Die komplexen Zahlen

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Kapitel 9
Die komplexen Zahlen
• Der Körper der komplexen Zahlen
• Die Gauß’sche Zahlenebene
• Algebraische Gleichungen
• Anwendungen
Der Körper der komplexen Zahlen
Die Definition der komplexen Zahlen
Definition
Die Zahl i mit i2 := −1 heißt imaginäre Einheit.
Die Menge C := {z = x + i · y | x, y ∈ IR}
bezeichnet die Menge der komplexen Zahlen.
Man nennt x = Re z den Realteil, y = Im z
den Imaginärteil der komplexen Zahl z =
x + i · y.
Mathematik kompakt
1
Der Körper der komplexen Zahlen
Beispiel
Die komplexe Zahl z = 5 − 7i hat den Realteil
Re z = 5 und den Imaginärteil Im z = −7 (und
nicht den Imaginärteil −7i). Die imaginäre Einheit
i = 0 + 1 · i selbst hat den Realteil Re i = 0 und
den Imaginärteil Im i = 1.
Komplexe Zahlen werden gewöhnlich mit z, reelle
Zahlen mit x oder y bezeichnet. Die imaginäre Einheit heißt übrigens in den technischen Disziplinen
oft j, in Mathematikerkreisen“ wird sie hingegen im”
mer mit i abgekürzt.
Mathematik kompakt
2
Der Körper der komplexen Zahlen
Reelle und komplexe Zahlen
Zahlbereichserweiterung
Die komplexen Zahlen, deren Imaginärteil 0
ist, kann man mit den reellen Zahlen identifizieren. In diesem Sinne ist IR eine Teilmenge von C.
Komplexe Zahlen, deren Realteil 0 ist, nennt
man rein-imaginär.
Beispiel
√
Die komplexe Zahl 2 + 0 · i entspricht der reel√
len Zahl 2. Die (komplexe) Zahl −5/7 i ist reinimaginär. Die imaginäre Einheit i ist ebenfalls reinimaginär.
Mathematik kompakt
3
Der Körper der komplexen Zahlen
Gleichheit komplexer Zahlen
Zwei komplexe Zahlen sind genau dann
gleich, wenn sowohl ihr Realteil als auch ihr
Imaginärteil übereinstimmen:
x1 + i · y 1 = x 2 + i · y 2
⇐⇒
x1 = x2 und y1 = y2.
Beispiel
Von den komplexen Zahlen
z1
z2
z3
z4
=
=
=
=
8/5 − 3/10 i,
8/5
√ − 4/10 i,
3 − 0.3i,
1.6 − 0.3i
sind nur z1 und z4 gleich.
Mathematik kompakt
4
Der Körper der komplexen Zahlen
Die Grundrechenarten
Definition
(x1 + i · y1) + (x2 + i · y2) :=
(x1 + x2) + i · (y1 + y2)
(x1 + i · y1) − (x2 + i · y2) :=
(x1 − x2) + i · (y1 − y2)
(x1 + i · y1) · (x2 + i · y2) :=
(x1x2 − y1y2) + i · (x1y2 + x2y1)
(x1 + i · y1)/(x2 + i · y2) :=
x1 x2 + y 1 y 2
x2 y 1 − x 1 y 2
+
i
·
x22 + y22
x22 + y22
(Division nur im Falle von x2 + i · y2 6= 0)
Mathematik kompakt
5
Der Körper der komplexen Zahlen
Die Grundrechenarten
Merkregeln
Die Definition der Summe bzw. Differenz zweier komplexer Zahlen ist jedenfalls straightforward“: Man
”
addiert bzw. subtrahiert jeweils sowohl die Real- als
auch die Imaginärteile getrennt.
Die Definition der Multiplikation sieht kompliziert aus,
folgt aber einfach aus den üblichen (aus dem reellen
Rechnen bekannten) Regeln, wie man Klammern
ausmultipliziert:
(x1 + i · y1) · (x2 + i · y2) =
= x1 · x 2 + x1 · i · y 2 + i · y 1 · x 2 + i · y 1 · i · y 2
= x 1 x2 + i · x 1 y 2 + i · x 2 y 1 − y 1 y 2
= (x1 x2 − y1y2) + i · (x1 y2 + x2y1),
dabei wurde nur i2 = −1 und das Umsortieren in
Real- und Imaginärteil benutzt.
Mathematik kompakt
6
Der Körper der komplexen Zahlen
Die Grundrechenarten
Merkregeln (Fortsetzung)
Auf die Formel für die Division komplexer Zahlen
kommen wir durch folgende Umformungen:
x1 + i · y 1
(x1 + i · y1) · (x2 − i · y2)
=
x2 + i · y 2
(x2 + i · y2) · (x2 − i · y2)
=
(x1x2 + y1y2) + i · (x2y1 − x1y2)
.
2
2
x2 + y 2
Man erweitert also mit (x2 − i · y2) und stellt fest,
dass beim Ausmultiplizieren der Nenner reell wird.
Das ist schon der ganze Trick!
Mathematik kompakt
7
Der Körper der komplexen Zahlen
Die Grundrechenarten
Beispiele
Beispiel
Für Addition und Subtraktion betrachten wir:
(3 + 4i) + (1 − 2i) =
=
(3 + 4i) − (1 − 2i) =
=
(3 + 1) + (4 − 2)i
4 + 2i,
(3 − 1) + (4 − (−2))i
2 + 6i.
Für die Multiplikation ergibt sich durch Ausmultiplizieren der Klammern:
(3 + 4i) · (1 − 2i) =
=3
· 1} + 3
· (−2i) + 4i
· (−2i)
| {z
| {z· 1} + 4i
| {z }
|
{z
}
3
−6i
4i
−8i2
= 3 − 6i + 4i + 8
= (3 + 8) + (4 − 6)i = 11 − 2i .
Mathematik kompakt
8
Der Körper der komplexen Zahlen
Die Grundrechenarten
Beispiele (Fortsetzung)
Und für die Division erhält man durch Erweitern mit
(1 + 2i):
(3 + 4i)(1 + 2i)
3 + 4i
=
1 − 2i
(1 − 2i)(1 + 2i)
(3 − 8) + (4 + 6)i
=
1 + 22
=
Mathematik kompakt
−5 + 10i
= −1 + 2i .
5
9
Der Körper der komplexen Zahlen
Übung
a) Gegeben seien die komplexen Zahlen
z1 := −1 − 8i und z2 := −2 − 3i.
Berechnen Sie 2z1, 2z1 + z2, z2 − z1, z1 · z2,
z12 (:= z1 · z1) und z1 : z2.
b) Berechnen Sie die folgenden Potenzen von i:
i2, i3, i4, i5, i6 und i27 .
Mathematik kompakt
10
Der Körper der komplexen Zahlen
Lösung
a)
2z1 = −2 − 16i,
2z1 + z2 = −4 − 19i,
z2 − z1 = −1 + 5i,
z1 · z2 = −22 + 19i,
z12 = −63 + 16i,
z1 : z2 = 2 + i.
b)
i2 = −1,
i3 = i2 · i = (−1) · i = −i,
i4 = i3 · i = (−i) · i = −i2 = −(−1) = 1,
i5 = i,
i6 = −1,
i27 = i6·4+3 = i3 = −i.
Mathematik kompakt
11
Der Körper der komplexen Zahlen
Der Körper der komplexen Zahlen
Die komplexen Zahlen bilden bezüglich der
Addition und Multiplikation einen Körper
(C, +, ·).
Genau wie in IR sind also in C die Körperaxiome
(z.B. gewisse einfache Rechenregeln wie die Kommutativgesetze) erfüllt. Man rechnet mit anderen
Worten wie gewohnt.
Mathematik kompakt
12
Der Körper der komplexen Zahlen
Keine Größer-/Kleiner-Beziehung in C !
Anders als in IR gibt es aber keine Größer-/KleinerBeziehung in C. Man kann also zwei komplexe Zahlen nur auf Gleichheit/Ungleichheit untersuchen,
nicht aber sinnvoll sagen, welche von beiden die
größere ist.
Mathematik kompakt
13
Der Körper der komplexen Zahlen
Keine positiven oder negativen Zahlen in C !
Außerdem gibt es keine positiven oder negativen
komplexen Zahlen.
Es wäre also falsch zu sagen, dass +i positiv sei.
Ebensowenig ist +i negativ.
Auch −2i ist weder positiv noch negativ!
Bedenken Sie dazu, dass das Produkt zweier positiver oder zweier negativer Zahlen stets positiv ist:
Das Produkt von i mit sich selbst ergibt aber −1,
also eine negative Zahl!
Mathematik kompakt
14
Der Körper der komplexen Zahlen
Die konjugiert-komplexe Zahl
Definition
Die komplexe Zahl
z := x + i · (−y) = x − i · y
heißt die zu z = x+i·y konjugiert-komplexe
Zahl.
Für die konjugiert-komplexe Zahl z ist auch die Abkürzung z ∗ gebräuchlich.
Mathematik kompakt
15
Der Körper der komplexen Zahlen
Beispiel
Die zu z1 = −7−8i konjugiert-komplexe Zahl lautet
z1 = −7 + 8i.
Für z2 = 4i = 0 + 4 · i gilt z2 = −4i = −z2.
Für z3 = −17 = −17 + 0 · i ist z3 = −17 = z3.
Mathematik kompakt
16
Der Körper der komplexen Zahlen
Merkregel für die Division komplexer Zahlen
Man dividiert, indem man durch Erweitern
mit dem Konjugiert-Komplexen des Nenners diesen Nenner reell macht.
Mathematik kompakt
17
Der Körper der komplexen Zahlen
Rechenregel für konjugiert-komplexe Zahlen
Mit z = x + i · y und z = x − i · y gilt
für konjugiert-komplexe Zahlen die folgende Rechenregel:
z · z = x2 + y 2 ist stets reell und ≥ 0.
Dies kann man durch einfaches Nachrechnen zeigen:
z·z =
=
=
=
(x + iy) · (x − iy)
x · x + x · (−iy) + iy · x + iy · (−iy)
x2 − ixy + ixy − i2y 2
x2 + y 2 .
Mathematik kompakt
18
Der Körper der komplexen Zahlen
Übung
a) Gegeben sei die komplexe Zahl z0 = 1 − 2i.
Geben Sie an bzw. berechnen Sie: Re (z0),
Im (z0), z0, Re (1/z0), Im (i · z0), Im (z0),
i · Re (z0).
b) Bestimmen Sie alle komplexen
z = x + i · y mit Im (2z + z) = 1.
Mathematik kompakt
Zahlen
19
Der Körper der komplexen Zahlen
Lösung
a)
Re (z0) = 1,
Im (z0) = −2,
z0 = 1 + 2i,
Re (1/z0 ) = 1/5,
Im (i · z0) = 1,
Im (z0) = −2,
i · Re (z0) = −i.
b) Alle komplexen Zahlen z = x + i · y mit Imaginärteil y = −1.
Mathematik kompakt
20
Der Körper der komplexen Zahlen
Rechenregeln für konjugiert-komplexe Zahlen
Mit z = x + i · y und z = x − i · y gilt:
a) Genau für reelle z ist z = z .
b) Das Bilden der konjugiert-komplexen
Zahl ist mit allen vier Grundrechenarten
vertauschbar:
z1 + z 2 = z 1 + z 2 ,
z1 − z 2 = z 1 − z 2 ,
z1 · z 2


 z1 




=
=
z 1 · z2 ,
z1
z2
z2
(Division nur im Falle von z2 6= 0).
Mathematik kompakt
21
Der Körper der komplexen Zahlen
Übung
Beweisen Sie: z1 · z2 = z1 · z2.
Lösung
Mit z1 = x1 + iy1 und z2 = x2 + iy2 ist:
z1 · z2 = (x1 + iy1) · (x2 + iy2)
= (x1 x2 − y1y2) + i(x1 y2 + x2y1)
= (x1 x2 − y1y2) − i(x1 y2 + x2 y1) .
Umgekehrt gilt:
z1 · z2 = (x1 − iy1) · (x2 − iy2)
= (x1x2 − y1y2) − i(x1y2 + x2y1).
Mathematik kompakt
22
Die Gauß’sche Zahlenebene
Die Gauß’sche Zahlenebene als Briefmarke
Mathematik kompakt
23
Die Gauß’sche Zahlenebene
Die Gauß’sche Zahlenebene
Jeder komplexen Zahlz = x+i·y entspricht
 x 
genau ein Vektor   bzw. genau ein Punkt
y
(x, y) der Ebene und umgekehrt.
imaginäre Achse
z=x+i .y
y
0
x
reelle Achse
In der Technik spricht man anstelle von Ortsvektoren häufig von Zeigern auf komplexe Zahlen.
Mathematik kompakt
24
Die Gauß’sche Zahlenebene
Beispiel
a) Der komplexen Zahl z = −3 + 4i entspricht
der Punkt (−3, 4); z = 1 entspricht der Punkt
(1, 0); z = i entspricht der Punkt (0, 1); z = 0
entspricht der Punkt (0, 0), der Ursprung des
Koordinatensystems.
Im(z)
-3+4i
3+4i
4
1
-3
0
Re(z)
1
3
b) Genau für reelle Zahlen z gilt Im z = 0; sie
werden durch die Punkte der reellen Achse dargestellt. Rein-imaginäre Zahlen (Re z = 0) werden durch die Punkte der imaginären Achse
veranschaulicht.
Mathematik kompakt
25
Die Gauß’sche Zahlenebene
Beispiel
a) Den zur konjugiert-komplexen Zahl z = x − i · y
gehörigen Ortsvektor findet man durch Spiegelung des zu z = x + i · y gehörigen Ortsvektors
an der reellen Achse:
Im(z)
y
0
-y
z
x
Re(z)
z
b) Punkte in der Gauß’schen Zahlenebene und folglich die komplexen Zahlen kann man nicht linear anordnen (keine Größer-/Kleiner-Beziehung!).
Mathematik kompakt
26
Die Gauß’sche Zahlenebene
Rechenoperationen in IR × IR
Wenn wir
z = x + i · y = (x, y)
setzen und Addition und Multiplikation umschreiben,
so erhalten wir für die Rechenoperationen + und ·
auf IR × IR = {(x, y)|x, y ∈ IR} die folgende Darstellung:
(x1 , y1) + (x2, y2)
= (x1 + x2, y1 + y2),
(x1 , y1) · (x2 , y2)
= (x1x2 − y1y2, x1y2 + x2y1).
Die erste der beiden obigen Gleichungen besagt,
dass die Addition komplexer Zahlen wie die Addition
von Vektoren in der Ebene (Kräfteparallelogramm!)
vorgenommen wird.
Mathematik kompakt
27
Die Gauß’sche Zahlenebene
Polarkoordinaten
Die Lage eines Punktes der Ebene lässt sich
durch seinen Abstand r ( Radius“) vom Ko”
ordinatenursprung und, wenn r > 0, durch
den Winkel ϕ des Ortsvektors mit der positiven x-Achse ( Polarwinkel“) kennzeichnen.
”
(Im Fall r = 0, am Koordinatenursprung also, lässt
sich ϕ nicht definieren.)
imaginäre Achse
z=(x,y) bzw. z=x+i.y
y
r
0
Mathematik kompakt
x
reelle Achse
28
Die Gauß’sche Zahlenebene
Winkel
Winkel werden meist in Bogenmaß angegeben. Das
bekannte Gradmaß ϕ̂ (Einheit: Grad) und das Bogenmaß ϕ (Einheit: Radiant) hängen dabei wie folgt
zusammen:
ϕ̂
ϕ
=
.
360◦
2π
Da der Winkel nur bis auf Vielfache von 2π (bzw.
360◦ ) bestimmt ist, legt man willkürlich ein Intervall
fest, in dem der Winkel angeben wird, z.B.
−π < ϕ ≤ +π .
Mathematik kompakt
29
Die Gauß’sche Zahlenebene
Umrechnungsformeln
Die Umrechnungsformeln zwischen kartesischen Koordinaten und Polarkoordinaten lauten:
sowie
r=
x = r · cos ϕ
q
2
x +y
2
(Vorzeichen
von
y ≥ 0 oder y < 0.)
und
und
ϕ
y = r · sin ϕ
x
ϕ = ± arccos
.
r
je
nachdem
ob
Man könnte hier auch die Beziehung tan ϕ = y/x
verwenden, müßte aber bei der Umkehrfunktion
arctan(y/x) vier Fallunterscheidungen, je nach Quadrant, in dem (x, y) liegt, durchführen.
Mathematik kompakt
30
Die Gauß’sche Zahlenebene
Beispiel
Aus den kartesischen Koordinaten x = −3 und
y = 4 der komplexen Zahl z = q
−3 + 4i ergeben
sich die Polarkoordinaten r = (−3)2 + 42 =
√
25 = 5 und ϕ = + arccos(−3/5) ≈ 2.214
(bzw. ϕ̂ ≈ 126.87◦ ).
Aus den Polarkoordinaten r = 4 und φ = −π/6
(ϕ̂ = −30◦) erhält man die kartesischen Koordi√
√
naten x = 4 · cos (−π/6) = 4 · 1/2 3 = 2 3
und y = 4 · sin (−π/6) = 4 · (−1/2) = −2 der
√
komplexen Zahl z = 2 3 − 2i.
Mathematik kompakt
31
Die Gauß’sche Zahlenebene
Übung
a) Geben Sie die Polarkoordinaten r und ϕ der folgenden komplexen Zahlen an: z1 = 7, z2 =
4i, z3 = −6, z4 = −3i, z5 = 1 − i.
b) Berechnen Sie die kartesischen Koordinaten der
komplexen Zahl z6 mit den Polarkoordinaten r =
2, ϕ = π/3.
Mathematik kompakt
32
Die Gauß’sche Zahlenebene
Lösung
a)
r1
r2
r3
r4
r5
b) x6 = 1, y6 =
Mathematik kompakt
= 7,
= 4,
= 6,
= 3,
√
= 2,
√
ϕ1
ϕ2
ϕ3
ϕ4
ϕ5
= 0;
= π/2;
= π;
= −π/2;
= −π/4.
3.
33
Die Gauß’sche Zahlenebene
Betrag einer komplexen Zahl
Anstelle vom Radius und Polarwinkel bei Polarkoordinaten wird im Zusammenhang mit komplexen
Zahlen meist vom (Absolut-) Betrag und vom Argument (oder Arcus oder Phase oder Winkel) einer
komplexen Zahl gesprochen:
Definition
Unter dem Betrag einer komplexen Zahl z =
x + iy versteht man
s
√
2
2
|z| = |x + i · y| := x + y = z · z
Mathematik kompakt
34
Die Gauß’sche Zahlenebene
Beispiel
Der Betrag der komplexen Zahl z = −3 + 4i ist
gleich 5 und das Argument von z ist ungefähr 2.214.
Mathematik kompakt
35
Die Gauß’sche Zahlenebene
Veranschaulichung
Der Betrag einer komplexen Zahl ist anschaulich gesprochen die Länge ihres Ortsvektors bzw. ihr Abstand vom Nullpunkt.
Der Term |z1 −z2|, der Betrag von z1 −z2 also, steht
für den Abstand der beiden Zahlen (d.h. Punkte im
IR × IR) z1 und z2.
Mathematik kompakt
36
Die Gauß’sche Zahlenebene
Rechenregeln für den Betrag
a) |z| ≥ 0;
|z| = 0 ⇐⇒ z = 0,
b) |z| = |z|,
c) |z1 + z2| ≤ |z1| + |z2|
(Dreiecksungleichung),
d) |z1 · z2| = |z1| · |z2|,
e) |z1/z2| = |z1|/|z2| falls z2 6= 0.
Mathematik kompakt
37
Die Gauß’sche Zahlenebene
Übung
a) Zeigen Sie: |z| = |z|. Was bedeutet dies geometrisch?
b) Was besagt die Dreiecksungleichung anschaulich?
Mathematik kompakt
38
Die Gauß’sche Zahlenebene
Lösung
a) Es sei z := x + i · y. Dann ist |z| =
q
q
q
x2 + y 2
und |z| = x2 + (−y)2 = x2 + y 2. Die
Ortsvektoren von |z| und |z|, welche durch Spiegelung an der x-Achse auseinander hervorgehen, sind gleich lang.
b) Die Länge des Vektors von z1 + z2 (Hypotenuse des Dreiecks in Abb.) ist kleiner/gleich der
Summe der Längen von z1 und z2 (Katheten
des Dreiecks in Abb.).
z2
z1
Mathematik kompakt
*
z1 + z 2
39
Die Gauß’sche Zahlenebene
Die Polarform komplexer Zahlen
Die bisher in kartesischer Normalform gegebene komplexe Zahl z = x + i · y lässt
sich bei Verwendung von Polarkoordinaten
in der Polarform schreiben:
z = |z| · (cos ϕ + i · sin ϕ)
Die Umrechnung erfolgt gemäß den Formeln für die
Transformation zwischen kartesischen Koordinaten
und Polarkoordinaten.
Mathematik kompakt
40
Die Gauß’sche Zahlenebene
Beispiel
Es gilt:
z = −3 + 4i
≈ 5 · [cos(2.214) + i · sin(2.214)] .
Dabei ist −3 + 4i die Normalform und
5 · [cos(2.214) + i · sin(2.214)] die Polarform der
komplexen Zahl z.
Umgekehrt:
4 · [cos(−π/6) + i · sin(−π/6)]
√
3/2 + i · (−1/2)
= 4·
√
= 2 3 − 2i.
In diesem Fall wurde ausgehend von der Polarform
auf die Normalform der komplexen Zahl umgerechnet.
Mathematik kompakt
41
Die Gauß’sche Zahlenebene
Weitere Beispiele
Weitere Beispiele für die Polarform komplexer Zahlen sind:
i =
1
· [cos(π/2) + i · sin(π/2)] ,
√
1+i =
2 · [cos(π/4) + i · sin(π/4)] ,
−7 =
7
· [cos π + i · sin π ] .
Dabei sieht die Polarform von −7 nur auf den ersten
Blick erstaunlich aus!
Mathematik kompakt
42
Die Gauß’sche Zahlenebene
Übung
Geben Sie die Polarform der folgenden komplexen
Zahlen an: z1 = 7, z2 = 4i, z3 = −6, z4 = −3i,
z5 = 1 − i.
Mathematik kompakt
43
Die Gauß’sche Zahlenebene
Lösung
z1 =
7
= 7 · [cos 0 + i · sin 0] ,
z2 =
4i
= 4 · [cos(π/2) + i · sin(π/2)] ,
z3 =
−6
= 6 · [cos π + i · sin π ] ,
z4 =
−3i
= 3 · [cos(−π/2) + i · sin(−π/2)] ,
z5 = 1 − i =
Mathematik kompakt
√
2 · [cos(−π/4) + i · sin(−π/4)] .
44
Die Gauß’sche Zahlenebene
Multiplikation und Division komplexer Zahlen
Die Polarform erlaubt nun eine sehr prägnante Beschreibung der Multiplikation und Division komplexer Zahlen:
Für die Zahlen z1 := |z1|·(cos ϕ1 +i·sin ϕ1)
und z2 := |z2| · (cos ϕ2 + i · sin ϕ2) gilt:
z1 · z2 = |z1| · |z2|
· (cos(ϕ1 + ϕ2) + i · sin(ϕ1 + ϕ2)),
z1/z2 = |z1|/|z2|
· (cos(ϕ1 − ϕ2) + i · sin(ϕ1 − ϕ2))
(Division nur im Falle von z2 6= 0).
Mathematik kompakt
45
Die Gauß’sche Zahlenebene
Multiplikation und Division komplexer Zahlen
Der Beweis dieses Satzes ist schlichtweg trivial; man
benötigt nur die aus der Schule bekannten Additionstheoreme von Sinus und Cosinus:
z1 · z2 = |z1|(cos ϕ1 + i · sin ϕ1)
·|z2|(cos ϕ2 + i · sin ϕ2)


= |z1||z2| · (cos
ϕ1 cos ϕ2{z
− sin ϕ1 sin ϕ2 )}
|
=cos(ϕ1+ϕ2)


+ i · (cos
ϕ1 sin ϕ2 +
sin ϕ1 cos ϕ2)} .
|
{z
=sin(ϕ1+ϕ2)
Mathematik kompakt
46
Die Gauß’sche Zahlenebene
Multiplikation und Division komplexer Zahlen
Komplexe Zahlen werden multipliziert (dividiert), indem man ihre Beträge multipliziert
(dividiert) und ihre Winkel addiert (subtrahiert) — und den resultierenden Winkel evtl.
auf das Intervall (−π, +π] reduziert.
Mathematik kompakt
47
Die Gauß’sche Zahlenebene
Multiplikation und Division komplexer Zahlen
Drehstreckung
Geometrisch kann die Multiplikation komplexer Zahlen als Drehstreckung beschrieben werden:
Multipliziert man eine komplexe Zahl z1 mit
einer komplexen Zahl z2, so wird der Betrag
von z1 um den Faktor |z2| gestreckt“ (oder
”
gestaucht“), der Winkel von z1 wird um den
”
Winkel von z2 weitergedreht“.
”
Mathematik kompakt
48
Die Gauß’sche Zahlenebene
Beispiel
Multiplikation einer Zahl z1 mit der Zahl z2 = 1 + i
√
√
bedeutet (wegen |z2| = 2, ϕ2 = arccos(1/ 2) =
√
◦
π/4 = 45 ): Der Ortvektor der Zahl z1 wird um 2
gestreckt und um 45◦ (im mathematischen, also im
Gegenuhrzeigersinn) gedreht.
Im(z)
z1 (1+i)
45 0
0
Mathematik kompakt
z1
Re(z)
49
Die Gauß’sche Zahlenebene
Übung
Gegeben seien die komplexen Zahlen z1 = 1 + i
und z2 = −1 + 2i.
a) Führen Sie zunächst z1 und z2 in Polarform
über und berechnen Sie z1 · z2.
b) Berechnen Sie z1 ·z2 in Normalform und führen
Sie dann das Ergebnis in Polarform über.
c) Interpretieren Sie z1 · z2 als Drehstreckung in
der Gauß’schen Zahlenebene.
Mathematik kompakt
50
Die Gauß’sche Zahlenebene
Lösung
a) z1
z2
√ π
π
,
= 2 · cos + i sin
4
4
√
= 5 · (cos 2.034 + i sin 2.034),
z1 · z 2
√ √ π
π
= 2· 5· cos( 4 + 2.034) + i sin( 4 + 2.034)
√
= 10 · (cos 2.819 + i sin 2.819).
b) z1 · z2 = (1 + i) · (−1 + 2i) = −3 + i
√
= 10 · (cos 2.819 + i sin 2.819).
c) Multiplikation mit z2 entspricht Streckung um
√
Faktor 5 und (ungefähre) Drehung um Winkel 2.034.
Mathematik kompakt
51
Die Gauß’sche Zahlenebene
Die Euler’sche Beziehung
Für den Term cos ϕ + i · sin ϕ bietet sich eine Abkürzung an. Wir benutzen dazu die folgende Gleichung, die so genannte Euler’sche Beziehung:
eiϕ = cos ϕ + i · sin ϕ
Obige Gleichung ist zunächst als bloße Abkürzung
zu sehen; es steckt aber noch ein tiefer liegender
mathematischer Sachverhalt dahinter: s.Reihen.
Mathematik kompakt
52
Die Gauß’sche Zahlenebene
Exponentialform von komplexen Zahlen
Die bisher in Polarform gegebene komplexe
Zahl
z = |z| · (cos ϕ + i · sin ϕ)
lässt sich unter Verwendung der Euler’schen Beziehung nun in der Exponentialform schreiben:
z = |z| · eiϕ .
Der Anteil |z| beschreibt dabei die Länge des Ortsvektors von z, der Anteil eiϕ allein den Winkel:
|eiϕ| = 1.
Mathematik kompakt
53
Die Gauß’sche Zahlenebene
Beispiel
−3 + 4i ≈
5
· (cos 2.214 + i · sin 2.214)
√
2 3 − 2i =
4
· (cos(−π/6) + i · sin(−π/6))
i =
1
· (cos(π/2) + i · sin(π/2))
i =
√
=
7
1 +
−7
Mathematik kompakt
2 · (cos(π/4) + i · sin(π/4))
· (cos π + i · sin π )
54
Die Gauß’sche Zahlenebene
Übung
Geben Sie die Exponentialform der folgenden komplexen Zahlen an: z1 = 7, z2 = 4i, z3 = −6,
z4 = −3i, z5 = 1 − i.
Lösung
z1
z2
z3
z4
z5
=
=
=
=
=
Mathematik kompakt
7
4i
−6
−3i
1−i
=
=
=
=
=
7 · e0i,
4 · eiπ/2,
6 · eiπ ,
3 · e−iπ/2,
√
2 · e−iπ/4 .
55
Die Gauß’sche Zahlenebene
Satz von Moivre
Die Abkürzung“ eiϕ hat den großen Vorteil, dass
”
man mit ihr wie mit einer richtigen Potenz“ rechnen
”
kann:
eiϕ1 · eiϕ2 = ei(ϕ1+ϕ2),
(eiϕ )n = ei(nϕ)
Mathematik kompakt
eiϕ1
i(ϕ1−ϕ2 ),
=
e
eiϕ2
(Satz von Moivre)
56
Die Gauß’sche Zahlenebene
Potenzen komplexer Zahlen
Die Exponentialform komplexer Zahlen ist besonders hilfreich, wenn man etwa Potenzen komplexer
Zahlen berechnen will.
Beispiel
6
(1 − i) =
=8·e
= 8i.
√
i( − π
2e 4 )
−i 3π
2
6
=
√ 6
2
i − 3π
2 +2π
=8·e
Mathematik kompakt
·e
i 6 (− π
4)
=8·e
iπ
2
57
Die Gauß’sche Zahlenebene
Übung
√ 6
Berechnen Sie (1 − 3i) und (1 + i)4. Benutzen
Sie dazu die Darstellung komplexer Zahlen in Exponentialform!
Lösung
6
√ 6
6π
i(− π
)
1 − 3i = 2 · e 3
= 26 · ei(− 3 )
= 26 · ei(−2π) = 26 · ei0 = 64,
(1 + i)4 =
√
2·e
4
iπ
4
= 4 · eiπ = −4.
Mathematik kompakt
√ 4 i4 π
= 2 ·e 4
58
Komplexe Zahlen — Algebr.Gleichungen
Lösbarkeit quadratischer Gleichungen
Die Gleichung a2 z 2 + a1z + a0 = 0 mit den Koeffizienten a2 6= 0, a0 , a1, a2 ∈ IR lässt sich zunächst
normieren: z 2 + (a1 /a2 )z + a0/a2 = 0, wofür wir
z2 + p · z + q = 0
schreiben. Durch quadratische Ergänzung erhält man
p2
p2
2
z +p·z+
= −q +
4
4
oder
p 2
p2
z+
=
−q .
2
4
Der Term D := p2/4 − q heißt Diskriminante, da
sich an ihm festmachen lässt, ob zwei Lösungen,
eine oder keine (reelle) Lösung vorliegen.
Mathematik kompakt
59
Komplexe Zahlen — Algebr.Gleichungen
Lösbarkeit quadratischer Gleichungen
(Fortsetzung)
Im Einzelnen gilt:
• Für D > 0 gibt es zwei verschiedene reelle
Lösungen:
p √
z1/2 = − ± D .
2
• Für D = 0 gibt es eine (man sagt: doppelt auftretende) reelle Lösung:
p
z=− .
2
• Für D < 0 existiert bekanntlich keine reelle
Lösung. Aber da wir mit Hilfe der imaginären
Einheit i inzwischen auch Gleichungen der Form
z 2 + 1 = 0 oder z 2 = −1 lösen können, da
also i mit anderen Worten Wurzel aus der negativen Zahl −1 ist, können wir nun auch Wurzeln
aus negativen Zahlen ziehen und finden Lösungen für D < 0: Für D < 0, d. h. −D > 0, gibt
es zwei konjugiert-komplexe Lösungen:
√
p
z1/2 = − ± i · −D .
2
Mathematik kompakt
60
Beispiel
a) z 2 + z − 12 = 0 :
2
1
Diskriminante:
D = 4 − (−12) = 1
4 + 12 = 12.25 > 0
=⇒ 2
Lösungen
 verschiedene reelle
q
q
 z
1 − (−12) = − 1 ± 49
= −1
±
1/2
2
4
2
4
=⇒
1
7

= −2 ± 2,
also Lösungen:
z1 = 3,
z2 = −4,
und es gilt:
z 2 + z − 12 = (z − 3) · (z + 4) .
Komplexe Zahlen — Algebr.Gleichungen
Mathematik kompakt
Lösbarkeit quadratischer Gleichungen
61
Beispiel
b) z 2 + 14z + 49 = 0 :
Diskriminante:
also Lösungen:
und es gilt:
2
D = 14
4 − 49 = 49 − 49 = 0
=⇒ 1 (doppelt auftretende)
reelle Lösung
√
=⇒ z1/2 = − 14
2 ± 0 = −7,
z1 = z2 = −7,
z 2 + 14z + 49 = (z + 7) · (z + 7) .
Komplexe Zahlen — Algebr.Gleichungen
Mathematik kompakt
Lösbarkeit quadratischer Gleichungen
62
Beispiel
c) z 2 + 4z + 13 = 0 :
Diskriminante:
2
D = 44 − 13 = 4 − 13 = −9 < 0
=⇒ 2
konjugiert-komplexe
Lösungen

 z
1/2 =
=⇒

−4
2±i·
q
= −2 ± i · 3,
√
−(−9) = −2 ± i 9
also Lösungen: z1 = −2 + 3i,
z2 = −2 − 3i,
und es gilt:z 2 + 4z + 13 = (z − (−2 + 3i)) · (z − (−2 − 3i)) .
Die Probe liefert:
(z − (−2 + 3i)) · (z − (−2 − 3i)) = ((z + 2) − 3i) · ((z + 2) + 3i)
= (z + 2)2 − (3i)2 = z 2 + 4z + 4 − (−9) = z 2 + 4z + 13.
Komplexe Zahlen — Algebr.Gleichungen
Mathematik kompakt
Lösbarkeit quadratischer Gleichungen
63
Komplexe Zahlen — Algebr.Gleichungen
Übung
Lösen Sie die folgenden quadratischen Gleichungen in C:
a)
b)
c)
d)
z 2 + 6z + 9
2z 2 + 9z − 5
4z 2 + 8z + 29
4z 2 + 17
=
=
=
=
0,
0,
0,
0.
Lösung
a)
b)
c)
d)
z1
z1
z1
z1
= −3,
=1
2,
= −1
√ + 5/2i,
= 17i/2,
Mathematik kompakt
z2
z2
z2
z2
= −3,
= −5,
= −1
√− 5/2i,
= − 17i/2.
64
Komplexe Zahlen — Algebr.Gleichungen
Komplexe Polynome
Definition
Für n ∈ IN und an (6= 0), an−1, . . ., a1,
a0 ∈ C heißt die Funktion P : C −→ C,
z 7−→ P (z) mit
P (z) := anz n +an−1z n−1 +. . .+a1z +a0
komplexes Polynom n-ten Grades mit den
(im Allgemeinen) komplexen Koeffizienten
ak .
Mathematik kompakt
65
Komplexe Zahlen — Algebr.Gleichungen
Beispiel
Die Funktion
P (z) = z 4 + (−3 + i) z 2 − iz + 3
ist ein Polynom 4.Grades mit den Koeffizienten
a4 = 1, a3 = 0, a2 = −3 + i, a1 = −i und
a0 = 3.
Man kann für z eine beliebige komplexe Zahl einsetzen und erhält als Funktionswert P (z) wiederum eine komplexe Zahl, z.B. P (2) = 7 + 2i und
P (1 + 2i) = 3 − 40i.
Mathematik kompakt
66
Komplexe Zahlen — Algebr.Gleichungen
Komplexe Nullstellen und Linearfaktoren
Analog zum Reellen:
Definition
Die (komplexe) Zahl z1 heißt Nullstelle des
(komplexen) Polynoms P (z), wenn gilt:
P (z1) = 0.
Es gilt wie im Reellen:
Ist z1 eine Nullstelle des Polynoms P (z)
vom Grade n > 0, so kann man den Linearfaktor (z − z1) ohne Rest abdividieren:
P (z) = (z − z1) · P1(z).
Dabei ist P1(z) ein Polynom (n − 1)-ten
Grades.
Mathematik kompakt
67
(z 4 −z 3 +z 2 +9z −10) : (z − 1) = z 3 + z + 10
z 4 −z 3
z 2 +9z −10
z2
−z
10z −10
10z −10
0
3
und somit P (z) = (z
+ {z
z + 10)} ·(z − 1).
|
=:P1(z)
Komplexe Zahlen — Algebr.Gleichungen
Mathematik kompakt
Beispiel
Das (komplexe) Polynom P (z) = z 4 − z 3 + z 2 + 9z − 10 hat (u.a.) die
Nullstelle z1 = 1. Polynomdivision liefert
68
Komplexe Zahlen — Algebr.Gleichungen
Übung
Zeigen Sie, dass z2 = 1 + 2i Nullstelle des verbleibenden Polynoms P1 (z) = z 3 +z +10 ist. Dividieren Sie den entsprechenden Linearfaktor (z − z2)
von P1 (z) ab.
Mathematik kompakt
69
Lösung
Polynomdivision liefert:
(z 3
+z +10) : (z − (1 + 2i)) = z 2
z 3 −(1 + 2i)z 2
+(1 + 2i)z
(1 + 2i)z 2
+z +10
+(−2 + 4i)
(1 + 2i)z 2 +(3 − 4i)z
(−2 + 4i)z +10
(−2 + 4i)z +10
0
70
Insgesamt:
P1 (z) = z 3 + z + 10
= (z 2 + (1 + 2i) · z + (−2 + 4i)) · (z − (1 + 2i)).
Komplexe Zahlen — Algebr.Gleichungen
Mathematik kompakt
Komplexe Nullstellen und Linearfaktoren
Lösung
Für P (z) ergibt sich damit:
2
P (z) = (z
− (1 + 2i))
· (z − 1).}
+ (1 + 2i)z
+ (−2 + 4i))} · (z
|
{z
|
{z
zu
den
Polynom 2.Grades
Nullstellen
z1 und z2
gehörige
Linearfaktoren
Komplexe Zahlen — Algebr.Gleichungen
Mathematik kompakt
Komplexe Nullstellen und Linearfaktoren (Fortsetzung)
71
Komplexe Zahlen — Algebr.Gleichungen
Hilfssatz
Folgender Hilfssatz erleichert das Auffinden von
Nullstellen komplexer Polynome enorm: Sind die
Koeffizienten des Polynoms sämtlich reell, so treten
nämlich komplexe Lösungen stets paarweise konjugiert auf.
Gegeben sei das komplexe Polynom
P (z) = anz n + an−1z n−1 + . . . + a1z + a0
vom Grade n > 1. Sind alle Koeffizienten
an (6= 0), an−1 , ..., a1, a0 reell, so ist mit
z0 = x0 + i y0 auch z0 = x0 − i y0 eine
Nullstelle.
Mathematik kompakt
72
Komplexe Zahlen — Algebr.Gleichungen
Beispiel
Das (komplexe) Polynom
P (z) = z 4 − z 3 + z 2 + 9z − 10
hat die Nullstelle z2 = 1 + 2i.
Alle Koeffizienten von P (z) sind reell.
Also ist auch z2 = 1 − 2i Nullstelle von P (z).
Mathematik kompakt
73
Komplexe Zahlen — Algebr.Gleichungen
Übung
Gegeben ist das komplexe Polynom
P (z) = z 3 + 11z 2 + 49z + 75.
Die komplexe Zahl z1 = −4 − 3i ist Nullstelle von
P (z). Wie lautet (ohne Rechnung) eine weitere Nullstelle von P (z)?
Lösung
Eine weitere Nullstelle von P (z) ist
z2 = z1 = −4 + 3i.
Dies gilt, weil P (z) ausschließlich reelle Koeffizienten besitzt.
Mathematik kompakt
74
Komplexe Zahlen — Algebr.Gleichungen
Fundamentalsatz der Algebra
Anders als im Reellen hat im Komplexen jedes Polynom n-ten Grades genau n (nicht unbedingt verschiedene) Nullstellen.
Jede algebraische Gleichung n-ten Grades
(n > 0)
anz n + an−1 z n−1 + . . . + a1z + a0 = 0
mit komplexen Koeffizienten an (6= 0),
an−1, . . . , a1, a0 hat mindestens eine komplexe Lösung.
Mathematik kompakt
75
Komplexe Zahlen — Algebr.Gleichungen
Fundamentalsatz der Algebra
Eine andere Formulierung des Fundamentalsatzes
lautet (wenn wir nämlich sukzessive Linearfaktoren
abdividieren):
Jedes Polynom n-ten Grades (n > 0)
P (z) = anz n + an−1z n−1 + . . . + a1z + a0
mit komplexen Koeffizienten an (6= 0),
an−1, . . ., a1, a0 kann ganz in Linearfaktoren zerlegt werden:
P (z) = an · (z − zn) · (z − zn−1) · . . .
·(z − z2) · (z − z1)
Die komplexen Zahlen z1, z2, . . . , zn sind
die (nicht unbedingt verschiedenen) Nullstellen von P (z).
Mathematik kompakt
76
P (z) = 1 · (z − 1) ·
(z
− (1 + 2i)){z· (z − (1 − 2i))}
|
= ((z − 1) − 2i) · ((z − 1) + 2i)
= (z − 1)2 + 4
= z 2 − 2z + 5
Im Reellen wäre (x − 1)2 + 4 > 0 unzerlegbar, also
P (x) = (x − 1) · (x2 − 2x + 5) · (x + 2) .
·(z + 2) .
Komplexe Zahlen — Algebr.Gleichungen
Mathematik kompakt
Beispiel
Das Polynom P (z) = z 4 − z 3 + z 2 + 9z − 10 hat die Nullstellen z1 = 1,
z2 = 1 + 2i, z3 = 1 − 2i und z4 = −2. Damit lässt sich P (z) wie folgt
in Linearfaktoren zerlegen:
77
Komplexe Zahlen — Algebr.Gleichungen
Potenzen einer komplexen Zahl
Beispiel
Die ersten vier Potenzen der komplexen Zahl z0 :=
1 + i lauten:
√
1
z0 =
1+i
=
2 · eiπ/4 ,
z02 = (1 + i)2 =
z03 = (1 + i)3 =
2 · eiπ/2
(= 2i),
√ 3
2 · ei 3π/4 (= −2 + 2i),
z04 = (1 + i)4 =
4 · eiπ
(= −4).
Im(z)
z02
z03
z0 = 1+i
i
z04= - 4
0
Mathematik kompakt
Re(z)
1
78
Komplexe Zahlen — Algebr.Gleichungen
Beispiel
Wegen z04 = −4 können wir z0 = 1 + i offenbar als vierte Wurzel aus −4 interpretieren. Wenn
wir nun umgekehrt von −4 = 4eiπ ausgehen, so
müssen wir als vierte Wurzel davon diejenige Zahl
nehmen, deren Betrag die vierte Wurzel des Betra√
ges von −4 (also 4 4) und deren Winkel der vierte
Teil des Winkels von −4 (also π
4 ) ist. Dies ist aber
gerade z0 = 1 + i.
Die Frage ist nun noch, ob damit alle Wurzeln gefunden sind. Das Polynom P (z) = z 4+4 hat nämlich
nicht nur die Nullstelle z0 = 1+i, sondern auch die
weiteren Nullstellen (insgesamt vier) z1 = −1 + i,
z2 = −1 − i und z3 = 1 − i.
Im z
1+i
|
-1+i
| | /2
Re z
-1-i
Mathematik kompakt
1-i
79
Komplexe Zahlen — Algebr.Gleichungen
Wurzeln von komplexen Zahlen
Die Gleichung z n = c mit der komplexen
Zahl c = |c| · eiφ 6= 0 und n ∈ IN hat genau
n verschiedene Lösungen
r
n
zk = |c| · e
i




φ
n
+k·

2π 

n ,
(k = 0, 1, 2, . . . , n − 1)
die so genannten n-ten Wurzeln aus c.
Mathematik kompakt
80
Komplexe Zahlen — Algebr.Gleichungen
Wurzeln von komplexen Zahlen
Veranschaulichung
Die n-ten Wurzeln aus c = q
|c| · eiφ 6= 0 liegen
auf einem Kreis vom Radius n |c| um 0 und bilden
die Ecken eines regelmäßigen n-Ecks, weil sich benachbarte Arcuswerte um jeweils 2π/n unterscheiden. Der Winkel zwischen der positiven reellen Achse und der ersten“ Wurzel z0 beträgt gerade φ/n:
”
Im z
z1
jeweils
Winkel 2 | | /n
|
z2
z0
Winkel f/n
|
Re z
n
|c|
Mathematik kompakt
81
π
Die Gleichung z 3 = i = 1 · ei 2 hat die 3 Lösungen (Wurzeln)
√
√
2π )
π
3
i( π
+0·
i
3 +
3
z0 =
1·e 6
= 1·e6 =
2
√
√
2π )
5π
3
i( π
+1·
i
3
z1 =
1·e 6
= 1 · e 6 = − 23 +
√
3
i( π
+2· 2π
)
i 3π
6
3
z2 =
1·e
= 1·e 2 =
−
1 i,
2
1 i,
2
i.
Die Wurzeln z0, z1 und z2 liegen auf einem Kreis vom Radius 1 um den
Nullpunkt. Sie bilden ein gleichseitiges Dreieck.
Komplexe Zahlen — Algebr.Gleichungen
Mathematik kompakt
Beispiel
82
Die
z0
z1
z2
√
i 3π
4
Gleichung z = −1 + i = 2 · e 4 hat die 4 Lösungen (Wurzeln)
q√
√
2π )
3π
4
8
i( 3π
+0·
i
4
= q 2 · e 16
=
2 · e 16
≈
0.907 + 0.606i,
√
2π )
11π
4 √
8
i( 3π
+1·
i
4
= q 2 · e 16
=
2 · e 16
≈ −0.606 + 0.907i,
√
2π )
13π
4 √
8
i( 3π
+2·
−i
4
= q 2 · e 16
=
2 · e 16 ≈ −0.907 − 0.606i,
√
2π
4 √
8
i( 3π
−i 5π
16 +3· 4 )
16
z3 =
2·e
=
2·e
0.606 − 0.907i.
√
Die Wurzeln z0, z1, z2 und z3 liegen auf einem Kreis vom Radius 8 2 um
den Nullpunkt. Sie bilden ein Quadrat.
≈
Komplexe Zahlen — Algebr.Gleichungen
Mathematik kompakt
Beispiel
83
Komplexe Zahlen — Algebr.Gleichungen
Übung
Bestimmen Sie alle (komplexen) vierten Wurzeln der
Zahl 2.
Lösung
Die Gleichung z 4 = 2 = 2 · ei·0 hat die 4 Lösungen
(Wurzeln)
√
√
√
4
4
4
i(0+0· 2π
)
i0
4
z0 =
2·e
2·e
=
2,
=
√
√
√
π
4
4
4
)
i(0+1· 2π
i
4
z1 =
=
2·e
2·e2 =
2i,
√
√
√
4
4
)
i(0+2· 2π
iπ
4
=
z2 =
2·e
2·e
= − 4 2,
√
√
√
4
4
i(0+3· 2π
)
i 3π
4
2
2·e
=
2·e
= − 4 2i.
z3 =
Die Wurzeln z0, z1, z2 und z3 liegen auf einem Kreis
√
vom Radius 4 2 um den Nullpunkt. Sie bilden ein
Quadrat.
Mathematik kompakt
84
Komplexe Zahlen — Algebr.Gleichungen
Wurzeln von komplexen Zahlen (Graphiken)
Im z
Im z
z1
z1
z0
z0
Re z
Re z
z2
z2
z3
z3 = i
z 4 = -1+i
Im z
z1
z2
z0
Re z
z3
z4 = 2
Mathematik kompakt
85
Anwendung: Fraktale
Erzeugung von Apfelmännchen“
”
Wir wählen zunächst einen Testpunkt c := a + b · i,
eine komplexe Zahl also, und erzeugen nun sukzessive eine Folge von weiteren komplexen Zahlen.
Startwert ist dabei der Koordinatenursprung selbst:
z0 := 0 + 0 · i. Die weiteren Elemente der Folge berechnen wir mittels folgender Vorschrift: z1 :=
z02 + c, z2 := z12 + c, ..., allgemein
2
zn := zn−1
+ c.
(Dabei sind alle zn komplexe Zahlen, und die verwandten Operationen sind die komplexe Addition und
Multiplikation.)
Mathematik kompakt
86
Anwendung: Fraktale
Erzeugung von Apfelmännchen“
”
(Fortsetzung)
Die Frage ist nun, ob einer der erzeugten Werte zn
außerhalb eines Kreises vom Radius 2 um den Koordinatenursprung liegt, d.h. ob gilt:
|zn| ≥ 2.
Ist dies der Fall, so wird unserem Testpunkt die Farbe weiß“ zugeordnet und wir brechen die Iterati”
”
on“, die Berechnung von zn+1 etc., ab. Ansonsten
führen wir den Algorithmus“, die Rechenvorschrift,
”
fort und berechnen das nächste Folgenglied zn+1.
Mathematik kompakt
87
Anwendung: Fraktale
Erzeugung von Apfelmännchen“
”
(Fortsetzung)
Wir können natürlich nicht alle (das sind nämlich unendlich viele!) Folgenglieder z0, z1, z2, ... erzeugen
und testen. Deshalb bricht man die Schleife z.B. bei
n = 100 ab. Hat bis dahin kein Folgenglied den besagten Kreis verlassen, so erhält unser Testpunkt c
die Farbe schwarz“. Insgesamt haben wir also un”
serem Testpunkt c auf diese Weise eine der Farben
schwarz“ oder weiß“ zugewiesen.
”
”
Mathematik kompakt
88
Anwendung: Fraktale
Erzeugung von Apfelmännchen“
”
(Fortsetzung)
Nun ordnen wir einfach jedem (der endlich vielen)
Pixel unseres Bildschirms eine komplexe Zahl c zu,
wie ja schon Gauß die komplexen Zahlen durch die
Gauß’sche Zahlenebene veranschaulicht hat. Wir
führen dann mit jedem c den beschriebenen Algorithmus durch und färben jeden Bildschirm-Pixel entsprechend seines berechneten Farbwertes schwarz“
”
oder weiß“ ein. Ein so genanntes Apfelmännchen
”
entsteht.
Eine spektakulärere Version erhält man z.B., indem
man die Punkte c, deren Iterierte dem Kreis entkommen, wirklich farbig einfärbt — und zwar entsprechend der Anzahl der Iterationsschritte, die bis zur
Flucht aus dem Kreis durchgeführt werden müssen.
Mathematik kompakt
89
Anwendung: Fraktale
Erzeugung von Apfelmännchen“
”
(Graphik)
Mathematik kompakt
90
Anwendung: Wechselspannungen in der Etechnik
Elektrische Wechselspannung
U (t) = U0 · cos(ωt + φ)
Dabei bezeichnet U0 die Amplitude, ω die Frequenz
und φ die Phasenverschiebung.
Grob gesprochen gibt U0 an, um wieviel höher oder
niedriger als 1 die Cosinusfunktion schwingt; ω gibt
an, um wieviel schneller oder langsamer U (t) im
Vergleich zur üblichen Cosinusfunktion schwingt; und
schließlich besagt φ, um wieviel eher oder später
als zur Zeit t = 0 der maximale Ausschlag erreicht
wird.
Mathematik kompakt
91
Anwendung: Wechselspannungen in der Etechnik
Elektrische Wechselspannung komplex
aufgefasst
Eine derartige Wechselspannung U (t), oder viel allgemeiner jede so genannte harmonische Schwingung, kann nun aber komplex als U (t) aufgefasst
werden:
U (t) = U0 · (cos(ωt + φ) + i sin(ωt + φ))
= U0 · ei(ωt+φ).
(In der Elektrotechnik ist es üblich, komplexe Größen
durch Unterstreichung zu kennzeichnen.)
U0 ei f
wt
f
U0
Mathematik kompakt
92
Anwendung: Wechselspannungen in der Etechnik
Das Ohmsche Gesetz
Das Ohmsche Gesetz lautet nun bekanntlich
U = R · I,
es beschreibt den einfachen Zusammenhang zwischen Spannung U , Ohmschem Widerstand R und
Stromstärke I und gilt sowohl für Gleich- als auch
für Wechselstrom.
Einen ähnlichen Zusammenhang kann man nun auch
bei anderen Widerständen wie Kondensator und Spule aufstellen, man muss aber die komplexe Darstellung verwenden:
U (t) = Z · I(t).
(Wieder stehen U für die Spannung, I für die Stromstärke (beide komplex aufgefasst), und Z bezeichnet den i.Allg. komplexen Widerstand.)
Mathematik kompakt
93
Anwendung: Wechselspannungen in der Etechnik
Komplexe Widerstände
Der Widerstand eines Kondensators (der Kapazität
C) etwa beträgt bei Wechselstrom der Frequenz ω
1
1
ZC =
= −i ·
;
iωC
ωC
und die Multiplikation von I C mit Z C zu U C spiegelt wieder, dass die Spannung UC dem Strom IC
um 90◦ hinterherhinkt“. Im Komplexen wurde das
”
durch die Multiplikation mit −i, durch Drehung um
90◦ im Gegenuhrzeigersinn also, ausgedrückt.
Ähnliches gilt auch für so genannte Induktivitäten
(Spulen also), und entsprechende Rechnungen können für kompliziertere Schaltbilder mit Reihen- oder
Parallelschaltung mit Hilfe der Kirchhoffschen Regeln und der beschriebenen komplexen Rechnung
ausgeführt werden.
Mathematik kompakt
94
Schaltzeichen
Schaltelement
Widerstand
Widerstand R
(Ohm’scher Widerstand)
Kapazität C
(Kondensator)
1
iωC
Induktivität L
(Spule)
iωL
R
95
Anwendung: Wechselspannungen in der Etechnik
Mathematik kompakt
Schaltzeichen, Schaltelemente und komplexen Widerstände für
Ohm’sche Widerstände, Kondensatoren und Spulen
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