Kernphysik I Kernkräfte und Kernmodelle: • Nukleon-Nukleon Streuung - Spinabhängigkeit der Kernkräfte - Spin-Bahn-Wechselwirkung • Austauschmodell der Kern-Kern-Kräfte Zusammenfassung Eigenschaften des Deuterons: • Tiefe des Nukleonenpotenzials V0 ~ 50 MeV für Kernradius R0 =1,4 fm. • Kernkräfte sind spinabhängig. • Nicht-zentraler, Tensorterm im zwei Nukleonenpotential Vorläufiges Kernpotential: Deuteron: - nur eine gebundener Zustand, keine angeregten Zustände. - Nicht genügend Information um Parameter des Potentials zu bestimmen. - Kein Zugang zu l≠0 Zustand. Rechteckpotential ungebundene Teilchen Stetigkeitsbedingung für r = R 0 u i(R 0) = u a (R 0) u′i(R 0) = u′a (R 0) A ⋅ sin k i R 0 = C ⋅ sin (k a R 0 + δ) k i A ⋅ cos k i R 0 = k a C ⋅ cos (k a R 0 + δ) Division : k i ⋅ cot k i R 0 = k a ⋅ cot (k a R 0 + δ) Auflösen nach Phasenverschiebung : ⎧ ka ⎫ δ = - k a R 0 + arctan ⎨ tan k i R 0 ⎬ ⎩ ki ⎭ Energien : k a = Phasenverschiebung δ Ist eindeutig bestimmt durch - Radius R0 - Teilchenenergie E - Potentialtiefe V0 1 1 2mE k i = 2m( E + V0 ) h h Verbindung zu Streutheorie Einlaufende Welle rr r ik r Ψin ( r ) = Ae = Aeikz In Kugelwellen für l = 0 r A ⎡ eikr e −ikr ⎤ Ψin ( r ) = − r ⎥⎦ 2ik ⎢⎣ r Gesamtwellenfunktion nach Streuung Unterschied ist eine Phasenänderung β des auslaufenden Teilchens r A ⎡ ei ( kr + β ) e −ikr ⎤ Ψ( r ) = − 2ik ⎢⎣ r r ⎥⎦ Beziehung zwischen β und δ : r u( r ) C Ψ( r ) = = sin( kr + δ ) r r C ei ( kr +δ ) − e −i ( kr −δ ) = 2i r C −iδ ⎡ ei ( kr + 2δ ) e −ikr ⎤ = e ⎢ − 2i r r ⎥⎦ ⎣ d.h. β = 2δ und A = kCe −iδ Wellenfunktion des gestreuten Teilchens : r r r Ψstr ( r ) = Ψ ( r ) − Ψin ( r ) eikr A 2iδ = ( e − 1) 2ik r Ansatz mit einlaufender und auslaufender Kugelwelle Verbindung zu Streutheorie Stromdichte der gesteuten Welle ∂ψ h ∗ ∂ψ jst = − ψ} {ψ ∂r ∂r 2mi ∗ Einige Folgerungen: • dσ/dΩ ist i.A. winkelabhängig. 2 hA 2 δ = sin 2 mkr Zahl der Teilchen hk 2 jin = A = m Zeit ⋅ Fläche Differentieller Wirkungsquerschnitt jstr r 2 dΩ dσ = jin dσ sin 2 δ = dΩ k2 Totaler Wirkungsquerschnitt dσ dσ 4π sin 2 δ dΩ = 4π σ =∫ = dΩ dΩ k2 • Für den Fall l=0 ist dσ/dΩ const. • Die Phasenverschiebung für l=0 Streuung ist direkt mit dem WQ verknüpft. • Mit dem Ergebnis des einfachen Rechteckmodells kann WQ bestimmt werden. Nächster Schritt: Vergleich Experiment mit theoretischen Erwartungen. Wirkungsquersschnitt für s-Wellen bei np-Streuung Streuung am Rechteckpotential : k a ⋅ cot (k a R + δ) = k i ⋅ cot k i R setze -α = k i ⋅ cot k i R , Trigonometrie ⎛α⎞ cos k a R + ⎜⎜ ⎟⎟ sin k a R ka ⎠ 2 ⎝ sin δ = 1 + α2 k a2 Differentieller Wirkungsquerschnitt j str r 2d Ω dσ = j in dσ sin2 δ = dΩ k2 Totaler Wirkungsquerschnitt 4π sin2 δ dσ dΩ = σ =∫ dΩ k2 ⎞ ⎛α⎞ 4π ⎛ ⎜ cos k a R + ⎜ ⎟ sin k a R ⎟ σ= 2 2 ⎜ ⎜k ⎟ ⎟ ka + α ⎝ ⎝ a⎠ ⎠ Kann berechnet werden und mit Experiment verglichen werden. Wirkungsquersschnitt für s-Wellen np-Streuung betrachte kleine Neutronenenergien Entwicklung von cos, sin mit E ≤ 10KeV und V0 = 35MeV R ≈ 2fm ⇒ α ≈ 0.2fm −1 k i = 2m(V0 + E)/h2 ≅ 0.92fm−1 k a2 << α 2 und k a R << 1 k a = 2mE/h2 ≤ 0.016fm−1 Abschätzung : 4π (cos ka R + (α ka )sin ka R ) σ= 2 2 ka + α σ= 4π (1 + αR ) = 4.6 b 2 α Experiment: np-Streuung Wirkungsquerschnitt Bei niedrigen Energien ist WQ konstant, aber er ist deutlich größer: 20.4 b Spinabhängigkeit der np-Streuung Für die Erklärung der Diskrepanz muß die relative Spinorientierung der beiden Nukleonen berücksichtigt werden. Der WQ wurde mit den Werten des Deuterons abgeschätzt, das mit seinem Gesamtspin von S=1 nur einen gebundenen Triplettzustand bildet. σs=? σt=4.6 b Singulett: Triplett (Deuteron): Bei der Streuung können jedoch beide Spinorientierungen auftreten. Die relativen Anteile zum GesamtWQ ergeben sich zu: σ = 3/4σt + 1/4 σs Diese bedeutet: aus dem berechneten WQ für σt=4.6 b und dem gemessenen WQ für σ=20.4 b ergibt sich ein WQ für die Streuung im Singulettzustand zu σs=67.8 b. Eine enorme Differenz, die die Spinabhängigkeit der Kernkräfte demonstriert! Impulsabhängigkeit der Kernkräfte Nukleon-Nukleon-Potenzial hängt auch vom Impuls der Nukleonen ab. Impulshängige Kraft muß durch einen Term für die Spin-Bahn-Kopplung im Potenzial ausgedrückt werden. Einfachste impulsabhängige Potenzialkomponente, die sowohl invariant unter der Paritätstransformation als auch unter Zeitumkehr ist: Spin-Bahn-Kopplung: (rxp)·S = L·S v v v v ( Spin-Bahn-Wechselwirkung: V ( r , p ) = VLS ( r ) s1 ⋅ L )(s2 ⋅ L ) h4 v v v Impulsabhä ngigkeit über Drehimpuls : l = r × p Vergleiche: Elektronen in der Atomhülle spüren eine Spin-Bahn-Kopplung von der Wechselwirkung der Elektronenspins und dem internen Magnetfeld des Atoms. Nukleonen erfahren eine Spin-Bahn-Kopplung von der Wechselwirkung der Nukleonenspins und den starken Kernkräften. Vergleich mit der Spin-Bahn-Kopplung der Hüllenelektronen: - 20 mal stärker bei Nukleonen - entgegengesetztes Vorzeichen bei Nukleonen Impulsabhängigkeit, Spin-Bahn-Kopplung Annahme 3 Möglichkeiten (i) Spin des Projektils Spin des Targets Spins zeigen alle aus Zeichenebene heraus! Nukleon 1 r r r l = r × p in die Zeichenebene hinein (rot), negatives Vorzeichen r r ⇒ Wirkung des Potentials V ≈ - Vso (r)( l • s) repulsiv, r r da l und s entgegengesetzt, positives Vorzeichen der Wechselwirkung Impulsabhängigkeit, Spin-Bahn-Kopplung Annahme 3 Möglichkeiten (i) Spin des Projektils Spin des Targets Spins zeigen alle aus Zeichenebene heraus! Nukleon 2 r r r l = r × p aus der Zeichenebene heraus (rot), positives Vorzeichen r r ⇒ Wirkung des Potentials V ≈ - Vso (r)( l • s) r r attraktiv, da l und s gleich gerichtet, Nukleon 2 negatives Vorzeichen der Wechselwirkung Alle einlaufenden Nukleonen mit Spin ↑ die auf Spin Nukleonen im Target treffen, werden wegen der Spin-Bahn-Wechselwirkung in die gleiche Richtung abgelenkt. Spin-Bahn-Kopplung Nukleon 1 (nach unten) +ve r r r l = r × p ist in die Zeichenebe ne hinein (rot), ~ -ve repulsives Potential Spins zeigen alle in Zeichenebene hinein! negatives Vorzeichen -ve (nach oben) ⇒ Wirkung Potentials V ist attraktiv ist des ~ +ve attraktives Potential Nukleon 2 r r r l = r × p aus der Zeichenebene heraus (rot), positives Vorzeichen ⇒ Wirkung des Potentials V ist repulsiv Alle Teilchen mit Spin ↓ die auf Spin ↓ (Target) treffen werden wegen Spin-Bahn-Kopplung in gleiche Richtung abgelenkt. Total S=0 Spin-Bahn-Kopplung verursacht keine Ablenkung. Die Spin-Bahn-Kopplung lenkt die Spin -↑- Komponente des einlaufenden Strahles nach links und die Spin -↓- Komponente des Strahles nach rechts. Impulsabhängigkeit, Spin-Bahn-Kopplung Experimentelle Evidenz für einen nuklearen Spin-Bahn Term: Polarisation von gestreuten Nukleonen Polarisation: magnetische Unterzustände sind nicht gleichförmig besetzt. N (↑) − N (↓) Polarisation : P = N (↑) + N (↓) P = ±1 bedeutet 100% polarisiert P = 0 unpolarisiert Polarisation pp-Streuung Proton-Proton Streuung Polarisation wird erst bei höheren Energien gemessen. Drehimpulsübertrag l >0 ist nötig, keine s-Wellen Streuung! Polarisation wächst mit Strahlenergie. Zusammenfassung Eigenschaften der Kernkräfte ¾ stark (Existenz gebundener Kerne, Nukleon Streuung ¾ kurze Reichweite (Kerngröße → Reichweite ~ 2 fm) ¾ attraktiv (Existenz der Kerne) ¾ repulsiver core (Nukleon-Nukleon-Streuung: r < 0.5 fm) ¾ Sättigung (B/A~constant) ¾ Ladungsunabhängig (Spiegelkerne,pp vs nn vs np Streuung) ¾ Spinabhängig (Deuteron J=1, np und nH2 Streuung) ¾ Spin-Bahn Wechselwirkung (Polarisation bei Nukleon-Streuung bei hohen Energien) ¾ nicht-zentraler Tensorterm (Deuteron Q) Kernkräfte Zusammenfassung: Nukleon-Nukleon Potential Wechselwirkungen - Grundlagen Wechselwirkung zwischen Bausteinen der Materie = Fermionen durch Austausch von Feldquanten = Bosonen "Virtuelle" Teilchen übertragen in der Zeit Δt die Energie ΔE und den Impuls Δp über den Abstand Δx: Heisenberg Unschärferelation: ΔE Δt = ħ und Δp Δx = ħ "Reale" Teilchen: Invariante des Energie-Impuls-Vierervektors: E2 - (pc)2 = (m0c2)2 Erinnerung: Eigenschaften von Fermionen und Bosonen Wechselwirkungen - Grundlagen Teilchen-Antiteilchen-Symmetrie für Fermionen Energiewerte relativistischer Feldgleichungen (Dirac): Feynman: Antiteilchen sind Teilchen, die sich in der Zeit rückwärts bewegen, bzw. Teilchen mit umgekehrter Ladung, die sich in der Zeit vorwärts bewegen. Elektromagnetische Wechselwirkung Die WW zwischen geladenen Teilchen und dem elektromagnetischen Feld wird klassisch mit den Maxwellgleichungen beschrieben. Quantenelektrodynamik ist die Quantentheorie der Wechselwirkung von geladenen Fermionen (Diractheorie) mit dem quantisierten elektromagnetischen Feld (Feynman, Schwinger, Tomonaga). Wechselwirkungen - Grundlagen Feynmann-Diagramme