25 Christiane Schaller, SUISAG GB SGD Durchfall beim Saugferkel – immer noch ein aktuelles Thema In Ferkelproduktionsbetrieben sind oft mehr als 50% der Verluste im Saugferkelalter auf Durchfallerkrankungen zurückzuführen. Nicht nur hohe Behandlungskosten während der Säugeperiode, sondern auch Wachstumsdepressionen in der Ferkelaufzucht führen oft zu grossen finanziellen Einbussen. Nachfolgend werden Ursachen, Krankheitsverlauf, Diagnose, Vorbeugung und Therapie der wichtigsten Darminfektionen beim Saugferkel beschrieben. Colidurchfall – die Mutterschutzimpfung hilft Die meisten Escherichia coli (E.coli)-Stämme sind harmlose, natürliche Bewohner des Schweinedickdarmes. Die krankmachenden (virulenten) Stämme hingegen besitzen die Fähigkeiten, Giftstoffe (Toxine) zu bilden und sich mit Hilfe feiner Härchen an die Darmschleimhaut zu heften. Diese enterotoxischen E. coli-Keime (ETEC) verursachen beim Saugferkel die sogenannte Neugeborenendiarrhöe, die vor allem innerhalb der ersten Lebenstage auftritt. Die Ferkel infizieren sich vorwiegend in ungenügend oder nicht desinfizierten Abferkelbuchten, aber auch die Sau spielt als Keimträger eine wichtige Rolle. Der Colidurchfall ist gekennzeichnet durch einen wässrigen, übelriechenden, weisslich-gelblichen Kot und wird hervorgerufen durch eine massenhafte Vermehrung der ETEC im Dünndarm. Schnell kann ein ganzer Wurf betroffen sein. Die Ferkel versuchen durch erhöhte Aufnahme von Muttermilch den grossen Flüssigkeitsverlust auszugleichen. Dennoch kommt es vor allem in der ersten Lebenswoche schnell zur Austrocknung und die Haut wird faltig. In diesem Fall sollte zum Ausgleich des Flüssigkeitshaushaltes eine Elektrolytmischung angeboten werden. Die betroffenen Saugferkel sind matt und haben ein struppiges Haarkleid, After, Scheide und Schwanzunterseite sind meist gerötet. Bei älteren Ferkeln kurz vor dem Absetzen zeigt sich ein eher milder Verlauf. Der Zeitpunkt des Auftretens und die Kotbeschaffenheit geben zwar erste Hinweise für eine Diagnose, dennoch sollten ein frisch totes, unbehandeltes Ferkel oder Kotproben von unbehandelten Tieren zum genauen Erregernachweis ins Labor geschickt werden. Dort wird der pathogene Coliserotyp bestimmt und anhand eines Antibiogrammes Resistenzen gegen die routinemässig eingesetzten Wirkstoffe ermittelt. Da gesund geborene Ferkel oft innerhalb der ersten 48 Stunden nach der Geburt erkranken können, ist eine Impfung der Muttersauen mit einer handelsüblichen Vakzine anzuraten. Treten nur vereinzelt Durchfälle auf, kann auch eine antibiotische Behandlung des gesamten Wurfes an drei aufeinander folgenden Tagen durchgeführt werden. Clostridiendurchfall – Verursacher von grossen Saugferkelverlusten Infektionen mit Clostridien gewinnen immer mehr an Bedeutung als Verursacher von Durchfallerkrankungen. Es gibt zwei wichtige Clostridium perfringens-Stämme. Einerseits Clostridium perfringens Typ A führt vor allem bei ein bis drei Tage alten Ferkeln zu Darminfektionen. Diese verlaufen meist mild und sind gekennzeichnet durch einen wässrig-schleimigen und nur in Ausnahmefällen blutigen Durchfallkot. Clostridium perfringens Typ C ist Auslöser der sogenannten Nekrotisierenden Enteritis und wird von den Ferkeln unmittelbar nach der Geburt über das Maul aufgenommen. Als Erregerreservoir dienen vorwiegend infizierte, klinisch gesunde Sauen, die den Erreger mit dem Kot ausscheiden. Das vom Bakterium gebildete Toxin führt im Dünndarm zum Absterben der Schleimhaut mit Blutaustritt ins Darminnere. Beim akuten Verlauf wird daher ein flüssiger, braunroter, blutiger teilweise mit Gasbläschen durchsetzter Durch1. Lebenswoche Colidurchfall Nekrotisierende Enteritis Bild 1: Kotbeschaffenheit und -farbe können erste Hinweise geben. Kokzidiose Rotavirus 2. Lebenswoche 3. Lebenswoche 4. Lebenswoche 26 fallkot bei Saugferkeln vorwiegend im Alter von drei bis 14 Tagen beobachtet. Meist sind rund 50 Prozent der Würfe betroffen. Die Sterblichkeit der erkrankten Ferkel kann bis zu 100 Prozent betragen. Der schwerwiegende Verlauf dieser Darmerkrankung lässt zwar eine erste klinische Verdachtsdiagnose zu, dennoch sollte der Erreger mittels bakteriologischer Untersuchung und anschliessender Typisierung des Toxins im Labor nachgewiesen werden. Eine Behandlung der Ferkel mit Antibiotika bleibt oft wirkungslos. Allein die Vakzination der Muttersauen hat sich als prophylaktische Massnahme in der Praxis bewährt. Bei Kokzidose Prophylaxe einleiten und Hygiene optimieren Neben den erwähnten Bakterien spielen auch Parasiten eine wichtige Rolle im Durchfallgeschehen bei Saugferkeln. Kokzidien (Isospora suis) sind weltweit verbreitet und befallen vor allem Ferkel zwischen dem 7. und 14. Lebenstag. Der Erreger findet im Ferkelnest optimale Bedingungen zur Entwicklung und wird von den Tieren über das Maul aufgenommen. Einige Tage nach der Ansteckung kann man gelblich-pastös später grau-wässrigen, sauer bis ranzig riechenden Kot beobachten. Die erkrankten Ferkel magern ab, bekommen ein struppiges Borstenkleid und können trotz erhaltener Sauglust austrocknen. Nach der Heilung beträgt der Entwicklungsrückstand meist mehrere Wochen gegenüber ihren gesunden, gleichaltrigen Artgenossen (siehe Bild 2). Zum Nachweis von Kokzidien eignet sich vor allem die mikroskopische Untersuchung von Sammelkotproben in der zweiten oder dritten Lebenswoche. Oftmals enthält sogar ein geformter Kot massenhaft Dauerstadien dieser Parasiten. Auch eine histologische Untersuchung von Darmschnitten kann den klinischen Verdacht bestätigen. Ist die Diagnose Kokzidiose gestellt, sollten umgehend vorbeugende Massnahmen eingeleitet werden. In Problembeständen hat sich neben Verbesserung vom Hygienemanagement (siehe Kasten) eine prophylaktische, einmalige orale Gabe von Baycox 5%® im Alter von drei bis fünf Tagen bewährt. Bild 2: Kümmerer nach einer überstandenen Kokzidieninfektion. Rotaviren – Elektrolytlösung gegen Austrockung Durchfallerkrankungen bedingt durch Rotaviren treten vor allem bei Saugferkeln in den ersten Lebenstagen oder ab der dritten Lebenswoche auf. Der Kot hat eine gelbliche Farbe und pastöse Konsistenz. Die Rotaviren vermehren sich im Dünndarm. Das Zellsterben und die Verkürzung der Darmzotten führen zu grossen Flüssigkeitsverlusten mit nachfolgender Austrocknung der Sauferkel. Rotaviren sind wenig wirtspezifisch. Vor allem bei einer zusätzlichen Infektion mit Colibakterien wir ein schwerwiegender Krankheitsverlauf beobachtet. Eine ursächliche Behandlung ist nicht möglich. Wichtig ist daher eine ausreichende Kolostrumaufnahme der Saugferkel, damit sie genügend schützende Antikörper erhalten. Bei den ersten Anzeichen von Austrocknung (faltige Haut, eingefallenen Augäpfel) ist den Ferkeln zusätzlich Flüssigkeit anzubieten. Da diese Durchfallerkrankung meist durch eine zusätzliche Coliinfektion erschwert wird, sind auch dagegen geeignete Massnahmen zu treffen. Kurz gesagt: Durchfallerkrankungen sind nach wie vor die wichtigsten Ursachen für Abgänge im Saugferkelalter. Durch rechtzeitige Behandlung, Einsatz von Prohylaxemassnahmen und begleitendes Hygienemanagement kann die Verlustrate jedoch deutlich gesenkt werden. Lassen Sie sich von Ihrem Tierarzt beraten. ❚ Die wichtigsten Fakten im Überblick # # & $ ' $ # & ## &# ' ' &##&#*& ## &# ## &# ' &# &# &##&#*& ! # & ## &# &' )( + %+ # ## &# # Begleitende Massnahmen bei Saugferkeldurchfällen: ❯ Bestossung der Abferkelung im Rein-Raus-Verfahren ❯ Strikte Reinigung und Desinfektion der Abferkelbuchten ❯ Auswahl des Desinfektionsmittels: nicht jedes Mittel wirkt gegen Parasiten wie Kokzidien oder Sporenbildner (Clostridien) ❯ Wichtig bei Kokzidiose: Entwurmung der Sau im Wartstall 8-10 Tage vor der Umstallung, Waschen der Sauen im Wartestall am Tag des Umtriebs ❯ Kolostrumaufnahme: Achten Sie auf das Auftreten von MMA. Nur durch genügend Aufnahme von Muttermilch in den ersten 24 Stunden kann eine ausreichende Versorgung der Ferkel mit maternalen Antikörpern gewährleistet werden. ❯ Austrockung der Saugferkel: Anbieten einer Elektrolytlösung als Tränke ❯ Ferkelnester: zugfrei, optimale Temperatur