4. Fremdgeführte Stromrichter

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4.
Fremdgeführte Stromrichter
Fremdgeführte Stromrichter benötigen eine fremde, nicht zum Stromrichter gehörende Wechselspannungsquelle, die ihnen während der Dauer der Kommutierung die Kommutierungsspannung
zur Verfügung stellt.
4.1 Netzgeführte Gleich- und Wechselrichter
Netzgeführte Gleich- und Wechselrichter erfüllen die Grundfunktion des Gleich- und Wechselrichtens und beziehen ihre Kommutierungsspannung vom Wechsel- bzw. Drehstromnetz, sie
nutzen also die im Netz vorhandenen Spannungen zur Kommutierung. Der mögliche
Kommutierungsbereich ist auf eine Halbperiode beschränkt.
Netzgeführte Gleich- und Wechselrichter werden im Allgemeinen mit Netz-Thyristoren realisiert.
Bei ungesteuerten Gleichrichtern werden Netz-Dioden eingesetzt, die eine nahezu konstante
Gleichspannung liefern. Die Gleichspannung ist abhängig von der Gleichrichterschaltung und der
Netzspannung. Einen geringen Einfluss auf die Gleichspannung hat die Last.
Ungesteuerte Stromrichter (Gleichrichter)
Bei der idealen Gleichrichterschaltung treten keine Verluste auf. Es gilt:
PMisch
P
PNetz
U d Id
U 2~ eff
RL
mit U ~ eff
U2
(4.1)
1
Bezieht man nun den Wechselwert der Mischspannung U~eff auf den Gleichwert der Mischspannung Ud am Verbraucher RLast, so erhält man die Welligkeit w.
w
U ~ eff
Ud
INetz
(4.2)
Id
I
W
UNetz
Idealer
W
Ud
U
RLast
Stromrichter
PNetz
PMisch
P
Prinzipschaltbild einer idealen Gleichrichtung
Netzgeführte Gleich- und Wechselrichter werden in der Leistungselektronik mit allgemein
gültigen Gleichungen berechnet. Die nachfolgenden Begriffe finden dabei Anwendung.
Unter Pulszahl p versteht man die Anzahl der Gleichspannungsblöcke, die mit einer Periode der
speisenden Wechselspannung zusammenfallen. Die Pulszahl p entspricht der Gesamtzahl der
nicht gleichzeitigen Kommutierungen einer Stromrichterschaltung während einer Netzperiode.
Die Kommutierungszahl q gibt die Anzahl der während einer Netzperiode auftretenden
Kommutierungsvorgänge innerhalb einer Gruppe von miteinander kommutierenden Ventilen an.
Außerdem sind s die Anzahl der in Reihe geschalteten Kommutierungsgruppen, g die Anzahl der
Kommutierungsgruppen, auf die sich der Gleichstrom aufteilt und die Anzahl der gleichzeitig
kommutierenden Kommutierungsgruppen.
Die Pulszahl p ergibt sich nach Gl. (4.3):
q s g
p
(4.3)
G. Schenke, 9.2014
Leistungselektronik
FB Technik, Abt. E+I
36
Einpuls-Mittelpunktschaltung (M1)
Die Einpuls-Mittelpunktschaltung wird auch als Einweggleichrichter-Schaltung bezeichnet. In der
Leistungselektronik hat sie wegen ihrer ungünstigen Werte nur eine geringe Bedeutung.
INetz
I
1:1
Id
UNetz
Ud
U
M1-Schaltung und deren
Spannungsverläufe
RLast
ud û
û
U=
2
û
Ud =
t
T
-û
Für die M1-Schaltung gelten nachfolgende Werte:
p
1
q
1
s
1
g
1
1
(4.4)
U2
û
2 U
Ud
w 121 %
2 R Last
Bei der M1-Schaltung ist der Gleichstrom Id gleich dem Durchlassstrom der Diode. Bei reiner
Widerstandslast gilt:
î
Id
IFAV
(4.5)
P
Der Effektivwert des sekundären Außenleiterstromes I ist gleich dem Effektivwert der Diode. Bei
reiner Widerstandslast gilt:
î
I IFRMS
(4.6)
2
Der Eingangsstrom eines Einpulsstromrichters ist ein Mischstrom. Da ein Transformator aber nur
Wechselströme überträgt, fließt der Gleichstromanteil lediglich durch die Sekundärwicklung, der
Transformator wird hierdurch vormagnetisiert. Mit ü = 1 gilt:
I Netz
w Id 1,21 Id
(4.7)
Für die sekundäre Scheinleistung S und die primäre Netzleistung SNetz gelten bei reiner Widerstandslast:
Id
Ud
S U I
3,49 Pd
2
2
(4.8)
ü
Ud w I d
SNetz
U Netz I Netz
2,69 Pd
ü
2
G. Schenke, 9.2014
Leistungselektronik
FB Technik, Abt. E+I
37
Die Bauleistung bzw. Typleistung ST des Transformators entspricht dem Mittelwert von Primärund Sekundärleistung.
ST
0,5 (SNetz S) 3,09 Pd
(4.9)
Zweipuls-Mittelpunktschaltung (M2)
Grundlage der Mittelpunktschaltung ist ein Stromrichtertransformator mit sekundärseitiger
Mittelanzapfung. Die Sekundärseite wird hier zweckmäßig als zweisträngige Wicklung mit den
Strangspannungen UStrang1 und UStrang2 bezeichnet.
2 ûStrang
2 2 UStrang
û
2
(4.10)
Ud
U
INetz
1:1
Id
I
UStrang1
Ud
RLast
U
UNetz
UStrang2
ud û
ûStrang
Ud =
û
t
T
u
-û
M2-Schaltung und deren Spannungsverläufe
p
2
q
2
s
1
g
1
1
w
48,3 %
(4.11)
Zweipuls-Brückenschaltung (B2)
Die B2-Schaltung wird auch einphasige Brückenschaltung oder auch Graetzschaltung genannt.
Neben den Vorteilen ist als geringfügiger Nachteil die doppelte Ventildurchlassspannung zu
nennen, da jeweils zwei den Gleichstrom führende Ventile in Reihe geschaltet sind. Die B2Schaltung wird in der Praxis häufig eingesetzt.
Der ideale arithmetische Mittelwert der Gleichspannung Ud beträgt:
2 û
2 2
(4.12)
Ud
U 0,9 U
G. Schenke, 9.2014
Leistungselektronik
FB Technik, Abt. E+I
38
Id
INetz
I
1:1
UNetz
Ud
U
RLast
ud û
Ud =
2û
t
T
-û
B2-Schaltung und deren Spannungsverläufe
Für die B2-Schaltung gelten nachfolgende Werte:
p 2
q 2
s 2
g 1
2
w 48,3 %
(4.13)
Der Gleichstrom Id fließt bei der B2-Schaltung abwechselnd über die beiden Schaltungszweige.
Der mittlere Ventildurchlassstrom IFAV und der Effektivwert des Ventilstromes IFRMS können bei
ohmscher Belastung nachfolgend aus dem Gleichstrom Id berechnet werden.
IFAV
0,5 Id
IFRMS
4
Id
(4.14)
0,785 Id
Mit ü = 1 beim Transformator ist INetz = I und es gilt:
I Netz 1,11 Id
(4.15)
Die Scheinleistungen der Sekundärseite S und der Primärseite SNetz sind bei verlustfreiem
Transformator gleich.
S SNetz
U I 1,11 U d 1,11 Id 1,23 Pd
(4.16)
Für die Transformatorbauleistung ST gilt:
ST
0,5 (SNetz S) 1,23 Pd
(4.17)
Die B2-Schaltung hat von allen Gleichrichterschaltungen mit Wechselstromanschluss die
günstigste Transformatorbauleistung.
In der Leistungselektronik sind ohmsch-induktive Verbraucher vorherrschend. Wird der Lastwiderstand im Gleichstromkreis durch einen ohmsch-induktiven Verbraucher ersetzt, so geht der
Ventilstrom von der Sinushalbwellenform bei zunehmender Induktivität in eine Rechteckform
über.
Die Spannungswelligkeit beträgt weiter w = 48,3%. Die Stromwelligkeit sinkt, bedingt durch die
Induktivität Ld, auf w = 0 bei Ld
. In der Praxis ist die Stromwelligkeit auch bei
handelsüblichen Induktivitäten vernachlässigbar. Im Labor verwenden wir bei Id 5 A für
vernachlässigbare Welligkeit Ld = 480 mH.
G. Schenke, 9.2014
Leistungselektronik
FB Technik, Abt. E+I
39
Für rechteckförmigen Stromverlauf gilt:
Id
I Id
IFRMS
2
S
U I
(4.18)
1,11 Pd
ud
û
t
i
Id
t
-Id
Zeitlicher Verlauf der Gleichspannung ud und
des rechteckförmigen Eingangswechselstromes i
Dreipuls-Mittelpunktschaltung (M3)
Stromrichter für große Leistungen werden für den Anschluss an das Drehstromnetz ausgelegt. Die
einfachste Drehstrom-Gleichrichterschaltung ist die M3-Schaltung, die auch Drehstrom-Sternschaltung genannt wird.
1:1
INetz
L1
I
IF
L1
UNetz
Id
L2
L2
RLast
L3
Ud
L3
UStrang
M3-Schaltung mit
ohmsch-induktiver Last
LLast
N
Die Gleichspannung sinkt nicht auf Null ab, weil alle 120° ein neuer Kommutierungsvorgang
erfolgt. Der Zeitpunkt der Spannungsgleichheit, bei dem die Kommutierung erfolgt, heißt auch
natürlicher Zündzeitpunkt. Der arithmetische Mittelwert der Gleichspannung berechnet sich zu:
Ud
3
T
T/6
û Strang cos t dt
-T/6
G. Schenke, 9.2014
3
û Strang sin
3
3
Leistungselektronik
3
2
2 UStrang
1,17 UStrang (4.19)
FB Technik, Abt. E+I
40
u
ûStrang
uL1N
uL2N
uL3N
t
-ûStrang
ûStrang
ud
T
t
t
uAK
URRM
uL2N - uL3N
uL2N - uL1N
Zeitlicher Verlauf der Strangspannungen uL1N, uL2N und uL3N , der Gleichspannung ud
und einer Ventilspannung uAK
Der Scheitelwert der Sperrspannung berechnet sich:
U RRM
3 û Strang
3 2 UStrang
2 U
Für die M3-Schaltung gelten nachfolgende Werte:
p 3
q 3
s 1
g 1
(4.20)
1
w
18,3 %
(4.21)
Für ideal glatten Gleichstrom (L
) berechnen sich der Mittelwert der Ventilströme IFAV und
der Effektivwert der Ventilströme IFRMS zu:
1
1
IFAV
Id
I FRMS
Id
(4.22)
3
3
G. Schenke, 9.2014
Leistungselektronik
FB Technik, Abt. E+I
41
Für M3-Schaltungen eignen sich besonders Transformatoren mit den Schaltgruppen Dy, Dz und
Yz. Aus der sekundären Scheinleistung S
S
3 U I
3 1,48 U d 0,577 Id 1,48 Pd
(4.23)
und der Scheinleistung des Netzes SNetz
SNetz
3 U I
3 1,48 U d 0,47 Id 1,21 Pd
(4.24)
kann die Bauleistung (Typleistung) des Stromrichter-Transformators ST berechnet werden:
ST
0,5 (SNetz S) 1,35 Pd
(4.25)
Id
i
2/3 Id
3
iW1
-
t
T
t
1/3 Id
3
2/3 Id
3
iW2
-
1/3 Id
3
iNetz
t
Id
3
t
Id
3
Die Wicklungsströme iW1 und iW2 ergeben den Netzstrom iNetz = iW1 – iW2.
-
Stromverläufe bei der M3-Schaltung mit Dy-Transformator mit glattem Gleichstrom
Sechspuls-Brückenschaltung (B6)
Die B6-Schaltung, auch Drehstrombrückenschaltung genannt, ist hinsichtlich Welligkeit und
Transformatortypenleistung eine vorteilhafte Gleichrichterschaltung. Bei großen Leistungen ist
sie die dominierende Schaltung.
Id
INetz
L1
UNetz
L2
1:1
I
L1
U
RLast
IF
B6-Schaltung mit ohmschinduktiver Last
Ud
L2
LLast
L3
L3
N
G. Schenke, 9.2014
Leistungselektronik
FB Technik, Abt. E+I
42
Vom Verständnis her kann die B6-Schaltung als Reihenschaltung einer M3-Kathoden- und einer
M3-Anodenschaltung gesehen werden. Für weitere Betrachtungen wird idealer Gleichstrom
vorausgesetzt.
Für die B6-Schaltung gelten nachfolgende Werte:
p 6
q 3
s 2
g 1
1
w 4,2 %
(4.26)
Der arithmetische Mittelwert der Gleichspannung Ud berechnet sich zu:
Ud
6
T
T/12
û Strang cos t dt
2
3
û Strang sin
- T/12
uL1N
uL2N
3
2
U
6
uL3N
uL1N
(4.27)
1,35 U
uL2N
uL3N
u(M3K)
t
T
T
u(M3A)
t
uL2N
uL3N
uL1N
uL2N
uL3N
uL1N
uL2N
uL3N - uL2N
uL3N - uL1N
uL2N - uL1N
uL2N - uL3N
uL1N - uL3N
u(B6) = u(M3K) - u(M3A)
uL1N - uL2N
u(B6)
t
Gleichspannungsbildung bei der B6-Schaltung
Da je Kommutierungsgruppe drei Kommutierungszweige (q = 3) vorhanden sind, reduzieren sich
der Mittelwert der Ventilströme IFAV und der Effektivwert der Ventilströme IFRMS bei vollkommen glatten Gleichstrom auf:
1
1
IFAV
Id
IFRMS
Id
(4.28)
3
3
Für den Wechselstrom I der Sekundärwicklung gilt:
2
I
Id
(4.29)
3
G. Schenke, 9.2014
Leistungselektronik
FB Technik, Abt. E+I
43
T
Id
iL1
t
-Id
Außenleiterstrom I bei der B6-Schaltung
Für die Scheinleistungen der B6-Schaltung gilt:
S SNetz
ST
3 U I
3 0,74 U d 0,816 Id 1,05 Pd
(4.30)
Vollgesteuerte Zweipuls-Brückenschaltung (B2-Schaltung)
Bei vollgesteuerten Stromrichtern sind alle Ventile steuerbar. Es tritt eine Gleichspannung auf, die
von der Netzspannung, der Lastart und vom Steuerwinkel abhängig ist.
Id
INetz
1:1
UNetz
V1
I
V3
Vollgesteuerte B2-Schaltung
Ud
U
V4
RLast
V2
Gleichrichterbetrieb
1,0
0,8
Ud 0,6
Ud0 0,4
Widerstandslast
Induktive Last
0,2
0,0
Wechselrichterbetrieb
Induktive Last
-0,2
Aktive Last
-0,4
-0,6
-0,8
-1,0
0
30
60
90
120
150
Lastabhängige Steuerkennlinien der vollgesteuerten
B2-Schaltung
180
/°
Mit Gl. (4.12) wird die Gleichspannung U für ohmsche Last in Abhängigkeit vom Steuerwinkel
berechnet.
1
2
Ud
U d 0 1 cos
U 1 cos
(4.30)
2
Für induktive Lasten gilt:
8
Ud
U d 0 cos
U cos
(4.31)
G. Schenke, 9.2014
Leistungselektronik
FB Technik, Abt. E+I
44
Für > 90° muss die Last aktiven Charakter haben, wenn durch den vorliegenden Wechselrichterbetrieb Energie ins Netz gespeist werden soll.
û
û
u
u
t
t
-û
-û
iG
V1,V2
iG
V1,V2
t
iG
t
V3,V4
iG
V3,V4
t
t
û
û
ud
ud
t
t
id
Id
id
t
t
û
û
û
uAK
uAK
t
uAK(V1)
t
uAK(V1)
-û
-û
2
2
2
2
ohmsche Last
ohmsch-induktive Last (L
)
Zeitlicher Verlauf der Eingangswechselspannung u, der Gateströme iG,
der Ausgangsgleichspannung u , des Laststromes id und der Ventilspannung uAK(V1)
bei der B2-Schaltung mit dem Steuerwinkel = 90°
Vollgesteuerte Dreipuls-Mittelpunktschaltung (M3-Schaltung)
Ein Steuersatz zur Zündung der Thyristoren einer M3-Schaltung muss so ausgeführt sein, dass er
drei zeitlich um 120°el versetzte Impulse je Periode abgeben kann.
INetz
1:1
L1
UNetz
L2
I
IT
L1
U
V1
L2
V2
Id
RLast
L3
L3
UStrang
V3
Ud
Vollgesteuerte M3-Schaltung
mit SR-Transformator
LLast
N
G. Schenke, 9.2014
Leistungselektronik
FB Technik, Abt. E+I
45
Aufgrund der Kommutierungszeit und der Freiwerdezeit der Ventile wird der max. theoretische
Steuerwinkel bei aktiven Lasten auf etwa 150° beschränkt.
uL1N
u
ûStrang
uL2N
uL3N
natürlicher Kommutierungswinkelpunkt
210°
30°
t
-ûStrang
= 180°
= 150°
= 0°
= 0°
theoretischer
praktischer
Steuerbereich
Steuerbereich
Steuerbereich der M3-Schaltung
Mit Gl. (4.19) wird die Gleichspannung U für den nicht lückenden Betrieb in Abhängigkeit vom
Steuerwinkel berechnet.
3
Ud
U d 0 cos
(4.32)
U cos
2
Bei Widerstandslast liegt bei
30° bereits Lückbetrieb vor. Die Berechnung erfolgt dann nach
Gl. (4.33).
1
U d 0 1 cos
30
Ud
(4.33)
3
Ud 0,6
Ud0 0,4
Widerstandslast
Induktive Last
0,2
0,0
Induktive Last
-0,2
Aktive Last
-0,4
-0,6
-0,8
-1,0
0
30
90
120
Lastabhängige
Steuerkennlinien der
M3-Schaltung
180
/°
Wird die Spannungswinkelfläche im Bereich negativer Spannung größer als im Bereich positiver
Spannung, dann ist U negativ und es kommt zum Wechselrichterbetrieb. Wechselrichterbetrieb
ist nur möglich, wenn die Last Energie abgeben kann ( ULast > U ).
G. Schenke, 9.2014
60
Wechselrichterbetrieb
0,8
Gleichrichterbetrieb
1,0
150
Leistungselektronik
FB Technik, Abt. E+I
46
uL1N
u
uL2N
uL3N
ûStrang
uL1N
u
uL2N
uL3N
t
t
-ûStrang
120°
ûStrang
-ûStrang
120°
ud
ud
t
= 0°
id
= 90°
V3
û
uL1L2
V1
t
= 0°
60°
id
V2
uL2L3
uL3L1
t
û
uAK
= 90°
V3
V1
V2
uL1L2
uL2L3
uL3L1
uAK
t
-û
t
uL2L1
uL3L2
t
-û
uL1L3
uL2L1
uL3L2
uL1L3
ohmsche Last
induktive Last
Zeitlicher Verlauf der Eingangswechselspannung u, der Ausgangsgleichspannung u ,
des Laststromes id und der Ventilspannung uAK(V1)
bei der M3-Schaltung mit dem Steuerwinkel = 90°
Vollgesteuerte Drehstrombrückenschaltung (B6-Schaltung)
Die Kennwerte der vollgesteuerten B6-Schaltung sind sehr günstig; sie wird darum häufig
eingesetzt.
Id
INetz
L1
UNetz
L2
L3
1:1
V1
I
L1
U
V3
V5
IT
Ud
L2
RLast
Vollgesteuerte
B6-Schaltung mit
SR-Transformator
L3
V4
V6
V2
N
G. Schenke, 9.2014
Leistungselektronik
FB Technik, Abt. E+I
47
Für die Ausgangsgleichspannung findet alle 60° eine Kommutierung statt und der natürliche
Kommutierungswinkel liegt bei 60° bezogen auf den positiven Nulldurchgang der verketteten
Spannung.
Bis zum Zündwinkel = 60° tritt auch bei Widerstandslast kein Lückbetrieb auf. Für 0°
60°
gilt allgemein:
3 2
Ud
U d 0 cos
U cos
(4.34)
Bei induktiver Last gilt Gl. (4.34) für 0°
90° und bei aktiver Last theoretisch sogar für
0°
180°. Bei Widerstandslast liegt bei 60°
120° Lückbetrieb vor. Die Berechnung
erfolgt dann nach Gl. (4.35).
2
1
(4.35)
Ud0 1
Ud
cos
30
2
3
Für 120°
180° ist bei Widerstandslast die Ausgangsspannung U = 0 V.
0,8
Ud 0,6
Ud0 0,4
Induktive Last
0,2
Gleichrichterbetrieb
1,0
Widerstandslast
0,0
Wechselrichterbetrieb
Induktive Last
-0,2
Aktive Last
-0,4
-0,6
-0,8
-1,0
0
30
60
90
120
150
Lastabhängige
Steuerkennlinie des
vollgesteuerten B6Stromrichters
180
/°
uStrang
uL1N
uL2N
uL3N
t
û
uL1L2
uL2L3
uL3L1
ud
= 0°
= 75°
t
-û
Die B6-Schaltung erfordert alle 60°
einen Zündimpuls als Langzeitimpuls ti > T/6. Vorzugsweise werden
jedoch Ansteuerverfahren mit kurzen Doppelimpulsen je Thyristor,
die aus dem Hauptimpuls und 60°
später dem Folgeimpuls bestehen.
Der Folgeimpuls wird zum Anfahren und bei Lückbetrieb zwingend notwendig.
uL2L1
G. Schenke, 9.2014
uL3L2
Verlauf der Strangspannungen
und der Ausgangsgleichspannung
U
bei Widerstandslast für
= 0° und = 75°
uL1L3
Leistungselektronik
FB Technik, Abt. E+I
48
Stromleitfähigkeit bei
V5
V1
H1 - H6 = Hauptimpuls
F1 - F6 = Folgeimpuls
= 0°
V3
V6
V5
V2
V1
V4
V6
Stromflusswinkel und Zündimpulse
des B6-Stromrichters mit
Widerstandslast bei = 0°
t
H1
iG
F1
H3
F3
H5
F5
H1
t
F6
iG
H2
F2
H4
F4
H6
F6
t
= 0°
H1 - H6 = Hauptimpuls
= 75° F1 - F6 = Folgeimpuls
Stromleitfähigkeit bei
V5 V5
V1
V1
V3
V3
V5
V5
V4 V6
V6
V2
V2
V4
V4
V6
Stromflusswinkel und Zündimpulse
des B6-Stromrichters mit
Widerstandslast bei = 75°
t
F5
iG
H1
F1
H3
F3
H5
F5
t
H6
iG
F6
H2
F2
H4
F4
H6
t
= 75°
Zweipulsige, halbgesteuerte Brückenschaltung (B2H-Schaltung)
Entsprechend der Steuerkennlinie (Gl. 4.36) können mit den halbgesteuerten Schaltungen nur
positive Ausgangsgleichspannungen erreicht werden.
1
Ud
(4.36)
U d 0 1 cos
2
Vorteilhaft sind gegenüber vollgesteuerten Schaltungen eine einfachere Ansteuerschaltung und
der geringere Blindleistungsbedarf.
Id
L1
I
LK
V1
V2
M
LFeld
IT2
Ud
U
Symmetrische halbgesteuerte
Zweipulsbrücke mit kathodenseitiger
Zusammenfassung der steuerbaren
Ventile (B2HK-Schaltung)
Ld
N
V10
V20
Id
IF10
L1
Unsymmetrische halbgesteuerte
Zweipulsbrücke
(Zweigpaargesteuerte Brücke)
(B2HZ-Schaltung)
I
LK
V10
V1
M
LFeld
IT1
Ud
U
Ld
N
V20
V2
IF20
G. Schenke, 9.2014
Leistungselektronik
FB Technik, Abt. E+I
49
Sechspulsige, halbgesteuerte Brückenschaltung (B6H-Schaltung)
Die halbgesteuerte Drehstrombrückenschaltung wird im allgemeinen aus einer M3-Kathodenschaltung als gesteuerter und einer M3-Anodenschaltung als ungesteuerter Teil-Stromrichter
gebildet. Sie kann nur positive Ausgangsgleichspannungen entsprechend der Steuerkennlinie
erreichen.
1
3
U 1 cos
Ud
U d 0 1 cos
(4.37)
2
2
Id
I
V1
LK1
V3
L1
U
V5
RLast
IT3
LK2
L2
V70
IF60
LK3
LLast
L3
V40
V60
Halbgesteuerter
B6-Stromrichter
mit Freilaufdiode
Ud
V20
Bei dieser Schaltung liegt ein sechspulsiges Verhalten nur für Steuerwinkel
< 60° vor,
ansonsten liegt eine Dreipulsigkeit der Gleichspannung vor.
Das "Kippen" in der Nähe von = 180° verhindert die zusätzliche Freilaufdiode. Prinzipiell bildet
bei der B6H-Schaltung jedes Zweigpaar (z.B. V3, V60) einen Freilaufkreis, der bei > 60° in
Funktion tritt.
= 0°
30°
90°
60°
120°
150°
ûStrang
ud
Spannungsverlauf
des vollgesteuerten
M3K-Stromrichters
t
M3K
uL1N
uL2N
uL3N
-ûStrang
ûStrang
ud
t
M3A
uL1N
û
p=6
uL2N
uL3N
p=3
Spannungsverlauf
des ungesteuerten
M3A-Stromrichters
-ûStrang
Ausgangsgleichspannung des
B6H-Stromrichters
(u M3K - u M3A)
ud
B6H
t
Schaltverhalten des B6H-Stromrichters
G. Schenke, 9.2014
Leistungselektronik
FB Technik, Abt. E+I
50
Belastungskennlinien von netzgeführten Stromrichtern
Bisher wurden die Stromrichter als ideale Spannungsquellen angesehen, bei denen die
Ausgangsgleichspannung belastungsunabhängig ist. Entgegen der bisherigen Bezeichnungsweise
ist der ideale (mathematische) Spannungswert mit Udi und der reale mit U gekennzeichnet. Es
gilt:
Ud
U di - U T - D x - D r
(4.38)
Dabei sind UT die wirksame Ventilspannung - bei Brückenschaltungen sind zwei Ventile in Reihe
geschaltet -, Dx die induktive Gleichspannungsänderung und Dr die ohmsche Gleichspannungsänderung.
UT
Udi0
Dr
Dx
= 0°
Ud0
Ud
Udi60
Ud60
Ri =
Ud
Id
Ud
= 60°
Id
0
Id
Ud90
= 90°
Udi120
Ud120
= 120°
Belastungskennlinien eines Stromrichters
An den ohmschen Widerständen im Kommutierungskreis tritt die ohmsche Gleichspannungsänderung Dr auf, die gegenüber der induktiven Gleichspannungsänderung Dx, die an den
Induktivitäten Lk im Kommutierungskreis auftritt, oft vernachlässigbar ist. Dr und Dx sind linear
vom Strom abhängig.
An den Kommutierungsinduktivitäten geht die schraffierte Spannungszeitfläche verloren.
1
u k dt L k Id
(4.39)
2 t
u
Mit der Netzfrequenz f, der Anzahl der in Reihe geschalteten Kommutierungsgruppen s, der
Kommutierungszahl einer Kommutierungsgruppe q und der Überlappung u gilt für Dx:
cos - cos(
u)
(4.40)
Dx
f s q L k Id
U di
2
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Leistungselektronik
FB Technik, Abt. E+I
51
uk
ud
uL1N
uL2N
0
uL3N
uL1N + uL2N
2
u0
i
iT1
iT2
iT3
Id
Einfluss des realen
Kommutierungsvorganges auf
die Gleichspannungsbildung
(M3-Schaltung) bei glattem
Gleichstrom Id
t
Die Überlappung u hängt ab vom Strom Id, von den Kommutierungsinduktivitäten Lk und von
dem Steuerwinkel . Für den dargestellten Steuerwinkel = 0° wird die Überlappung (zwei
Ventile führen gemeinsam den Gleichstrom Id) als Anfangsüberlappung u0 bezeichnet.
ud
ûStrang
uL1N
uL2N
uL3N
t
-ûStrang
= 120°
= 120°
= 135°
= 150°
= 165°
Ausgangsgleichspannung einer M3-Schaltung im Wechselrichterbetrieb
mit Kippvorgang bei = 165°
Allgemeine Berechnungen für netzgeführte Stromrichter
Berechnung der ideellen Leerlaufgleichspannung Udi für den ungesteuerten Gleichrichterbetrieb:
q
U di
s
2 U sin
(4.41)
q
Die ideelle Leerlaufspannung Udi beim Steuerwinkel
ergibt sich bei vollgesteuerten
Schaltungen zu:
q
U di
s
2 U sin cos
(4.42)
q
Der Mittelwert der Gleichspannung netzgeführter Stromrichter ändert sich bei induktiver Last
nach der cos-Funktion des Steuerwinkels .
U di
U di cos
(4.43)
G. Schenke, 9.2014
Leistungselektronik
FB Technik, Abt. E+I
52
4.2 Netzrückwirkungen
Unter Netzrückwirkungen von Stromrichtern versteht man den Einfluss ihrer Blindleistung und
ihrer Stromoberschwingungen auf das elektrische Netz. Hierdurch wird die Spannung gesenkt
bzw. verzerrt.
Induktive Blindleistung entsteht, wenn infolge der Phasenanschnittsteuerung des Stromrichters
die erste Harmonische des Netzstromes gegenüber der zugeordneten Strangspannung nacheilt. Im
ungesteuerten Bereich ( = 0) entsteht induktive Blindleistung beim Kommutierungsvorgang
durch den verzögerten Stromübergang von einem Ventil auf das andere. Im gesteuerten Betrieb
> 0) wird die Phasenverschiebung um den Steuerwinkel vergrößert und damit die vom
Stromrichter aufgenommene Blindleistung erhöht.
Nach ihrer Entstehung bezeichnet man diese Grundschwingungsblindleistung Q1 als Kommutierungs- bzw. Steuerblindleistung. Wird der geringe Magnetisierungsstrom des Stromrichtertransformators vernachlässigt, so gilt für vollgesteuerte Schaltungen ohne Freilaufdiode (M3, B2,
B6):
Q1
2u sin2 - sin 2
u
(4.44)
sin 1
S1
4 cos - cos
u
Für den ungesteuerten Betrieb mit dem Steuerwinkel = 0 und dem Überlappungswinkel u = u0
gilt:
Q1
2u 0 - sin2u 0
(4.45)
S1
4
1
cos
u
0
0
S1 = Scheinleistung des Stromrichters für die Grundschwingung
Häufig beträgt der Überlappungswinkel u0 nur wenige Grad, so dass die Kommutierungsblindleistung vernachlässigt werden kann (u = 0). Aus Gl. (4.44) erhält man:
Q1
(4.46)
sin
S1 u 0
Für den Grundschwingungsverschiebungsfaktor cos
1
gilt:
Q12
cos
cos
u
(4.47)
1
2
2
S1
Unter Berücksichtigung der Gln. (4.46 und 4.47) ergibt sich die Ortskurve der bezogenen Blindleistung. Diese Ortskurve stellt näherungsweise einen Halbkreis dar.
cos
P
S1
1-
2
Q1
Q1
cos
cos
u
(4.48)
1S1
U di Id
2
Die erreichbaren Anfangswerte im Gleich- und Wechselrichterbetrieb sind von der Anfangsüberlappung u0 abhängig.
Grundschwingungsblindleistung
in Abhängigkeit von der
Gleichspannung für vollgesteuerte
Schaltungen (M3, B6)
40°
20° 30°
10°
0°
0,8
Q1
Udi· Id0,6
0,4
40°
30°
20°
10°
0°
0,2
-1 -0,8 -0,6 -0,4 -0,2
0,2 0,4 0,6 0,8
Ud
Anfangsüberlappung u0 = 0°; 10°; 20°; 30°; 40°
Udi
G. Schenke, 9.2014
Leistungselektronik
0
FB Technik, Abt. E+I
1
53
Eine weitere Blindleistungskomponente ist die Verzerrungsblindleistung D. Wird sinusförmige
Netzspannung und nichtsinusförmiger Strom vorausgesetzt, dann gilt:
I2
I1
1 - k i2
(4.49)
I
I
ki = Oberschwingungsgehalt (Klirrfaktor) des Stromes I
gi = Grundschwingungsgehalt des Stromes I
S1 S g i
P S g i cos 1 S
D S ki
Q1 S g i sin 1
(4.50)
Bei Stromrichtern entstehen sowohl auf der Gleichstrom- als auch auf der Wechselstromseite
Oberschwingungen, die miteinander in Wechselwirkung stehen.
Unter Annahme völliger Glättung des Gleichstromes und Vollaussteuerung entstehen auf der
Gleichstromseite Spannungsoberschwingungen U i.
2
ki
gi
2
(4.51)
U di
mit
k p und k 1, 2, 3 ...
u
-1
Auf der Netzseite enthält der Netzstrom I neben der Grundschwingung I1 Oberschwingungen I .
I1
(4.52)
I
mit
k p 1
i
U
i
2
u
i
= Ordnungszahl der Oberschwingung
p = Pulszahl
Maßnahmen zur Verminderung der Netzrückwirkungen
Aus energietechnischen Gründen ist es wichtig, die auftretende Blindleistung und die
Oberschwingungen möglichst weitgehend zu kompensieren. Das kann durch eine ventil- und
netzseitige Kompensation bzw. Verringerung der Blindleistung geschehen.
Vollgesteuerte Brücken- und Mittelpunktschaltungen benötigen abhängig von der Aussteuerung
eine sehr hohe Blindleistung. Der maximale Wert tritt bei der Gleichspannung U = 0 auf.
Q1
Udi· Id
0,8
40°
0°
Verminderung der Netzblindleistung
bei Folgesteuerung
0,2
-1 -0,8 -0,6 -0,4 -0,2
0
0,2 0,4 0,6 0,8
Ud
Anfangsüberlappung u0 = 0° bzw. 40°
Udi
1
Mit der Folgesteuerung von zwei Teilstromrichtern kann der Blindleistungsbedarf reduziert
werden. Meistens wird die Folgesteuerung durch Reihenschaltung eines ungesteuerten
Stromrichters (Gleichrichter) mit einem steuerbaren Stromrichter gebildet; hier kann die Steuerblindleistung weitgehend vermieden werden. Ein ähnliches Verhalten bezüglich des Blindleistungsbedarfs zeigen halbgesteuerte Brückenschaltungen (B6H) mit und ohne Freilaufdiode.
Netzseitig kann die Grundschwingungsblindleistung Q1 mit Kompensationseinrichtungen
erfolgen, die häufig aus regelbaren Kondensatoranlagen bestehen. Bei der Auslegung dieser
Anlagen ist auf Resonanzerscheinungen zu achten, um eine Überlastung der Kondensatoren und
unzulässige Verzerrungen der Netzspannung zu vermeiden. Zu Leistungskondensatoren werden
G. Schenke, 9.2014
Leistungselektronik
FB Technik, Abt. E+I
54
häufig Drosselspulen in Reihe geschaltet, um so die Resonanzlage der Anlage zu verstimmen. In
der Praxis haben sich Resonanzfrequenzen unterhalb der 5. Oberschwingung bewährt.
QC
P tan - tan C
(4.53)
Die Verzerrungsleistung D kann durch Gruppenschaltungen oder durch netzseitige Saugkreise
verringert werden. Saugkreise reduzieren die Stromoberschwingungen im Netz, da diese
Resonanzkreise (Saugkreise) für die ausgewählten Oberschwingungen einen Kurzschluss
darstellen.
Mit zunehmender Pulszahl p des Stromrichters verringert sich der Oberschwingungsgehalt des
Stromes. Die Amplitude der einzelnen Stromoberschwingung ist von der Belastung und der Ordnungszahl abhängig. Bei Stromrichterleistungen oberhalb von 300 kVA finden deshalb vorwiegend 12pulsige Schaltungen Anwendung.
L1
UL1N
US1
2
L2
L3
3
2
1
3
2
UStr3
IdI
UdI
LS
UdII
IdII
Id
Ud
M
Ld
12pulsige Schaltung aus zwei parallel geschalteten Drehstrombrücken (B6.2/15-Schaltung)
Q
IQ
Un
I
IC5
IC7
IC11
IC13
Stromrichter mit abgestimmten
Saugkreisen
Id
M
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250 Hz
=5
350 Hz
=7
550 Hz
= 11
650 Hz
= 13
Leistungselektronik
FB Technik, Abt. E+I
55
4.3 Netzgeführte Umrichter
Die im Kap. 4.1 behandelten netzgeführten Stromrichter ermöglichen zwar einen Energiefluss in
beiden Richtungen durch Umkehr der Polarität der Gleichspannung, dabei bleibt jedoch die
Stromrichtung auf der Gleichstromseite die gleiche.
Soll unabhängig von der Polarität der Gleichspannung die Stromrichtung umkehrbar sein, so liegt
ein Doppel-Stromrichter für Vierquadrantenbetrieb vor.
Umkehrstromrichter
Soll für einen Stellantrieb neben der Drehrichtung auch das Drehmoment seine Richtung
umkehren, so wird zu einem Stromrichter ein zweiter gegenparallel geschaltet. Die hierfür
verwendeten Umrichter nennt man Doppel-Stromrichter oder Umkehrstromrichter.
Grundsätzlich muss unterschieden werden, ob beide Stromrichter aus einer dreiphasigen
Spannungsquelle (Gegenparallel-Schaltung) oder über einen Transformator mit getrennten
Sekundärwicklungen (Kreuzschaltung) gespeist werden.
Es wird zwischen zwei Steuerverfahren unterschieden:
Es ist jeweils nur einer der beiden Stromrichter angesteuert; der andere sperrt:
Kreisstromfreie Steuerung.
Es werden beide Stromrichter angesteuert; der eine im Gleichrichter-, der andere im
Wechselrichterbetrieb: Steuerung mit Kreisstrom.
LKr
LKr
I
II
V1
L1I
V3
V5
V1
Ld
V3
V5
L1II
L2II
L2I
M
L3I
LKr
L3II
LKr
Umkehrstromrichter (zwei B6-Schaltungen) mit Kreisstromdrosseln
Bei der Steuerung mit Kreisstrom müssen die Beträge der arithmetischen Mittelwerte der
Gleichspannungen des Gleichrichters und des Wechselrichters gleich sein. Für die Steuerwinkel
gilt:
180
(4.54)
I
II
Obwohl die arithmetischen Mittelwerte gleich sind, bestehen Unterschiede in den Augenblickswerten der Gleichspannungen. Sie führen zu Strömen, die nur über die Ventile nicht aber über die
Last fließen. Solche Ströme werden Kreisströme genannt. Zu ihrer Begrenzung müssen
Kreisstromdrosseln Lkr zwischen beide Stromrichter geschaltet werden.
L1
V1II
V1I
V3II
V3I
V5II
V5I
Ld
L2
L3
G. Schenke, 9.2014
M
Leistungselektronik
Zwei gegenparallel geschaltete
B6-Schaltungen ohne
Kreisstromdrosseln
FB Technik, Abt. E+I
56
Bei der Steuerung mit Kreisstrom ist der technische Aufwand bedingt durch das aufwendige
Steuerverfahren, die zusätzlichen Kreisstromdrosseln, die höheren Ventil- und Netzbelastungen
größer. Diese Schaltung kommt darum nur selten zur Anwendung.
Beim kreisstromfreien Steuerverfahren muss gewährleistet sein, dass der zweite Stromrichter erst
angesteuert wird, wenn der Strom des ersten Null geworden ist. Es ergibt sich beim Umsteuern
des Stromes eine mehr oder weniger große stromlose Pause (5...10 ms).
Das Steuerverfahren mit Kreisstrom hat den Vorteil, dass der Gleichstrom, da im unteren
Strombereich immer beide Stromrichter angesteuert sind, ohne stromlose Pause von einer
Richtung in die andere überführt werden kann. Der Betrag des Kreisstromes wird dabei meist so
eingestellt, dass der Gleichstrom im Motorkreis bei der vorhanden Glättungsinduktivität Ld nicht
lückt.
Bei verbesserten Steuerverfahren (kreisstromarme Steuerung) fließt nur bei kleinen Gleichströmen ein Kreisstrom. Bei größeren Gleichströmen wird nur ein Stromrichter angesteuert.
3~
3~
II
I
WRBetrieb
Id
GRBetrieb
Ud
Id
Ud
Energie
IE
U0
Energie
IE
n
U0
M
n
M
U0 > U d
Ud > U0
3~
3~
III
IV
GRBetrieb
Id
WRBetrieb
Id
Ud
Ud
Energie
IE
IE
n
U0
Energie
M
n
U0
Ud > U0
M
U0 > Ud
Vierquadrantenbetrieb mit kreisstromfreiem Umkehrstromrichter
G. Schenke, 9.2014
Leistungselektronik
FB Technik, Abt. E+I
57
Direktumrichter
Umkehrstromrichter können zur Umformung von Wechsel- bzw. Drehstrom einer Frequenz f1 in
eine andere Frequenz f2 verwendet werden. Dazu muss man ihre Ausgangsspannung periodisch
umsteuern, und zwar im Takt der gewünschten Ausgangsfrequenz f2. Die Frequenzumformung
erfolgt durch direktes Umschalten der Phasenspannungen des Primärnetzes ohne Benutzung eines
Gleichstromzwischenkreises, daher spricht man von Direktumrichtern. Die Ausgangsfrequenz f2
darf max. 40% der Netzfrequenz f1 erreichen.
Beim sogenannten Trapezumrichter, einem Hüllkurvenumrichter, verläuft die Spannung einer
Ausgangsphase auf den Kuppen der Phasenspannungen des speisenden Drehstromnetzes.
uL1N
uL2N
uL3N
u
0
t
T1
p1
n Kuppen je T2 / 2
T1
T2
Spannungsverlauf beim Trapezumrichter
Zur Bildung der Ausgangsspannung einer Phase des Trapezumrichters ist ein Umkehrstromrichter, bestehend aus zwei antiparallelen M3-Schaltungen, erforderlich (insgesamt 18
Thyristoren, p1 = 3). Mit diesem Direktumrichter können nur diskrete, nach Gl.(4.55) berechnete
Ausgangsfrequenzen f2 erreicht werden.
f1 p1
f2
n 1, 2, 3, ...
(4.55)
p1 2 n - 1
Beim Steuerumrichter wird die Ausgangsspannung der beiden gegenparallel arbeitenden Teilstromrichter sinusförmig ausgesteuert. Die Steuerwinkel I und
f1
II müssen während jeder Halbschwingung der Ausgangsspannung stetig verändert werden. Jede Ausgangsphase wird
von der Gegenparallelschaltung
II
II
II
I
I
I
sechspulsiger Teilstromrichter
gebildet (je Phase zwei antiparallele B6-Schaltungen). Ins- f2
St
gesamt sind also mindestens 36 U2
Stromrichterventile erforderlich.
u2
Schaltung des
Steuerumrichters
G. Schenke, 9.2014
f2
Leistungselektronik
M
3~
FB Technik, Abt. E+I
58
Die abgegebene Ausgangsspannung wird einem vorgegebenen sinusförmigen Sollwert möglichst
gut angenähert. Beide Teilstromrichter arbeiten abwechselnd im Gleich- bzw. Wechselrichterbetrieb. Der Verschiebungsfaktor der Lastseite bestimmt dabei die jeweilige Stromrichtung.
Die Differenzen in den Ausgangsspannungen der beiden Teilstromrichter einer Ausgangsphase
haben Kreisströme wie beim Umkehrstromrichter zur Folge. Zur Vermeidung des Kreisstromes
können auch beim Steuerumrichter kreisstromfreie Schaltungen verwendet werden. Bei
Stromrichtungsumkehr tritt dann eine Totzeit auf.
Wegen überwiegender Phasenanschnittsteuerung ist der Blindleistungsbedarf aus dem speisenden
Drehstromnetz beim Steuerumrichter hoch.
Gleichrichterbetrieb
uI
0
t
Wechselrichterbetrieb
Spannungsverlauf in einer Phase beim Steuerumrichter
4.4 Lastgeführte Wechselrichter
Beim lastgeführten Wechselrichter stellt die Last die Kommutierungsspannung während der
Kommutierung zur Verfügung.
Da ein Stromrichter für die natürliche Kommutierung stets induktive Blindleistung braucht, ist
Voraussetzung für den Betrieb lastgeführter Stromrichter, dass die Last diese zur Verfügung
stellen kann. Der Laststrom muss aus diesem Grund eine kapazitive Komponente aufweisen.
Diese Bedingung erfüllen Parallel- und Reihenschwingkreise oder übererregte Synchronmaschinen.
Schwingkreiswechselrichter
Eine ohmsch-induktive Last kann durch einen Kondensator zu einem Parallel- oder
Reihenschwingkreis ergänzt werden. Die Eigenfrequenz f0 des verlustlosen Lastkreises ist:
1
f0
(4.56)
2
L C
Die Eigenfrequenz fR des freischwingenden verlustbehafteten Lastkreises mit der Dämpfung
heißt Kennfrequenz und berechnet sich zu:
R
R C
(4.57)
fR
f0 1 - 2
mit
2 0 L
2
L
Die Gln. (4.56 u. 4.57) gelten sowohl für einen Parallel- als auch für einen Reihenschwingkreis.
Die Betriebsfrequenz, mit der ein Schwingkreiswechselrichter betrieben wird, wird von der
Steuerung vorgegeben. Damit der Schwingkreis eine kapazitive Stromkomponente hat, muss die
Betriebsfrequenz beim Parallelschwingkreis oberhalb und beim Reihenschwingkreis unterhalb der
Eigenfrequenz liegen.
G. Schenke, 9.2014
Leistungselektronik
FB Technik, Abt. E+I
59
Der Parallelschwingkreis-Wechselrichter hat einen rechteckförmigen Stromverlauf i2, der der
sinusförmigen Spannung u2 auf der Lastseite um den Löschwinkel voreilt.
id
Ld
uC
C
iA1
uA1
V1
Ud
V3
u2
i2
V4
V2
R
L
i2
u2
u2
i2
Ud
0
t
uA1
uA1
iA1
iA1
0
t
Parallelschwingkreis-Wechselrichter in einphasiger Brückenschaltung
mit Spannungs- und Stromverlauf (idealisiert)
Der Reihenschwingkreis-Wechselrichter erzwingt einen angenähert sinusförmigen Laststrom i2,
welcher abwechselnd von den Thyristoren und den gegensinnig parallelen Dioden geführt wird.
Die Lastspannung u2 und damit die Ventilspannung uA haben angenähert rechteckförmigen
Verlauf. Der Strom i2 kommutiert vom nicht steuerbaren auf das jeweilige steuerbare gegensinnig
parallelgeschaltete Ventil. Er eilt der Lastspannung um den Löschwinkel vor.
G. Schenke, 9.2014
Leistungselektronik
FB Technik, Abt. E+I
60
id
L
iA1
D1
uA1
T1
L
Ud
R
D3
T3
D2
T2
C
Cp
u2
i2
D4
T4
i2
u2
u2
i2
0
Ud
iT
t
iD
iA1
uA1
iA1
0
uA1
t
Reihenschwingkreis-Wechselrichter in einphasiger
Brückenschaltung mit Spannungs- und Stromverlauf
Die erreichbare obere Frequenzgrenze von Schwingkreiswechselrichtern wird im Wesentlichen
durch die Freiwerdezeiten der Thyristoren bestimmt. Man erreicht Betriebsfrequenzen von über
10 kHz.
Für das Anschwingen der Last ist besonders bei Parallelschwingkreis-Wechselrichtern eine
Starteinrichtung erforderlich. Dazu werden kapazitive Energiespeicher auf der Last- oder auf der
Gleichstromseite vorgeladen.
Für die Grundschwingung der Wechselspannung U1 und die Grundschwingung des
Wechselstromes I1 gilt für den einphasigen Parallelschwingkreis:
8
(4.58)
U1
Ud
I1
Id
8 cos
Für den einphasigen Reihenschwingkreis gilt:
8
(4.59)
U1
Ud
I1
Id
8 cos
Schwingkreiswechselrichter mit vorgeschaltetem Gleichrichter werden Schwingkreisumrichter
genannt.
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Leistungselektronik
FB Technik, Abt. E+I
61
Maschinengeführter Wechselrichter
Der lastgeführte Wechselrichter bezieht von einer übererregten Synchronmaschine seine Kommutierungsblindleistung. Die Schaltung ermöglicht im Allgemeinen auch eine Umkehr des
Energieflusses.
Die Schaltung „Maschinengeführter Wechselrichter“, die aus der Hintereinanderschaltung eines
netzgeführten Gleichrichters und eines lastgeführten Wechselrichters mit Synchronmaschine als
Last besteht, wird auch Stromrichtermotor genannt.
Im Allgemeinen wird im Gleichstromzwischenkreis eine Glättungsinduktivität Ld vorgesehen, die
den netzseitigen Stromrichter I vom lastseitigen II energetisch entkoppelt.
I
Ld
Id
II
L1
L2
UdI
UdII
IE
L3
Maschinengeführter Wechselrichter (Stromrichtermotor)
Der netzseitige Stromrichter I arbeitet im Motorbetrieb der angeschlossenen Synchronmaschine
als netzgeführter Gleichrichter. Er erzeugt die durch Anschnittsteuerung über den Steuerwinkel
einstellbare Gleichspannung UdI. Der Strom im Gleichstromzwischenkreis Id wird durch die
Induktivität Ld geglättet.
Der lastseitige Stromrichter arbeitet als lastgeführter Wechselrichter. Er erzeugt die Gleichspannung UdII. Da Wechselrichterbetrieb vorliegt, ist der Mittelwert dieser Gleichspannung negativ. Im stationären Betrieb ist, wie beim Umkehrstromrichter mit Kreisstrom, UdII = -UdI.
Arbeitet die Synchronmaschine als Generator, so muss der Stromrichter II in den Gleichrichterbetrieb und der Stromrichter I in den Wechselrichterbetrieb umgesteuert werden.
Im Stillstand kann die Synchronmaschine kein führendes Netz auf der Sekundärseite erzeugen, so
dass das Anfahren z.B. durch Auf- und Zusteuern des eingangsseitigen Stromrichters im Takt der
niedrigen Anfahrfrequenz erfolgen kann.
Der lastgeführte Stromrichter II wird hinsichtlich der Zündbefehle an seine Thyristoren von der
Maschinenwelle aus gesteuert. Ein Geber, z.B. mit Hallsonden, erfasst laufend die Polradstellung
und legt danach die Zuschaltung des Ständerstromes Id auf die Wicklungsstränge fest.
Für mittlere bis große Leistungen (300 kW - 3 MW) hat sich die Technik des Stromrichtermotors
- meistens mit bürstenloser Erregung - durchgesetzt.
G. Schenke, 9.2014
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