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Aus der Universitäts-Hautklinik der
Albert-Ludwigs-Universität
Freiburg im Breisgau
Darstellung des Patientenkollektivs mit aggressiven nichtmelanomatösen Hauttumoren aus der Universitäts-Hautklinik
Freiburg und Vergleich mit internationalen Leitlinien und
Standards
_______________________________________________________
INAUGURAL-DISSERTATION
zur Erlangung des Zahnmedizinischen Doktorgrades
der Medizinischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität
Freiburg im Breisgau
vorgelegt
2010
von Hanna Muschinsky
geboren in Kattowitz
1
Dekan:
Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Hubert Erich Blum
1. Gutachter:
Prof. Dr. med. Dorothee Nashan
2. Gutachter:
Prof. Dr. med. dent. Thorsten Auschill
Jahr der Promotion:
2011
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung ............................................................................................................................... 1
1.1 Grundlagen ....................................................................................................................... 1
1.1.1 Merkelzellkarzinom .................................................................................................. 5
1.1.2 Angiosarkom ............................................................................................................. 9
1.1.3 Kaposisarkom.......................................................................................................... 12
1.1.4 Dermatofibrosarkoma protuberans.......................................................................... 18
1.1.5 Malignes fibröses Histiozytom................................................................................ 21
1.1.6 Atypisches Fibroxanthom ....................................................................................... 24
1.1.7 Talgdrüsenkarzinom................................................................................................ 26
1.1.8 Liposarkom.............................................................................................................. 29
1.1.9 Trichilemmales Karzinom....................................................................................... 31
1.1.10 Hidradenokarzinom ............................................................................................... 32
1.2 Zielsetzung ..................................................................................................................... 34
2. Material und Methoden ........................................................................................................ 35
2.1. Patienten ........................................................................................................................ 35
2.2 Diagnostik (Patientenbehandlung) ................................................................................. 36
2.3 Graphiken und Tabellen ................................................................................................. 37
3. Ergebnisse ............................................................................................................................ 37
3.1 Statistische Verteilung (data-mining)............................................................................. 38
3.1.1 Verteilung Männer/Frauen in Relation zur Altersgruppe........................................ 38
3.1.2 Häufigkeit der einzelnen Tumore bezogen auf das Alter bei der Erstdiagnose ...... 40
3.1.3 Prozentuale Verteilung der einzelnen Tumore in Bezug zum Alter bei der
Erstdiagnose ..................................................................................................................... 42
3.1.4 Prozentuale Verteilung der durchgeführten Chemo-/ Immuntherapien,
Strahlentherapien und Exzisionen .................................................................................... 44
3.1.5 Anzahl der Rezidive bezogen auf die einzelnen Tumore....................................... 46
3.1.6 Bezug zwischen angewandter Chemotherapie und der Anzahl verstorbener
Patienten ........................................................................................................................... 47
4. Diskussion ............................................................................................................................ 49
5. Zusammenfassung ................................................................................................................ 74
6. Literaturverzeichnis .............................................................................................................. 75
7. Anhang ................................................................................................................................. 89
8. Lebenslauf ............................................................................................................................ 90
1
1. Einleitung
Die vorliegende Dissertation beschäftigt sich mit seltenen, sehr malignen Hauttumoren nicht
melanozytärer
Herkunft.
Anhand
summierter
Falldarstellungen
zu
den
einzelnen
Tumorentitäten soll der klinische Alltag im Hinblick auf Standards zur Therapie der
jeweiligen Neoplasie überprüft und diskutiert werden.
In dieser Doktorarbeit wird das Vorgehen zu zehn seltenen, hochmalignen Hauttumoren
ausgewertet. Die untersuchten Neoplasien umfassen das Merkelzellkarzinom, das
Angiosarkom, das Kaposisarkom, das Talgdrüsenkarzinom, das maligne fibröse Histiozytom,
das atypische Fibroxanthom, das Dermatofibrosarkoma protuberans, das Liposarkom, das
trichilemmale Karzinom und das Hidradenokarzinom. In den Jahren von 1999 bis 2006
wurden diese Diagnosen bei fünfzig Patienten der dermatologischen Abteilung der
Universitätsklinik in Freiburg gestellt.
Im nachfolgenden Teil der Einleitung werden für ein besseres Verständnis der Arbeit die
jeweilige Tumorform charakterisiert und die entsprechenden Diagnose- und Therapieansätze
besprochen. Des Weiteren wird der klinische Teil und dessen Auswertung vorgestellt und
diskutiert.
1.1 Grundlagen
Die im ersten Teil genannten Neoplasien gehören zu der Gruppe der malignen Tumore der
Haut. Einige dieser Tumore entstehen aus den Hautanhangsgebilden wie den Talgdrüsen, den
Schweißdrüsen oder den Trichilemmen der Haarwurzel und betreffen daher in der primären
Entstehung ausschließlich die Haut. Das Kaposisarkom kann, ähnlich wie die Sarkome,
primär auch die inneren Organe betreffen. In dieser Arbeit wird der Fokus auf die Haut gelegt,
so dass die Beschreibung und Diskussion von Pathophysiologie, Diagnostik und Therapie von
der Haut ausgehen und nur in der Metastasierung die viszeralen Organe Berücksichtigung
finden.
Diese nicht-melanomatösen Tumore sind nicht nur durch invasives und destruierendes
Wachstum, sondern auch durch die Möglichkeit einer Metastasierung gekennzeichnet.
Sie wachsen über Organgrenzen hinaus und metastasieren entweder auf hämatogenem oder
lymphogenem Weg in benachbarte oder ferngelegene Organe.
2
Eine mögliche den Malignomen zugrunde liegende Einteilung lässt sich auch auf die 10
genannten Neoplasien in Form der Sarkome und der Karzinome anwenden (Tabelle 1):
1. Die Sarkome sind eine heterogene Gruppe von nicht-epithelialen Tumoren, die als
bösartige, örtlich destruierende Neoplasien dem mesenchymalen Gewebe (Stroma des Binde-,
Weichteil-, Stütz-, Muskel- und neurogenen Gewebes) entstammen und per continuitatem,
wie auch auf dem Blutweg (hämatogen) metastasieren.
Abhängig von den betroffenen Organen werden die Sarkome nach ihrer Zellform (rund-,
spindel- oder polymorphzellig) oder histogenetisch nach dem überwiegend imitierten
Mesenchymursprung unterschieden.
Insgesamt zählen weniger als 10% aller Malignome zu den Sarkomen [Juhl 2003].
2. Die Karzinome hingegen sind die malignen Varianten epithelialer Tumore. Sie
entstammen unter anderem den Epithelien der Haut, der Schleimhäute und verschiedenen
Drüsen.
Etwa 90% aller bösartigen Neubildungen gehen von Epithelzellen aus, die die äußeren oder
inneren
Körperoberflächen
bedecken.
Diese
Tumortypen
weisen
makroskopisch
Wachstumsmuster auf, ähnlich denen der benignen epithelialen Formen. Das heißt, sie sehen
häufig ihrem jeweiligen gutartigen „Verwandten“ in Form, Farbe und Struktur sehr ähnlich.
Sarkome
Karzinome
-
Kaposisarkom
-
Merkelzellkarzinom
-
Angiosarkom
-
Talgdrüsenkarzinom
-
Liposarkom
-
Hidradenokarzinom
-
Malignes fibröses Histiozytom
-
Trichilemmales Karzinom
-
Dermatofibrosarkoma protuberans
-
Atypisches Fibroxanthom
Tabelle 1: Unterteilung der zehn hochmalignen Tumore nach ihrer Herkunft
3
Die folgende Zeichnung zeigt eine schematische Darstellung der Haut, mit den einzelnen
Ursprungsgeweben der aufgeführten bösartigen Neoplasien:
Abbildung 1: Querschnitt durch ekto- und mesodermale Gewebsanteile als histogenetische Ursprünge kutaner
Malignome
1. Fibroblasten → Atypisches Fibroxanthom, malignes fibröses Histiozytom
2. Histiozyten → Atypisches Fibroxanthom, malignes fibröses Histiozytom
3. Ekkrine Schweißdrüse → Hidradenokarzinom
4. Merkelzellen → Merkelzellkarzinom
5. Haarschaft → Trichilemmales Karzinom
6. Holokrine Talgdrüse → Talgdrüsenkarzinom
7. Gefäße der Haut → Angiosarkom
→ Kaposisarkom
8. Subkutanes Fettgewebe → Liposarkom
9. Dermis-Subkutisgrenze ( Histiozyten, Fibroblasten ) → Dermatofibrosarkoma
protuberans
4
Die nachfolgende Unterteilung der Neoplasien erfolgt entsprechend ihrer Ursprungsgewebe:
1. Adnextumoren:
-
Merkelzellkarzinom
-
Talgdrüsenkarzinom (Talgdrüse - holokrin)
-
Trichilemmales Karzinom (Haarfollikel - follikulär)
-
Hidradenokarzinom (Schweißdrüse - ekkrin)
2. Bindegewebstumoren:
-
Atypisches Fibroxanthom
-
Malignes fibröses Histiozytom
-
Dermatofibrosarkoma protuberans
3. Gefäßtumoren:
-
Kaposisarkom
-
Angiosarkom
4. Fettgewebstumoren:
Liposarkom
Die aufgelisteten Tumore sind aufgrund ihrer Seltenheit kaum in größeren Studien untersucht
worden. Das Wissen bezieht sich auf Einzelfalldarstellungen und kleinere Kohorten, sowohl
die Klinik, Histologie, als auch deren Therapie betreffend. Damit wird die ärztliche
Entscheidung, insbesondere bei divergierenden und noch nicht ausdiskutierten Ansätzen, zu
einer Herausforderung. Außer für das Merkelzellkarzinom, das Dermatofibrosarkoma
protuberans, das Angiosarkom und Kaposisarkom existieren für die genannten Hauttumore
nicht melanozytären Ursprungs bislang keine einheitlichen Richtlinien hinsichtlich des
diagnostischen
und
therapeutischen
Vorgehens,
wie
auch
der
einzuhaltenden
Nachsorgeschemata. Die vorhandenen Leitlinien dazu sind auf der ADO-Homepage zu
finden.
Im folgenden Abschnitt der Doktorarbeit soll nun jeder der 10 Tumore einzeln in seinen
Grundlagen, mit der entsprechenden Diagnostik, der dazugehörigen Therapie und der
Prognose vorgestellt werden. Die Reihenfolge richtet sich dabei nach dem aktuell
vorhandenen Informationsstand zu den entsprechenden Tumorentitäten, von der größten
Menge an Daten und Informationen bis zum Tumor, über den am wenigsten bekannt ist.
5
1.1.1 Merkelzellkarzinom
Die Merkelzelle wird dem diffusen neuroendokrinen System (APUD-System*) zugeordnet,
das auch neuroendokrin-wirksame Zellen des gastrointestinalen und bronchopulmonalen
Traktes umfasst. Es wird angenommen, dass die Merkelzelle an der Mechanorezeption der
Haut beteiligt ist. Als ein weiteres Charakteristikum wird das membranöse neurosekretorische
Granulum erwähnt, das um die Merkelzelle herum angeordnet liegt. Merkelzellen stehen
entweder desmosomal mit benachbarten Keratinozyten oder synapsenartig mit einem Neuriten
in Verbindung. Nach epithelialer Entstehung in der Epidermis sind Merkelzellen vorwiegend
im basalen Kompartiment und in der äußeren Wurzelscheide zu finden [Moll 1994].
Das Merkelzellkarzinom ist ein neuroendokrines, kutanes Karzinom, das vorwiegend im
Kopf-, Halsbereich, sowie zu etwa zehn Prozent an den Extremitäten vorkommt. Patienten
höheren Alters (6. und 7. Lebensjahrzehnt) scheinen für die Häufigkeit dieses Tumortyps
prädisponiert [Bichakjian et al. 2007]. Es ist gekennzeichnet durch ein sehr rasches,
schmerzloses Wachstum innerhalb einiger Wochen bis weniger Monate [Khan Durani et al.
2003].
Unklarheit besteht noch über die genaue Ätiologie. Eine langfristige UV-Exposition und/oder
Immunsuppression gelten als Hauptrisikofaktoren. Abgesehen davon fand man eine hohe
Assoziation dieses Tumors mit Spinaliomen, Basaliomen, Morbus Bowen, Malignomen
innerer Organe sowie Leukämien [Becker et al. 2007].
Abbildung 2: Darstellung eines soliden, livid-roten, halbkugeligen, multifokalen Knotens. Der Durchmesser des
Hauptknotens beträgt 5 mm.
6
Der Tumor stellt sich meist solide, rötlich-violett, halbkugelig oder kugelig geformt dar. Aber
auch plaqueartige Varianten werden beschrieben. In der Tiefe findet sich zumeist eine
eisbergartige Verbreiterung des Knotens [Khan Durani et al. 2003]. Der sichtbare
Durchmesser beträgt häufig weniger als 2 cm. Die Oberfläche erscheint zunächst bei intakter
Epidermis glänzend. Sekundär kann es zu einer Ulzeration mit Blutung und Krustenbildung
kommen [Weissner et al. 2007].
Trotz all dieser Beobachtungen gibt es keine eindeutigen charakteristischen Merkmale. Das
klinische Gesamtbild, die Lokalisation und die Anamnese legen den Verdacht eines
Merkelzellkarzinoms unter Einbeziehung zahlreicher Differentialdiagnosen nahe.
Klinische Merkmale
Schnelles Wachstum
Derb und verbacken
Eisbergartige palpatorische Verbreiterung in der
Tiefe
Tabelle 2: Klinische Merkmale [Weissner et al. 2007]
Klinische Differentialdiagnosen
Kutane Lymphome
Hautmetastasen viszeraler Tumore
Leiomyosarkom
Atypisches Keratoakanthom
Basaliom
Plattenepithelkarzinom
Maligner Adnextumor
Zyste (bei tief liegenden Tumoren)
Tabelle 3: Klinische Differentialdiagnosen [Weissner et al. 2007; Khan Durani 2003]
Zur histologischen Sicherung erfolgt primär eine diagnostisch-therapeutische Exzision des
Tumors mit anschließender histologischer und immunhistologischer Untersuchung.
7
Mikroskopisch zeigt sich das Merkelzellkarzinom als asymmetrischer, unscharf begrenzter,
infiltrativ wachsender kutan-subkutaner Knoten. Die papilläre Dermis, die Epidermis und die
Adnexe bleiben ausgespart [Becker et al. 2007].
Die Tumorzellen sind in Nestern oder strangförmig angeordnet und weisen monomorphe,
blasse Zellkerne auf, die von einem schmalen Zytoplasmasaum umgeben sind.
Charakteristischerweise findet man zahlreiche Mitosevorgänge. Die Epidermis bleibt zumeist
intakt [Khan Durani et al. 2003].
Für die diagnostische und prognostische Beurteilung ist die Unterscheidung der drei
histologischen Subtypen von großer Bedeutung:
Subtyp
Prognose
Trabekulärer Typ
Günstig
Intermediärer Zelltyp
Mittel
Kleinzelliger Typ
Schlecht
Tabelle 4: Histologische Subtypen des Merkelzellkarzinoms [Hauschild & Garbe 2005]
Da Merkelzellkarzinome immunhistologische Eigenschaften von neuroendokrinen und
epithelialen Zellen besitzen, ist die immunhistologische Untersuchung mit Antikörpern gegen
Intermediärfilamentproteine und gegen neuroendokrine Marker bei der Diagnostik dieses
Tumors unabdingbar [Khan Durani et al. 2003]. Ein typischer und spezifischer
neuroendokriner Tumormarker ist Chromogranin A. Dieser variiert jedoch häufig. Eine
eindeutige Identifizierung gewährleisten das Zytokeratin 20 und die Expression von
Neurofilamenten [Weissner et al. 2007].
Nach Diagnosesicherung des Primärtumors sollte eine Ausbreitungsdiagnostik mittels
Palpation der gesamten Haut einschließlich Lymphknoten und Sonographie der drainierenden
Lymphknotenstationen erfolgen. Eine Abdomen-Sonographie und eine Röntgen-ThoraxUntersuchung werden empfohlen [Hauschild & Garbe 2005].
Die Somatostatinrezeptorszintigraphie dient mit ihrer hohen Sensitivität von 80-90% dem
spezifischen Nachweis von neuroendokrinen Tumoren sowie den somatostatinrezeptorpositiven
Metastasen.
Sie
ermöglicht
eine
Ganzkörperdarstellung
in
einem
Untersuchungsdurchgang. Sogar kleinere Tumore, die im Computertomogramm (CT),
Magnetresonanztomogramm (MRT) oder sonographisch nicht oder nur schwer nachweisbar
8
sind, können bei hoher Rezeptorexpression szintigraphisch detektiert werden [Baum et al.
2004]. Explizite Angaben zum Nutzen dieses Vorgehens für die Diagnostik, die Nachsorge
und die Prognose des Merkelzellkarzinoms liegen zum jetzigen Zeitpunkt nicht vor.
Die derzeit im Zusammenhang mit dem Merkelzellkarzinom noch weniger erforschte
Positronenemissionstomographie (PET) hat bereits in einigen Studien ihren Nutzen zur
Darstellung von neuroendokrinen Tumoren unter Beweis gestellt [Rufini et al. 2006].
Der extensive chirurgische Eingriff ist die Therapie der Wahl und sollte mit einem
Sicherheitsabstand von 3 cm erfolgen. Im Kopf-Hals-Bereich lässt sich diese Exzisionsweite
jedoch häufig nicht realisieren. In diesen Fällen ist der mikrographisch kontrollierten
Chirurgie der Vorzug zu geben [Hauschild & Garbe 2005].
Im Anschluss daran wird eine Bestrahlung des Operationsareals unter Einschluss der
lokoregionären Lymphknoten empfohlen.
Eine Zytostatikagabe in der Therapie des Merkelzellkarzinoms ist bezüglich der
Remissionsraten zwar nicht erfolglos, aber eingeschränkt, da die Remissionsdauer trotz hoher
Chemosensitivität nur kurz ist. Im Falle von nicht-resektablen Weichteilmetastasen oder
Organmetastasen ist jedoch eine Polychemotherapie indiziert. In Polychemotherapieregimen
genutzte Therapeutika sind Cyclophosphamid, 5-Fluorouracil, Methotrexat, Cisplatin,
Bleomycin und Doxorubicin [Becker et al. 2007].
Auf
Grund
des
bekannten
Risikos
von
Lokalrezidiven
oder
regionärer
Lymphknotenmetastasen sollte innerhalb des ersten Jahres nach Entfernung des Primärtumors
eine engmaschige Nachsorge in vierteljährlichen Abständen und danach halbjährlich
stattfinden. Im Rahmen dieses Recalls erfolgt neben der klinischen Untersuchung des
gesamten Integuments mit gezielter Lymphknotenpalpation eine Lymphknotensonographie,
vor allem der regionären Stationen. Einige Autoren empfehlen eine zusätzliche Kontrolle der
neuronenspezifischen Enolase und gegebenenfalls auch des Chromatins A im Serum bzw. im
Plasma [Weissner et al. 2007]. Der Nachsorgezeitraum umfasst bei einem Rezidiv-freien
Verlauf mindestens fünf Jahre [Becker et al. 2007].
Die Fünf-Jahres-Überlebensrate von primären Merkelzellkarzinomen beträgt 65%.
Retrospektive Studien zeigten Lokalrezidive bzw. In-Transit-Metastasen in bis zu 50% aller
Patientenfälle [Allen et al. 1999, Medina-Franco et al. 2001]. Etwa die Hälfte dieser Patienten
9
erkranken innerhalb des ersten Jahres nach Entfernung des Primärtumors an einem
Lokalrezidiv und/oder an Lymphknotenmetastasen [Hauschild & Garbe 2005].
Die Rate von Lokalrezidiven und Fernmetastasen ist bei diesem Tumor, verglichen mit
ähnlichen malignen Hauttumoren, besonders hoch, da eine subepidermale Ausbreitung die
vollständige intraoperative Resektion erheblich erschwert.
1.1.2 Angiosarkom
Bei dieser Neoplasie handelt es sich um einen sehr seltenen, hochmalignen endothelialen
Gefäßtumor.
Fünf klinisch pathologische Varianten des Angiosarkoms werden laut Livingsten &
Klemperer (1926) und Stewart & Treves (1948) unterschieden:
-
Spontanes Angiosarkom,
-
Lymphödemassoziiertes Angiosarkom,
-
Post-Radiatio Angiosarkom,
-
Epitheloides Angiosarkom,
-
Assoziiert epitheloides Hämangioendotheliom mit unklarer Dignität
Neuere Literaturquellen nehmen eine klinische Unterscheidung in die folgenden Varianten
vor [Fink-Puches et al. 2000; Vogt et al. 2007]:
-
Angiosarkom der Haut ohne Lymphödem
-
Lymphödemassoziiertes Angiosarkom
-
Angiosarkom nach Radiatio
-
Angiosarkom der Brust (häufig Radiatio-assoziiert)
-
Angiosarkome der tiefen Weichteile
-
Andere Angiosarkome
Angiosarkome können in den Gefäßen zahlreicher innerer Organe wie Leber, Milz,
Schilddrüse, Ovarien, in der Brust und der Muskulatur entstehen, äußerst selten auch in
größeren Gefäßen [Zelger et al. 1997]. Prädilektionsstellen sind die Gefäße der Haut und der
tieferen Weichteile.
Dieses seltene Sarkom macht ungefähr 2% aller Weichteilsarkome aus und tritt bevorzugt im
höheren Alter auf. Das Durchschnittsalter der typischen kutanen Variante liegt im 7. bis 8.
Lebensjahrzehnt [Vogt 2008].
10
Am häufigsten sind das Gesicht und der Kopf älterer Patienten betroffen, aber auch Areale
früherer Bestrahlungstherapien [Beyeler et al. 2004]. Oft wird von postaktinischen
Angiosarkomen bei Radiotherapie von Mammakarzinomen berichtet [Laskin et al. 1988].
Das Angiosarkom zeigt morphologische und funktionelle Eigenschaften endothelialer Zellen
[Fayette et al. 2007]. Angetrieben von Wachstumsfaktoren wie z.B. dem VEGF (Vascular
endothelial growth factor) werden pathogene Gefäßzellen gebildet [Mendenhall et al. 2006].
Angiosarkome der Haut erscheinen zuerst als rötliche Flecken, die sich später ähnlich eines
Hämatoms bläulich verfärben und schließlich geschwürartig zerfallen können. Nekrosen und
Einblutungen sind wichtige Nebenkriterien.
Abbildung 3: Kutanes Angiosarkom mit einem Durchmesser von 2,5 mm und livid-rötlichem Aspekt
Die Diagnose erfolgt über einen klinischen und histologischen Befund. Bezüglich der
Diagnostik werden im ersten Schritt laut Leitlinien 2007 [Vogt et al. 2007] rasterartige
Probeexzisionen zur verbesserten Einschätzung der histologischen Tumorgrenzen empfohlen.
11
Histopathologisch besteht das Angiosarkom aus proliferierenden atypischen Endothelzellen.
Der Differenzierungsgrad variiert stark vom Hämangiom-ähnlichen bis zum ausgeprägt
anaplastischen Bild, mit morphologischen Ähnlichkeiten zum Karzinom oder Melanom [Vogt
et al. 2007].
Die Tumorzellen formen meist gefäßartige Strukturen, jedoch mit der Neigung eigene
disseziierende (keine gegebenen Strukturen beachtende) Netzwerke mit Anastomosen zu
bilden. Ebenfalls typisch für die Angiosarkomzellen ist eine Exprimierung von CD31 und
CD34 [Vogt 2008].
Zur prognostischen Beurteilung werden Tumorgröße und Eindringtiefe als Maßangabe in
mm verwendet. Dabei kann die rechtzeitige Diagnose und Exzision in einem sehr frühen
Stadium, d.h. wenn der Tumor noch klein ist und oberflächlich liegt, die Prognose günstig
beeinflussen.
Als ungünstig bezüglich der Prognose erweist sich das häufig diffus infiltrative und
diskontinuierliche bis multifokale Wachstum, sowie die Tatsache, dass der Tumor bereits im
Anfangsstadium der Erkrankung Metastasen bildet.
Die Metastasierung erfolgt lymphogen und hämatogen vor allem in die Lungen, wobei die
Gefahr einer lebensbedrohlichen Blutung aus den Metastasen besteht [Beyeler et al. 2004].
Die Therapie der Wahl besteht in einer rechtzeitigen und großzügigen Exzision wahlweise in
Kombination mit einer postoperativen adjuvanten Radiatio mit schnellen Elektronen,
insbesondere
bei
unvollständiger
Entfernung,
ausgedehntem,
inoperablem
oder
rezidivierendem Befund [Abraham et al. 2007].
Es liegen derzeit jedoch keine konkreten
Angaben zu einem dezidiert empfohlenen
Sicherheitsabstand vor.
Im Fall einer Resektion sollte eine plastische Deckung mittels eines Hauttransplantates erst
nach dem Vorliegen des Histopathologiebefundes, welcher eine vollständige Tumorfreiheit
der Region bestätigt, durchgeführt werden. Ist dabei von einer R0-Resektion, einer
„Tumorfreiheit“ auszugehen, werden moderate Strahlenbelastungen zwischen 55-60 Gy
empfohlen. Bei Verdacht auf einen Resttumor (R1-Resektion) sollte das Operationsgebiet mit
einer Bestrahlung von bis zu 75 Gy behandelt werden [Vogt et al. 2007].
Adjuvante Chemotherapien erwiesen sich bislang als wenig wirksam. Doxorubicin und
Paclitaxel zeigten dabei, verglichen mit anderen Chemotherapeutika, die höchste
Ansprechrate [Spieth et al. 1999].
12
Konkrete Empfehlungen für einen therapeutischen Einsatz lassen sich jedoch noch nicht
ableiten.
Ebenso
wenig
definiert
ist
zum
jetzigen
Zeitpunkt
der
Einsatz
einer
lokalen
gentherapeutischen Applikation von Interferon α 2b-cDNA und der Biomodulation (Coxibe
und PPARy-Antagonisten).
Im palliativen Bereich, bei nicht-resektablen Tumorbefunden, existieren vor allem
Erfahrungen mit Doxorubicin und mit dem Taxan Paclitaxel.
In neueren Studien wurde für Patienten mit fortgeschrittenen und chemotherapierefraktären
Angiosarkomen
die
positive
Wirkung
von
antiangiogenetischem
Targeting
unter
Einbeziehung metronomer Chemotherapie und moderner Biomodulatoren belegt. Pioglitazon
(PPARy-Antagonist), Rofecoxib (Cox II-Hemmer) und Trofosfamid kamen dabei zum
Einsatz.
Zur Zeit stehen in den Leitinien keine exakten Vorgaben zur Nachsorge des Angiosarkoms
fest.
Drei-
bis
sechsmonatige
Nachsorgeintervalle
werden
nach
erfolgreicher
Primärbehandlung empfohlen. In der Literatur finden sich jedoch auch Studien, in denen das
kutane Angiosarkom bereits nach 2 Monaten rezidiviert ist, was ein engmaschigeres RecallProgramm nahelegen würde [Fink-Puches et al. 2000].
Die Prognose für diese Erkrankung wird trotz aller Therapiemöglichkeiten generell als sehr
schlecht eingestuft. Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt bei 10–30% [Mendenhall 2006].
Lediglich eine frühzeitige Therapie scheint die Prognose positiv beeinflussen zu können.
1.1.3 Kaposisarkom
Bei
diesem
Tumor
handelt
es
sich
um
eine
bösartige
Bindegewebs-
und
Blutgefäßvermehrung, die überwiegend von den kleinen Gefäßen und Kapillaren der Haut
ausgeht. Die Tumorzellen entstammen den Endothelzellen dieser Gefäße.
Die Ursache des Kaposisarkoms ist nicht eindeutig geklärt. Dem heutigen Stand nach weiß
man, dass das humane Herpesvirus Typ 8 die Entstehung dieses Tumors begünstigen kann.
Klinisch stellt sich das Kaposisarkom häufig durch zahlreich auftretende, schmerzhafte, rotviolette Knötchen und Knoten dar. Eine Anordnung in den Hautspaltlinien, gelbgrüne
13
periläsionale Verfärbungen durch Einblutungen, Ödeme und ein disseminiertes Auftreten
(häufig mit Schleimhautbeteiligung) gelten als weitere typische Merkmale.
Klinisch und epidemiologisch wird das Kaposisarkom in vier verschiedene Gruppen
unterteilt:
TYP 1- klassisches (sporadisches) Kaposisarkom
TYP 2- Kaposisarkom bei iatrogener Immunsuppression
TYP 3- afrikanisches endemisches Kaposisarkom
TYP 4- HIV-assoziiertes (epidemisches) Kaposisarkom
Abbildung 4: Kaposisarkom mit einem Durchmesser von 3 mm
Das klassische Kaposisarkom wird eingestuft als wenig maligne und langsam wachsend.
Dieser Tumor ist sehr selten und zeigt sich klinisch zumeist an der Haut unterer Extremitäten.
Betroffen sind überwiegend ältere Männer [Koppitz 1986]. Erkrankte Patienten versterben
hauptsächlich an ihrem fortgeschrittenen Lebensalter und der damit einhergehenden CoMorbiditäten, nicht jedoch an dieser Tumorerkrankung.
Eine allgemein anerkannte Stadieneinteilung existiert zum jetzigen Zeitpunkt nicht.
14
Das
Kaposisarkom
vom
iatrogenen
Typ
entsteht
bei
längerfristiger,
massiver
Immunsuppression und befällt die Haut, die Schleimhäute und die inneren Organe. Der
Verlauf dieses Tumors wird im Vergleich zur klassischen Form als aggressiv beschrieben.
In noch nicht progredienten Stadien der Erkrankung können nach Aufhebung der
Immunsuppression spontane Rückbildungen auftreten [Brooks 1986].
Der endemische Typ des Kaposisarkoms ist bis heute einer der häufigsten Tumore in
Äquatorialafrika und im vorderen Orient. Hauptsächlich junge Männer und Kinder erkranken
an diesem Tumor. Klinisch werden vier verschiedene Typen unterschieden: die noduläre, die
floride, die infiltrative und die lymphadenopathische Form. Die Krankheit kann entweder
vergleichbar dem klassischen Kaposisarkom verlaufen oder auf aggressivem Weg [Stein
1996; Matondo 1996].
Die HIV-assoziierte Form des Kaposisarkoms zeigt eine deutliche Abhängigkeit vom
Zustand des zellulären Immunsystems. Dieser Tumor-Typ ist seit dem Beginn der 80er Jahre
bekannt und gilt als maligne, von den Gefäßendothelien ausgehende, multifokale
Systemerkrankung. Initial manifestiert sich der Tumor an der Nasenspitze, den Augenliedern,
der Glans Penis oder dem Ohr. Eine Metastasierung im klassischen Sinne tritt nicht auf. Die
Dignität dieses Typs ist sehr variabel und reicht von vereinzelten Knoten und Flecken, die
viele Jahre stationär bleiben können, bis hin zu rasch progredienten Verläufen mit Beteiligung
innerer Organe und Lymphknoten. Die deutsche Leitlinie zum Kaposisarkom führt eine
Stadieneinteilung des HIV-assoziierten epidemischen Typs (nach der Aids Clinical Trial
Group (ACTG)) [Krown 1992, Krown 1997] auf, in der ein Frühstadium und ein Spätstadium
beschrieben werden.
Frühstadium (gute Prognose):
Spätstadium (schlechte Prognose):
15
wenn alle folgenden Bedingungen erfüllt sind wenn eine einzige der folgenden Bedingungen
zutrifft
1. Tumor (T): Kaposisarkom auf Haut
1. Tumor (T): Pulmonales oder
und/oder Lymphknoten beschränkt; allenfalls
gastrointestinales Kaposisarkom;
minimale orale Beteiligung (nicht erhabene
ausgedehnter oraler Befall; Tumor-bedingte
Läsionen am harten Gaumen)
Ödeme oder Ulzerationen
2. Immunstatus (I): CD4-Zellen ≥ 200 µl
2. Immunstatus (I): CD4-Zellen < 200 µl
3. Symptome (S):
3. Symptome (S):
Keine opportunistischen Infektionen, kein
In der Anamnese opportunistische
Mundsoor, keine B-Symptomatik* der HIV-
Infektionen, Mundsoor, malignes Lymphom
Infektion
oder HIV-assoziierte neurologische
Erkrankungen, B-Symptomatik* der HIVInfektion
*B-Symptomatik = unklares Fieber; Nachtschweiß oder Diarrhoe, die länger als zwei Wochen anhalten;
Gewichtsverlust ≥ 10 kg
Tabelle 5: Stadieneinteilung für das Karposisarkom nach der WHO
Eine erste Diagnose kann in den meisten Fällen anhand typischer klinischer Merkmale
gestellt werden.
Differentialdiagnostisch sind klinisch abzugrenzen, je nach Lokalisation (kutan, oral,
lymphatisch), Anzahl der Flecken/Knoten (solitär, disseminiert) und äußerer Erscheinung
(livide, hautfarben, rötlich, gefäßreich, spindelzellreich), Hämatome, Angiosarkome, orale,
zellreiche oder thrombosierte Angiome, Angiokerathome, das Granuloma Teleangiektatikum,
Histiozytome, dermale Naevuszellnaevi, Lymphome, Amalgamtätowierungen, Syphilide,
EBV-Infektion, bazilläre Angiomatose und seltener Melanome oder pigmentierte Basaliome.
Allgemein gilt: Ist das Kaposisarkom typisch angiomatös mit livid-roten, makulösen oder
knotigen Effloreszenzen, so umfasst die klinische Differentialdiagnose alle Gefäßtumore und
die bazilläre Angiomatose. Erscheint der Tumor jedoch bei überwiegend spindelzelligem
Infiltrat weniger livide, kann das Kaposisarkom mit hautfarbenen bis bräunlichen Tumoren
verwechselt werden.
Die
Diagnosesicherung
erfolgt
durch
die
mikroskopische
Untersuchung
einer
Probenentnahme. Histologisch stellen sich schlitzförmige, dünnwandige neue Blutgefäße mit
herdförmigen Erythrozytenextravasaten, Hämosiderinablagerungen und einem lymphozytären
Entzündungsinfiltrat an regulären Gefäßen ausgerichtet dar [Schöfer & Brockmeyer 2005].
16
Für eine Einschätzung des Ausbreitungsgrades sollten diese Untersuchungen erfolgen:
Inspektion des gesamten Körpers einschließlich oraler und genitaler Schleimhäute,
Lymphknoten- und Abdomensonographie, bei Schleimhautbeteiligung Gastroduodenoskopie
und ggf. Koloskopie sowie Röntgen-Thorax [Potthoff & Brockmeyer 2007].
Zum heutigen Zeitpunkt steht laut deutscher Leitlinie kein allgemein anerkanntes
„Standardtherapieschema“ zur Behandlung des Kaposisarkoms zur Verfügung [Vogt et al.
2007]. Die operative Therapie des primär multilokulären Kaposisarkoms beschränkt sich auf
initiale Exzisionsbiopsien zur Diagnosesicherung und die Beseitigung kleinerer Tumore in
ästhetisch auffälligen Regionen.
Postoperativ muss mit Rezidiven in loco gerechnet werden, da eine lokale Traumatisierung
mikroskopischer Tumoranteile zu neuen Tumoren in der Umgebung führen kann (Köbner
Phänomen) [Vogt et al. 2007].
Bei der klassischen Variante sind lokale Bestrahlungsmaßnahmen (Röntgenweichstrahlen,
schnelle Elektronen, Kobalt-Bestrahlung) in Einzeldosen von 4-5 Gy und einer Gesamtdosis
von 20-30 Gy fraktioniert 3 mal pro Woche ausreichend, da sich der Tumor als auffallend
strahlensensibel (Regressionsrate 80–90%) erwiesen hat [Schöfer 1991, Kaliebe 1994, Nisce
1993]. Das zu bestrahlende Gebiet sollte 0,5-1,0 cm über den sichtbaren Tumorrand
hinausreichen, um vorhandene Tumorzellen an der Ausbreitung entlang der Gefäßlogen zu
hindern [Vogt et al. 2007].
Die
lokale
Chemo-
und
Immuntherapie
hat
gegenüber
einem
systemischen
Zytostatikaeinsatz den Vorteil geringerer Nebenwirkungen. Dabei werden im Tumor hohe,
direkt
antiproliferativ
wirksame
Wirkstoffkonzentrationen
von
Interferonen
und
Chemotherapeutika erzielt. Aus diesen Gründen sollte die lokale Behandlungsvariante im
Vordergrund vor einer systemischen, zytostatischen Behandlung stehen.
Generell muss die klassische Variante nicht immer chemotherapeutisch behandelt werden
[Kreuter et al. 2005].
Lokal können je nach Größe und Lokalisation des Malignoms ambulant die Kryochirurgie;
Vincaalkaloide, Bleomycin oder Interferone intraläsional; Retinoide (9-cis-Retinsäure) und
eher ergänzend die Camouflage (kosmetisch) eingesetzt werden [Vogt et al. 2007].
Die systemische Chemotherapie kommt vor allem bei ausgedehnten Befunden zum Einsatz
und wird vorwiegend mit liposomalem Doxorubicin durchgeführt.
17
Laut Deutscher Leitlinie: Kaposisarkom, Vers. 7, 02/2005 erscheint ein drei- bis
sechsmonatiges Recallprogramm bei der klassischen Variante aufgrund ihrer langsamen
Tumorprogression
als
ausreichend.
Eine
Kontrolle
des
Lokalbefundes
und
eine
Lymphknotensonographie sollten zu einer solchen Untersuchung gehören [Schöfer &
Brockmeyer 2005].
Die Therapie des iatrogenen Kaposisarkoms erfordert in erster Linie das Absetzen oder
zumindest die Reduktion der Immunsuppressiva [Potthoff & Brockmeyer 2007]. Eine
Umstellung auf Sirolimus hat sich bei Transplantatempfängern als wirkungsvoll erwiesen
[Gutierrez-Dalmau et al. 2005].
Beim HIV-assoziierten epidemischen Typ richtet sich die Therapie in erster Linie nach der
zugrundeliegenden Immunerkrankung. Weist das Krankheitsbild eines HIV-infizierten
zusätzlich auf ein epidemisches Kaposisarkom hin, besteht die Therapie der ersten Wahl in
der Gabe einer antiretroviralen Kombinationstherapie. Tritt der Tumor andernfalls unter
antiretroviraler Therapie erst auf, ist der Patient auf seine Compliance und die Therapie auf
ihre Effektivität zu überprüfen und gegebenenfalls umzustellen.
Gelingt es, die Viruslast im Serum unter die Nachweisgrenze zu senken und gleichzeitig die
CD4-Zellzahl/µl im Rahmen der HAART (highly active antiretroviral therapie) zu erhöhen,
kann das Kaposisarkom stabilisiert werden, gegebenenfalls sogar vollständig ausheilen.
Wird im Frühstadium eine Stabilisierung oder sogar eine Remission des Tumors beobachtet,
folgen hinsichtlich des Kaposisarkoms keine weiteren Therapiemaßnahmen. Bei einsetzender
Progredienz (rasches Wachstum, Infiltration, Ulzeration, systemische Beteiligung) unter guter
Immunitätslage (CD4+-Zellen >200/µl) ist eine systemische Interferontherapie angezeigt.
Liegt der Immunitätsstatus unter der erwähnten Grenze wird eine Chemotherapie mit
liposomalen Anthrazyklinen empfohlen.
Im Spätstadium schreibt die Leitlinie von 2007 die HAART-Basistherapie in Kombination
mit liposomalen Anthrazyklinen vor. Führt dieses Therapieverfahren nicht zu dem
gewünschten Erfolg, sollte ein Medikamentenwechsel zum Chemotherapeutikum Paclitaxel
vorgenommen werden. Wirkungsspezifisch wird die strukturelle Reorganisation der
intrazellulären Tubuli gestört. Der daraus resultierende Mitosesdefekt führt zur Apoptose der
Zelle. Als ultima ratio besteht vor allem im Spätstadium der Erkrankung die Möglichkeit
einer Polychemotherapie mit Adriamycin, Bleomycin und Vincristin (ABV-Schema).
18
Dieses therapeutische Vorgehen (kombinierte Behandlung mit dem ABV-Schema) stellte den
früheren Goldstandard der Kaposisarkom-Behandlung dar und führte durch eine wesentliche
Beeinträchtigung des zellulären Immunsystems zu einer erheblichen Risikosteigerung
opportunistischer Infektionen. Das erwähnte neuere Therapiekonzept mit liposomalen
Anthrazyklinen und intensiver HIV-Basistherapie mit HAART, Antibiotikaprophylaxe und
bei Bedarf hämatopoetischen Wachstumsfaktoren zeigt eine höhere Remissionsrate und ist
somit wirkungsvoller.
Im Endeffekt entscheidet die zugrundeliegende Viruserkrankung mit ihren opportunistischen
Infektionen über den Umfang und die Abstände der Nachsorgeintervalle. Empfohlen werden
im Rahmen der HIV-Routineuntersuchung Kontrollen der Haut, der Schleimhäute, der Lunge
(Röntgen-Thorax) und des Gastrointestinaltraktes im Abstand von 6-12 Monaten [Potthoff &
Brockmeyer 2007].
1.1.4 Dermatofibrosarkoma protuberans
Das Dermatofibrosarkoma protuberans ist ein relativ seltener Tumor, bei dem es sich jedoch
um das häufigste Sarkom der Haut handelt. Es handelt sich um einen fibrohistiozytären
Tumor, der ausschließlich an der Haut vorkommt. Er wird in der internationalen
Klassifikation der Weichteiltumoren [Weiss 1994; Weiss & Goldblum 2001] in die Gruppe
der fibrohistiozytären Tumoren mit intermediärer Malignität, lokaler Aggressivität und
seltener Metastasenbildung eingeordnet.
Eine verbindliche Stadieneinteilung existiert bei dem DFSP nicht. In der Regel wird aber das
Primärtumorstadium als Stadium 1, die Lymphknotenmetastasierung als Stadium 2 und die
Fernmetastasierung als Stadium 3 angegeben.
Das Durchschnittsalter der Patienten liegt laut der Deutschen Leitlinie 02/2005 bei 40 Jahren,
wobei Männer und Frauen gleichermaßen betroffen sind. Der Tumor tritt bevorzugt am
Rumpf sowie an den proximalen Extremitäten auf. Er wächst langsam, lokal infiltrierend,
destruierend und bleibt über Jahre hinweg asymptomatisch [Mark et al. 1993; Brabant et al.
1993].
Die aktualisierte deutsche Leitlinie von 2008 beschreibt das Dermatofibrosarkoma
protuberans (DFSP) als einen hautfarbenen, manchmal braun-gelb tingierten, auch rötlichen,
19
uncharakteristischen, flach erhabenen, derben und unregelmäßig konturierten oder auch
multinodulären Tumor [Ugurel et al. 2008].
Differentialdiagnostisch muss man das DFSP vom benignen atypischen DermatofibromVarianten, dem Dermatomyofibrom, dem Leiomyosarkom, dem pleomorphen Sarkom der
Haut oder dem spindelzelligen malignen Melanom abgrenzen.
Die Diagnosesicherung erfolgt in der Regel durch eine Inzisionsbiopsie, seltener durch eine
Exzisionsbiopsie [Ugurel et al. 2008].
Histologisch findet sich eine diffuse Infiltration der Haut und des subkutanen Fettgewebes
durch dicht gelagerte, zytologisch relativ uniforme, spindelige CD43-positive Tumorzellen,
die in charakteristischen storiformen (bastmattenartigen) Formationen angeordnet sind. Das
lokal infiltrative Wachstum ist gekennzeichnet durch asymmetrische, subklinische Ausläufer
in horizontaler Richtung, sowie durch die Infiltration tiefer gelegener Strukturen [Ugurel et al.
2008; Beyeler et al. 2004].
Die Ausbreitung erfolgt zumeist entlang der Dermis-Subkutisgrenze [Breuninger et al. 1994].
Aber auch eine Ausdehnung in die tiefe Subkutis entlang der Septen des subkutanen
Fettgewebes und in die darunter liegende Muskulatur wurde beobachtet.
Eine Tumordarstellung kann auch mittels CT-, MRT- und Ultraschallaufnahmen erfolgen
[Kransdorf et al. 1994; Torregani et al. 2002]. Diese Darstellungsmethoden lassen jedoch nur
bedingt Aussagen über die wirkliche Infiltration zu, da feinsträngige, subklinische Ausläufer
nicht abgebildet werden [Breuninger et al. 2004].
Zur
Ausbreitungsdiagnostik
bei
Rezidivfällen
Abdomensonographie und Röntgen-Thorax empfohlen.
werden
Lymphknotensonographie,
20
Abbildung 5: Dermatofibrosarkoma protuberans mit typisch knotigem Aspekt an der Grenze zur behaarten
Kopfhaut
Die Therapie der Wahl besteht in der Exzision mit etwa 3 bis 5 cm Sicherheitsabstand.
Arbeitet man mit einer systematischen Schnittrandhistologie (histographisch / mikrographisch
kontrollierte Chirurgie) kann eine hohe Rezidivfreiheit gewährleistet werden. Ein
Sicherheitsabstand von 1 cm wird dann als ausreichend angesehen [Smola et al. 1991;
Breuninger et al. 1994; Parker & Zitelli 1995; Ratner et al. 1997; Kosanke 1999]. Dieses
chirurgische Vorgehen hat eine hohe Heilungsrate und ist maximal gewebsschonend. Somit
sollte dies die Therapie der Wahl bei einem Dermatofibrosarkoma protuberans sein [Gloster
et al. 1996]. Die Verwendung immunhistochemischer Färbungen von CD34 kann hilfreich
sein, um die Tumorgrenzen des Exzidates zu beurteilen [Ugurel et al. 2008].
Aufgrund der hohen Strahlensensibilität des Dermatofibrosarkoma protuberans kann das
lokale Rezidivrisiko durch eine postoperative Strahlentherapie gesenkt werden [Ballo &
Zangers 1998; Marks et al. 1990; Sun et al. 2000]. Des Weiteren wird eine Bestrahlung bei
R1- oder R2-Resektion, bei eingeschränktem Sicherheitsabstand, Zustand nach mehrfacher
lokaler Rezidivbildung und inoperablen kutanen, lymphonodalen Metastasen empfohlen. Die
Gesamtdosis beträgt 60-70 Gy bei kurativer Zielsetzung. Bei palliativer Behandlung und
21
abhängig von der Lokalisation zu umgebender Risikostruktur sind 50 Gy anzustreben [Ugurel
et al. 2008].
Daraus schlussfolgernd wird verständlich, dass Lokalrezidive in Abhängigkeit von der
Behandlungsstrategie auftreten. Die Angaben zur Häufigkeit von Lokalrezidiven schwanken
zwischen 10 und 80% [Ugurel et al. 2008].
Lymphknoten- und Fernmetastasen kommen nur selten vor. Die Metastasierungsrate liegt
nach dem derzeitigen Kenntnisstand bei weniger als 0,5% [Ugurel et al. 2008]. In den
seltenen publizierten Fällen fortgeschrittener Stadien war vornehmlich die Lunge betroffen
[Rockley 1989; Ruetgers 1992; Lal et al. 1999].
Die Mortilität des Tumors ist als gering einzuschätzen [Ugurel et al. 2008; Beyeler et al.
2004; Breuninger et al. 2005].
In der neusten Leitlinie von 2007 wird eine molekular ausgerichtete Therapie des DFSP mit
einem PDGF-Rezeptor-selektiven oralen Tyrosinkinase-Inhibitor Imatinib als sinnvoll
beschrieben.
Dieser
hat
eine
Unterbrechung
des
autokrinen
PDGF-gesteuerten
Wachstumsstimulus zum Ziel. Derartige Therapieansätze können bei ausgedehnten Tumoren
zur präoperativen Tumorremission eingesetzt werden. In ersten Studien konnte bereits eine
therapeutische Ansprechbarkeit bei etwa 70% der behandelten Fälle mit primär ausgedehnten,
lokal rezidivierten oder metastasierten DFSP erreicht werden.
Empfehlungen zur Nachsorge stehen in den kurzgefassten Leitlinien, Dermatofibrosarkoma
protuberans 2007; jedoch basieren diese weniger auf zugrunde liegenden Literaturbelegen und
Studienergebnissen. Für eine frühzeitige Erfassung von Lokalrezidiven sollen klinische
Untersuchungen in zunächst halbjährlichen Abständen über mindestens fünf Jahre hinweg
erfolgen. Danach einmal pro Jahr. Zusätzlich wird der Patienten in eine aktive
Selbstuntersuchung
ergänzendes
eingewiesen.
radiologisches
Eine
klinische
Vorgehen
wird
Lymphknotenuntersuchung
bezüglich
der
ohne
geringen
Lymphknotenmetastasierungsrate als ausreichend angesehen [Breuninger et al. 2005].
22
1.1.5 Malignes fibröses Histiozytom
Das maligne fibröse Histiozytom ist laut neuster WHO-Klassifizierung ein undifferenziertes,
pleomorphes Sarkom aus Fibroblasen- und Histiozyten-ähnlichen Zellen und wird, so wie das
atypische Fibroxanthom und das Dermatofibrosarkoma protuberans, den malignen Tumoren
des Bindegewebes zugeordnet.
Es existieren 5 histologische Varianten dieses Tumors:
-
Pleomorph-storiforme Variante
-
Myxoide Variante
-
Riesenzell-Variante
-
Entzündliche Variante
-
Angiomatoide Form
Eine andere Quelle unterteilt das maligne fibröse Histiozytom nach seiner Lokalisation am
Integument [Beyeler et al. 2004]:
-
Retroperitonealer Typ
-
MFH (malignes fibröses Histiozytom) der Extremitäten (wächst entlang der Faszien
und Muskulatur)
-
Dermaler Typ (dermales Sarkom)
Die beiden ersten Typen repräsentieren die tiefe Variante des malignen fibrösen Histiozytoms
und zählen zu den aggressivsten mesenchymalen Tumoren mit einer hohen Rezidiv- und
Metastasierungsrate. Die Prognose ist schlecht [Stadler et al. 1998].
Das dermale Sarkom umfasst das atypische Fibroxanthom und das maligne fibröse
Histiozytom der Haut. Das MFH der Haut tritt meistens de novo auf. An Stellen chronischer
Entzündungen und Narben wurde es ebenfalls beobachtet [Lille et al. 2000]. Es tritt in
Bestrahlungsfeldern mit einer Latenzzeit von 5 bis 20 Jahren auf [Ohno et al. 1997].
Laut WHO-Klassifikation aus dem Jahr 2002 ist das maligne fibröse Histiozytom keine
eigenständige Entität. Es repräsentiert vielmehr eine Vielzahl undifferenzierter, pleomorpher
Sarkome, welche weniger als 5% der Weichteilsarkome bei Erwachsenen ausmachen.
Anzutreffen ist dieses Sarkom vermehrt zwischen dem 5. und 7. Lebensjahrzehnt. Männer
sind häufiger von diesem Tumor betroffen als Frauen [Beyeler et al. 2004].
23
Tief liegende Weichteile der Extremitäten oder die Retroperitonealregion sind bevorzugte
Lokalisationen des Tumors.
Rezidive treten in etwa 45% der Fälle auf. Während dieses hochmaligne Sarkom gehäuft in
tumorferne Areale rezidiviert, findet die Metastasierung auch auf lymphogenem Weg in
Tumornähe statt.
Bei oberflächlicher Lokalisation stellt sich der Tumor unspezifisch als subkutaner, selten auch
exophytischer, indolenter, später auch ulzerierender Knoten dar, der meist über 3 bis 6
Monate heranwächst [Berth-Jones et al. 1990].
Histologisch handelt es sich um ein sehr zellreiches Tumorgewebe mit pleomorphen,
teilweise mehrkernigen, großen Zellen neben kleinen Zellen mit hyperchromatischen
Zellkernen. Die Tumorzellen bilden zum Teil Bündel [Beyeler et al. 2004]. Durch zusätzliche
morphologische Parameter, wie unscharfe Begrenzung, asymmetrisches, tiefes, infiltratives
Wachstum, Ulzerationen und Nekrosen werden bei dem malignen fibrösen Histiozytom die
Kriterien der Malignität offensichtlich [Hödl 1982].
Durch die histologische Untersuchung muss das maligne fibröse Histiozytom vom
Liposarkom und Rhabdomyosarkom abgegrenzt werden [Beyeler et al. 2004].
Abbildung 6: Malignes fibröses Histiozytom mit einer Oberflächenausdehnung von 4,5 mm
24
Die Diagnosesicherung sollte in jedem Fall durch eine histologische Untersuchung der
Probeexzision erfolgen.
Derzeit gibt es keine einheitlichen Richtlinien zum therapeutischen Vorgehen. Empfohlen
wird im Fall oberflächlicher maligner fibröser Histiozytome eine möglichst radikale Exzision
mit 3 bis 5 cm Sicherheitsabstand unter Einbeziehung von subkutanem Gewebe,
Muskelfaszien und einem Teil des darunterliegenden Muskels [Kearney et al. 1980]. Der
mikrographisch kontrollierten Chirurgie wird heutzutage immer mehr Beachtung geschenkt
[Beyeler et al. 2004]. Für die operative Planung ist das präoperative MRT wegweisend, um
bei plastisch-rekonstruktiven Verfahren den plastischen Chirurgen frühzeitig hinzuzuziehen.
Positive Ergebnisse einer prä- und postoperativen Radiotherapie liegen vor.
Bei einer Tumorgröße >5 cm hat sich die adjuvante Chemotherapie etabliert. Diese hat in der
Gruppe hochmaligner Weichteilsarkome Steigerungen der Heilungsraten von 5 bis 10% zu
verzeichnen [Bokemeyer 2006].
Im Falle von irresektablen Tumoren wird durch den präoperativen Einsatz von Radio- und
Chemotherapie
Tumorresektion
primär
eine
ermöglicht
Tumorverkleinerung
werden
soll.
Derzeit
erhofft,
durch
werden
die
außerdem
eine
spätere
intensivierte
Chemotherapiekonzepte mit Wachstumsfaktoren und hochdosierte Chemotherapieprotokolle
mit autologem Stammzellersatz auf ihre Effizienz und Ansprechen untersucht [Bokemeyer
2006].
Zur Tumornachsorge liegen aktuell keine eindeutigen Angaben vor.
1.1.6 Atypisches Fibroxanthom
Das atypische Fibroxanthom ist ein seltener Hauttumor, der abgesehen von einzelnen
Kasuistiken beschriebener Metastasierungen als gutartig bezeichnet wird. Bei dem atypischen
Fibroxanthoms gibt es zwei mögliche Varianten: eine benigne und eine maligne Form, die
zum jetzigen Zeitpunkt noch Gegenstand der Diskussion ist [Koch 2008].
Wie bereits in Kapitel 1.1.5 erwähnt, soll es sich laut Beyeler bei diesem Tumor um eine
oberflächlich gelegene Variante eines malignen fibrösen Histiozytoms handeln. Andere
Literaturquellen setzen das maligne fibröse Histiozytom mit der metastasierenden Form des
atypischen Fibroxanthoms gleich und bezeichnen die nicht metastasierende Variante dieses
25
Tumors als benigne [Hödl 1982]. Fest steht, dass es zwischen dem atypischen Fibroxanthom
und dem malignen fibrösen Histiozytom keine sichere Unterscheidung gibt.
Das atypische Fibroxanthom erscheint gehäuft in lichtexponierten und aktinisch geschädigten
Arealen (Stirn, Schläfen, Ohr etc.) älterer Menschen. Bei jüngeren Patienten sind eher der
Stamm und die Extremitäten betroffen. Derbe, rötlich-bräunliche Knoten oder Knötchen, oft
mit Ulzerationen und Erosionen werden im Laufe eines raschen Wachstums beobachtet
[Beyeler 2004].
Differenzialdiagnostisch muss das Dermatofibrosarkoma protuberans, das maligne fibröse
Histiozytom, ein Leiomyosarkom und das Basaliom ausgeschlossen werden.
Ähnlich wie das dermale maligne fibröse Histiozytom ist das atypische Fibroxanthom kein
eigenständiger Tumor, sondern ein Reaktionsmuster unterschiedlicher, dedifferenzierter
maligner Neoplasien und degenerativer Zellvorgänge auf dermaler Ebene [Wilk et al. 2000].
Es leitet sich vom fibrohistiozytären Gewebe ab und enthält neben fibrösen Tumoranteilen
auch Histiozyten, Riesenzellen und reichlich Gefäße.
Dieser zelluläre Dimorphismus aus spindeligen, Fibroblasten-ähnlichen und aus Histiozytenähnlichen Zellelementen ist im histopathologischen Bild beider Tumortypen vorzufinden.
Abbildung 7: Atypisches Fibroxanthom mit einem Oberflächendurchmesser von 2,5 mm am Übergang
zwischen Ohrmuschel und Ohrläppchen
26
In diagnostischer Hinsicht darf die pigmentierte Form des atypischen Fibroxanthoms nicht
vergessen werden [Diaz-Cascajo et al. 1998]. Das Vorgehen bei der Diagnosestellung gleicht
dem des malignen fibrösen Histiozytoms. In der zu ergänzenden Immunhistologie sind andere
spindelzellige Tumore, wie das Merkelzellkarzinom und Melanom auszuschließen.
Die Totalexzision des Tumors mit einem Sicherheitsabstand von 1cm wird zunehmend von
der schnittrandkontrollierten Exzision als Therapie der Wahl verdrängt [Beyeler 2004].
Andere Therapieansätze sind in der Literatur nicht erwähnt. Eine alleinige Exzision bei dem
nicht-metastasierenden atypischen Fibroxanthom erscheint ausreichend, da diese Form
grundsätzlich primär als benigne eingestuft wird. Sollte der Tumor im weiteren Verlauf
Metastasen gebildet haben, wird er analog dem malignen fibrösen Histiozytom der
entsprechenden Therapie zugeordnet.
Angaben zur Tumornachsorge liegen aktuell nicht vor.
1.1.7 Talgdrüsenkarzinom
Talgdrüsen sind lobulär aufgebaute, holokrin sezernierende Drüsen, die sich im Korium der
Haut und der Halbschleimhäute befinden und überwiegend in den Haarfollikelkanal münden
(Glandulae sebaceae pilares). Ebenso können Sie frei in der Haut ihren Ausgang finden
(Glandulae sebaceae separatae). Am aktivsten und größten sind die Talgdrüsen im Gesicht
und am oberen Thorax [Moll 2005].
Der Talg hat die Funktion die Hautoberfläche und die Haare einzufetten. Er ist ein
dünnflüssiges, gelbliches Gemisch aus verschiedenen Glyzeriden, freien Fettsäuren, Wachsund Sterolestern und freien Sterolen, die im Rahmen der zellulären Differenzierung innerhalb
von etwa zwei Wochen in einer Tochterzelle der Basalzellen entstehen. Dieser Vorgang
untersteht einer hormonellen Steuerung. Die Androgene Progesteron und Testosteron
stimulieren die Talgsekretion, wohingegen Östrogen die Ausscheidung hemmt.
Talgdrüsenkarzinome gehören zu den sehr seltenen, malignen Adnextumoren [Burgdorf et al.
1990; Bailet et al. 1992].
Diese Tumoren treten vorwiegend im mittleren und hohen Lebensalter auf. Eine
geschlechtsspezifische Verteilung kann nicht bestätigt werden, vermutet wird jedoch eine
Präferenz des männlichen Geschlechts. Sie entstehen vermutlich de novo und gehen nicht aus
gutartigen Talgdrüsentumoren hervor [Exner et al. 2001].
27
Sie werden unterteilt in den okulären Typ, bei dem sich der Tumor ausschließlich in der
Lidregion befindet und in eine extraokuläre Variante am restlichen Integument.
Okuläres Talgdrüsenkarzinom
In etwa 75% der Fälle tritt das Talgdrüsenkarzinom in der zuerst genannten Region auf, wo es
seinen Ursprung überwiegend in den Meibom’schen Drüsen findet. Dieser Typ erscheint
meist als kleines, langsam wachsendes, tief gelegenes, gerötetes Knötchen. Am Oberlid wird
es häufiger beobachtet als am Unterlid. Klinisch ist es von einem Chalazion
kaum zu
unterscheiden.
Diagnostisch kann das Talgdrüsenkarzinom in dieser Lokalisation leicht mit chronischen
Entzündungsprozessen verwechselt werden.
Extraokuläres Talgdrüsenkarzinom
Die restlichen 25% der Talgdrüsenkarzinome finden sich an anderen Körperregionen mit
Talgdrüsen. Nicht selten fällt das extraokuläre Talgdrüsenkarzinom durch Blutungen auf. Es
imponiert als livid-rot-gelber Knoten mit ca. 0,5 bis 2,5cm Durchmesser.
Histologisch wurden bei dem Talgdrüsenkarzinom von der Dermis ausgehende großflächige
Ulzerationen beobachtet, die bis in das Stratum reticulare reichen. Dabei wächst der Tumor in
dicht
gedrängten,
irregulären
Lobuli.
Diese
Lobuli
bestehen
größtenteils
aus
undifferenzierten, basaloiden Zellen mit multiplen Mikrozysten. Die basophilen Tumorzellen
sind groß und polymorph. Sie besitzen prominente, z. T. multiple Nukleoli sowie ein helles
Zytoplasma. Der Tumor enthält immer Tagdrüsenzellen, die in gut abgrenzbaren Lobuli
organisiert sind. Es finden sich Anzeichen von Malignität, wie z. B. Kernpolymorphismus
und Hyperchromatismus. Eine erhöhte Mitoserate ist jedoch auch in gutartigen
Talgdrüsentumoren feststellbar und somit kein sicherer Anhaltspunkt für Malignität [Exner et
al. 2001].
28
Abbildung 8: Talgdrüsenkarzinom am Oberlidrand [Riedel 2006]
Lokalrezidive werden bei etwa einem Drittel der Patientenfälle beobachtet. Ein Viertel aller
Talgdrüsenkarzinome metastasiert innerhalb von einem bis zwei Jahren zuerst in die
regionären, später in die viszeralen Lymphknoten [Altmeyer 2005]. Die 5-JahresÜberlebensrate liegt bei etwa 40%.
Die Diagnose ist allein vom klinischen Bild her nicht zu stellen. Eine postoperative
histologische Untersuchung ermöglicht zumeist erst eine genaue Zuordnung [Exner et al.
2001]. Die Diagnostik des okulären Typs ist aufgrund der Verwechselungen mit chronischen
Liderkrankungen häufig verzögert und die diagnostische Biopsie und operative Therapie wird
aufgrund der kritischen Lokalisation nicht selten zurückhaltend angegangen.
Die Therapie der Wahl besteht in der großzügigen Exzision unter Einhalten eines
mikrographisch kontrollierten Sicherheitsabstandes von mindestens 6 mm.
Die Tumorausbreitung reicht oft weit über die klinisch sichtbaren Tumoranteile hinaus,
wodurch die Gefahr verbliebener Tumorzellen steigt. Und somit wäre auch die erhöhte
Rezidiv- und Metastasenrate zu erklären.
29
Die Therapie im Metastasierungsstadium umfasst eine regionäre Lymphknotendissektion,
Bestrahlung und Chemotherapie mit Kombinationen von 5-Fluorouracil/Doxorubicin und
Cisplatin/Vinblasin. Standardisierte Leitlinien liegen bislang nicht vor [Hofmann et al 1999].
Die Tumornachsorge richtet sich nach den Vorgaben für Tumoren der Hautanhangsgebilde.
Da es sich beim Talgdrüsenkarzinom um eine Neoplasie mit hohem Metastasierungsrisiko
handelt, sollten die klinischen Kontrollen in drei- bis sechsmonatigen Intervallen über
mindestens fünf Jahre erfolgen. Im ersten Jahr werden alle drei Monate sonographische
Untersuchungen der regionären Lymphknoten empfohlen, ab dem zweiten Jahr eine
halbjährliche Ultraschalluntersuchung und ab dem dritten Jahr halbjährliche klinische
Kontrollen. Je nach Befund und Symptomatik kommen weitere Untersuchungen hinzu
[Breuninger et al. 2005].
1.1.8 Liposarkom
Hierbei handelt es sich um einen bösartigen Tumor des Fettgewebes und einen der häufigsten
Weichteilsarkome (20% aller Sarkome). Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen. Der
Tumor entsteht bevorzugt zwischen dem vierzigsten und dem sechzigsten Lebensjahr. Die
tiefen Weichteile der Extremitäten und des Retroperitoneums sind die häufigsten
Lokalisationen des Liposarkoms.
Das Liposarkom entsteht nicht aus einem gutartigen Lipom. Vermutet wird eine Entartung
embryonaler Vorläuferzellen des Fettgewebes.
Entgegen früherer Auffassungen können Liposarkome der verschiedenen Subtypen auch in
oberflächlichem dermalem Gewebe vorkommen. Diese kutanen Liposarkome können sich
klinisch als ausgedehnte Neoplasien, im Einzelfall aber auch als kleine polyploide
Hauttumoren darstellen und haben trotz einer hochmalignen Morphologie eine sehr gute
Prognose. Diese dermale Lokalisation ist die für uns, in dieser Arbeit, entscheidende Form
des Liposarkoms.
Liposarkome sind klinisch durch ihre Größe und gelbliche Farbe gekennzeichnet.
Histologisch ist eine gelatinös-muköse Struktur typisch für diesen Tumor. Häufig sind
zentrale Nekrosen, Hämorrhagien und Verkalkungen zu finden.
30
Eine histologische Unterteilung erfolgt aufgrund des Grades der Ähnlichkeit zu normalem
Fettgewebe:
1. Hoch differenziertes Liposarkom
Diese Form des Liposarkoms entsteht meist erst im höheren Lebensalter. Aufgrund der
hohen zellulären Differenzierung kann es histologisch leicht zu einer Verwechslung mit
normalem Fettgewebe oder mit einem Lipom kommen. Atypische, hyperchromatische
Lipoblasten sind Merkmal dieser Tumorvariante. Lokalrezidive können beobachtet
werden, jedoch keine Metastasierung.
2. Myxoides Liposarkom
Unter den 4 Typen des Liposarkoms ist dieser der häufigste. Das myxoide (schleimige)
Stroma enthält fettvakuolenreiche Lipoblasten und Prälipozyten. Diese Zellen stehen in
engem Kontakt mit den umliegend angeordneten Kapillaren. Diese Form des Liposarkoms
ist geringgradig maligne und weist eine hohe Strahlensensibilität auf. Die 5-JahresÜberlebensrate ergibt laut Literatur mit 70% eine gute Prognose.
3. Rundzelliges Liposarkom
Histologisch finden sich hierbei massenhaft gering differenzierte, runde Tumorzellen.
Dieses Sarkom ist hoch maligne und neigt zur schnellen hämatogenen Metastasierung.
4. Pleomorphes Liposarkom
Diese Form des Liposarkoms weist in der histologischen Darstellung sehr variabel
geformte Tumorzellen auf. Der Tumortyp gilt als hoch maligne und hat mit einer 5Jahres-Überlebensrate von ca. 20% eine eher schlechte Prognose.
Für das Liposarkom liegen in der Literatur keine validen Angaben zum allgemeinen
diagnostischen Vorgehen (klinisch, histologisch, radiologisch) vor. Alternativ ist zu
empfehlen sich an den allgemeinen Vorgaben für die Diagnosen von Weichteilsarkomen zu
orientieren.
Liegt aufgrund der Klinik und Symptomatik die Verdachtsdiagnose eines Liposarkoms vor,
sollte
diese
zunächst
durch
bildgebende
Verfahren,
wie
die
Sonographie,
die
Röntgendarstellung, die Computertomographie oder die Magnetresonaztomographie belegt
werden.
31
Dem MRT ist dabei in den meisten Fällen der Vorzug zu geben, da es hinsichtlich der hohen
Ortsauflösung und der Weichteilkontrastdifferenzierung heute die Technik der Wahl bei der
Abklärung des Umfangs von Weichteilraumforderungen ist [Niemeyer et al. 2003].
Die Diagnosesicherung erfolgt histologisch je nach Ausdehnung und Lokalisation durch eine
Exzision oder durch eine Feinnadelbiopsie. Da es sich bei Liposarkomen der Haut um eine
oberflächlich gelegene Variante eines Weichteilsarkoms handelt, sollte bei einem
Tumordurchmesser unter 5 cm eine Exzision gewählt werden.
Die Therapie der Wahl besteht in einer großzügigen Exzision, wobei derzeit keinerlei
Richtlinien zum notwendigen Sicherheitsabstand vorliegen. Das Tumorzentrum der
Universitätsklinik Freiburg schlägt für oberflächlich gelegene Weichteilsarkome einen
Sicherheitsabstand von 3 cm vor. Je nach Lokalisation kann ein 1 cm großer
Sicherheitsabstand ausreichend sein. Eine therapeutische Option sind peri- und postoperative
Strahlen- und Chemotherapien.
Falls eine adjuvante Therapie gewünscht wird, z.B. bei Tumorgrößen >5 cm oder bei
vorliegender Irresektabilität des Weichteilsarkoms, kann durch eine Radio- oder RadioChemotherapie die Tumorremission angestrebt werden.
Zur Tumornachsorge finden sich in der aktuellen Literatur keine Angaben. Auch hier sollte
man sich an den Vorgaben für Weichteilsarkome orientieren.
1.1.9 Trichilemmales Karzinom
Dieser seltene Tumor gliedert sich in die Gruppe der Adnexkarzinome mit follikulärer
Differenzierung ein und wird auch als malignes Trichilemmom bezeichnet [Blume-Peytavi et
al. 1996].
Bei dem trichilemmalen Karzinom handelt es sich um einen malignen Tumor des
Haarfollikes, der aus den Zellen der äußeren Haarwurzelscheide entsteht und eine
feingewebige Variante des spinozellulären Karzinoms darstellt.
Betroffen von dieser Neoplasieform sind hauptsächlich Frauen höheren Alters. Die behaarte
Haut in UV-exponierten Arealen (Kopfbereich) scheint für diesen Tumor prädisponiert zu
sein [Boscaino et al. 1992; Jo et al. 2005; Trabelsi et al. 2008].
32
Sein Wachstum ist lokal invasiv und ulzerierend, verläuft jedoch in den meisten Fällen
weitgehend indolent. Nur selten metastasiert das trichilemmale Karzinom [Reis et al. 1993; Jo
et al. 2005].
Der Tumor imponiert als 0,5 bis 2,0 cm großer unspezifischer, meist gut definierter,
exophytisch wachsender, kutaner Knoten im Bereich der behaarten Haut.
Hinsichtlich der histologischen Diagnostik besteht die Schwierigkeit in der Abgrenzung zum
follikulär differenzierten Plattenepithelkarzinom.
Vorgaben für das diagnostische Vorgehen bei einem vorliegenden trichilemmalen Karzinom
existieren zurzeit nicht.
Eine allgemein anerkannte Standardtherapie ist derzeit noch nicht festgelegt.
Eine großzügige oder eine Befund-abhängige mikrographisch kontrollierte Exzision wird
empfohlen. Dabei wurde in Studien die mikrographische Chirurgie als die, für das
trichilemmale Karzinom adäquate Therapiemethode belegt [Garrett et al. 2004]. Diese reicht
in den meisten Fällen aus, um eine Tumorfreiheit zu gewährleisten [Plumb & Stone 2002].
Zur Tumornachsorge bestehen in den vorliegenden Literaturquellen keine zuverlässigen
Angaben.
1.1.10 Hidradenokarzinom
Die ekkrinen Schweißdrüsen kommen am gesamten Integument vor. Besonders zahlreich
sind sie in der Leistenhaut der Palmae und Plantae. Die Endstücke dieser Drüsen sind stark
geknäuelt aus hellen und dunklen sekretorischen Zellen und von Myoepithelzellen im tiefen
Corium umgeben. Die Funktion der Schweißdrüsen besteht in der Thermoregulation durch
Erzeugung von Verdunstungskälte an der Hautoberfläche [Moll 2005].
Der dazu gehörige bösartige Schweißdrüsentumor entwickelt sich überwiegend aus dem
entsprechenden gutartigen Adnextumor, dem Hidradenom. Diese analoge, bösartige
Entwicklung ist jedoch sehr selten [Rütten 2002]. Primäre Formen dieses Karzinoms sind
ebenfalls bekannt.
33
Das Hidradenokarzinom gehört zu der Gruppe der seltenen Adnexkarzinome. Sowohl eine
ekkrine als auch eine apokrine Form dieses Tumors sind bekannt. Er neigt zu lokalen
Rezidiven und Metastasierungen. Hidradenokarzinome metastasieren häufig in die regionären
Lymphknoten [Hernandez-Perez et al. 1985].
Klinische Erfahrungen haben gezeigt, dass unvollständig exzidierte gutartige Hidradenome in
vielen Fällen rezidivierten. Dabei ist zu beachten, dass sich aus diesen Rezidiven ein
Hidradenokarzinom entwickeln kann.
Als seltenes aggressives Karzinom führt es unbehandelt häufig zum Tod [Ohta et al. 2004].
Klinisch stellt sich diese Neoplasie als uncharakteristisch, zumeist langsam wachsender,
knotenförmiger dermaler Tumor dar, der bevorzugt an den Extremitäten älterer Patienten
auftritt.
Das Hidradenom, als Grundlage des Hidradenokarzinoms, ist ein solider oder solid-zystischer
Tumor, der entweder aus klarzellig differenzierten Epithelverbänden oder aus poroiden
Strukturen mit kutikulären und poroiden Zellen besteht.
Histologisch diagnostizierbare maligne Hidradenome beinhalten dagegen zellverdichtete
größere Epithelverbände mit atypischen Tumorzellen und vielen Mitosen.
Eine Diagnose kann sich morphologisch als sehr schwierig erweisen, da sich, auch bei
vollständiger Aufarbeitung des Tumors, vereinzelt keine morphologisch zweifelsfreien
Malignitätskriterien darstellen lassen [Kiehl et al. 1997].
Die meisten Autoren kommen zu dem Schluss, dass eine frühe und großzügige Exzision des
Tumors die Therapie der Wahl ist [Ohta et al. 2004]. Die Effizienz adjuvanter
Behandlungsmethoden kann zum heutigen Zeitpunkt nicht allgemein belegt werden.
34
1.2 Zielsetzung
In der Aufarbeitung der nicht melanomatösen, malignen Hauttumore der Uniklinik Freiburg
der letzten 10 Jahre galt es, die Einhaltung vorhandener Standards und Empfehlungen
bezüglich der Diagnostik und Therapie zu kontrollieren und den Krankheitsverlauf
hinsichtlich des Procederes zu überprüfen.
Für das allgemeine Verständnis sollten nach umfassender Literaturrecherche zunächst einmal
die zehn diskutierten Tumorentitäten mit dem makroskopischen und mikroskopischen
Erscheinungsbild, der Ätiologie und ihrem Wachstumsverhalten vorgestellt werden.
Besonderen Stellenwert sollten die in der Literatur empfohlenen diagnostischen Maßnahmen
und die Therapiemöglichkeiten der genannten Sarkome und Karzinome haben.
Des Weiteren sollten auf die Umsetzungen der von den Leitlinien empfohlenen
Therapiemöglichkeiten, wie operatives Vorgehen oder adjuvante Strahlentherapie und
systemische Therapie, geachtet werden.
Es galt herauszustellen, inwieweit sich die Therapien, die der jeweilige Patient aus unserem
Kollektiv an der Universitätshautklinik Freiburg erhalten hat, mit den Vorgaben der Literatur
deckten. Für diejenigen Tumore, für die keine Leitlinien existierten, sollte ein Vergleich mit
den
vorhandenen
Studien,
Berichten
und
Einzelfalldarstellungen
zum
jeweiligen
therapeutischen Vorgehen erfolgen.
Aus den erfassten Rezidivfällen unseres Patientenkollektivs sollte nach der Erforschung
möglicher Ursachen und dem Abgleich mit den entsprechenden Literaturangaben eine
Prognoseauswertung für die jeweilige Erkrankung erfolgen.
Die Sterberaten für die einzelnen Malignome, in Abhängigkeit von der Tumorentität, der
Wahl der Therapie und der Nachsorge, standen aufgrund ihrer ungenauen Aussagekraft am
Ende unserer Zielsetzung.
35
2. Material und Methoden
2.1. Patienten
Anhand von ambulanten und stationären Patientenvorstellungen, wie auch in der Datenbank
der Histologie und mittels computergesteuertem „data-mining“, wurden Patienten mit nicht
melanozytären, malignen Hauttumoren gesucht. Durch den Ausschluss von Patienten mit
Basaliomen und Spinaliomen erfolgte eine Selektion kutaner, maligner Tumore.
Zur Erstellung einer Übersicht über die 10 aufgelisteten Tumorentitäten wurden die Daten der
Patienten aus dem klinikinternen Archivprogramm „Prometheus“ herangezogen. Dazu
gehörten unter anderem Operations- und Histologieberichte, sowie externe Arzt- und
Entlassungsbriefe.
Die Patientendaten wurden zunächst gesammelt und in einer Tabelle zusammengefasst. Dabei
wurde nach folgenden Informationen gesucht und entsprechend der individuellen
Durchführung erfasst:
1. Name
2. Geburtsdatum
3. Geschlecht der Person
4. Histologie des Tumors
5. Operatives Vorgehen bei Erstdiagnose ( in sano / nicht in sano)
6. Staging
-
CT-Thorax
-
CT-Abdomen
-
MRT
-
Sonographie
7. Adjuvante Therapie
-
Chemotherapie
-
Bestrahlung
8. Verlauf mit eventuellen
-
Rezidiven
-
Lymphknotenbefall
-
Metastasen
9. Erneute Therapie
36
10. Zeitintervall zwischen der Erstdiagnose und dem letzten Untersuchungsdatum
11. Eventueller Tod des Patienten, falls dieser ermittelt werden konnte
Die auf diese Weise zusammengestellten Daten der jeweiligen Patienten konnten im nächsten
Arbeitsschritt in Form tabellarischer Darstellungen ausgewertet werden. Darüber hinaus
wurden
mit
dem
Excel-Programm
(Windows)
Zeitintervalle
für
den
gesamten
Beobachtungszeitraum eines Patienten errechnet und die entsprechenden Graphiken und
Diagramme erstellt.
Nach einer gründlichen Auswertung der verschiedenen Tabellen und Diagramme konnten die
Einhaltung der jeweiligen Standards und die zum Zeitpunkt der Recherche vorhandenen
Richtlinien für die jeweiligen Tumore kontrolliert und ihre Auswirkungen auf den weiteren
Krankheitsverlauf interpretiert werden.
2.2 Diagnostik (Patientenbehandlung)
Die für die Datenauswertungen notwendigen Basisdiagnosen ergaben sich aus den
Krankenakten (größtenteils Arztbriefe, Operations- und Histologieberichte) des Archivs der
Freiburger Universitäts-Hautklinik.
Ein Standardablauf gestaltete sich folgendermaßen:
Anhand einer Anamnese und des klinischen Erscheinungsbildes wurde von dem ärztlichen
Personal eine Verdachtsdiagnose gestellt.
Eine histologische Absicherung dieser Diagnosen erfolgte entweder mittels Biopsie mit
nachfolgender
Totalexzision
oder
direkt
nach
der
durchgeführten
operativen
Tumorentfernung. Für die mikroskopische Untersuchung war entweder das Pathologische
Institut der Universitätsklinik in Freiburg oder direkt das histologische Labor der
Universitätshautklinik zuständig.
Auf diesem Weg konnte einerseits die klinische Diagnose bestätigt oder widerlegt werden.
Andererseits konnte durch die Beurteilung des Operationsergebnisses der weitere
Therapieablauf abgestimmt werden. Dazu gehören nach einer R0-Resektion die adjuvante
Radiatio, eine eventuelle Chemotherapie, die Tumorangiogenese und auch in Frage
kommende Immuntherapien. Entsprechend der gesicherten Diagnose konnte ebenfalls ein
Nachsorgeprogramm erstellt werden.
37
2.3 Graphiken und Tabellen
In diversen Graphiken und Tabellen wurden die registrierten Daten der eben erwähnten
Auflistung zueinander in Beziehung gestellt und bestimmte direkte Korrelationen miteinander
verglichen. Für die Diskussion wurden die Ergebnisse miteinander und mit Literaturangaben
verglichen.
Die entsprechende computerunterstützte Bearbeitung und Auswertung der Daten erfolgte mit
Microsoft Excel, womit auch das Graphikdesign erstellt wurde.
Bei der graphischen Darstellung konzentrierten wir uns auf die folgenden Schwerpunkte:
-
Frauen-/Männeranteil in Relation zum Alter
-
Alter bei der Erstdiagnose in Bezug zu der zahlenmäßigen Häufigkeitsverteilung der
einzelnen Tumore
-
Prozentuale Verteilung der einzelnen Tumore bezogen auf das Alter bei der
Erstdiagnose
-
Rezidiv bei den jeweiligen Tumoren
-
Prozentualer Anteil der einzelnen Therapiearten bezogen auf die Gesamtzahl der
Patienten
3. Ergebnisse
Im Zeitraum von 1999 bis 2006 wurden an der Universitätshautklinik Freiburg insgesamt 50
Patienten mit malignen, nicht-epithelialen, nicht-melanomatösen Neoplasien untersucht und
behandelt. Darunter befanden sich 4 Patienten mit einem Merkelzellkarzinom, 4 Patienten mit
einem Angiosarkom, 16 Patienten mit einem Kaposisarkom, 5 Patienten mit einem
Talgdrüsenkarzinom, 3 Patienten mit einem malignen fibrösen Histiozytom, 10 Patienten mit
einem atypischen Fibroxanthom, 3 Patienten mit einem Dermatofibrosarkoma protuberans, 3
Patienten mit einem Liposarkom, 1 Patient mit einem trichilemmalen Karzinom und ebenfalls
1 Patient mit einem Hidradenokarzinom.
1999 wurden die ersten 11 Erstdiagnosen gestellt, die in die Datensammlung dieser
Promotionsschrift eingehen. Die nächsten 13 Patienten erhielten zwischen den Jahren 2000
und 2002 eine der genannten Diagnosen für die jeweilige Tumorerkrankung. Aus den Jahren
2003 und 2004 gehen weitere 8 Erstdiagnosen in die Statistik ein. 10 Registrierungen von
erkrankten Patienten waren es im Jahr 2005 und 8 im Jahr 2006.
38
Die Gruppe der Patienten, deren Patientenakten retrospektiv gesichtet wurden, besteht aus 38
Männern und 12 Frauen, die sich in den letzten 8 Jahren in der Universitätshautklinik
Freiburg vorgestellt haben. Das Patientenkollektiv umfasst die folgenden hochmalignen,
nicht-epithelialen und nicht-melanozytären Hauttumoren:
1.
Merkelzellkarzinom (n=4)
2.
Angiosarkom (n=4)
3.
Kaposisarkom (n=16)
4.
Talgdrüsenkarzinom (n=5)
5.
Malignes fibröses Histiozytom (n=3)
6.
Atypisches Fibroxanthom (n=10)
7.
Dermatofibrosarkoma protuberans (n=3)
8.
Liposarkom (n=3)
9.
Trichilemmales Karzinom (n=1)
10.
Hidradenokarzinom (n=1)
3.1 Statistische Verteilung (data-mining)
3.1.1 Verteilung Männer/Frauen in Relation zur Altersgruppe
bei der Erstdiagnose
Zur Auswertung standen die Daten von 50 Patienten. Darunter befanden sich 12 Frauen und
38 Männer. Das folgende Säulendiagramm (Abb. 9) visualisiert den Geschlechtsanteil in den
verschiedenen Altersgruppen. Diese Darstellung soll in erster Linie die zahlenmäßige
Verteilung aller 10 diskutierten Tumorerkrankungen unter Berücksichtigung des Geschlechts
bezogen auf die jeweilige Altersgruppe verdeutlichen.
39
Abbildung 9: Verteilung Männer(m)/Frauen(w) in Relation zur Altersgruppe bei der Erstdiagnose
Allgemein kann man sagen, dass in der Altersspanne zwischen 70 und 89 Jahren mit 22
Erkrankten die meisten Patienten gezählt wurden. Zwischen 40 und 49 Jahren und zwischen
60 und 69 Jahren waren es jeweils 9 Patienten. Am dritthäufigsten war die Altersgruppe
zwischen 50 und 59 Jahren mit 5 erkrankten Personen betroffen. In unsere Statistik gingen
lediglich 4 Patienten im Alter zwischen 30 und 39 Jahren ein und nur einer der Erkrankten
war zwischen 90 und 99 Jahren alt.
Bezüglich der geschlechtlichen Verteilung ergaben sich folgende Werte:
In dem von uns als erstes bezeichneten Kollektivs (30-39 Jahre) war das Verhältnis zwischen
Frauen und Männer ausgeglichen.
In den Altersgruppen zwischen 60 und 69 Jahren und zwischen 80 und 89 Jahren war die
Frauenquote mit jeweils 3 Personen, im Vergleich zum Anteil weiblicher Patienten in den
anderen Altersgruppen, am größten. Die Altersgruppe mit den am häufigsten erkrankten
Männern lag mit 10 Personen zwischen 70 und 79 Jahren.
In der letzten Gruppe (90-99 Jahre) wurde als einziger Patient eine Frau registriert. In den
übrigen Altersgruppen (40-49 Jahre, 50-59 Jahre und 70-79 Jahre) gab es ebenfalls jeweils
nur eine an einem der Tumoren erkrankte Patientin. Die männlichen Erkrankten waren in
diesen Altersabschnitten mit 8 Patienten (40 – 49 Jahre), 4 Patienten (50 – 59 Jahre) und 10
40
Patienten (70 – 79 Jahre) vertreten. Generell ist der Frauenanteil mit 12 betroffenen Personen
von insgesamt 50 Patienten gering.
3.1.2 Häufigkeit der einzelnen Tumore bezogen auf das Alter bei der Erstdiagnose
Abbildung 10: Alter bei der Erstdiagnose in Bezug zu der Häufigkeitsverteilung der einzelnen Tumoren
(Abkürzungsverzeichnis siehe Anhang)
In dieser Graphik wird ersichtlich in welchen Altersgruppen die einzelnen Tumorarten
überwiegend zu finden sind.
Die Diagnose eines Talgdrüsenkarzinoms (TDK) wurde lediglich bei Patienten zwischen
dem 40. und dem 89. Lebensjahr gestellt, wobei in der Gruppe der 50 bis 59-Jährigen dieser
Tumor nicht beobachtet werden konnte. Patienten, jünger als 40 und älter als 89 Jahre, waren
für das Talgdrüsenkarzinom nicht vorhanden.
Zwischen dem 40. und dem 49. Lebensjahr erkrankte einer der 50 Patienten aus unserem
Kollektiv an diesem Tumor. Ebenfalls ein Patient erschien in der Gruppe der 60 bis 69Jährigen.
41
Bei zwei der Patienten wurde das Talgdrüsenkarzinom zwischen dem 70. und dem 79.
Lebensjahr erstmals diagnostiziert und ein Patient mit diesem Tumor ist zwischen seinem 80.
und seinem 89. Lebensjahr daran erkrankt.
Das trichilemmale Karzinom (TCZ) wurde nur bei einem der 50 Patientenfälle
diagnostiziert. Dieser lag mit 88 Jahren in der Altersgruppe der 80 bis 89-Jährigen.
Die 4 Merkelzellkarzinome (MZK) betrafen die beiden Altersgruppen 70 bis 79 und 80 bis
89 Jahre. Drei der Patienten erkrankten zwischen ihrem 70. und ihrem 79. Lebensjahr und
einer zwischen seinem 80. und 89. Lebensjahr.
Ebenso verhält es sich mit den 3 Fällen des malignen fibrösen Histiozytoms (MFH).
Auch bei diesem Malignom beschränkt sich die Gruppe der Patienten auf die Altersgruppen
der 70 bis 89-Jährigen. Dieser Tumor wurde bei einer Person aus der Gruppe der 70 bis 79Jährigen und bei zwei Personen aus der Gruppe der 80 bis 89-Jährigen diagnostiziert.
Die 3 Patienten mit einem Liposarkom (LS) sind auf zwei Altersgruppen verteilt. Ein Fall
wurde zwischen dem 40. und dem 49. und zwei Fälle zwischen dem 60. und dem 69.
Lebensjahr diagnostiziert.
Die 16 Fälle des Kaposisarkoms (KS) wurden mit einer Ausnahme bei Patienten zwischen
dem 30. und dem 69. Lebensjahr registriert. Drei der erkrankten Personen waren bei der
Erstdiagnose zwischen 30 und 39 Jahre alt. Fünf Patientenfälle finden sich in unserer Statistik
in der Gruppe der 40 bis 49-Jährigen. Zwischen dem 50. und dem 59. Lebensjahr erkrankten
vier der 16 Patienten an einem Kaposisarkom. Drei Fälle sind in unserer Graphik in der Säule
der 60 bis 69-Jährigen und ein Fall in der Säule der 80 bis 89-Jährigen enthalten.
Der einzige Patient, der in der Graphik die Gruppe des Hidradenokarzinoms (HAK)
darstellt, ist mit 81 Jahren an dem Tumor erkrankt.
Die gesamten 10 Fälle des atypischen Fibroxanthoms (FX) wurden bei Patienten zwischen
dem 60. und dem 99. Lebensjahr diagnostiziert. Zwei Personen erhielten die Erstdiagnose
dieses Tumors im Alter von 60 bis 69 Jahren. 70 bis 79 Jahre alt waren drei der Patienten bei
ihrer Primärerkrankung.
42
Zwischen ihrem 80. und 89. Lebensjahr befanden sich 4 der 10 Personen, als die Diagnose
erstmals gestellt wurde und ein Patient war über 90 Jahre alt.
Das Dermatofibrosarkoma protuberans (DFSP) war in dieser Statistik mit insgesamt 3
Fällen vertreten und betraf mit jeweils einem erkrankten Patienten die Altersgruppen der 30
bis 39-Jährigen, der 40 bis 49-Jährigen und der 60 bis 69-Jährigen.
Identisch verhält es sich mit dem Angiosarkom (AS). Auch dieser Tumor wurde bei eher
jüngeren Patienten beobachtet. So fand man die beschriebenen 4 Fälle bei 40 bis 69 Jahre
alten Personen. Einer dieser Patienten war bei der Erstdiagnose seiner Erkrankung zwischen
40 und 49 Jahre alt. Ein weiterer war zwischen 50 und 59 Jahre alt als sein Tumor entdeckt
wurde. Die beiden anderen Personen mit einem Angiosarkom waren zwischen 60 bis 69 Jahre
alt.
3.1.3 Prozentuale Verteilung der einzelnen Tumore in Bezug zum Alter bei der
Erstdiagnose
Abbildung 11: Prozentuale Verteilung der einzelnen Tumore bezogen auf das Alter bei der Erstdiagnose
43
Wie bereits in Abbildung 10 ist auch in dieser Graphik (Abb. 11) eine Verteilung der Tumore
auf die einzelnen Altersgruppen dargestellt. In diesem Fall handelt es sich jedoch um eine
prozentuale Darstellung. Auf diese Weise wird der Akzent auf das Alter gelegt. Es wird
veranschaulicht, welcher der 10 Tumorarten in einer bestimmten Altersgruppe dominiert.
So beziehen sich 25% der tumorösen Erkrankungen unserer registrierten Patienten in der
Gruppe der 30 bis 39-Jährigen auf das Dermatofibrosarkoma protuberans. Die restlichen 75%
werden den Kaposisarkomen zugeordnet. Weitere Tumorerkrankungen liegen in unserem
Kollektiv für diese Altersklasse nicht vor.
Auch zwischen dem 40. und dem 49. Lebensjahr dominiert das Kaposisarkom. 57% der
Patienten in dieser Altersgruppe erkrankten an dem Tumor. Ungefähr 11% der Fälle wiesen
ein Angiosarkom und weitere 11% ein Dermatofibrosarkoma protuberans auf. Wiederum 11%
werden dem Liposarkom zugeordnet. Die restlichen 11% in dieser Altersklasse betroffene
Patienten waren am Talgdrüsenkarzinom erkrankt.
In der darauf folgenden „Alters-Säule“ (50-59 Jahre) sind 80% der Personen an einem
Kaposisarkom und 20% an einem Angiosarkom erkrankt. Wie in der ersten Säule, sind auch
hier keine weiteren Tumortypen vertreten.
Bei den 60 bis 69-Jährigen war das Kaposisarkom mit 34% der Betroffenen der häufigste
Tumor. 22% der Patienten in diesem Altersabschnitt waren am Angiosarkom erkrankt.
Weitere 22% werden in dieser Altersgruppe dem atypischen Fibroxanthom zugeordnet. Bei
11% wurde das Dermatofibrosarkoma diagnostiziert. Die übrigen 11% sind aus der Gruppe
der Talgdrüsenkarzinom-Patienten.
In der nächsten Altersgruppe (70-79 Jahre) erkrankten 28% der Personen an einem atypischen
Fibroxanthom. Weitere 27% waren von einem Merkelzellkarzinom betroffen. Ein Liposarkom
wurde in dieser Altersklasse bei 18% der Patienten zum ersten Mal diagnostiziert. Ebenso war
das Talgdrüsenkarzinom mit 18% der Fälle vertreten. 9% der 70 bis 79-Jährigen Patienten
erkrankten an einem malignen fibrösen Histiozytom.
Im Kollektiv der 80 bis 89-Jährigen findet sich die größte Vielfalt der von uns beschriebenen
Malignome.
44
In etwa 37% der Fälle waren die Patienten Träger eines atypischen Fibroxanthoms. 19 % der
Personen in dieser Altersklasse erkrankten an einem malignen fibrösen Histiozytom.
Das Hidradenokarzinom machte etwa 9% der Malignome in dieser Gruppe aus. Weitere 9%
der Personen erkrankten an einem Kaposisarkom. Zu jeweils 9% waren in diesem
Altersabschnitt das Angiosarkom, das Talgdrüsenkarzinom und das trichilemmale Karzinom
vertreten.
In der letzten Altersgruppe der 90 bis 99-Jährigen ist in der Universitätshautklinik Freiburg in
dem besagten Zeitraum lediglich ein Patient an einem atypischen Fibroxanthom erkrankt.
3.1.4 Prozentuale Verteilung der durchgeführten Chemo-/ Immuntherapien,
Strahlentherapien und Exzisionen
Abbildung 12: Anteil der durchgeführten Therapiearten bezogen auf die Gesamtzahl der Patienten in Prozent
In dem Diagramm in Abbildung 12 wird die prozentuale Verteilung der angewandten
Therapien bezogen auf die von uns erfassten 50 Patienten veranschaulicht. Zu den
Therapiearten zählen die Chemo- und Immuntherapien (beide Therapiemethoden wurden in
Abbildung 14 unter Chemotherapie zusammengefasst), die Strahlentherapien sowie die
Exzisionen in sano. Weniger als 10% der Patientenfälle wurde eine Therapie durch
45
Bestrahlung begleitet. Zu dem gleichen Prozentsatz erfolgte eine Chemo- bzw.
Immuntherapie.
In Zahlen ausgedrückt heißt das: 3 der 50 Patienten erhielten eine zusätzliche Chemo/Immuntherapie (2 Patienten mit einem Kaposisarkom, ein Patient mit einem malignen
fibrösen Histiozytom).
Bei dem ersten Kaposisarkom-Patienten handelte es sich um eine sporadische, idiopathische
Variante des Tumors, die durch eine Roferontherapie mit Interferon alpha behandelt wurde.
Der Tumor wurde Ende 2002 diagnostiziert und seit Februar 2003 mit 3 x 3 Mio.I.E.
Interferon alpha pro Woche subkutan behandelt. Empfohlen wurde diese Therapie für
insgesamt 2 Jahre. Ende 2004 wurde erneut ein halbkugeliger Einzelknoten anderer
Lokalisation als der des Primärtumors exzidiert.
Bei einem anderen Patienten mit diesem Tumor wird in einem Histologiebericht auf die
vorangegangene Chemotherapie verwiesen, ohne dabei auf das verwendete Medikament
eingegangen zu sein. Bei der nachweislichen Histologie handelt es sich um eine
Verlaufskontrolle.
Der Patient mit einem malignen fibrösen Histiozytom erhielt ca. 1 Jahr nach der Exzision
des Primärtumors 1 Zyklus einer Taxol Chemotherapie. Wiederum 1 Jahr später wurden Intransit-Metastasen und Lymphknotenmetastasen bei ihm festgestellt. Er verstarb kurz darauf.
Ebenfalls 3 Patienten wurden zusätzlich zur Exzision bestrahlt. Hierzu zählt erstens ein
Angiosarkom-Patient, der nach einer Probeexzision im Januar 2005 die Diagnose für diesen
Tumor erhielt. Darauf folgten im selben Monat 2 Nachexzisionen mit jeweils 1cm
Sicherheitsabstand zum Tumorrand. Von April bis Mai desselben Jahres unterzog sich dieser
Patient einer adjuvanten Bestrahlung mit einer Gesamtdosis von 62 Gy.
Der zweite Patient mit einem Merkelzellkarzinom wurde an der rechten Wade postexcisionem eines Rezidivs die Lymphknotenstationen inguinal und in der Kniekehle bestrahlt.
Bei dem dritten Patienten, der ergänzend bestrahlt wurde handelte es sich um ein
Liposarkom. Der Tumor wurde nach vollständiger Entfernung, auf Grund des hohen
Rezidivrisikos strahlentherapeutisch nachbehandelt.
Die dritte Säule in dieser Abbildung stellt den Anteil der in sano exzidierten Tumore dar.
Demnach wurden bei 62% der Patienten die Neoplasie definitiv vollständig entfernt.
Zu den 38% der Patienten, bei denen kein sicherer Beleg für die vollständige
Tumorentfernung vorhanden ist, gehörten folgende Tumore:
46
8 Kaposisarkome, 3 Fibroxanthome, 2 Merkelzellkarzinome, 2 Talgdrüsenkarzinome und 2
Angiosarkome.
Eine Aussage über den Grund für die unvollständigen Exzisionen kann aus Mangel an
vorliegenden Daten nicht getroffen werden.
3.1.5
Anzahl der Rezidive bezogen auf die einzelnen Tumore
Abbildung 13: Rezidivanteil bei den jeweiligen Tumoren
Die Graphik in Abbildung 13 veranschaulicht die Rezidivquote der zehn diskutierten
malignen Tumore. Unter dem Oberbegriff „Rezidiv“ fassten wir sowohl Lokalrezidive, als
auch Fernmetastasen und Lymphknotenmetastasen zusammen. Dabei ist zu erwähnen, dass
einige der Patienten nicht nur an einer dieser „Rezidivarten“ erneut erkrankten.
Von den 50 statistisch erfassten Patienten erlitten 17 ein Rezidiv. Bei den übrigen 33
Personen wurde an der Universitätshautklinik Freiburg, in einem durchschnittlichen
Nachbehandlungszeitraum von 16,2 Monaten kein Rezidiv diagnostiziert.
Zahlenmäßig lag das Kaposisarkom mit 9 von 16 rezidivierten Tumoren an der Spitze, was
somit einen Anteil von 56,25% betroffener Patienten dieses Subkollektivs bedeutet.
47
Für das maligne fibröse Histiozytom lag die Häufigkeit der Rezidive bei 2/3 der Patienten
prozentual am höchsten. Einer der 3 Patienten mit diesem Tumor bekam sowohl ein
Lokalrezidiv, als auch Fernmetastasen mit Lymphknotenbeteiligung. Bei einem weiteren
Patienten wurden ein Lokalrezidiv und Fernmetastasen ohne Lymphknotenbeteiligung
beobachtet.
Bei den Angiosarkomen kam es in 50% zu einem Rezidiv (1 Lokalrezidiv, 1 Fernmetastase).
Von 4 Fällen erkrankten 2 Patienten erneut.
Genau wie beim Angiosarkom verhält es sich mit dem Merkelzellkarzinom. Ebenfalls 2 von
4 Patienten erlitten ein Rezidiv, dieses jedoch jeweils nur in loco.
Bei den Patienten mit einem atypischen Fibroxanthom rezidivierte der Tumor in einem von
10 Fällen lokal.
Auch unter den Personen, die an einem Liposarkom erkrankt sind, wurden Lokalrezidive
diagnostiziert. Bei nur 1/3 der Erkrankten macht das jedoch einen prozentualen Anteil von
33% aus.
Alle 3 Dermatofibrosarkoma protuberans-Patienten blieben rezidivfrei.
Auch bei dem Patienten mit einem Hidradenokarzinom, dem Patienten mit einem
trichilemmalen Karzinom und den 5 Patienten mit einem Talgdrüsenkarzinom wurden
keine Rezidive registriert.
3.1.6 Bezug zwischen angewandter Chemotherapie und der Anzahl verstorbener
Patienten
Für die folgende Tabelle 6 werden die bereits erwähnten chemotherapeutisch behandelten
Fälle unter den 50 erkrankten Patienten mit den darunter registrierten Todesfällen in
Verbindung gebracht. Es soll dargestellt werden, welcher der 4 Patienten, die eine
Chemotherapie erhielten, verstorben ist. Ebenso wird veranschaulicht, wie groß der Anteil der
Todesfälle unter den 46 nicht zusätzlich chemotherapeutisch behandelten Personen war.
48
Die Auswertung ergab folgende Korrelationen:
Es wurden an der Freiburger Universitätshautklinik unter den 50 Patienten unseres Kollektivs
5 Todesfälle registriert. Davon erhielt einer zusätzlich zu der Exzision eine Chemotherapie.
Die übrigen 4 verstorbenen Personen bekamen diese Behandlung nicht. Für die restlichen 45
Patientenfälle ist an der Universitätsklinik in dem durchgeführten Nachbehandlungszeitraum
von durchschnittlich 16,2 Monaten kein Todesfall registriert worden. Drei dieser Patienten
wurden chemotherapeutisch behandelt. Bei 42 Erkrankten wurde diese Therapie nicht
durchgeführt.
Die umgekehrte Betrachtung legt den Fokus auf die Chemotherapie. So wurden von den 50
Patienten des Kollektivs 4 zusätzlich zur Exzision chemotherapeutisch behandelt. Davon ist
einer verstorben. Keine Chemotherapie erhielten 46 erkrankte Personen, von denen 4
verstorben sind. Auf unseren Untersuchungen basierend, konnte kein eindeutiger Beleg für
den Nutzen einer begleitenden Chemotherapie, bei den 10 von uns diskutierten Tumorarten,
erhärtet werden.
Die nachfolgende Tabelle verdeutlicht auch, dass die Zahl der verstorbenen Patienten für eine
eindeutige Aussage zu klein ist, als dass sichere Schlüsse aus diesen Daten gezogen werden
sollten.
Weiterhin ist nicht bekannt, welchem Leiden die Personen in unserem Kollektiv erlegen sind.
Diese Fakten sind mangels vorliegender Unterlagen nicht in die Statistik eingegangen.
Außerdem kann nicht mit absoluter Sicherheit bestimmt werden, ob nicht noch weitere
Patienten ohne unsere Kenntnis verstorben sind.
Verstorben
Nicht verstorben
Gesamt
Chemotherapie
1
3
4
Keine Chemotherapie
4
42
46
Gesamt
5
45
50
Tabelle 6: Angewandte Chemotherapie in Korrelation zu der Zahl der verstorbenen Patienten
49
4. Diskussion
Soweit es die Literaturrecherchen zuließen, konnten die einzelnen Neoplasien mit ihren
entsprechenden „Charakteristika“ versehen und die angewandten therapeutischen Maßnahmen
benannt werden. Das gestaltete sich umso schwieriger, je seltener der Tumor ist. Dabei waren
das Merkelzellkarzinom, das Dermatofibrosarkoma protuberans, das Angiosarkom und das
Kaposisarkom die häufigsten Tumore. Diese Neoplasien verfügten über regelmäßig
aktualisierte Leitlinien und wiesen die größte Dichte an Literaturangaben auf.
In der Universitätshautklinik in Freiburg i.Br. wurden die, in dieser Dissertation aufgeführten
Sarkome und Karzinome auf unterschiedliche Arten therapiert. Zur Auswahl standen dabei
die folgenden Verfahren, die zwar nicht bei jeder Behandlung der 50 Patientenfälle zum
Einsatz kamen, dennoch sollen alle zur Auswahl stehenden Möglichkeiten der Tumortherapie
beschrieben, die entsprechenden Einsatzgebiete erörtert und, im Zusammenhang mit unserer
Tumorstatistik, der Nutzenfaktor diskutiert werden.
Zur Standardbehandlung gehören in erster Linie die chirurgischen Eingriffe mit dem
mikrographischen oder konventionellen Vorgehen. Die oberste Prämisse einer jeden
Tumorbehandlung ist die vollständige Entfernung des entarteten Gewebes unter weitgehender
Wiederherstellung von Form und Funktion. Dabei wird zwischen unterschiedlichen Formen
der Exzision unterschieden:
1. Exzision mit Sicherheitsabstand
Bei dieser Operationsmethode wird der Tumor in toto und mit einem Abstand zum sichtbaren
äußeren Tumorrand entnommen. Das Resektat wird histopathologisch untersucht. Das
Ergebnis
der
Pathologie
liegt
aufgrund
häufig
notwendiger,
aufwendiger,
immunhistologischer Färbungen nicht während des Eingriffs vor.
2. Mikrographische Chirurgie
Diese Methode erlaubt eine histologische Kontrolle noch während der Operation.
Gewebeproben werden im Rahmen einer so genannten Schnellschnittdiagnostik vom
Pathologen untersucht und die Ergebnisse an den Operateur weitergeleitet. Zur Absicherung
der Radikalität eignet sich diese Vorgehensweise nicht.
50
Bei den aufgelisteten Fällen wurde vornehmlich konservativ vorgegangen. So wurden bereits
in den ersten Operationen in sano Exzisionen angestrebt. Dabei ließ sich jedoch ein zweiter
Korrektureingriff nach dem pathologischen Gutachten oftmals nicht vermeiden.
Abhängig von der Art des Tumors und dessen Lagebeziehung zum angrenzenden Gewebe
wird der einzuhaltende Sicherheitsabstand des Schnittes zur klinisch sichtbaren Grenze des
Tumors bestimmt. Bei den in dieser Dissertation thematisierten Malignomen liegen die
Vorgaben des empfohlenen Sicherheitsabstandes zwischen 0,5 und 6 cm.
Bei allen genannten Tumoren würde ein Unterschreiten der geforderten Sicherheitsabstände
zu einem gehäuften Auftreten von Rezidiven führen [Vaziri et al. 2002].
In Abbildung 13 (Seite 46) wird das Problem des Rezidivs veranschaulicht. Diese graphische
Darstellung kann mit Hilfe der Abbildung 12 (Seite 44) erklärt werden. Zieht man nämlich die
durchgeführten adjuvanten Therapien und die „nicht in sano-Exzisionen“ hinzu, werden
einige Parallelen deutlich. 7 der 17 Rezidive, die in unserer Auswertung registriert wurden,
tauchten bei den Patienten mit einem nicht sicher vollständig entfernten Tumor auf.
Die 3. Säule in Abbildung 12 umfasst alle Exzisionen in sano (in %). Es wird deutlich, dass
laut unseres Informationsstandes bei knapp 68% der Patienten der entsprechende Tumor
komplett entfernt wurde. Bei 34 von 50 Patienten konnte der Tumor also sicher im Gesunden
exzidiert werden. Bedenkt man welch umfangreichen Sicherheitsabstände zum Teil für diese
10 Tumorentitäten empfohlen werden, ist diese Tatsache erfreulich.
Die Prognose bösartiger Weichteiltumore wird unabhängig von der Tumorgröße durch die
Radikalität
der
Tumorentfernung
Primäroperation
mit
bestimmt.
Sicherheitsabstand
In
jedem
notwendig.
Fall
ist
eine
Moderne
vollständige
Operations-
und
Rekonstruktionstechniken, sowie ggf. die adjuvante Radiatio ermöglichen heute ein
extremitätenerhaltendes Vorgehen mit ausreichendem Erhalt der Funktion. Adjuvante
Maßnahmen können eine nicht ausreichende Operation nicht kompensieren [Beyeler et
al.2004; Niemeyer et al. 2003 ].
Eine Strahlentherapie gilt als eine Alternative oder unterstützende Behandlungsmethode
zum operativen Verfahren. Sie kann entweder adjuvant oder neoadjuvant zusätzlich zur
Chirurgie eingesetzt werden. Das kann prä- oder postoperativ geschehen. Andererseits kann
im
Rahmen
einer
palliativen
Behandlung
eines
nicht-operablen
Bestrahlungseinheiten die Lebenserwartung des Patienten verlängert werden.
Tumors
durch
51
Allgemeine Empfehlungen für Weichteilsarkome stufen die Radiatio als wirksame
begleitende Therapieform zusätzlich zur Exzision ein.
Der Erfolg der Strahlentherapie ist jedoch eng an Tumorgröße, Gewebeeigenschaften und die
Wahrscheinlichkeit der Metastasierung gekoppelt [Niemeyer et al. 2003].
Bei primär nicht oder nur grenzwertig resektablen Tumoren ist eine präoperative
Strahlentherapie mit dem Ziel einer Verbesserung der Resektionsmöglichkeit indiziert.
Nach inkompletter Resektion (R1/R2) oder unbekanntem Resektionsstatus sollte eine
ergänzende Strahlentherapie durchgeführt werden. Auch nach kompletter Resektion (R0)
kann eine postoperative Strahlentherapie die Lokalrezidivrate signifikant senken und ist bei
großen Tumoren von intermediärem oder hohem Malignitätsgrad angezeigt [Becker et al.
2007]. Ein Verzicht auf die Strahlentherapie ist nach einer umfangreichen Resektion weit im
Gesunden möglich.
Zur Strahlentherapieplanung sollte unbedingt der präoperative Bildgebungsbefund vorliegen,
da sich das Zielvolumen an der primären Tumorausdehnung orientieren muss.
Die Chemotherapie findet ihren Einsatz sowohl im Bereich der palliativen, als auch der
kurativen Behandlung. Sie kann vor der Exzision (neoadjuvant) durchgeführt werden, um den
Tumor für eine Operation zu verkleinern oder danach (adjuvant), um eventuelle
Mikrometastasen zu beseitigen.
Auch sie kann eine chirurgische R0-Resektion nicht ersetzen.
Speziell für die Behandlung von Gefäßtumoren, wie dem Angiosarkom und dem
Kaposisarkom, bietet sich die Antiangiogenese als Behandlungsprinzip an. Hierbei kann der
Tumor direkt in seinem Wachstum beeinflusst und die Erkrankung in ihrem Ursprung
behandelt werden.
Die Immuntherapie basiert u. a. auf einer antiangiogenetischen Wirkung und wird in der
Literatur häufig der Chemotherapie zugeordnet. Ziel dieser Therapie ist es zusätzlich die
körpereigenen Abwehrkräfte des Patienten gegenüber entartetem Gewebe zu steigern.
Dies kann durch Zytokin- oder Antikörpergabe erreicht werden. Seit einiger Zeit werden auch
Impfungen und impfähnliche Verfahren experimentell eingesetzt.
Laut des Patientenratgebers von 2005 der Universitätsklinik Freiburg i. Br. ist diese
Therapieform noch im Versuchsstadium, wenn auch schon einige wenige Erkrankungen mit
dieser Art der Behandlung erfolgreich therapiert werden konnten. Fest steht jedoch, dass eine
Immuntherapie nicht für jede Tumorerkrankung geeignet ist.
52
Interferone im Speziellen besitzen neben der bekannten immunmodulierenden Wirkung auch
die Fähigkeit, in Tumorzellen eine Apoptose zu induzieren und haben über eine Hemmung
der Angiogenese weitere antiproliferative Eigenschaften [Vogt 2008].
Die Anzahl der chemotherapeutisch wirksamen Substanzen bei Weichteilsarkomen ist laut
Literatur begrenzt [Breuninger et al. 2002; Bockemeyer et al. 2002]. Allgemein werden für
Weichteilsarkome, in unserem Fall zählen hierzu das maligne fibröse Histiozytom, das
Liposarkom, das atypische Fibroxanthom, das Dermatofibrosarkoma protuberans, das
Angiosarkom und das Kaposisarkom, Ifosfamid und Doxorubicin als die wichtigsten
Chemotherapeutika bezeichnet. Besonders bei komplexen und primär irresektablen
Weichteilsarkomen wird auf eine kombinierte Radio-Chemotherapie verwiesen. Dabei soll
durch
den
präoperativen
Einsatz
einer
oder
beider
Behandlungsmethoden
eine
Tumorremission erreicht werden, die eine sekundäre Exzision ermöglicht. In dem
Zusammenhang werden insbesondere auch intensivierte Chemotherapiekonzepte mit
Wachstumsfaktoren
und
hoch
dosierte
Chemotherapieprotokolle
mit
autologem
Stammzellersatz untersucht [Bockemeyer 2006].
Bei den 3 Adnextumoren, dem Talgdrüsenkarzinom, dem Hidradenokarzinom und dem
trichilemmalen Karzinom sind die Erfahrungen bezüglich der Chemotherapie sehr gering.
Diese Tumoren scheinen wenig chemosensitiv. Die Therapieschemata lehnen sich im
Allgemeinen an die Behandlungskonzepte des Plattenepithelkarzinoms der Haut an
[Breuninger et al. 2002].
Der prozentuale Anteil von durchgeführten Chemo-/Immuntherapien, Strahlentherapien und
Exzisionen in sano stehen in der Abbildung 12 (Seite 44) im Fokus und werden im Einzelnen
nachfolgend bei den jeweiligen Tumoren diskutiert.
Die Tabelle 6 (Seite 48) stellt den Bezug zwischen der angewandten Chemotherapie und der
Zahl der verstorbenen Patienten her.
Ein Blick auf die Gesamtzahl, der von uns registrierten Todesfälle unter den 50 Patienten lässt
jedoch ein Problem in der Auswertung erahnen. Lediglich 5 Todesfälle sind an der
Universitätshautklinik im Freiburg gemeldet worden. Bei den restlichen 45 Patienten ist nicht
bekannt ob, wann und woran sie gestorben sein könnten. Sind die Patienten nach dem
Behandlungszeitraum vom Hausarzt betreut worden, so liegen uns diese Informationen nicht
vor. In diesem Fall ist ein möglicher Tod der Person nicht in der Datenbank der
Universitätshautklinik Freiburg registriert.
53
Zieht man nun an dieser Stelle in der Tabelle die Personen hinzu, die eine Chemotherapie
erhalten haben, kommt man zu folgendem Ergebnis:
Von den insgesamt 5 Verstorbenen wurden 4 nicht zusätzlich chemotherapeutisch behandelt.
Eine mögliche Schlussfolgerung aus dieser Darstellung wäre, dass der Einsatz von Zytostatika
die Überlebenschancen unter Umständen hätte steigern können.
Zu diesem Ergebnis kommt man ebenfalls, wenn man ausgehend von der Gesamtzahl der
Chemotherapie-Fälle
die
Todesfälle
betrachtet.
So
sind
von
den
insgesamt
4
chemotherapeutisch behandelten Patienten 3 nicht verstorben.
Die umgekehrte Betrachtung, der in unserer Statistik nicht verstorbenen 45 Patientenfälle,
belegt diese Theorie, mit 3 chemotherapeutisch behandelten Fällen und 42 Fällen ohne diese
adjuvante Therapie, nicht. Das würde bedeuten, dass 42 von 45 Patienten auch ohne eine
Zytostatikagabe erfolgreich therapiert werden konnten.
Nun stellt sich die Frage, ob überhaupt die fehlende Chemotherapie in einer direkten
Verbindung zum Tod der statistisch erfassten 5 Patienten gestanden haben könnte. Interessant
in diesem Zusammenhang ist die jeweilige Tumorentität. So handelte es sich bei 3 der 5
Tumorerkrankungen jener Patienten um ein atypisches Fibroxanthom. Einer litt an einem
malignen fibrösen Histiozytom und ein weiterer an einem Merkelzellkarzinom.
Therapie des Merkelzellkarzinoms:
1999 gab die Literatur für das Merkelzellkarzinom noch Sicherheitsabstände von 7-10 mm
vor [Hübner 1999]. Heutzutage legen die Leitlinien 3 cm als optimalen Sicherheitsabstand
fest [Krasagakis et al. 1997; Hauschild & Garbe 2005; Becker et al. 2007]. Auch nichteuropäische Literatur bestätigt diese Empfehlung [Alam 2007].
Von unseren 4 Merkelzellkarzinom-Patienten wurde ein Patient direkt mit einem
Sicherheitsabstand von 1 cm und ein zweiter Patient mit einem Sicherheitsabstand von 3 cm
chirurgisch behandelt. Bei den anderen zwei Patienten erfolgten nach histographischer
Kontrolle radikale Nachexzisionen mit Sicherheitsabständen von je 1 cm.
Rezidive wurden bei 2 der Patienten festgestellt, wobei sich einer von ihnen bereits mit einem
Rezidiv in der Universitätshautklinik in Freiburg vorstellte und daraufhin erfolgreich
therapiert wurde. Der andere „Rezidiv-Patient“ verstarb im Verlauf seiner Erkrankung. Sein
Tumor wurde primär mikrographisch kontrolliert entfernt. Der Sicherheitsabstand bei der
Nachexzision betrug 1 cm. Gründe für seinen Tod sind uns nicht bekannt.
54
An dieser Stelle soll auf die ergänzenden Therapien geschaut werden und wir wollen
diskutieren, inwiefern diese den Verlauf hätten positiv verändern können.
Das Merkelzellkarzinom ist laut allgemeiner Literaturquellen strahlensensitiv [Fenig et al.
1993, Tai et al. 2000].
In der Leitlinie 2005 für diesen Tumor wird die adjuvante Strahlentherapie der Tumorregion
und der regionären Lymphabflussbahnen empfohlen [Hauschild & Garbe]. Im Rahmen eines
multimodalen Therapiekonzepts bei einer Metastasierung kann die Radiatio ebenfalls
eingesetzt werden [Fenig et al. 1993, Tai et al. 2000]. In einem Einzelfallbericht wird ein
Merkelzellkarzinom beschrieben, das palliativ mit einer Dosis von 7 Gy bestrahlt wurde und
im Verlauf der folgenden 32 Wochen ausgeheilt ist. 6 Monate später wurde noch immer kein
Rezidiv festgestellt. Die Autoren sprechen jedoch von einem ungewöhnlichen Fall und
empfehlen dennoch eine rechtzeitige und adäquate Exzision des Tumors mit anschließender
adjuvanter Behandlung [Strobel et al. 2008].
Anhand der Arztbriefe wird ersichtlich, dass lediglich bei einem der 4 Patienten mit einem
Merkelzellkarzinom eine Strahlentherapie durchgeführt wurde. Uns liegen zu dem
Primärtumor, der nicht in unserem Haus operiert wurde, keinerlei Operationsberichte vor, so
dass man den Sicherheitsabstand bei der Exzision nicht beurteilen kann. Nur knapp 4 Monate
später rezidivierte der Tumor und wurde daraufhin erfolgreich entfernt.
Bei den übrigen 3 Patienten sind entsprechende Daten nicht vorhanden und wir müssen an
dieser Stelle davon ausgehen, dass eine Strahlenbehandlung nicht stattgefunden hat. Einer der
Patienten erlitt ein Rezidiv des Tumors.
In Anlehnung an die Empfehlungen der Literatur und an die 50%-ige Rezidivrate unserer
Merkelzellkarzinom-Patienten ohne eine adjuvante Strahlentherapie, ist eine derartige
Behandlung von unserer Seite sicherlich zu empfehlen.
Das Merkelzellkarzinom wird zwar als chemosensitiv, aber kaum chemokurativ beschrieben
[Weissner et al. 2007]. Es wird in der Literatur zwar von eindrucksvollen, jedoch nur kurz
anhaltenden Remissionen berichtet, die von starker Tumorprogression gefolgt sind. Im
Stadium der Fernmetastasen hat die Zytostatikatherapie bei einer ohnehin sehr kurzen
Überlebenszeit von wenigen Monaten nur einen palliativen Charakter [Hauschild & Garbe
2005].
In dem von uns rückblickend ausgewerteten Zeitraum wurden entsprechend keine
Merkelzellkarzinome chemotherapeutisch behandelt.
55
In derselben Leitlinie von 2005 für diesen Tumor hat die Immuntherapie einen ebenfalls sehr
geringen Stellenwert. Erwähnt wird dort lediglich, dass nur sporadisch Fallberichte bekannt
sind, in denen diese Behandlungsmethode eingesetzt wurde und deshalb der genaue
Stellenwert der Therapie derzeit kaum beurteilt werden kann.
In den vorliegenden Arztbriefen finden sich ebenfalls keine Hinweise auf die Anwendung der
Immuntherapie.
Dieser neuroendokrine Tumor hat laut Literatur seinen Inzidenzgipfel im 6. und 7.
Lebensjahrzehnt [Weissner 2007]. Es ist somit eine Neoplasie des höheren Alters.
Die 4 in unserer Statistik erfassten Merkelzellkarzinome wurden alle zwischen dem 70. und
dem 89. Lebensjahr ihres Trägers diagnostiziert (Abb.11, Seite 42). 3 der Patienten waren,
wie in der Literatur beschrieben, zwischen 70 und 79 Jahre alt und einer war bereits im 8.
Lebensjahrzehnt. Das Durchschnittsalter lag in unserem Fall bei 75 Jahren.
Diese statistischen Werte liegen im Bereich der bisherigen Erfahrung und bestätigen die
Angaben der Literatur [Hauschild & Christophers 1997; Becker et al. 2007; Weissner et al.
2007]. Patienten >65 Jahre sind 24x häufiger betroffen als Patienten <65 Jahre [Bichakjian et
al. 2007].
Bei dem Merkelzellkarzinom handelt es sich um einen hochmalignen Tumor mit einem sehr
hohen Rezidiv- und Metastasenrisiko. Dieses Malignom gilt als sehr aggressiv. So ist es auch
nicht ungewöhnlich, dass einer der Todesfälle aus unserer Statistik aus dieser Gruppe stammt
(Tab. 6, Seite 48).
Weibliche Patienten und Patienten, die sich noch in einem frühen Stadium des Tumors bei der
Erstdiagnose befinden, scheinen die beste Prognose zu haben [Eng et al. 2004].
Therapie des Angiosarkoms:
Für das Angiosarkom existieren zum jetzigen Zeitpunkt keine belegten Daten bezüglich
einzuhaltender Sicherheitsabstände bei chirurgischen Exzisionen.
Die Leitlinie von 2008 nennt die rechtzeitige und großzügige Chirurgie als das Kernstück der
Therapie [Vogt et al. 2008]. Eine Studie mit 46 Angiosarkom-Fällen belegt diese Vorgabe
[Abraham et al. 2007].
In den bei uns behandelten 4 Fällen des Angiosarkoms lagen die Sicherheitsabstände in 3
Fällen bei je 1 cm. Ein Patient wurde mikrographisch kontrolliert operiert. Einer dieser
Patienten erlitt einige Monate nach der Exzision des Primärtumors ein Lokalrezidiv.
56
Es handelte sich dabei um einen der Tumore, welcher mit 1 cm Abstand entfernt wurde. Das
Sarkom war im Unterkiefer lokalisiert. Bei den anderen 3 Personen kam es in dem
Nachbeobachtungszeitraum (0,2-28 Monate) zu keinem Rezidiv des Angiosarkoms.
In der Leitlinie für das Angiosarkom im Hautbereich wird ausdrücklich auf den hohen
Stellenwert einer postoperativen adjuvanten Radiatio hingewiesen [Vogt 2008]. Ein
ausschließlich operatives Vorgehen wird somit im Allgemeinen restriktiv gehandhabt. Eine
alleinige
Strahlentherapie
wird
ebenfalls
nicht
empfohlen.
Bis
heute
sind
die
Sicherheitsabstandoperationen für diesen Tumor nicht standardisiert.
Vogt et al. legten in einer kurzgefassten Leitlinie 2007 fest, dass beim kutanen Angiosarkom
postoperativ immer eine adjuvante Radiatio erfolgen sollte. Hierbei bezogen sie sich auf ihre
Studie mit 67 klinischen Fällen. Danach überlebten in einem Beobachtungszeitraum von 5
Jahren 54% der Patienten, die eine Exzision und Bestrahlung erhielten, 19% der Patienten, die
nur chirurgisch exzidiert wurden und 9% der Patienten, die nur bestrahlt wurden.
Eine weitere Studie mit 161 Patientenfällen ergab keine signifikante Verbesserung in der
Gruppe, die eine Radiatio erhielt, verglichen mit der Kontrollgruppe, die nicht bestrahlt wurde
[Fayette et al. 2007].
Um Metastasen zu verhindern bzw. zu zerstören, sollte im Anschluss an die chirurgische
Resektion eine großflächige Radiatio erfolgen [Mendenhall et al. 2006].
Abraham et al. behandelten 8 Patienten, die an einem kutanen Angiosarkom erkrankt waren,
mit adjuvanter und postoperativer Radiatio. Ein Patient erlitt ein Lokalrezidiv und Metastasen
und verstarb 4 Monate später. Drei weitere Patienten verstarben 6, 8 und 30 Monate später an
Fernmetastasen. Die restlichen Patienten erlitten keine Rezidive oder Metastasen.
Von den 4 Personen, die an einem Angiosarkom erkrankt waren, wurde unseres Wissens
nach, lediglich ein Patient zusätzlich bestrahlt. Diese Therapie wurde 3 Monate nach der
zweimaligen Exzision des Tumors durchgeführt. Die Tumorloge wurde mit einer Gesamtdosis
von 62 Gy bestrahlt. Einen Monat später kam es im Bereich der bestrahlten Haut zu einer
erosiven Strahlendermatitis, die mit einem Wundgel (Prontosan) und mit Mepilex lite
Wundauflagen behandelt wurde. Der Tumor rezidivierte weitere 2 Monate später.
Von den 3 Patienten ohne zusätzliche Strahlentherapie kam es bei einem zu Metastasen. Die
beiden anderen Patienten blieben rezidivfrei.
Eine eindeutige Aussage bezüglich des Nutzens einer Radiatio ist anhand dieser 4 Fälle eher
wenig aussagefähig. Dennoch sollten, aufgrund der hohen Malignität und der Tendenz zur
Fernmetastasierung, die vorhandenen und empfohlenen Therapieoptionen in Anspruch
genommen werden.
57
Für das Angiosarkom schlägt die Leitlinie den Zytostatikaeinsatz nur im palliativen Bereich
bei nicht-resektablen Befunden vor [Vogt 2008]. Zu diesem Zweck existieren vor allem
Erfahrungen mit pegyliertem-liposomalem Doxorubicin und Paclitaxel. Eine zusätzliche Gabe
von Ifosfamid soll zwar im Trend liegen, ist wohl aber mit einer erheblichen Toxizität
verbunden, wie ein Erfahrungsbericht mit anderen Weichteilsarkomen in dieser Leitlinie
äußert.
In einem Fallbericht [Pestoni et al. 2005] konnte die komplette Ausheilung eines
Angiosarkoms nach einmaliger Behandlung mit Paclitaxel beobachtet werden. Dieser Patient
verstarb 6 Monate später, allerdings nicht an dem Sarkom, sondern an einer Lungenfibrose.
In einer anderen Fallstudie wurde ein Patient mit rezidivierendem Tumor post-radiationem
mit Interferon α 2a subkutan und Retinoiden peroral behandelt. Es zeigte sich eine komplette
Remission [Spieth et al. 1999].
Beyeler et al. stellten 2004 fest, dass sich die Chemotherapie bei dem genannten Tumor als
wenig wirksam erwiesen hat.
Am ehesten haben sich Doxorubicin und Paclitaxel behauptet [Budd 2002].
In unserem Fall wurde bei keinem der 4 Angiosarkom-Patienten eine palliative Behandlung
mit einem Chemotherapeutikum durchgeführt. Der Grund dafür mag sein, dass eine kurative
Therapie alleine die Angiosarkome in den Griff bekam. Bei 2 Patienten ist es zwar jeweils zu
einem Rezidiv gekommen, diese wurden jedoch in einer zweiten Resektion ebenfalls ohne
Zytostatika kuriert.
Die aktuelle Leitlinie für das Angiosarkom [Vogt et al. 2007] erwähnt die zusätzliche Gabe
von Interferon α im Rahmen der palliativen Therapie. Das Medikament soll offenbar die
Wahrscheinlichkeit auf ein Ansprechen auf das Chemotherapeutikum Doxorubicin und auch
auf das antiangiogenetische Targeting erhöhen.
In den Unterlagen der 4 Angiosarkom-Patienten finden sich jedoch keinerlei Hinweise auf
diese zusätzliche Behandlung. Das verwundert allerdings nicht weiter, da diese Therapie, wie
bereits oben erwähnt, erst palliativ zur Unterstützung einer Chemotherapie durchgeführt
werden sollte. Eine Chemotherapie hat bei den 4 Patienten erst gar nicht stattgefunden. Somit
wäre diese Immuntherapie nicht sinnvoll.
In
der
Literatur
finden
sich
lediglich
für
das
Angiosarkom
Vorschläge
zur
Angiogenesehemmung als Möglichkeit einer zusätzlichen Therapieform. Die Leitlinien zum
Angiosarkom und Kaposisarkom [Vogt et al. 2007] erwähnen diese im Rahmen eines neuen
Konzeptes zur Verbesserung der Palliation. Man spricht dabei von einem antiangiogenetischen Targeting unter Einbeziehung metronomer Chemotherapie und moderner
58
Biomodulatoren. In einer Phase II Studie sollen Patienten mit fortgeschrittenen und
chemotherapierefraktären Angiosarkomen eine anti-angiogenetische Dreifachkombination aus
45mg/d Plioglitazon (PPARγ-Antagonist), 25mg/d Rofecoxib (Cox II-Hemmer) und
metronom appliziertem (3 x 50mg/d) Trofosfamid per os als tägliche Dauertherapie erhalten
haben. Dabei wird von ansprechenden Ergebnissen (2CR, 1PR, 3SD) bei tolerablen
Nebenwirkungen gesprochen.
Nichts desto trotz gehört diese Behandlungsmethode nicht zu den aktuellen Standards der
Tumortherapie und wird, wie bereits erwähnt, lediglich für einen der von uns besprochenen
Tumore in der Palliation vorgeschlagen. Sie fand aufgrund experimentellen Ansatzes und
Aktualität bei keinem der 4 Angiosarkom-Patienten Anwendung.
In Abbildung 10 (Seite 40) fällt das Angiosarkom besonders ins Auge. Hierfür wird als
Durchschnittsalter in der Literatur die 7. und 8. Lebensdekade beschrieben [Vogt et al. 2007;
Vogt 2008]. Das trifft in unserem Fall nicht zu. Das Alter der von uns registrierten Patienten
weicht enorm von den durchschnittlichen Erfahrungswerten ab. Alle Patienten, die an diesem
Tumor erkrankt sind, waren jünger als 70 Jahre. Ein Angiosarkom wurde im 48. Lebensjahr
des Patienten diagnostiziert. Ein weiterer Patient befand sich im 58. Lebensjahr, als man den
Tumor bei ihm erstmals erkannte. Die beiden anderen Personen waren bei der Diagnose des
Primärtumors mit 62 und 64 Jahren ebenfalls jünger, als es in aktuellen Richtlinien
beschrieben wird. Unsere Statistik deckt sich, was das errechnete Durchschnittsalter der
Angiosarkom-Patienten (58) angeht, weitgehend mit einigen Fallberichten zu diesem Thema.
Mendenhall et al. berichten 2006, in einem retrospektiven Artikel über das Angiosarkom der
Haut, dass bei den 72 Patienten, die erfasst wurden, das Alter zwischen 55 und 92 Jahren lag.
Abraham et al. beschrieb im selben Jahr die Behandlung und die Resultate von 82
Angiosarkom-Patienten. Das Durchschnittsalter dieser Arbeit lag bei 65 Jahren. Auch eine 3.
Arbeit aus dem Jahr 2007 stellt die bisherigen Altersangaben zur Erstmanifestation des
Angiosarkoms in Frage. Der Artikel von Gengler et al. erfasst eine Gruppe von 36 Patienten
nach einer Radiatio zur Brustkrebs-Therapie. Die Patienten waren im Schnitt 52 Jahre alt.
Hierbei handelt es sich um eine sekundäre Sonderform des Angiosarkoms. Diese tritt im
Durchschnitt
ca.
6
Jahre
nach
Bestrahlung
der
Mamma
bei
brusterhaltendem
Therapievorgehen auf. Sowohl die Abgrenzung dieser Variante von atypischen vaskulären
Läsionen, als auch die Therapie stellen häufig ein Problem dar [Vogt et al. 2007; Vogt 2008].
Therapie des Kaposisarkoms:
Das Kaposisarkom nimmt in der operativen Behandlung einen besonderen Stellenwert ein.
Laut der Leitlinie beschränkt sich die chirurgische Therapie des primär multilokulären
59
Kaposisarkoms auf eine initiale Exzisionsbiopsie zur Diagnosesicherung und die zusätzliche
palliative Beseitigung kleinerer Tumore in ästhetisch sichtbaren Bereichen [Vogt 2008]. Laut
des Köbner-Phänomens kann eine lokale Traumatisierung, der häufig weiter in die Umgebung
reichenden Tumore, zu Rezidiven in loco führen. Einer vollständigen Entfernung einzelner
Tumorknoten wird jedoch nicht widersprochen.
Diese Tatsache mag den hohen Anteil an Patienten erklären, deren operative Endzustände
somit nicht in sano waren. Von den 16 Personen mit einem Kaposisarkom konnten bei der
Hälfte die Tumorknoten nicht vollständig entfernt werden.
Die weiteren Behandlungsschritte werden je nach Form des Kaposisarkoms gewählt.
Die Kryotherapie ist eine Therapieform, die an dieser Stelle nur ergänzend erwähnt sei. Sie
kam bei der Behandlung der beschriebenen Malignome ausschließlich beim Kaposisarkom
zum Einsatz.
Hierbei nutzt man tiefe Temperaturen bis zu –196°C indikationsspezifisch dosiert, um
Läsionen entweder durch aufsprayen von flüssigem Stickstoff (offenes Sprühverfahren) oder
durch Kontakt mit einem stickstoffgekühlten metallischen Sondenkopf (geschlossenes
Kontaktverfahren) zu behandeln [Lautenschlager 2000].
Die kryochirurgische Behandlung zerstört neben den Tumorzellen auch gesundes Gewebe,
jedoch keine Faserstrukturen und Basalmembranen. Das Kollagen bleibt im gefrorenen
Zustand im Gegensatz zur Verbrennung weitgehend unverändert. Dem gegenüber stehen die
Zellen mit hohem Wassergehalt, hoher Mitoserate und hohem Sauerstoffverbrauch, sowie
pigment- und epithelbildende Zellen. Sie sind sehr kälteempfindlich und somit derart
kryosensibel wie die Tumorzellen.
Die tumorzerstörende Wirkung ist jedoch auf etwa 6 mm Eindringtiefe begrenzt, womit der
Einsatz der Kryochirurgie eingeschränkt ist und für Tumoren größerer Tiefenausdehnung
nicht indiziert ist [Matthäus 1989; Kuflik 1994; Buschmann 1999; Hundeiker et al. 2003].
Diese Form der Therapie wurde bei der Entfernung von Knoten des Kaposisarkoms
angewandt. Im Arztbericht wird nach einer zweifachen Anwendung einer Sprüh-KryoTherapie von einer deutlichen Besserung berichtet. Dies ist jedoch der letzte uns vorliegende
Bericht. Rezidive können somit nicht ausgeschlossen werden, wie auch eine vollständige
Abheilung nicht gesichert ist.
Die Lasertechnik als Form der Tumorentfernung soll ebenfalls nur der Vollständigkeit halber
beschrieben werden, da auch sie bei der Therapie der diskutierten malignen Tumore keine
wesentliche Rolle gespielt hat.
60
Allgemein kommt die Laserchirurgie seit den letzten Jahren in der modernen plastischen
Chirurgie und Dermatologie immer mehr zum Einsatz.
Dabei wird die thermische Lichtwirkung zur Gewebeabtragung genutzt.
(Laser = Light Amplification by Stimulated Emmission of Radiation)
Drei Lasertypen haben sich bis heute in der Lasertherapie etabliert:
-
Argon-Laser
-
CO2-Laser
-
Neodym-dotierter Yttrium-Aluminium-Granat-Laser
Bei 2 Kaposisarkom-Patienten wurde ein Laser zur Tumorentfernung verwendet. Einer von
ihnen wurde mit dem sogenannten KTP-Nd:YAG-Laser (Kalium-Titanyl-Phosphat-Laser)
behandelt. Der Farbstofflaser kam in vierwöchigen Intervallen insgesamt 6 Mal zum Einsatz.
Nach den ersten 3 Sitzungen sprachen die kleinknotigen angiomatösen Herde positiv auf die
Therapie an. Bei diesem Patienten entwickelten sich jedoch einige Zeit später neue
Tumorknoten. Im nächsten Schritt wurde, wie bereits im oberen Abschnitt beschrieben, eine
Sprühkryo angewandt und es wurde eine erneute Wiedervorstellung des Patienten in der
Laserambulanz geplant. Dies ist die letzte uns vorliegende Information.
Das Kaposisarkom gilt als auffallend strahlensensibler Tumor und sollte laut Leitlinie stets
einer Radiatio unterzogen werden [Vogt 2008]. Das klassische Kaposisarkom soll je nach
Größe, Lokalisation (oberflächlich, tief) und makroskopischer Erscheinungsform (makulös,
plaqueförmig, ödematös, großflächig ) meist sogar nach einmaliger lokaler Bestrahlung
ausreichend therapiert sein. Ähnliches gilt auch für das mit iatrogener Immunsuppression
assoziierte
Kaposisarkom.
Ist
das
Absetzen
der
Immunsuppression
wie
bei
Organtransplantationen nicht möglich, können die Tumore dennoch erfolgreich bestrahlt
werden. Im Falle eines HIV-infizierten Patienten wird jedoch von den Verfassern der Leitlinie
keine detaillierte Empfehlung für die Radiatio gegeben.
Im Fall unserer 16 Patienten mit einem Kaposisarkom geht aus den vorliegenden Arztbriefen
hervor, dass bei keinem Patienten eine Strahlentherapie durchgeführt wurde. Aufgrund der
oben erwähnten Therapievorschläge zu diesem Tumor scheint diese Tatsache zunächst
erstaunlich. 3 der 16 Patienten waren HIV-infiziert. Lediglich 2 Angaben finden sich in den
Unterlagen zu einem definitiv nicht HIV-assoziiertem Kaposisarkom. Diese Tumore sind zum
einen ein sporadisches, zum anderen ein klassisches Kaposisarkom.
Bei den übrigen 11 Fällen bleibt unklar, welcher Untergruppe das Kaposisarkom angehörte.
61
Fest steht, dass in 7 der uns vorliegenden 16 Patientenakten ein Rezidiv beschrieben wird.
Diese Tatsache spricht für ein ungenügendes Therapievorgehen bei diesem Tumortyp.
Die Chemotherapie steht laut Literaturangaben stärker im Vordergrund. Für das klassische
Kaposisarkom wird in der Leitlinie eine lokale Chemo- und Immuntherapie vorgeschlagen
[Vogt 2008]. Diese habe gegenüber der systemischen Anwendung den Vorteil geringerer
allgemeiner Nebenwirkungen. So könnten im Tumor selbst hohe, direkt antiproliferativ
wirksame Wirkstoffkonzentrationen von Interferonen erzielt werden. Außerdem seien die
lokalen Therapien ambulant durchführbar und verursachten deutlich geringere Kosten.
In
diesem
Zusammenhang
wird
Bleomycin
in
Kombination
mit
Kryochirurgie,
Vincaalcaloiden, Retinoiden und Camouflage genannt.
Tatsächlich findet sich in unseren Unterlagen ein Fall, in dem bei einem klassischen
Kaposisarkom Bleomycin adjuvant eingesetzt wurde. Der Immunmodulator wurde bei einem
Rezidiv nach Exzision instilliert und der Tumor 2 Monate später erneut radikal und
ausgedehnt entfernt. Spätere Berichte liegen nicht vor.
Bei einem der Kaposisarkom-Patienten kam Roferon zum Einsatz. Die Therapie bestand aus 3
x 3 Mio. I. E. Interferon α pro Woche subkutan. Empfohlen wurde diese Behandlung von der
Universitätshautklinik Freiburg für insgesamt 2 Jahre mit wöchentlichen Blutkontrollen alle 4
Wochen. Das entspricht exakt den Vorgaben der aktuellen Leitlinien für ein sporadisches
Kaposisarkom. Bei einem weiteren Patienten wurde eine Interferon-Behandlung als „nächster
Schritt“ vorgeschlagen, sollte sich der Tumor nicht rückläufig verhalten. Ob dieser Schritt
vorgenommen wurde geht aus den vorhandenen Unterlagen nicht hervor.
Bei ausgedehnten Befunden mit schmerzhaften Läsionen, rascher Progredienz, infiltrativ oder
ulzerierender Wachstumsform, besonderer Beeinträchtigung des Patienten (Ödeme,
Entstellung) oder systemischer Beteiligung mit klinischer Relevanz sollte die systemische
Variante mit liposomalem Doxorubicin in Betracht gezogen werden [Vogt et al. 2007].
Ein solcher Fall geht aus den uns vorliegenden Unterlagen nicht hervor. In den
Histologieberichten einer Patientin findet sich lediglich ein Hinweis auf den Zustand nach
einer Chemotherapie. Daraus wird jedoch weder ersichtlich, wie und womit diese Behandlung
durchgeführt wurde, noch um welchen Typ eines Kaposisarkoms es sich handelte, noch ob
diese Behandlung erfolgreich verlief.
Für Kaposisarkome, assoziiert mit iatrogener Immunsuppression, gibt es laut der aktuellen
Leitlinie keine kontrollierten Studien zum Einsatz einer Chemotherapie.
62
Bei HIV-infizierten Patienten wird die Chemotherapie mit liposomalen Anthrazyklinen zum
einen für das Frühstadium bei CD4+Zellen <200/µl, zum anderen in Kombination mit
HAART im Spätstadium vorgeschlagen. Bei Versagen dieser Schritte kann Paclitaxel und als
ultima ratio eine Polychemotherapie (Adriamycin, Bleomycin und Vincristin = ABV-Schema)
verabreicht werden. Nach neuster Auffassung sind Therapiekonzepte mit liposomalen
Anthrazyklinen und intensiver Supporttherapie (HAART, Antibiotikaprophylaxe) weniger
aggressiv, als das erwähnte ABV-Schema und senken das Risiko opportunistischer
Infektionen. Laut der FDA werden liposomale Anthrazykline, aufgrund ihrer offensichtlich
höchsten Remissionsraten, zusammen mit einer antiretroviralen Kombinationtherapie als
„First-line“-Monotherapie des fortgeschrittenen Kaposisarkoms eingestuft [Vogt 2008].
Aus unseren Unterlagen gehen keine Hinweise auf eine Zytostatikatherapie bei den 3 HIVinfizierten Patienten hervor. Bei weiteren 11 Patienten ist aus den Berichten nicht sicher auf
eine HIV-Infektion zu schließen.
Der geringe Informationsstand im Falle der 16 Kaposisarkom-Patienten steht einer klaren
Aussage zur Chemo- und Immuntherapie im Wege. Auffällig scheint, dass diese
Therapiemethoden, trotz ihrer häufigen Empfehlungen in der Literatur, nur in 2 Fällen
angewandt wurden. Gründe für dieses Ergebnis sind aus den Unterlagen nicht auszumachen,
mögen aber auf der langsamen Tumorprogression, der Effizienz eines therapeutischen
Behandlungsplans mit Exzision, Radiatio und Interferon beruhen.
Bei dem Kaposisarkom existiert kein allgemeines Durchschnittsalter der Patienten. Da eine
der Formen dieses Tumors bei einer zugrundeliegenden HIV-Erkrankung zu finden ist, kann
dafür
keine
Altersangabe
gemacht
werden,
da
hierbei
die
zugrunde
liegende
Immunerkrankung über das Alter, in dem der Patient an einem Kaposisarkom erkrankt,
bestimmt. Auch bei dem Kaposisarkom vom iatrogenen Typ ist eher die Immunsuppression
entscheidend für den Zeitpunkt der Tumorerkrankung. An der endemischen Variante
erkranken überwiegend junge Männer und Kinder, hauptsächlich in Afrika. Lediglich für das
klassische Kaposisarkom lässt sich ein Durchschnittsalter eingrenzen. In der Literatur wird in
diesem Zusammenhang von einem Tumor gesprochen, der hauptsächlich ältere Männer
betrifft.
Betrachtet man das Kaposisarkom, so werden einige „nicht in sano-Operationen“
verständlich. Dies ist mit 9 Fällen der häufigste maligne Tumor in dieser Gruppe (Abb. 12,
Seite 44). Die einzelnen Tumorknoten dieser Neoplasie werden zwar in aller Regel
63
vollständig entfernt, nicht aber die Gesamtheit des Tumors. Nach einer initialen
Exzisionsbiopsie zur Diagnosesicherung und der Entfernung ästhetisch auffälliger kleinerer
Tumore, folgen im Allgemeinen eine Bestrahlungstherapie und eventuelle lokale Chemo- und
Immuntherapien.
Wie bereits im Ergebnisteil erwähnt, betrafen 10 der 17 Rezidivfälle Patienten mit einem
Kaposisarkom (Abb. 13, Seite 46). Diese Tatsache entspricht weitgehend den Angaben in der
Literatur. Die 10 beschriebenen Rezidivfälle eines Kaposisarkoms waren größtenteils leicht
entfernbar und nicht aggressiv infiltrativ. Es handelte sich sehr wahrscheinlich eher um
„chronische Kaposisarkom-Erkrankungen“.
Therapie des Dermatofibrosarkoma protuberans:
Großflächige Resektionen mit Sicherheitsabständen zwischen 3 und 5 cm waren früher bei
der Entfernung dieses Tumors üblich, um Lokalrezidive zu verhindern [Breuninger et al.
2004].
Die mikrographische Chirurgie erlaubt es jedoch, dieses Dogma zu umgehen und wird
zunehmend empfohlen [Ah-Wenig et al. 2002; Breuninger et al. 2005].
Sicherheitsabstände
bei
der
Primärexzision
und
bei
gegebenenfalls
Die
notwendigen
Nachexzisionen sollen etwa 1 cm betragen [Breuninger et al. 2005].
Von den 3 Fällen des Dermatofibrosarkoma protuberans ist bei einem Patienten bekannt, dass
der Tumor mit einem Sicherheitsabstand von 3 cm entfernt wurde. Diese Angabe bezieht sich
aber nicht auf den Primärtumor, sondern auf das Rezidiv. Im weiteren Verlauf ist kein
weiteres Rezidiv beobachtet worden. Somit war die Therapie aus unserer Sicht erfolgreich
und der Sicherheitsabstand ausreichend.
Bei einem weiteren Patienten erfolgte primär eine mikrographisch kontrollierte Exzision und
anschließend eine Nachexzision mit einem Sicherheitsabstand von 2 cm. Hiernach war kein
Tumorgewebe mehr festzustellen. Ein Rezidiv oder Metastasen sind nicht aufgetreten. Wir
können also dieses Vorgehen als erfolgversprechend einstufen und die oben genannten
Empfehlungen bestätigen.
In einem Arztbrief des dritten Patienten findet sich eine Empfehlung für die Exzision mit
einem Sicherheitsabstand von 3-5 cm oder die mikrographisch kontrollierte Chirurgie.
Schlussendlich entschied man sich für letzteres. Die Patientin meldete sich danach nicht
wieder. Dieser Fall ist für eine Schlussfolgerung demnach nicht vollständig.
64
Das Dermatofibrosarkoma protuberans wird laut spezifischer Literaturangaben als weitgehend
radioresistent eingestuft [Beyeler et al. 2004]. Die Leitlinie von 2005 und die aktualisierte
Ausgabe von 2008 beschreiben diesen Tumor wiederum als strahlensensibel und empfehlen
eine postoperative Bestrahlung, um das Rezidivrisiko zu senken. Außerdem wird die Radiatio
beim Zustand nach Rezidiven vorgeschlagen. Bei primär inoperablen Befunden oder R1/R2Resektionen wird die Radiatio als eine Behandlungsmöglichkeit empfohlen [Breuninger et al.
2004; Ugurel et al. 2008].
Die 3 Patienten aus unserer Statistik mit diesem Tumor erhielten weder eine präoperative,
noch eine postoperative Strahlentherapie. In einem Fall kam es zu einem Rezidiv. Zunächst
wurde in unserem Haus bei diesem Patienten ein maligner Weichteiltumor diagnostiziert, der
laut Histologie am ehesten mit einem pleomorphen malignen Histiozytom vereinbar sei. Der
Tumor wurde vollständig entfernt. Ein Jahr später fielen dem Hausarzt Veränderungen in
derselben Region. Die Probebiopsie ergab den Verdach auf ein Rezidiv an zwei Stellen,
jedoch im Arztbrief von einem Rezidiv eines Dermatofibrosarcoma protuberans gesprochen.
Demnach ist von einer eventuellen Fehldiagnose beim Primärtumor auszugehen, da bereits zu
diesem Zeitpunkt von einem Verdacht die Rede war. Der Patient stellte sich danach nicht
wieder bei uns vor.
Daraus lässt sich schlussfolgern, dass bei der Behandlung unserer genannten Patientengruppe
eine Strahlentherapie, im Falle eines Rezidivs, hätte erfolgen sollen.
Das Dermatofibrosarkoma protuberans wird in Literaturquellen als weitgehend resistent
gegenüber Zytostatika beschrieben [Beyeler et al. 2004].
Die vorliegenden Unterlagen zu diesem Tumor entsprechen der Auffassung. Es finden sich
darin keine Angaben zu einer unterstützenden Chemotherapie. Der oben genannte Patient,
erlitt ein Rezidiv. Ob eine Chemotherapie das verhindert hätte, ist aufgrund der aktuellen
Informationslage zu bezweifeln.
Patienten, die an einem Dermatofibrosarkoma protuberans erkranken, liegen durchschnittlich
im Bereich des 40. Lebensjahres [Lal et al. 1999; Beyeler et al. 2004; Breuninger et al. 2005;
Ugurel et al. 2008].
Die 3 Patienten aus unserem Kollektiv bestätigen diese Theorie nur zum Teil (Abb. 10, Seite
40 u. Abb. 11, Seite 42). 2 der Personen waren mit 38 und 42 Jahren im Mittel des von der
Leitlinie festgelegten Durchschnittsalters. Ein weiterer Patient lag mit 67 Jahren bei der
65
Erstmanifestation des Tumors deutlich über dem Durchschnitt. Das von uns errechnete
Durchschnittsalter liegt bei 49 Jahren und deckt sich mit der Literatur.
Therapie des malignen fibrösen Histiozytoms:
Die Exzision des malignen fibrösen Histiozytoms sollte laut Leitlinie mit einem
Sicherheitsabstand von 3-5 cm erfolgen. Heute wird überwiegend eine histographische
Kontrolle empfohlen [Beyeler et al. 2004].
Bekannt ist lediglich, dass einer der 3 malignen fibrösen Histiozytom-Patienten mit Hilfe der
mikrographischen Kontrolle mehrfach nachexzidiert wurde. Bei dem entsprechenden
Patienten stellte man weniger als ein Jahr später In-transit-Metastasen fest. Er verstarb kurz
darauf. Das würde die Vorgaben der Literatur für einen umfangreichen Sicherheitsabstand
bestätigen [Peiper et al. 2004; Niemeyer et al. 2003].
Bei einem weiteren Patienten rezidivierte das maligne fibröse Histiozytom nach einem Jahr.
Angaben zum Sicherheitsabstand bei der Exzision des Primärtumors lagen nicht vor. Dazu
kommt, dass bei dem genannten Fall nach einem Jahr ein Dermatofibrosarcoma protuberans
Rezidiv an derselben Stelle und noch ein weiteres in lokaler Umgebung erlitt. Ungeklärt
bleibt, ob die Diagnose des malignen Fibrösen Histiozytoms nicht korrekt war und es sich
unter Umständen bereits beim Primärtumor um ein Dermatofibrosarcoma protuberans
gehandelt hat. Der Endzustand nach Exzision dieses Rezidivs war in sano. Weitere Daten zum
Verlauf der Erkrankung bei dem Patienten lagen zum Zeitpunkt der Datenauswertung nicht
vor. Somit kann keine Aussage über die Folgen dieser Behandlung getroffen werden. Die
Prognose für diesen Patienten, da er zuvor bereits ein Rezidiv erlitt, kann als schlecht
bezeichnet werden.
Aus den Unterlagen des dritten Patienten geht hervor, dass der Tumor als oberflächliche Form
unter dem Synonym des atypischen Fibroxanthoms mit 1 cm Sicherheitsabstand entfernt
wurde. Die Histologie ergab eine vollständige Exzision. Rezidive und Metastasen sind uns bei
diesem Patienten nicht bekannt, da sich der Patient danach nicht wieder bei uns vorstellte.
Bei der Therapie des malignen fibrösen Histiozytoms spielt die Radiotherapie in Kombination
mit der Chirurgie eine wichtige Rolle [Beyeler et al. 2004].
Bei unseren Patienten wurde keine Strahlentherapie durchgeführt. Bei 2 von den 3 Patienten
rezidivierte der Tumor. Eine adjuvante Radiatio hätte eventuell das Rezidivrisiko senken
können. Ein Nutzen dieser Therapiemethode ist allerdings in der Literatur noch nicht belegt.
Stein et al. fassten 2006 einen eigenen Fall und zwei Fälle von Hafner et al. 1999 zusammen.
66
Hierbei wurden 3 Patienten nur durch Exzision therapiert. Ein Patient überlebte, die zwei
anderen verstarben 19 und 22 Monate postoperativ.
Für das maligne fibröse Histiozytom hat sich laut Literatur bei einer Tumorgröße >5 cm eine
adjuvante Chemotherapie etabliert. Die Heilungsrate von Weichteilsarkomen kann durch
adjuvante Chemotherapie um 5-10% erhöht werden. Gleiches gilt für die präoperative
Chemotherapie bei irresektablen Tumoren [Bokemeyer 2006].
Uns liegen zu der Ausdehnung des in unserem Kollektiv erwähnten chemotherapeutisch
behandelten Tumors keine Angaben vor. Wir können nur vermuten, dass es sich um eine
größere und aggressivere Variante dieses Histiozytoms gehandelt haben muss, da man
aufgrund der Unterlagen auf einen mehrfach voroperierten Status mit einem anschließenden
Zyklus Taxol schließen kann. Einige Wochen nach der Chemotherapie fand ein erneuter
Versuch den Tumor chirurgisch zu entfernen statt. Zusätzlich erhielt der Patient intraläsional
Imatinib (Glivec). Knapp 5 Monate später verstarb der Patient.
Bei einem weiteren Patienten rezidivierte dieser Tumor, ohne dass Zytostatika verabreicht
wurden. Die zweite Person ohne Chemotherapie blieb rezidivfrei. Für eine klare Aussage zum
Nutzen dieser Therapiemethode bei einem malignen fibrösen Histiozytom sind die 3 Fälle
nicht genügend aussagefähig. Dennoch ist eine hohe Rezidivneigung in unseren 3 Fällen klar
zu erkennen.
Ohne Chemotherapie rezidiviert der Tumor laut Literatur in 45% der Fälle.
Das Durchschnittsalter der Patienten mit einem malignen fibrösen Histiozytom wird nach dem
heutigen Stand der Information auf 50 bis 80 Jahre geschätzt. In einem Artikel von Lew et al.
aus dem Jahr 2003 wird jedoch auch von einem Fall einer 30-jährigen Patientin berichtet.
Das deckt sich nicht mit unseren 3 Patientenfällen (Abb. 11, Seite 42). Diese waren bei der
Erstdiagnose des Tumors im Schnitt 81 Jahre alt. Sicherlich sind 3 Beispiele für eine
manifeste Aussage nicht genug. Trotzdem kann man festhalten, dass der Tumor, soweit wir es
beobachten konnten, eher im höheren Lebensalter auftritt.
Bei dem malignen fibrösen Histiozytom handelt es sich, im Gegensatz zum verwandten
atypischen Fibroxanthom, um einen hochmalignen Tumor mit einem sehr hohen Rezidiv- und
Metastasenrisiko. Laut Literatur ist er einer der aggressivsten mesenchymalen Tumore
[Stadler et al. 1998]. So ist es auch nicht ungewöhnlich, dass einer der Todesfälle aus unserer
Statistik aus der Gruppe dieser Histiozytome stammt (Tab. 6, Seite 48). Das maligne fibröse
Histiozytom rezidivierte in 2 von 3 Fällen (Abb. 13, Seite 46).
67
Die Neoplasien wurden alle vollständig exzidiert. Diese Tatsache bestätigt die aktuellen
Charakterisierungen zur Aggressivität dieser Tumorentität.
Therapie des atypischen Fibroxanthoms:
Für das atypische Fibroxanthom gab die Literatur bisher ein chirurgisches Vorgehen mit
einem
Sicherheitsabstand
von
1
cm
vor,
das
heute
zunehmend
von
der
schnittrandkontrollierten Exzision (mikorgraphisch) abgelöst wird [Beyeler et al. 2004].
Unter unseren 10 Fällen mit diesem Tumor befanden sich sowohl Patienten, die radikal als
auch Patienten, die mikrographisch kontrolliert operiert wurden. Die Sicherheitsabstände
lagen dabei zwischen 0,3 und 1 cm. Bei 3 Personen konnten die Tumore selbst durch
Nachexzisionen nicht in sano entfernt werden. Diese Tatsache wirft jedoch einige Fragen auf,
betrachtet man die jeweiligen Säulen (Abb.13, Seite 46) der Rezidivdarstellung. Das einzige
Rezidiv, welches bei den 10 Patienten mit einem atypischen Fibroxanthom beschrieben
wurde, betrifft ausgerechnet einen Patienten, der in sano operiert wurde. Alle anderen blieben
laut vorliegender Arztbriefe rezidiv- und metastasenfrei. Dieser „Rezidiv-Patient“ kam jedoch
bereits mit einem atypischen Fibroxanthom-Rezidiv in die Universitätshautklinik in Freiburg.
Ob die Exzision des Primärtumors in sano erfolgte, ist nicht bekannt. Das Rezidiv konnte bei
uns mit 1 cm Sicherheitsabstand operiert werden. Nach der Exzision erschien der Patient nicht
mehr in unserem Haus. Von einem Rezidiv ist nichts bekannt.
Bezüglich der übrigen 9 Patienten würde die Schlussfolgerung aus diesen Fakten bedeuten,
dass
ein
atypisches
Fibroxanthom
bereits
bei
Exzisionen
mit
einem
geringen
Sicherheitsabständen (<1 cm) rezidivfrei bleiben kann. Offen bleibt jedoch in unserem Fall
die Frage, ob die vorgestellten Patienten tatsächlich im längeren Verlauf ohne Rezidive
blieben, insbesondere die 3 Patienten mit nicht gesicherter vollständiger Entfernung. Sie
wurden nicht zusätzlich bestrahlt.
Bei allen 10 Fällen wurde auf den chemotherapeutischen Zusatz verzichtet. Einer von den
Patienten erlitt ein Rezidiv. Alle weiteren blieben nach der alleinigen Exzision tumorfrei. Eine
Chemotherapie scheint demnach ohne größere Bedeutung für die Behandlung dieses Tumors
zu sein und findet auch in der Literatur keine Erwähnung.
Das atypische Fibroxanthom gilt in der Literatur als relativ gutartig mit einer geringen
Metastasierungsrate. Dies ist vielleicht auch der Grund dafür, dass man sich an der
Universitätshautklinik in Freiburg dazu entschloss, auf adjuvante Behandlungsmaßnahmen zu
verzichten. Bei beiden verstorbenen Patienten, die diesen Tumor trugen, wurde dieser
68
vollständig entfernt und es wurden daraufhin keine Rezidive oder Metastasen beobachtet
(Tab. 6, Seite 48)). Eine mögliche Erklärung für das Versterben der Patienten mit diesem
Tumor könnte das vorangeschrittene Alter bei der Erstdiagnose sein.
Einer von beiden war 79 Jahre und der andere 86 Jahre alt, als der Tumor erstmals erkannt
wurde. Ein bedeutenderer Grund für den Tod sind aber sicherlich die zusätzlichen
Erkrankungen beider Patienten. Bei einem von ihnen lagen Grunderkrankungen, wie eine
essentielle Hypertonie, chronische lymphatische Leukämie und eine Hypercholesterinämie
vor. Zusätzlich dazu litt der Patient an Metastasen eines enddifferenzierten, anaplastischen
Karzinoms unbekannter Herkunft.
Der andere verstorbene Patient wurde vor dem atypischen Fibroxanthom an einem NonHodgkin-Lymphom behandelt. Es ist davon auszugehen, dass die Anhäufung der begleitenden
Erkrankung wahrscheinlicher für den Tod der Patienten verantwortlich ist, als das atypische
Fibroxanthom selbst.
Lediglich 1 von 10 atypischen Fibroxanthomen rezidivierte (Abb. 13, Seite 46). Dies ist mit
der Theorie in den bisherigen Literaturangaben vereinbar.
Offen bleibt allerdings, ob die übrigen Tumore eventuell von den Behandlern der
Universitätshautklinik in Freiburg bisher unbemerkt rezidivierten.
Das atypische Fibroxanthom manifestiert sich überwiegend bei älteren Menschen besonders
im Gesicht, kann aber auch bei jüngeren Menschen am Stamm und den Extremitäten
vorkommen [Beyeler et al. 2004]. Genauere Altersangaben sind in der Literatur zu diesem
Tumor nicht zu finden. Nur Einzelfallberichte, wie zum Beispiel von Dudelzak et al. 2007,
sind Altersangaben zu entnehmen. Dudelzak beschreibt den Fall eines 83 Jahre alten Mannes.
In einer anderen Arbeit wurden 88 Patienten gesichtet, deren Alter zwischen 29-91 Jahren lag
[Mirza & Weedon 2005].
Die 10 Patienten, die von uns für diese statistische Arbeit erfasst wurden, waren im Schnitt 81
Jahre alt (Abb. 11, Seite 42). Sie lagen alle zwischen 60 und 99 Jahren. Die bisherige
Meinung kann somit bestätigt werden.
Therapie des Talgdrüsenkarzinoms:
Bei der Entfernung des Talgdrüsenkarzinoms wird in der Literatur eine großzügige Exzision
mit gleichzeitiger histographischer Kontrolle empfohlen [Hofmann et al. 1999].
In einem Einzelfallbericht wird andererseits ein Talgdrüsenkarzinom beschrieben, das nach
einer Exzision mit einem Sicherheitsabstand von nur 5 mm therapiert wurde und während
eines Beobachtungszeitraumes von 16 Monaten rezidivfrei blieb [Exner et al. 2001].
69
Großzügige
Sicherheitsabstände
sind
in
der
Regel,
meist
aufgrund
gefährdeter
Nachbarstrukturen, häufig im Gesicht, nicht realisierbar, was sich auch in unseren 5 Fällen
des Talgdrüsenkarzinoms bestätigte. Die Sicherheitsabstände waren bei keinem der Patienten
größer als 1 cm. Bei nur einem Patienten wissen wir von einer präoperativen Probeexzision.
Trotz dieser großen Diskrepanz zwischen den empfohlenen und den tatsächlich eingehaltenen
Sicherheitsabständen konnten im weiteren Verlauf keine Rezidive oder Metastasen festgestellt
werden. Mit 5 Fällen ist ein Rückschluss zwar nicht sehr aussagekräftig, jedoch in unserem
Fall eindeutig. Die Behandlungen müssen demnach korrekt und auch erfolgbringend
durchgeführt worden sein. Die Nachbeobachtung belief sich auf einen Zeitraum zwischen
einigen Tagen und mehreren Jahren.
Für das Talgdrüsenkarzinom sind Sicherheitsabstände von 0,5-1 cm, jedoch in Verbindung
mit einem mikrographisch kontrollierten Vorgehen, ausreichend.
Für die Tumore der Hautanhangsgebilde existieren zur Strahlentherapie nur wenige
Literaturangaben. Ein Vorgehen wie es bei einem Plattenepithelkarzinom der Haut stattfindet
wird empfohlen. Die Indikation einer Strahlentherapie besteht somit bei primärer
Inoperabilität oder bei postoperativer mikroskopischer oder makroskopischer non in sanoResektion, sowie beim Auftreten von Rezidiven und/oder Lymphknotenmetastasen mit
kapselüberschreitendem Wachstum [Breuninger et al. 2002].
Das Talgdrüsenkarzinom erhielt im Rahmen unserer Studie bei keinem der 5 Patienten eine
Strahlentherapie, blieb aber in allen Fällen, in dem von der Universitätshautklinik
beobachteten Zeitraum, rezidivfrei.
Bei der Chemotherapie der drei Adnextumore verhält es sich, wie bei der Strahlentherapie.
Bei allen 5 Fällen des Talgdrüsenkarzinoms, sowie bei dem Hidradenokarzinom und dem
trichilemmalen Karzinom wurde auf eine Zytostatikagabe verzichtet. Alle 7 Patienten blieben
rezidivfrei.
Diese Tatsache spricht für ein Behandlungsschema, das auf eine begleitende, vorgeschaltete
oder anschließende Chemotherapie verzichten kann.
Das Talgdrüsenkarzinom soll im mittlerem bis hohem Lebensalter hauptsächlich vorkommen.
Hierbei stimmt die allgemeine Annahme aus der Literatur mit den von uns beobachteten
Fällen überein.
70
Es existieren vereinzelt Fallberichte, in denen zum Beispiel von einem 56-jährigen Patienten
die Rede ist [Exner 2001]. Horenstein et al. legt ein Median dieser Erkrankung, in seiner
Arbeit von 2001, auf 53 Jahre fest.
In unseren 5 Fällen des Talgdrüsenkarzinoms lag der Altersdurchschnitt bei 75 Jahren. Das
spricht eher dafür, dass diese Erkrankung im fortgeschrittenen Alter auftritt (Abb. 11, Seite
42).
Therapie des Liposarkoms:
Für das kutane Liposarkom existieren zum jetzigen Zeitpunkt keine belegten Daten
bezüglich einzuhaltender Sicherheitsabstände. Geht man von den Weichteilsarkomen aus,
sollte der Abstand der Schnittführung zum Tumor 3–5 cm betragen [Peiper et al. 1999].
Ein Liposarkom unseres Patienten wurde mit einem Sicherheitsabstand von 2 cm exzidiert. 14
Monate später kam es zu einem Rezidiv des Tumors, welches in einer weiteren Operation
radikal und ausgedehnt mit 4 cm Sicherheitsabstand und einer Teilresektion des betroffenen
Muskels entfernt wurde.
Bei einem weiteren Patienten wurde der Tumor zwar in toto exzidiert, es liegen jedoch keine
Angaben zu einem eventuellen Sicherheitsabstand vor. Es ist lediglich bekannt, dass kein
Kapseldurchbruch vorlag. Dieser Patient wurde nach der Operation in die Klinik für
Strahlenheilkunde überwiesen.
Für den dritten Fall des Liposarkoms liegen uns keine Operationsberichte vor. Somit ist nicht
zu beurteilen, wie und mit welchem Erfolg der Patient behandelt wurde.
Ein einziger ausführlicher beschriebener Patientenfall ist sicherlich nicht besonders
aussagefähig. Rückblickend betrachtet kann jedoch ein größerer Sicherheitsabstand als 2 cm,
auf Grund des bei dem Patienten negativen Verlaufs, empfohlen werden.
Zum Liposarkom liegen kaum Therapieempfehlungen vor. Wie bereits in der Einleitung
dieser Dissertation erwähnt, eignet sich die Radiotherapie zur prä- und postoperativen
Tumorreduktion. Chakaraborty et al. berichten in einer Falldarstellung 2007 von einer 37jährigen Patientin mit einem nasopharyngealen Liposarkom vom sklerosierenden Subtyp,
welches radiotherapeutisch behandelt wurde. Diese Patientin lehnte einen chirurgischen
Eingriff ab. Darauf hin wurde der Tumor mit 70 Gy bestrahlt.
Es kam jedoch nicht zu einer signifikanten Reduktion. Das schließt eine eventuelle Theorie
von einer sicheren Reduktion des Liposarkoms durch eine alleinige Radiatio aus.
71
In unserem Fall handelte es sich um eine postoperative, adjuvante Anwendung dieser
Therapie, die jedoch zum Zeitpunkt der Auswertung lediglich in Planung war. Es handelt sich
dabei um den Patienten, dessen Liposarkom mit unbekanntem Sicherheitsabstand entfernt
wurde. Uns liegen soweit keine Arztbriefe vor, die auf einen positiven Effekt der
Strahlentherapie hinweisen würden. Dementsprechend ist auch nicht bekannt, ob es zu einem
Rezidiv des Tumors oder zum Tod des Patienten gekommen ist (Abb. 12, Seite 44 u. Tab. 6,
Seite 48).
Die 3 Patienten mit einem Liposarkom erhielten keine adjuvante Chemotherapie.
Das Liposarkom scheint ohne den Einsatz zytostatischer Medikamente ausreichend
therapierbar zu sein.
Personen zwischen dem 40. und dem 60. Lebensjahr sollen hauptsächlich betroffen sein
[Frey-Schlottmann & Stines 1979]. In einer Promotionsschrift von Bamberger 2006 (Uni
Bochum) wird die 6. Lebensdekade genannt.
In der Literatur findet sich ein Fallbericht von einem Patienten mit einem Liposarkom.
Hierbei handelt es sich um einen 37-jährigen Mann [Chakaraborty et al. 2007].
In unserem Fall lag einer der 3 Patienten mit 46 Jahren in dieser Altersgruppe. Die beiden
anderen waren zwischen 70 uns 79 Jahre alt und entsprachen somit nicht den Vorgaben in der
Literatur (Abb. 10, Seite 40).
Für uns ergibt sich aus der Statistik ein Mittelwert von 64 Jahren (Abb. 11, Seite 42).
Aufgrund der auch hier geringen Informationslage und nur 3 Patienten in unserem Kollektiv,
ist es schwer eine bevorzugte Altersgruppe für diesen Tumor auszumachen. Dieser scheint
vom mittleren Lebensabschnitt (Mitte 30) bis zum höheren Alter (Mitte 70) alle
Altersgruppen bereffen zu können.
Therapie des trichilemmalen Karzinoms:
Für das trichilemmale Karzinom existieren zum jetzigen Zeitpunkt keine belegten Daten
bezüglich des therapeutischen Vorgehens und einzuhaltender Sicherheitsabstände bei
Exzisionen.
Von dem trichilemmalen Karzinom-Patienten ist lediglich bekannt, dass der Tumor in toto
exzidiert wurde. Nicht klar ist hingegen mit welchem Sicherheitsabstand oder ob
mikrographisch kontrolliert vorgegangen worden ist. Ein mögliches Auftreten von Rezidiven
72
oder Metastasen ist nicht bekannt. Aus den vorliegenden Unterlagen lassen sich daher keine
weiteren Rückschlüsse auf das operative Vorgehen bei trichilemmalen Karzinomen ziehen.
In der Literatur wird die mikrographische Chirurgie empfohlen, um großflächige Exzisionen
zu vermeiden [Garrett et al. 2004].
Wie bereits bei der Therapie des Talgdrüsenkarzinoms (Seite 96) erwähnt, ist für die Tumore
der Adnexe wenig über den Nutzen der Strahlentherapie bekannt. Eine Orientierung am
Therapievorgehen des Plattenepithelkarzinoms erscheint sinnvoll.
Der Patient, bei welchem dieser Tumor diagnostiziert und entfernt wurde, bekam keine
adjuvante Bestrahlung. Bei ihm wurde, wie bei den anderen zwei Tumoren der
Hautanhangsgebilde, kein Rezidiv festgestellt.
Auf den ersten Blick scheint die Konsequenz dieser Auswertung für weitere
Therapievorgehen eindeutig. Alle 3 Adnextumore waren mit einer rein chirurgischen
Behandlung therapierbar.
Es existiert ein Fallbericht, in dem eine Patientin die Chirurgie ablehnte, daraufhin mit
5%-iger Imiquimod-Creme 3 x pro Woche über einen Zeitraum von 8 Wochen behandelt
wurde. Damit konnte eine vollständige Remission erzielt werden. Die Patientin blieb in einem
Beobachtungszeitraum von 16 Monaten rezidivfrei [Jo et al. 2005].
Das trichilemmale Karzinom scheint sich vor allem bei Frauen höheren Alters zu
manifestieren. Vereinzelte Fallberichte bestätigen diese Theorie. Eine 2004 veröffentlichte
Arbeit von Garrett et al. beschreibt die Krankheitsverläufe zweier Frauen 77 und 59 Jahre alt.
Jo et al. berichteten 2005 von einer 90-Jährigen Patientin, die an diesem Tumor erkrankte. Bei
Hayashi et al. 2004 waren es eine 56-Jährige Frau.
In unserer Statistik findet sich lediglich ein männlicher Patient mit diesem Tumor. Dieser war
zum Zeitpunkt seiner Primärerkrankung 88 Jahre alt (Abb. 11, Seite 42). Soweit deckt sich
unser Einzelfall mit den Berichten in der Literatur nur hinsichtlich des fortgeschrittenen
Alters des Patienten.
Therapie des Hidradenokarzinom:
Für das Hidradenokarzinom existieren zum jetzigen Zeitpunkt keine belegten Daten
bezüglich chirurgischer Therapie und einzuhaltender Sicherheitsabstände.
73
Das Hidradenokarzinom bei unserem Patienten wurde mit 2 cm Sicherheitsabstand entfernt.
Zu einem Rezidiv kam es laut unserer Unterlagen nicht. Daraus ist für diesen Fall zu
schließen, dass der Abstand ausreichend war. Allerdings ist der Nachbeobachtungszeitraum
von lediglich 5 Monaten sicherlich zu kurz, um fundierte Aussagen machen zu können.
Für das Hidradenokarzinom werden keine Empfehlungen bezüglich der Radiatio genannt. Das
therapeutische Vorgehen ähnelt hierbei, wie auch beim Talgdrüsenkarzinom und beim
trichilemmalen Karzinom, dem des Plattenepithelkarzinoms (siehe Seite 69).
Der einzige Patient in unserem Kollektiv, der an einem Hidradenokarzinom erkrankte, erhielt
keine zusätzliche Radiatio. Der Patient blieb jedoch frei von Rezidiven. Nun ist aber das
Patientenkollektiv von nur einem Patienten zu wenig aussagekräftig.
Für das Hidradenokarzinom finden sich in den Literaturquellen kaum Angaben zum
Altersdurchschnitt der Patienten. Lediglich einzelne Fallberichte lassen Vermutungen zu. Ein
2006 veröffentlichter Artikel von Nash et al. beschreibt den Fall eines 44 Jahre alten
Patienten. In einem weiteren Artikel von 2004 berichten Ohta et al. von einem 27-Jährigen,
bei dem sich das Hidradenokarzinom manifestierte.
Im von uns beobachteten Zeitraum wurde lediglich eine Person mit diesem Tumor an der
Universitätshautklinik in Freiburg gemeldet. Dieser Patient war zum Zeitpunkt der Diagnose
80 Jahre alt (Abb. 11, Seite 42).
Eine konkrete Aussage lassen diese Einzelfallberichte jedoch nicht zu. Der Tumor scheint von
der Jugend bis zum höheren Alter auftreten zu können.
74
5. Zusammenfassung
Die vorliegende Arbeit befasste sich mit 10 seltenen aggressiven nicht-melanomatösen
Hauttumoren behandelter Patienten der vergangenen 10 Jahre aus der Universitäts-Hautklinik
Freiburg. Ziel war es, mit Hilfe von Arzt- und Patientenberichten und vorhandenen
wissenschaftlichen Fallberichten und Leitlinien, die Eigenschaften, die Diagnostik und das
unterschiedliche klinische Vorgehen bei der Therapie dieser Malignome miteinander zu
vergleichen, der entsprechenden Literatur gegenüberzustellen und die Ergebnisse zu
diskutieren.
Der häufigste Tumor war dabei mit 16 von 50 Fällen das Kaposisarkom. Das atypische
Fibroxanthom wurde 10 Mal in dieser Studie erfasst. 5 Patienten gab es mit einem
Talgdrüsenkarzinom. Weitere 4 Patienten waren im Rahmen dieser Statistik jeweils dem
Merkelzellkarzinom und dem Angiosarkom zuzuordnen. Je 3 Patienten gab es mit einem
Liposarkom, einem Dermatofibrosarkoma protuberans und einem malignen fibrösen
Histiozytom. Das Hidradenokarzinom und das trichilemmale Karzinom waren mit je 1 Fall
die seltensten Tumore dieser Arbeit.
Hinsichtlich der Geschlechts- und Altersverteilung der jeweiligen Tumore decken sich die
ausgewerteten Ergebnisse weitgehend mit denen vergleichbarer Literatur.
In 38% des chirurgischen Vorgehens ist laut Aktenlage keine Exzision in sano erfolgt oder
möglich gewesen.
Als auffällig fällt die Tatsache ins Auge, dass bei 44 von 50 Patienten im Rahmen der
Tumortherapie auf adjuvante Therapiemöglichkeiten verzichtet wurden, welche sich bei den
aggressiven Tumorvarianten wie dem Merkelzellkarzinom oder dem Angiosarkom
zunehmend etabliert haben.
Grundsätzlich erfolgt bei nur unzureichenden Erfolgsraten ein zurückhaltender Einsatz von
Chemotherapien.
Im Nachbeobachtungszeitraum mussten anhand vorliegender Patientenakten 17 Rezidivfälle
und 5 Todesfälle bestätigt werden. Unter den 5 Todesfällen befanden sich 3 Patienten mit
einem atypischen Fibroxanthom, 1 Patient mit einem malignen fibrösen Histiozytom und 1
Patient mit einem Merkelzellkarzinom.
75
6. Literaturverzeichnis
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89
7. Anhang
Abkürzungsverzeichnis:
AFX
Atypisches Fibroxanthom
AS
Angiosarkom
DFSP
Dermatofibrosarkoma protuberans
HK
Hidradenokarzinom
KS
Kaposisarkom
LS
Liposarkom
MFH
Malignes fibröses Histiozytom
MZK
Merkelzellkarzinom
TDK
Talgdrüsenkarzinom
TLK
Trichilemmales Karzinom
APUD
Amine precursor uptake and decarboxylation
PPARγ
Peroxysome-proliferating-activated receptor gamma
EBV
Ebbstein-Barr-Virus
COX
Cyclooxygenase
90
8. Lebenslauf
Persönliche Angaben
Name:
Geburtstag:
Geburtsort:
Staatsangehörigkeit:
Familienstand:
Vater:
Mutter:
Hanna Muschinsky,
geb. Krywult
24.05. 81
Kattowitz (Polen)
deutsch
verheiratet
Jacek Krywult (Orthopäde)
Barbara Krywult (Zahnärztin)
Schulbildung
1988-1989
1989-1992
1992-1993
1993-2001
Grundschule in Kattowitz
Altstädter Grundschule in Osnabrück
Orientierungsstufe „In der Wüste“
in Osnabrück
Gymnasium Verl
Allgemeine Hochschulreife
Studium
2001-2004
vorklinischer Teil des zahnmedizinischen
Studiums in Freiburg
Abschluss: zahnärztliche Vorprüfung
2004-2007
klinischer Teil des Zahnmedizinstudiums
an der Zahnklinik in Freiburg
Juli 2007
Examen Zahnmedizin
August 2007
Beginn der Promotion an der
Universitätshautklinik in Freiburg
2007 – 2009
Assistenzzeit
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