Peptidyl-cystein- und 4

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B I O S P E K T R U M • 2. 0 1 • 7. J A H R G A N G
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Habilitierte stellen sich vor
Eine neue Familie von Flavoproteinen:
Peptidyl-cystein- und 4‘-Phosphopantothenoylcystein-Decarboxylasen
Thomas Kupke, Lehrstuhl für Mikrobielle Genetik, Eberhard-KarlsUniversität-Tübingen
A Proteine und Peptide können auf unterschiedliche Weise posttranslational modifiziert werden, zum Beispiel glykosyliert, phosphoryliert und acyliert. Auch die von Gram-positiven Bakterien synthetisierten Lantibiotika („lanthionine-containing antibiotic peptides“, eine ausführliche Zusammenfassung über die Biosynthese und
die biologischen Aktivitäten der Lantibiotika findet sich in [1]) enthalten ungewöhnliche Aminosäurereste, etwa die Thioether-aminosäure Lanthionin, D-Aminosäurereste und dehydratisierte Aminosäurereste, die durch posttranslationale Modifikationen an ribosomal synthetisierten Vorläuferpeptiden eingeführt werden. Einige
Lantibiotika wie Epidermin, Mersacidin und Mutacin I/III enthalten am C-Terminus ungesättigte und decarboxylierte Thioetheraminosäurestrukturen, die als 2-Aminovinyl-D-cystein beziehungsweise 2-Aminovinyl-3-methyl-D-cystein bezeichnet werden (Abb.
1).
Die Biosynthese des 2-Aminovinyl-D-cysteinrestes von Epidermin wurde näher untersucht. Es stellte sich heraus, dass der einleitende Schritt eine oxidative Decarboxylierung des C-terminalen Cysteinrestes des Vorläuferpeptids EpiA ist (Abb. 1) und durch das
Flavinmononukleotid-haltige Enzym EpiD katalysiert wird [2, 3].
Durch die oxidative Decarboxylierung des Peptidyl-cysteins entsteht ein Peptidyl-aminoenthiol [3, 4, 5, 6] und durch Addition der
Thiolgruppe an einen 2,3-Didehydroalaninrest dann der 2-Aminovinyl-D-cysteinrest.
Das Flavoprotein EpiD besitzt keine absolute Substratspezifität, sondern kann auch andere Peptide als das natürliche Substrat
EpiA oxidativ decarboxylieren. Durch die Umsetzung von synthetischen Einzelpeptiden und Peptidbibliotheken konnte das entsprechende Motiv der Peptidsubstrate ermittelt werden. Die C-terminale Aminosäure des Peptids muss ein unmodifizierter Cysteinrest
sein (so wird weder ein Serin- noch ein Homocysteinrest noch ein
Alkylthioetherderivat des Cysteinrestes umgesetzt), der vorletzte
Aminosäurerest muss ein kleiner Aminosäurerest sein und der drittletzte ein hydrophober, voluminöser Aminosäurerest [5].
Eine Reihe von Proteinen, wie etwa die bakteriellen Dfp-Proteine, und das Halotoleranzprotein AtHAL3a von Arabidopsis thaliana
weisen eine signifikante Sequenzähnlichkeit zu EpiD auf [7] und sind
als Flavoproteine beschrieben worden. Eine molekulare Charakterisierung von EpiD zeigte, dass es sich bei den konservierten Aminosäuren zum Teil um Reste des aktiven Zentrums handelte. Zu nennen ist beispielsweise der konservierte Rest His67, dessen Austausch
gegen Asn zum Verlust der enzymatischen Aktivität führte [7]. Charakteristisch für die genannten Proteine sind außerdem die Sequenzmotive PASANT und PXMNXXMW, die an der Kofaktorbindung beteiligt sind [7, 8].
Ausgehend von der molekularbiologischen Charakterisierung der
Peptidyl-cystein Decarboxylase EpiD wurde die Frage untersucht,
welches die Substrate der bakteriellen Dfp-Proteine sind. Es konnte dann gezeigt werden, dass die zu EpiD homologe aminoterminale Domäne des E. coli-Dfp-Proteins die Decarboxylierung von 4‘Phosphopantothenoylcystein zu 4‘-Phospho-pantethein katalysiert
[7, Abb. 1]. Diese Reaktion war bisher einem Pyruvoyl-abhängigen
Abb. 1: Die katalytische Funktion der HFCD-Proteine EpiD und Dfp. Das Flavoprotein EpiD katalysiert die oxidative Decarboxylierung von Peptidyl-cysteinen zu Peptidyl-aminoenthiolen (Aminoenthiolgruppe in rot hervorgehoben) und ist an der Biosynthese des 2-Aminovinyl-D-cysteinrestes des Lantibiotikums Epidermin beteiligt (A), während das in Bakterien ubiquitäre DfpProtein die Decarboxylierung von 4´-Phosphopantothenoylcystein zu 4´Phosphopantethein katalysiert. 4´-Phosphopantethein (in blau hervorgehoben) ist Bestandteil des Kofaktors Coenzym A (B).
Enzym zugeschrieben worden, welches allerdings nie zur Homogenität gereinigt und nicht kloniert worden ist. Das Dfp-Protein katalysiert also zumindestens in vitro einen Schritt der CoenzymA-Biosynthese, indem es den reaktiven Cysteaminrest einführt. Neben
der FMN-Bindung und der enzymatischen Aktivität weisen EpiD
und Dfp eine weitere Gemeinsamkeit auf: Gelfiltrationsexperimente
zeigten, dass diese Proteine Homododekamere bilden [7].
Vor kurzem gelang es, die Kristallstruktur von EpiD und von EpiD
H67N mit gebundenem Peptidsubstrat DSYTC aufzuklären [8]. Die
Kristallstrukturdaten bestätigten die dodekamere Struktur von EpiD;
die zwölf Monomere sind dabei in vier tetraedrisch angeordneten Trimeren organisiert. Die Aminosäurereste Pro143-Met162, die die „substrate binding clamp“ von EpiD darstellen, und das Peptidsubstrat
bilden ein dreisträngiges β-Faltblatt. Die Kristallstrukturdaten bestätigen die experimentell bestimmte Substratspezifität. So bildet der
C-terminale Cysteinrest zahlreiche spezifische Kontakte zum Enzym
aus, und der Tyrosinrest liegt in einer hydrophoben Tasche. Die Kristallstruktur liefert auch erste Hinweise auf den Reaktions-
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mechanismus von EpiD. Der Abstand der Thiolgruppe des Substrats
zum N5-Atom des FMN beträgt 3,4 Å, während die Cα- und Cβ-Atome des Cysteinrestes weiter entfernt liegen. Dies deutet auf eine direkte Oxidation der Thiolgruppe und einen Thioaldehyd als Zwischenstufe der oxidativen Decarboxylierung hin. Die gebildete β-Thioketosäure decarboxyliert dann wahrscheinlich spontan zum Peptidylaminoenthiolat.
Die Charakterisierung der Flavoproteine EpiD und Dfp lässt
den Schluss zu, dass auch andere Proteine, etwa das homologe Flavoenzym AtHAL3a aus Arabidopsis thaliana, die Decarboxylierung
von Cysteinresten katalysieren. Daher werden diese Proteine in einer Familie mit dem Namen HFCD-Proteine (homooligomere Flavin-haltige Cys-Decarboxylasen) zusammen-gefasst [7, 8]. Ziel ist
es, die Substrate dieser Enzyme zu identifizieren, die Reaktionsmechanismen aufzuklären und die in-vivo- Funktionen der HFCDProteine in Beziehung zu ihrer katalytischen Aktivität zu setzen.
Danksagung
Mein Dank gilt Prof. Dr. Friedrich Götz, allen Kooperationspartnern und der DFG, die die vorgestellten Forschungen unterstützt hat.
Literatur
[1] Sahl, H.-G., and Bierbaum, G. (1998) Lantibiotics: Biosynthesis and biological
activities of uniquely modified peptides from Gram-positive bacteria. Annu. Rev.
Microbiol. 52: 41-79.
[2] Kupke, T., S. Stevanovic, H.-G. Sahl, and Götz, F. (1992) Purification and
characterization of EpiD, a flavoprotein involved in the biosynthesis of the lantibiotic
epidermin. J. Bacteriol. 174: 5354-5361.
[3] Kupke, T., C. Kempter, V. Gnau, G. Jung, and Götz, F. (1994) Mass spectroscopic
analysis of a novel enzymatic reaction: oxidative decarboxylation of the lantibiotic
precursor peptide EpiA catalyzed by the flavoprotein EpiD. J. Biol. Chem. 269: 56535659.
[4] Kupke, T., C. Kempter, G. Jung, and Götz, F. (1995) Oxidative decarboxylation of
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peptide libraries and neutral loss mass spectrometry. J. Biol. Chem. 270: 11282-11289.
[5] Kempter, C., T. Kupke, D. Kaiser, J. W. Metzger, and Jung, G. (1996) Thioenols
from peptidyl-cysteines: oxidative decarboxylation of a 13C labeled substrate. Angew.
Chem. Int. Ed. Engl. 35: 2104-2107.
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[7] Kupke, T., M. Uebele, D. Schmid, G. Jung, M. Blaesse, and Steinbacher, S. (2000)
Molecular characterization of lantibiotic-synthesizing enzyme EpiD reveals a function for
bacterial Dfp proteins in coenzyme A biosynthesis. J. Biol. Chem. 275: 31838-31846.
[8] Blaesse, M., T. Kupke, R. Huber, and Steinbacher, S. (2000) Crystal structure of
the peptidyl-cysteine decarboxylase EpiD complexed with a pentapeptide substrate.
EMBO J. 19: 6299-6310.
Korrespondenzadresse
PD Dr. Thomas Kupke
Lehrstuhl für Mikrobielle Genetik
Universität Tübingen
Auf der Morgenstelle 15/ Verfügungsgebäude
D-72076 Tübingen
Tel.: 07071-2977608
eMail: [email protected]
B I O S P E K T R U M • 2. 0 1 • 7. J A H R G A N G
Thomas Kupke
geboren 1963, 1983-1989 Studium der Biochemie in Tübingen und München,
1989-1992 Promotion bei Prof. Dr. Friedrich Götz am Lehrstuhl für Mikrobielle
Genetik in Tübingen, 1993 bis 1995 als wissenschaftlicher Angestellter und seit
1995 als wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl für Mikrobielle Genetik, 1997/8
beurlaubt für einen Forschungsaufenthalt an der University of Kent (Arbeitsgruppe
von Prof. Dr. R. B. Freedman, EMBO long term fellowship), 1998 Habilitation für
das Fach Mikrobiologie.
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