3 Einführung in die Ionenmobilitätsspektrometrie

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Theoretische Grundlagen der IMS
3 Einführung in die Ionenmobilitätsspektrometrie (IMS)
Im folgenden Kapitel soll ein kurzer Überblick über die theoretischen und
instrumentellen Grundlagen der IMS gegeben werden. Außerdem werden die
typischen Anwendungen und Einsatzgebiete, die aus der Literatur bekannt sind,
vorgestellt. Für eine ausführlichere theoretische Behandlung muß auf die
weiterführende Literatur verwiesen werden [19-34].
3.1 Theoretische Grundlagen der Ionenmobilitätsspektrometrie
Nachdem die Ionisation von Luft durch radioaktives Material bereits Ende des 19.
[35, 36]
fanden Anfang des 20. Jahrhunderts erste
Jahrhunderts nachgewiesen wurde,
Untersuchungen zur Geschwindigkeit der Ionen in elektrischen Feldern statt.
Thompson und Rutherford [37] fanden dabei die Proportionalität zwischen
Geschwindigkeit, Feldstärke und Beweglichkeit heraus. Langevin [38] bewies 1903,
daß die ionisierte Luft aus einem Gemisch mehrerer chemischer Spezies besteht
und veröffentlichte 1905 mathematische und chemische Modellbeschreibungen für
die Bewegung von Ionen in elektrischen Feldern. Diese Beschreibungen bilden auch
heute noch die Grundlagen für Untersuchungen mit einem Ionenmobilitätsspektrometer.
Das Prinzip der Ionenmobilitätsspektrometrie beruht darauf, daß unter Normaldruck
erzeugte Ionen in einem elektrischen Feld gegen die Strömungsrichtung eines
Gases driften. Ionen unterschiedlicher Masse und /oder Struktur erreichen
unterschiedliche Driftgeschwindigkeiten und werden voneinander getrennt, bis sie
zeitlich nacheinander auf einen Detektor auftreffen.
Das Verhältnis der Ionengeschwindigkeiten (vD) zur Stärke des elektrischen Feldes
(E) wird als Ionenmobilität und die Trennung dieser Ionen auf einer bestimmten
Wegstrecke auf der Basis der unterschiedlichen Driftgeschwindigkeiten als
Ionenmobilitätsspektrometrie bezeichnet. Die bezüglich Normaldruck (P0 = 101,325
kPa) und Temperatur (T0 = 273,15 K) reduzierte Ionenmobilitätskonstante K0 ist
unter
identischen Versuchbedingungen eine stoffspezifische Größe.
r
r
vD = K ⋅ E
Gleichung (3.1)
P T 
K 0 = K ⋅  1 ⋅ 0 
 P0 T1 
Gleichung (3.2)
P1 und T1 sind die in der Driftröhre gemessenen Werte für Druck und Temperatur.
18
Theoretische Grundlagen der IMS
Der prinzipielle Aufbau der IMS geht aus Abbildung 3.1 hervor. Zentraler Teil des
Systems ist die Driftröhre, die aus einem Reaktionsraum und einem Driftraum
besteht. Beide Räume sind durch ein elektrisches Schaltgitter voneinander getrennt.
Zur Erzeugung eines konstanten elektrischen Feldes ist die gesamte Driftröhre aus
Metallringen (Driftringe), die durch Isolatoren getrennt sind, aufgebaut. Durch eine
angelegte Hochspannung werden Feldgradienten zwischen 150 und 300 V/cm
erzeugt.
Reaktionsraum
Driftraum
Elektrisches Feld
Probeneinlaß
++
+
+
+
+
Ionisationsquelle
Einlaßgitter
Detektor
Driftringe
+
+
+
+
+
+
Abschirmgitter
Driftgas
Verstärker
Ionenstrom/pA
Ionenmobilitätsspektrum
Driftzeit/ms
Abb. 3.1 Schematische Darstellung eines Ionenmobilitätsspektrometers
Die Meßröhre wird aus Richtung des Detektors von einem Driftgas, im einfachsten
Fall von Luft, durchströmt.
Die im Reaktionsraum erzeugten Ionen gelangen zu einem elektrischen Gitter,
welches zu bestimmten Zeitpunkten einen Teil der Ionen in den Driftraum einläßt.
Durch das elektrische Feld werden die Ionen mit unterschiedlicher Masse und/oder
Struktur voneinander abweichende Driftgeschwindigkeiten erreichen und somit zu
unterschiedlichen Zeitpunkten vom Detektor registriert. Ein aufgezeichnetes
Ionenmobilitätsspektrum enthält demzufolge zeitabhängige Stromsignale.
19
Theoretische Grundlagen der IMS
3.1.1 Ionenerzeugung
Die Ionisierung von neutralen Molekülen ist immer der erste Schritt einer IMSAnalyse. Sie findet durch chemische Reaktionen zwischen den Probenmolekülen
und reaktiven Ionen in der Gasphase des Reaktionsraumes statt. Die reaktiven
Ionen, die sogenannten Reaktant-Ionen (RI), werden wiederum durch den Einfluß
radioaktiver Strahlung auf die Bestandteile der Luft generiert. Kommt es zu einer
Wechselwirkung von Reaktant-Ionen mit den Probenmolekülen beispielsweise durch
Protonen- oder Elektronentransfer, so wird das gebildete Ion als Produkt-Ion (PI)
bezeichnet. Diese Art der Erzeugung von Produkt-Ionen wird in der Literatur auch als
APCI-Prozess (atmospheric pressure chemical ionization) deklariert. Die Aufklärung
der ablaufenden Reaktionen in der Gasphase und die Identifizierung der ProduktIonen gelang erst mit der Entwicklung der ersten APCI-Massenspektrometer und
durch den Einsatz des ECD (electron capture detector) in der Gaschromatographie.
3.1.1.1 Bildung von Reaktant-Ionen
Die am häufigsten verwendete Ionisationsmethode ist die chemische Ionisation mit
Hilfe von β-Strahlungsquellen. Neben einigen Anwendungen mit Tritium kommt
63
Ni mit einer mittleren Energie von 67 keV und einer
dabei hauptsächlich
Halbwertszeit von 85 Jahren zum Einsatz. Weitere Ionisationsarten wie die UV-,
Korona-, Laser- und die thermische Ionisation werden in Kapitel 3.2 beschrieben.
Positive Reaktant-Ionen (RIP)
Die Ionisationsprozesse im Reaktionsraum des Spektrometers werden durch Elektronen initiiert, die von der β-Strahlungsquelle ausgesendet werden. Durch Stöße mit
den Stickstoff- und Sauerstoffmolekülen der Luft wird eine Reaktionskette ausgelöst,
die zur Bildung von stabilen Reaktant-Ionen führt. Dabei handelt es sich um positiv
geladene Wasser-Cluster des Typs H+(H2O)n. Die Gleichungen (3.3)-(3.8)
beschreiben die Reaktionsabläufe unter Verwendung von reinem Stickstoff als
Trägergas. Pro Stoß wird hierbei eine Energie von 35 eV frei. Die Ionisierung von
Stickstoff erfolgt dabei solange die Energie der Elektronen über dessen
Ionisierungspotential von 15,58 eV liegt [39, 40].
N2
+ e
-
N2+
+ 2e-
Gleichung (3.3)
+
+ 2N2
N4+
+ N2
Gleichung (3.4)
N4
+
+ H2O
+
H2O
+ 2N2
Gleichung (3.5)
H2O+
+ H2O
H3O+
+ HO
Gleichung (3.6)
+
+ H2O
H (H2O)2
Gleichung (3.7)
H+(H2O)n-1 + H2O
H+(H2O)n
Gleichung (3.8)
N2
H3O
+
20
Theoretische Grundlagen der IMS
Die Anzahl n der Wassermoleküle in den positiv geladenen Wasser-Clustern ist in
starkem Maße abhängig von der Temperatur und dem Wassergehalt. Bei einer
relativen Feuchte von 20%, einer Temperatur von 25°C und einem Druck von 93,324
[41]
kPa enthalten die Cluster zwischen 5 und 8 Wassermoleküle .
Bei der Anwesenheit von Sauerstoff und Spuren von NH3 und NO werden zusätzlich
+
+
+
+
die Ionen NO , NH4 , NO (H2O)n und NH4 (H2O)n gebildet
[42, 43]
(Gleichung 3.9-3.17).
N2+
+ O2
O2+
+ N2
Gleichung
O2+
+ N2
NO
+ NO+
Gleichung (3.10)
NO
+ N2+
NO+
+ H2O
(H2O)NO
(H2O)NO+
+ H2O
(H2O)2NO+
Gleichung (3.13)
(H2O)n-1NO+
+ H2O
(H2O)nNO+
Gleichung (3.14)
NH3
+ (H2O)nH
NH4+
NH4+
+ H2O
(H2O)NH4+
Gleichung (3.16)
(H2O)nNH4+
Gleichung (3.17)
NO
+
+
(H2O)n-1NH4+ + H2O
(3.9)
Gleichung (3.11)
+
Gleichung (3.12)
+ n H2O
Gleichung (3.15)
Die wichtigsten positiven Reaktant-Ionen sind bei Verwendung von synthetischer Luft
+
als Reaktionsgas (H2O)nNH4 , (H2O)nNO+ und (H2O)nH+. Abbildung 3.2 zeigt einen
durch die Reaktant-Ionen hervorgerufenen Peak im Ionenmobilitätsspektrum. Mit
Hilfe eines gekoppelten Massenspektrometers (IMS/MS) konnten die zugehörigen
[44]
Ionen identifiziert werden .
Negative Reaktant-Ionen
Bei Verwendung von β-Strahlern als Ionisationsquellen werden neben den oben
beschriebenen auch negative Reaktant-Ionen erzeugt. Dabei werden durch
Zusammenstöße der
Sekundärelektronen
Zusammenstöße wird
das elektronegativste
hochenergetischen Elektronen mit den Trägergasmolekülen
unterschiedlicher Energie freigesetzt. Durch weitere
deren kinetische Energie soweit herabgesetzt, daß sie sich an
Molekül (hier Sauerstoff) anlagern können. Das O2-Ion kann
wiederum mit Sauerstoff und Wasser reagieren (Gleichungen 3.18-3.21). Somit kommt
es zur Bildung von negativen Reaktant-Ionen des Typs (H2O)nO2-.
O2
+ e-
O2-
Gleichung (3.18)
O2-
+ O2
O4-
Gleichung (3.19)
O4-
+ n H2O
(H2O)nO2- + O2
Gleichung (3.20)
-
+ n H2O
(H2O)nO2
O2
-
Gleichung (3.21)
21
Theoretische Grundlagen der IMS
Durch im Trägergas enthaltene Verunreinigungen können auch Reaktant-Ionen wie
Cyanid, Cyanat, Chlorid und Carbonat, zum Teil auch in hydratisierter Form
[45-49]
.
entstehen
Abbildung 3.3 zeigt einen durch die negativen Reaktant-Ionen ausgebildeten Peak
von gereinigter Laborluft und das Massenspektrum der verschiedenen Ionen [44].
K = 1.93 cm 2 v -1 s -1
Positive Ion Current
K00 = 1,93 cm2/Vs
RI +
2 2
-1 s -1
KK
2.07
v/Vs
2,07cm
cm
0=
0=
0
Drift Time/ms
16.7 17.9
41,0
(H 2 O) 4 N 2 H +
+
(H 2 O) 4 N 4 H +
(H 2 O) 5 + H +
(H2O)3H
+
(H2O)2NH4
Relativ Intensity (%)
(H 2 O) 4 H +
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
54 55
(H 2 O) 5 N 2 H +
73 82 83 91
101
119
129
(H 2 O) 4 N 6 H +
157
m/e (u)
Abb. 3.2 IMS-Spektrum und zugehöriges Massenspektrum positiver
Reaktant-Ionen
[44]
.
22
Theoretische Grundlagen der IMS
2
Negative Ion Current
K0 == 2,16
K
2.16 cm
cm 2/Vs
v -1 s -1
0
RI-
0
Drift Time/ms
16.0
41,0
(H 2 O)2 O 4 -
100
94
96
(H2 O)O 4 (H2 O)3 O2
(H2 O)CO4
(H2 O)2 CO3
86
(H 2 O)CO 3 -
78
82
68
O4
(H 2 O)O 2 -
-
CO 3 -
60
64
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
50
Relativ Intensity (%)
(H 2 O)2 O 2 -
m/e (u)
Abb. 3.3 IMS-Spektrum und zugehöriges Massenspektrum negativer
Reaktant-Ionen
[44]
.
23
Theoretische Grundlagen der IMS
3.1.1.2 Bildung von Produkt-Ionen
Positive Produkt-Ionen
Die mit den Gleichungen 3.6, 3.12, 3.15 und 3.19 beschriebenen Reaktant-Ionen
reagieren mit den neutralen Probenmolekülen durch Kollision in dem Reaktionsraum
des Spektrometers und bilden die sogenannten Produkt-Ionen. Die Art der ProduktIonen sowie die Wahrscheinlichkeit ihres Entstehens hängt von den physikalischchemischen Eigenschaften der Substanzmoleküle ab. Wichtig sind hierbei
Dipolmomente,
Polarisierbarkeit,
Protonenund
Elektronenaffinitäten,
Ionisierungspotential und Bindungsenergien. Die möglichen Ionen-MolekülReaktionen entsprechen in etwa denen, die aus der CI-MS (chemischen-IonisationsMassenspektrometrie) bekannt sind.
Die wichtigsten Reaktionen zur Bildung positiver Produkt-Ionen sind in den folgenden
Gleichungen zusammengefasst [50-53].
RH
+
+
M
R+ MH+
Gleichung (3.22)
Nukleophile Anlagerung:
R+
+
M
RM+
Gleichung (3.23)
Hydridabstraktion:
R+
+
MH
RH+ M+
Gleichung (3.24)
Oxidation:
R+
+
M
M+ + R
Gleichung (3.25)
Protonentransfer:
Hierbei spiegeln R bzw. RH+ die Reaktant-Ionen und M bzw. MH die Probenmoleküle
wider.
Von den dargestellten Reaktionen sind der Protonentransfer (Gl.3.22) und die
nukleophile Anlagerung (Gl.3.23) für die Bildung der positiven Produkt-Ionen die
wichtigsten Ionen-Molekül-Reaktionen. Dabei kommen die ProtonentransferReaktionen am häufigsten vor. Sie werden durch die relativen Protonenaffinitäten
der Reaktionspartner bestimmt. Da Wasser eine sehr geringe Protonenaffinität
besitzt, werden durch die oben beschriebenen Wasser-Cluster eine Vielzahl von
organischen Verbindungsklassen durch Protonenübertragungen ionisiert.
IMS/MS-Untersuchungen haben gezeigt, daß bei der Reaktion von (H2O)nH+ mit
einer
Reihe
organischer
Verbindungsklassen
neben
der
einfachen
Protonenübertragung
auch
Cluster-Bildungen
unter
Einbeziehung
von
Driftgasmolekülen möglich sind. So wird bei geringen Konzentrationen des Analyten
(M) die Reaktion nach Gleichung 3.26 beobachtet, während bei höheren
Analytkonzentrationen sogenannte dimere Produkt-Ionen gebildet werden (Gl. 3.28).
(H2O)nH
+
+
M
(M)H
+
+
n (H2O)
Gleichung (3.26)
(H2O)nH+
+
M
(M)(H2O)mH+
+
n-m H2O
Gleichung (3.27)
(M)(H2O)mH+
+
M
(M)2H+
+
m H2O
Gleichung (3.28)
24
Theoretische Grundlagen der IMS
Abbildung 3.4 zeigt ein Ionenmobilitätsspektrum positiver Ionen von Aceton, welches
[54]
wies
die Anwesenheit von monomeren und dimeren Produkt-Ionen belegt. Watts
durch gleichzeitige massenspektrometrische Auswertung des gebildeten Gemisches
von Produkt-Ionen die Clusterbildung mit Stickstoff als Driftgas nach.
Dimer
Monomer
ReaktantIonen
Aceton-Dimer [54]
m/z:
+
117=(Ac)2·H
145=(Ac)2·N2·H+
173=(Ac)2·(N2)2·H+
m/z:
Abb. 3.4
Aceton-Monomer [54]
m/z:
77= Ac·(H2O)·H+
95= Ac·(H2O)2·H+
+
105=Ac·(H2O)·N2·H
113=Ac·(H2O)3·H+
123=Ac·(H2O)2·N2·H+
133=Ac·(H2O)·(N2)2H+
+
151=Ac·(H2O)2·(N2)2H
Ionenmobilitätsspektrum von Aceton
[54]
.
Negative Produkt-Ionen
Entscheidend für die Bildung negativer Produkt-Ionen sind die relativen
Elektronenaffinitäten. Die möglichen Reaktionen sind in den Gleichungen (3.29-3.32)
zusammengefasst. Sie entsprechen den Ionisierungsprozessen, die in einem ECD
ablaufen.
-
-
R + M
Gleichung (3.29)
+ NM
R + N + M-
Gleichung (3.30)
R-
+ MH
RH + M-
Gleichung (3.31)
R-
+
RM-
Gleichung (3.32)
Ladungstransfer:
R
+
Dissoziativer Ladungstransfer:
R-
Protonenabstraktion:
Elektrophile Anlagerung
M
M
-
Hierbei spiegeln R die negativen Reaktant-Ionen und M, MN und MH die
Probenmoleküle wider.
25
Theoretische Grundlagen der IMS
Der einfache Ladungstransfer und der dissoziative Ladungstransfer sind die
vorherrschenden Reaktionen für die Bildung negativer Produkt-Ionen. So verlaufen
die Reaktionen im Spektrometer bei der Anwesenheit von halogenierten
Kohlenwasserstoffen, Nitro- und Cyanoverbindungen fast ausschließlich nach
Gleichung (3.30)
Bei der Protonenabstraktion erfolgt eine Protonenübertragung des acideren Analyten
auf das Reaktant-Ion. Beispiele hierfür ist der Nachweis von Trinitrotoluol (TNT) [55,56]
und Phenolen (Phen)[57]:
O2− + TNT → [TNT]− + O2 H
O2− + Phen→ [Phen]− + O2 H
Gleichung (3.33)
Gleichung (3.34)
Es wird deutlich, daß man mit Hilfe von tabellarischen relativen Elektronenaffinitäten
und Gasphasenaciditäten die möglichen Reaktionen im IMS in guter Näherung
abschätzen kann. Allerdings sind die im Reaktionsraum ablaufenden Mechanismen
im starken Maße von der Konzentration des Analyten, der Temperatur und des
Wassergehaltes des Trägergases abhängig.
Bei hohen Analytkonzentrationen führt der dissoziative Ladungstransfer zur Bildung
von Addukten (Gl. 3.36) und O2− -Addukten (Gl. 3.37).
M − X + O2− → X − + M + O2
Gleichung (3.35)
M − X + X − → X ⋅ MX −
Gleichung (3.36)
M − X + O2− → MX ⋅ O2−
Gleichung (3.37)
Die im Reaktionsraum des Spektrometers ablaufenden Reaktionen lassen sich bei
63
Verwendung von Ni als Ionisationsquelle vereinfacht durch die Gleichungen 3.38
bis 3.48 zusammenfassen. Zu beachten ist, daß neben der Bildung von Reaktantund Produkt-Ionen auch Rekombinationsreaktionen stattfinden:
1.) Bildung von Reaktant-Ionen, hervorgerufen durch die Emission der β-Strahlung:
β- (67keV) + Driftgas
R+/-
Gleichung (3.38)
2.) Bildung von Produkt-Ionen durch Ladungsübertragung vom Reaktant-Ion zum
neutralen Analyten:
R+/- + A
A+/- + R
Gleichung (3.39)
26
Theoretische Grundlagen der IMS
3.) Rekombinationsreaktionen:
+
-
+
-
R + R
+
R + A
A + R
A+ + A-
R-R
Gleichung (3.40)
R-A
Gleichung (3.41)
A-R
A-A
Gleichung (3.42)
Gleichung (3.43)
3.1.2 Quantitative Beschreibung der chemischen Ionisierung unter Atmosphärendruck
Zur systematischen Betrachtung der Vorgänge, die zur Bildung von Produkt-Ionen
und somit zur Entstehung konzentrationsabhängiger analytischer Signale führen,
müssen folgende Prozesse betrachtet werden:
a) Primäre Ionisation d.h. Bildung der Reaktant-Ionen, s.Gl. (3.38)
b) Bildung der Produkt-Ionen, s.Gl. (3.39)
c) Rekombinationsreaktionen, s.Gl. (3.40-3.43)
d) Diffusion der Ionen zu den Wänden der Ionenquelle
e) Transport aus dem Reaktionsraum durch Driftgas und elektrisches Feld
Die Primär-Ionisation, die durch die hochenergetische β-Strahlung hervorgerufen
wird, äußert sich in der Bildung eines Ionenpaares aus dem verwendeten Driftgas.
Die Bildungsrate von R+ und R- wird durch die Aktivität C in mCi und der Energie W
in eV des verwendeten β-Strahlers bestimmt. Wird Luft als Driftgas verwendet,
dessen durchschnittliches Ionisationspotential 35 eV beträgt, liegt die
[59]
. (1mCi =
Ionenproduktionsrate bei annähernd 106 CW Ionenpaare pro Sekunde
7
3.7 * 10 Zerfälle/s).
Die Prozesse c, d und e führen zu einer Gleichgewichtseinstellung der
Ionenproduktionsrate, wenn keine Probenmoleküle vorhanden sind.
Bei Flußraten zwischen 0.3 und 30 ml/s und β-Aktivitäten zwischen 10-5 und 103 mCi
liegen pro cm3 ca. 104 bis 1011 Ionen vor. Werden Probenmoleküle in den
Reaktionsraum eingelassen und finden Ladungsübertragungsreaktionen nach
Gleichung (3.39)
statt, wird die Anzahl der Reaktant-Ionen verringert. Die gleichzeitig anwachsende
Zahl an Produkt-Ionen wird dabei ebenfalls durch die Prozesse c, d und e bestimmt.
Eine hohe Flußrate, die den Prozess der Rekombination und der Diffusion verringert,
begünstigt demnach die Bildung der Produkt-Ionen.
Unter der Annahme, daß die Gesamtzahl der geladenen Teilchen konstant bleibt,
kann der zeitliche Verlauf der Ladungsübertragung (Gl. 3.39) durch die Gleichungen
(3.44-3.46) widergegeben werden.
27
Theoretische Grundlagen der IMS
dn A
dn
= − R = K ⋅ N ⋅ nR
dt
dt
n R = n R0 ⋅ (e − K ⋅ N ⋅t )
n A = n R0 ⋅ (1 − e − K ⋅ N ⋅t )
Gleichung (3.44)
Gleichung (3.45)
Gleichung (3.46)
Wobei nA die Zahl der Produkt-Ionen, nR die Zahl der Reaktant-Ionen, N die Zahl der
neutralen Analytmoleküle und K die Geschwindigkeitskonstante bedeuten.
Abbildung 3.5 gibt diesen quantitativen Verlauf von Reaktant- und Produkt-Ionen in
Abhängigkeit von der Probenkonzentration wieder.
Intensität
Ursprüngliche Intensität der Reaktant-Ionen
Intensität der Produkt-Ionen
Konzentration der Probe
Intensität der Reaktant-Ionen
Konzentration der Probe
Abb. 3.5 Intensität von Reaktant- und Produkt-Ionen in Abhängigkeit
von der Konzentration der Probe
28
Theoretische Grundlagen der IMS
3.1.2.1
Ionenmobilität in Gasen
Die Theorie der Ionenmobilität beschreibt die Bewegung von Ionen in einem
neutralen Gas unter dem Einfluß eines schwachen elektrischen Feldes. Für die
Herleitung eines
mathematischen Zusammenhanges der Ionenmobilität von
weiteren Parametern wie Temperatur, Druck und Stoßquerschnitt soll zunächst der
Einfluß des elektrischen Feldes vernachlässigt werden.
Unter der Annahme, daß
a) kein Temperaturgradient herrscht,
b) kein elektrisches oder magnetisches Feld vorliegt und
c) die Dichte des Gases klein genug ist, so daß Coloumb-Wechselwirkungen
vernachlässigt werden können, verteilen sich die Ionen pro Einheitsvolumen
statistisch durch Diffusion. Diese Verteilung bewirkt einen Konzentrationsgradienten.
Die Ionen bewegen sich dann mit einer dem Konzentrationsgefälle proportionalen
[34]
Geschwindigkeit :
nv D = − D ⋅
∂n
∂x
Gleichung (3.47)
wobei n die Anzahl der Ionen, die durch ein Einheitsvolumen driften, v D die
Geschwindigkeit der Ionen in [cm⋅s-1], x die Wegstrecke in [cm] und D den
Diffusionskoeffizienten in [cm2⋅s-1] wiedergibt. Der Diffusionskoeffizient hängt von der
Natur der Ionen und der neutralen Gasmoleküle ab. Er ist eine stoffspezifische
Größe für eine gegebene Kombination Ion-neutrales Gas.
Die Diffusion besteht solange, bis alle Ionen sich gleichmäßig im Gas verteilt haben
und der Konzentrationsgradient null wird.
Diese Gesetzmäßigkeit gilt natürlich auch für elektrisch neutrale Gasmoleküle, die
nicht gleichmäßig in einem Volumen verteilt sind. Beim Aufbau eines zusätzlichen
elektrischen Feldes hat dieses einen wesentlich stärkeren Einfluß auf die Bewegung
der Ionen als auf das neutrale Driftgas. Ist das elektrische Feld gleichmäßig und
relativ schwach, so daß nur thermische Ionenbewegung vorliegt, werden sich die
Ionen entlang der Feldlinien des äußeren Feldes bewegen. Diese Bewegung ist der
r
Diffusion übergeordnet. Die Durchschnittsgeschwindigkeit der Ionen v D in [cm⋅s-1] ist
r
der Feldstärke des äußeren elektrischen Feldes E in [V⋅cm-1] direkt proportional (s.
Gleichung 3.1).
Die Proportionalitätskonstante K in [cm2⋅V-1⋅s-1] wird als Ionenmobilität bezeichnet.
Sie ist ebenso wie der Diffusionskoeffizient stoffspezifisch für eine gegebene
Kombination von Ion und neutralem Gas.
Das Verhältnis zwischen dem Diffusionskoeffizienten und der Ionenmobilität wird
durch die Einstein-Beziehung in Gleichung (3.48) wiedergegeben:
29
Theoretische Grundlagen der IMS
K=
q⋅D
k ⋅T
Gleichung (3.48)
Hierin bedeuten q die Anzahl der Ladungen ze mit e =1,602⋅10-19 C, k die Boltzmann
Konstante mit 1,381⋅10-23 J⋅K-1, T die Temperatur des Gases in Kelvin. Für ein
einfach geladenes Ion ergibt sich Gleichung (3.49). Sie zeigt, daß die Mobilität direkt
proportional dem Diffusionskoeffizienten und umgekehrt proportional der Temperatur
ist:
K = 11604 ⋅
D
T
Gleichung (3.49)
Gleichung (3.48) gilt nur dann, wenn ein relativ schwaches elektrisches Feld vorliegt.
Die Geschwindigkeit der Ionen darf durch die Stärke des elektrischen Feldes nicht
größer sein als die durch die thermische Bewegung hervorgerufene Geschwindigkeit.
Eine genaue Beschreibung für die Ionenbewegung im elektrischen Feld wurde von
Mason, Revercomb und McDaniel [34, 60] gegeben:
3e
K=
16 N
 (m + M ) 
⋅
 m ⋅ M 
1/ 2
1/ 2
 2π   (1 + α ) 
⋅  
2
(1,1)* 
 kT   π ⋅ rm ⋅ Ω

Gleichung (3.50)
Hierin bedeuten:
e
: Elementarladung (1,602⋅10-19 C)
N
m
M
k
T
:
:
:
:
:
:
:
:
rm
Ω(1,1)*
α
Dichte des Driftgases (Moleküle/cm3)
Masse des Ions
Masse des Driftgasmoleküls
Boltzmann Konstante (1,381⋅10-23 J⋅K-1)
absolute Temperatur (K)
Abstand für minimales Wechselwirkungspotential (Ion-Molekül)
Stoßintegral 1.Ordnung
Korrekturterm für Näherungen höherer Ordnung
Mit der reduzierten Masse: µ =
m⋅M
,dem Stoßquerschnitt: ΩD = π ⋅ rm2 ⋅ Ω(1,1)*
(m + M )
und mit der Anzahl Ladungen q = z⋅ e erhält man:
30
Theoretische Grundlagen der IMS
3q
K=
16 N
 2π 
⋅

 µ kT 
1/ 2
 (1 + α ) 


 ΩD 
Gleichung (3.51)
Der Korrekturfaktor α ist kleiner als 0,02 wenn m ≥ M. Der Stoßquerschnitt ΩD wird
von der Größe der Ionen bzw. der neutralen Moleküle, ihrer Struktur und der
Polarisierbarkeit beeinflußt.
Bei konstanter Temperatur und konstantem Druck (N=const.) wird die Mobilität
weitestgehend durch die Anzahl der Ladungen, der reduzierten Masse und dem
Stoßquerschnitt bestimmt:
q
Gleichung (3.52)
K ∝ 1/ 2
µ ΩD
Wird das gleiche Driftgas verwendet, wird die Mobilität für kleine atomare Ionen
durch die reduzierte Masse bestimmt.
Für sehr schwere Ionen (m >>M) liegt µ näherungsweise im Bereich von M. Die
Mobilität wird dann hauptsächlich eine Funktion des Stoßquerschnitts ΩD und wird
somit von der Struktur stark beeinflußt.
Für die Ionen, die zwischen diesen beiden Extremen liegen, ist die Mobilität eine
Funktion von Masse und Struktur. Dies trifft für fast alle Ionen zu, die für die
Ionenmobilitätsspektrometrie relevant sind.
Der Einfluß der Struktur auf die Mobilität wurde von einigen Autoren anhand isomerer Verbindungen [61-65] publiziert. Karasek et. al. [66] untersuchten die Isomeren
Hexylamin, Di-n-propylamin und Triethylamin und stellten dabei sehr
unterschiedliche Driftzeiten fest. Aufgrund des geringeren Stoßquerschnitts der
sekundären und tertiären Amine nehmen die Driftzeiten in dieser Reihe ab. Diese
Tatsache stellt ein entscheidendes Leistungskriterium der Ionenmobilitätsspektrometrie heraus. Verbindungen gleicher Masse können anhand unterschiedlicher Driftzeiten in einem IM-Spektrum getrennt werden.
3.1.2.2 Die reduzierte Ionenmobilitätskonstante
Die Mobilität K ist umgekehrt proportional zur Moleküldichte N des Driftgases.
Temperatur- und Druckänderungen führen nach dem idealen Gasgesetz zu einer
Änderung von N. Bei einer Temperaturerhöhung verringert sich die Moleküldichte,
wodurch die Geschwindigkeit v D und damit die Mobilität K der Ionen zunimmt. Um
einen Vergleich der gemessenen Werte für die Ionenmobilität mit verschiedenen
Spektrometern bei unterschiedlichen Drücken und Temperaturen zu ermöglichen
wurde die reduzierte Ionenmobilitätskonstante K0 eingeführt (s. Gleichungen 3.1 und 3.2).
Der Einführung der reduzierten Ionenmobilitätskonstanten ging die Vorstellung
voraus, daß das Verhältnis der Driftzeiten zweier beliebiger Ionen im Spektrum
immer gleich und somit unabhängig von Temperatur und Druck ist.
31
Theoretische Grundlagen der IMS
Bei Verwendung des gleichen Driftgases sollten daher die in der Literatur
publizierten stoffspezifischen K0-Werte vergleichbar sein. Allerdings führen
verschiedene Faktoren, wie die Beeinflussung des Wassergehaltes in der
Reaktionsatmosphäre auf die Ionenbildung und Beweglichkeit dazu, daß K0-Werte
nur bedingt unter der Angabe sämtlicher Parameter vergleichbar sind.
In den letzten Jahren sind verschiedene Verfahren entwickelt worden, zum Teil
basierend auf neuronalen Netzwerken, mit deren Hilfe man K0-Werte gut im voraus
berechnen kann [45, 69, 70].
32
Theoretische Grundlagen der IMS
3.2 Instrumentelle Grundlagen der Ionenmobilitätsspektrometrie
Im folgenden Kapitel sollen die wesentlichen Bauteile und deren Funktion eines IMSpektrometers erläutert werden. Durch den relativ einfachen Aufbau und der
möglichen Miniaturisierung können die Bestandteile der Geräte unterschiedlichen
analytischen Problemstellungen sehr gut angepasst werden.
3.2.1 Probenzufuhrsysteme
Handgehaltene Spektrometer, die für die Vor-Ort-Analytik und den Feldeinsatz
[71]
. Hierbei wird der
bestimmt sind, sind meist mit einem Membraneinlaß versehen
zu bestimmende gasförmige Analyt mit der Umgebungsluft vor eine Membran
gepumpt. Die gasförmigen Moleküle permeieren durch die Membran und gelangen
dabei in den Ionisationsraum. Der Vorteil dieser Technik besteht darin, daß die
Feuchtigkeit in der Meßröhre gering gehalten werden kann. Der direkte Einlaß der
Umgebungsluft würde besonders bei Feldeinsätzen die Feuchtigkeit stark erhöhen
und die Ionenbildung beeinflussen. Auch die in der Luft enthaltenen Stickoxide und
Ammoniak führen beim Direkteinlaß zu einer erhöhten Querempfindlichkeit. Spangler
[44]
zeigten, daß Polydimethylsiloxan als Membranmaterial ein hohes
und Carico
Rückhaltevermögen gegenüber Wasser, Stickoxiden und Ammoniak aufweist.
Die Membran erlaubt es zudem, die Spektrometer zur kontinuierlichen Analyse der
Umgebungsluft auch bei niedrigen Temperaturen einzusetzen. Niedrige Temperaturen erhöhen die Möglichkeit der Clusterbildung, die sich negativ auf die Auflösung
und Selektivität auswirkt. Eine erhöhte Clusterbildung muß bei Geräten mit Direkteinlaß durch Temperaturen von über 150-250°C kompensiert werden.
Ein wesentlicher Nachteil der Membran ist die Verschlechterung des
Ansprechverhaltens und des Nachweisvermögens, da immer nur ein geringer Anteil
der Moleküle durch die Membran permeiert.
Für die Analyse fester Proben wird meist die thermische Desorption [72, 73] oder die
Laserdesorption [74-76] verwendet. Die Desorption mit einem Laser hat gegenüber der
thermischen den Vorteil, daß der Desorptionsvorgang oftmals schneller und
vollständiger verläuft. Zudem liegen meist mildere Bedingungen vor, wodurch eine
geringere Fragmentierung des Analyten resultiert.
Roch und Baumbach [77] zeigten, daß der Laser auch gleichzeitig als
Ionisationsquelle eingesetzt werden kann. Durch die Frequenzvervielfachung bei NdYAG-Lasern ist es möglich die Desorption bei einer Wellenlänge von 1064 nm und
die anschließende Ionisation bei 266 nm durchzuführen.
33
Theoretische Grundlagen der IMS
Die Laserdesorption wurde auch schon zur Erkennung von Kunststoffen anhand von
[78, 79]
.
IM-Spektren unter Anwendung von neuronalen Netzwerken eingesetzt
Mit Hilfe des fokussierten Laserstrahls ist es möglich, eine weitgehend
zerstörungsfreie Desorption verschiedener Substanzen mit einer Ortsauflösung im
Mikrometerbereich zu erzielen
[80]
. Dabei kommt dem Verfahren die hohe
Nachweisstärke zu gute, indem die desorbierte Substanz über eine beheizte
Kapillare direkt in den Reaktionsraum des IMS geleitet wird.
Für die Messung von flüchtigen Proben sind in der Literatur oftmals Systeme mit
Septen für Spritzinjektionen direkt in den Reaktionsraum genannt. Diese Methode ist
besonders für quantitative Messungen vorteilhaft [81].
Eine weitere interessante Probenzufuhr besteht in der Kopplung der SPME-Technik
(solid phase microextraction) mit der IMS. Sie ermöglicht durch den
Adsorptionsprozeß
an
Thermodesorption eine
einer
speziellen
Glasfiber und
anschließender
schnelle Bestimmung organischer Substanzen aus
Abwässern [82].
3.2.2 Ionisationsquellen
Radioaktive Ionisationsquellen
Als Ionisationsquellen in Ionenmobilitätsspektrometern
dienen
hauptsächlich
radioaktive Strahlungsquellen. Hierzu eignet sich besonders aufgrund der
63
Langzeitstabilität das Ni -Isotop als β-Strahler, welches elektrolytisch auf einer
dünnen Folie aus Nickel, Nickellegierungen oder Gold abgeschieden ist. Die
63
maximale Energie der emittierten Elektronen beträgt 67 keV. Anstatt Ni wird auch
noch Tritium als β-Strahler verwendet [83]. Der entscheidende Vorteil bei Verwendung
radioaktiver Quellen ist, daß sie keine Energieversorgung und keine zusätzlichen
elektronischen Bauteile benötigen. Fehlfunktionen sind an diesen Quellen so gut wie
ausgeschlossen. Jedoch führte die bekannte allgemeine Problematik beim Umgang
radioaktiver Stoffe zu einer Vielzahl weiterer Ionisationsquellen. Auch heute noch ist
es eines der Hauptziele bei der Weiterentwicklung von IM-Spektrometern, eine
nichtradioaktive Quelle mit vergleichbaren Langzeitstabilitäten zu konstruieren.
UV-Ionisation
Zu den möglichen Ionisationsarten für die IMS gehört auch die Photoionisation. Sie
wird bereits mehrfach, speziell für den Nachweis aromatischer Kohlenwasserstoffe
eingesetzt [84-88]. Dabei werden meist miniaturisierte, mit Edelgas oder Wasserstoff
gefüllte Hohlkathodenlampen eingesetzt. Die Anordnung im Reaktionsraum des
Spektrometers erfolgt senkrecht oder axial zum Driftgasstrom [89-91].
Die axiale Anordnung hat allerdings den Nachteil, daß Probenmoleküle auch hinter
dem Schaltgitter ionisiert werden können.
34
Theoretische Grundlagen der IMS
Im Gegensatz zur chemischen Ionisation erfolgt die Bildung positiver Produkt-Ionen
direkt nach Gleichung (3.54):
AB + hν
AB*
AB+ + e-
Gleichung (3.54)
Das freie Elektron kann gleichzeitig durch einfache Anlagerung oder durch den
dissoziativen Ladungstransfer zum Nachweis negativer Produkt-Ionen dienen.
Durch das Fehlen von Reaktant-Ionen kann der gesamte Driftzeitbereich genutzt
werden. Umweltrelevante Kohlenwasserstoffe wie beispielsweise Benzen, Toluen
und Xylen zeigen aufgrund ihrer relativ geringen Protonenaffinitäten nur einen
schwachen bis mäßigen Response mit der klassischen Ionisation durch
β-Strahlung. Durch die geringen Ionisationspotentiale werden sie dagegen mit der
UV-Ionisation bereits im unteren ppb-Bereich empfindlich detektiert.
Ein weiterer Vorteil der UV-Quellen liegt in dem größeren Dynamikbereich, welcher
nicht durch die Anzahl von Reaktant-Ionen begrenzt ist. Quantitative Analysen
können somit auch ohne Verdünnungssysteme in höheren Konzentration
durchgeführt werden.
Aus der Wahl geeigneter Wellenlängen folgt eine höhere Selektivität bei der
Messung von Analytgemischen, was die Auswertung von IM-Spektren erheblich
erleichtert.
Laser-Ionisation
Anfang der 80er Jahre wurden erstmals Laser zur Ionisation eingesetzt [92-94] .
Eine hohe Steigerung der Selektivität sowie der Empfindlichkeit wurde durch die
resonanzverstärkte Multiphotonionisation (REMPI) mit UV-Laserpulsen erreicht.
Anwendungen fanden dabei Nd-YAG Laser mit Frequenzvervielfachung sowie
Excimer-Laser.
Der große Vorteil der Laserionisation liegt in der hohen Selektivität und der Effizienz
der Ionisation. Durch Wahl einer geeigneten Wellenlänge können auch in komplexen Matrices Zielsubstanzen anhand nur eines Peaks, M+ oder MH+ detektiert
werden. Ebenso wie bei der Photoionisation mit Hohlkathodenlampen kann durch
das Fehlen der Reaktant-Ionen der gesamte Driftzeitbereich genutzt werden. Wegen
des empfindlichen und kostenintensiven apparativen Aufwandes hat sich die
Laserionisation in kommerziell erhältlichen Geräten bisher nicht durchgesetzt.
Koronaentladung
Obwohl einige Arbeiten zur Koronaentladung als Ionisationsprozeß in
Ionenmobilitätsspektrometern bekannt sind [42, 95, 96], werden die Quellen nur für
einige spezielle Anwendungen im Labor eingesetzt. Gründe hierfür sind unter
35
Theoretische Grundlagen der IMS
anderem
die
zusätzlich
Stromversorgung
[91]
Fragmentierungsraten einzelner Verbindungen .
Shumate und Hill
[94]
benötigte
und
die
höheren
beschrieben eine Koronaspray-Entladungsquelle, die es
ermöglicht, auch flüssige Proben direkt zu analysieren. Dabei wird an einer dünnen
Nadel, deren Spitze in das Zentrum eines geerdeten Ringes (∅=1 cm) ragt, eine
Hochspannung von einigen tausend Volt angelegt. Die Entladung erfolgt dabei in der
Ebene zwischen der Spitze der Nadel und dem geerdeten Ring. Die in den
Koronaentladungsquellen ablaufenden Prozesse sind nahezu identisch mit den
bekannten APCI-Prozessen.
Ein großer Vorteil der Koronaentladungsquellen besteht darin, daß eine höhere
Ausbeute an Reaktant-Ionen erzielt werden kann.
36
Theoretische Grundlagen der IMS
3.2.3 Meßröhren
Seit der ersten Konstruktion eines Ionenmobilitätsspektrometers durch Karasek und
[97]
sind sehr unterschiedliche Meßröhren gebaut worden. Abhängig
Cohen 1970
vom analytischen Problem und insbesondere von der Art der Ionisation werden vor
allem die Dimensionen der gesamten Röhre variiert. Die Längen liegen dabei
zwischen 5 cm für handgehaltene Spektrometer und 50 cm für seltene
hochauflösende Laborgeräte
[22, 98]
. In der Abbildung 3.6 ist eine typische Meßröhre
mit den wichtigsten Komponenten schematisch dargestellt.
Elektrisches Feld
Spannungsteiler
Probeneinlaß
Driftgaseingang
Reaktionsraum
Driftraum
63Ni-Folie
Driftgasausgang
Schaltgitter
Metallringe
Isolatorringe Abschirmgitter Detektor
Abb. 3.6 Schematischer Aufbau einer IMS-Meßröhre
Zur Erzeugung eines homogenen elektrischen Feldes werden die meisten Röhren
stapelförmig aus Metall- und Isolatorringen aufgebaut [97-99].
Durch Spannungsteiler, die am Röhrenmantel angebracht sind, erhalten die
einzelnen Metallringe unterschiedliche Potentiale, wodurch sich beliebige Gradienten
einstellen lassen. Die Spannungen variieren dabei zwischen 1000 und 5000 V, so
daß sich in der Röhre Feldstärken von 150 bis 350 V/cm ergeben.
Die Homogenität des elektrischen Feldes ist vom Radius der Metallringe und deren
Abstände zueinander abhängig [100].
Eine andere Methode zur Erzeugung des elektrischen Feldgradienten wurde von
Spangler et. al. demonstriert. Hierbei wurde der innere Mantel eines keramischen
Zylinders mit einem leitfähigen Material beschichtet. Durch diese Methode lassen
[101, 102]
sich die Meßröhren noch kleiner und kompakter herstellen
.
Während man bei den meisten Spektrometern die Hochspannung umpolen muß, um
sowohl positive als auch negative Ionen zu detektieren, sind auch Geräte im Einsatz,
die über zwei Driftröhren verfügen. Die Detektion beider Ionensorten erfolgt hierbei
simultan [103].
37
Theoretische Grundlagen der IMS
Durch eine geeignete Schaltung läßt sich die Hochspannung jedoch schon im
Sekundenbereich umpolen, so daß auch hier eine quasi-simultane Detektion möglich
ist.
Gasflüsse
Die Gasflüsse im Spektrometer können auf unterschiedliche Weise geführt werden.
Im unidirektionalen Fluß strömt das Driftgas aus Richtung des Detektors. Die Probe
verbleibt nur für einen kurzen Augenblick im Reaktionsraum und wird ionisiert. Nicht
ionisierte Moleküle werden somit schnell aus dem Reaktionsraum durch den
entgegengesetzten Fluß des Driftgases ausgetragen. Verunreinigungen und damit
verbundene Reinigungszeiten werden durch diese Gasführung minimiert.
Driftgas
Reaktionsraum
Driftraum
Detektor
Driftgas
Reaktionsraum
Driftraum
Detektor
Abb. 3.7 Uni- und bidirektionale Führung des Driftgases
Bei der bidirektionalen Führung wird die Probe mit der Richtung des Driftgases in
den Reaktionsraum geführt. Die Probe verbleibt etwas länger im Reaktionsraum,
wodurch eine vollständigere Ionisation erfolgen kann.
Die gesamte Gasversorgung der Spektrometer erfolgt entweder durch einen
externen Gasvorratsbehälter oder durch einen geschlossenen Kreislauf wie
Abbildung 3.8 verdeutlicht.
38
Theoretische Grundlagen der IMS
Gasausgang
A
Probe
Gasausgang
B
Probe
Meßröhre
Meßröhre
Trägergas
Trägergas
Filter
Pumpe
Filter
Pumpe
Durchflußmesser u.
Regler
Abb. 3.8 Gasversorgung: A geschlossener Kreislauf; B externe Gasversorgung
Gasversorgung
[22]
Schaltgitter
Das Schaltgitter teilt die Röhre in den Reaktionsraum, in dem sämtliche
Ionisationsprozesse ablaufen, und in den Driftraum, in dem die Auftrennung des
Ionengemisches erfolgt. Das Gitter kontrolliert den Einlaß der Ionen in bestimmten
periodischen Zeitintervallen. Ein gepulstes Rechtecksignal bestimmt dabei die
Gitteröffnungs- und Schließzeit.
Zwei unterschiedliche Gittertypen finden dabei Verwendung. Während das TyndallGitter [104] aus zwei hintereinander liegenden Gittern mit parallel angeordneten
Drähten besteht, ist das Bradbury-Nielsen-Gitter nur in einer Ebene angeordnet.
Das Gitter ist „geöffnet“, wenn die beiden unterschiedlichen Drahtsätze jenes
Potential besitzen, welches an dem Ort der Röhre herrscht. In der Umgebung der
Gitterdrähte ist das elektrische Feld nicht gestört, so daß die Ionen das Gitter
ungehindert passieren können.
Wird ein zusätzliches Feld zwischen den beiden Drahtsätzen aufgebaut, welches
sich senkrecht zum bestehenden Feld ausbildet, „schließt“ das Gitter. Die Ionen
können das Gitter nicht passieren. Sie wandern je nach Polarität zum positiven oder
negativen Teil des Gitters und werden neutralisiert. Bis ein erneuter Puls das Gitter
kurzzeitig wieder öffnet und einen Teil der Ionenwolke in den Driftraum einläßt.
Es wird deutlich, daß man mit Hilfe des gepulsten Rechtecksignals einen großen
Einfluß auf die zeitliche Auflösung und die Nachweisempfindlichkeit hat.
39
Theoretische Grundlagen der IMS
Je kürzer die Pulsdauer ist, mit der das Gitter geöffnet wird, umso schärfer ist die
zeitliche Auflösung des Signals. Kurze Gitteröffnungszeiten verringern dagegen die
Anzahl der Ionen, die in den Driftraum gelangen und somit die Empfindlichkeit.
In den meisten Spektrometern befindet sich ca. 0,5 bis 2 mm vor dem Detektor ein
weiteres Gitter. Dieses sogenannte Abschirmgitter besteht ebenfalls aus parallelen
Drähten und ist für die Ausbildung von scharfen Signalen von besonderer
Bedeutung. Die als Detektor nachgeschaltete Elektrometerplatte wird von dem
elektrischen Feld der eintreffenden Ionen abgeschirmt. Fehlt dieses Gitter, würde der
Detektor nicht nur die aufprallenden Ionenladungen registrieren, sondern auch die
herannahenden Ionen, was zu einer wesentlichen Peakverbreiterung führen würde
[105]
.
3.2.4 Signalgenerierung
Ein Ionenmobilitätsspektrum gibt die Signalintensität (Ionenstrom/mA oder mV) als
Funktion der Driftzeit in [ms] wieder. Ein Triggerpuls (to) leitet den Meßvorgang ein
und öffnet das Gitter für einen kurzen Augenblick. Von diesem Zeitpunkt an wird mit
einer bestimmten Meßwertrate der Ionenstrom über einen Zeitraum von gewöhnlich
15 bis 30 ms gemessen. Das analoge Signal kann entweder mit einem Oszilloskop
oder mit einem Boxcar-Integrator verfolgt werden. Mit der Leistungsfähigkeit heutiger
Mikroprozessoren und PCs wird das Signal mit entsprechenden Analog-Digitalwandlern direkt digital zur Anzeige gebracht.
Wenn ein Spektrum stark verrauscht erscheint, so besteht die Möglichkeit der Spektrenakkumulation. Hierbei werden zur Verbesserung des Signal-RauschVerhältnisses beliebig viele Spektren zunächst akkumuliert und das gemittelte
Spektrum anschließend dargestellt. Hierdurch läßt sich das Nachweisvermögen in
gewissen
Grenzen
verbessern.
Allerdings
ist
die
Steigerung
des
Nachweisvermögens durch Verbesserung des Signal-Rausch-Verhältnisses dadurch
begrenzt, daß die Ionenströme vom Quotienten aus Gitteröffnungszeit und Scanzeit
abhängig sind [106]. Bei einer Gitteröffnungszeit von 250 µs und einer Scanzeit von 25
ms erreichen lediglich 1% der erzeugten Ionen den Detektor.
40
Theoretische Grundlagen der IMS
3.3 Kopplungstechniken
3.3.1 GC/IMS-Kopplung
Mit der Entwicklung der ersten Ionenmobilitätsspektrometer erkannte man, daß
durch eine Überdosierung von Analyten und ständig wechselnder Reaktionsatmosphäre durch unterschiedliche Matrices, die Selektivität der Methode sehr
eingeschränkt wurde. Die möglichen Ladungstransferreaktionen zwischen den
Reaktant-Ionen und den Matrixsubstanzen im Reaktionsraum des Spektrometers
konnten in Abhängigkeit von der Art der Begleitsubstanzen zu qualitativen und
quantitativen Falschaussagen führen.
Diese Tatsache führte bereits 1972 zu den ersten Ergebnissen einer Kombination
[26]
der Gaschromatographie mit der IMS . Dadurch, daß die Substanzen einer Matrix,
zeitlich nacheinander den Reaktionsraum des IMS erreichen, werden die
Ladungsübertragungsreaktionen immer auf die einzelnen Matrixbestandteile
beschränkt. Das Ionenmobilitätsspektrum kann somit zur Identifizierung der
Einzelsubstanzen dienen. Aufgrund von Fortschritten in der GC-Säulentechnologie,
durch Verwendung hochauflösender Kapillarsäulen und durch die große Auswahl an
substanzspezifischen Säulen ist die GC-IMS-Kopplung speziell in den letzten Jahren
[107-109]
. Mittlerweile sind miniaturisierte Geräte speziell für
weiterentwickelt worden
die Prozeß- und Vor-Ort-Analytik kommerziell erhältlich.
Für die Einführung der gasförmigen Eluenten in den Reaktionsraum des IMS haben
sich zwei unterschiedliche Kopplungstechniken bewährt. Bei beiden Kopplungsmethoden ist es besonders wichtig, daß ungeladene Teilchen so schnell wie möglich
aus dem Reaktionsraum des IMS entfernt werden, um Clusterbildungen oder
zusätzliche Ionen-Molekül-Reaktionen zu minimieren. Dieses wird durch einen
unidirektionalen Fluß des Driftgases erreicht.
Strömungsrichtung
Elektrisches Feld
Kapillarsäule
Spannungsteiler
Reaktionsraum
Driftgasausgang
Driftgaseingang
Driftraum
63Ni-Folie
Schaltgitter
Metallringe
Isolatorringe Abschirmgitter Detektor
Abb. 3.9 Seitliche Kopplung einer GC-Säule mit dem Reaktionsraum des IMS
41
Theoretische Grundlagen der IMS
In Abbildung 3.9 ist die seitliche GC-IMS Kopplung dargestellt. Die Kapillarsäule ist
dabei so nah wie möglich an der Ionisationsquelle positioniert, so daß einerseits eine
schnelle selektive Ladungsübertragung auf die Eluenten erfolgen kann, und
andererseits die Neutralteilchen durch den Druck des Driftgases in kürzester Zeit
herausgeführt werden können.
Die zweite Anordnungsmöglichkeit besteht in der axialen Kopplung, wobei die
Kapillarsäule in das Zentrum der Ionisationsquelle geführt wird (Abb. 3.10). Durch
die Zufuhr eines zusätzlichen Make-up-Gases wird eine gleichmäßige Verteilung des
gasförmigen Eluates in der Ionisationsquelle erreicht.
Strömungsrichtung
Elektrisches Feld
Spannungsteiler
Driftgaseingang
Kapillarsäule
Reaktionsraum
Driftraum
63Ni-Folie
Make-up Gas
Abb. 3.10
Driftgasausgang
Schaltgitter
Metallringe
Isolatorringe Abschirmgitter Detektor
Axiale Kopplung der GC-Säule mit dem Reaktionsraumdes IMS
Die Analysenzeiten sind gegenüber der klassischen Gaschromatographie um ein
Vielfaches reduziert worden. Die kurzen Analysenzeiten werden unter anderem
durch die Verwendung von Multikapillarsäulen erreicht [110].
42
Theoretische Grundlagen der IMS
3.3.2 IMS/MS-Kopplung
Die Identifizierung von Reaktant- und Produkt-Ionen, die im Reaktionsraum des IMS
gebildet werden, kann mit dem heutigen Stand der Technik nur über ein gekoppeltes
Massenspektrometer erfolgen. Bereits in den ersten grundlegenden Arbeiten zur IMS
nutzten Cohen und Karasek eine Driftröhre als Ioneneinlaßsystem für ein
Quadrupolmassenspektrometer und identifizierten die charakteristischen Peaks
eines Ionenmobilitätsspektrums von Dimethylsulfoxid
[97]
. Der Ionenübergang vom
IMS zum MS erfolgte dabei durch ein sogenanntes Pinhole im Zentrum des IMSDetektors. In Abb. 3.11 ist eines der wenigen auf dem Markt befindlichen IMS/MSGeräte der Firma PCP, Inc. (West Palm Beach, Florida) schematisch dargestellt.
Ionenquelle mit
Fokussierblenden
IMS
Quadrupol-Massenspektrometer
Gasauslaß
Ionenquelle
Probe
Channeltron
Quadrupol
Ni-63
Pinhole
Signalgenerierung
Driftraum
Fokussierblenden
Gitter
Driftgas
Turbomolekularpumpe
Diffusionspumpe
Abb. 3.11 Schematische Darstellung der IMS/MS-Kopplung des MMS-160
Das MMS-160 besteht im wesentlichen aus einer gewöhnlichen IMS-Zelle mit zwei
elektrischen Schaltgittern mit dem Unterschied, daß die Ionen durch ein „Pinhole“ im
Zentrum des Detektors in den anschließenden Quadrupol gelangen. Das MMS-160
kann vor allen Dingen zur Aufklärung von Ion-Molekül-Reaktionen und zu
Strukturbestimmungen der im Reaktionsraum gebildeten Ionen dienen. Des weiteren
wird es in der Halbleiterindustrie zur Identifizierung von organischen
Spurenverunreinigungen auf empfindlichen elektronischen Bauteilen eingesetzt.
Dabei werden Substanzmengen im Bereich von einigen Femtogramm detektiert [111].
43
Theoretische Grundlagen der IMS
Durch vier unterschiedliche Scan-Techniken kann die Anzahl an analytischen
Informationen von Substanzen und Substanzgemischen beträchtlich gesteigert
werden:
1. Die Aufnahme von IMS-Spektren erfolgt in gewöhnlicher Weise mit dem
Unterschied, daß die Größe des Reaktions- und des Driftraumes durch die
getrennte Nutzung der beiden Schaltgitter variiert werden kann. Die Registrierung
kann dabei auch mit Hilfe des MS-Detektors erfolgen.
2. Die Ionen durchwandern bei ständig geöffneten Schaltgittern die Driftröhre und
werden nach ihrer Masse mit Hilfe des Quadrupols getrennt und identifiziert.
Hierbei dient das IMS lediglich als Ionenquelle und registriert werden APCIMassenspektren.
3. Sämtliche Ionen, die zu einem Signal im IMS-Spektrum führen, werden nach
ihrem m/z-Verhältnis getrennt und identifiziert. Dabei werden aufgrund der hohen
Auflösung des Quadrupols auch die Ionen detektiert, die sich im
Ionenmobilitätsspektrum gegenseitig überlagern und nur zur einem Signal führen.
Diese Scan-Technik dient vor allem zum Nachweis von Cluster-Bildungen der
Ionen mit Neutralteilchen im Reaktionsraum des IMS.
4. Wird das Massenspektrometer auf einen bestimmten m/z-Wert eingestellt, werden
im Ionenmobilitätsspektrum nur Signale von Ionen der gleichen Masse registriert.
Im Massenspektrum erscheint bei einem Isomeren-Gemisch zwar nur ein Signal;
die Isomeren können jedoch aufgrund ihrer unterschiedlichen Mobilitäten getrennt
werden.
Die IMS/MS-Kopplung kann wichtige Informationen über die Zusammensetzung der
Ionen geben, die in einem gewöhnlichen IMS-Spektrum als Peak erscheinen.
Allerdings setzt die Interpretation der IMS/MS Ergebnisse Kenntnisse über die
möglichen Vorgänge, die am „Pinhole-Interface“ ablaufen, voraus. Die große
Druckdifferenz zwischen IMS und Massenspektrometer sowie der relativ große
Durchmesser des „Pinholes“ können Veränderungen in der Struktur und der
[46]
Zusammensetzung der Ionen-Cluster hervorrufen .
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