Visite am 10.05.2016 a Unsere Themen: Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung veraltet? Blinddarm-OP oft unnötig? Tourette-Syndrom: Mit tiefer Hirnstimulation gegen die Tics Krampfadern: Wann und wie behandeln? So grillt man einfach und ohne Gesundheitsrisiken Operation Leben: Beckenrekonstruktion Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung veraltet? Lebensmittelskandale, widersprüchliche Ernährungsempfehlungen, ständig neue Erkenntnisse der Wissenschaft: Manchmal weiß man nicht mehr, was man mit guten Gewissen noch essen soll. Im Zweifel informiert man sich dann bei Profis - zum Beispiel bei der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. Doch jetzt sind die Ernährungsregeln der DGE in die Kritik geraten. Sie seien veraltet und nicht unbedingt richtig, sagen Mediziner. Während die DGE zum Beispiel zum ausgedehnten Kohlenhydratverzehr und Verzicht auf Fett und Eiweiß rät, sind die Obergrenzen für den Gesamtfettanteil der Nahrung in den neuen US-Leitlinien abgeschafft worden. Gewarnt wird stattdessen insbesondere vor zu viel Zucker in Nahrungsmitteln. Die DGE beschränkt ihre Empfehlung auf gesunde Bürger - die Realität ist jedoch eine andere: Der überwiegende Anteil der Deutschen ist metabolisch nicht gesund und hat Probleme mit Übergewicht und Bewegungsmangel. Etwa ein Drittel aller Deutschen hat zudem eine Insulinresistenz, also eine verminderte Insulinwirksamkeit. Die Folgen sind erhöhte Blutzuckerspiegel und eine zunehmende Leberverfettung. Mittlerweile weiß man, dass eine kohlenhydratreiche Kost insbesondere für diese Menschen kontraproduktiv ist, da sie die Entwicklung von Diabetes fördert und das Abnehmen erschwert. Auch die von der DGE empfohlene Beschränkung des Eiweißanteils der Nahrung auf 10 bis 15 Prozent wird mittlerweile als riskant eingeschätzt. Denn insbesondere ältere Menschen haben einen höheren Proteinbedarf. Bereits ab dem 45. Lebensjahr verliert der Körper unabhängig von der Proteinzufuhr an Muskelmasse. Kommen äußere Faktoren wie Bettlägerigkeit oder die Einnahme von kortisonhaltigen Medikamenten dazu, ist der Verlust noch größer und daher ein höherer Proteinanteil notwendig. Besonders kritisch betrachten die Experten den DGE-Rat zu fettreduzierten Lebensmitteln. In den neuen amerikanischen Leitlinien ist die Zufuhr an Fetten nicht mehr begrenzt. Studien haben gezeigt, dass der Konsum von ungesund geltenden gesättigten Fetten nicht, wie lange angenommen, zu einer Steigerung der Raten von koronarer Herzkrankheit, Schlaganfall oder Diabetes führt. Entgegen der bisherigen Annahme haben gesättigte Fettsäuren auch keinen Effekt auf das Verhältnis von gutem HDL- zu schlechtem LDL-Cholesterin. Auch der regelmäßige Verzehr von Eiern erhöht entgegen langjähriger Annahmen das Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko nicht. Die Amerikaner haben daher die frühere Empfehlung von cholesterinarmen Nahrungsmitteln aus ihrer Leitlinie gestrichen. Eine große spanische Studie hat den Einfluss der Ernährung auf die Gesundheit von Patienten mit einem kardiovaskulären Risiko untersucht. Eine Gruppe ernährte sich entsprechend der DGE-Empfehlungen mit fettarmer, aber kohlenhydratreicher Kost. Die anderen beiden Gruppen ernährten sich fettreicher - mit viel Olivenöl oder Nüssen. In den Gruppen mit der fettreicheren Ernährung konnten 30 Prozent weniger Herzinfarkte beobachtet werden als in der Vergleichsgruppe. Die Ergebnisse der Studie waren so eindeutig, dass sie vorzeitig abgebrochen wurde. Fazit: Der Visite am 10.05.2016 a Fettanteil an der Ernährung sollte mindestens 40 Prozent betragen. Generell sind dabei mehrfach ungesättigte Fette den gesättigten vorzuziehen. Prinzipiell empfehlen Ernährungswissenschaftler eine Ernährung aus Lebensmitteln mit geringer Energiedichte wie Gemüse, Obst und Salat, reichlich Proteinen aus Fisch, Fleisch oder Milchprodukten und gesunden Fetten aus Olivenöl, Nüssen oder Fisch. Günstig wirkt sich eine lange Kohlenhydratpause im Tagesverlauf aus. Kohlenhydrathaltige Nahrungsmittel sollten vorzugsweise in Form von Vollkornprodukten und am besten nur morgens und mittags oder nur mittags und abends konsumiert werden. Interviewpartner im Beitrag: Prof. Dr. Andreas Pfeiffer, Endokrinologe Leiter der Abteilung Klinische Ernährung DIfE- Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke Arthur-Scheunert-Allee 114-116 14558 Nuthetal Internet: www.dife.de Dr. Johannes Scholl, Facharzt für Innere Medizin, Ernährungsmedizin, Sportmedizin 1. Vorsitzender der Deutschen Akademie für Präventivmedizin e.V. Dr. Scholl Prevention First GmbH Europastraße 10, 65385 Rüdesheim Tel (06722) 40 67 00, Fax (06722) 40 67 01 E-Mail: [email protected] Internet: www.preventionfirst.de; www.akaprev.de Dipl. oec. troph. Dorit Roeper Adipositas-Zentrum Hamburg Wilhelmsburg Wilhelmsburger Krankenhaus Groß Sand Groß Sand 3, 21107 Hamburg E-Mail [email protected] Internet: www.gross-sand.de Dr. Matthias Riedl, Facharzt für Innere Medizin, Diabetologie, Ernährungsmedizin Geschäftsführer und Ärztlicher Leiter medicum Hamburg Zentrum für Ernährungsmedizin, Prävention und Adipositas Standort Berliner Tor Beim Strohhause 2, 20097 Hamburg Tel. (040) 807 97 90 Internet: www.medicum-hamburg.de/ Univ.- Prof. Dr. Stefan Lorkowski Lehrstuhl für Biochemie und Physiologie der Ernährung Institut für Ernährungswissenschaften und Kompetenzcluster für Ernährung und kardiovaskuläre Gesundheit (nutriCARD) Friedrich-Schiller-Universität Jena Dornburger Straße 25, 07743 Jena Fax (03641) 94 97 12 E-Mail: [email protected] / [email protected] Visite am 10.05.2016 a Blinddarm- OP oft unnötig? Bei einer Blinddarmentzündung (Appendizitis) ist nicht der Blinddarm selbst, sondern der Wurmfortsatz (Appendix vermiformis) des Blinddarms entzündet. Er ist ein etwa zehn Zentimeter langes Anhängsel des Blinddarms, der im rechten Unterbauch liegt. Die Funktion des Wurmfortsatzes ist nicht abschließend geklärt. Sein Aufbau weist aber darauf hin, dass er an der Immunabwehr beteiligt ist. Die Blinddarmentzündung ist eine häufige Erkrankung, die oft jüngere Menschen betrifft - prinzipiell aber in jedem Alter auftreten kann. Die Krankheit kann harmlos als leichte Blinddarmreizung, aber auch als schwere Entzündung mit Wanddurchbrüchen in die Bauchhöhle verlaufen. Hierbei bleibt die Entzündung nicht mehr auf den Wurmfortsatz beschränkt, sondern weitet sich in die Bauchhöhle aus. Es kommt zu einer lebensbedrohlichen Bauchfellentzündung (Peritonitis). Typischerweise beginnt eine Blinddarmentzündung mit plötzlich einsetzenden Bauchschmerzen, die zunächst im Oberbauch beginnen. Innerhalb der ersten acht bis zwölf Stunden verlagern sie sich in den rechten Unterbauch und werden von Übelkeit, Erbrechen und Fieber begleitet. An charakteristischen Druckpunkten kann der Schmerz provoziert werden. Beim Laufen oder Hüpfen kommt es typischerweise zu einem Erschütterungsschmerz. Zur Schmerzlinderung winkeln Betroffene oft das rechte Bein im Liegen an. Bei alten Menschen sind die Symptome meist weniger deutlich ausgeprägt und die Temperatur ist nur selten erhöht. Allerdings treten die Symptome nur in zwei Drittel der Fälle auf, weshalb Experten immer wieder betonen, dass Blinddarmentzündungen zu den schwierigsten Diagnosen überhaupt gehören. Außerdem gibt es keine verlässliche Untersuchungsmethode, die einen entzündeten Blinddarm mit Sicherheit bestätigen oder ausschließen. Eine Ultraschalluntersuchung (Sonografie) kann Hinweise auf entzündliche Veränderungen liefern. Auch eine Computertomografie (CT) kann das. Sie ist in der Regel aber nicht aussagekräftiger als der Ultraschall. Aufgrund der hohen Strahlenbelastung wird sie bei dem Verdacht auf eine Blinddarmentzündung eher selten durchgeführt. Im Zweifelsfall muss bei einem unklaren Untersuchungsbefunden und dem kleinsten Verdacht auf das Vorliegen einer Blinddarmentzündung eine Bauchspiegelung erfolgen. In der Regel wird der Blinddarm bei dem Verdacht auf eine Entzündung so schnell wie möglich operativ entfernt. Nun aber gibt es Ansätze, unkomplizierte Formen der Entzündung mit Antibiotika zu behandeln. Denn in vielen Fällen zeigt sich im Rahmen der Operation, dass der Blinddarm gar nicht der Grund der Beschwerden war. Die Rate der Fehldiagnosen liegt bei Frauen im gebärfähigen Alter bei bis zu 25 Prozent. Das bedeutet, dass sie unnötigerweise operiert werden. Die Folgen des in der Regel minimalinvasiven Vorgehens können schmerzhaften Verwachsungen im Bauchraum sein. Aktuelle internationale Studien bestätigen, dass leichte Blinddarmentzündungen mit Antibiotika behandelt werden können. Kritiker geben jedoch zu bedenken, dass es nicht sicher möglich ist eine leichte von einer schweren Entzündung zu unterscheiden. Daher bewerten viele Chirurgen diese Therapieoption kritisch. Denn wenn es zu einem Durchbruch des Blinddarms kommt, steigt das Risiko für lebensbedrohliche Komplikationen. Experten weisen zudem darauf hin, dass eine Antibiotikatherapie ebenfalls eine Belastung für den Patienten darstellt und die Genesung in der Regel nicht schneller voranschreitet als nach einer Operation. Interviewpartner im Studio: Priv.-Doz. Dr. Sven Eisold Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie Visite am 10.05.2016 a Sana Klinik Lübeck Kronsforder Allee 71-73, 23560 Lübeck Tel. (0451) 585 13 01, Fax: (0451) 585 13 09 E-Mail: [email protected] Internet: www.sana-luebeck.de Interviewpartner im Beitrag: Prof. Dr. med. Dr. h.c. Jakob Izbicki Direktor der Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie Zentrum für Operative Medizin Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf Martinistraße 52, 20246 Hamburg Internet: www.uke.de Prof. Dr. Thomas Carus Chefarzt der Abteilung für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie Asklepios Westklinikum Hamburg Suurheid 20, 22559 Hamburg Tel. (040) 81 91 24 00, Fax: (040) 81 91 24 09 Tourette-Syndrom: Mit tiefer Hirnstimulation gegen die Tics Das Tourette-Syndrom ist nach dem französischen Arzt Georges Gilles de la Tourette benannt. Menschen mit diesem Syndrom leiden unter heftigen, überschießenden Bewegungen und unwillkürlich ausgestoßenen Lauten und Geräuschen, sogenannte Tics. Diese treten häufig erstmals im Grundschulalter auf. Bei Kindern liegt die geschätzte Verbreitung bei knapp unter einem Prozent, bei Erwachsenen ist die Häufigkeit erheblich geringer. Jungs sind etwa dreimal so häufig betroffen wie Mädchen. Einfache motorische Tics können sich als Augenblinzeln, Naserümpfen, Kopfwerfen oder Grimassenschneiden äußern. Bei einfachen vokalen Tics kommt es zum Ausstoßen bedeutungsloser Laute oder zum Husten. Komplexe motorische Tics äußern sich in Grimassenschneiden oder dem Nachmachen von Handlungen anderer. Komplexe vokale Tics sind zum Beispiel das einfache Nachsprechen von Wörtern oder das als Koprolalie bekannte Herausschleudern obszöner Ausdrücke. Die Symptome können entweder permanent, in Serien oder nur in Belastungssituationen auftreten. Typischerweise können viele Betroffene ihre Tics über bestimmte Zeiträume hinweg unterdrücken und die Entladung eines Tics für eine gewisse Zeit hinausschieben, jedoch in der Regeln nicht aufhalten. Meist ist der Drang zur Ausübung der Tics so stark, dass schließlich die Muskelzuckung oder die Lautäußerung doch stattfinden muss - vergleichbar mit dem Drang zu Niesen. Typischerweise nehmen Tics im Zusammenhang mit ärgerlicher oder freudiger Erregung, Anspannung oder Stress zu. Die Tics treten in der Regel mehrfach am Tag auf. Sie können allerdings manchmal auch für Wochen oder Monate verschwinden, um dann plötzlich wieder aufzutreten. Die Ursache des Tourette-Syndroms ist bislang noch nicht geklärt. Aktuelle Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass ein gestörter Dopaminstoffwechsel im Gehirn dafür verantwortlich ist. Dopamin ist ein Neurotransmitter, also ein Überträgerstoff im Gehirn, der für die Informationsweiterleitung zwischen den Nervenzellen wichtig ist. Es wird vermutet, dass auch andere Neurotransmitter, wie zum Beispiel das Serotonin, eine Rolle spielen. Die Diagnose des Tourette-Syndroms wird dadurch gestellt, dass die Visite am 10.05.2016 a entsprechenden Symptome beobachtet werden. Mithilfe eines EEGs, einer Computertomographie oder einer Kernspinuntersuchung vom Gehirn können andere neuropsychiatrische Erkrankungen als Ursache der Beschwerden ausgeschlossen werden. Fragebögen und Schätzskalen helfen, die Art und den Schweregrad sowie den Verlauf der Tic-Störung besser zu beurteilen. Kinder mit Tourette-Syndrom besitzen die gleichen geistigen Leistungsfähigkeiten wie andere Kinder ihres Alters, dennoch haben viele von ihnen Lernschwierigkeiten. Nicht selten werden sie ausgelacht und erfahren soziale Zurückweisung. Im Laufe der Entwicklung vom Kind zum Erwachsenen tritt bei vielen der Betroffenen auch ohne Therapie eine deutliche Besserung der Beschwerden ein. Um zusätzliche psychologische Auswirkungen zu vermeiden und den Betroffenen eine möglichst günstige Entwicklung zu ermöglichen, ist eine frühe Diagnose und eine frühe Behandlung des Tourette-Syndroms unbedingt sinnvoll. Zwar kann es weder geheilt noch ursächlich behandelt werden, allerdings stehen lindernde Behandlungsansätze zur Verfügung. Da die Mehrheit der Betroffenen durch ihre Tics oder Verhaltensschwierigkeiten nicht wesentlich beeinträchtigt sind, benötigen sie auch keine Therapie. Nur sehr wenige leiden unter schweren Formen des Tourette-Syndroms. Die sichtbaren Symptome lassen sich mit Neuroleptika reduzieren. Risperidon ist das am besten untersuchte und am häufigsten eingesetzte Medikament und gilt daher als Medikament der ersten Wahl. Die medikamentöse Behandlung führt oft zu einer Reduktion der Tics, nicht aber zur vollständigen Symptomfreiheit. Auch andere Therapiemaßnahmen wie zum Beispiel das Erlernen von Entspannungsverfahren, Biofeedback-Techniken und anderen verhaltenstherapeutische Maßnahmen können helfen, Stressreaktionen zu vermindern und die Selbstkontrolle zu verbessern. Die tiefe Hirnstimulation wird inzwischen an spezialisierten Universitätskliniken erfolgreich zur Behandlung von schweren Fällen eingesetzt. Ihre Funktionsweise ist im Detail bisher ungeklärt, doch die Erfolge sind beeindruckend. Bereits unmittelbar nach der Operation beschreiben viele Patienten eine Verbesserung der Symptome, ohne dass der Schrittmacher überhaupt eingeschaltet ist. Das liegt vermutlich daran, dass die Abläufe im neuronalen Netzwerk durch die OP gestört sind. Dennoch dauert es schließlich oft Monate, ehe der Stimulator richtig eingestellt ist und der Behandlungserfolg dauerhaft anhält. Die Implantation eines Hirnschrittmachers ist nicht ohne Risiken. Die gefürchtetste Komplikation sind Hirnblutungen, die zu dauerhaften neurologischen Schäden führen können. Bei der Operation wird ein dünnes Kabel durch ein kleines Loch in der Schädeldecke in die Zielregion der Basalganglien der rechten und linken Hirnhälfte eingeführt. Das Kabel enthält insgesamt vier Elektroden, die über ein unter der Haut verlaufendes Kabel mit einem Impulsgeber im Bereich der Brust verbunden sind. Dieser Impulsgeber gibt schwache elektrische Impulse an die Zielregion im Gehirn ab, wodurch diese - je nach Stromfrequenz deaktiviert oder stimuliert werden kann. Die Patienten können die Intensität der Stromstärke mit einem Steuergerät selbst regulieren. Nicht alle Patienten erleben die tiefe Hirnstimulation als Erleichterung. Es gibt auch Patienten, die das Gefühl einer Persönlichkeitsveränderung haben. Bei 60 bis 80 Prozent der behandelten Patienten kann mit Hilfe des Hirnschrittmachers allerdings eine dauerhafte Verbesserung der Symptome erreicht werden. Interviewpartner im Beitrag: Prof. Dr. Veerle Visser-Vandewalle Direktorin der Klink für Stereotaxie und Funktionelle Neurochirurgie Visite am 10.05.2016 a Zentrum für Neurochirurgie Uniklinik Köln Kerpener Straße 62, 50937 Köln Tel. (0221) 47 88 27 92, Fax: (0221) 478 82 45 81 E-Mail: [email protected] Dr. Juan Baldermann Zentrum für Neurologie und Psychiatrie Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Arbeitsgruppe Neurobiologie und Neuromodulation psychischer Erkrankungen Uniklinik Köln Kerpener Straße 62, 50937 Köln E-Mail: [email protected] Weitere Informationen: Tourette-Gesellschaft Deutschland e. V. E-Mail: [email protected] Internet: www.tourette-gesellschaft.de Tourette-Syndrom Künstler und Mediendesigner Kirill Glazunov: Mein Krankheitsbild Internet: www.tourette-syndrom.de/kirillglazunov.html Krampfadern: Wann und wie behandeln? Etwa jede zweite Frau und jeder fünfte Mann in Deutschland leidet unter Krampfadern, sogenannten Varizen. Die Veranlagung für die Venenerkrankung ist genetisch bedingt. Schwangerschaften sowie zunehmendes Alter, Bewegungsmangel, langes Stehen oder Sitzen mit übergeschlagenen Beinen und Übergewicht erhöhen das Risiko für die Entwicklung von Krampfadern. Venen sammeln das sauerstoffarme Blut aus der Körperperipherie und leiten es entgegen der Schwerkraft zurück zum Herzen. Für diesen Blutstrom ist die Beinmuskulatur verantwortlich. Mit jeder Kontraktion pumpt sie das Blut in Richtung Herz - man spricht deshalb auch von der „Muskel-Venen-Pumpe“. Venenklappen sorgen wie Ventile dafür, dass das Blut nur in eine Richtung und nicht wieder zurückfließt. Bei schwachem Bindegewebe leiern die Venen aus, sodass die Klappen nicht mehr richtig schließen können. Das Blut staut sich in den Gefäßen und verstärkt das Problem - es entstehen Krampfadern. Solange sie keine Beschwerden verursachen, stellen sie lediglich ein kosmetisches Problem dar und es besteht kein zwingender Behandlungsbedarf. Dagegen können schwere und geschwollene Beine ein Hinweise auf ein chronisches Venenleiden sein. Gerade tieferliegende Krampfadern können schwerwiegende Komplikationen wie Thrombosen, offenen Beine und Kreislaufprobleme verursachen, sodass eine Behandlung notwendig wird. Das klassische Behandlungsverfahren ist das Venenstripping. Dabei wird das betroffene Gefäß über mehrere kleine Schnitte Stück für Stück entfernt. In der Regel werden nicht das gesamte Gefäß, sondern nur die krankhaft veränderten Venenabschnitte entfernt. Die Kosten für den Eingriff werden vollständig von den Krankenkassen übernommen. Eine Alternative ist die Laserbehandlung. Dazu wird - unter Ultraschallkontrolle - eine feine Laserfaser in die Krampfader eingeführt. Dann werden die Venen durch 140 Grad heiße Laserenergie verschlossen. Diese Methode Visite am 10.05.2016 a eignet sich insbesondere für Patienten, bei denen die Krampfadern nach einer vorausgegangenen Behandlung erneut aufgetreten sind. Ideal ist diese Methode außerdem für Patienten, die blutverdünnende Medikamente einnehmen oder große Angst vor Operationen haben. Die Kosten für den Eingriff werden von den meisten Krankenkassen übernommen. Ganz ähnlich funktioniert auch die Radiowellentherapie. Dabei führen die Ärzte statt der Lasersonde eine Radiowellensonde per Katheter in die erkrankte Vene ein. Sie leitet Radiowellen auf die Gefäßinnenwände, die Temperaturen von 80 bis 90 Grad erzeugen und so ebenfalls die Vene verschweißen. Eine weitere Alternative bei der Behandlung kleiner Krampfadern ist die Schaumverödung. Dabei spritzt der Phlebologe einen Verödungsschaum direkt in die Krampfader. Der Schaum enthält Substanzen, die im Gefäß eine Entzündung auslösen und so die Vene verschließen. Im Laufe der Zeit löst sie sich auf. Die Schaumverödung in der Klinik wird von den Krankenkassen anerkannt und die Kosten übernommen. Eine venenerhaltende Behandlung ist die sogenannte CHIVA-Methode. Sie wurde vor 30 Jahren in Frankreich entwickelt und hat zum Ziel, den erkrankten Venenabschnitt lediglich durch Unterbindung außer Funktion zu setzen und im Bein zu belassen. Vor der Operation wird der Blutfluss in den Beinvenen mit der Duplexuntersuchung genau gemessen. Überall, wo das Blut in die falsche Richtung fließt, wird die Krampfader durch winzige Schnitte hervorgezogen, mit einem chirurgischen Faden abgebunden und wieder versenkt. Die erkrankte Vene bleibt also im Bein, soll sich regenerieren und später dem Blutkreislauf wieder zur Verfügung stehen. Nach der Operation wird für vier bis sechs Wochen ein Kompressionsstrumpf angelegt und der Patient soll sofort laufen. Erst nach zwei bis sechs Wochen zeigt sich, ob die Operation erfolgreich war und sich die Krampfadern auf ihren ursprünglichen Durchmesser zurückgebildet haben. In einigen Fällen ist ein zweiter Eingriff nötig, um noch an anderen Stellen Venen zu unterbinden. Bei jedem zehnten Patienten kommt es nach dem Eingriff zu einer vorübergehenden Venenentzündung, die mit Medikamenten behandelt werden muss. Für stark ausgeprägte Krampfadern ist die CHIVA-Technik nicht zu empfehlen. Auch die Externe Valvuloplastie (EVP) belässt die Krampfader im Bein. Dabei näht der Gefäßchirurg unter örtlicher Betäubung eine kleine Manschette aus Polyurethan um den Mündungsbereich der großen oberflächlichen Sammelvene in der Leiste. Wie ein innerer Kompressionsstrumpf drückt die gummiartige Hülle die erweiterte Vene wieder enger zusammen, sodass die Venenklappen wieder schließen und ihre Ventilfunktion wahrnehmen können. Bei der Vielzahl der Therapieoptionen gilt ein Grundsatz: Es existiert weder ein Patentrezept zur Behandlung von Krampfadern, noch gibt es eine Garantie, dass sie nach einer Behandlung dauerhaft verschwinden. Einige einfache Tipps können das Anschwellen der Beine verhindern und der Entstehung von Krampfadern vorbeugen: Langes Stehen oder Sitzen ist schlecht für die Beine. Insbesondere Treppensteigen trainiert Muskeln und Gefäße in den Beinen. Das Tragen von Kompressionsstrümpfen fördert ebenfalls den Rückstrom des Blutes zum Herzen. Sie werden im Fachhandeln von Ärzten oder in Sanitätshäusern individuell angepasst. Experten empfehlen außerdem das Tragen flacher Schuhe und häufiges Barfußgehen. Wechselduschen der Unterschenkel sind ein gutes Venentraining und bringen den Kreislauf in Schwung. Interviewpartnerin im Beitrag und Studio: Dr. Petra Schneider, Fachärztin für Chirurgie, Gefäßchirurgie und Phlebologie Medizinisches Versorgungszentrum Stade Visite am 10.05.2016 a Hohenwedeler Weg 18, 21682 Stade Tel: (04141) 786 00, Fax: (04141) 78 60 10 05 E-Mail: [email protected] Internet: www.mvz-stade.de Interviewpartner im Beitrag: Dr. Jürgen Böhme, Facharzt für Chirurgie und Gefäßchirurgie Käthe-Krüger-Straße 10, 21337 Lüneburg Tel (04131) 768 52 90, Fax (04131) 768 52 91 E-Mail: [email protected] Internet: www.doktorboehme.de Weitere Informationen: Deutsche Venen-Liga e.V. Sonnenstraße 6, 56864 Bad Bertrich Gebührenfreie Venen-Hotline: (0800) 444 33 35 Internet: www.veneliga.de Deutsche Gesellschaft Venen e.V. Generalsekretariat Postfach 18 10, 90007 Nürnberg Tel. (0911) 598 86 00 E-Mail: [email protected] Internet: www.gdVenen.de So grillt man einfach und ohne Gesundheitsrisiken Im Durchschnitt grillt jeder Bundesbürger 13 Mal im Jahr. Dabei stehen Würstchen ganz oben auf der Liste der Beliebtheitsskala. Damit das Grillen nicht nur gesellig, sondern auch gesund ist, sollte man einige Tipps beachten: Wenn Fleischsaft, Fett oder Marinade in die Glut tropfen und verbrennen, bilden sich krebserregende Stoffe, die sich mit dem aufsteigenden Rauch am Grillgut ablagern. Dasselbe passiert beim Ablöschen mit Bier. Der Rauch enthält polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK). Mit dem Rauch gelangen diese krebserregenden Stoffe auf das Grillgut, setzen sich ab und werden mitgegessen. Über stark rauchenden Feuerstellen ist ihr Gehalt bis zu 80 Mal höher als über fast rauchfreien. Besonders viele PAK stecken in der braunen Fleischkruste. Daher sollte stark verkohltes Grillgut nicht verzehrt werden. Verbranntes enthält auch krebserregende heterozyklische aromatische Amine (HAA). Sie entstehen immer, wenn organisches Material Hitze ausgesetzt wird - auch beim Braten. Beim Grillen allerdings sind die Konzentrationen höher. Gepökeltes Fleisch wie Kassler, Salami oder Wiener Würstchen gehören gar nicht auf den Grill. Bei starker Hitze reagiert das Nitrit aus dem Pökelsalz mit Eiweißstoffen im Fleisch zu krebserregenden Nitrosaminen. Alu-Folie gehört nicht auf den Grill. Durch die starke Hitze löst sich das Aluminium aus der Folie und lagert sich auf den darin zubereiteten Lebensmitteln ab. Gemüse wird am besten auf Spießen und Fisch in einer Zange zubereitet. Sieben Regeln für ein gesundes Grillen: Gesundes Grillen braucht Geduld: Brandbeschleuniger wie Spiritus oder Benzin haben in Verbindung mit Lebensmitteln nichts verloren. Und auch durch wedeln oder pusten wird die Kohle nicht schneller Visite am 10.05.2016 a heiß, es entsteht nur mehr Rauch und der ist gesundheitsschädlich. Als Brennmaterial für den Holzkohlegrill eignen sich nur Holzkohle oder -briketts. Gesundes Grillen braucht Grillzonen: Sind die Kohlen durchgezogen, sollten die glühenden Kohlen nur auf einer Seite des Grills liegen. Ihre starke Hitze wird nur zum Angrillen, also zur Entwicklung der Röstaromen, genutzt. Die Seite des Grills auf der keine Kohlen liegen, wird zum Durchgaren benutzt. So kann des Grillgut nicht verbrennen. Der Abstand zwischen Glut und Grillrost sollte mindestens eine Handbreit betragen. Nicht mit der Gabel ins Gar-Gut stechen: Das Fleisch auf dem Grill sollte nicht mit einer gewendet werden, denn dann wird die knusprige Haut zerstört und es läuft Flüssigkeit aus. Dies tropft dann auf die Grillkohle. Abtupfen, was tropfen könnte: Je mehr Fett in die Glut tropft, desto mehr Schadstoffe entstehen. Mariniertes Fleisch sollte daher vor dem Grillen gut abgetupft werden. Während des Grillens sollte mit Marinaden sparsam umgegangen werden, damit das Öl nicht in die Glut tropft. Marinade selbst machen: Fertigmarinaden enthalten meist viele Trockengewürze. Diese verbrennen sofort auf dem Grill. Außerdem liegt Abgepacktes meist zu lang in der Tunke. Das Fleisch schmeckt dann nur noch nach Marinade. Das Fleisch wird erst nach dem Grillen gesalzen, da sonst Wasser und lösliche Nährstoffe austreten und das Fleisch trocken wird. Auch das Würzen mit Kräutern erfolgt erst nach dem Grillen, da sie sonst verbrennen. Gesund-Griller wenden wenig: Durch das Wenden verliert das Fleisch an Hitze. Die Folge: Irgendwann fängt es an zu kochen, grillt aber nicht mehr. Gesundes Grillen verzichtet auf das Ablöschen mit Bier: Mit dem Ablöschen wird nur Asche aufgewirbelt, die sich dann auf dem Fleisch ablagert und gesundheitsschädlich ist. Das Fleisch nimmt den Biergeschmack dabei auf keinen Fall an. Für den Geschmack müssen Würstchen oder Fleisch über Nacht in Bier eingelegt werden. Interviewpartner im Beitrag: Thomas Sampl, Koch E-Mail: [email protected] Internet: www.thomas-sampl.de Prof. Dr. rer. physiol. Edmund Maser Direktor des Instituts für Toxikologie und Pharmakologie Christian-Albrechts-Universität zu Kiel Brunswiker Straße 10, 24105 Kiel Operation Leben: Beckenprothese Visite am 10.05.2016 a In der Endo-Klinik in Hamburg wird für Inge W. ein Traum war. Aufgrund einer angeborenen Hüftfehlbildung wurde sie seit ihrer Kindheit bereits zehn Mal an der Hüfte operiert. Die Folge ist, dass ihre Hüfte und die Beckenknochen mittlerweile fast vollständig zerstört sind und die 62-Jährige kaum noch gehen kann. Ihr droht ein Leben im Rollstuhl. Um sie davor zu bewahren, setzten die Experten in der EndoKlinik ihr ein speziell für sie angepasstes Beckenimplantat aus Titan ein. Denn mit einer normalen Hüftprothese ist ihr nicht mehr zu helfen. Es fehlt der Beckenknochen, in dem die künstliche Hüftpfanne verankert werden müsste, um als Gleitlager für den künstlichen Hüftkopf zu fungieren. Ihre Prothese wird anhand einer Computertomographie ihres Beckens rekonstruiert. Der Eingriff ist keine Routineoperation. Durch das Becken verlaufen zudem Muskeln, Nerven und Blutgefäße, die bei der Operation nicht beschädigt werden dürfen. Außerdem ist die Substanz ihrer Beckenknochen nicht mehr gut und durch die vielen vorausgegangenen Operationen ist das Gelenk stark vernarbt. Bevor die Ärzte das neue Implantat einsetzen können, müssen sie das Gelenk behutsam freilegen, das alte Implantat und Knochenreste entfernen - ohne dabei wichtige Nerven und Blutgefäße zu verletzten. Dabei entdecken sie, dass die alten Schrauben, mit der die künstliche Hüftpfanne im Beckenknochen verankert sein sollte, gar nicht mehr fest sind. Einige sind sogar gebrochen. Das verursachte die Schmerzen und führte zu einer Instabilität. Das neue Implantat wird mit 15 Schrauben in der optimalen Position verankert. Schon einen Tag nach der Operation steht Frau W. das erste Mal auf und kann sogar schon kurze Strecken laufen. Zehn Tage nach der Operation ist sie zwar noch mit Unterstützung von Gehhilfen - wieder richtig auf den Beinen. Um ganz ohne die Gehhilfen auszukommen, muss die Muskulatur im Oberschenkel mithilfe intensiver Physiotherapie wieder aufgebaut werden. Fünf Monate nach der Operation ist der Traum vom Laufen ohne Gehhilfen für Inge W. wahr geworden. Interviewpartner im Beitrag: Prof. Dr. Thorsten Gehrke, Orthopäde, Orthopädische Chirurgie und Sportmedizin Ärztlicher Direktor und Dr. Hans Mau, Facharzt für Orthopädie Leitender Oberarzt der Abteilung Gelenkchirurgie Helios Endo-Klinik Hamburg Holstenstraße 2, 22767 Hamburg Tel. (040) 319 70, Fax (040) 31 97 12 25 E-Mail: [email protected] Internet: www.helios-kliniken.de/klinik/hamburg-endoklinik/fachabteilungen/gelenkchirurgie Hinweis: Die Redaktion erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit der angegebenen Adressen und Buchhinweise. Impressum: NDR Fernsehen Redaktion Medizin Hugh-Greene-Weg 1 22529 Hamburg Tel. 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