1.2 Lernen missbrauch und Schädigungen in temporalen Kortexarealen auf. Dabei ist schwer zu entscheiden, ob die Patienten absichtsvoll lügen oder tatsächlich nicht mehr zwischen Realität und ­Fiktion unterscheiden können. 1.2 Lernen In diesem Kapitel geht es um drei verschiedene Lernformen, die im Folgenden detailliert vorgestellt werden: –– das klassische Konditionieren, –– das operante Konditionieren und –– das Modelllernen. Lernen hat dabei nicht viel mit dem zu tun, was wir im Alltag unter diesem Begriff verstehen (z. B. deine momentane Tätigkeit), sondern wird im Sinne des klassischen Behaviorismus als eine sichtbare Verhaltensänderung definiert, die Übung erfordert und nicht reifungsbedingt (= biologisch determiniert) ist. Merke! Die Behavioristen wollten Verhalten empirisch möglichst sauber erfassen, indem sie sich auf beobachtbare Reaktionen konzentrierten. Alles andere – beispielsweise die Prozesse, die im Gehirn während des Lernens ablaufen – werden in diesen Lerntheorien nicht oder nur am Rande (beim Modelllernen) behandelt. 1.2.1 Klassisches ­Konditionieren ­(Signallernen) Beim klassischen Konditionieren wird ein bisher neutraler Reiz durch wiederholte Darbietung/Koppelung mit einem ­unkonditionierten Reiz zu einem konditionierten Reiz. Daher wird hier eine Reiz-Reiz-Assoziation gelernt. Begriffe des klassischen Konditionierens Um das klassische Konditionieren verstehen zu können, muss man sich das Vokabular der Behavioristen aneignen. Hier sind alle wich- www.medi-learn.de tigen Vokabeln inklusive ihrer Übersetzung aufgeführt: –– unkonditionierter Reiz/unbedingter Reiz (UCS für unconditioned stimulus): entspricht einem ungelernten Reiz (= kein Lernen notwendig), der eine (meist) angeborene Reaktion auslöst. –– unkonditionierte Reaktion/unbedingte Reaktion (UCR für unconditioned reaction): eine Reaktion, die automatisch (= ohne vorheriges Lernen) auf den unkonditionierten Reiz erfolgt. –– neutraler Reiz (NS für neutral stimulus): Reiz, der vor dem Lernvorgang keine bestimmte Reaktion auslöste, also keine Bedeutung hatte. –– konditionierter Reiz/bedingter Reiz (CS für conditioned stimulus): ehemals neutraler Reiz, der durch die Konditionierung zu einem Signalreiz geworden ist und dadurch (auch ohne Kopplung mit dem unkonditionierten Reiz) eine Reaktion auslöst. –– konditionierte Reaktion/bedingte Reaktion (CR für conditioned reaction): Reaktion, die jetzt auf den konditionierten Reiz erfolgt (dasselbe Verhalten, das vorher nur auf den unkonditionierten Reiz hin gezeigt wurde). 1 Ablauf des klassischen Konditionierens Das klassische Konditionieren ist eine Lernform, die immer nach demselben Schema verläuft (s. Abb. 3, S. 6). Am Beispiel des Pawlowschen Hundes wäre das folgendermaßen: Zunächst löst der Geruch von Futter (unkonditionierter Reiz/UCS) beim Pawlowschen Hund eine Speichelreaktion (unkonditionierte Reaktion/UCR) aus. Das Futter wird nun mit einem Klingelton (neutraler Reiz/NS) gekoppelt, wobei vor dem Futter immer der Klingelton dargeboten wird. Der Klingelton wird damit zum Signal für Futter. Nach mehrfacher gekoppelter Darbietung des Futters (unkonditionierter Reiz/UCS) und dem bisher neutralen Klingelton löst auch der bisher neutrale Reiz allein die Speichelflussreaktion aus und wird damit zum konditionierten Reiz (CS). 5