0 führt zu einer Bewegung des Teilchens mit Impuls
2
c0 (~p/~) = ( σ2 )3/4 e− (~p−~2p0 ) ( σ~ )2 verwendet.
p~0 . Daher wird ψ
π
3. Das Einsetzen in (2.10) ergibt dann:
3/2 2 3/4 Z
p~
p~ 2 t
1
σ
(~p − p~0 )2 σ 2
3
ψ(~x, t) =
d p exp −
+ i · ~x − i
2π~2
π
2
~
~
2m ~
Die abermalige Verwendung des Gauß’schen Integrals führt zu ψ(~x, t) und in weiterer Folge zu
|ψ(~x, t)|2 :
!
r
3/2 3
p
~0 t 2
(~
x
−
)
1
1
1
~2 t2
m
|ψ(~x, t)|2 = 3
mit
α(t)
=
1
+
exp −
σ
π
α(t)
(α(t) σ)2
σ 4 m2
Bemerkungen:
• Für t = 0 erhält man wie erwartet |ψ0 (~x)|2
• Für t > 0 ist das Maximum des Wellenpaketes bei ~x −
klassischen Mechanik (’Ehrenfest’sches Theorem’)
p
~0 t
m
= 0 ⇔ ~x =
p
~0
t
m
= ~v0 t wie in der
• α(t) wächst monoton mit t an. Dadurch wird die Amplitude kleiner und das Wellenpaket wird
breiter, insgesamt ändert sich das Normierungsintegral aber nicht. Dieser Effekt heißt ’Auseinanderlaufen des Wellenpakets’.
17
Kapitel 2
Die freie Schrödingergleichung
Abbildung 2.1: Zeitliche Entwicklung eines einzelnen Wellenpaketes mit Impuls
Abbildung 2.2: Zwei Wellenpakete mit entgegengesetztem Impuls
18
Die freie Schrödingergleichung
2.4
Kapitel 2
Unschärferelation
Die Unschärferelation wurde 1927 von Werner Heisenberg (1901-1976) postuliert. Dabei wird ein
1
2
Wellenpaket betrachtet, also ψ0 (~x) = ( σ12 π )3/4 e− 2σ2 ~x .
Zunächst betrachten wir den quantenmechanische Erwartungswert oder Mittelwert < ~x > des Ortvektors ~x bzw. seine erste Komponente x1 .
Z
2
3
1
σ2π
~x |ψ0 (~x)| d x =
< ~x > =
3/2 Z
R3
< x1 > =
~
x2
~x e− σ2 d3 x
R3
1
σ2π
3/2 Z
1
σ2π
3/2 Z
dx1 dx2 dx3 x1 e
−
x2
1
σ2
e
−
x2
2
σ2
e
−
x2
3
σ2
R3
=
−
dx1 x1 e
x2
1
σ2
R
Z
−
dx2 e
x2
2
σ2
R
Z
−
dx3 e
x2
3
σ2
R
x2
1
Da x1 e− σ2 eine ungerade Funktion ist, also f (−x1 ) = −f (x1 ) gilt, folgt
R
x2
1
dx1 x1 e− σ2 = 0 und
R
somit:
< x1 >= 0 und daher < ~x >= 0
Besser geeignet ist die quadratische Abweichung:
2
2
(∆x1 ) =:< (x1 − < x1 >) >=<
x21
Z
>=
d3 x x21 |ψ0 (~x)|2
R3
=
1
σ2π
3/2 Z∞
dx1 x21
e
−∞
−
Z∞
x2
1
σ2
−
dx2 e
x2
2
σ2
−∞
Z∞
dx3 e
−
x2
3
σ2
−∞
2
=
Also gilt ∆x1 =
σ
2
√σ .
2
Die Verteilung der Impulse wird durch die Impulsraumwellenfunktion beschrieben:
c0 (~p/~) =
ψ
Diese Wellenfunktion ist normiert, also
1
~3
R
σ2
π
3/4
1 σ2 2
p
~
~
e− 2
c0 (~p/~)|2 = 1, wobei
d3 p |ψ
R3
1 c
|ψ0 (~p/~)|2
~3
d3 p die Wahr-
scheinlichkeit bezeichnet, den Impuls im Impulsvolumen d3 p bei dem Vektor p~ zu finden.
Für den mittleren Impuls folgt (siehe vorherige Argumentation):
Z
1
c0 (~p/~)|2 = 0
< p~ >= 3 d3 p p~ |ψ
~
R3
19
Kapitel 2
Die freie Schrödingergleichung
Daher analysieren wir wieder die quadratische Abweichung von diesem Mittelwert:
Z
1
2
2
2
c0 (~p/~)|2
(∆p1 ) =:< (p1 − < p1 >) >=< p1 >= 3 d3 p p21 |ψ
~
R3
Z
p~ ~ =k c0 (~k)|2
= d3 p~
= ~2 d3 k k12 |ψ
~3 = d 3 k R3
= ~2
= ~2
2 3/2 Z
σ
π
σ2
π
3/2
d3 k e−σ
R3
Z∞
dk1 e
2~
k2
−σ 2 k12
k12
k12
−∞
= ~2
Z∞
−σ 2 k22
Z∞
dk2 e
−∞
dk3 e−σ
2 k2
3
−∞
1
2σ 2
Also gilt ∆p1 = ~ √12σ .
Daher folgt:
1
~
σ
∆x1 ∆p1 = √ ~ √ =
2
2
2σ
∆x ∆p =
~
2
ist die Heisenberg’sche Unschärferelation für Gauß’sche Wellenpakete.
Allgemein gilt die allgemeine Form der Heisenberg’schen Unschärferelation:
∆x ∆p ≥
2.5
~
2
Ortsraumdarstellung und Impulsraumdarstellung
Wir möchten nun Fragen zum Impuls im Ortsraum formulieren. Dabei ist wichtig, dass Beschreibungen im Orts- und Impulsraum äquivalent sind, aber es ist bequemer nur in einer der beiden Darstellungen zu arbeiten (meistens im Ortsraum).
Als Beispiel möchten wir den Impuls im Ortsraumbild berechnen.
Z 3
dp
b p/~)|2
p~ |ψ(~
< p~ > =
3
~
R3
Z
p~ ~ ~ =k b ~k)|2
= d3 p
= ~ d3 k ~k |ψ(
~3 = d3 k R3
Z
Z
1
~
3
−ik·~
x
b ~k)∗ ~k ψ(
b ~k) = ψ(~k) =
= ~ d3 k ψ(
d
x
ψ(~
x
)
e
(2π)3/2
R3
R3
Z
Z
~
b ~k)∗ ψ(~x) ~k e−i~k·~x
=
d3 x d3 k ψ(
3/2
(2π)
R3
20
R3
Die freie Schrödingergleichung
Kapitel 2
~
Da e−ik·~x = e−ik1 x1 −ik2 x2 −ik3 x3 gilt, folgt:

  ∂ −ik1 x1 −ik2 x2 −ik3 x3 
i ∂x1 e
k1 e−ik1 x1 −ik2 x2 −ik3 x3
~k e−i~k·~x =  k2 e−ik1 x1 −ik2 x2 −ik3 x3  =  i ∂ e−ik1 x1 −ik2 x2 −ik3 x3  = i∇e
~ −i~k·~x
∂x2
k3 e−ik1 x1 −ik2 x2 −ik3 x3
i ∂x∂ 3 e−ik1 x1 −ik2 x2 −ik3 x3
Somit folgt für < p~ > weiter:
Z
~
< p~ >=
(2π)3/2
3
Z
dx
R3
~ −i~k·~x
d3 k ψb (~k)∗ ψ(~x) i∇e
R3
Mittels partieller Integration (Randterm verschwindet) folgt weiter:
Z
Z
1
3
b ~k)∗ e−i~k·~x (−i∇ψ(~
~ x))
< p~ > = ~ d x
d3 k ψ(
3/2
(2π)
R3
R3
|
{z
}
(
Z
=
R3
1
(2π)3/2
R
b ~k)ei~k·~x )∗ =ψ(~
d3 k ψ(
x)∗
R3
~ ψ(~x)
d3 x ψ(~x)∗ (−i~∇)
| {z }
b
p
~
b
p~ bezeichnet den Impulsoperator.
Als quantenmechanische Erwartungswerte im Ortsraum erhalten wir:
R
b ψ(~x) , ~x
b = ~x . . . Multiplikationsoperator
< ~x >= d3 x ψ(~x)∗ ~x
3
R
R
~ . . . Ableitungsoperator
< p~ >= d3 x ψ(~x)∗ b
p~ ψ(~x) , b
p~ = −i~∇
R3
Für den Drehimpuls folgt:
R
~ >= d3 x ψ(~x)∗ L
~b ψ(~x)
<L
b×b
~b = ~x
~
,L
p~ = ~x × (−i~∇)
R3
Der Drehimpulsoperator ist also gegeben durch


x2 ∂x∂ 3 − x3 ∂x∂ 2
~b = −i~  x3 ∂ − x1 ∂ 
L
∂x1
∂x3
x1 ∂x∂ 2 − x2 ∂x∂ 1
Allgemein gilt
Z
< O >=
b ψ(~x)
d3 x ψ(~x)∗ O
R3
b als zugehörigem Operator.
mit O als Observabler und O
21
Kapitel 3
Die Schrödingergleichung mit Potential
3.1
Einbau eines Potentials in die Schrödingergleichung
Zunächst wird nochmals die freie Schrödingergleichung betrachtet:
i~
2
∂
c0 Ψ(~x, t) mit H
c0 = − ~ ∆
Ψ(~x, t) = H
∂t
2m
c0 lässt sich umschreiben in
H
2
2
~ 2
c0 = − ~ ∆ = (−i~∇) = p~
H
2m
2m
2m
c0 als Operator für die kinetische Energie offensichtlich wird.
wobei die Interpretation von H
c0 auf H
b führt man wie folgt durch:
Eine Verallgemeinerung von H
2
b x) = H
c0 + Vb (~x) = − ~ ∆ + V (~x)
H(~
2m
wobei Vb (~x) ein Multiplikationsoperator ist.
Somit erhält man die Schrödingergleichung mit Potential:
i~
2
∂
b x) Ψ(~x, t) = − ~ ∆Ψ(~x, t) + V (~x) Ψ(~x, t)
Ψ(~x, t) = H(~
∂t
2m
Nun wollen wir die zeitfreie Schrödingergleichung betrachten. Dazu verwenden wir den folgenden
Ansatz:
−iEt
Ψ(~x, t) = e ~ ψ(~x)
Für die linke Seite der Schrödingergleichung folgt:
i~
−iEt
∂
−iE −iEt
Ψ(~x, t) = i~
e ~ ψ(~x) = E e ~ ψ(~x)
∂t
~
Für die rechte Seite der Schrödingergleichung folgt:
b x) Ψ(~x, t) = e −iEt
b x) ψ(~x)
~ H(~
H(~
22
Die Schrödingergleichung mit Potential
Insgesamt nach Kürzen von e
−iEt
~
Kapitel 3
erhält man die zeitfreie Schrödingergleichung:
2
b x) ψ(~x) = E ψ(~x) mit H(~
b x) = − ~ ∆ + V (~x)
H(~
2m
Die zeitfreie Schrödingergleichung ist eine Eigenwertgleichung und es gibt im Allgemeinen nur für
b und ψE die Eigenfunktion
bestimmte Werte von E eine Lösung. Man nennt E den Eigenwert von H
b
(den Eigenvektor) von H zum Eigenwert E.
Die Normierung der Wellenfunktion ist gegeben durch:
Z
Z
Z
−iEt
2
2
3
2
3
1 = d x |Ψ(~x, t)| = d x |e ~ | |ψ(~x)| = d3 x |ψ(~x)|2
| {z }
R3
R3
R3
=1
Als allgemeine Vorgehensweise erhält man somit:
1. Löse die zeitfreie Schrödingergleichung.
2. Normiere die Ortswellenfunktion ψE (~x).
3. Berechne die vollständige Lösung durch ΨE (~x, t) = e
3.2
−iEt
~
ψE (~x)
Der unendlich tiefe Potentialtopf
Dabei handelt es sich um ein eindimensionales Problem, also benötigen wir die zeitfreie Schrödingergleichung in einer Dimension.
~2 d2
−
+ V (x) ψ(x) = E ψ(x)
2m dx2
(
0
für 0 ≤ x ≤ L
Für den unendlich tiefen Potentialtopf gilt V (x) =
.
∞ sonst
Bei einem unendlich hohen Potential kann auch das quantenmechanische Teilchen nicht in den Bereich mit V = ∞ tunneln, d.h. ψ(x) = 0 für x ∈
/ [0, L].
~2 d2
Im Inneren des Potentialtopfes wird die Lösung durch die Schrödingergleichung − 2m
ψ(x) =
dx2
E ψ(x) mit den Randbedingungen ψ(0) = ψ(L) = 0 beschrieben, da die Wellenfunktion stetig sein
soll.
Die Gleichung lässt sich umschreiben in
d2
E 2m
ψ(x) = −ω 2 ψ(x) mit ω 2 =
2
dx
~2
und besitzt Lösungen der Form
ψ(x) = A sin(ωx) + B cos(ωx)
Über die Randbedingungen erhält man:
ψ(0) = A sin(0) + B cos(0) = 0 ⇒ B = 0
ψ(L) = A sin(ωL) = 0 ⇒ sin(ωL) = 0
23
Kapitel 3
Die Schrödingergleichung mit Potential
nπ
L
Aus sin(ωL) = 0 folgt ωL = nπ mit n ∈ Z, also ω =
E 2m
= ( nπ
)2 .
~2
L
bzw. ω 2 = ( nπ
)2 und in weiterer Folge
L
Also erhält man diskrete Energieniveaus
~2 nπ 2
für n = 1, 2, 3, . . .
2m L
Diese kann man auch in alternativer Schreibweise angeben:
~2 π 2
En = E1 n2 mit E1 =
2m L
n = 1, 2, 3, . . . heißen auch Quantenzahlen der Energieniveaus.
(
x) für 0 ≤ x ≤ L
A sin( nπ
L
ψn (x) =
0
sonst
En =
Somit kommen wir zur Normierung:
Z
2
ZL
dx |ψn (x)| =
1=
0
R
L
= A2
nπ
Znπ
nπ
nπ x=y
A sin
x dx = L L
dx = nπ dy
L
2
2
L
sin2 (y) dy = A2 n
nπ
0
L
= A2
2
Zπ
sin2 (y) dy
|0
{z
π/2
r
und somit
A=
}
2
L
Die Lösung ist dann
(q
ψn (x) =
2
L
sin( nπ
x)
L
0
für 0 ≤ x ≤ L
sonst
2
~ π 2 2
En =
n
2m L
−iEn t
Ψn (x, t) = e ~ ψn (x)
Universelle qualitative Eigenschaften:
1. Es sind gebundene Zustände mit diskreten Energien.
2. Die gebundenen Zustände werden durch diskrete Quantenzahlen indiziert (hier: n = 1, 2, 3, . . .).
3. Der Grundzustand hat E > 0 (Nullpunktsenergie).
~
∆x ∆p ≥ ~2 mit ∆x = L führt zu ∆p ≥ 2L
2
p
~2 1 2
Für ∆p = p folgt E = 2m
≥ 2m
( 2L ) .
Somit folgt die Existenz der Nullpunktsenergie bereits aus der Unschärferelation.
4. Mit zunehmender Energie wächst die Anzahl der Knoten.
5. Die Wellenfunktionen haben alternierende Symmetrieeigenschaften (hier: gerade vs. ungerade).
24
Die Schrödingergleichung mit Potential
Kapitel 3
Abbildung 3.1: Wellenfunktionen und Energieeigenwerte des unendlich tiefen Potentialtopfes
(bei den Plots auf der rechten Seite wurde ein rechteckiges Störpotential in den
Potentialtopf gesetzt und die zeitfreie Schrödingergleichung numerisch gelöst)
Abbildung 3.2: Zeitliche Entwicklung eines Wellenpaketes im unendlich tiefen Potentialtopf
25
Kapitel 3
3.3
Die Schrödingergleichung mit Potential
Arbeiten mit Wellenfunktionen
Zunächst wollen wir Erwartungswerte verschiedener Observablen berechnen. Dazu betrachten wir
die allgemeine Lösung der Schrödingergleichung
Ψn (~x, t) = e
−iEn t
~
ψn (~x)
Die einfache Zeitabhängigkeit erlaubt die Auswertung von Observablen direkt für die Lösung ψn (~x)
−iEn t
der zeitfreien Schrödingergleichung (e ~ kürzt sich weg).
~ dienen. Betrachte also pb im unendlich tiefen Potentialtopf
Als erste Observable soll b
p~ = −i~∇
Z
<p>=
dx ψn∗ (x) pb ψn (x)
R
2
=
L
ZL
nπ nπ d
dx sin
x
−i~
sin
x
L
dx
L
0
−i~2
=
L
ZL
dx sin
nπ nπ nπ x cos
x
L
L
L
0
Znπ
−i~2 nπ L
=
sin(y) cos(y) dy
L
L
nπ
0
nπ
−i~2 sin2 (y) =
=0
L
2 nπ
x=y
= L L
dx = nπ dy
0
Als nächstes betrachten wir < p2 >.
2
Z
<p >=
dx ψn∗ (x) pb 2 ψn (x)
R
2
=
L
ZL
nπ nπ 2
2 d
dx sin
x
−~
sin
x
L
dx2
L
0
2
= ~2
L
ZL
0
nπ nπ 2 nπ x = y
dx sin
x
= L L
dx = nπ dy
L
L
2
2 nπ 2
=~
L L
2
Znπ
0
2
=~
26
π 2
L
n2
L
2 nπ
sin (y) dy
= ~2
n
nπ
L L
2
Zπ
|0
sin2 (y) dy
{z
π/2
}
Die Schrödingergleichung mit Potential
Kapitel 3
Nach dem Impuls sehen wir uns den Ortsoperator x
b an.
Z
b ψn (x)
< x > = dx ψn∗ (x) x
R
2
=
L
ZL
dx sin
nπ nπ x x sin
x
L
L
0
nπ
x=y
= L L
dx = nπ dy
nπ
2 Z
2
L
2
=
L (nπ)2 dy sin (y) y
z = y − nπ
2
= dz = dy
Z2
2
nπ nπ 2
= 2 L
dz
sin
z
+
z
+
L (nπ)2
2
2
0
nπ
− nπ
2
nπ
2L
=
(nπ)2
Z2
dz
sin2 (z)
cos2 (z)
nπ z+
2
− nπ
2
da die Funktion ungerade ist, kann man z kürzen
nπ
Z2 2L nπ sin2 (z)
=
dz
cos2 (z)
(nπ)2 2
− nπ
2
{z
|
=
nπ
2
}
2L (nπ)2
L
=
2
(nπ)
4
2
Als nächstes möchten wir die Orthonormalität von Wellenfunktionen betrachten. Diese ist ähnlich
einer bereits bekannten Eigenschaft aus der linearen Algebra:
Sei H eine Hermitesche Matrix und gelte H~v1 = λ1~v1 und H~v2 = λ2~v2 sowie λ1 6= λ2 , dann folgt
~v1† · ~v2 = 0. Allgemeiner gilt also ~vi† · ~vj = δi,j .
(Eigenvektoren verschiedener Eigenwerte (reell) sind orthogonal (bzw. orthonormal bei Normierung))
Über das Skalarprodukt für Wellenfunktionen lässt sich die Orthogonalität (Orthonormalität) wie folgt
überprüfen:
Z
d3 x ψn∗ (~x) ψm (~x) = δn,m
R3
Wir rechnen nun die Orthonormalität für die Wellenfunktion des unendlich tiefen Potentialtopfes
nach. Dazu betrachten wir
ZL
nπ mπ 2
dx sin
x sin
x
L
L
L
0
Für n = m gilt
2
L
RL
0
dx sin
nπ
x
L
sin
mπ
x
L
=
2
L
RL
0
dx sin2
nπ
x
L
= 1 wegen der Normierung.
27
Kapitel 3
Die Schrödingergleichung mit Potential
Für n 6= m gilt
2
L
ZL
0
ZL
ZL
nπ mπ 1
n+m
1
n−m
dx sin
x sin
x =−
dx cos
πx +
dx cos
πx
L {z
L }
L
L
L
L
|
0
0
− 12 [cos( n+m
πx)−cos( n−m
πx)]
L
L
! L
n−m
πx
sin
πx
1 sin n+m
L
L
−
=−
=0
n+m
n−m
L
π
π
L
L
0
Nun betrachten wir die Superposition von Eigenzuständen. Dazu benötigen wir die folgenden Gleichungen:
r
2
nπ
ψn (x) =
sin( x) mit x ∈ [0, L]
L
L
2 ~
π 2
En =
n
2m L
−iEn t
Ψn (x, t) = e ~ ψn (x)
∂
b
i~ Ψn (x, t) = H(x)Ψ
n (x, t)
∂t
Die Superposition Ψ(x, t) = A
∞
P
cn Ψn (x, t) = A
n=1
∞
P
cn e
−iEn t
~
gleichung.
∞
P
Gegeben sei eine Anfangswellenfunktion Ψ(x, 0) = f (x) = A
∗
(x) sowie das Integrieren liefert:
Multiplizieren von links mit ψm
Z
∗
ψm
(x)
ψn (x) ist Lösung der Schrödinger-
n=1
∞
X
cn ψn (x) und gesucht ist cn . Das
n=1
Z
∗
ψm
(x) ψn (x) dx = A cm
n=1
{z
}
|
δn,m
Z
Z
∗
∗
⇒ cn = ψm (x) f (x) dx = ψm
(x)Ψ(x, 0) dx bis auf die Normierung
f (x) dx = A
⇒ Ψ(x, t) = A
∞
X
cn e
cn
−iEn t
~
ψn (x)
n=1
Nun möchten wir noch normieren:
Z
Z
2
2
1 = dx |Ψ(x, t)| = A
dx
∞
X
!
c∗n e
+iEn t
~
ψn∗ (x)
n=1
= A2
∞ X
∞
X
c∗n cm e
∞
X
!
cm e
+iEn t
~
e
−iEm t
~
Z
dx ψn∗ (x) ψm (x)
|
{z
}
δn,m
= A2
n=1
28
c∗n cn = A2
ψm (x)
m=1
n=1 m=1
∞
X
−iEm t
~
∞
X
n=1
|cn |2
Die Schrödingergleichung mit Potential
Kapitel 3
Also folgt
v
u
1
u
A=uP
∞
t
|cn |2
n=1
3.4
Die Potentialbarriere
(
0
V (x) = V0 θ(x) =
V0
für x < 0 (Bereich 1)
für x ≥ 0 (Bereich 2)
Betrachten wir zunächst die zeitfreie Schrödingergleichung in den beiden Bereichen.
Bereich 1 (V (x) = 0, x < 0):
−
~2 d2
ψE (x) = E ψE (x)
2m dx2
d2
2mE
ψE (x) = − 2 ψE (x)
2
dx
{z }
|~
∼ω 2
Dabei sei ω 2 aus der Schwingungsgleichung und man erhält:
√
(1)
ψE (x) = a e+i
2mE
x
~
+ b e−i
√
2mE
x
~
Bereich 2 (V (x) = V0 , x ≥ 0):
−
~2 d2
ψE (x) + V0 ψE (x) = E ψE (x)
2m dx2
d2
2m(E − V0 )
ψE (x) = −
ψE (x)
2
dx
~2
0)
Der Vorfaktor − 2m(E−V
auf der rechten Seite hat verschiedene Vorzeichen für E > V0 und E < V0 .
~2
Fall 1 (E > V0 ):
>0
z
}|
{
2m(E − V0 )
d
ψE (x) = −
ψE (x)
2
dx2
~
|
{z
}
2
∼ω 2
√
(2)
ψE (x)
0
+i
=a e
2m(E−V0 )
x
~
√
0
+b e
−i
2m(E−V0 )
x
~
Fall 2 (E < V0 ):
>0
z
}|
{
d
2m(V0 − E)
ψE (x) =
ψE (x)
dx2
~2
2
Da wir wissen, dass
d2
f (x)
dx2
= +ω 2 f (x) die Lösung f (x) = Aeωx + Be−ωx besitzt, folgt:
√
(2)
ψE (x)
0
=a e
2m(V0 −E)
x
~
√
0
−
+b e
2m(V0 −E)
x
~
29
Kapitel 3
Die Schrödingergleichung mit Potential
Grundlegende Eigenschaften der Lösungen
Nun möchten die Zeitabhängigkeit ins Spiel bringen.
Bereich 1:
(1)
ΨE (x, t)
= |a e
−iEt
+i
~
√
2mE
x
~
} + b| e
{z
(i)
−iEt
−i
~
√
2mE
x
~
{z
(ii)
}
√
√
Wir können (i) umschreiben in a [cos(− ~1 (Et − 2mEx)) + i sin(− ~1 (Et − 2mEx))] und möchten
die Ausbreitung des Maximums betrachten (Argument 0 gesetzt).
√
1
E
− (Et − 2mE xmax ) = 0 ⇒ xmax = √
t
~
2mE
Das heißt, xmax wächst mit t an, also läuft die Welle nach rechts.
Somit erhalten wir für (i) eine einlaufende und für (ii) eine reflektierte Welle.
Bereich 2:
Fall 1: (E > V0 )
√
(2)
ψE (x)
0
+i
=a
| e
{z
läuft nach rechts
Fall 2: (E < V0 )
√
(2)
ψE (x)
0
√
2m(E−V0 )
x
~
(iii)
−i
} + b| e
2m(E−V0 )
x
~
{z
läuft nach links
2m(V0 −E)
x
~
=a
| e {z
0
√
0
−
} +b e
}
2m(V0 −E)
x
~
Da (iii) exponentiell anwachsend ist, ist (iii) auch nicht normierbar und somit muss a0 = 0 gelten.
Somit erhalten wir die fertige Lösung mit unbekannten Amplituden:
√
2mE
(1)
ikx
−ikx
x < 0 : ψE (x) = e + R e
mit k =
~

√
T eiqx mit q = 2m(E−V0 )
für E > V0
(2)
√ ~
x > 0 : ψE (x) =
2m(V
−E)
0
T e−κx mit κ =
für E < V0
~
Dabei bezeichnet R die relative Amplitude der reflektierten Welle und T die Amplitude der durchlaufenden (transmittierten) Welle.
Im Fall x > 0 und E < V0 , also ψE (x) = T e−κx , dringt die Wellenfunktion in die Potentialstufe ein.
Es ist zu bemerken, dass im Limes V0 → ∞ die Eindringtiefe 0 ist, die Wellenfunktion also verschwindet.
2
d
2m
2m
Die Schrödingergleichung dx
2 ψE (x) = − ~ (E − V (x))ψE (x) liefert durch − ~2 (E − V (x)) die
Unstetigkeitsstelle x = 0. Die zweite Ableitung ψE00 ist zwar unstetig bei x = 0, aber die erste
Ableitung ψE0 und die Wellenfunktion ψE sind stetig bei x = 0. Daraus können nun aber R und
T berechnet werden.
(1)
(2)
Die Stetigkeit von ψE bei x = 0 liefert ψE (0) = ψE (0), also
(1)
(2)
ψE (0) = 1 + R = T = ψE (0)
30
Die Schrödingergleichung mit Potential
Kapitel 3
(1)
(2)
Die Stetigkeit von ψE0 bei x = 0 liefert ψE 0 (0) = ψE 0 (0), also
(
iqT
für E > V0
(1)
(2)
ψE 0 (0) = ik − ikR =
= ψE 0 (0)
−κT für E < V0
Somit erhält man:
(
k 1−R
q
T =
−ik 1−R
κ
für E > V0
für E < V0
Durch Einsetzen in die zweite Gleichung folgt weiter:
(
k 1−R
für E > V0
q
1+R=
−ik 1−R
für E < V0
κ
Also erhält man:
q + qR = k − kR ⇒ R(q + k) = k − q
k−q
⇒R=
k+q
κ + κR = −ik + ikR ⇒ R(κ + ik) = −ik − κ
−ik − κ
k − iκ
⇒R=
=
−ik + κ
k + iκ
für E > V0
für E < V0
Für T folgt dann:
(
1+
T =1+R=
1+
k−q
2k
= k+q
k+q
k−iκ
2k
= k+iκ
k+iκ
für E > V0
für E < V0
Endresultat
(
eikx + R e−ikx für x < 0
E < V0 : ψE (x) =
T e−κx
für x ≥ 0
p
√
2m(V0 − E)
2mE
k − iκ
2k
mit k =
,κ =
,R =
,T =
~
~
k + iκ
k + iκ
(
eikx + R e−ikx für x < 0
E > V0 : ψE (x) =
T eiqx
für x ≥ 0
p
√
2m(E − V0 )
2mE
k−q
2k
mit k =
,q =
,R =
,T =
~
~
k+q
k+q
Die zeitabhängige Lösung ist dann gegeben durch:
ΨE (x, t) = N e
−iEt
~
ψE (x)
31
Kapitel 3
Die Schrödingergleichung mit Potential
Dabei ergibt sich N aus der Normierung, also aus
R
dx |ΨE (x, t)|2 = 1.
R
Weitere Lösungen ergeben sich durch Linearkombination:
Z
Ψ(x, t) = N dE f (E) ΨE (x, t)
Stromdichte
Die Wahrscheinlichkeitsdichte ist gegeben durch ρ(~x, t) = |Ψ(~x, t)|2 = Ψ(~x, t)∗ Ψ(~x, t).
Die Änderungsrate ist dann:
∂
ρ(~x, t) =
∂t
∂
Ψ(~x, t)∗
∂t
Ψ(~x, t) + Ψ(~x, t)
∗
∂
Ψ(~x, t)
∂t
2
∂
Aus der Schrödingergleichung i~ ∂t
Ψ(~x, t) = [− ~2m∆ + V (x)]Ψ(~x, t) folgt
2
∂
1
~∆
Ψ(~x, t) =
+ V (x) Ψ(~x, t)
−
∂t
i~
2m
Also folgt weiter:
2
2
∂
1
~∆
1
~∆
∗
∗
ρ(~x, t) = −
−
+ V (x) Ψ(~x, t) Ψ(~x, t) + Ψ(~x, t)
−
+ V (x) Ψ(~x, t)
∂t
i~
2m
i~
2m
i
i~ h ~ 2
~ 2 Ψ(~x, t))
=−
(∇ Ψ(~x, t)∗ )Ψ(~x, t) − Ψ(~x, t)∗ (∇
2m
~ herausheben
aufgrund der Produktregel lässt sich ∇
h
i
~ −i~ (∇Ψ(~
~ x, t)∗ )Ψ(~x, t) − Ψ(~x, t)∗ (∇Ψ(~
~ x, t))
=∇
2m
Dadurch gilt:
h
i
∂
~ ~j(~x, t) = 0 mit ~j(~x, t) = ~ Ψ(~x, t)∗ (∇Ψ(~
~ x, t)) − (∇Ψ(~
~ x, t)∗ )Ψ(~x, t)
ρ(~x, t) + ∇
∂t
2mi
∂
~ ~j(~x, t)dV
Dabei bezeichnet ~j die Wahrscheinlichkeitsstromdichte. Die lässt sich aus ∂t
ρ(~x, t)dV = −∇
herleiten (Divergenz, Nettodurchfluss durch Oberfläche).
~
d ikx
d −ikx ikx
~
~k
−ikx
jeinf allend = je =
e
e
−
e
e
=
2ik =
2mi
dx
dx
2mi
m
~
d
d ∗ ikx
~k
jref lektiert = jr =
R∗ eikx
Re−ikx −
R e
Re−ikx = − |R|2
2mi
dx
dx
m
(
~
d iqx
d −iqx
|T |2 e−iqx dx
e
− dx
e
eiqx = ~q
|T |2 für E > V0
m
jtransmittiert = jt = 2mi
~
d −κx
d −κx
|T |2 e−κx dx
e
− dx
e
e−κx = 0
für E < V0
2mi
32
Die Schrödingergleichung mit Potential
Kapitel 3
Betrachten wir nun zuerst den Fall E < V0 .
k − iκ 2
jr
2
=1
= |R| = je
k + iκ jt
=0
je
Also wird alles reflektiert wie in der klassischen Mechanik.
Nun betrachten wir den Fall E > V0 .
k − q 2
jr
2
< 1 und
= |R| = je
k + q
k − q 2
k + q ≥ 0
Es wird also immer ein Teil reflektiert.
3.5
Der quantenmechanische Tunneleffekt
Wir beschränken uns auf den Fall E < V0 .
Abbildung 3.3: Potentialbarriere
Betrachten wir nun die drei Bereiche:

ikx
−ikx

für x < −a
e + Re
κx
−κx
ψ(x) = Ce + De
für − a ≤ x ≤ a

 ikx
Te
für x > a
p
√
2m(V0 − E)
2mE
k=
,κ =
~
~
Zunächst betrachten wir die Anschlussbedingungen bei x = a:
ψ : Ceκa + De−κa = T eika
ψ 0 : κ Ceκa − De−κa = ikT eika
ik
Ceκa − De−κa = T eika
κ
33
Kapitel 3
Die Schrödingergleichung mit Potential
ik
T
ik ika−κa
ika
ψ + ψ : 2Ce = 1 +
T e , also C =
1+
e
κ
2
κ
T
ik ika+κa
0
ψ−ψ :D =
1−
e
2
κ
0
κa
Nun betrachten wir die Anschlussbedingungen bei x = −a:
ψ : e−ika + Reika = Ce−κa + Deκa
ψ 0 : − ik e−ika − Reika = −κ Ce−κa − Deκa
κ
Ce−κa − Deκa
e−ika − Reika =
ik
κ −κa κ κa
0
−ika
ψ + ψ : 2e
= 1+
Ce
+ 1−
De
ik
ik
C und D einsetzen
h
i
−ika
ika
2e
= 2T e
cosh(2κa) + i sinh(2κa)
2
κ2 − k 2
e−2ika
mit
=
T =
cosh(2κa) + i 2 sinh(2κa)
κk
Betrachten wir die Stromdichten:
~
~k
d −ikx ikx
d ikx
~
−ikx
jeinf allend = je =
e
e
2ik =
e
−
e
=
2mi
dx
dx
2mi
m
~
d −ikx ikx
d ikx
~k 2
|T |2 e−ikx
e
e
|T |
jauslauf end = ja =
−
e
=
2mi
dx
dx
m
Für die Durchlässigkeitswahrscheinlichkeit ergibt sich:
~k
|T |2
m
~k
m
ja
=
je
= |T |2 =
1
1 + (1 +
( 2 )2 ) sinh2 (2κa)
Nun möchten
√ wir den Grenzfall einer hohen und breiten Barriere betrachten, also V0 E , a 1:
Mit κ =
2m(V0 −E)
~
√
und k =
2mE
~
folgt
e2κa − e−2κa
2
2κa
e
=
für κa 1
2
1
1
4
−4κa
|T |2 ∼
∼
=
2 e
2 e2κa 2
2 1 4κa
1 + (1 + ( 2 ) )( 2 )
(1 + 4 ) 4 e
1 + 4
sinh(2κa) =
√
Mit =
κ2 − k 2
=
κk
~
folgt 2 =
34
2
√
2
2mE
−
~
2m(V0 − E) − 2mE
(V0 − E) − E
√
√
p
= p
=
2m(V0 −E)
2m (V0 − E)E
(V0 − E)E
2mE
2m(V0 −E)
~
V0 − 2E
p
(V0 − E)E
~
!2
=
V02 − 4V0 E + 4E 2
V 2 − 4E(V0 − E)
= 0
(V0 − E)E
(V0 − E)E
Die Schrödingergleichung mit Potential
Kapitel 3
Somit folgt für |T |2 weiter:
|T |2 ∼
16
e−4κa =
4 + 2
4+
16
√
e−4
−E)
V02 −4E(V0
(V0 −E)E
2m(V0 −E)
a
~
16(V0 − E)E
=
e−4
4(V0 − E)E + V02 − 4E(V0 − E)
√
16(V0 −E)E
a
−4 2m(V0 −E) ~
+ln(
)
V02
=e
√
a
2
−4 2m(V0 −E) ~
|T | ∼ e
√
2m(V0 −E)
a
~
=
16(V0 − E)E −4√2m(V0 −E) a
~
e
V02
Daraus lässt sich nun ablesen, dass auch die Masse m von Bedeutung ist.
Der Alpha-Zerfall, also die spontane Emission von Helium-Kernen, kann quantenmechanisch mit
Hilfe des Tunneleffekts verstanden werden.
Abbildung 3.4: Alpha-Zerfall
Beim Rastertunnelmikroskop (scanning tunneling microscope) wird eine Messsonde sehr nahe (etwa
1 nm) an der zu untersuchenden Probe entlanggeführt. Zwischen Sonde und Probe wird eine schwache
Spannung angelegt. Bei der Bewegung der Sonde wird diese vertikal nachjustiert, so dass immer ein
konstanter Tunnelstrom fließt. Dadurch beweget sich die Sonde immer in einem festen Abstand zur
Probe und die Bewegung der Sonde in allen drei Richtungen kann in ein Bild des Objekts umgerechnet
werden.
Abbildung 3.5: Rastertunnelmikroskop
35
Kapitel 4
Drehimpuls, Wasserstoffproblem und Spin
4.1
Der Drehimpuls in der Quantenmechanik
b=x
Für den Drehimpuls gilt L
b × pb mit pb =
~
i
~ Somit gilt in weiterer Folge:
∇.
b = ~ ~x × ∇
~ bzw. L
bi = ~ ijk xj ∂
L
i
i
∂xk
Ein wichtiges Hilfsmittel sind die Kugelkoordinaten, die wie folgt definiert sind:


r sin θ cos ϕ
r:0→∞
~x =  r sin θ sin ϕ  mit θ : 0 → π
r cos θ
ϕ : 0 → 2π
Somit erhält man ein lokales Koordinatensystem im Punkt mit ~er , ~eθ , ~eϕ , wobei folgendes gilt:
~x = r ~er mit ~er × ~eθ = ~eϕ , ~eθ × ~eϕ = ~er , ~eϕ × ~er = ~eθ
~ und in weiterer Folge für ∆:
Somit folgt für ∇
∂
~ = ~er ∂ + ~eθ 1 ∂ + ~eϕ 1
∇
∂r
r ∂θ
r sin θ ∂ϕ
2
∂
2 ∂
1
∂
∂
1
∂2
∆= 2 +
+
sin θ
+ 2 2
∂r
r ∂r r2 sin θ ∂θ
∂θ
r sin θ ∂ϕ2
~ folgt somit:
Für ~x × ∇
∂
1 ∂
1
∂
~
~x × ∇ = r~er × ~er
+ ~eθ
+ ~eϕ
∂r
r ∂θ
r sin θ ∂ϕ
∂
1 ∂
1
∂
= r~er × ~er +r ~er × ~eθ
+ r ~er × ~eϕ
| {z } r ∂θ
| {z } r sin θ ∂ϕ
| {z ∂r}
=0
= ~eϕ
~eϕ
∂
1 ∂
− ~eθ
∂θ
sin θ ∂ϕ
36
−~eθ
Drehimpuls, Wasserstoffproblem und Spin
Kapitel 4
b folgt daher:
Für L
~
∂
1 ∂
~
~
b
~eϕ
− ~eθ
L = ~x × ∇ =
i
i
∂θ
sin θ ∂ϕ




cos θ cos ϕ
− sin ϕ



cos θ sin ϕ
cos ϕ  folgt
Mit ~eθ =
und ~eϕ =
− sin θ
0




− sin ϕ
cos θ cos ϕ
~
1
∂
~
b =  cos ϕ 
 cos θ sin ϕ  ∂
−
L
i
∂θ
i sin θ
∂ϕ
0
− sin θ
Für die partiellen Ableitungen folgt:
~
∂
∂
b
Lx =
− sin ϕ − cot θ cos ϕ
i
∂θ
∂ϕ
∂
∂
~
by =
cos ϕ − cot θ sin ϕ
L
i
∂θ
∂ϕ
bz = ~ ∂
L
i ∂ϕ
b2 folgt:
Für L
b2
L =
4.2
b2
L
x
+
b2
L
y
+
b2
L
z
2
= −~
1 ∂
sin θ ∂θ
∂
sin θ
∂θ
1 ∂2
+
sin2 θ ∂ϕ2
Zentralpotentiale
Wir betrachten V (~x) = V (r) mit r =
p
x2 + y 2 + z 2 .
2
b = − ~ ∆ + V (~x)
H
2m ~2
∂2
2 ∂
1
1 ∂
∂
1 ∂2
=−
+
+
sin θ
+
+ V (r)
2m ∂r2 r ∂r r2 sin θ ∂θ
∂θ
sin2 θ ∂ϕ2
2
∂
2 ∂
1 1 b2
~2
+
+
L + V (r)
=−
2
2m ∂r
r ∂r
2m r2
b lösen, also die folgende EigenwertgleiNun möchten wir die zeitfreie Schrödingergleichung für H
chung:
b x) = Eψ(~x)
Hψ(~
Dazu verwenden wir den Ansatz
ψ(~x) = ϕ` (r)Y`m (θ, ϕ)
b2 sind, sodass
mit den Kugel(flächen)funktionen Y`m (θ, ϕ), welche Eigenfunktionen des Operators L
folgendes gilt:
b2 Y`m (θ, ϕ) = λ(`, m) Y`m (θ, ϕ)
L
| {z }
∈C
37
Kapitel 4
Drehimpuls, Wasserstoffproblem und Spin
Durch Einsetzen des Ansatzes in die zeitfreie Schrödingergleichung erhält man:
2
∂
1 1 b2
~2
2 ∂
+ V (r) ϕ` (r)Y`m (θ, ϕ) + ϕ` (r)
−
+
L Y`m (θ, ϕ) =
2
2m ∂r
r ∂r
2m r2
2
~2
∂
1 1
2 ∂
−
+ V (r) +
+
λ(`, m) ϕ` (r)Y`m (θ, ϕ) = Eϕ` (r)Y`m (θ, ϕ)
2m ∂r2 r ∂r
2m r2
Somit verbleibt folgende einfache Differentialgleichung:
2
∂
1 1
~2
2 ∂
+
−
+
λ(`, m) + V (r) ϕ` (r) = Eϕ` (r)
2m ∂r2 r ∂r
2m r2
Wenn wir ϕ` (r) = 1r u` (r) setzen, erhalten wir die Radialgleichung:
~2 d2
1 1
−
+
λ(`, m) + V (r) u` (r) = Eu` (r)
2m dr2 2m r2
Wir erhalten also folgende Schritte zur Lösung der zeitfreien Schrödingergleichung:
b2 und erhalte Y`m (θ, ϕ).
1. Löse das Eigenwertproblem für L
2. Löse die Radialgleichung und erhalte u` (r).
3. Setze ψ(~x) = ψ(r, θ, ϕ) = u` (r)Y`m (θ, ϕ).
4.3
b2
Eigenfunktionen des Drehimpulsoperators L
Wir betrachten die Gleichung:
b2 Y`m (θ, ϕ) = λ(`, m)Y`m (θ, ϕ)
L
Die Kugelflächenfunktionen sind gegeben durch:
s
r
2` + 1 (` − m)! m
P` (cos θ)eimϕ
Y`m (θ, ϕ) =
4π
(` + m)!
P`m (x) =
`+m
(−1)m
2 m/2 d
(1
−
x
)
(x2 − 1)`
`
`+m
2 `!
dx
Dabei nennt man P`m (x) die assoziierten Legendre-Polynome.
Aus der Gleichung
1 ∂
sin θ ∂θ
∂
sin θ
∂θ
1 ∂2
Y`m (θ, ϕ) = −`(` + 1)Y`m (θ, ϕ)
+
sin2 θ ∂ϕ2
folgt
λ(`, m) = ~2 `(` + 1)
und somit
b2 Y`m (θ, ϕ) = ~2 `(` + 1)Y`m (θ, ϕ) für ` = 0, 1, 2, . . . und m = −`, −(` − 1), . . . , 0, 1, . . . , `
L
38
Drehimpuls, Wasserstoffproblem und Spin
Kapitel 4
Die Kugelfunktionen erfüllen aber auch noch eine zweite Eigenwertgleichung:
∂
Y`m (θ, ϕ) = imY`m (θ, ϕ)
∂ϕ
bz = ~ ∂ folgt somit:
Wegen L
i ∂ϕ
bz Y`m (θ, ϕ) = ~mY`m (θ, ϕ)
L
Die z-Komponente des Drehimpulses nimmt für Y`m (θ, ϕ) die Werte m~ = m = 0, ±1, . . . , ±` an.
b2 und L
b2z in der Quantenmechanik nur diskrete Werte an.
Also nehmen L
Eine weitere wichtige Eigenschaft ist die Orthogonalitätsrelation:
Zπ
Z2π
dθ
0
∗
dϕ sin θ Y`m
(θ, ϕ) Y`0 m0 (θ, ϕ) = δ``0 δmm0
0
Weiters gilt:
∗
(θ, ϕ)
Y`,−m (θ, ϕ) = (−1)m Y`m
Die niedrigsten Kugelfunktionen sind:
1
` = 0, m = 0 : Y00 = √
4π
r
r
3
3
` = 1, m = 0, ±1 : Y10 =
cos θ, Y11 = −
sin θeiϕ
4π
8π
r
r
r
5
15
15
2
iϕ
` = 2, m = 0, ±1, ±2 : Y20 =
(3 cos θ − 1), Y21 = −
cos θ sin θe , Y22 =
sin2 θe2iϕ
16π
8π
32π
4.4
Radialgleichung
Setze λ(`, m) = ~2 `(` + 1) ein, und erhalte für die Radialgleichung:
~2 1
~2 d2
+
`(` + 1) + V (r) u` (r) = Eu` (r)
−
2m dr2 2m r2
2
Dabei verwenden wir V (r) = − zer mit Kernladungszahlen z = 1, 2, 3, . . . (Coulomb-Potential).
Weiters verwenden wir die natürlichen Einheiten:
~2
aB =
∼ 0, 53 Å = 5, 3 · 10−11 m (Bohr’scher Radius)
2
me e
e2
Eat =
= me c2 α2 ∼ 27, 2 eV (atomare Energieeinheit)
aB
e2
1
mit α =
∼
(Feinstrukturkonstante)
~c
137
2
~
Die Radialgleichung mit a2B multipliziert und durch − 2m
geteilt ergibt die Laguerre Differentialgleichung:
d
`(` + 1) 2z
−
+
+ 2 w` (ρ) = 0
dρ2
ρ2
ρ
r
E
mit ρ =
, =
und w` (ρ) = u` (aB ρ) (= u` (r)), wobei ρ und dimensionslos sind
aB
Eat
39
Kapitel 4
Drehimpuls, Wasserstoffproblem und Spin
Diese Gleichung wird nun mittels Potenzreihenansatz gelöst und wir erhalten:
w` (ρ) = Av`,n (2γρ) (2γρ)`+1 e−γ(2γρ)
mit γ =
√
−2 und v`,n (x) =
L2`+1
n−`−1 (x)
=
n−`−1
X k=0
sowie
n = −
n+`
(−1)k k
x (Laguerre Polynome)
n−`−1−k
k!
z2
mit n = 1, 2, 3, . . .
2n2
Für die Eigenfunktion (Wellenfunktion) des Wasserstoffproblems ergibt sich:
s
s
`
zr
2zr
z3 2
(n − ` − 1)! 2zr
− na
2`+1
B Y
L
e
ψn`m (~x) =
`m (θ, ϕ)
n−`−1
a3B n2
(n + `)!
naB
naB
En = −
e2 z 2
aB 2n2
n = 1, 2, 3, . . .
` = 0, 1, 2, . . . , n − 1
m = −`, −(` − 1), . . . , 0, 1, . . . , `
Hauptquantenzahl
Drehimpulsquantenzahl
z-Komponente des Drehimpulses
Es gelten folgende Gleichungen:
b n`m = En ψn`m
Hψ
b2 ψn`m = ~2 `(` + 1)ψn`m
L
bz ψn`m = ~mψn`m
L
Spektroskopische Notation
` = 0 ⇔ s, ` = 1 ⇔ p, ` = 2 ⇔ d, ` = 3 ⇔ f
Der Entartungsgrad bei festgehaltenem n ergibt sich durch:
n−1
X
2n(n − 1)
(2` + 1) =
+ n = n2
2
`=0
Übersicht:
n=1 `=0
n=2 `=0
`=1
n=3 `=0
`=1
`=2
m=0
1s 1-fach entartet, E1
m=0
2s
4-fach entartet,
m = −1, 0, +1
2p
E2
m=0
3s
m = −1, 0, +1
3p 9-fach entartet, E3
m = −2, −1, 0, +1, +2 3d
Die Orthogonalität von Wellenfunktionen führt zu:
Z
d3 x ψ(~x)∗n`m ψ(~x)n0 `0 m0 = δnn0 δ``0 δmm0
40
Drehimpuls, Wasserstoffproblem und Spin
Kapitel 4
Für die Übergänge zwischen unterschiedlichen Niveaus betrachten wir die Energiedifferenz:
e2 z 2 1
1 c
∆E =
− 2 = hν = h
2
aB 2 n1 n2
λ
1
1
1
me e4 z 2
Für h = ~2π folgt damit = RH 2 − 2 mit RH =
∼ 1, 1 · 107 m−1
λ
n1 n2
4π~3 c
n1 = 1, n2 = 2, 3, 4, . . . Lyman Serie
n1 = 2, n2 = 3, 4, 5, . . . Balmer Serie
n1 = 3, n2 = 4, 5, 6, . . . Paschen Serie
4.5
Spin
Bei festem ` gibt es 2` + 1 Einstellungen für Lz . Somit stellt sich die Frage, ob ` =
kann, sodass man mz = − 21 , + 12 erhält.
1
2
gewählt werden
Beim Stern-Gerlach-Versuch hatten wir das magnetische Moment µ
~:
µ
~ =g
e ~
S
2mc
~ hat die Dimension des
Dabei bezeichnet g ∼ 2 den dimensionslosen Landé-Faktor. Der Operator S
~ analog zum Drehimpuls konstruieren, sodass die zDrehimpulses (Länge × Impuls). Wir wollen S
Komponente Sz genau 2 Einstellungen besitzt:
1 1
Sz = m~, m = , −
2 2
Dazu betrachten wir zunächst algebraische Eigenschaften des Drehimpulses unter Verwendung des
wichtigen Hilfsmittels der Kommutatoren:
b B]
b =A
bB
b−B
bA
b
[A,
Beispiele:
[b
xi , x
bj ] = xi xj − xj xi = 0
∂ ∂
∂ ∂
2
[b
pi , pbj ] = −~
−
=0
∂xi ∂xj
∂xj ∂xi
~ ∂
~ ∂
[b
xi , pbj ] = xi
−
xi = i~δij
i ∂xj
i ∂xj
Diese Relationen werden auch Kanonische Vertauschungsrelationen genannt.
~b = ~x ×
Für den Drehimpulsoperator L
~b
braischen Eigenschaften von L:
~
i
~ mit L
bi = ~ ijk xj ∂ folgt somit die ’Essenz’ der alge∇
i
∂xk
bi , L
bj ] = i~ijk L
bk
[L
b1 , L
b2 ] = i~L
b3 .
Zum Beispiel gilt [L
41
Kapitel 4
Drehimpuls, Wasserstoffproblem und Spin
b
~ dessen Komponenten die Relationen
Wir wollen also einen Spin-Operator S,
[Sbi , Sbj ] = i~ijk Sbk
(4.1)
erfüllen und dessen z-Komponente Sbz ≡ Sb3 die Eigenwerte ±~ 21 hat.
Die Eigenzustände des Operators Sbz werden angeschrieben als
1
0
, χ− 1 =
, |χ± 1 | = 1, χ+ 1 χ− 1 = 0
χ+ 1 =
2
2
2
2
2
0
1
Mit der Forderung der Erfüllung der Gleichungen
~
~
1
1
= χ+ 1
Sb3 χ+ 1 = Sb3
=
2
2
0
0
2
2
~ 0
~
0
=−
= − χ− 1
Sb3 χ− 1 = Sb3
2
2
1
2 1
2
erhält man
~
Sb3 =
2
1 0
(= Sbz )
0 −1
Sb1 und Sb2 werden mit der Forderung (4.1) bestimmt. Daraus ergibt sich die folgende mögliche Lösung
~
~ 0 1
b
= σ1
S1 =
2 1 0
2
~ 0 −i
~
Sb2 =
= σ2
2 i 0
2
~ 1 0
~
Sb3 =
= σ3
2 0 −1
2
bzw.
 
σ1
~
~
1
0
0
1
0
−i
b
~ = σ2  = ~σ mit σ1 =
, σ2 =
, σ3 =
S
1 0
i 0
0 −1
2
2
σ3
σ1 , σ2 , σ3 werden auch Pauli-Matrizen genannt. Für diese gelten folgende Eigenschaften:
[σi , σj ] = iijk 2σk
σ12 = σ22 = σ32 = I2 (= Einheitsmatrix)
Daraus folgt:
2
2
2
2
2
b
~ = Sb12 + Sb22 + Sb2 = ~ σ 2 + ~ σ 2 + ~ σ 2 = 3~ I2
S
3
4 1
4 2
4 3
4
1 1
=
+ 1 ~2 I2
2 2
2
b
~ sind dann
Die Eigenwerte von S
1
2
1
2
+ 1 ~2 und die Eigenwerte von Sbz sind ± 21 ~.
~b nur mit ` = 1 .
Wir erhalten also das gleiche wie bei L
2
42
Drehimpuls, Wasserstoffproblem und Spin
Kapitel 4
Teilchen mit halbzahligem Spin nennt man Fermionen: Elektron, Proton, Neutron, Baryonen (aus 3
Quarks, mit Anregungen auch 23 , 52 , . . .) usw.
Teilchen mit ganzzahligem Spin nennt man Bosonen: Photonen, Mesonen (aus Quark und Antiquark)
usw.
Spin-Statistik Theorem (aus relativistischer Quantenfeldtheorie)
Bei Fermionen kann jeder Zustand nur einfach besetzt sein (Pauli-Prinzip).
Bei Bosonen können beliebig viele Teilchen im gleichen Zustand sein (z.B. Laser).
Konsequenz
Jeder Zustand ψn`m im Wasserstoffproblem kann mit maximal 2 Elektronen besetzt sein:
1 Spin up, 1 Spin down.
1s Schale mit max. 2 Elektronen
2s Schale mit max. 2 Elektronen
2p Schale mit max. 6 Elektronen
..
.
Die Gesamtwellenfunktion im Wasserstoffproblem ist dann
ψn`m χs
mit n = 1, 2, . . . ; ` = 0, 1, . . . , n ; m = −`, . . . , 0, . . . , +` ; s = ± 12 .
43
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