Neue Kraft für den Darm (Seiten 20-23)

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Geht es dem Darm gut, fühlt
sich der Mensch wohl und
gesund. Denn: Der Darm
ist mehr als nur ein
Verdauungsorgan –
er ist zentraler
Hauptsitz des Immunsystems und benötigt
deshalb etwas
Pflege.
Text: Marion Kaden
Foto: Bildagentur online
Neue Kraft für den
Naturheilkunde GESUNDHEIT
D
er Darm umfasst nach Gehirn
und Rückenmark die grösste
Ansammlung von Nervengewebe im Körper («Darmhirn»). Wegen seiner offensichtlichen
Bedeutung für die Gesundheit wurde
Darmreinigung mit Einläufen oder Klistieren in sämtlichen Kulturen betrieben.
Auch in der modernen Naturheilkunde
hat die Darmspülung der gesundheitsfördernden Wirkung wegen einen festen
Platz. Die Colon-Hydro-Therapie (CHT)
ist eine moderne, maschinell gestützte
Variante des Darmeinlaufs.
Darmreinigung:
seit Urzeiten bekannt
Der Dickdarm ist schon seit Urzeiten Ziel
therapeutischer Massnahmen. Seine gute
Erreichbarkeit wurde schon früh genutzt,
um zum Beispiel Einläufe zu machen.
Diese wurden bei chronischen Verstopfungen ebenso eingesetzt wie um mit heilsamen Zusätzen versehen Bauchschmerzen
oder Unterleibskrämpfe zu lindern. Auch
die regelmässige Darmreinigung als gesundheitserhaltende Massnahme zu Beginn
von Kuren oder weiterleitenden medizinischen Therapien ist gut dokumentiert. Die
Ägypter imitierten beispielsweise den Ibis-
Darm
Vogel, der mit seinem langen Schnabel
Wasser in sein Rektum einführte. In der
traditionellen, schwarzafrikanischen Medizin wurden Tierhörner oder ausgehöhlte
Flaschenkürbisse zur Einleitung von Wasser in den Darm verwendet.
Traditionell wurden Einläufe, Klistiere oder andere Hilfsmittel zur Ausoder Ableitung über den Darm verwendet (siehe Kasten Glossar). Hiermit ist
das alte humoraltherapeutische Konzept
des Purgierens – eine als Ausleitung bezeichnete, auch energetisch gemeinte
Korrektur krankmachender «Körpersäfte». Heute werden eher materialistische Vorstellungen wie «Entgiftung»,
Glossar
(Darm-)Einlauf Einfüllung von Flüssigkeit in den Darm (Mastdarm und/oder Dickdarm) vom
Darmausgang her. Ziel: Reinigung («Lavage») oder Applikation von Zusätzen
Irrigator und
Als Irrigator wird der Flüssigkeitsbehälter bezeichnet, der die Spülflüssigkeit
Darmrohr
enthält. Diese kann über einen Schlauch und das rektal eingeführte Darmrohr
ventilkontrolliert in den Darm geleitet werden.
Klistier
Als Klistiere werden alle Hilfsmittel bezeichnet, die einen vereinfachten Einlauf
ermöglichen: Das sind Klistierspritzen, -pumpen oder -ballons («Birnspritze»).
Moderne Mikroklistiere zum Einmalgebrauch gehören ebenfalls dazu.
Klysma
Arzneistoffhaltige Flüssigkeiten, die als Einlauf rektal eingeführt werden.
Entweder als verformbare Plastikflaschen oder fertig befüllte kleine Plastikbehälter.
Purgation
«Ausleitung», vor allem über den Darm (im übertragenen Sinne auch Reinigung).
Paracelsus: «Wenn die Natur irgendwo im Körper einen Schmerz erzeugt, so
haben sich dort schädliche Stoffe angehäuft und der innere Arzt will sie dort
Zusätze
ausleeren.»
Einläufe werden auch zur Verabreichung von Medikamenten, Röntgen-Kontrastmitteln oder Nährlösungen verwendet («Entero-Klysma», «Instillation»).
Die Naturheilkunde verwendet therapeutisch wirksame Zusätze aus Heilpflanzen,
homöopathischen Zubereitungen, Heilerde, Kaffee, Essig oder Mineralsalzen.
«Entschlackung» oder «Reinigung» mit
diesen Verfahren in Beziehung gesetzt.
Moderne Vorstellungen
der Darmspülung
Die heutige Naturheilkunde hat moderne
Möglichkeiten entwickelt, den Kontakt der
Enddarm-Oberfläche mit Wasser als tiefgreifend wirksame Reiztherapie einzusetzen. Teilweise fussen die Vertreter der
modernen Naturheilkunde auf humoraltherapeutischen Vorstellungen zur Darmreinigung. Die schon seit der Antike bestehende Säftelehre beruht auf der Vorstellung, dass die Gesundheit des Menschen
sich aus der richtigen Zusammensetzung
und Bewegung von als «Säfte» bezeichneten Energiequalitäten ergibt. Bei jedem
funktionellen oder mengenmässigen Ungleichgewicht der Kardinalsäfte «Blut»,
«Schleim», «gelbe Galle» und «schwarze
Galle» können demnach Krankheiten oder
akute Störungen entstehen.
Dieses Konzept erweist sich bis heute
als fruchtbar: Der Wiener Arzt Bernhard
Aschner (1883 bis 1969) entwickelte
beispielsweise daraus seine nach ihm
benannten Methoden weiter: Er beschrieb die verschiedenen ausleitenden
Verfahren, die Ausscheidungs- und Entgiftungsvorgänge im Körper in Gang
setzen können: entweder über die Haut
(Schröpfen, Pflaster), den Darm (Einläufe, Colon-Hydro-Therapie) oder den
Magen (Erbrechen). Die Therapieziele
reichen dabei von der Reinigung des
Blutes (oder der Lymphe) über eine Stoffwechselentlastung bis hin zu einer immunologischen Umstimmung.
Therapieform «Darmbad»
Aus diesen klassischen Purgations-Verfahren entwickelte sich schliesslich die
moderne, maschinell gestützte ColonHydro-Therapie. Sie hat in der Naturheilkunde einen festen Platz erhalten. Diese
moderne Variante des Darmeinlaufs wird
auch als Darmspülung oder als Darmbad bezeichnet. Während einer CHTBehandlung kommen weder Irrigator
noch Klistier zum Einsatz. Die Einläufe
werden von Geräten übernommen, die
Darmreinigung und Darmbad fast vollständig automatisieren.
Zu Beginn der Behandlung wird dem
anfangs auf der Seite liegenden Patienten
mit Hilfe von Gleitmitteln ein fünf bis zehn
Zentimeter langes Kunststoffrohr schmerzfrei in den Enddarm (Rektum) eingeführt.
Bei der Behandlung liegt der Klient dann
bequem auf dem Rücken. In dem Darmrohr befinden sich getrennte Kanäle für die
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GESUNDHEIT Naturheilkunde
Wasserzufuhr zur Darmspülung und für
den Abfluss. Das Spülsystem ist geschlossen, sodass es während der Behandlung weder zu Verschmutzungen noch zu Geruchsbelästigungen kommen kann.
Wohlbefinden des Patienten
ist A und O
Während der Behandlung lässt der Colon-Hydro-Therapeut über den Zulauf
zwischen 21 und 41 Grad temperiertes
Wasser langsam in den Darm des Patienten einlaufen. Dabei entsteht kaum
Druck, wie es zum Beispiel bei unerfahrener Handhabung von Klistieren oft pas-
siert. Der Therapeut wacht während der
ganzen Behandlung über das Wohlergehen der Klienten. Das Wasser löst und
lockert Darminhalte, die dann über den
Abfluss wieder hinausgespült werden.
«Manchmal ist zu lesen, dass zehn Liter
Wasser in den Darm gespült werden»,
sagt Regula Blumer, Präsidentin des
Schweizer Verbandes für CHT. «Das ist
natürlich unsinnig. Dies kann das Gesamtvolumen sein. Im aktuellen Moment
wird aber gerade nur so viel eingeführt
wie nötig ist, um Darminhalte zu entfernen. Denn: Das A und O einer Behandlung ist das Wohlbefinden des Klienten»,
so Blumer.
Therapieformen
Foto: A1Pix
Foto: Okapia
Der Darm mit seinen
Zotten (kleines Bild):
Ein sechs bis acht Meter langes
Nervengewebe
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Jede Behandlung ist deshalb individuell und ganz auf die Konstitution oder
das gegenwärtige Befinden des Klienten
eingestellt. Während der Behandlung
unterstützt der Therapeut das Lösen und
Ausführen von Darminhalten mit einer
sanften Massage der Bauchdecke, die
auch die Eigenaktivität der Darmmuskulatur anregt («Peristaltik»). Während
des Wassereinlaufs ist auch ein kurzzeitiger Temperaturunterschied des Wassers
möglich: «Dieses Darm-Kneippen von
innen hat einen zusätzlichen Reizeffekt,
den der Therapeut nach seinem Ermessen einsetzt», erklärt Blumer, «denn
die Durchblutung des Bauchraumes wird
dadurch noch mehr gefördert.» Doch im
Normalfall reizt das Wasser die gereinigte
Darmschleimhaut genügend.
• Wellness: Aus medizinisch-therapeutischer Sicht zwar überflüssig, hat die CHT
wie andere als Lifestyle-Behandlungen
wie Reiki oder Ayurveda im Fitnesshotel
eine gewisse Bedeutung erlangt. Typische
Anwendungsbereiche sind dabei chronische Müdigkeit, Verlust der Leistungskraft oder depressive Verstimmungen –
jeweils bei gesunden Menschen. Oder
positiv formuliert: CHT soll Fitness,
Wohlbefinden und Lebensfreude steigern
und der Vorbeugung von Krankheiten
dienen.
• Funktionsstörungen des Darms: Im
Selbstverständnis vieler CHT-Behandler
stehen Funktionsstörungen des Darms
im Vordergrund der Therapie. Hierzu
gehören als Zivilisationskrankheiten die
chronische Verstopfung oder der viel
propagierte Reizdarm (Verstopfung und
Durchfall häufig abwechselnd, Blähungsneigung, verstärkte Darmwinde, krampfartige Unterleibsbeschwerden). Auch die
Chronifizierung der Verstopfung durch
ungeeigneten Einsatz von Abführmitteln
gehört hierzu. «Bei der Entleerung des
Darms wird der Therapeut immer auch
Farbe und Konsistenz des Stuhls beurteilen und daraus Rückschlüsse auf den
Gesundheitszustand des Darms ziehen»,
sagt Blumer.
Nach den Behandlungen wird über
die individuelle Ernährung oder therapieergänzende Massnahmen gesprochen.
«Denn die CHT kann keinen anhaltenden Therapieerfolg haben, wenn nicht
Naturheilkunde GESUNDHEIT
Foto: Ken Welsh / Bridgeman Art
druck), Stoffwechselstörungen (Zuckerkrankheit) oder Allergien.
Wichtig: Darmspülungen sind aus
naturheilkundlicher Sicht niemals als
Monotherapie, sondern sind immer in
Kombination mit anderen Verfahren
durchzuführen.
• Spezielles: Manchmal wird die Darmspülung auch als Vorbereitung einer
«Darmsanierung» oder zur Bekämpfung
von «krankmachenden Darmpilzen»
durchgeführt. Die dahinterstehende Auffassung, bestimmte Spezies der aus Milliarden von Mikroorganismen bestehenden Darmflora führe bei vielen Menschen
zu Erkrankungen, wurde wissenschaftlich jedoch niemals bestätigt.
Achtung bei Nierenleiden
Klistier: Eine seit Jahrhunderten
angewendete Therapieform
auch eine Bereitschaft zum Beispiel zu
einer Änderung des Lebensstils da ist»,
so Blumer. Ihre Praxiserfahrung zeigt
auch, «dass die meisten Klienten, die sich
zur CHT durchringen, bereits eine Auseinandersetzung mit diesen Themen hinter sich haben und dadurch ein erweitertes Bewusstsein dafür», so Blumer.
• Komplementärmedizin: Als naturheilkundliche Therapie ist die CHT, so die
Erfahrung von Blumer, zudem eine Massnahme, deren tief greifende Effekte die
Wirkung anderer medizinischer Behandlungen optimieren können. Damit wird
die Darmspülung zu einem echten komplementärmedizinischen Verfahren. Sie
ergänzt vor allem ganzheitliche, naturheilkundliche Therapien wie Homöopathie, Phytotherapie oder Manualtherapie.
• Chronische Erkrankungen: CHT im
Rahmen einer ärztlich veranlassten Behandlung wird vor allem als ergänzendes Verfahren bei chronischen Erkrankungen eingesetzt, die auf den erheblichen Heilungsimpuls der Darmspülung
reagieren können. Hierzu gehören unter
anderem Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises, chronische Hauterkrankungen (Akne, Schuppenflechte,
Neurodermitis), Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Angina pectoris, Bluthoch-
Bei Krankheiten von Herz und Kreislauf, Bluthochdruck, Lebererkrankungen,
nach Darmoperationen oder Darmverschluss darf die Darmspülung nur im
Rahmen einer ärztlichen Behandlung
durchgeführt werden. Das Gleiche gilt für
Nierenerkrankungen (wie zum Beispiel
Niereninsuffizienz) oder bei Störungen
des Mineralstoffwechsels. Grund: Die
CHT kann wegen der einlaufbedingten
Mineralstoff-Konzentrationsunterschiede
zwischen Körper und Darminhalt zu kurzfristigen Elektrolyt-Verschiebungen im
darmnahen Gewebe und im Blut führen.
Das kann Störungen bei diesen Grunderkrankungen verstärken und zum Beispiel zu einer vorübergehenden Herzrhythmus-Störung führen. Schwangere sollten
keine Colon-Hydro-Therapie durchführen
lassen. Bei unsachgemässer Anwendung
der CHT sind Verletzungen der Darmwand, Bauchkrämpfe, Blutungen oder Infektionen möglich. Deshalb sollten nur
qualifizierte Therapeuten das Verfahren
anwenden.
Starke Heilungsimpulse
durch Umstimmung
Viele CH-Therapeuten erleben in ihrer
täglichen Praxis ausgeprägte, spontane
Therapiereaktionen, von denen auch
Blumer berichtet: «Manche Patienten
fühlen sich nach der Behandlung plötzlich, als könnten sie Bäume ausreissen.
Die meisten erfahren jedoch ein nachfolgendes, kontinuierliches Wohlbefinden
nach den Behandlungen.» Die Darmspü-
lung mit ihrem offensichtlich reinigenden
Effekt gibt Heilungsimpulse. Aus naturheilkundlicher Sicht geht es allerdings
weniger um Reinigung von Stuhlresten
oder eine wissenschaftlich nicht fassbare
«Entschlackung», sondern um «Umstimmung». Das bedeutet in der Humoraltherapie («Säftelehre») eine, durch starke
Reize bedingte, energetische Umorientierung von Patienten innerhalb der Grundkräfte der Welt. Dabei leuchtet manchmal
die lebens- und gesundheitsbestimmende
dynamische Grundidee des Menschen
(Paracelsus nannte dies den «inneren
Archaeus») blitzartig auf. Und führt spontan – wie ein körperliches Aha-Erlebnis –
zu Wohlbefinden und Freude.
Im Rahmen dieser «Rückbesinnung»
taucht das Menschenideal – wie der
Phönix aus der Asche – so wieder auf,
wie es ursprünglich vielleicht gedacht
und erschaffen wurde. Der erkrankte
Organismus erhält dadurch – aus sich
selbst heraus – sein eigentliches Heilungsziel zurück. Und damit eine neue Chance
auf Gesundung. CHT ist somit, wie andere
Umstimmungstherapien auch, eine echte
naturheilkundliche Therapie, deren Dynamik aus der Natur selbst stammt.
■
I N FO B OX
Vereinigung Colon-Hydro-Therapie Schweiz
Eine CHT dauert 60 bis 90 Minuten. Empfohlen
werden in der Regel drei bis zehn Sitzungen,
als Fastenbegleitung zwei Sitzungen.
Kosten: 140 bis 160 Franken.
Hilfe bei Therapeutenwahl
Deutsch: Nicole Högger, Tel. 078 690 49 76
Französisch: Véronique Morel, Tel. 021 791 11 96
Literatur zum Thema
• Stein/Melani: «Das Klistier – Geschichte,
Anwendungsarten und Rezepte», Stephenson
Verlag 2000, ISBN 3-7986-0011-9
• Alix: «Es geht um Ihren Darm», Spurbuch
Verlag 2006, ISBN 3-88778-298-6, Fr. 39.40
• Drexel: «Vital mit einem gesunden Darm»,
Hugendubel Verlag 2005,
ISBN 3-7205-2670-8, Fr. 27.30
• Gray: «Das Darm-Heilungsbuch – Gesundheit
durch Kolon-Sanierung», Droemer Knaur
Verlag 2000, ISBN 3-426-87028-0, Fr. 14.70
• Loebert: «Gesunder Darm – gesunder
Mensch», Gondrom Verlag 2004,
ISBN 3-8112-2286-1, Fr. 9.–
Infos im Internet
• www.colon.ch
• www.gesund.ch/index.html?info?/verzmeth/
colon.htm (Therapeutenverzeichnis)
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