Freie Universität Berlin Fachbereich Physik WS 2006/2007 10.11.2006 Statistische Physik - Theorie der Wärme (PD Dr. M. Falcke) Übungsblatt 5: Van-der-Waals Gas / Kanonisches Ensemble (2 Punkte) Aufgabe 1 Leiten Sie aus der in der Vorlesung berechneten Zustandssumme des van-der-Waals Gases Z= (V − V0 )N N 2 a e V kT λ3N N ! (a) die thermische Zustandsgleichung p = p(V, T ), (b) die kalorische Zustandsgleichung E = E(V, T ), (c) sowie die spezifische Wärme CV ab und vergleichen Sie die Ergebnisse mit denen des idealen Gases. Aufgabe 2 (4 Punkte) Ein ideales Gas von N ununterscheidbaren Molekülen der Masse m sei in einem zylindrischen Volumen mit Basisfläche A und Höhe h enthalten. a. Berechnen Sie die Zustandssumme für das System, unter Berücksichtigung des Beitrages der Schwerkraft. b. Berechnen Sie die mittlere Energie (innere Energie) des Systems. c. Unter welcher Bedingung kann der Beitrag der Schwerkraft vernachlässigt werden? Betrachten Sie als Beispiel ein Gas bestehend aus Sauerstoffmolekülen in einem 1 Meter hohen Zylinder. Die inneren Freiheitsgrade der Sauerstoffmolekle sollen hier vernachlässigt werden. Aufgabe 3 (4 Punkte) a. Zeigen Sie, daß der Betrag der elektrischen Polarisation P eines idealen Gases, dessen N Moleküle jeweils ein elektrisches Dipolmoment vom Betrag µ tragen, gegeben ist durch kB T N µE − P = µ coth V kB T µE wobei V das Volumen des Gases und E die Stärke des äußeren elektrischen Feldes ist. b. Zeigen Sie, daß in kleinen elektrischen Feldern, d.h. µE ≪ kB T , die dielektrische Konstante ǫr des Gases die Relation 1 N µ2 ǫr = 1 + ǫ0 V 3kB T erfüllt. Hinweis: Welcher Zusammenhang besteht zwischen der dielektrischen Verschiebung und der Polarisation? Wie hängen das elektrische Feld und die Polarisation für kleine Feldstärken zusammen? Abgabetermin: Mittwoch, 22.11.2006 vor Beginn der Vorlesung. Lösungen Aufgabe 1 Aus der kanonischen Zustandssumme erhält man zunächst die freie Energie gemäss F = −kT ln Z. Das totale Differential der freien Energie lautet: dF = −SdT − pdV + µdN , sodass sich die thermische ∂F Zustandsgleichung aus p = − ∂V ergbit. Die kalorische Zustandsgleichung erhält man über die T,N ∂F Beziehung E = F + T S = F − T ∂T V,N . (a) thermische Zustandsgleichung: p 1 ∂Z ∂F = kT ∂V Z ∂V = − = λ3N N ! − N 2 a e V kT kT (V − V0 )N = N kT N 2a − 2 , V − V0 V N (V − V0 )N −1 N 2 a N 2 a (V − V0 )N N 2 a V kT − e e V kT λ3N N ! kT V 2 λ3N N ! 2 was sich auch in der Form: (p + NV 2a )(V − V0 ) = N kT schreiben lässt. Das effektive Volumen ist also gegenüber dem des idealen Gases um V0 verringert, während es aufgrund der gegenseitigen 2 Anziehung der Moleküle zu einem zusätzlichen Druckterm NV 2a kommt. (b) Kalorische Zustandsgleichung: Wir berechnen zunächst die freie Energie und benutzen die Stirlingsche Näherung N ! ≈ N N e−N , d.h. wir vernachlässigen Terme der Ordnung O(log N ) N 2a (V − V0 )N − F = −kT ln Z = −kT ln 3N N −N λ N e V = −kT N ln (V − V0 )e λ3 N − N 2a . V Daraus folgt für die Entropie S ∂F = kN ln ∂T = − = kN (V − V0 )e λ3 N + kT N λ3 N e(V − V0 ) −3e(V − V0 ) N λ4 −λ 2T 3 (V − V0 )e + . ln λ3 N 2 dλ λ Hier haben wir in der ersten Zeile dT = − 2T benutzt, wobei λ(T ) = Wellenlänge ist. Somit ergibt sich für die Energie schließlich E = F + TS = Sie ist also um den Term auch ausnutzen, daß N 2a V √ h 2πmkT die thermische 3 N 2a kT N − . 2 V gegenüber der des idealen Gases verringert. Alternativ läßt sich E=− ∂ ∂ ln Z = kB T 2 ln Z ∂β ∂T (1) gilt,woraus umgehend 3N N −N λ N e (V − V0 )N N a2 N 2a 3 −3N −1 dλ E = kB T 2 · (−3N )λ − = kT N − N N −N 2 (V − V0 ) N e dT V kB T 2 V (2) folgt. (c) Die spezifische Wärme erhält man über die Beziehung ∂S 3 −λ −3λ3 CV = T = kN. = T kN 4 ∂T λ 2T 2 Sie ist also dieselbe wie die des idealen Gases. Aufgabe 2 a. Sei Z (1) die Zustandssumme eines Moleküls. Dann ist die Zustandssumme des Gases Z = 1 (1) N ) . Das kann durch die Stirlingsche Formel genähert werden als Z = ( Ne Z (1) )N . N ! (Z Die Hamiltonfunktion für ein Teilchen, das sich an der Höhe h über dem Boden befindet, ist: H (1) = p2 + mgh 2m (3) wobei g die Erdbeschleuingung ist. Die Zustandssumme für ein Teilchen ist daher: Z 3 3 d ~pd ~r −βH (1) (1) e Z = h3 Γ = Z∞ 4πp2 −β p2 e 2m dp h3 Ae−βmgy dy 0 0 = Zh 2πm h2 β 3/2 A(1 − e−βmgh ) βmg (4) b. Die innere Energie ist durch U =− ∂ ln Z ∂β (5) gegeben. Wir bekommen U " ∂ N ln = − ∂β N e 2πm βh2 3/2 (1 − e−βmgh ) A βmg !# 3 ∂ −βmgh N − ln β − ln β + ln(1 − e ) + ... = − ∂β 2 = 5 mgh N/β − N βmgh . 2 (e − 1) (6) c. Der Beitrag der Schwerkraft kann immer dann vernachlässigt werden, wenn die thermische Energie kT wesentlich größer als die potentielle Energie eines Teilchens ist, also wenn ε≡ mgh ≪ 1, kT (7) gilt. Für diesen Fall kann man die Exponentialfunktion entwickeln U ≃ 5 mgh N/β − N (βmgh)2 2 (1 + βmgh + + O(ε3 ) − 1) 2 = mgh 5 N/β − N 2 + O(ε2 )) βmgh(1 + βmgh 2 (8) = 3 mgh . N kT 1 − O 2 kT (9) und erhält im Limes (7) die innere Energie eines idealen Gases nicht wechselwirkender Teilchen. Die Masse von Sauerstoffmolekülen ist 32u = 5.12 × 10−26 kg. Wegen dieser geringen Masse erreicht die potentielle Energie eines Teilchens erst bei einer Temperatur von T ≃ mgh k = 5.12 × 10−26 × 9, 8 × 1 K 1.38 × 10−23 = 0.036K (10) die Größenordnung der thermischen Energie. Diese einfache Abschätzung zeigt, daß die Schwerkraft für ein einatomiges Gas in einem 1 m hohen Zylinder bei Zimmertemperatur praktisch keine Rolle spielt. Aufgabe 3 a. Befinden sich in einem Volumen V insgesamt N elektrische Dipole mit Dipolmomenten µi , i = 1, . . . , N , so ist die Polarisation P allgemein als folgender Mittelwert definiert: 1 X P= hµi i . (11) V i In einem polaren Gas ohne externes Feld verschwindet die Polarisation, da im Mittel das permanente Dipolmoment in jede Richtung gleichwahrscheinlich zeigt. Wird ein externes Feld angelegt, so richten sich die Dipolmomente in Richtung des Feldes aus, jedoch ständig gestört durch die thermische Bewegung. Im Sinne der klassischen Statistik ist es daher notwendig, zunächst die mittlere Polarisation pro Teilchen zu berechnen, um Gleichung (11) auszuwerten. Bezeichne ϑ den Winkel zwischen dem elektrischen Dipolmoment µ und dem externen elektrischen Feld E, dann entspricht u = −E · µ = −Eµ cos ϑ (12) der potentiellen Energie. Ohne Beschränkung der Allgemeinheit legen wir das elektrische Feld in Richtung der positiven z Achse. Damit ist die Wahrscheinlichkeit, den Winkel ϑ in einem infinitesimalen Raumwinkel dω um ϑ zu finden, durch p(ϑ)dω = C exp {−βu} dω = C exp {βEµ cos ϑ} sin ϑdϑdφ (13) gegeben. Hierbei bezeichnet C die Normierungskonstante C −1 = Zπ 0 dϑ Z2π dφ exp {βEµ cos ϑ} sin ϑ . (14) 0 Um die mittlere Polarisation zu berechnen, mssen wir den Mittelwert für jede Komponente (µx , µy , µz ) auswerten. Dazu wechseln wir zu Kugelkoordinaten, in denen µx µ sin ϑ cos φ µy = µ sin ϑ sin φ (15) µz µ cos ϑ gilt. Aufgrund der φ Integration bei der Mittelwertbildung verschwinden hµx i und hµy i, sodaß nur die Polarisation in Richtung des externen Feldes von Null verschieden ist. Wir erhalten hµ cos ϑi = C Zπ dϑ 0 Z2π dφ µ cos ϑ exp {βEµ cos ϑ} sin ϑ . (16) 0 Da sich die φ Integration herauskürzt, benötigen wir nur die Integrale Zπ dϑ exp {βEµ cos ϑ} sin ϑ = 0 Z1 dy exp {βEµy} = −1 2 sinh (βEµ) 1 βEµ e − e−βEµ = (17) βEµ βEµ und Zπ dϑ cos ϑ exp {βEµ cos ϑ} sin ϑ = 0 Z1 d y exp {βEµy} dy = dβEµ −1 Z1 exp {βEµy} dy . (18) −1 Somit erhalten wir hcos ϑi = d ln da sinh a a = coth (βEµ) − a=βEµ 1 =: L (βEµ) . βEµ (19) . (20) und abschließend für den Betrag der Polarisation P = N N µhcos ϑi = µL V V Eµ kB T b. Bei der Untersuchung von Dielektrika fhrt man die dielektrische Verschiebung D gemäß D = ǫ0 E+ P ein, wobei ǫ0 die Dielektrizitätskonstante des Vakuums bezeichnet. In einem homogenen und isotropen Medium steht die Polarisation stets in Richtung des externen Feldes. Für kleine Felder E kann daher P = ǫ0 χE (21) angesetzt werden. Hierbei ist χ die Suszeptibilität, also die Konstante in der linearen Antwort. Damit erhalten wir aus der dielektrischen Verschiebung D = ǫ0 E + P = ǫ0 E + ǫ0 χE = (1 + χ) ǫ0 E =: ǫr ǫ0 E . (22) Für µE ≪ kB T läßt sich L um 0 entwickeln, wofür allgemein gilt: L(a) = a a3 − + O(a5 ), . 3 45 (23) Berücksichtigen wir nur den linearen Term, so ist P linear in E, und Gleichung (22) liefert: ǫr = 1 + 1 N µ2 . ǫ0 V 3kB T (24)