Einleitung Die Kosten für Werbemaßnahmen sind mittlerweile zu einer festen Berechnungsgröße bei der Kostenkalkulation geworden. Es verwundert daher nicht, daß sich neben Marketingabteilungen in größeren Firmen viele Media-Unternehmen mit der Konzeption, der Umsetzung und dem Einsatz von Werbemaßnahmen beschäftigen. Ein Problem der Werbeindustrie ist offenkundig: Die Zielgruppe der Käufer wird mit einer Vielzahl von Werbemaßnahmen überschwemmt, so daß die potentiellen Käufer in vielen Situationen wenig gewillt oder manchmal auch kaum in der Lage sind, sich intensiv mit den Werbebotschaften auseinanderzusetzen. Diese Flut von Werbemaßnahmen geht darüber hinaus mit dem Problem einher, daß der Versuch der Überzeugung erkannt und die Werbung insgesamt für wenig glaubwürdig gehalten wird. Das Ziel dieser „kleinen Einführung in die Werbepsychologie“ ist es, psychologische Erklärungsmodelle vorzustellen, die eine Antwort auf die Frage geben, warum und wie Werbemaßnahmen trotz dieser an sich widrigen Umstände häufig so erfolgreich sind. Bevor wir jedoch die psychologischen Mechanismen der Werbewirkung erläutern, sollen hier zunächst einige Rahmeninformationen gegeben und einige Grundbegriffe erläutert werden. Ziele und Funktionen der Werbung Allgemeine Ziele von Werbung Information: Werbung soll den Kunden über Produkte, Neuerungen und Qualitätsmerkmale informieren. Motivation: Werbung soll den Kunden motivieren, ein Produkt zu erwerben oder sich näher mit dem Produkt auseinanderzusetzen (z.B. bei Neueinsteigern in einem Markt). Sozialisation: Ziel der Werbung kann es auch sein, Mitgliedern einer Zielgruppe Werte zu vermitteln. Beispiele sind Kampagnen wie keine Macht den Drogen oder Kampagnen zur Aufklärung über Aids. Verstärkung: Ein weiteres Ziel der Werbung kann es sein, den Kunden, der motiviert ist, ein Produkt zu erwerben, in seiner Entscheidung zu bestärken. Wichtig ist die Verstärkung darüber hinaus bei der „Nachkaufwerbung“. Bei dieser Form der Werbung versucht man Kunden möglichst viele Argumente dafür zu liefern, daß sie eine gute Kaufentscheidung getroffen haben, um so mögliche Zweifel an der Kaufentscheidung zu beseitigen. Unterhaltung: Ein sicher peripheres, aber nicht unbedeutendes Ziel kann es sein, Kunden zu unterhalten. Im Vordergrund steht dabei sicher der Versuch zu verhindern, daß Zielgruppenmitglieder sich durch Vermeidungsverhalten (Umschalten, Weiterblättern, ...) der Werbemaßnahme entziehen. Marktspezifische Ziele von Werbung Einführung eines Produkts Durchsetzung gegenüber Konkurrenzprodukten Expansion des Marktanteils Behauptung einer Marktführerschaft Die Strategien, die mit den einzelnen Zielen verknüpft sind, unterscheiden sich grundlegend. So wird einem Marktführer wenig daran gelegen sein, die Kunden dazu zu bewegen, genaue Vergleiche durchzuführen. Ihm reicht es aus, wenn die Käufer sich an dem Markennamen orientieren. Ein Neueinsteiger ist aber unbedingt darauf angewiesen, daß den Kunden bewußt wird, welche Vorteile das neue Produkt im Vergleich zu den etablierten Produkten mit sich bringt (vgl. Exkurs: Markenmanagement). Weitere Ziele von Werbemaßnahmen sind natürlich möglich. So kann es das Ziel sein, einer Partei ein bestimmtes Image zur verschaffen (z.B. Kompetenz im Bereich von Wirtschaftsfragen, ...) oder die Wahl eines Politikers zu unterstützen. Viele andere Ziele sind denkbar. Zur späteren Ermittlung des Erfolgs einer Werbemaßnahme sollten die Ziele möglichst konkret formuliert werden. Techniken der Werbung und Werberezepte In der Werbeindustrie werden unterschiedliche Werberezepte eingesetzt, die oft weit verbreitet, wenn auch nur wenig wissenschaftlich gestützt sind. Eine Auswahl dieser Techniken wird hier kurz beschrieben. AIDA (attention, interest, desire, action) Bedeutung: Eine erfolgreiche Werbung zeichnet sich durch folgende Schritte aus: 1.) Die Aufmerksamkeit des potentiellen Kunden muß gewonnen werden. 2.) Das Interesse an dem Produkt muß geweckt werden. 3.) Der Kunde sollte einen Kaufwunsch verspüren. 4.) Die Werbung sollte die Kaufhandlung initiieren. Anmerkung: Das Modell ist eher deskriptiver Natur. Außerdem muß beachtet werden, daß unter bestimmten Umständen die Aufmerksamkeit keine notwendige Voraussetzung für den Erfolg einer Werbemaßnahme ist (siehe beiläufige Bildung von Einstellungen). PPPP (picture, promise, prove, push) Bedeutung: 1.) Es sollten bildliche Darstellungen verwendet werden. 2.) Aus der Werbung sollte sich ein Versprechen ableiten (z.B. unser Waschmittel wäscht auch den gröbsten Schmutz). 3.) Das Versprechen sollte bewiesen werden (Waschmittel wäscht tatsächlich groben Schmutz). 4.) Der Anstoß zum Handeln sollte gegeben werden ( kaufen sie jetzt.). USP (unique selling proposition) Bedeutung: Die Werbemaßnahme sollte sich auf ein einfaches und sehr eingängiges Argument konzentrieren (z.B. das Waschmittel mit aktivem Sauerstoff). Vermittlung von Stimmungen undLebenswelten ein Stück alltägliches Leben (slice of life); Bsp.: Rahmafamilie Lifestyle-Werbung; Bsp.: Genuß von Bier als Lebensstil in gehobenem Ambiente Traumwelt; Bsp.: Abheben in eine ferne Galaxie bei dem Genuß von Duplo Stimmungsbilder; Bsp.: Marlboro - Country Konsistente Verwendung bestimmter Melodien (Musical-Werbung); Bsp.: D2-Melodie Symbolfiguren; Bsp.: Meister Propper Herausheben von Kompetenz; Bsp.: Ich als Zahnarztfrau Herausheben von dauerhafter Qualität und dauerhafter Kompetenz, z.B. VW-Käfer: Er läuft und läuft und läuft... wissenschaftlicher Nachweis; Bsp.: Blend-a-med-Forschung Werbung mit bekannten Persönlichkeiten (Testimonialwerbung); Bsp.: Boris Becker surft mit AOL im Internet Werbeformen Werbemaßnahmen können den potentiellen Kunden an unterschiedlichen Orten und über unterschiedliche Medien erreichen. Die gängigste Form ist nach der Werbung in Zeitschriften die Fernsehwerbung. Eine andere wichtige Form der Werbung findet direkt am Verkaufsort (Point of Purchase) statt. Hier werden Kunden oft Proben überreicht, oder sie werden durch Hinweistafeln auf Produkte aufmerksam gemacht. Andere weitverbreitete Formen der Werbung umfassen Hauswurfsendungen, die direkte Ansprache von aktuellen oder ehemaligen Kunden oder die Beilage von Werbeprospekten zu Rechnungen. In der Fernsehwerbung werden neben der gängigen Blockwerbung, bei der ein kurzer Werbefilm in einem Werbeblock eingespielt wird, auch immer häufiger Tandemspots verwendet. Bei den Tandemspots folgt einem Werbefilm zu Beginn eines Werbeblocks ein weiterer am Ende desselben Blocks. Der zweite Film führt dann das Thema des ersteren fort oder gibt eine Antwort auf eine gewollt offen gelassene Frage. In Zeitschriften findet man in ähnlicher Weise, daß auf einer Seite die Aufmerksamkeit des Lesers geweckt wird, während er erst beim Umblättern auf der nächste Seite erfährt, worum es eigentlich geht. Weitere Formen der Werbung im Fernsehen sind Game-Shows, Teleshopping und Videoclips. Bei denGame-Shows werden zum Teil gezielt Produkte als Gewinnanreize angeboten. Marketingeffekte werden durch die Präsentation der Produkte erwartet. Wohl unbestritten ist, daß die Häufigkeit, mit der ein Videoclip bei den großen Musiksendern gespielt wird, einen Einfluß auf den Umsatz der entsprechenden Musikmedien wie CD hat. Beim Teleshopping werden die Produkte dagegen direkt angepriesen. Wichtig ist, daß hier die Möglichkeit besteht, die Produkte unmittelbar zu erwerben. Die Plazierung von Produkten in Filmen findet sich in Kino- wie auch in Fernsehproduktionen (Product Placement). Auch hier erwartet man, daß sich die Plazierung der Produkte auf den Bekanntheitsgrad wie auch auf die Bewertung auswirkt. Unabhängig vom Medium der Werbung sind das Sponsoring und das Merchandising. Das Sponsoring umfaßt dabei die finanzielle Unterstützung einer Veranstaltung wie eines sportlichen Wettkampfs oder einer Konzertveranstaltung. Auf dieses Sponsoring wird dann sowohl bei der Veranstaltung selber wie oft auch auf den Produkten oder Werbeprospekten der Hersteller hingewiesen. Unter Merchandising versteht man die erweiterte Vermarktung einer Veranstaltung, bei der beispielsweise T-Shirts oder andere Fanartikel abgesetzt werden, die dann wiederum für die Veranstaltung selbst Werbeträger sind. Literatur Felser, G. (1997). Werbe- und Konsumentenpsychologie: Eine Einführung (S. 1-29). Heidelberg: Spektrum. Der "Message - Learning - Ansatz" oder "wer" sagt "was" zu "wem" mit "welcher Wirkung" auf "welchem Kanal"? Einen der frühesten wissenschaftlichen Ansätze zur Untersuchung von Persuasion stellte der Sozialpsychologe Carl Hovland vor. Demnach gibt es 4 zwingend notwendige Stufen in der Verarbeitung von persuasiver Kommunikation: 1. Aufmerksamkeit -- fehlt diese, so wird die Botschaft nicht wahrgenommen 2. Verständnis -- die Botschaft muß nicht nur wahrgenommen, sondern auch auf der kognitiven Ebene verstanden werden 3. Einsicht -- der Gehalt der Information muß akzeptiert und übernommen werden 4. Erinnerung/Abruf -- die gespeicherte Information muß zum richtigen Zeitpunkt verfügbar sein Erst wenn alle 4 Phasen des Prozesses durchlaufen wurden, kann es zu einer Einstellungsänderung und später eventuell zu einer einstellungskonformen Handlung kommen. Für den Werbetreibenden läßt sich somit feststellen: Werbung sollte aufmerksamkeitserregend, verständlich, überzeugend und einprägsam gestaltet sein! Konditionierung In der Werbung wird die Attraktivität von Models gezielt eingesetzt, um ein Produkt zu verkaufen. Schon 1968 zeigten Smith und Engel in einem Experiment, dass Männer ein Auto für wesentlich schneller, stilvoller und attraktiver hielten, wenn eine schöne Frau zusammen mit dem Auto zu sehen war. Als die Männer anschließend über die positive Wirkung der Frau auf das Urteil über das Auto aufgeklärt wurden, glaubten sie nicht, dass die bloße Anwesenheit der Frau ihre Meinung beeinflusst haben könnte. Dennoch steht fest, dass die positiven Empfindungen beim Anblick der Frau mit dem Auto unbemerkt assoziiert wurden und so das Urteil beeinflussten. Dieses Phänomen ist schon seit Beginn des 20. Jahrhunderts als klassische Konditionierung bekannt. Iwan Pawlow entdeckte durch Zufall bei einem Experiment mit einem Hund, dass es möglich ist eine Assoziation zwischen zwei Reizen, die ursprünglich keinen Bezug zueinander haben, herzustellen. Es gibt verschiedene Bedingungen, die auch in der Werbung erfüllt sein sollten, damit der Beeinflussungsversuch mit Hilfe der klassischen Konditionierung effektiv ist: Der neutrale Reiz sollte in zeitlicher und räumlicher Nähe zu dem unkonditionierten Reiz dargeboten werden (Kontiguität), so dass eine starke Assoziation zwischen diesen entstehen kann. Außerdem ist es wichtig, dass der neutrale Reiz (z.B. das Auto) vor dem unkonditionierten (z.B. die Frau) präsentiert wird, diesen also ankündigt. Wenn auf den konditionierten Reiz (z.B. das Auto) häufig keine Darbietung des unkonditionierten (z.B. die Frau) erfolgt, kann es sogar zur Löschung der konditionierten Reaktion kommen. Klassische Konditionierung ist am effektivsten, wenn der neutrale Reiz neu ist. In diesem Fall sind noch keine anderen Assoziationen vorhanden, die den Konditionierungsprozess stören können. Die Verbindung zwischen neutralem und unkonditioniertem Reiz wird um so stärker, je öfter sie zusammen dargeboten werden. Insgesamt werden in der Werbung bis auf den letzten Punkt diese Bedingungen aber nur selten realisiert. So bleibt z.B. oft bis zum Ende des Spots unklar für welches Produkt geworben wird („Mystery Ad“). Darüber hinaus muss in der Werbung darauf geachtet werden, dass sich die unkonditionierten Reize, mit denen die Produkte assoziiert werden, unterscheiden. Bei zu großer Ähnlichkeit kommt es zur Generalisierung, so dass auf ähnliche Reize mit dem gleichen gelernten Verhalten reagiert wird. Dieser Effekt ist bei Konkurrenzprodukten unerwünscht, da sich das eigene Produkt von anderen abheben soll und Trittbrettfahrer nicht die Möglichkeit haben sollen, das positive Image anderer Produkte auszunutzen (Diskriminierung). Die Wirkung von klassischer Konditionierung im Alltag lässt sich am Beispiel von Kreditkarten verdeutlichen. Mit Kreditkarten ist das positive Gefühl unmittelbar nach dem Kauf verbunden (Kontiguität). Der negative Aspekt der auftretenden Kosten bleibt unberücksichtigt und wird erst später beim Erhalten der Rechnung bedeutsam. Den Einfluss von Kreditkarten und den damit assoziierten Gefühlen untersuchte Feinberg 1986 in einem Experiment. Seitenanfang Übersichtstext Klassische Konditionierung Pawlow, der ursprünglich das Verdauungssystem an Hunden untersuchte, stellte fest, dass die Hunde nicht nur beim Anblick des Futters mit gesteigerten Speichelfluss reagierten, sondern nach kurzer Zeit schon beim Läuten der Glocke, die vorher die Fütterungszeit ankündigte. Als Pawlow dieses überraschende Phänomen genauer untersuchte, fand er heraus, dass durch die zeitlich unmittelbar aufeinanderfolgende Darbietung des Glockentons (neutraler Reiz) und des Futters (unkonditionierter Reiz, der eine reflexartige Reaktion auslöst) eine Verbindung zwischen diesen hergestellt wurde. Nach häufiger gemeinsamer Darbietung wurde der vorher neutrale Reiz (Glockenton) zu einem konditionierten Reiz, der alleine dieselbe Reaktion (Speichelfluss) auslösen kann, wie der unkonditionierte Reiz (Futter), mit dem er gepaart wurde. Aus der unkonditionierten Reaktion (Speichelfluss) auf das Futter wurde eine konditionierte 1.) Unkonditionierter Reiz unkonditionierte Reaktion Reaktion. 2.) Unkonditionierter + neutraler Reiz unkonditionierte Reaktion 3.) Neutraler Reiz = konditionierter Reiz Seitenanfang Übersichtstext konditionierte Reaktion Experiment: Feinberg (1986) Es zeigte sich, dass Vpn bis zu 29% mehr Geld für Artikel aus einem Versandhauskatalog ausgaben, wenn im Experimentalraum Kreditkartenlogos aufgehängt waren. Dieser Effekt trat ohne bewusste Wahrnehmung der Logos auf. Allein die Präsenz der Logos war ausreichend, um die positiven Gefühle, die mit dem Kauf per Kreditkarte verbunden sind, auszulösen. Seitenanfang Übersichtstext Literatur Feinberg, R. A. (1986). Credit cards as spending faciliating stimuli. Journal of Consumer Research, 13, 348-356. Felser, G. (1997). Werbe- und Konsumentenpsychologie: Eine Einführung (S. 93-120). Heidelberg: Spektrum. Felser, G., Kaupp, P. & Pepels, W. (1999). Käuferverhalten (Bd. 1, S. 41-44). Köln: Fortis Verlag. Kardes, F. R. (1999). Consumer Behavior and Managerial Decision Making (pp. 213-219). Reading, MA: Addison-Wesley. Moser, K. (1990). Werbepsychologie (S. 93-107). München: Psychologische Verlags Union. Smith, G. H. & Engel, R. (1968). Influence of a female model on perceived characteristics of an automobile. Proceedings of the 6th Annual Convention of the American Psychological Association, 3, 681-682. Staats, A. W. & Staats, C. U. (1958). Attitudes established by classical conditioning. Journal of Abnormal and Social Psychology, 57, 37-40. Quelle: http://www.werbepsychologie-online.de/html/einfuhrung.html#Einleitung (20.12.04)