Tscheulin

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Personzentrierte Beratung und
Erfahrungstherapie:
Modelle, Prozesse und Effekte
Dieter A. Tscheulin
Kapitel 1:
Leitbilder und Grundmodelle:
Gemeinsame Faktoren in verschiedenen
Psychotherapieformen
WS 2002-03
Tscheulin, Kap.1: Grundmodelle
2
Vorweg:
•
Abstraktionssufen von unten nach oben:
– Mach es SO; Zielgerichtetes Verhalten, z.B. „Interpretieren“
– WIE; Beschreibung des Prinzips, z.B. „Lernen“, „Einsicht“
– WARUM Prinzip wirkt, z.B. „Aufhebung von Inkongruenz“
•
WIE ist immer schulenspezifisch - und so erscheint es wie eine
Erklärung (als WARUM)
•
Vergleichbarkeit der Schulen bezüglich Effektivität
•
Deshalb Gedanke von „gemeinsamen Heilfaktoren“, „common
factors“ seit dem 50iger Jahren; so entstand Leitbild
„Einheitsmodell“
•
Beispiel Yalom
WS 2002-03
Tscheulin, Kap.1: Grundmodelle
3
Tabelle 1: Die Heilfaktoren in der Gruppenpsychotherapie
Yalom (1974)
1. Interpersonales Lernen "input"
2. Katharsis
3. Kohäsion
4. "Einsicht"
10. Wiederbeleben der Familie
Eckert et al. (1981)
2. Lernen durch Feedback von anderen
1. Erfahren von Offenheit; Selbstöffnung Kln
3. Erfahren von Kohäsion und
6. Erfahren von Interesse an Kohäsion
4. Einsicht in altbekannte Konflikte und
Wiedererleben der Familie
5. Interpersonales Lernen "output" 11. Lernen aus Kontaktaufnahme und Leid
6. Existentielles Bewusstwerden
5. Akzeptieren von Eigenverantwortlichkeit
und Eigenständigkeit
7. Universalität des Leidens
10. Erkennen der Universalität von Konflikten
8. Einflößen von Hoffnung
8. Entwicklung von Hoffnung durch
9. Altruismus
Wahrnehmung von Veränderung
11. Anleitung
9. Erleben altruistischer Fähigkeiten u.
12. Identifikation
eigener Bedeutsamkeit für andere
7. Lernen von anderen durch Ratschläge
und Beziehungsreflektion
12. Identifikation (Selbsterleben durch
Abgrenzung u.Identifikation)
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Tscheulin, Kap.1: Grundmodelle
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Tabelle 1: Die Heilfaktoren in der Gruppenpsychotherapie
Yalom (1974)
1. Interpersonales Lernen "input"
2. Katharsis
3. Kohäsion
4. "Einsicht"
10. Wiederbeleben der Familie
Eckert et al. (1981)
2. Lernen durch Feedback von anderen
1. Erfahren von Offenheit; Selbstöffnung Kln
3. Erfahren von Kohäsion und
6. Erfahren von Interesse an Kohäsion
4. Einsicht in altbekannte Konflikte und
Wiedererleben der Familie
5. Interpersonales Lernen "output" 11. Lernen aus Kontaktaufnahme und Leid
6. Existentielles Bewusstwerden
5. Akzeptieren von Eigenverantwortlichkeit
und Eigenständigkeit
7. Universalität des Leidens
Tscheulin (2001)
1.
2.
3.
4.
WS 2002-03
Verstehen der eigenen Lebensgeschichte
Selbstöffnung und Selbstakzeptanz
Erleben von Gemeinschaft und Geborgenheit
Zwischenmenschliche Unterstützung
Tscheulin, Kap.1: Grundmodelle
5
Und weiter vorweg zu bedenken:
•
Einheits- und Differenzielles Modell
•
Wider die Begriffe „Placebo“ und „unspezifisch“
– Placebo = „therapeutisch unwirksam im Sinne der
Therapietheorie“
– Folge lt. Critelli & Neumann: „that virtually every currently
established psychotherapy would be considered inert, and
therefore a placebo, from the viewpoint of other established
theory of cure“
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Tscheulin, Kap.1: Grundmodelle
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Das katalytische Modell
•
•
•
•
Katalytisch: Der therapeutischer Faktor löst einen grundsätzlich
(von Natur aus) immer möglichen Prozess aus, ohne selber Art
und Richtung des Prozesses zu beeinflussen.
Dieses Modell liegt z.B. der Position von C.R. Rogers zugrunde.
Die speziellen Techniken einzelner Therapieschulen werden als
irrelevant angesehen.
Therapeutisch wirksam ist die Art der Beziehung: Wenn in ihr
bestimmte Bedingungen erfüllt sind, dann werden im Klienten die
Veränderungsprozesse ausgelöst, die erfolgreiche klinischpsychologische Behandlungen kennzeichnen.
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Tscheulin, Kap.1: Grundmodelle
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Carl R. Rogers
*ÿ8. 1. 1902 in Oak Park (Illinois), ù4. 2. 1987 in La Jolla bei San Diego (California)
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Bedingungen einer therapeutischen Beziehung:
1. Erleben und Verhalten des Therapeuten im Beziehungsverhältnis
sind kongruent und in der Person als Ganzheit integriert
(Selbstkongruenz des Therapeuten).
2. Der Therapeut erlebt eine warme, positive und akzeptierende
Einstellung zum Klienten, ohne dass dies davon abhängig ist, dass
der Klient sich in einer bestimmten Weise verhält oder erlebt (nonpossessive Wertschätzung des Therapeuten für den Klienten).
3. Der Therapeut ist fähig, sich in die Eigenart der Wahrnehmung
und des Erlebens des Klienten richtig einzufühlen und ihm dies
mitzuteilen (einfühlendes Verstehen/Empathie).
4. Der Klient ist in ausreichendem Maße fähig, die Selbstkongruenz,
die Wertschätzung und die Empathie des Therapeuten
wahrzunehmen (Klienteneignung).
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Das dynamische oder Aktivations-Modell
•
•
•
•
"Dynamisch" oder "Aktivation": Psychotherapie kann einen von
Natur aus möglichen Prozess aktivieren und beschleunigen.
Dieses Modell liegt vor allem der Position und Forschung von J.D.
Frank und seinen Mitarbeitern zugrunde.
Der therapeutischen Beziehung wird eine größere Bedeutung als
den Techniken zugesprochen wird.
Therapeutisch wirksam:
–
–
–
–
Die therapeutische Beziehung
Die therapeutische Situation (setting)
Das therapeutische Konzept
Das therapeutische Verfahren ("Ritual")3
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Funktionen der therapeutischen Bestandteile
(nach dem dynamischen Modell):
1. Die therapeutische Beziehung
– Stellt eine stark emotionale Erfahrung dar
– In ihr wird die Hilfe bietende Person als kompetent und bereit zum
Helfen erlebt
– Erwartungen der Klienten werden aktiviert, soziale Lernprozesse
angeregt
2. Die therapeutische Situation (setting)
– "Disziplin"; "Heilsymbole"
– Schafft die Sicherheitsgrundlage, die Klienten zur
Auseinandersetzung mit ihren Problemen brauchen.
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Weiter (Funktionen d. th. Bestandteile lt. dyn.Modell):
3. Das therapeutische Konzept
– Benennung und Erklärung der quälenden Zustände und
Verhaltensweisen
– Es verschafft Klienten und Therapeuten ebenfalls Sicherheit und gibt
das Gefühl der Kontrolle über Schwierigkeiten
– Passung zwischen Therapeut und Klient, zwischen Therapieform und
herrschenden Überzeugungen der Gesellschaft
4. Das therapeutische Verfahren (oder das "Ritual")
– Sowohl Vehikel als auch Rechtfertigung für die Aufrechterhaltung der
Beziehung
– Gibt Möglichkeit, neue Verhaltensweisen auszuprobieren und durch
Wiederholung Angst abzubauen
– Gibt Rechtfertigung, die Symptome aufzugeben, ohne das Gesicht zu
verlieren
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Subjektive und objektive Erfolgseinschätzung
Howard et al. (1986): N=148
Patienten (Einzeltherapie); (a)
objektive Erfolgs-Ratings
durch Forscher nach
Therapieende (lt. Akten); (b)
subjektive Ratings während
Therapie (lt. Stundenbogen):
„Es scheint, dass die Patienten früh im Therapieprozess,
noch bevor sie gebessert
erscheinen, sich schon
besser fühlen. Später scheint
die subjektive Veränderung
hinter der Verbesserung ihres
klinischen Zustandes her zu
hinken.“
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Behandlungsdauer und Effektivität:
Für die
Verbesserung der
sozialen
Effektivität oder
des
beobachtbaren
psychischen
Zustandes, ist
das Ausmaß des
Kontaktes mit
dem Therapeuten
ausschlaggebend
.
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Das technologische Modell
•
•
•
•
Technologisch: Herstellung eines Veränderungs-Prozesses auf
Grund von Wissen über diesen Prozess und der Fähigkeit, dieses
Wissen geschickt einzusetzen
Dieses Modell liegt den Positionen und Forschungen zugrunde von:
– Strupp, Bergin, Garfield u.a. eklektisch orientierten Thn.
– Haley, Watzlawick u.a.
– Bastine, Beutler, Egan, Reisman, Woody, u.a.
Psychotherapie ist "Technologie für Persönlichkeits- und
Verhaltensänderung" (Strupp) oder "Strategie" (Haley) mit
spezifischen Techniken für spezifische Ziele
Der instrumental wirksame Beitrag des Therapeuten ist
technischer, aber auch persönlicher Natur.
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Die instrumentell wirksamen Grundelemente:
Grundelement 1: Die therapeutische Beziehung.
– Dient als Basis für therapeutisches Lernen und Beeinflussung (ähnlich der
Eltern-Kind-Beziehung)
– Ist als Wirkfaktor "unspezifisch"
Grundelement 2: Therapeutische Techniken.
– Sie werden als die eigentlich wirksamen Instrumente angesehen
– Sie müssen geschickt und sorgfältig gehandhabt werden
– Es müssen in jeder Therapieform mindestens eine der folgenden Techniken
vorkommen:
•
•
•
•
•
Suggestion und Überredung
Ermöglichung offener Kommunikation und Selbst-Exploration
Benennung, Identifikation und Interpretation von sog."unbewusstem Material"
Bereitstellen von Verhaltens- und Einstellungsmodellen zur Nachahmung
Manipulation von Belohnungen
Grundelement 3: Klienteneigenschaften.
– Der Klient muss fähig und bereit sein, von der therapeutischen Erfahrung zu
profitieren
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Erklärungskonzept von J. Haley, 1963/1978:
„Gemeinsamer Nenner Interaktion,
Strategien der Psychotherapie“
• Es ist die Interaktion selbst, die Veränderungen
bewirkt (und nicht ein Einzelbestandteil von
dieser).
• Entscheidend ist, wer Kontrolle in dieser und
über diese Interaktion ausübt.
• Jedes der Grundelemente kann unter dem
Aspekt der Kontrolle gesehen werden:
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Vorwort (Beginn)
Jay Haley ist seiner Ausbildung nach weder Psychiater noch Psychoanalytiker noch
klinischer Psychologe. Es wird daher vielen Psychotherapeuten schwer fallen, ihre
Vorurteile gegen die Unetikettierbaren (bzw. Unberührbaren) zu überwinden und
dieses Werk mit der speziellen Mischung aus Skepsis und Neugier zu lesen, die aufbringen
muss, wer etwas Neues lernen will.
Haley ist Kommunikationsanalytiker, und er hat mehr als seine Vorgänger die
Erkenntnisse der Kommunikationsanalyse dazu herangezogen, in den verschiedenen
Methoden der Psychotherapie einen gemeinsamen Faktor zu entdecken und
therapeutische Interventionen zu entwickeln, die erstaunlich wirksam sein können. Ihn
beschäftigt sowohl die Notwendigkeit, einen effizienten und ökonomischen Ansatz zur
Lösung emotionaler Probleme zu finden und gleichzeitig ein deskriptives System
auszuarbeiten, das alle Personen mit einbezieht, die zentrale oder periphere Rollen in
einem pathologischen System spielen. Für diejenigen Leser, die den Verfasser nicht
kennen, sei hervorgehoben, dass Haley auf dem Gebiet, das er behandelt, über
bedeutende Erfahrung verfügt. [...] Jackson in Haley (1963/1978), S.7
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Grundelement 3: Klienten-Fähigkeit und
Bereitschaft von Therapie zu profitieren
• Mit den Symptomen kontrollieren Klienten auch die
therapeutische Beziehung (Symptom = Kontrolle
über Beziehung)
– Beispiele: „hysterische“ Kopfschmerzen verhindern
bestimmte Aktivitäten
– Bindung durch depressive Hilflosigkeit
– Meiden bestimmter Erfahrungen mit Phobien
• Geeignete Klienten haben es leichter (sind schneller
fähig), ihre Kontrolle über Beziehung mittels
Symptomatik aufzugeben
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Tscheulin, Kap.1: Grundmodelle
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Grundelement 2 : Therapeutische Techniken
unter Aspekt der Kontrolle
• Die psychische Störung (das pathologische Symptom) ist
im Wesentlichen ein Paradox: Kontrolle der Umwelt und
Überzeugung, dies nicht zu tun
• Pthn. begegnen diesem psychonoxischen Paradox so,
dass Patienten diese Art der Kontrolle unmöglich ist.
• Alle Techniken dienen diesem Ziel in inhaltlich zwar
unterschiedlicher, der formalen Struktur nach aber in
gleicher Weise (therapeutisches Paradox) - Beispiele • Psychotherapeutische Veränderung heißt Aufhebung des
psychonoxischen Paradox (= Symptom) durch ein
psychotherapeutisches Paradox (= Technik).
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Grundelement 1: Therapeutische Beziehung
unter Aspekt der Kontrolle
• Patienten können sich der Situation nicht entziehen
• Diese hat einen hohen Grad der Lebenswichtigkeit
(ähnlich der Eltern-Kind-Beziehung) und ist mit positiven
Erwartungen verbunden
• Die behaviorale Interaktion berücksichtigt sowohl
– die Dimensionen Autonomie-Unterwürfigkeit und
Zuneigung-Ablehnung, als auch
– die Dimensionen Verantwortlichkeit und Initiative. Und:
– Die therapeutische Kontrolle der Interaktion ist eine
„Sorgfältige und geschickte Handhabung der
Transaktionen“
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Zieldefinition
für das technologische Modell:
Die “sorgfältige und geschickte Handhabung der Transaktionen” muss
verstanden werden als:
„most unique vehicle for the development of self-identity,
self-direction, autonomy, and independence“ (Strupp, 1973)
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