Matthias Hinrichs 22.11.1999 Praktikum Anorganische Chemie II Übergangsmetallkomplexe: [Co(en)3]Br3*3H2O 1. Theorie: Die Erklärung zur Art und Struktur von Komplexen, werden am besten durch die Kristallfeldtheorie und die Ligandenfeldtheorie geliefert, die den Einfluß des elektrostatischen Ligandenfeldes auf die Energie der d-Elektronen eines Übergangsmetallions oder -atoms untersucht. Dabei werden die Liganden nur als punktförmige Ladungen betrachtet, wobei die zwischen Zentralatom und Ligand herrschen Wechselwirkungen als rein elektrostatisch angesehen werden, wodurch die Liganden ein Ligandenfeld erzeugen. Bringt man ein Zentralatom in ein kugelsymmetrisches Ligandenfeld, dann werden die d-Orbitale des Zentralatoms, bedingt durch die Abstoßung des negativen Feldes mit den d-Elektronen, energetisch angehoben, bleiben aber entartet, d.h. sie haben alle dieselbe Energie. Wird dieses kugelsymmetrische Ladungsfeld jetzt aber durch punktförmige Liganden ausgetauscht, dann kommt es zu unterschiedlich starken Abstoßungen der 5 d-Orbitale mit den negativen Ladungen der Liganden, was zu einer energetischen Anhebung und einer energetischen Absenkung der entsprechenden Orbitale führt. Das bedeutet, daß der Energieverbrauch zur Anhebung einiger Orbitale durch den Energiegewinn zur Absenkung anderer Orbitale ausgeglichen werden muß. Die Größe der Aufspaltung der Orbitale des Zentralatoms hängt sowohl von der Art des Zentralatoms als auch von der Art der Liganden ab. Um diese Verhältnisse aufzuzeigen hat man eine spektrochemische Reihe der Metallionen und der Liganden eingeführt. Die Aufspaltung nimmt bei festen Liganden innerhalb einer Übergangsmetallgruppe als auch mit wachsender Ladung (größere Anziehung) des Zentralions zu Pt4+ > Pd4+ > Mo3+ > Mn4+ > Co3+ > Cr3+ > Fe3+ > Co2+ > Mn2+ Die spektrochemische Reihe der Liganden läßt sich unter Berücksichtigung partieller kovalenter Bindungsanteile aufstellen. Liganden, die Metall - Ligand - Rückbindungen eingehen können (z.B. CN-, CO), verursachen eine relativ starke Aufspaltung der d-Orbitale des Zentralatoms. CO > CN- > en > NH3 > NC- > H2O > OH- > F- > Cl- > S2- > Br- > IWie oben schon erwähnt hängt die Größe der Aufspaltungsenergie der d-Orbitale von der Art des Zentralatoms, also von seiner Elektronendichteverteilung n seinen d-Orbitalen ab. Außerdem ist aber auch die Art der Annäherung der Liganden (z.B. auf den Raumachsen oder dazwischen) entscheidend für die Aufspaltungsenergie. Je nachdem wie viele Liganden an dem Komplex beteiligt sind, entstehen unterschiedliche geometrische Figuren. Die wichtigsten sind: Oktaeder (6 Liganden) / Tetraeder und quadratisch planare Systeme mit jeweils 4 Liganden. Liegt ein Oktaeder vor, gibt es ein oktaedrisches Ligandenfeld. Die Liganden nähern sich dem Zentralatom entlang den Raumachsen, wobei sie genau auf die Obitale dx − y und dz treffen und 2 2 2 elektrostatische Abstoßungskraäfte zwischen den Elektronen dieser Orbitale und den Elektronen der Liganden wirksam werden. Die Orbitale werden dadurch energetisch angehoben, wobei nach obiger Bedingung die drei anderen Orbitale energetisch abgesenkt werden müssen, was auch möglich sind, da diese zwischen den Raumachsen konzentriert sind, und daher nicht so unter dem Einfluß der Liganden stehen. Die beiden energetisch höheren Orbitale werden eg-Orbitale und die drei energetisch tiefer liegenden Orbitale t2g-Orbitale genannt. E eg D 0 t2g = Ligandenfeldaufspaltungsenergie freies Zentralion Zentralion im kugelförmigen Ladungsfeld Zentralion im oktaedrischen Ligandenfeld Mit den beiden letzten Energieniveaus im oktaedrischen Ligandenfeld kann man jetzt die verschiedenen Färbungen der Komplexe erklären. Sie beruhen auf einem Sprung der Elektronen zum energetisch günstigeren Energieniveau. Dabei wird Energie in Form von Licht frei. Die Farbigkeit von d0 - Komplexen, z.B. MnO4- beruht auf Elektronenübergängen zwischen Metallion und Liganden (Charge-Transfer-Übergänge). Außerdem kann jetzt auch der Paramegnetismus erklärt werden. Dieser liegt vor, wenn die beiden oberen Orbitale jeweils einfach besetzt sind. Im Tetraedrischen Ligandenfeld nähern sich die Liganden dem Zentralion zwischen den Raumachsen, was den gleichen Effekt, wie oben verursacht, außer daß jetzt die drei Orbitale dxy, dxz und dyz energetisch angehoben werden und die auf den Raumachsen liegenden Orbitale abgesenkt werden. E Freies Zentralion Zentralion im kugelf. Ladungsfeld Zentralion im teraedrischen Ligandenfeld Die geringere Zahl der Liganden bewirkt zusammen mit der verminderten elektrostatischen Abstoßung eine kleinere Aufspaltung als im oktaedrischen Ligandenfeld. Auch hier kann die Farbe wie oben erklärt werden. Im quadratischen Ligandenfeld erfahren die Orbitale dz , dxz und dyz im Vergleich zu den 2 Orbitalen in xy-Richtung eine energetische Absenkung, da sich die vier Liganden in Richtung der xy-Achse annähern. Dadurch steigt die Energie des dx − y und dxy Orbitals an. Die im 2 2 oktaedrischen Ligandenfeld entarteten eg Zustände erfahren hier also noch eine zusätzliche Aufspaltung. Der Energieschwerpunkt liegt tiefer als im oktaedrischen Ligandenfeld und die Aufspaltungsenergie vergrößert sich. E dx 2 − y2 Aufspaltungs- energie dxy dz 2 dxz, dyz Es gibt nun sog. High-Spin und Low-Spin Komplexe, hier am Beispiel des oktaedrischen Ligandenfeldes erklärt. Wie schon erwähnt gibt es Liganden, die eine höhere Aufspaltung verursachen als andere. High-Spin und Low-Spin Komplexe können nur von d4-d7 Konfiguration des Zentralions ermöglicht werden. Zunächst werden die drei unteren Orbitale besetzt. Sind noch Elektronen übrig, die einem Orbital zugeordnet werden müssen, dann ist die Aufspaltungsenergie entscheidend. Will man ein Elektron in en Orbital bringen, daß bisher nur einfach besetzt ist, so muß man die elektrostatischen Abstoßungskräfte und die Spinpaarungsenergie aufbringen. Verursachen nun die Liganden eine starke Aufspaltung, dann kann es passieren, daß diese Aufspaltungsenergie größer ist, als die Energie, die man aufbringen muß, um zwei Elektronen zu paaren. Es entsteht daher ein Low-Spin Komplex. Ist die Aufspaltungsenergie aber kleiner als die Paarungenergie zweier Elektronen, dann ist es energetisch günstiger, ein Elektron in das höher liegende Orbital zu setzten, und es entsteht ein High-Spin-Komplex. Low - spin High - spin E E D klein 0 D groß 0 Bei der Stabilität von Komplexen ist zwischen thermodynamischer und kinetischer Stabilität zu unterscheiden. Die thermodynamische Stabilität kommt in der Komplexzerfallskonstanten zum Ausdruck. Ist sie sehr klein, zerfällt der Komplex praktisch nicht: [Co(NH3)6]3+ + 6 H2O à [Co(H2O)6]3+ + 6 NH3 K= 10-34 In saurer Lösung ist der Komplex dagegen thermodynamisch instabil: [Co(NH3)6]3+ + 6 H3O+ à [Co(H2O)6]3+ + 6 NH4+ K=1022 Trotzdem bleibt er auch in saurer Lösung wochenlang existenzfähig, da der Ligandenaustausch nur sehr langsam verläuft; der Komplex ist hier also kinetisch stabil. Die Komplexbildung verändert häufig auch die Redox-Eigenschaften der Metallionen. Dadurch können Metallionen, die sonst in einer Oxidationsstufe nicht in Wasser haltbar sind, durch Komplexbildung stabilisiert werden. Z.B. ist das Co3+ Ion in Wasser ein starkes Oxidationsmittel (E0 = 1,81V), das Wasser zu Sauerstoff oxidieren kann und deswegen in Wasser nicht lange haltbar ist. Gibt man allerdings Ammoniak oder Äthylendiamin als Komplexierungsmittel hinzu, ist das Co3+ Ion wesentlich stabiler gegen Reduktion (E0 = 0,11V) und kann das Wasser nicht oxidieren. Komplexbildung kann ein Metallion auch daran hindern zu disproportionieren. Cu+ disproportioniert in Wasser beispielsweise zu Cu und Cu2+, der Komplex [Cu(NH3)2]+ ist jedoch gegen Disproportion stabil. Wie in der organischen Chemie auch, gibt es bei den Komplexen chirale Moleküle. Der in dem nachfolgenden Versuch darzustellende Komplex [Co(en)3]3+ hat z.B. zwei Enantiomere, bedingt durch den zweizähnigen Liganden en (1,2,-diaminoethan). Solche Komplexe mit Liganden, die über mehrere Atome mit dem Zentralion koordinieren nennt man Chelatkomplexe. Versuchsdurchführung: 10 g CoCl2 * 6 H2O werden in 150 g wäßriger 10%iger Äthylendiaminlösung aufgelöst. Dazu wird nun eine berechnete Menge H2O2 gegeben, wodurch das Co2+ zu Co3+ oxidiert wird. Co2+ à Co3+ + e- |*2 H2O2 + 2 e- à H2O + O22 Co2+ + H2O2 à H2O + O2- + 2 Co3+ Durch diese Oxidation schlägt die Farbe der Lösung von rot auf braun um, da der Komplex gebildet wird. Nun versetzt man die Lösung so lange mit konzentrierter HCl, bis die Lösung sauer reagiert. Anschließend dampft man die Lösung bis zur Kristallisation ein, und löst die Kristallmasse in Wasser auf. Nun gibt man 5 g NH4NO3 dazu und es fällt 1,6-[Co(en)2Cl2]NO3 aus. Der entstandene Niederschlag wird abfiltriert und verworfen. Zu den so entstandenen Filtrat wird nun 15 g NaBr hinzugegeben, wodurch der gewünschte Komplex [Co(en)2]Br3 * 3 H2O ausfällt. Dieser Niederschlag wird filtriert und anschließend getrocknet. CoCl2 * 6 H2O haben eine Molmasse von 238 g/mol 10 g entsprechen 0,042 mol um 0,042 mol Co2+ mit H2O2 zu oxidieren, braucht man die Hälfte, also 0,021 mol H2O2 nach obiger Gl. 0,021 mol H2O2 haben eine Masse von 0,714 g Im Labor ist die 30%ige H2O2 Lösung enthalten. Diese Angabe bezieht sich auf die Gewichtsprozente was bedeutet, daß in einem Liter Lösung etwa 300 g H2O2 auf 700 g H2O kommen. 300 g H2O2 entsprechen 8,8 mol also ist die 30%ige H2O2 Lösung 8,8 molar. Insgesamt braucht man 0,002 l H2O2 Lösung. Man muß also ca. 2 - 3 ml H2O2 Lösung hinzufügen. Ausbeuteberechnung: 10 g CoCl2 * 6 H2O entsprechen 0,042 mol Co. Daraus ergibt sich die maximale Ausbeute von 0,042 mol [Co(en)3]Br3 * 3 H2O: das sind 22,39 g mit einer Molmasse von 533 g/mol des Cobaltkomplexes. Gefunden wurden 10,5 g was einer Ausbeute von ca. 47,9 % entspricht. Toxikologie: CoCl2 * 6 H2O: gesundheitsschädlich beim Verschlucken Irreversibler Schaden möglich Sensibilisierung durch Hautkontakt möglich Bei der Arbeit geeignete Schutzkleidung und Schutzhandschuhe tragen H2O2: Verursacht Verätzungen Kühl aufbewahren Bei Berührung mit den Augen sofort gründlich mit Wasser ausspülen und einen Arzt hinzuziehen Bei der Arbeit geeignete Schutzkleidung, Schutzhandschuhe und Schutzbrille tragen Bei Unfall oder Unwohlsein sofort einen Arzt hinzuziehen NH4NO3: Feuergefahr bei Berührung mit brennbaren Stoffen Explosionsgefahr bei Berührung mit brennbaren Stoffen Von Zündquellen fernhalten. Explosions- und Brandgase nicht einatmen Literatur: Charles E. Mortimer S. 509 - 525 Gmelins Handbuch der anorganischen Chemie, Co Teil B, 8.Auflage, S. 333 Brauer, Handbuch der präparativen anorganischen Chemie, 3. Auflage, Bd. 3, S 1681