Falk Gastro-Kolleg Gesamter GI

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Falk
Gastro-Kolleg
Gesamter
GI-Trakt
Augenkomplikationen bei
gastrointestinalen Krankheiten
Zusammenfassung
Sowohl beim Morbus Crohn als auch bei der Colitis ulcerosa kann das Auge in bis zu 10%
der Fälle betroffen sein. Augenerkrankungen können bei diesen Magen-Darm-Traktentzündungen zu schweren Komplikationen bis hin zur Amaurose führen. Eine vordere
Uveitis wurde am häufigsten festgestellt. Die Entstehung eines Hornhautulkus oder einer
Skleritis ist frühzeitig zu beachten, da unbehandelt eine Perforation der Augenwand
droht. Komplikationen des Augenhintergrunds mit einer Optikusneuritis oder entzündlichen Netzhauterkrankungen können zur schweren Sehstörungen führen. Außerdem
zu beachten ist die Entstehung einer Hypolacrimie mit dem Krankheitsbild der
Keratoconjunctivitis sicca. Durch eine Malabsorption kann ein Vitamin-A-Mangel mit
Nachtblindheit entstehen. Auch eine Keratomalazie kann sich durch diesen Vitaminmangel entwickeln. Therapeutisch sind Kortikosteroide häufig wirkungsvoll, aber mit
Nebenwirkungen behaftet. Insbesondere können ein Kortisonglaukom, aber auch
Augeninfektionen oder eine Katarakt auftreten. Eine Pankreatitis kann mit erheblichen
Sehstörungen einhergehen. Charakteristischerweise tritt in seltenen Fällen eine
Purtscher-Retinopathie als Zeichen einer retinalen Ischämie mit hochgradiger Sehminderung auf. Orbitale und intraokuläre Metastasen bei einem Pankreaskarzinom oder bei
Malignomen des Magen-Darm-Trakts sind zwar selten, führen aber zu schwerwiegenden
Sehstörungen bis zur Erblindung. Ophthalmologische Untersuchungen sind bei der
familiären adenomatösen Polyposis coli stets angezeigt, da bei dieser autosomaldominant vererbten Karzinomerkrankung auch die kongenitale Hypertrophie des
retinalen Pigmentepithels vererbt wird. Diese Netzhautflecke sind als klinischer Marker
diagnostisch bedeutungsvoll. Starke Blutungen des Magen-Darm-Trakts können zur
irreversiblen Erblindung beider Augen führen. Der Sehverlust tritt meistens mehrere Tage
nach dem Blutverlust auf. Eine frühzeitige Therapie mit Bluttransfusionen und kreislaufstabilisierenden Maßnahmen ist stets erforderlich.
Schlüsselwörter
hornhautulkus | hypolacrimie | keratomalazie | iritis | nachtblindheit |
Photophobie | Purtscher-retinopathie | nystagmus | kongenitale hypertrophie
des retinalen Pigmentepithels | Amaurose | cotton-Wool-Flecken
Titelbild: Auge eines Mannes mit Pankreaskarzinom mit retinalem Cotton-Wool-Fleck und chorioidaler Metastase
Prof. Dr. D. Schmidt
Universitäts-Augenklinik Freiburg
Killianstr. 5
79106 Freiburg
Zertifiziert
mit
1
Punkt
Fragebeantwortung unter
www.falkfoundation.de
Falk Gastro-Kolleg
1
Augenkomplikationen bei gastrointestinalen
Krankheiten
A. Entzündliche Erkrankungen
I. Okuläre Schädigungen bei entzündlichen Darmerkrankungen
Einleitung
Eine Augenerkrankung kann bei entzündlichem Befall des Magen-Darm-Trakts (Morbus
Crohn, Colitis ulcerosa, Pankreatitis, Gastritis) und beim Pankreaskarzinom vorliegen.
Diagnostisch wichtige Netzhautveränderungen sind bei der familiären adenomatösen
Polyposis coli zu beachten.
Eine Sehminderung bis zur beidseitigen Erblindung kann bei gastrointestinalen Erkrankungen auftreten. Augenärztliche Untersuchungen sind bei den geringsten Sehstörungen erforderlich. Bereits Burrill B. Crohn [14] berichtete über 2 Patientinnen mit einer
chronischen Colitis ulcerosa: Eine 20-jährige Frau litt an einem Hornhautulkus, eine
25-jährige Frau an einer Hornhautepithelerosion. Beide klagten über Photophobie.
P Trübungen der Hornhaut führen zur
Photophobie.
Angaben zur Häufigkeit von Augenerkrankungen bei entzündlichen
Darmerkrankungen
Chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED), vorwiegend M. Crohn und Colitis ulcerosa, werden in Deutschland mit einer Häufigkeit von mehr als 300.000 angegeben [5, 94].
Über die Häufigkeit einer okulären Komplikation als extraintestinale Manifestation einer
entzündlichen Darmerkrankung wurde in umfangreichen Studien unterschiedlich berichtet (Tab. 1). Okuläre Manifestationen traten beim M. Crohn und bei der Colitis ulcerosa
etwa gleich häufig auf [36, 55].
Häufigkeit einer okulären Komplikation bei M. Crohn/Colitis ulcerosa
Autoren
Billson et al. [6]
Hopkins et al. [40]
Greenstein et al. [36]
Rankin et al. [70]
Knox et al. [51]
Lakatos et al. [55]
Taylor et al. [99]
P Augenerkrankungen sind bei bis zu
10% der entzündlichen
Darmerkrankungen möglich.
Tab. 1
Häufigkeit
3,6% (Colitis ulcerosa)
6,3% (M. Crohn)
Ca. 4% (M. Crohn und Colitis ulcerosa)
Ca. 3,5% (M. Crohn)
Ca. 10% (M. Crohn)
Ca. 3,5% (M. Crohn und Colitis ulcerosa)
Ca. 10% (M. Crohn und Colitis ulcerosa)
In allen Abschnitten eines Auges (oder beider Augen), von den Lidern und Tränenwegen,
dem vorderen Augenabschnitt bis zur Retina und dem Sehnerv, können entzündliche
Veränderungen auftreten. Die Augenkomplikationen können rezidivieren und zur Blindheit führen. Schwerste Komplikationen stellen Hornhaut- oder Skleraperforationen sowie
Sehnerven- und Netzhautentzündungen dar. Chronisch rezidivierende Verläufe über
viele Jahre, beispielsweise einer Uveitis, können zur schweren Belastung des Patienten
führen, mit erheblicher Einschränkung der Lebensqualität. Patienten klagen bereits bei
leichteren entzündlichen Veränderungen über Photophobie und Augenschmerzen. Die
Symptome, Ätiologie und Differenzialdiagnose einer mit einer Photophobie einhergehenden Uveitis wurden ausführlich mitgeteilt [82].
P Okuläre Komplikationen bis zur
Erblindung in allen Augenabschnitten
möglich
Ein häufig unterschätzter Augenbefund stellt die Hypolacrimie dar, die zu den Beschwerden einer Keratoconjunctivitis sicca führt. Cury & Moss [16] fanden bei 43% von 88 Patienten mit entzündlicher Darmerkrankung als häufigste okuläre Komplikation eine Hypolacrimie. Eine Blepharitis der 88 Patienten trat hingegen bei 3% und eine Uveitis bei
2% auf. Felekis et al. [27] stellten fest, dass bei 13 von 26 untersuchten darmkranken Patienten (8 Männer und 5 Frauen) ein trockenes Auge bestand. Als häufige Augenkomplikationen sind außerdem die vordere Uveitis, die Episkleritis, die Konjunktivitis und
Hornhauterkrankungen anzuführen. Bei jungen Patienten kann auch eine asymptomatische vordere Uveitis auftreten [73].
P Eine Hypolacrimie wird oft zu wenig
beachtet.
2
Ernst et al. [25] fanden, dass die Inzidenz eines Befalls des hinteren Augenabschnitts
niedrig war, sie lag unter 1%. Als Erklärung führten die Autoren an, dass die Patienten
bereits vor der Augenentzündung über lange Zeit wegen der entzündlichen Darmerkrankung mit Kortikosteroiden behandelt worden waren. Bei mehreren Patienten zeigte
sich ein aktives Stadium der Darmentzündung als die Sehstörungen auftraten. Die mehrfach mitgeteilte orbitale Myositis mit Diplopie und Bewegungseinschränkung der Augen
geht mit orbitalen Schmerzen und gelegentlich mit einer Protrusio bulbi einher [59].
In seltenen Fällen kann bereits im Kindesalter eine schwerwiegende Augenerkrankung
auftreten. So berichteten Barabino et al. [4] über die beidseitige, plötzliche Erblindung
durch eine Optikusneuritis mit Papillenschwellungen eines 11-jährigen Jungen mit M. Crohn.
Unter hoch dosierter Methylprednisolonbehandlung erlangte der Junge wieder eine
regelrechte Sehschärfe.
P Erblindung durch Optikusneuritis
auch im Kindesalter möglich
Augenschäden bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED)
Diagnose
Hypolacrimie
Dakryoadenitis
Verschluss bzw. Stenose
der ableitenden Tränenwege
Lidrandulkus
Konjunktivitis
Keratopathie
Hornhautperforation
Cogan-Syndrom
Skleritis
Episkleritis
Scleromalacia perforans
Anteriore oder posteriore
Uveitis (Chorioiditis)
Iridozyklitis mit Hypopyon
Chorioiditis serpiginosa
Pars planitis
Multifokale posteriore Uveitis
Retinale Vaskulitis
„Pattern Dystrophy“ des RPE
Zentrale seröse Retinopathie
Amaurosis fugax
Retinaler Arterienverschluss
Vaskulitis der A. ophthalmica
Retinale Periphlebitis
Retinaler Venenverschluss
AION
Papillenschwellung
Optikusneuritis
Orbitale Myositis
Protrusio bulbi
Myasthenia gravis
Autoren
Cury & Moss [16]; Felekis et al. [27]
Dutt et al. [23]; Hwang et al. [43]; Rafiei et al. [68]; Wong et al. [110]
Billson et al. [6]; Satchi et al. [79]; Ulnick & Perkins [105]
Diaz-Valle et al. [19]
Blase et al. [7]
Angioi et al. [2]; Chowers et al. [13]; Crohn [14]; Geerards et al. [31]; Knox et al. [50];
Knox et al. [51]; Kodjikian et al. [52]; Lange et al. [57]; Petrelli et al. [66];
Pham et al. [67]; Sahel et al. [75]; Scharl et al. [80]; Schulman & Sugar [85];
Sharma & Maharajan [87]; Singh & Sangwan [88]; Spraul et al. [91]; Tan et al. [97]
Pham et al. [67]; Sharma & Maharajan [87]; Tan et al. [97]
Froehlich et al. [29]; Scharl et al. [80]
Tab. 2
P Häufiges Auftreten einer
vorderen Uveitis (Iridozyklitis)
und einer Hornhaut­
erkrankung.
Seltenere Erkrankungen des
hinteren Augenabschnitts mit
retinaler Vaskulitis oder
Gefäß­verschlüssen oder
Optikus­beteiligung sind als
schwerwiegend anzusehen.
Bei einer Keratitis oder
Skleritis besteht die Gefahr
der Perforation.
Culver et al. [15]; Jameson Evans & Eustace [46]; Knox et al. [51]; Petrelli et al. [66];
Soukiasian et al. [90]; Triantafillidis et al. [102]
Knox et al. [51]; Sartini et al. [78]; Soukiasian et al. [90]
Jameson Evans & Eustace [46]; Tesar et al. [100]
Angelucci et al. [1]; Cheng & Vu [12]; Delmas et al. [18]; Hofley et al. [39];
Johnson et al. [47]; Knox et al. [51]; Paroli et al. [64]; Rychwalski et al. [73];
Schmidt & Ness [81]; Soukiasian et al. [90]; Zaidman & Coles [111]
Salmon et al. [76]
Ugarte & Wearne [104]
Gorrono-Echebarria et al. [34]
Tappeiner et al. [98]
Duker et al. [21]; Garcia-Diaz et al. [30]; Girardin et al. [33]; Matsuo et al. [62];
Saatci et al. [74]; Trojet et al. [103]
De Franceschi et al. [17]
Assadsangabi et al. [3]; Kaneko et al. [48]; Knox et al. [51]; Paspatis et al. [65];
Schreiber et al. [84]
Greenfield et al. [35]
Bonvin et al. [8]; Falavarjani et al. [26]; Ruby & Jampol [72];
Schneiderman et al. [83]
Soomro et al. [89]
Kelly et al. [49]
Doi et al. [20]; Igarashi et al. [44]; Krohne et al. [53]; Larsson et al. [58];
Ruby & Jampol [72]; Thong et al. [101]; Zegarra et al. [112]
Felekis et al. [28]; Heuer et al. [38]
Sykes & Horton [96]; Egetenmeier & Lang [24]
Barabino et al. [4]; Felekis [27]; Han et al. [37]; Hutnik [42]; Macoul [60];
Sedwick et al. [86]; Trojet et al. [103]; van de Scheur et al. [106]
Bourikas & Roussomoustakaki [9]; Culver et al. [15]; Cheng & Vu [12];
Durno et al. [22]; Jain & Gottlob [45]; Maalouf et al. [59]; Ramalho & Castillo [69];
Squires et al. [92]; Walker et al. [108]
Knox et al. [51]
Angelucci et al. [1]
AION = anteriore ischämische Optikusneuropathie; RPE = retinales Pigmentepithel
3
gestörte Blutgerinnung bei Patienten mit M. crohn
Über vaskuläre Risikofaktoren mit Thrombosegefahr berichteten Lam et al. [56] sowie
Hudson et al. [41]. Maire et al. [61] fanden, dass mehr als die Hälfte von 171 untersuchten
Patienten mit einem M. Crohn eine Hyperhomocysteinämie aufwies. Auch Oldenburg et
al. [63] stellten eine Hyperhomocysteinämie bei Patienten mit einer CED fest. Hudson et
al. [41] untersuchten die vaskulären Risikofaktoren bei Patienten mit M. Crohn und Colitis
ulcerosa. Es zeigte sich eine signifikante Erhöhung der Gerinnungsfaktoren im Vergleich
zur normalen Population, insbesondere waren Plasma VII:C, Lipoprotein(a) und Fibrinogen
erhöht. Hudson et al. [41] führten an, dass 93% der Patienten mit einem M. Crohn und
86% mit einer Colitis ulcerosa mindestens 1 Risikofaktor für eine thrombotische vaskuläre Erkrankung aufwiesen, im Vergleich zu 61% der Normalpopulation.
Als Folge der Gerinnungsstörungen sind die zerebralen und retinalen arteriellen und
venösen Durchblutungsstörungen zu erklären. Eine Amaurosis fugax trat bei einem
69-jährigen Mann mit deutlich erhöhtem IgG-Anticardiolipintiter auf [35].
P Zerebrale und retinale Gefäß­
verschlüsse werden befürchtet.
Abb. 1
linkes Auge einer 26-jährigen Patientin mit M. crohn. Mehrere nebeneinander liegende
Pigmentblattdefekte nach umschriebener chorioiditis im Bereich des retinalen temporal oberen
gefäßbogens [81]
gemeinsames Vorkommen unterschiedlicher Erkrankungen bei cEd
Als extraintestinale Manifestationen wurden zusätzlich zu okulären Komplikationen vor
allem Gelenkerkrankungen und ein Erythema nodosum [99, 107] angeführt. Eine Eisenmangelanämie ist stets zu beachten [40, 55]. Rothfuss et al. [71] wiesen darauf hin, dass
bei einer CED infolge der Malabsorption ein Vitamin-A-Mangel mit Nachtblindheit auftreten kann. Dieser Vitaminmangel kann auch zur Keratopathie führen.
P Durch Malabsorption kann ein
Vitamin­A­Mangel mit Nachtblindheit
auftreten. Auch eine Keratopathie kann
dabei entstehen.
An Autoimmunkrankheiten, die mit einer CED einhergehen können, sind das Cogan1-Syndrom, das mit beidseitiger Taubheit und interstitieller Keratitis einhergeht, und die
Myasthenia gravis mit belastungsabhängigen Augenmuskelparesen zu nennen. Scharl
et al. [80] berichteten über 4 Patienten mit einem Cogan-1-Syndrom bei Patienten mit
einer CED. Die chronische Darmerkrankung bestand lange vor dem Beginn des Cogan1-Syndroms. Obwohl alle Patienten unter einer immunsuppressiven CED-Therapie standen,
konnte ein Cogan-1-Syndrom durch Medikamente nicht verhindert werden. Zur Behandlung der beidseitigen Taubheit wurde eine Cochlea-Implantat-Operation durchgeführt.
P Als seltene Autoimmunkrankheit ist
das Cogan­1­Syndrom zu beachten.
zusammenhang zwischen der Entzündungsaktivität der intestinalen
Erkrankung mit einer Augenentzündung
Billson et al. [6] und Hopkins et al. [40] berichteten, dass die Augenkomplikationen bei
allen Patienten während des Ausbruchs einer schweren Kolitisattacke entstanden.
Im Allgemeinen tritt die Augenkrankheit bei bereits bestehender Darmerkrankung auf.
Die Darmkrankheit kann sich aber auch nach einer Augenkrankheit ausbilden. So berichteten Paroli et al. [64] über einen 4-jährigen Jungen mit einer beidseitigen Uveitis, bei
P Selten kann eine Augenerkrankung
vor einer Darmentzündung entstehen.
4
dem erst 8 Jahre später, im Alter von 12 Jahren, abdominelle Schmerzen mit Diarrhö und
Arthralgie infolge eines M. Crohn auftraten. Zaidman & Coles [111] stellten bei einer 26-jährigen Frau eine Uveitis fest. 5 Jahre später traten die ersten Krankheitszeichen einer Colitis
ulcerosa auf. Auch Petrelli et al. [66] erwähnten, dass sich die Entzündungen des vorderen
Augenabschnitts vor Beginn der Krankheitszeichen eines M. Crohn entwickelten.
Matsuo et al. [62] untersuchten die Netzhaut von 2 Patienten mit einem M. Crohn und
3 Patienten mit einer Colitis ulcerosa fluoreszenzangiografisch. Alle 5 Patienten wiesen
eine Leckage des Farbstoffs der peripheren Retina auf, was als subklinischer Befund einer
„Kapillaritis“ gedeutet wurde. Zusätzlich zeigten 2 Patienten eine Iritis und 1 Patient ein
Makulaödem.
Therapie der Augenerkrankungen
Zur Immunsuppression des M. Crohn berichteten Stallmach & Zeitz [93], dass mit 5-Amino­
salicylsäure und Glukokortikoiden die Akutsymptomatik der Darmerkrankung in der
Regel gebessert werden konnte. Die Behandlung mit Azathioprin/6-Mercaptopurin
bewirkte die Rückbildung der Darmentzündung, beseitigte sie jedoch nicht vollständig.
Therapieformen mit Antikörpern gegen TNF-α zeichnen sich durch ein rasches Ansprechen
der intestinalen Entzündungen aus und führen zu Remissionen. Allerdings können dabei
auch Nebenwirkungen auftreten.
Bei Augenkomplikationen einer CED wurde folgendes Vorgehen empfohlen [32]: Lokal
verabreichte steroidhaltige Augentropfen oder periokuläre Injektionen bewirkten bei
den meisten Patienten eine Rückbildung der Entzündung des vorderen Augenabschnitts.
Vor periokulären Injektionen bei einer Skleritis oder Episkleritis wurde gewarnt. Bei unzureichender topischer Behandlung wurde eine systemische Steroidtherapie, beispielsweise mit Prednisolon, unter Berücksichtgung des Allgemeinbefunds des Patienten
empfohlen. Bei der Gefahr von Steroidnebenwirkungen wurden systemische zytotoxische
Immunsuppressiva verabreicht. Häufig wurde Azathioprin gegeben, insbesondere war
diese Therapie bei einer Skleritis erfolgreich. Obwohl beobachtet wurde, dass eine Darmresektion zu einer Besserung der okulären Komplikationen führte, stellt aber eine Augenkrankheit keine Indikation für eine derartige Operation dar. Billson et al. [6] teilten mit,
dass sich die Augenkrankheiten von 8 Patienten nach chirurgischen Darmeingriffen zurückbildeten, 9 Patienten wurden erfolgreich mit Steroiden behandelt.
Wegen der Gefahr eines Neovaskularisationsglaukoms bei retinaler Vaskulitis und Uveitis
ist eine strenge ophthalmologische Überwachung mit Augendruckkontrollen erforderlich
[77]. Bei der Behandlung mit Kortikosteroiden besteht die Gefahr der Drucksteigerung.
Eine Keratitis kann zu Hornhautverdünnungen mit zunehmendem Astigmatismus führen
[31]. Eine Hornhautperforation wurde mehrfach mitgeteilt [67, 87, 97], auch eine Skleromalacia perforans wurde beschrieben [100].
P Unter der lokalen und/oder
systemischen Behandlung mit
Kortikosteroiden besteht die Gefahr des
Kortison­glaukoms oder einer
Augeninfektion oder einer Katarakt.
Soukiasian et al. [90] behandelten Patienten mit anteriorer Uveitis, Episkleritis oder Skleritis
bei einer CED. Bei 6 von 7 Patienten war die Therapie mit systemisch verabreichten nichtsteroidalen Antiphlogistika erfolgreich. Eine systemische zytotoxische immunsuppressive
Therapie wurde bei zusätzlichen 7 Patienten durchgeführt. Azathioprin wirkte günstig
bei einer Skleritis, war jedoch weniger wirkungsvoll bei einer anterioren Uveitis, sodass
ein anderes zytotoxisches Medikament zusätzlich gegeben werden musste. Eine HLA-B27positive anteriore Uveitis war refraktär bei einer Kortikosteroidtherapie, sodass eine systemische zytotoxische Immunsuppression erforderlich wurde. Girardin et al. [33] berichteten über einen 17-jährigen Mann mit beidseitiger anteriorer Uveitis. Der Befund
besserte sich innerhalb weniger Tage durch steroidhaltige Augentropfen. Petrelli et al.
[66] behandelten eine 72-jährige Frau mit einer ulzerösen Keratitis und Skleritis erfolgreich
mit einer täglichen Dosis von 40 mg Prednison oral und 500 mg Sulfasalazin. Chaoui et
al. [11] teilten die Befundbesserung durch Kortikosteroide der anterioren Uveitis bei
3 Patienten mit: 2 Patienten wurden topisch behandelt, 1 Patient mit topischer und systemischer Therapie; jedoch entwickelte sich dabei ein Sekundärglaukom, sodass eine
drucksenkende Operation erforderlich wurde. Wirostko et al. [109] therapierten Patienten
mit einer Uveitis erfolgreich mit Kortikosteroiden und Rifampicin.
P Eine zytotoxische
Immunsuppressions­therapie
kann erforderlich sein.
5
Schwerer Verlauf eines Hornhautulkus
Spraul et al. [91] berichteten über den schweren Krankheitsverlauf bei einem Hornhautrandulkus eines 26-jährigen Patienten. Trotz immunsuppressiver Therapie mit Tacrolimus,
Azathioprin und Methylprednisolon verschlechterte sich der Hornhautbefund. Operative
Maßnahmen wie eine Amnionmembran- und eine Bindehautdeckung führten zu keiner
Besserung. Das Ulkus vergrößerte sich, die Sklera war zusätzlich betroffen, sodass schließlich eine Sklerokeratoplastik durchgeführt werden musste.
Behandlung mit Kortikosteroiden
Sharma & Maharajan [87] berichteten über die erfolgreiche systemische Prednisolonbehandlung bei progressiver Hornhautulkusbildung einer 75-jährigen Patientin mit M. Crohn.
Felekis et al. [27] behandelten 6 Patienten mit Kortikosteroiden über 5 Jahre. Die Patienten
blieben in diesem Zeitraum weiter steroidabhängig, bei einer täglichen Erhaltungsdosis
von 4 mg Methylprednisolon. Unter der Steroidbehandlung entwickelten die Patienten
eine Steroidkatarakt.
P Bei jahrelang bestehender Uveitis mit
einer Kortikosteroidbehandlung besteht
die Gefahr der Steroidkatarakt.
Erfolgreiche Behandlung mit unterschiedlichen Immunsuppressiva
Eine orbitale Myositis wurde erfolgreich mit Cyclophosphamid [15] oder systemisch mit
Prednison [69] oder Methylprednisolon und 6-Mercaptopurin behandelt [12].
Behandlungserfolge mit Anti-TNF-Therapien
Angioi et al. [2] therapierten erfolgreich ein Hornhautulkus mit Infliximab und zusätzlich
mit Azathioprin. Auch Pham et al. [67] stellten fest, dass durch Infliximab bei 6 Augen von
3 Patienten eine rasche, dramatische Besserung der Hornhautulzera eintrat. Die korneale
Entzündung mit Keratolyse und die Schmerzen bildeten sich zurück.
P Eine Anti-TNF-Therapie kann bei
Augenerkrankungen hilfreich sein, aber
Nebenwirkungen sind zu beachten.
Nebenwirkungen von Infliximab
Chan & Castellanos [10] berichteten über einen 68-jährigen Patienten mit M. Crohn, der
bei der dritten Infliximabinfusion eine Sehminderung beider Augen mit einer unteren
Gesichtsfeldeinschränkung erlitt. Stange [95] führte als Komplikationsmöglichkeiten von
Infliximab infektiöse und allergische Reaktionen an. Gefürchtet ist eine Tuberkulosereaktivierung. Das Risiko neoplastischer oder lymphoproliferativer Erkrankungen ist zu beachten. Es ist erforderlich, bei der Infliximabinfusionsbehandlung eine strenge Patientenüberwachung sicherzustellen. Eine opportunistische Infektion kann im Verlauf der
Behandlung eintreten. Eine sorgfältige Risiko-Nutzenabwägung ist vor Beginn einer
Behandlung erforderlich.
Kurz et al. [54] hoben die günstigen Behandlungsergebnisse mit Rituximab bei 2 Patienten mit einer Skleritis hervor und bei 2 Patienten mit einer orbitalen Entzündung, die eine
CED aufwiesen.
Paspatis et al. [65] therapierten eine 42-jährige Frau mit einer Crohnschen Erkrankung,
die auch ein Erythema nodosum und eine Arthropathie aufwies, mit Sulfasalazin, Azathioprin
und Steroiden. Nach Absetzen der Steroidbehandlung traten 2 Monate später Seh­störungen
infolge einer serösen Netzhautablösung auf. Ohne weitere Behandlung bildete sich die
Netzhautablösung spontan zurück. Mit der Fluoreszenzangiografie wurde ein Leck im
retinalen Pigmentepithel als Ursache der serösen Abhebung festgestellt.
P Zu beachten sind neoplastische und
lymphoproliferative Erkrankungen als
Risiko der Therapie.
6
ii. retinopathia Purtscher bei akuter Pankreatitis
1. Prognostische Bedeutung der Augenbefunde bei akuter nekrotisierender
Pankreatitis
Hollo et al. [126] stellten in einer prospektiven Studie eine Retinopathie bei 11 von 38 Patienten mit einer akuten nekrotisierenden Pankreatitis fest. Eine typische Retinopathie
wurde bei 7 von 10 Patienten mit einem multiplen Organversagen diagnostiziert. Die
Untersuchung des Augenhintergrunds ist deshalb von Bedeutung, um über die Prognose einer Pankreatitis eine Aussage treffen zu können.
P Die Augenhintergrunduntersuchung
ist bei einer Pankreatitis erforderlich.
2. retinopathia Purtscher durch die alkoholische akute Pankreatitis
Abb. 2
charakteristischer Befund einer retinopathia Purtscher mit cotton-Wool-Flecken, „PurtscherFlecken“ und Blutungen
Otmar Purtscher (1852–1927) berichtete erstmals [133, 134] über gelbweiße polygonale
Flecken der Retina (später als „Purtscher-Flecken“ benannt) und Cotton-Wool-Flecken mit
oder ohne intra- und präretinalen Blutungen und meistens hochgradiger Sehminderung
nach einem Thorax- und/oder Schädel-Hirn-Trauma. „Purtscher-Flecken“ befinden sich
zwischen den Netzhautgefäßen [114]. In zahlreichen Publikationen wurde mitgeteilt, dass
die Netzhauterkrankung, die von Purtscher nach einem Trauma beobachtet worden war,
auch bei einer Pankreatitis in gleicher Weise in Erscheinung treten kann. Trotz schwerer
initialer Netzhautschädigung ist die Visusprognose bei vielen Patienten nicht immer infaust, führt aber häufig zu einer bleibenden deutlichen Sehminderung [136]. Zur Pathogenese der Purtscher-Retinopathie wurde eine Mikroembolisierung angenommen, die
durch intravasale Koagulation und/oder Aggregation von Leukozyten oder Thrombozyten
bzw. durch Fibrinklümpchen entstanden war („Mikroinfarkt-Hypothese“). Die Mikroembolisierung in kleinen Gefäßen kann durch eine Aktivierung des Komplementsystems
mit C5a-induzierten Leukozytenaggregatformationen erklärt werden [114]. Diese Theorie
gilt sowohl für die posttraumatische Entstehung als auch für die Retinopathie bei
Pankreatitis. Eine ausführliche Übersicht zur Purtscher-Retinopathie wurde von Schmidt
[137] veröffentlicht.
Inkeles & Walsh [127] berichteten erstmals über den Netzhautbefund von 3 Patienten im
Alter von 40, 26 und 34 Jahren, die wenige Tage nach einer akut aufgetretenen, durch
Alkohol verursachten Pankreatitis das typische Bild einer Purtscher-Retinopathie aufwiesen. Der Netzhautbefund entsprach dem Befund einer posttraumatischen Retinopathie.
P Eine Purtscher­Retinopathie weist
zentral gelegene ischämische Netzhaut­
areale mit einem Netzhautödem,
Cotton­Wool­Flecken, Blutungen und
polygonal erscheinenden gelbweißen
Flecken auf.
7
Mitteilungen über retinopathia Purtscher bei alkoholischer akuter
Pankreatitis
Bhan et al. [115]; Ciortescu et al. [117]; Cohen et al. [118]; Devonport et al. [119]; Flaggl et al.
[120]; Flores et al. [121]; Fumex et al. [122]; Hackelbusch [123]; Haq et al. [124]; Hollo & Bobek
[125]; Inkeles & Walsh [127]; Jacob et al. [128]; Jones [129]; Kincaid et al. [130]; Lopez-Tizon
[131]; Mayer [132]; Sanders et al. [135]; Semlacher & Chan-Yan [138]; Sharma et al. [139]; Slater
et al. [140]; Tai et al. [142]; Umlas et al. [143]; Wells et al. [144]
Agrawal et al. [113] stellten die Befunde von 15 Patienten mit einer Purtscher-Retinopathie
zusammen. Die Befunde von 3 Patienten mit einer Retinopathie nach Pankreatitis wurden
mit denen von 12 Patienten nach Straßenunfällen verglichen. Der Visus von 2 Patienten
mit einer akuten Pankreatitis war auf Fingerzählen reduziert und blieb während der Beobachtungszeit von 6 Monaten unverändert bestehen. Bei einem 31-jährigen Mann
verschlechterte sich der Visus des rechten Auges von initial 6/18 (0,3) auf 6/60 (0,1), das
Sehvermögen des linken Auges besserte sich geringgradig vom Erkennen von Handbewegungen bis auf Fingerzählen. Das Sehvermögen der Patienten mit traumatisch bedingter Retinopathie besserte sich auch ohne Therapie bei etwa der Hälfte der Fälle.
P Eine Purtscher­Retinopathie ist bei
einer akuten Pankreatitis häufig
beschrieben worden.
Bhan et al. [115] stellten eine Purtscher-Retinopathie bei 2 Patienten und eine wahrscheinliche Retinopathie bei 1 von 26 Patienten mit einer Pankreatitis fest. Bei allen 3 Patienten
war der Netzhautbefund einseitig. Bonacin et al. [116] wiesen auf die vollständige Visuserholung einer 27-jährigen Frau mit einer akuten Pankreatitis hin.
Eine typische Purtscher-Retinopathie war nicht bei allen Patienten vorhanden. So berichteten Snady-McCoy & Morse [141] über eine Papillenschwellung, ein Netzhautödem,
Netzhautblutungen und Cotton-Wool-Flecken. Die Ursache der Pankreatitis mit einer
Purtscher-Retinitis wurde in einigen Publikationen nicht angegeben [116, 132, 152]. Es ist
anzunehmen, dass es sich dabei ebenfalls um eine alkoholische Pankreatitis handelte.
P Eine Retinopathia Purtscher kann
auch einseitig entstehen.
3. unterschiedliche ursachen einer Pankreatitis mit okulären Befunden
Die Entstehung der akuten Pankreatitis wird durch die zunächst auftretende intrazelluläre
Aktivierung des Pankreaszymogens, das zur Autodigestion des Pankreas führt, erklärt.
Das zuerst aktivierte Enzym ist Trypsinogen, eine Serinprotease; anschließend werden
andere digestive Proenzyme gespalten und aktiviert [148].
ursachen einer Pankreatitis mit okulären Befunden
Tab. 3
Autoren
Blodi et al. [150]
Danias et al. [151]
ursachen
Wochenbetterkrankung
Ahornsirup(harn)-Krankheit bei einem
7-jährigen Mädchen
Bailey & Poole [149]
Durch Gallensteine verursacht;
zusätzlich virusbedingt
Mudumbai & Bhandari [162]; Frieß et al. [154] Thrombotische Mikroangiopathie
Kir et al. [158]
Adenovirusinfektion
Eine durch Gallensteine hervorgerufene Pankreatitis führte bei einem 41-jährigen Mann
zu einer beidseitigen vorderen Uveitis. Außerdem entwickelte sich eine beidseitige
Fazialisparese sowie ein Adie-Syndrom. Es wurde eine Virusinfektion (vor allem Enteroviren) als Ursache der neurologischen Befunde und der Pankreatitis diskutiert [149]. Frieß
et al. [154] berichteten über die Mikroangiopathie, die am Augenhintergrund und an den
Beinarterien bei einem 40-jährigen Mann mit einer Pankreatitis nachweisbar war. Es
wurde die zusätzliche Diagnose einer abszedierenden Cholangitis mit einer Verbrauchskoagulopathie gestellt.
Ein 11-jähriger Junge erkrankte an einer rezidivierenden Pankreatitis ungeklärter Ursache
[147]. Er klagte über intermittierende Diplopie. Ein Horizontal- und ein Vertikalnystagmus
wurden festgestellt. Die Kernspintomografie zeigte ein beidseitiges Ödem des medialen
P Bei einer Pankreatitis sind neuro­
ophthalmologische Zeichen infolge
zerebraler Erkrankungen zu beachten.
P Ein Thiaminmangel kann zur
Wernicke­Enzephalopathie führen.
8
Thalamus zusammen mit geschwollenen Corpora mammillaria. Eine Wernicke-Enzephalopathie wurde aufgrund der bildgebenden Untersuchungsbefunde und des Nystagmus
diagnostiziert. Unter einer intravenösen Behandlung mit Thiamin und einem Vitamin-BKomplex bildeten sich alle pathologischen Veränderungen in kurzer Zeit zurück. Mudumbai
& Bhandari [162] berichteten über den Befund einer 18-jährigen Frau mit einer Pankreatitis und einer thrombotischen Mikroangiopathie, die 8 Tage lang bewusstlos war. Nach
dem Aufwachen wurden retinale Infarkte, eine Sehminderung und eine homonyme
Hemianopsie festgestellt. Im Kernspintomogramm zeigte sich ein hämorrhagischer Infarkt
im Bereich des Corpus geniculatum laterale. Mikrovaskuläre Infarkte wurden postuliert.
Mulholland et al. [163] stellten bei einem 14-jährigen Jungen, der an einer rezidivierenden
Pankreatitis mit einer entzündlichen Darmerkrankung litt, beidseitige sektorförmige
Gesichtsfeldausfälle infolge von Infarkten des Corpus geniculatum laterale fest.
4. Augenbefunde bei Autoimmunpankreatitis (AIP)
Okuläre Veränderungen bei einer Autoimmunpankreatitis
Waldram et al. [170]; Fukui et al.
[155]; Nishino et al. [164]; Kamisawa
et al. [157]; Rueda et al. [166]; Masaki
et al. [160]
Sjögren-Syndrom bzw. Hypolacrimie
Nishino et al. [164]
Tränendrüsenschwellungen, Hypolacrimie
Fonte et al. [153]
Einseitige Orbitopathie mit verdickten
Augenmuskeln
Roggin et al. [165]
Periokuläre Xanthogranulome mit Asthma
und atopischer Dermatitis bei lympho­
plasmazytärer sklerosierender Pankreatitis
Takuma et al. [169]
Augenlidschwellung mit Tränendrüsenver­
dickung, Protrusio bulbi mit Visusreduktion;
Bewegungseinschränkung eines Auges
Bei einem Sjögren-Syndrom entsteht eine Keratoconjunctivitis sicca, die zu erheblichen
Augenbeschwerden führen kann. Unter der Therapie mit Kortikosteroiden bildeten sich
die Augenveränderungen zurück [164, 165, 169].
Die erfolgreiche Therapie mit Rituximab eines Sjögren-Syndroms im Rahmen einer AIP
wurde von Rueda et al. [166] mitgeteilt. Die vorherige Behandlung mit Kortikosteroiden
war unzureichend.
Tab. 4
P Eine Autoimmunpankreatitis kann
zum Sjögren-Syndrom mit einer
Hypolacrimie, dem Krankheitsbild der
Keratoconjunctivitis sicca führen.
5. Berichte über Lipaemia retinalis bei Pankreatitis
Häufig wurde zusätzlich zur Pankreatitis ein Diabetes mellitus festgestellt.
Hyperlipoproteinämie bei Pankreatitis
Schmidt et al. [167]; Krist & Wenkel
[159]; Shah et al. [168]; Akritidis et al.
[145]; Horton & Thompson [156]
Ashraf et al. [146]
Tab. 5
Lipaemia retinalis
Arthritis, Speicheldrüsenentzündung,
Verdacht auf ein Sjögren-Syndrom
Ashraf et al. [146] berichteten über ein 9-jähriges Mädchen mit akuter Pankreatitis und
deutlich erhöhtem Triglyzeridtiter im Serum. 18 Monate später entwickelten sich eine
Arthritis und eine Speicheldrüsenentzündung mit Verdacht auf ein Sjögren-Syndrom.
Unter einer immunsuppressiven Behandlung besserten sich die Krankheitszeichen.
P Der eindrucksvolle Befund einer
Lipaemia retinalis ist bei einer
Pankreatitis mit einer
Hyperlipoproteinämie zu beachten.
9
III. Sehminderung bis zur Amaurose infolge starker Blutungen im MagenDarm-Trakt
Sehminderung bis zur Amaurose infolge starker Blutungen durch
Magen-Darmerkrankungen
Autoren
Caballero Presencia [174]; Hayreh [180];
Levatin [185]
Fikentscher [176]; Singer [190]; Pincus
[187]; Terson [191]; Lazaro et al. [184];
Rootman & Butler [188]
Grimminger [179]; Goerlitz [178];
Hollenhorst & Wagener [181]; Buffat
[173]; Hayreh [180]
Ballen et al. [172]
Organerkrankung
Peptisches Ulkus des Magen-Darm-Trakts
Chisholm [175]
Postoperativ nach Cholezystektomie
Johnson [182]
Gastritis
Schmidt & Neumann [189]
Gastritis
Tab. 6
P Häufigste Ursache einer Erblindung
sind Blutungen aus dem Magen-DarmTrakt.
Magengeschwür
Duodenalulkus
Sarkom des Dünndarms
Wilbrand & Saenger [193] wiesen darauf hin, dass nach starkem Blutverlust eine erhebliche
Sehminderung auftreten kann: „... ein Vorgang, der umso tragischer wirkt, als die Erblindung sehr rasch sich entwickelt und sehr häufig erst dann aufzutreten pflegt, wenn die
Kranken die sonstigen schweren Folgezustände des Blutverlusts meist schon überwunden haben.“ Hayreh [180] führte an, dass Sehstörungen nach starkem Blutverlust seit der
Zeit von Hippokrates bekannt sind. Die Sehminderung tritt im Allgemeinen mehrere Tage
nach der Blutung auf. Der Augenhintergrund zeigt typischerweise den Befund einer
anterioren ischämischen Optikusneuropathie (AION). Meistens sind beide Augen betroffen. Zusätzlich zur Anämie tritt eine arterielle Hypotonie ein, sodass hierdurch die Minderdurchblutung des Sehnervs und der Retina verstärkt wird.
Blutungen aus dem Magen-Darm-Trakt sind die häufigste Ursache einer Sehminderung
[171, 177].
P Starke Blutungen aus dem MagenDarm-Trakt können zur irreversiblen
Erblindung beider Augen führen. Der
Sehverlust tritt meistens mehrere Tage
nach dem Blutverlust auf!
Pears & Pickering [186] vermuteten ein Magen- oder Duodenalulkus ihres Patienten.
Klewin et al. [183] veröffentlichten die Sehminderung eines 57-jährigen Mannes, der
8 Acetylsalicylsäure-Tabletten wegen Beinschmerzen eingenommen hatte. 5 Tage später
traten Meläna und Hypotension auf.
Fries [177] stellte die Kasuistiken von früher publizierten Fallberichten von 96 Patienten
zusammen. Er fand, dass am häufigsten Blutungen aus dem Intestinaltrakt mit Seh­
störungen beobachtet worden waren; es waren 34 Patienten (35,4%). Unger [192] stellte
die publizierten Kasuistiken über Sehstörungen nach Blutverlusten aus dem Zeitraum
von 1641 bis 1953 zusammen. Er bezog sich bei den Fällen früherer Jahrhunderte auf die
von Fries (1876) im Anhang angegebenen Kasuistiken von 106 Patienten aus der Zeit von
1641 bis 1875 und stellte alle nachfolgenden Kasuistiken bis 1953 zusätzlich zusammen. Bei
insgesamt 268 Patienten traten am häufigsten Blutungen aus dem Magen-Darm-Trakt
auf, mit 112 Fällen (41,8%). Das durchschnittliche Alter der Patienten betrug 40 Jahre.
Zur Therapie ist es erforderlich Bluttransfusionen zu geben und frühzeitig die Hypotonie
durch kreislaufstabilisierende Maßnahmen zu behandeln.
P Nach einer stärkeren Blutung ist eine
umgehende Therapie erforderlich,
insbesondere bei Sehstörungen.
P Die Behandlung einer Hypotonie ist
frühzeitig zusätzlich zur Transfusions­
behandlung erforderlich.
10
Fallbeispiel: medikamentös ausgelöste gastritis mit Magenblutung
Die Einnahme von Acetylsalicylsäure (ASS) kann zur Magenschleimhautentzündung und
infolge der ätzenden Wirkung zu Magenblutungen führen.
Ein 34-jähriger Mann erlitt einen akuten beidseitigen Sehverlust nach der Einnahme einer
erhöhten ASS-Dosis wegen starker Zahnschmerzen. Es traten Hämatemesis und Teerstühle bei allgemeinem Schwächezustand auf. Am vierten Tag erlitt der Patient einen
massiven Sehverlust; das Sehvermögen war rechts auf 1/50, links auf Erkennen von
Handbewegungen reduziert. Die Gesichtsfelder zeigten stark eingeschränkte Außengrenzen mit einem Zentralskotom. Nur große Prüfmarken wurden noch erkannt. Das
linke Auge wies kleine retinale Blutungen und 2 Cotton-Wool-Flecken auf. Das Hämoglobin
war auf 7,1 g/dl und die Erythrozyten auf 1,61 Mio./µl reduziert. Der Patient wurde umgehend mit Bluttransfusionen behandelt. 3 Tage später hatte sich der Visus des rechten
Auges auf 0,6 gebessert, links auf 1/50, jedoch hatte sich das Gesichtsfeld nur geringfügig
verändert. Beide Augen wiesen in den nächsten Wochen eine Optikusatrophie auf. Die
Sehminderung bewirkte eine erhebliche bleibende Behinderung im täglichen Leben,
insbesondere im Beruf, auch mit einem Autofahrverbot [189].
P Beispiel einer schweren irreversiblen
Sehminderung nach einer
Magenblutung
B. hErEditÄrE ErkrAnkungEn
Familiäre adenomatöse Polyposis coli (FAP) und gardner-Syndrom
die kongenitale hypertrophie des retinalen Pigmentepithels (chrPE) als
biologischer Marker der adenomatösen Polyposis des dickdarms
Die familiäre adenomatöse Polyposis coli (FAP) stellt eine autosomal-dominant vererbte
Karzinomerkrankung dar, die durch Mutationen des APC-Gens hervorgerufen wird. Bereits
im Kindesalter bilden sich mehrere Hundert bis Tausend kolorektaler adenomatöser
Polypen, die als Präkanzerosen anzusehen sind. Es besteht eine 100%ige maligne Transformation eines oder mehrerer Polypen. Die Häufigkeit einer FAP liegt bei ca. 1:10.000 [211].
Das FAP-Gen mit tumorsupprimierender Funktion wurde auf dem langen Arm von
Chromosom 5 (5q21) identifiziert [205]. Bereits 1986 und 1987 wurde der Genort auf Chromosom 5 festgestellt [197, 201, 203]. Die Trias, bestehend aus Polyposis, multiplen Osteomen
und Epidermoidzysten, wurde als Gardner-Syndrom bezeichnet. Genetische Untersuchungen ergaben, dass das Gen für das Gardner-Syndrom im gleichen Chromosomenabschnitt wie das FAP-Gen liegt. Verschiedene Mutationen des gleichen Gens wurden
vermutet. Die FAP und das Gardner-Syndrom sind Varianten derselben autosomal-dominanten Entität, die durch die Polyposis mit Karzinomentstehung charakterisiert ist [210].
Blair & Trempe [196] berichteten erstmals über die kongenitale Hypertrophie des retinalen
Pigmentepithels (CHRPE) bei 3 betroffenen Angehörigen einer Familie mit einem GardnerSyndrom. Lyons et al. [204] fanden, dass der CHRPE-Phänotyp als wichtigster klinischer
Marker für ein Gardner-Syndrom anzusehen ist. Eine CHRPE wurde als phänotypischer
Marker für diese Krankheit durch nachfolgende Publikationen herausgestellt, insbesondere durch Romania et al. [206] und Traboulsi et al. [214, 215, 216, 218].
P Die kongenitale Hypertrophie des
retinalen Pigmentepithels (CHRPE) als
wichtiger klinischer Marker eines
Gardner­Syndroms
Die CHRPE wurde als Hamartom des retinalen Pigmentepithels angesehen [202]. Sie
wurde bei ca. 70% der Erkrankten mit einer FAP nachgewiesen [217]. Sommer et al. [211]
fanden in einer Stichprobe jedoch nur eine Häufigkeit von 45%, Rossato et al. [207] berichteten über eine Häufigkeit von 58,3%. Bei Verdacht auf eine FAP ist frühzeitig eine
Untersuchung des Augenhintergrunds zur Diagnosesicherung erforderlich. Die Untersuchung der Anlageträger ist entscheidend. Nachgewiesen wurde, dass eine Früherkennung von Anlageträgern nur dann zu erwarten ist, wenn der Indexpatient eine CHRPE
aufweist [211]. Die Untersuchung des Augenhintergrunds bei Patienten ergaben 4 unterschiedliche umschriebene kleine Netzhautbefunde: Tourino et al. [212] fanden durchschnittlich 11,9 retinale Flecke (zwischen 2 und 42 Flecke) pro Patient. Wenn 3 oder mehr
typische Läsionen festgestellt wurden, zeigte sich eine hohe Korrelation zu den intestinalen Polypen. Bei 83,3% der Patienten wiesen beide Augen Läsionen auf. Die meisten
Läsionen fanden sich in der Netzhautperipherie im Äquatorbereich der Retina [212].
11
Abb. 3
umschriebene Pigmentierung (chrPE) unterhalb eines retinalen gefäßes (Schmidt et al. 1994) [208]
Abb. 4
Schwarzer Fleck (chrPE) im temporal oberen netzhautbereich [208]
Die Fundusveränderungen von 9 Patienten mit einer FAP wurden wie folgt eingeteilt
[209]:
1. nach unterschiedlichen Fleckformen (ovale, runde, längliche, streifenförmige, keilförmige,
unregelmäßig geformte und honigwabenartige Konfiguration),
2. nach unterschiedlicher Ausprägung der Pigmentierung (vollständige bis fehlende
Pigmentierung, Depigmentierung und Teilpigmentierungen, punktförmige Pigmentierung sowie Pigmentierung mit schmalem hellem Hof ),
3. nach der Größe der Flecke,
4. nach der Lokalisation der Läsionen (in der Nachbarschaft von Netzhautgefäßen und
solche unabhängig von Gefäßen),
5. nach der Lokalisation in der mittleren und äußeren retinalen Peripherie (Äquatorbereich)
oder parazentral,
6. nach der unterschiedlichen Häufigkeit beider Augen oder einseitiger Befunde.
Umschriebene Netzhautläsionen treten auffällig häufig in der Nachbarschaft von retinalen Gefäßen auf [208, 213].
Traboulsi et al. [214] hatten die Größe der Flecke ausgemessen, sie betrug 0,1–1,0 eines
Papillendurchmessers (der durchschnittliche Papillendurchmesser beträgt 1,5 mm). In
einem Quadranten der Retina können zwischen 1 und bis zu 30 Flecke vorhanden sein.
Wenn mehrere derartige Netzhautläsionen oder mehr als 2 dieser typischen Flecke
nachweisbar sind, werden diese Veränderungen als pathognomonisch für eine adenomatöse Polyposis coli angesehen [195, 199].
P Netzhautflecke in größerer Zahl sind
als pathognomonisch für eine
adenomatöse Polyposis coli anzusehen.
12
Für das Auge geht von einer CHRPE im Allgemeinen keine Gefahr aus. Diese Flecke werden als harmlose Veränderungen angesehen. Extrem selten kann sich aber daraus ein
Adenokarzinom entwickeln [219]. Die Sehschärfe der Patienten mit einer CHRPE ist nicht
beeinträchtigt, sie kann lediglich bei einer Pigmentierung der Makula herabgesetzt sein,
was aber extrem selten vorkommt.
Derartige Flecke des Augenhintergrunds sind selten bei Normalpersonen gefunden
worden; dann sind sie ganz vereinzelt einseitig beobachtet worden und weisen einen
sehr kleinen Durchmesser auf. Die CHRPE wird zusammen mit dem FAP-Gen vererbt. Eine
CHRPE wurde schon bei 3 Säuglingen festgestellt [214]. Während einer fotografisch dokumentierten Serie im Verlauf von 3 Jahren wurden keine Veränderungen der Netzhautflecke beobachtet [198].
Zusätzlich zur CHRPE wurden bei gastrointestinaler Polyposis folgende extraintestinalen
Veränderungen angeführt: Osteome im Kieferbereich, periorale Pigmentierungen, multiple Epidermoidzysten, multiple Lipome, Talgdrüsenneoplasien sowie Hepatoblastome
und Medulloblastome [194].
P Die Netzhautflecke haben nahezu
immer keinen Einfluss auf das
Sehvermögen.
C. Karzinombedingte Erkrankungen
1. Augenkomplikationen durch Pankreaskarzinome
Nachtblindheit durch Vitamin-A-Mangel
Appaswamy et al. [222] stellten bei einer 72-jährigen Frau einen neuroendokrinen Tumor
des Pankreaskopfes fest. Der Tumor wurde operativ nur unvollständig entfernt. Die Patientin litt unter Nachtblindheit bei deutlich reduziertem Vitamin-A-Titer im Serum. Unter
den Vitamin-A-Injektionen bildete sich die Nachtblindheit zurück. Schönherr [249] berichtete über eine 24-jährige Frau mit Nachtblindheit, die im Alter von 15 Jahren an einem
Pankreaskarzinom erkrankt war. Der Tumor wurde reseziert und bestrahlt. Eine Leber­
metastase wurde nachgewiesen. Unter einer Vitamin-A-Behandlung bildete sich die
Nachtblindheit innerhalb 1 Woche zurück.
P Nachtblindheit durch
Vitamin-A-Mangel ist bei
einem Pankreaskarzinom frühzeitig
zu beachten.
Paraneoplastische Meningoenzephalitis durch ein Pankreas-Adenokarzinom
Aggarwal & Williams [220] berichteten über einen 70-jährigen Mann, der an einem
Pankreas-Adenokarzinom erkrankt war. Es entwickelte sich eine paraneoplastisch ver­
ursachte Meningoenzephalitis mit einem Opsoclonus sowie einer Abduzens- und
Fazialisparese.
P Paraneoplastisch hervorgerufene
neuro-ophthalmologische Befunde sind
zu beachten.
Purtscher-ähnliche Retinopathie durch ein Pankreas-Adenokarzinom
Tabandeh et al. [255] stellten Purtscher-ähnliche Netzhautveränderungen mit peri­papillären
gelb-weißen Flecken und oberflächlichen retinalen Blutungen einer 63-jährigen Frau fest,
die an einem Pankreas-Adenokarzinom erkrankt war.
Pankreasmetastase von einem Mammakarzinom
Anastasakis et al. [221] berichteten über eine 62-jährige Frau, die über eine Photophobie
berichtete. Der Visus war auf 0,6 reduziert. Im Elektroretinogramm (ERG) war eine deutliche Amplitudenreduktion der b-Welle nachweisbar. Die Patientin litt an einem metastasierenden Mammakarzinom. Metastasen zeigten sich im Pankreas und in der Lunge.
Unter einer Chemotherapie bildeten sich die Sehstörungen zurück.
13
Pankreasmetastase von einem okulären Melanom nach 28 Jahren
Vagefi et al. [256] stellten bei einer 57-jährigen Frau eine Pankreasmetastase fest. Wegen
eines Aderhautmelanoms war das kranke Auge im Jahre 1980 operativ bereits entfernt
worden.
P Eine Pankreasmetastase kann sich
noch Jahrzehnte nach einer
Malignomentfernung entwickeln.
Augen- oder Orbitametastase durch ein Pankreaskarzinom
Okuläre oder orbitale Metastasen eines Pankreaskarzinoms
Autoren
Sniderman [253]
Alter der
Patienten
(Jahre)
50 und 58
Van Buskirk [257]
34
Orbitale Metastasen eines PankreasAdenokarzinoms
Pankreas-Adenokarzinom
Ring [246]
61
Pankreaskarzinom
Solomon & Nickel [254]
73
Pankreas-Inselzellkarzinom
Goldberg et al. [232]
50
Pankreas-Adenokarzinom
Geetha et al. [231]
38
Pankreas-Adenokarzinom
Gotwald et al. [233]
53
Pankreas-Inselzellkarzinom
Diagnose
Lin et al. [236]
52 und 63
Pankreaskarzinome
Schmidt et al. [248]
47 und 62
Pankreaskarzinome
Nasser et al. [239]
Ling et al. [237]
72
18 und 37
Tab. 7
Pankreas-Adenokarzinom
Röttgen et al. [247]
32
Gastroenteropankreatische neuro­
endokrine Tumoren (Pankreas-Inselzell­
karzinom), Von-Hippel-Lindau-Syndrom
Neuroendokrines Karzinom des Pankreas
Foo et al. [229]
71
Pankreas-Adenokarzinom
Wray et al. [258]
65
Endokrines Karzinom des Pankreas
18 Kasuistiken
Durchschnittlich
52 (18–73)
Pankreaskarzinom ohne weitere
Angaben: 5
Pankreas-Adenokarzinom: 7
Pankreas-Inselzellkarzinom: 6
Hart [234] stellte fest, dass von 133 Karzinommetastasen in das Auge und/oder in die
Augenadnexe nur bei 1 Patienten ein Pankreastumor (0,75%) beobachtet wurde. Solomon
& Nickel [254] berichteten über das Pankreas-Inselzellkarzinom mit zahlreichen Meta­stasen
in mehreren Organen. Die Patientin bemerkte eine plötzliche Sehminderung beider
Augen mit einem Visusabfall auf 0,1. Es bestand eine bitemporale Hemianopsie. In beiden
Augen zeigten sich Metastasen in der Chorioidea und im Ziliarkörper.
Ring [246] beschrieb die intraokulären Pankreas-Karzinommetastasen im Sehnervenbereich
sowie in der Chorioidea, im Ziliarkörper und in der Iris einer 61-jährigen Frau. Goldberg
et al. [232] beschrieben eine schmerzhafte orbitale Zellulitis bei einer 50-jährigen Frau.
Die Biopsie zeigte eine Adenokarzinom-Metastase infolge eines Pankreastumors. Röttgen
et al. [247] fanden bei einem 32-jährigen Patienten mit einem neuroendokrinen Karzinom
des Pankreas eine Augenmuskelmetastase. Wray et al. [258] stellten bei einer 65-jährigen
Frau einen Upbeat-Nystagmus und dysmetrische Sakkaden infolge eines endokrinen
Neoplasmas des Pankreas fest. Schmidt et al. [248] berichteten über eine 62-jährige Frau
und einen 47-jährigen Mann, die an einem metastasierenden Pankreaskarzinom erkrankt
waren. Beide Patienten wiesen Cotton-Wool-Flecken der Retina als Zeichen einer retinalen Ischämie auf (Abb. 5, 6). Es bestanden keine Hypertonie und kein Diabetes mellitus.
Bei dem 47-jährigen Mann wurde eine Aderhautmetastase des rechten Auges gefunden.
P Unterschiedliche Pankreaskarzinome
können zu Metastasen in das Auge oder
in die Orbita führen. Die Retina kann
ischämische Zeichen aufweisen.
14
Episkleritis als nebenwirkung von Erlotinib
Shahrokni et al. [251] berichteten über eine 55-jährige Frau, die wegen eines Pankreaskarzinoms mit Erlotinib (Anilinoquinazolin) behandelt wurde. Nach 17 Tagen entstand
eine Episkleritis, die sich nach Absetzen des Medikaments zurückbildete.
Paraneoplastische Augenkomplikation eines Pankreasmalignoms
Die bilaterale diffuse uveale melanozytäre Proliferation (BDUMP) wurde als eine paraneoplastische Erkrankung bei malignen Tumoren beschrieben, die zur beidseitigen Erblindung
führt. O’Neal et al. [242] berichteten über einen 64-jährigen Mann mit einer beidseitigen
Sehminderung, der ein Pankreas-Adenokarzinom aufwies.
P Paraneoplastisch hervorgerufene
Augenschäden sind zu beachten.
Abb. 5
rechtes Auge: Mehrere cotton-Wool-Flecken der retina oberhalb der Makula und am unteren
temporalen gefäßbogen einer 62-jährigen Frau mit einem metastasierenden Pankreaskarzinom
[248]
Abb. 6
48-jähriger Mann mit Pankreaskarzinom, einem retinalen cotton-Wool-Fleck und einer
chorioidalen Metastase (großes umschriebenes helles Areal) [248]
15
2. Okuläre und orbitale Metastasen durch Tumoren des Magen-DarmTrakts
Okuläre oder orbitale Metastasen eines Karzinoms des Magen-Darm-Trakts
Autoren
Arisawa [223]
Alter der Patienten (Jahre)
72
Diagnose
Rektumkarzinom
Magnus [238]
33
Magenkarzinom
Reese [244]
70
Magenkarzinom
Niessen [241]
55
Magenkarzinom
Richards [245]
71
Rektumkarzinom
Keine Angaben
Magenkarzinom
40
Magenkarzinom
Ossoinig [243]
62 und 56
Darmkarzinome
Seretan [250]
33
Magenkarzinom
Castro [225]
70
Malignes Hepatom
Karnad et al. [235]
65
Magenkarzinom
Hart [234]
Chatterjee & Deb [226]
11 Kasuistiken
Durchschnittlich 57 (33–72)
P Malignome des Magen-Darm-Trakts
können zu intraokulären oder zu
orbitalen Metastasen führen.
Tab. 8
Magenkarzinom: 7
Darmkarzinom: 2
Rektumkarzinom: 2
Malignes Hepatom: 1
Font & Ferry [228] stellten die Befunde von 28 Patienten mit orbitalen Metastasen zusammen. Folgende Krankheitszeichen wurden mitgeteilt: Exophthalmus, Schmerzen, Sehminderung, periorbitale Schwellung, Ophthalmoplegie mit Diplopie.
Okuläre oder orbitale Metastasen eines Karzinoms des Magen-Darm-Trakts
aus Übersichtsarbeiten
Autoren
Anzahl der unter­
suchten Patienten mit
Karzinomen
Hart [234]
133
Anzahl der Patienten mit
Augenmetastasen von
Karzinomen des MagenDarm-Trakts
1 Magenkarzinom (0,75%)
Bloch & Gartner [224]
36
1 Kolonkarzinom (2,8%)
Nelson et al. [240]
24
1 Kolonkarzinom (4,2%)
Ferry & Font [227]
227
Font & Ferry [228]
28 orbitale Metastasen
2 Pankreaskarzinome (0,9%)
2 Kolonkarzinome
2 Rektumkarzinome
1 Magenkarzinom (0,4%)
1 Ileumkarzinom (3,6%)
1 Pankreaskarzinom
4 Kolonkarzinome (3,6%)
1 Magenkarzinom (0,9%)
18 Karzinome (4,3%) des
Gastrointestinaltrakts
Freedman & Folk [230]
Shields et al. [252]
112
420 uveale Metastasen
Eine Orbitametastase kann gelegentlich vor dem Nachweis eines Primärtumors festgestellt
werden. In dieser Situation ist es Aufgabe des Ophthalmologen eine Tumorsuche durch
den Internisten zu veranlassen. So berichtete Niessen [241] über eine Orbitametastase
mit histologischem Nachweis eines „szirrhösen“ Karzinoms; erst später wurde ein Magenkarzinom diagnostiziert.
Tab. 9
P Eine Orbitametastase kann in
seltenen Fällen das erste Zeichen eines
noch nicht diagnostizierten Malignoms
des Magen-Darm-Trakts sein.
16
Bloch & Gartner [224] untersuchten die Augen von 230 an Karzinomen verstorbenen
Menschen. Bei 28 Toten (12%) zeigten sich Metastasen in den Augen und/oder der Orbita.
Bei 9 Verstorbenen mit einem Pankreaskarzinom waren keine Metastasen in den Augen
oder der Orbita festzustellen. Bei 36 an einem Kolonkarzinom Verstorbenen fand sich bei
1 Toten eine okuläre und orbitale Metastase. Nelson et al. [240] untersuchten 716 Augen
von an malignen Tumoren Verstorbenen. Bei 52 Toten wurden okuläre Metastasen gefunden. Bei 24 an einem Pankreastumor verstorbenen Menschen war keine okuläre
Metastase nachzuweisen. Bei 24 an einem Kolonkarzinom verstorbenen Menschen
zeigte sich bei 1 Toten eine okuläre Metastase. Shields et al. [252] veröffentlichten eine
Übersicht von insgesamt 950 uvealen Metastasen in 520 Augen von 420 Patienten. Am
häufigsten wurden Metastasen eines Mammakarzinoms, weniger häufig eines Lungenkarzinoms festgestellt. Bei 18 der 420 Patienten (4,3%) lag ein Karzinom des Gastrointestinaltrakts vor.
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Cotton-wool spots associated with pancreatic carcinoma.
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Zusätzliche Literaturangaben beim Verfasser:
E-Mail: [email protected]
20
Fragen zu Augenkomplikationen bei
gastrointestinalen Krankheiten
Frage 1:
Ein Patient mit Colitis ulcerosa berichtet über vermehrte
Blendungsempfindlichkeit. Was kann vorliegen?
EE
EE
EE
EE
EE
a) Ein Begleitschielen
b) Eine Keratitis
c) Eine Konjunktivitis
Alle Antworten sind richtig
Nur b und c sind richtig
Frage 2:
Ein Patient mit einem roten Auge ist an einem Morbus Crohn
erkrankt. Was kann vorliegen?
EE
EE
EE
EE
EE
Ein Enophthalmus
Eine Hypolacrimie
Ein Adie-Syndrom
Eine bandförmige Hornhautdegeneration
Eine myasthenische Augenmuskelparese
Frage 3:
Zu welchen Nebenwirkungen kann eine Kortikosteroidbehandlung
des Auges führen?
EE
EE
EE
EE
EE
Falk
Gastro-Kolleg
Gesamter
GI-Trakt
Bitte beachten Sie:
Bei der Beantwortung der Fragen
ist immer nur 1 Antwort möglich.
Die Beantwortung der Fragen und
Erlangung des Fortbildungszertifikats
ist nur online möglich.
Bitte gehen Sie dazu auf unsere Homepage
www.falkfoundation.de.
Unter dem Menüpunkt Falk Gastro-Kolleg
können Sie sich anmelden und die Fragen
beantworten.
Bitte diesen Fragebogen nicht
per Post oder Fax schicken!
Zur Ptose des Oberlids
Zum Astigmatismus
Zum Glaukom
Zur Netzhautablösung
Zum Nystagmus
Frage 4:
Was wird unter einer Purtscher-Retinopathie verstanden?
EE
EE
EE
EE
EE
Ein Netzhautriss
Eine Retinoschisis
Eine Ansammlung von Netzhautdrusen
Eine ischämische Netzhauterkrankung
Eine retinale Teleangiektasie
Frage 5:
Zu welchen Augenveränderungen können orbitale Metastasen
eines Pankreaskarzinoms führen?
EE
EE
EE
EE
EE
Zur gittrigen Hornhautdystrophie
Zur Synchisis scintillans (Asteroide Hyalose)
Zum Papillenkolobom
Zur Drusenpapille
Zu Augenmuskellähmungen
Wichtig:
Fragebeantwortung unter
www.falkfoundation.de
Falk Gastro-Kolleg
21
Frage 6:
Zu welchen Veränderungen kann ein Vitamin-A-Mangel am Auge
führen?
EE
EE
EE
EE
EE
Zur Deuteranopie
Zur Presbyopie
Zur Nachtblindheit
Zur retinalen Vaskulitis
Zur Pupillotonie
Falk
Gastro-Kolleg
Gesamter
GI-Trakt
Frage 7:
Welche Antwort ist richtig? Eine kongenitale Hypertrophie des
retinalen Pigmentepithels tritt auf
EE
EE
EE
EE
EE
bei der altersbedingten Makuladegeneration
bei der familiären adenomatösen Polyposis coli
typischerweise beim Fundus hypertonicus
nach einer Bulbuskontusion
beim Horner-Syndrom
Frage 8:
Zu welcher Augenveränderung kann ein starker Blutverlust durch
ein Ulcus duodeni führen?
EE
EE
EE
EE
EE
Zur Linsenluxation
Zum Sekundärglaukom
Zur anterioren ischämischen Optikusneuropathie (AION)
Zur hinteren Glaskörperablösung
Zur Atrophia gyrata
Frage 9:
Welche Antwort ist richtig? Eine Erblindung bei einer Colitis
ulcerosa kann bedingt sein durch
EE
EE
EE
EE
EE
eine Iridozyklitis mit einem Sekundärglaukom
eine okuläre Myositis
Hämangioblastome der Retina
einen Strabismus
ein Duane-Syndrom
Frage 10:
Zu welchen Augenveränderungen kann eine intraokuläre
Metastase eines Pankreaskarzinoms führen?
EE
EE
EE
EE
EE
Zum Keratoglobus
Zum Glaukom
Zu Drusen der Makula
Zur Pinguecula
Zum Morbus Stargardt
22
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