Repetitorium Energie, Federn und Zentripetalkraft - urs

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Urs Wyder
CH-4057 Basel
[email protected]
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Repetition: Kinetische und potentielle Energie, Zentripetalkraft
1. Ein Kinderkarussell dreht sich pro Minute viermal im Kreis. Eine auf dem Karussell stehende
Person erlebt dabei die sog. Zentrifugalkraft.
Erkläre die Begriffe Zentripetalkraft, Zentrifugalkraft und Scheinkraft.
Wie gross ist die auf dem Karussell erlebte Zentrifugalkraft, wenn sich die Person 2 Meter resp. 4
Meter von der Drehachse entfernt befindet?
Wie gross ist sie, wenn die Geschwindigkeit des Karussells verdoppelt wird?
2. Wie gross ist die Aufprallgeschwindigkeit, wenn ich vom 10 Meter hohen Turm des Schwimmbades springe?
3. Die Federkonstante k einer Feder betrage 1‘000 N/m. Die Feder ist bereits vorgespannt, wobei
die Auslenkung 50 Zentimeter beträgt. Wie viel Energie muss ich aufwenden, um die Auslenkung
um 30 Zentimeter zu erhöhen?
4. Looping im Europapark:
Ein Wagen wird über eine steile Rampe aus dem Stillstand beschleunigt und durchfährt danach
einen Looping mit Radius r. Wie gross muss die Höhe h minimal sein, damit der Wagen am
obersten Punkt des Loopings nicht aus den Schienen fällt?
Weshalb sind die Loopings bei modernen Bahnen nicht kreisrund sondern oval? (Bilder auf der
Rückseite)
5. Die Fluchtgeschwindigkeit bezeichnet die Geschwindigkeit, welche notwendig ist, um das
Gravitationsfeld der Erde zu verlassen (ohne Luftwiderstand). Würde beispielsweise eine
Kanonenkugel mit dieser Geschwindigkeit abgeschossen, so würde sie in den Weltraum fliegen.
Wie gross ist diese Geschwindigkeit?
1
Musterlösungen
1. Kinderkarussell
Wirkt auf einen Körper keine äussere Kraft, so ruht er oder bewegt sich mit einer konstanten Geschwindigkeit (1. Newton’sches Gesetz). Damit sich ein Körper auf einer Kreisbahn bewegt, muss also
eine Kraft wirken. Diese ist die Zentripetalkraft. Sie wirkt senkrecht zur momentanen Geschwindigkeit und zeigt zum Kreismittelpunkt. Eine kreisförmige Bewegung ist also immer eine beschleunigte
Bewegung! Der Betrag der Geschwindigkeit kann zwar konstant sein, die Richtung ändert sich jedoch
fortlaufend.
Die Zentrifugalkraft ist eine so genannte Scheinkraft. Es ist diejenige Kraft, die ein Mensch wahrnimmt, der sich im beschleunigten System (Karussell) befindet. Vom Betrag her sind Zentripetal- und
Zentrifugalkraft gleich, sie haben aber die entgegengesetzte Richtung.
Systeme, auf die keine äusseren Kräfte wirken, heissen Inertialsysteme. Nur in solchen Systemen
gelten die Newton‘schen Gesetzte. Damit sie auch in Nicht-Inertialsystemen gelten, müssen zusätzliche Kräfte angenommen werden. Dies sind die Scheinkräfte.Bei rotierenden Systemen sind dies
die Zentrifugalkraft und die Coriolis-Kraft. Letztere bewirkt beispielsweise die spiralförmigen Winde
zwischen Hoch- und Tiefdruckgebieten. Auf dem sich drehenden Karussell erfährt man diese Kraft,
wenn man einen Ball vom Zentrum radial nach aussen rollen lässt. Er wird dabei seitlich abgelenkt
und rollt auf einer spiralförmigen Bahn nach aussen.
Einfacher zu verstehen ist das Wesen der Scheinkräfte in linear (geradlinig) beschleunigten Systemen.
Lege ich in einem ruhenden Zug einen Ball auf den Boden, so wird der Ball beim Anfahren des Zuges
plötzlich nach hinten zu rollen, obwohl auf den Ball gar keine Kraft wirkt. Der Ball bewegt sich also
nicht gemäss Newton. Messe ich die Beschleunigung des Balls, so erhalte ich den gleichen Wert, mit
welchem die Lokomotive den Zug beschleunigt, jedoch in umgekehrter Richtung.
Wirkliche Inertialsysteme sind letztendlich abstrakte Hilfsgebäude, denn es gibt im ganzen Universum keinen einzigen Ort, wo keine äusseren Kräfte wirken. Eine gute Annäherung an ein
Inertialsystem ist ein Raumschiff, welches sich in einem Orbit (stabile Umlaufbahn) um die Erde
2
befindet. Innerhalb des Raumschiffs herrscht (annähernd) Schwerelosigkeit. Ein Gegenstand lässt sich
dort „in die Luft stellen“ und wird an dieser Stelle bleiben, solange keine Kraft auf ihn wirkt.
Für dieses „in die Luft stellen“ gibt es in der menschlichen Sprache kein passendes Wort. Stellen impliziert ja immer auch „auf etwas“ stellen, setzt also das Vorhandensein der Schwerkraft voraus. Deshalb bereitet das sich Vorstellen eines Inertialsystems ja auch immer wieder Mühe. Es entspricht
einfach nicht unseren alltäglichen Erfahrungen. Und deshalb ist ein Weltraumflug für den Ungeübten
auch keine angenehme Erfahrung. Der Körper, insbesondere die Magengegend, empfindet Schwerelosigkeit so, als ob er sich in einem nicht endenden freien Fall befinden würde!
Wichtige Grössen bei Rotationsbewegungen
f:
Frequenz resp. Anzahl Umdrehungen pro Sekunde, die Einheit ist Hertz (Hz), 1Hz = 1s-1
ω:
Kreisfrequenz resp. Winkelgeschwindigkeit in Radiant pro Sekunde = rad·s-1
Zwischen ihnen besteht die Beziehung
ω = 2π f
Die Bogenlänge eines Kreises ist der Radius mal den Winkel in Radiant. Die tangentiale Geschwindigkeit v einer kreisförmigen Bewegung berechnet sich analog, nämlich Winkel in Radiant pro Sekunde (ω) mal den Kreisradius:
v =ω ⋅r
Die Zentripetalbeschleunigung (aZentripetal), die notwendig ist, um einen Körper auf einer Kreisbahn mit
Radius r zu halten, ist proportional zum Radius sowie zum Quadrat der Kreisfrequenz:
2
aZentripetal
FZentripetal
v 2 (ω r )
= =
= ω 2 r mit v = ω ⋅ r
r
r
mv 2
= m ⋅ aZentripetal =
= mω 2 r
r
Die Zentripetalbeschleunigung lässt sich also sowohl mittels der Tangentialgeschwindigkeit v als auch
durch die Kreisfrequenz (ω) ausdrücken. Erstere ist für qualitative Interpretationen problematisch. Es
sieht aus, als wäre die Beschleunigung umgekehrt proportional zum Radius. Das stimmt aber nicht,
da die Geschwindigkeit selber vom Radius abhängig ist: v= ω r.
Lösung der Aufgabe
4
4
1
1
2π −1
=
= s −1 = Hz ⇒ ω =
s
1min 60s 15
15
15
aZentripetal = ω 2 r ≅ 0.35ms −2 ≅ 0.036g
f =
Wird der Radius (die Entfernung zum Drehpunkt) verdoppelt, so verdoppelt sich auch die Zentripetalbeschleunigung. Wird die Kreisgeschwindigkeit verdoppelt, so vervierfacht sich die Beschleunigung.
3
2. Schwimmbad
Erste Herleitung mittels Bewegungsgleichung:
v = g ⋅t
h=
1 2
gt
2
⇒ t=
v = g ⋅t = g ⋅
2h
dieses t wird nun in die obige Formel eingesetzt:
g
2h
2 g 2h
m
=
= 2 gh = 2 ⋅ 9.81ms −2 ⋅10m ≅ 14 ≅ 50 km/h
g
g
s
Zweite Herleitung: energetische Betrachtung
Kinetische Energie = Potentielle Energie
Ekin = E pot
1 2
mv = mgh
2
v = 2 gh
Die Aufprallgeschwindigkeit ist proportional zur Wurzel der Höhe. Um die Geschwindigkeit zu
verdoppeln, muss die Fallhöhe demzufolge vervierfacht werden.
3. Energie der Feder
k ist die Federkonstanten in N/m, x die Auslenkung der Feder. Dann gilt für die Federkraft:
FFeder = k ⋅ x
Die Energie ist Kraft mal Weg. Allerdings ist hier die Kraft auf dem Weg von x1=0.5m bis x2=0.8m nicht
konstant, sondern von der Auslenkung x abhängig. An Stelle einer simplen Multiplikation muss deshalb integriert werden:
x2
x2
x2
1
1
E pot = ∫ kx dx = k ∫ x dx = kx 2¦ = k ( x22 − x12 )
x
x1
x1
1
2
2
Etwas anschaulicher ist die folgende Betrachtung: da die Kraft proportional zur Auslenkung ist, oder,
anders gesagt, die Kraft bezüglich der Auslenkung linear zunimmt, kann eine mittlere Kraft berechnet
werden:
FMittel = k
x1 + x2 1
= k ( x1 + x2 )
2
2
E pot = FMittel ⋅ Weg = FMittel ⋅ ( x2 − x1 ) =
1
1
k ( x1 + x2 )( x2 − x1 ) = k ( x22 − x12 )
2
2
4
4. Looping
Die potentielle Energie auf der Höhe h ist:
E pot = mgh
Wenn sich der Wagen im obersten Punkt des Loopings befindet, muss die Geschwindigkeit so gross
sein, dass die Zentripetalkraft mindestens gleich gross ist wie die Gewichtskraft:
FZentripetal = FGewicht
mv 2
= mg
r
v 2 = gr
Die potentielle Energie zu Beginn ( E pot = mgh ) muss gleich der Energie sein, die der Wagen im
obersten Punkt des Loopings hat. Diese setzt sich zusammen aus der kinetischen Energie sowie der
potentiellen Energie ( mg ⋅ 2 r = 2 mgr ):
1 2
mv + 2mgr mit v 2 = gr von vorher gilt dann:
2
1
mgh = mgr + 2mgr
2
1
5
h = r + 2r = r
2
2
mgh =
5
5. Fluchtgeschwindigkeit
Für die Massenanziehungskraft (Gravitationskraft) gilt:
m1 ⋅ m2
r2
FG = G
Die Grösse r ist hier der Abstand der beiden Massenschwerpunkte, m1 ist die Erdmasse und m2 die
Masse der Kanonenkugel. Da die Kraft umgekehrt proportional zum Quadrat des Abstandes ist und
somit nicht linear verläuft, kann hier im Unterschied zur Berechnung der Federenergie kein einfacher
Mittelwert gebildet werden. Eine Integration lässt sich also nicht umgehen:
E pot = ∫
r2
r1
r
2
r2 1
m1 ⋅ m2
 1
G
dr = Gm1m2 ∫ 2 dr = Gm1m2 ⋅  − 
r1 r
r2
 r  r1
Für r1 setzen wir den Erdradius ein und für r2 unendlich. Dies deshalb, weil die Kraft mit zunehmender Entfernung immer kleiner wird, aber eben nie gleich Null. Also gilt:
∞
E pot
Gm1m2
 1
= Gm1m2 ⋅  −  = −
rErde
 r  rErde
Diese Energie muss gleich der kinetischen Energie sein, welche das Geschoss beim Abschuss hat:
Ekin =
1
Gm1m2
m2 v 2 =
2
rErde
⇒ v=
2GmErde
m
≅ 11'000
rErde
s
Die Abschussgeschwindigkeit von Kanonenkugeln beträgt weniger als ein Zehntel dieser sog. zweiten
kosmischen Geschwindigkeit.
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