Rückkehr nach Rom sogar für sie. Als Erwachsener wurde Decimus von der Familie des Postumius Albinus adoptiert, einem Patrizier-Clan, der seine Abstammung auf die römischen Könige zurückführte, und auch seine Adoptivfamilie war eher konservativ eingestellt. Doch Decimus bleibt in Caesars Lager. Wohl Anfang 49 v. Chr. ließ Decimus Münzen prägen, die seinen Sieg in Gallien, seine Loyalität, sein Pflichtgefühl und den Geist der Einheit zelebrierten – all dies waren Themen von Caesars Bürgerkriegspropaganda.10 Im selben Jahr ernannte Caesar Decimus zum Befehlshaber bei der Belagerung der Stadt Massilia (Marseille), einer wichtigen Hafenstadt mit Marinestützpunkt an der gallischen Mittelmeerküste, die die Feinde Caesars unterstützte. Sechs Monate dauerten die Kämpfe, und am Ende hatte Decimus die Flotte von Massilia zerstört. Caesar lobte ihn für seine Stärke, seinen Geist, seine Redegewandtheit, seine Weitsicht und seine Schnelligkeit im Kampf. Er wiederum brachte Caesars persönliche Propaganda ein großes Stück weiter, denn bis dahin hatte Pompeius als der unangefochtene Held der römischen Marine gegolten.11 Caesar kehrte anschließend nach Italien zurück und ging dann in den Osten, wo es zum Showdown mit Pompeius kam. Decimus ließ er in Massilia, und bis 45 v. Chr. blieb er dort, als Statthalter von Gallien und Caesars Stellvertreter. Weiteren militärischen Ruhm errang Decimus, als er die rebellischen Bellovaker besiegte, die als die fähigsten Krieger Galliens galten.12 Decimus scheint so tough gewesen zu sein wie das Land, in dem er einen Großteil seines Lebens verbrachte. Er war einer der wenigen Römer (auch wenn sie sicher weniger selten waren, als es die Quellen suggerieren), die bestimmte Sitten und Gebräuche der Barbaren annahmen, gegen die sie zuvor gekämpft hatten. Er sprach Gallisch, was nur sehr wenige Römer taten, und er kannte sich in Gallien so gut aus, dass er in gallischer Kleidung durchaus als Einheimischer durchging. Etwa im Juli 45 v. Chr. traf Decimus in Südgallien Caesar, der 20 Unterwegs mit Caesar sich gerade auf der Heimreise von Hispanien befand. Zweifellos erstattete Decimus ihm bei dieser Gelegenheit darüber Bericht, was sich in Abwesenheit des Diktators in der von ihm verwalteten Provinz alles ereignet hatte. Wie zufrieden Caesar mit Decimus war, lässt sich daran ermessen, welche ehrenvolle Stellung Caesar ihm bei der Rückkehr nach Italien gewährte. Nach über zehn Jahren im Dienste Caesars kehrte Decimus heim, als Held und als aufstrebender Staatsmann. Den Rest des Jahres 45 v. Chr. bekleidete er in Rom das Amt eines Prätors (ein ranghoher Justizbeamter); Caesar wählte ihn für 44 v. Chr. als designierten Statthalter von Gallia cisalpina13 (in etwa Norditalien) und für 42 v. Chr. als designierten Konsul aus. Kurz: Decimus war auf dem besten Weg, den alten Ruhm seiner Familie wiederherzustellen. Es gab nur einen Haken: Decimus’ Vater und Großvater hatten ihre Ämter durch freie Wahlen des römischen Volkes und des Senats erlangt – Decimus tat leidglich das, was Caesar ihm befahl. Und das machte auf den römischen Adel einen schlechten Eindruck, dessen großes Ideal seit jeher die dignitas war. Dieses Wort lässt sich nur schwerlich übersetzen. Es bedeutet so viel wie „Würde“, zugleich aber auch „Verdienst“, „Prestige“ und „Ehre“. Sucht man ein einzelnes Wort, das all das ausdrückt, eignet sich vielleicht am besten noch „Stellung“ bzw. „Rang“. Für Decimus stellte sich die Frage, ob er sich damit zufriedengeben sollte, in Caesars Schatten zu bleiben, oder ob er auf seine eigene Größe pochen wollte. Marcus Antonius Als Caesar auf seiner Heimkehr in Mediolanum einfuhr, stand neben ihm auf dem Wagen Marcus Antonius. Und er hatte alles, was man sich von einem Helden wünschte. Der am 14. Januar 21 Rückkehr nach Rom ca. 83 v. Chr. geborene Antonius war in der Blüte seiner Jahre. Er war schön, stark und athletisch, er trug einen Bart, der an den Halbgott Herkules erinnern sollte, von dem seine Familie behauptete, er sei ihr Vorfahr. Die Römer verbanden Herkules mit Hispanien, was Antonius’ Präsenz eine zusätzliche symbolische Bedeutung verlieh. Seine ganze Erscheinung strahlte Kraft aus. Er war gesellig, intelligent und selbstbewusst, er trank viel und gern, auch in der Öffentlichkeit, und er schmeichelte sich bei seinen Soldaten ein, indem er mit ihnen zusammen seine Mahlzeiten einnahm. Wenn manche behaupteten, dass sich Caesars Gesundheitszustand im Laufe der Jahre verschlechterte, dann räumte Antonius’ Erscheinung alle diesbezüglichen Zweifel am Regime wieder aus. Antonius stammte aus einer alten Senatorenfamilie. Die Antonier, die Sippe seines Vaters, waren gemäßigte Konservative, Antonius’ Mutter Julia aber war eine Cousine dritten Grades von Julius Caesar. Das mag seine Eintrittskarte für Caesars Generalstab in Gallien gewesen sein, dem Antonius ab 54 v. Chr. angehörte. Schon als Jugendlicher hatte Antonius in Rom von sich reden gemacht – er war berüchtigt für seine Trinkgelage, seine Frauengeschichten, seine hohen Schulden und die notorisch schlechte Gesellschaft, in der er sich befand. Mit Mitte zwanzig war Antonius jedoch aus dem Gröbsten heraus. Er studierte Rhetorik in Griechenland und zeichnete sich zwischen 58 und 55 v. Chr. im Osten des Reiches als Kavalleriekommandant aus. Schon bei seiner ersten Schlacht kämpfte er bei einer Belagerung an vorderster Front. Zahlreiche Schlachten folgten, in denen er großen Mut bewies und mehrere Siege errang. Über die Anfänge seines Dienstes unter Caesar in Gallien ist nichts überliefert, aber er wird einen guten Eindruck hinterlassen haben; nicht umsonst schickte Caesar ihn 53 v. Chr. zurück nach Rom, um sich als Quästor zu bewerben. Er gewann die 22 Unterwegs mit Caesar Wahl. Danach kehrte er nach Gallien zurück, als einer von Caesars Generälen, und dort erwarb er sich ähnlich viele Lorbeeren wie Decimus. Und genau wie Decimus belegte Antonius in Rom ein Wahlamt: 50 v. Chr. war er einer von zehn Volkstribunen, die jährlich gewählt wurden und die Interessen des „kleinen Mannes“ vertreten sollten. In jenem Jahr spielte Antonius eine nicht unwichtige Rolle im schicksalhaften Konflikt zwischen Caesar und dessen Gegnern im Senat. Der Senat entzog Caesar unter der Führung von Cato die Statthalterschaft von Gallien und verweigerte ihm, sich ein zweites Mal um das Konsulat zu bewerben. Caesar befürchtete, dass man ihn nach seiner Rückkehr nach Rom vor Gericht stellen würde und seine Feinde ihn zu Unrecht verurteilen würden. Antonius versuchte noch, den Senat umzustimmen, aber man hörte nicht auf ihn, und so floh er aus Rom und eilte zu Caesars Militärlager. Antonius tat sich im Bürgerkrieg gegen Pompeius als Caesars bester General und unverzichtbarer politischer Funktionär hervor. Caesar übertrug ihm ein paar entscheidende Aufgaben: So organisierte er die Verteidigung Italiens, setzte Caesars Legionen über die Adria über, die vor Feinden nur so wimmelte, und er vereinigte seine Streitkräfte in Makedonien mit denen Caesars. Seine wichtigste Rolle spielte Antonius aber in der entscheidenden Schlacht gegen Pompeius im griechischen Pharsalos am 9. August 48 v. Chr., wo er Caesars linke Flanke befehligte. Als Caesars Veteranen Pompeius’ Schlachtreihen durchbrachen, setzte Antonius’ Kavallerie dem fliehenden Feind nach. Für Caesars Feinde war dies eine ebenso unerwartete wie erschreckende Niederlage. Sie hatten zwar noch ein paar Asse im Ärmel – hunderte Kriegsschiffe, viele tausend Soldaten, mächtige Verbündete und nicht zuletzt sehr viel Geld. Doch als am Ende der Schlacht von Pharsalos Tausende von Pompeius’ Soldaten tot im Feld lagen, blieb niemandem in der „Kloake des 23 Rückkehr nach Rom Romulus“ verborgen, dass sich das politische Blatt gewendet hatte. Während Caesar selbst die nächsten Jahre im Osten verbrachte, wo er Verbündete für sich gewann, Geld sammelte, Aufständische niederschlug und eine neue Geliebte umwarb, schickte er Antonius zurück nach Rom. Antonius arrangierte dort, dass man Caesar für das laufende Jahr zum Diktator ernannte, und er selbst besorgte sich den Posten des magister equitum (Oberbefehlshaber der Kavallerie); damit war er stellvertretender Kommandant des Diktators. Es war die zweite Diktatur Caesars, und die freiheitsliebenderen Römer waren davon alles andere als begeistert. Unterdessen nahmen die Traditionalisten Anstoß an Antonius’ unstetem und schamlosem Lebenswandel, dem er sich nun auf einmal wieder hingab. Die Quellen berichten von wilden Nächten und öffentlichen Auftritten mit heftigem Kater; sie erzählen davon, wie er sich auf dem Forum erbrach und Wagen von Löwen ziehen ließ. Antonius machte auch aus seiner Affäre mit einer Schauspielerin mit dem Künstlernamen Cytheris, „Venus-Mädchen“, einer ehemaligen Sklavin, keinen Hehl und ließ sich mit ihr zusammen in aller Öffentlichkeit in einer Sänfte herumtragen.14 Dabei entglitt Antonius die zivile wie auch die Militärpolitik in Rom. Als es zu gewalttätigen Ausschreitungen der Befürworter eines allgemeinen Schuldenschnitts und einer Mietpreisbremse kam, schickte Antonius Truppen aufs Forum, und es floss Blut – die Soldaten töteten 800 Menschen. In der Zwischenzeit meuterten einige von Caesars Veteranenlegionen, die nach Italien zurückgekehrt waren, weil sie bezahlt und aus dem Militärdienst entlassen werden wollten. Die Situation schrie geradezu nach Caesars harter Hand, und so kehrte er im Herbst dann auch nach Rom zurück. Er legte die Meuterei bei und vereinbarte, die Mieten zu senken; auf den Schuldenschnitt jedoch ließ er sich nicht ein. Was Antonius be24