Komplexometrische Titrationen (Chelatometrie) Na2H2Y = 2 Na+ +

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Komplexometrische Titrationen (Chelatometrie)
Die Komplexometrie oder Chelatometrie verwendet mehrzähnige Liganden als Titratoren und
ermöglicht die maßanalytische Bestimmung einer Vielzahl mehrwertiger Kationen. (Komplexe mit
Liganden, die zwei oder mehrere Koordinationsstellen am Zentralatom besetzen, werden als
Chelatkomplexe bezeichnet.) Sie beruht auf der Bildung stöchiometrisch einheitlicher, praktisch
undissoziierter und wasserlöslicher Chelatkomplexe. Die Menge an zugesetzten Liganden wird
volumetrisch bestimmt. Besonders die Polifunktionsverbindungen entsprechen den erwähnten
Bedingungen. Als Chelatbildner werden Anionen von Aminopolycarbonsäuren angewendet. Die
größte Bedeutung als Titrator komplexometrische Titrationen besitzt die vierbasige
Ethylendiamintetraessigsäure (EDTA=H4Y),
HOOC
HOOC
H2C
H2C
N CH2
CH2
N
CH2
COOH
CH2
COOH
Da die Wasserlöslichkeit der freien Säure relativ gering ist wird bevorzugt das Dinatriumedetat
(=Na2H2Y) als Maßlösung verwendet. Dinatriumedetat dissoziiert in wässriger Lösung
überwiegend nach:
Na2H2Y = 2 Na+ + H2Y2–
EDTA bildet als sechszäniger Ligand mit Metallionen unabhängig von der Ladung des
Zentralatoms immer 1:1 Komplexe mit fünfgliederigen Chelatringen. Bei der in einem Schritt
erfolgenden Komplexbildung, die mit einem hohen Entropieeffekt verbunden ist, fungieren die
beiden Stickstoffatome und 4 Sauerstoffatome der Carboxylgruppen als Koordinationspartner
(„Liganden“). Wie die Abbildung veranschaulicht ist in den Metall-EDTA-Komplexen das Metallion
pseudooktaedrisch von 2 N- und 4 O-Atomen umgeben:
O
C
O
O
CH2
C
CH2
O
N
Me2+
CH2
O
N
C
O
CH2
O
C
O
CH2
CH2
Die Reaktion zweiwertiger Metallionen mit Dinatriumedetat können in neutraler Lösung in Kurzform
beschrieben werden durch:
Me2+ + H2Y2–
[MeY]2– + 2 H+
Da mit steigender Protonenkonzentration die Beständigkeit der gebildeten Komplexe abnimmt (und
weil viele metallspezifische Indikatoren auch pH-empfindlich sind), muss bei der Chelatometrie zur
Verschiebung des Gleichgewichts zur Produktseite hin stets in neutralen oder basischen Milieu,
meist in gepufferter Lösung, titriert werden. (In saurer Lösung verschieben die Protonen das
Gleichgewicht nach links.)
Komplexbeständigkeit
Das Massenwirkungsgesetz kann auf die Komplexbildungsreaktion angewendet werden:
Assoziation
Me
x+
4–
(MeY)x-4
+Y
Dissoziation
Die Beständigkeit eines Komplexes wird mit der Stabilitätskonstante charakterisiert:
[(MeY)x-4]
Kstab= ———————
[ Mex+] × [Y4–]
Je größer der Wert Kstab ist, desto stabiler ist der Komplex.
Ähnlich wie bei der Neutralisationsanalyse können auch in der Komplexometrie Titrationskurven
konstruiert werden. Trägt man die pMe-Werte (=-lg[Me]) gegen den jeweiligen Titrationsgrad in ein
Koordinationskreutz ein, erhält man die Titrationskurven (s. Abbildung).
Indizierungsmöglichkeiten
Meist verwendet man in der Chelatometrie sog. Metallindikatoren. Diese Indikatoren bilden mit den
zu bestimmenden Metallionen ebenfalls Chelatkomplexe. Sie sind jedoch weniger stabil als die
Komplexe der Metallionen mit den Edetatliganden. Am Äquivalenzpunkt liegen die freien Indikator
Molekülen vor. Weil der freie und der komplexgebundene Indikator verschiedene Farben haben,
wird der Äquivalenzpunkt durch einen Farbumschlag angezeigt.
Für die Praxis bedeutet das, dass in der Komplexometrie nicht bis zur Mischfarbe sondern bis zur
bleibende Farbe titriert wird! („Bleibende Farbe“ bedeutet die Farbe die nach Zugabe eines
weiteren Tropfens der Titrierlösung sich nicht mehr ändert.)
Häufig verwendete Metallindikatoren sind Eriochromschwarz T und Murexid.
Eriochromschwarz T [1-(1-hydroxi-2-naftilazo)-6-nitro-2-naftol-4-sulfonsaure]
OH
OH
N N
SO3H
NO2
Die Lösung des Azofarbstoffs Eriochromschwarz T zeigt im pH Bereich 6.3-11 eine blauviolette
Farbe. Die Metallkomplexe des Farbstoffs sind rot. Da Eriochromschwarz T polymerisiert unter pH
6, und über pH 10 sehr oxidationsempfindlich ist, werden die Analysen in mit NH3 – NH4Cl
gepufferter Lösung (pH 9-10) durchgeführt.
Murexid (Ammonium Purpurat)
O
HN
O
C
C
HN
NH4
O
C
C N
C
O
O
C
NH
C O
C
NH
Murexid zeigt bei Zusatz besonders vom Ca2+ Ionen bei pH 12 einen deutlichen Farbumschlag von
blauviolett nach rot. Bei der Titration stellen wir den hohen pH Wert mit einigen cm3 1 N NaOH
Lösung ein.
Da die Metall–Edetat Komplexe 1:1 Zusammensetzung haben ist die Äquivalenzmasse und die
Molmasse identisch. Natriumedetat ist sehr stabil und kann in hohen Qualität hergestellt werden.
Natriumedetat Maßlösungen können deshalb mit ganz genauer Konzentration hergestellt werden
(f=1,000)!
Aufgaben
1. Bestimmung des Kalzium - Gehalts eines Blutserummodells
Das Kalzium im menschlichen Blut hat trotz seiner relativ kleinen Konzentration eine wichtige
physiologische Rolle und wird in der klinischen Labordiagnostik häufig bestimmt. (Bemerkung: Der
Normalwert des Kalziums in Serum liegt bei 2.2-2.6 mmol/dm3. Die Proben die in dieser Aufgabe
analysiert werden beinhalten aus praktischen Gründen 4-6-mal mehr Kalzium.)
Verfahren:
Aus dem zu untersuchenden Serummodells wird in drei 100 cm3 Erlenmeyer-Weithalskolben je
10,00 cm3 pipettiert. Zu den Lösungen wird mit Hilfe eines Messzylinders 5 cm3 1 M NaOH Lösung
und eine Spatelspitze Murexid-Indikator gegeben. Titriere die Lösung mit 0,01 M Natriumedetat
Maßlösung, bis zum Umschlag des Indikators (Lachsrot). Nach der Alkalisierung wird die Titration
sofort durchgeführt, andernfalls kann CaCO3 sich aus der Lösung ausscheiden. Das Ergebnis wird
in mmol/ dm3 Ca angegeben. Die molare Äquivalentmenge von Ca2+ ist 40,08 g×mol–1.
2. Bestimmung der Gesamthärte
Die Bestimmung des Kalzium- und Magnesiumgehalts der natürlichen Wässer ist außerordentlich
wichtig. In natürlichen Wässern sind in wechselnder Menge Kalzium- und Magnesium-Salze
enthalten, welche die Härte des Wassers bestimmen. Die Wasserhärte wird in Härtegrad
ausgedrückt, wobei 1 Deutsche Härtegrad (1 DH) dem Gehalt von 10 mg CaO in 1 Liter Wasser
entspricht. Die permanente Härte des Wassers wird vor allem durch gelöstes CaSO4, die
temporäre Härte durch Magnesium- und Kalziumhydrogencarbonat verursacht. Weder zum
Trinken, noch zu wirtschaftichen Zwecken ist es empfehlenswert Wasser mit Härte über 30 DH zu
benutzen. Zur Bestimmung der Gesamthärte ist eine Titration bei pH=10 gegen Eriochromschwarz
T als Indikator möglich, wobei sowohl Mg als auch Ca zusammen erfasst werden, da sich ihre
EDTA-Komplexe in der Stabilitätskonstante nicht sehr unterscheiden.
Verfahren:
a) Leitungswasser.
In drei 100 cm3 Erlenmeyer-Weithalskolben werden je 25,0 cm3 Leitungswasser gegeben. (Erst 510 Sekunden nach dem Öffnen des Wasserhahns soll die Probe mittels Messzylinder genommen
werden. Auf diese Weise wird verhindert dass kleine Stücke von Wassersteinen, die sich im
Wasserhahn ansammeln, in die Probe gelangen.) Nach Zugabe von 4 cm3 NH3–NH4Cl
Pufferlösung und 2 Tropfen Eriochromschwarz T Indikator wird titriert. Titriere die Lösung mit 0,01
M Natriumedetat Maßlösung, bis zum Umschlag des Indikators (rot → blau). Titer des 0.01 M
Natriumedetat ist 0.56 mg CaO, d. h. 1 cm3 Maßlösung zeigt 0.56 mg CaO an.
b) Quellwasser (Tettye-Wasser, aus der Quelle an der Tettye).
Der Vorgang unter Punkt „a“ wird mit 25,0 cm3 Quellwasser wiederholt.
Vergleiche die Härte des Leitungswassers und des Quellwassers!
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