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Christiane Schaller, SUISAG GB SGD
Durchfall beim Saugferkel –
immer noch ein aktuelles Thema
In Ferkelproduktionsbetrieben sind oft mehr als 50% der
Verluste im Saugferkelalter auf Durchfallerkrankungen zurückzuführen. Nicht nur hohe Behandlungskosten während
der Säugeperiode, sondern auch Wachstumsdepressionen
in der Ferkelaufzucht führen oft zu grossen finanziellen Einbussen. Nachfolgend werden Ursachen, Krankheitsverlauf,
Diagnose, Vorbeugung und Therapie der wichtigsten Darminfektionen beim Saugferkel beschrieben.
Colidurchfall – die Mutterschutzimpfung hilft
Die meisten Escherichia coli (E.coli)-Stämme sind harmlose,
natürliche Bewohner des Schweinedickdarmes. Die krankmachenden (virulenten) Stämme hingegen besitzen die
Fähigkeiten, Giftstoffe (Toxine) zu bilden und sich mit Hilfe
feiner Härchen an die Darmschleimhaut zu heften. Diese
enterotoxischen E. coli-Keime (ETEC) verursachen beim Saugferkel die sogenannte Neugeborenendiarrhöe, die vor allem
innerhalb der ersten Lebenstage auftritt. Die Ferkel infizieren
sich vorwiegend in ungenügend oder nicht desinfizierten
Abferkelbuchten, aber auch die Sau spielt als Keimträger eine
wichtige Rolle. Der Colidurchfall ist gekennzeichnet durch
einen wässrigen, übelriechenden, weisslich-gelblichen Kot
und wird hervorgerufen durch eine massenhafte Vermehrung der ETEC im Dünndarm. Schnell kann ein ganzer Wurf
betroffen sein. Die Ferkel versuchen durch erhöhte Aufnahme von Muttermilch den grossen Flüssigkeitsverlust
auszugleichen. Dennoch kommt es vor allem in der ersten
Lebenswoche schnell zur Austrocknung und die Haut wird
faltig. In diesem Fall sollte zum Ausgleich des Flüssigkeitshaushaltes eine Elektrolytmischung angeboten werden. Die
betroffenen Saugferkel sind matt und haben ein struppiges
Haarkleid, After, Scheide und Schwanzunterseite sind meist
gerötet. Bei älteren Ferkeln kurz vor dem Absetzen zeigt
sich ein eher milder Verlauf. Der Zeitpunkt des Auftretens
und die Kotbeschaffenheit geben zwar erste Hinweise für
eine Diagnose, dennoch sollten ein frisch totes, unbehandeltes Ferkel oder Kotproben von unbehandelten Tieren
zum genauen Erregernachweis ins Labor geschickt werden.
Dort wird der pathogene Coliserotyp bestimmt und anhand
eines Antibiogrammes Resistenzen gegen die routinemässig eingesetzten Wirkstoffe ermittelt. Da gesund geborene
Ferkel oft innerhalb der ersten 48 Stunden nach der Geburt
erkranken können, ist eine Impfung der Muttersauen mit
einer handelsüblichen Vakzine anzuraten. Treten nur vereinzelt Durchfälle auf, kann auch eine antibiotische Behandlung des gesamten Wurfes an drei aufeinander folgenden
Tagen durchgeführt werden.
Clostridiendurchfall – Verursacher von grossen
Saugferkelverlusten
Infektionen mit Clostridien gewinnen immer mehr an Bedeutung als Verursacher von Durchfallerkrankungen. Es gibt
zwei wichtige Clostridium perfringens-Stämme. Einerseits
Clostridium perfringens Typ A führt vor allem bei ein bis drei
Tage alten Ferkeln zu Darminfektionen. Diese verlaufen meist
mild und sind gekennzeichnet durch einen wässrig-schleimigen und nur in Ausnahmefällen blutigen Durchfallkot.
Clostridium perfringens Typ C ist Auslöser der sogenannten Nekrotisierenden Enteritis und wird von den Ferkeln
unmittelbar nach der Geburt über das Maul aufgenommen.
Als Erregerreservoir dienen vorwiegend infizierte, klinisch
gesunde Sauen, die den Erreger mit dem Kot ausscheiden.
Das vom Bakterium gebildete Toxin führt im Dünndarm
zum Absterben der Schleimhaut mit Blutaustritt ins Darminnere. Beim akuten Verlauf wird daher ein flüssiger, braunroter, blutiger teilweise mit Gasbläschen durchsetzter Durch1. Lebenswoche
Colidurchfall
Nekrotisierende
Enteritis
Bild 1:
Kotbeschaffenheit und -farbe
können erste
Hinweise geben.
Kokzidiose
Rotavirus
2. Lebenswoche
3. Lebenswoche
4. Lebenswoche
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fallkot bei Saugferkeln vorwiegend im Alter von drei bis 14
Tagen beobachtet. Meist sind rund 50 Prozent der Würfe
betroffen. Die Sterblichkeit der erkrankten Ferkel kann bis
zu 100 Prozent betragen. Der schwerwiegende Verlauf
dieser Darmerkrankung lässt zwar eine erste klinische Verdachtsdiagnose zu, dennoch sollte der Erreger mittels bakteriologischer Untersuchung und anschliessender Typisierung des Toxins im Labor nachgewiesen werden. Eine
Behandlung der Ferkel mit Antibiotika bleibt oft wirkungslos. Allein die Vakzination der Muttersauen hat sich als prophylaktische Massnahme in der Praxis bewährt.
Bei Kokzidose Prophylaxe einleiten und Hygiene
optimieren
Neben den erwähnten Bakterien spielen auch Parasiten
eine wichtige Rolle im Durchfallgeschehen bei Saugferkeln.
Kokzidien (Isospora suis) sind weltweit verbreitet und befallen vor allem Ferkel zwischen dem 7. und 14. Lebenstag.
Der Erreger findet im Ferkelnest optimale Bedingungen zur
Entwicklung und wird von den Tieren über das Maul aufgenommen. Einige Tage nach der Ansteckung kann man gelblich-pastös später grau-wässrigen, sauer bis ranzig riechenden Kot beobachten. Die erkrankten Ferkel magern ab,
bekommen ein struppiges Borstenkleid und können trotz
erhaltener Sauglust austrocknen. Nach der Heilung beträgt
der Entwicklungsrückstand meist mehrere Wochen gegenüber ihren gesunden, gleichaltrigen Artgenossen (siehe Bild
2). Zum Nachweis von Kokzidien eignet sich vor allem die
mikroskopische Untersuchung von Sammelkotproben in der
zweiten oder dritten Lebenswoche. Oftmals enthält sogar
ein geformter Kot massenhaft Dauerstadien dieser Parasiten.
Auch eine histologische Untersuchung von Darmschnitten
kann den klinischen Verdacht bestätigen. Ist die Diagnose
Kokzidiose gestellt, sollten umgehend vorbeugende Massnahmen eingeleitet werden. In Problembeständen hat sich
neben Verbesserung vom Hygienemanagement (siehe Kasten)
eine prophylaktische, einmalige orale Gabe von Baycox 5%®
im Alter von drei bis fünf Tagen bewährt.
Bild 2: Kümmerer nach einer überstandenen Kokzidieninfektion.
Rotaviren – Elektrolytlösung gegen Austrockung
Durchfallerkrankungen bedingt durch Rotaviren treten vor
allem bei Saugferkeln in den ersten Lebenstagen oder ab
der dritten Lebenswoche auf. Der Kot hat eine gelbliche
Farbe und pastöse Konsistenz. Die Rotaviren vermehren
sich im Dünndarm. Das Zellsterben und die Verkürzung der
Darmzotten führen zu grossen Flüssigkeitsverlusten mit
nachfolgender Austrocknung der Sauferkel. Rotaviren sind
wenig wirtspezifisch. Vor allem bei einer zusätzlichen Infektion mit Colibakterien wir ein schwerwiegender Krankheitsverlauf beobachtet. Eine ursächliche Behandlung ist
nicht möglich. Wichtig ist daher eine ausreichende Kolostrumaufnahme der Saugferkel, damit sie genügend schützende Antikörper erhalten. Bei den ersten Anzeichen von
Austrocknung (faltige Haut, eingefallenen Augäpfel) ist den
Ferkeln zusätzlich Flüssigkeit anzubieten. Da diese Durchfallerkrankung meist durch eine zusätzliche Coliinfektion
erschwert wird, sind auch dagegen geeignete Massnahmen
zu treffen.
Kurz gesagt:
Durchfallerkrankungen sind nach wie vor die wichtigsten
Ursachen für Abgänge im Saugferkelalter. Durch rechtzeitige Behandlung, Einsatz von Prohylaxemassnahmen und
begleitendes Hygienemanagement kann die Verlustrate
jedoch deutlich gesenkt werden. Lassen Sie sich von Ihrem
Tierarzt beraten. ❚
Die wichtigsten Fakten im Überblick
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Begleitende Massnahmen bei Saugferkeldurchfällen:
❯ Bestossung der Abferkelung im Rein-Raus-Verfahren
❯ Strikte Reinigung und Desinfektion der Abferkelbuchten
❯ Auswahl des Desinfektionsmittels: nicht jedes
Mittel wirkt gegen Parasiten wie Kokzidien oder Sporenbildner (Clostridien)
❯ Wichtig bei Kokzidiose: Entwurmung der Sau im
Wartstall 8-10 Tage vor der Umstallung, Waschen der
Sauen im Wartestall am Tag des Umtriebs
❯ Kolostrumaufnahme: Achten Sie auf das Auftreten
von MMA. Nur durch genügend Aufnahme von Muttermilch in den ersten 24 Stunden kann eine ausreichende
Versorgung der Ferkel mit maternalen Antikörpern gewährleistet werden.
❯ Austrockung der Saugferkel: Anbieten einer Elektrolytlösung als Tränke
❯ Ferkelnester: zugfrei, optimale Temperatur
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