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1
Bogenlängen der Funktionsgraphen elementarer Funktionen
Zu den elementaren Funktionen sollen in diesem Text die folgenden [nicht linear kombinierten] Funktionen und ihre Umkehrfunktionen gehören:
Potenzfunktionen
Logarithmusfunktionen
Kreisfunktionen [sin, arctan, sec,csc]
Hyperbelfunktionen [sinh, cosh, artanh, arcoth,sech, csch].
Ausgehend von Riemannschen Summen der Form ∑√(βˆ†x²+βˆ†y²) entsteht für die Bogenlängen sa..b des
Graphen einer reellwertigen Funktion f zwischen (a,f(a)) und (b,f(b)), a<b, der Integralausdruck:
𝑏
π‘ π‘Ž..𝑏 = οΏ½ οΏ½1 + 𝑓 ′ (π‘₯)² 𝑑𝑑.
π‘Ž
Für die Funktion f:x↦x3/2 z.B. ist f‘(x)² = 9x/4, daher
𝑏
π‘ π‘œ..𝑏 = οΏ½ οΏ½ 1 + 9π‘₯/4 𝑑𝑑 =
0
1
3
οΏ½√4 + 9𝑏 − 8οΏ½.
27
Unproblematisch ist die Berechnung der Größenordnung der Bogenlängen für die Potenzfunktionen
mit Exponenten größer als 1. Partielle Integration bringt
𝑏
𝑏
𝑠0..𝑏 = οΏ½ οΏ½ 1 + π‘Ž²π‘₯ 2(π‘Ž−1) 𝑑𝑑 = 𝑏� 1 + π‘Ž²π‘ 2(π‘Ž−1) − οΏ½
woraus
0
0
𝑠0..𝑏
π‘Ž²(π‘Ž − 1)π‘₯ 2(π‘Ž−1)
οΏ½ 1 + π‘Ž²π‘₯ 2(π‘Ž−1)
1
𝑏
1−π‘Ž
𝑏
= οΏ½ 1 + π‘Ž²π‘ 2(π‘Ž−1) + οΏ½
𝑑𝑑
π‘Ž
0 οΏ½ 1 + π‘Ž²π‘₯ 2(π‘Ž−1)
𝑑𝑑,
folgt. Damit ist s0..b größer als ba, also größer als der Funktionswert an der Stelle x=b. Eine Abschätzung
nach oben erhalten wir durch
𝑠0..𝑏 < bοΏ½ 1 + 𝑏 2(π‘Ž−1) + 𝑏 = 𝑏 π‘Ž οΏ½ 1 + 𝑏 2(1−π‘Ž) + 𝑏 < 𝑏 π‘Ž οΏ½1 +
Damit gilt
1
2𝑏 2(π‘Ž−1)
+
1
𝑏 π‘Ž−1
s0..b = ba + O(b1-a) (bzgl. b→∞) und π₯π₯π₯𝒃→∞
οΏ½ < 𝑏 π‘Ž (1 +
π’”πŸŽ..𝒃
𝒃𝒂
= 𝟏.
1
𝑏 π‘Ž−1 βˆ™√2
)².
2
Für a=π und b=10 z.B. wird 10π = 1385,45… und s0..10 = 1386,14… Bei den Potenzfunktionen x↦xa mit
Exponenten a größer als 1 ist also der Funktionswert an der Stelle x=b für große b-Werte ungefähr so
groß wie die Bogenlänge des Graphen zwischen dem Nullpunkt und dem Kurvenpunkt (b,ba).
Im Unterschied zu Differentiationen führen bekanntlich Integrationen aus der Klasse der elementaren
Funktionen heraus: die Bogenlängen von Ellipsen z.B. sind nicht mehr allein durch elementare Funktionen darstellbar. Die folgenden Überlegungen zeigen, dass allerdings nur wenige nichtelementare Funktionen hinzuzunehmen sind, um die Bogenlängenintegrale für die elementaren Funktionen damit ausdrücken zu können.
Wir konzentrieren uns zunächst auf Potenzfunktionen mit positiven Exponenten. Offensichtlich ist
die Bogenlänge zwischen (0,0) und (b,ba) des Graphen von x↦xa bei a>1 identisch mit der Bogenlänge
des Graphen der Umkehrfunktion x↦x1/a zwischen (0,0) und (ba,b), weil die Funktionsgraphen sich an
der Geraden y=x im x-y-Koordinatensystem spiegeln. Wir können uns daher bei der Bogenlängenberechnung auf die Potenzfunktionen mit Exponenten größer als 1 beschränken. In diesen Fällen sind s0..b
eigentliche Integrale. Unter der Bedingung
aβˆ™ba-1 ≤ ε<1 sind für 0≤x≤b die Terme a²x2(a-1) nicht größer als ε und daher kann der Integrand von s0..b in
eine Potenzreihe bzgl. a²x2(a-1) entwickelt werden. Unter dieser Einschränkung ist die Reihe absolut konvergent und daher können die Summanden einzeln integriert werden. Für kleine b-Werte erhalten wir
dann die folgende Darstellung durch eine Potenzreihe:
𝑠0..𝑏
𝑏 ∞
∞
1
1 π‘Ž2π‘˜ 𝑏 2(π‘Ž−1)π‘˜
2π‘˜ 2(π‘Ž−1)π‘˜
= οΏ½ οΏ½ οΏ½2 οΏ½ π‘Ž π‘₯
𝑑𝑑 = 𝑏 βˆ™ οΏ½ οΏ½2οΏ½
.
2(π‘Ž − 1)π‘˜ + 1
0 π‘˜=0 π‘˜
π‘˜=0 π‘˜
Aus dieser Darstellung geht ein Zusammenhang mit der Gaussschen Reihe
1+
π›Όβˆ™π›½
𝛾
x+…+
π›Όβˆ™(𝛼+1)βˆ™…βˆ™(𝛼+π‘˜−1)βˆ™π›½βˆ™(𝛽+1)βˆ™…βˆ™(𝛽+π‘˜−1) π‘₯ π‘˜
βˆ™ π‘˜!
π›Ύβˆ™(𝛾+1)βˆ™…βˆ™(𝛾+π‘˜−1)
+β‹―
hervor. Diese Reihe hat sich als Lösung der sog. hypergeometrischen Differentialgleichung x(x-1)y‘‘
+((α+β+1)x-γ)y‘+αβy=0 bewährt und ist mannigfach untersucht worden. Sie bildet den Keim einer die
elementartranszendenten Funktionen umfassenden dreiparametrigen (α,β,γ)-Funktionenklasse. Der Mathematiker Pfaff hat dafür die Benennung hypergeometrische Funktion eingeführt und hypergeom ist
auch der Funktionsname für Maple.
Bezeichnet man die Koeffizienten vor xk in der Gaussschen Reihe mit ck, erhält man durch die Quotienten ck+1/ck eine einfache Beziehung zwischen den Exponenten k und den Parametern α, β und γ:
π‘π‘˜+1
(𝛼 + π‘˜) βˆ™ (𝛽 + π‘˜)
=
.
(𝛾 + π‘˜) βˆ™ (π‘˜ + 1)
π‘π‘˜
Berechnet man solche Quotienten für die obige Reihe, erhält man
3
1/2
οΏ½ (2(π‘Ž−1)π‘˜+1)
π‘˜+1
1/2
οΏ½
οΏ½ (2(π‘Ž−1)(π‘˜+1)+1)
π‘˜
οΏ½
Daran erkennt man
π‘Ž2 𝑏 2(π‘Ž−1) =
1
2
1
+π‘˜)
2(π‘Ž−1)
2π‘Ž−1
(π‘˜+1)(
+π‘˜)
2(π‘Ž−1)
(π‘˜− )(
οΏ½−π‘Ž2 𝑏2(π‘Ž−1) οΏ½.
α = -1/2, β = 1/(2a-2), γ = (2a-1)/(2a-2), x = -a²b2(a-1).
Wir übernehmen die Bezeichnung für die Gausssche Reihe aus der Wikipedia und erhalten für kleine bWerte die Darstellung mit der hypergeometrischen Funktion 2F1:
s0..b= bβˆ™2F1(-1/2, 1/(2a-2); (2a-1)/(2a-2); -a²b2(a-1))
Bogenlängen der Potenzfunktionen mit positiven Exponenten können also (zunächst für kleine b-Werte)
durch die hypergeometrische Funktion dargestellt werden. Um zu verstehen, dass dadurch s0..b auch für
beliebige positive b dargestellt [und von Maple ausgewertet] werden kann, sind einige Überlegungen
bzgl. analytischer Fortsetzungen erforderlich.
Für a>1 ist x↦x2(a-1) um jede Stelle x>0 in eine Potenzreihe entwickelbar, weil x2(a-1) erklärt ist durch
exp(2(a-1)βˆ™ ln x) und ln x ist um jede Stelle x>0 in eine Potenzreihe entwickelbar. Die Radikanden 1+
a²x2(a-1) sind positiv im Reellen und daher ist auch die Quadratwurzel daraus um jede Stelle x>0 in eine
Potenzreihe entwickelbar. Dadurch ist s0..b um jede positive Stelle b in eine Potenzreihe entwickelbar. In
der Analysis gilt nun der Satz, dass zwei Funktionen, die in einem Intervall I durch Potenzreihen dargestellt werden können und an unendlich vielen Stellen eines abgeschlossenen und beschränkten Teilintervalls übereinstimmen, schon im Intervall I übereinstimmen. Die obige Gausssche Reihe ist somit für aβˆ™ba-1
>1 zwar nicht mehr konvergent, aber als Anfangsdarstellung einer Funktion zu interpretieren, die für alle
positiven b nicht nur erklärt, sondern auch lokal in Potenzreihen entwickelbar ist. Dazu sagt man: die
Gausssche Reihe ist analytisch fortsetzbar. Maple erlaubt für b nicht nur beliebige positive reelle Werte,
sondern auch komplexe Werte. Beim Anwenden ist dann aber Vorsicht angebracht, weil sowohl der komplexe Logarithmus als auch die Wurzelfunktion mehrdeutig sind. Wird die x-Achse als Realteil der
Gaussschen Ebene x+iy angesehen, so gibt es ein Schlauchgebiet um die positive x-Achse, sodass 1+a²z2(a1) in diesem Schlauchgebiet lokal in Potenzreihen entwickelbar ist. Das Schlauchgebiet kann derart gewählt werden, dass dort auch |arg(z)| kleiner als π/(4a-4) ist. Dann ist offensichtlich Re(1+a²z2(a-1))>0
und der Radikand im Schlauchgebiet komplex-analytisch. Nach einem Satz von Cauchy führt jeder Weg
von 0 zu einem b in diesem Schlauchgebiet zum selben Wert s0..b, wenn der Weg bis auf den Anfang, ganz
im Schlauchgebiet verbleibt. Im Schlauchgebiet ist daher s0..b komplex-analytisch und somit steht eine
Vielzahl numerischer Verfahren zur effizienten Auswertung zur Verfügung.
Besteht kein strukturelles Interesse an den Stammfunktionen von s0..b, so sind die numerischen Auswertungsmöglichkeiten direkt über die Integrale, den Möglichkeiten über die hypergeometrischen Funktionswerte vorzuziehen. Eine Ausnahme ist der schon behandelte Fall a=3/2 und, wie gleich hergeleitet
wird, der Fall a=2. Das durch die partielle Integration entstehende Integral lässt sich im Falle a=2 sofort
durch die Umkehrfunktion des Hyperbelsinus ausdrücken:
𝑏
οΏ½
0
1/2
οΏ½1 + 4π‘₯²
𝑑𝑑 =
1
arsinh(2𝑏).
4
4
Damit ist für a=2
𝑠0..𝑏 =
𝑏
arsinh(2𝑏)
οΏ½1 + 4𝑏² +
.
2
4
Für b=10 erhalten wir den Wert 101,047… und erkennen, dass die hypergeometrische Funktion die Umkehrfunktion des Hyperbelsinus umfasst.
In der Wikipedia ist aufgeführt, wie die Exponentialfunktion, ihre Umkehrfunktion, der Logarithmus,
und die allgemeine Potenzfunktion aus der hypergeometrischen Funktion kombiniert werden kann. Damit umfassen die Kombinationen der hypergeometrischen Funktion [mit unterschiedlichen Parametern]
sämtliche elementartranszendenten Funktionen. Der Fall a=3 zeigt, dass sogar eine spezielle Klasse von
Elliptischen Funktionen sich aus der hypergeometrischen Funktion kombinieren lässt. Mit Hilfe von
Maple erhält man z.B. die folgende Darstellung für die Bogenlänge bzgl. a=3:
1
𝑠0..𝑏 =
𝑏√1 + 9𝑏 4 +
3
2
3
βˆ™
F(b√3i ,i)
√3i
.
Für b=10 ergibt sich der Wert 1001,219…
F ist dabei das Elliptische Integral erster Art an der Stelle b√(3i) [Hauptwert] mit dem komplexen Parameter i [ √i ist nach DIN 13301 der sog. Modul k]. Ursprünglich waren für die Elliptischen Integrale [siehe dazu den Wikipedia-Text] komplexe Argumente nicht vorgesehen, weil zur Zeit der Einführung keine
widerspruchsfreie Technik in den arithmetischen Anwendungen für komplexe Zahlen vorhanden war.
Erst der Gausssche Begriff der komplexen Ebene sorgte für Korrektheit, der Umgang mit den Mehrdeutigkeiten erfordert jedoch auch unter Zuhilfenahme moderner algebraischer Computersysteme größte
Sorgfalt, um sicher zu sein, dass die Integrationswege nicht über singuläre Stellen oder zu vermeidende
Halbgeraden führen. Für die drei Arten Elliptischer Integrale verwendet Maple z.B. die Namen EllipticF,
EllipticE und EllipticPi. Wir wollen diese auch von anderen Computeralgebrasystemen gebräuchlichen
langen Namen nicht verwenden, halten uns bei den Definitionen jedoch an Maple, sehen für z, k und n
nicht nur reelle Argumente vor und erklären:
z
F(z, k) = οΏ½
0
dt
οΏ½1 − t² βˆ™ οΏ½1 − k²t²
zοΏ½
E(z, k) = οΏ½
0
𝑧
Π(z, n, k) = οΏ½
0
1 − t²k²
οΏ½1 − t²
dt
Elliptisches Integral erster Art
dt Elliptisches Integral zweiter Art
(1 − nt 2 ) βˆ™ √1 − t 2 βˆ™ οΏ½1 − k²t²
Elliptisches Integral dritter Art
Dabei variiert t zumeist auf der Strecke von 0 bis z in der Gaussschen Ebene. In unserem Fall a=3 also von
0 bis b√(3i)= b√3βˆ™(1+i)/√2, also auf der 45°-Geraden in der rechten Halbebene. Ist mit einem reellen
positiven x<b t= xβˆ™ √(3i), so wird 1-t² zu 1−3x²i und 1−k²t² mit k=i zu 1+3x²i, das Produkt wird also
reell gleich 1+9x4. Das Integral F(b√(3i),i) ist damit nichts anderes als
5
𝑏
√3𝑖 οΏ½
0
𝑑𝑑
√1 + 9π‘₯ 4
und damit erhält man die Darstellung für s0..b. Längs des Integrationsweges liegen die beiden Radikanden
in der rechten Gaussschen Halbene, es können also jeweils ihre Hauptwerte genommen und danach miteinander multipliziert oder die Radikanden sofort miteinander zu einem positiven Wert multipliziert und
danach reell radiziert werden.
Die Darstellung mit dem Modul k=i ist im vorliegenden Fall naheliegend, aber nicht die einzig mögliche.
Ein üblicher Weg zur Erzeugung eines Radikanden (1-t²)(1-k²t²) in t aus einem normierten Polynom
vierten Grades in x ist die Verwendung einer [komplex-linearen] Transformation x=(αt+β)/(γt+δ) mit
komplexen Parametern α,β,γ,δ. Strebt man keinen komplexen Modul k an, sondern, wie früher allgemein
üblich, 0<k<1, erhält man z.B. mit k=3-2√2 die folgende Darstellung für s0..b – b/3βˆ™√(1+9b4)
10
𝑑𝑑
∫
3 0 οΏ½1+9π‘₯ 4
2
=
√3
9𝑖
οΏ½−8 + 6√2 βˆ™ 4√8 βˆ™ �𝐹 οΏ½
𝑖 4√8βˆ™
οΏ½−8+6√2 βˆ™299
οΏ½301 − 20√3οΏ½, π‘˜οΏ½ − 𝐹 οΏ½
𝑖 4√8
οΏ½−8+6√2
, π‘˜οΏ½οΏ½.
Wir wenden uns den Potenzfunktionen mit negativen Exponenten a zu. Als Integrationsuntergrenze ist
x=0 nicht mehr möglich, wir wählen deshalb x=1 und beschränken uns auf 0<b<1. Für x mit b<x<1 gilt
dann
und damit ist
οΏ½1 + π‘Ž²x 2(a−1) = οΏ½1 + a²/x 2(|a|+1) > οΏ½1 + π‘Ž²
1
∫𝑏
1
οΏ½1+|π‘Ž|�𝑑𝑑
οΏ½1+a²/x2(|a|+1)
1
≤ οΏ½1 + |π‘Ž|οΏ½ /οΏ½1 + π‘Ž²,
sodass sich für die Bogenlänge sb..1 die Abschätzung
𝑏�1 + π‘Ž²π‘ 2(π‘Ž−1)
1
𝑏�1 + π‘Ž²π‘ 2(π‘Ž−1) − οΏ½1 + π‘Ž²
< 𝑠𝑏..1 <
+
|π‘Ž|
|π‘Ž|
οΏ½1 + π‘Ž²
gewinnen lässt. Für b nahe 0 wird der Grenzwert
π₯π₯π₯
𝒃→𝟎+
𝒔𝒃..𝟏
=𝟏
𝒃𝒂
für alle negativen a erhalten. Z.B. ist für a=- ½ und b=0,0001 sb..1= 99,3… und ba = 100.
Um die hypergeometrische Funktion ins Spiel zu bringen, gehen wir von x=1 nicht nach links, sondern
nach rechts, betrachten also b größer als 1, weil der Keim der Darstellung, vom Radikanden 1+a²x2(a-1)
6
ausgehend, nur für x2(|a|+1)>a² zu einer geometrischen Reihe führt, es liegt also z.B. für a²>1 in der Nähe
von x=1 keine Konvergenz vor. Wir haben es nur mit analytischen Fortsetzungen zu tun, können aber
die Überlegungen für a>1 übernehmen, da die zu bildenden Quotienten zu denselben Gaussschen Parametern führen und wir bekommen für a<0 die Darstellung
s1..b= bβˆ™2F1(-½, 1/(2a-2); (2a-1)/(2a-2); -a²b2(a-1)) − 2F1(-½ , 1/(2a-2); (2a-1)/(2a-2); -a²).
Als Beispiel soll die Bogenlänge der Hyperbel y=1/x berechnet werden, und zwar zwischen (1,1) und
(10, 1/10). Numerische Auswertung durch Maple ergibt für s1..10
10
∫1 √1 + π‘₯ −4 𝑑𝑑 = 9,15262025..
Denselben Wert bringt Maple mittels der hypergeometrischen Funktionswerte heraus:
s1..10 = 10βˆ™2F1(-½, -¼; ¾; -10-4) − 2F1(-½, -¼; ¾; -1) = 9,15262025. ..
Der Zusammenhang des Integrals mit den elliptischen Funktionen ist naheliegend, aber nicht direkt offensichtlich. Durch partielle Integration entsteht jedoch sofort der Nenner √(1+1/x4) und die einfache
Zerlegung
x²
zeigt
√1 + x 4
=i
−i βˆ™ x²
=i
√1 + x 4
b
οΏ½
1
1
οΏ½(1 + ix 2 )(1 − ix 2 )
2dx
√1 + x −4
οΏ½1 − (1 + ix 2 )οΏ½ = i βˆ™ (
1
οΏ½(1 + ix 2 )(1 − ix 2 )
−
√1 + ix 2
√1 − ix 2
)
= 2√i βˆ™ (FοΏ½b√i, iοΏ½ − EοΏ½b√i, iοΏ½ − FοΏ½√i, iοΏ½ + EοΏ½√i, iοΏ½)
und bei der einfachen Standardstellenzahl bringt Maple für die Bogenlänge eine Abweichung in der siebenten Nachkommastelle
𝑠1..10 = √2 − 10οΏ½1 + 10−4 + 2√i βˆ™ οΏ½FοΏ½10√i, iοΏ½ − EοΏ½10√i, iοΏ½ − FοΏ½√i, iοΏ½ + EοΏ½√i, iοΏ½οΏ½ = 9,152620172 …
Wir wenden uns dem natürlichen Logarithmus zu. Die Bogenintegrale ∫ √(1+x-2 )dx sind sofort durch
die hypergeometrische Funktion darstellbar. Eine geometrische Reihe des Radikanden entsteht, wenn
x>1 ist, x-2k kann integriert werden, und analog zu den Überlegungen für die Potenzfunktionen erhält
man nach Bildung der Quotienten aus den Koeffizienten
s1..b = bβˆ™2F1(-½, -½ ; ½ ; - b-2) - 2F1(-½, -½ ; ½ ; - 1)
Aus Tabellen [z.B. Bronstein] oder Computeralgebrasystemen ist auch sofort eine elementare Stammfunktion zu erhalten und so wird
7
𝒃
𝒃 �𝟏+π’™πŸ
π’”πŸ..𝒃 = ∫𝟏 √𝟏 + 𝒙−𝟐 𝒅𝒅 = ∫𝟏
𝒙
𝒅𝒅 = √𝟏 + π’™πŸ − π₯π₯
𝟏+�𝟏+π’™πŸ 𝒃
|𝟏
𝒙
= √𝟏 + π’ƒπŸ − π₯π₯
𝟏+�𝟏+π’ƒπŸ
𝒃
− √𝟐 + π₯π₯(𝟏 + √𝟐)
Für b=10 z.B. bringt Maple bzgl. der Standardarithmetik für beide Ausdrücke
s 1..b = 9,4172015…
Unproblematisch sind Darstellungen s1..b für die Logarithmen zur Basis a>0, weil lediglich Skalierungen der Variablen auftreten, und unproblematisch sind auch Darstellungen s0..b für die Exponentialfunktionen, wie schon eingangs allgemein für Umkehrfunktionen erwähnt. Einfach sind ferner die Grenzwerte
bei positiven Basen a≠1 aufgrund der Regel von de l‘Hospital
lim𝑏→∞
𝑠1..𝑏
𝑏
= 1 𝑒𝑒𝑒 lim𝑏→π‘œ+ 𝑠1..𝑏 βˆ™ 𝑏 = 0.
Wir wenden uns den Kreisfunktionen zu, beginnen mit der Sinusfunktion und konzentrieren uns wegen
der Periodizität auf Bogenlängen zwischen (0,0) und (b,sin(b)) bei 0<b≤π/2. Das Bogenlängenintegral
für die Sinusfunktion ist bis auf den Faktor √2 mit dem Elliptischen Integral zweiter Gattung nach Legendre identisch. Solche Integrale sind erklärt durch die Legendre-Form [α wird im Handbook of Mathematical Functions von Abramowitz und Stegun Modularwinkel genannt; die Verwendung des Schrägstrichs zur Vermeidung von Kollisionen mit den nichttrigonometrischen Darstellungen wird hier von Abramowitz und Stegun übernommen]
πœ‘
𝐸(πœ‘\𝛼) = οΏ½ οΏ½1 − sin²π›Ό βˆ™ sin²πœ— 𝑑𝑑.
0
(Analog ist F(φ\α) = ∫dϑ/√(1-sin²αβˆ™sin²ϑ) erklärt)
Da für s0..b der Radikand 1 + cos²x = 2 – sin²x vorliegt, benötigen wir E(b\π/4) und erhalten
𝒃
π’”πŸŽ..𝒃 = οΏ½ �𝟏 + 𝐜𝐜𝐜²π’™ 𝒅𝒅 = √𝟐 βˆ™ 𝐄(𝐛\𝛑/πŸ’) .
𝟎
Aus Tabellen oder mit Maple erhalten wir z.B. für die Bogenlänge zwischen (0,0) und (π/2, 1) den Wert
s0..π/2= 1,910098…
Die Parametersubstitution k=sin(α) und die Variablensubstitution
𝑑 = sin(ϑ) => ϑ = arcsin(t) =>
𝑑ϑ
𝑑𝑑
=
1
οΏ½1−𝑑²
8
transformiert die Elliptischen Intergrale in Legendre-Form zu Integralen in algebraischer Form, wie sie
die Computeralgebrasysteme (siehe S. 4) verwenden. Im vorliegenden Fall wird daher
𝐛
s0..b =∫𝟎 �𝟏 + 𝐜𝐜𝐜²(𝐱) 𝐝𝐝 = √2βˆ™E(sin(b), √½).
Die Bogenlängenintegrale für arcsin, cos und arccos gehen aus dieser Darstellung offensichtlich hervor.
Etwas aufwendiger ist die Situation für den Arkustangens und für die Sekans.
Für arctan erhalten wir folgendes Bogenlängenintegral
𝑏
𝑠0..𝑏 = οΏ½ οΏ½1 + 1/(1 + π‘₯ 2 )2 𝑑𝑑.
0
Um die Elliptischen Funktionen der Computeralgebrasysteme mit komplexen Argumenten verwenden zu
können, nehmen wir von vornherein eine komplexe Substitution vor: x= tβˆ™√(i-1). Dann wird
b
√i−1
𝑠0..𝑏 = οΏ½
0
√2i − 2
οΏ½1 − (1 − i)t 2 − i βˆ™ t 4 dt .
1 − (1 − i)t 2
Der Radikand vor dem Differential dt ist das Produkt (1-t²)βˆ™(1-(-i)t²), also (1-t²)βˆ™(1-k²t²) mit k=√(-i).
Um bei den folgenden Umformungen die Übersicht nicht durch triviale Notationen zu verlieren, versehen
wir die Bezeichnungen E, F und Π nicht mit den Parametern 1-i, k und mit den Integrationsgrenzen 0 und
b/√(i-1) , sondern setzen einfach
Π = ∫ dt/(1 − (1 − i)t 2 )/οΏ½(1 − t 2 )/(1 − k 2 𝑑 2 ) , E = ∫ dt
οΏ½1−k²t²
οΏ½1−t2
, F = ∫ dt/οΏ½(1 − t 2 )(1 − k 2 t 2 ).
Im vorliegenden Fall kann, wie im Reellen, auch im Komplexen von der Gleichheit √z=z/√z für z≠0 Gebrauch gemacht werden, weil wir nur mit Hauptwerten zu arbeiten haben, ebenso gilt das Produktgesetz
√(zβˆ™w) = √zβˆ™√w, falls |arg(z)+arg(w)|<π ist. Nun variiert t in der unteren rechten Hälfte der Gaussschen
Ebene auf der -67,5°-Geraden, t² in der unteren linken Hälfte auf der -135°-Geraden, - t² +1 in der oberen rechten Halbebene unterhalb der 45°-Geraden,
1-k²t² in der unteren rechten Halbebene oberhalb der -45°-Geraden. Den Faktor √(2i-2) lassen wir zunächst unbeachtet und setzen
I= s 0..b/√(2i-2).
Zunächst formen wir derart um, dass der Radikand in den Nenner kommt. Dadurch kann sofort F abgetrennt werden:
𝐼=�
𝑑𝑑
π‘˜²π‘‘ 4
𝑑𝑑
1 − (1 − 𝑖)𝑑 2 + π‘˜²π‘‘ 4
βˆ™
=𝐹+�
βˆ™
2
2
2
2
1 − (1 − 𝑖)𝑑²
1 − (1 − 𝑖)𝑑² √1 − 𝑑 √1 − π‘˜ 2 𝑑 2
√1 − 𝑑 √1 − π‘˜ 𝑑
Offensichtlich gilt k²t4 = -it4 = ( t²i − (1+(i−1)t²)t²i)/(i−1) und
9
somit
Π − F = (1 − i) οΏ½
I=F+∫
−t²i/(i−1)
οΏ½1−t²οΏ½1−k²t²
𝑑²
𝑑𝑑
1 − (1 − 𝑖)𝑑² οΏ½1 − 𝑑²οΏ½1 − π‘˜²π‘‘²
t²(1−i)/2
𝑑𝑑 +∫1−(1−i)t²
nach Zerlegung von –t²i/(i–1) in (–(1–k²t²) +1)/(i–1) also
I=F+
1
(−E +
𝑖−1
F) + ½(Π− F) =
1+i
2
dt
οΏ½1−t²οΏ½1+k²t²
E−
i
F
2
,
+ ½Π.
Um daraus s0..b zu erhalten, muss lediglich mit √(2i-2) multipliziert werden. Wir erhalten
π’”πŸŽ..𝒃 = √𝟐𝟐 − 𝟐 οΏ½
𝟏+π’Š
𝒃
π’Š
𝒃
𝟏
𝒃
𝑬�
, √−π’Š οΏ½ − 𝑭 οΏ½
, √−π’Š οΏ½ + 𝚷 οΏ½
, 𝟏 − π’Š, √−π’Š οΏ½οΏ½.
𝟐
𝟐 √π’Š − 𝟏
𝟐
√π’Š − 𝟏
√π’Š − 𝟏
Für b=10 ergibt
sich
danach der Wert s0..10 = 10,347278… Da für den
limb→∞√(1+1/(1+b²)²)= 1 gilt, ist nach der Regel von de l’Hospital
Grenzwert
limb→∞ s0..b/b = 1,
also die Bogenlänge angenähert so groß wie b.
Für die Sekansfunktion sec=1/cos entsteht für 0<b<π/2 das Integral
𝑏
𝑠0..𝑏 = οΏ½ οΏ½1 +
0
sin²π‘₯
𝑑𝑑
cos 4 π‘₯
Aufgrund der Regel von de l‘Hospital erhält man für die Bogenlänge sofort einen Näherungswert in Form
eines elementaren Ausdrucks , wenn b links nahe π/2 gelegen ist, durch tan(b), denn
�𝐜𝐜𝐜 πŸ’ (𝐛) + 𝐬𝐬𝐬𝟐 (𝐛)
𝐬𝟎..𝐛
𝟐 (𝒃)
= π₯π₯π₯
𝐜𝐜𝐬
= 𝟏.
𝝅
𝐜𝐜𝐜²(𝐛)
− 𝐭𝐭𝐭(𝒃)
𝒃→ −
π₯π₯π₯
𝝅
𝒃→
𝟐
𝟐
Die numerische Auswertung bringt für b= 0,99βˆ™π/2 die Werte s0..b= 63,258… und tan(b)=63,656…
Die Bogenlänge s0..b lässt sich außer elementaren Funktionen durch Elliptische Integrale erster und zweiter Art darstellen. Wir beginnen mit der Substitution x= arcsin √u , transformieren die Integrationsgrenzen zu 0 und sin²b, erhalten
10
𝑠in²π‘
𝑠0..𝑏 = οΏ½
0
οΏ½1 + 𝑒/(1 − 𝑒)²
und nach elementaren Umformungen daraus
𝑠0..𝑏
1
1
2√𝑒 √1 − 𝑒
𝑑𝑑
2
1 sin²π‘
𝑑𝑑
1 sin 𝑏
𝑒𝑒𝑒
= οΏ½
− οΏ½
.
2
2 0
√𝑒 − 𝑒 √1 − 𝑒 + 𝑒2
(1 − 𝑒)√𝑒 − 𝑒2 οΏ½1 − 𝑒 + 𝑒² 2 0
Wir substituieren u=1/t, die Integrationsgrenzen werden ∞ und 1/sin(b)² und die Bogenlänge wird
1 ∞
𝑑𝑑𝑑
1 ∞
− οΏ½
𝑠0..𝑏 = οΏ½
2 12 (𝑑 − 1)√𝑑 − 1√𝑑 2 − 𝑑 + 1 2 1
sin 𝑏
sin²π‘
𝑑𝑑
𝑑√𝑑 − 1�𝑑² − 𝑑 + 1
Eine traditionell erfolgreiche Substitution solcher Integrale ist gegeben durch t=1+tan²(φ/2), weil dann
dt/√(t-1)/√((t-1)²+t) zu dφ/√(1-k²sin²φ) transformiert wird, k= ½. Die neuen Integrationsgrenzen
werden φ = π [ durch t=∞] und φ= π-2b [ durch cos(φ/2) = sin(b)= cos(π/2-b)]. Wir gelangen zu
𝑠0..𝑏
φ
φ
οΏ½1 + tan²( 2 οΏ½ dφ
cos²( )dφ
1 π
1 π
2
= οΏ½
− οΏ½
.
2 π−2b tan2 οΏ½φοΏ½ οΏ½1 − k 2 sin2 πœ‘ 2 π−2b οΏ½1 − k 2 sin²πœ‘
2
Wird die Gleichheit 2cos(φ/2)²= 1+cos(φ ) verwendet, erhält man unter Abspaltung von F, der Elliptischen Funktion erster Art in trigonometrischer Fassung,
𝑠0..𝑏
φ
cot 2 οΏ½ 2 οΏ½ dφ
1
1 π
cos(φ) dφ
1 π
= F(2b\π/6) − οΏ½
+ οΏ½
.
4
4 π−2b οΏ½1 − k 2 sin2 φ 2 π−2b οΏ½1 − k 2 sin2 φ
Weil x↦2arcsin(½sin(x)) offensichtlich Stammfunktion zu x↦cos(x)/√(1-¼βˆ™sin²x) ist, kann das erste
Integral in der letzten Darstellung von s0..b elementar dargestellt werden. Nach einem Konzept von
I.W.Smirnow (Lehrgang der Höheren Mathematik, Teil III, 2) gilt das auch für das zweite Integral. Aus
cot²(φ/2)= -1 + 1/sin²(φ/2)
= -1 +2sin²(φ/2)βˆ™cos²(φ/2) + 1/sin²(φ/2) – cos²(φ/2)+cos²(φ/2)βˆ™(1-2sin²(φ/2))
= 1-2 + ½βˆ™4sin²(φ/2)βˆ™cos²(φ/2)+(1/sin²(φ/2)-cos²(φ/2))+½(cos(φ/2)/sin(φ/2))2sin(φ/2)cos(φ/2)(1-2sin²(φ/2))
= 1-2βˆ™(1-k²sin²φ)+(1-k²sin²φ)/sin²(φ/2) + ½cot(φ/2)βˆ™sinφβˆ™cosφ
folgt mit k= ½
cot²(φ/2)/√(1-k²sin²φ)=1/√(1-k²sin²φ)–2√(1-k²sin²φ)+√(1-k²sin²φ)/sin²(φ/2)+½cot(φ/2)βˆ™sinφβˆ™cosφ/√(1-k²sin²φ)
Da die Summe der beiden letzten Summanden gerade die Ableitung von
φ↦ -2cot(φ/2)√(1-k²sin²φ) ist, ergibt sich eine Stammfunktion von cot²(φ/2)/√(1-k²sin²φ) durch
11
F(φ\π/6) -2E(φ\π/6) -2cot(φ/2)βˆ™ √(1-k²sin²φ).
Damit sind alle Stammfunktionen für die in der letzten Summe von s0..b auftretenden Integrale ermittelt
und wir erhalten mit den Legrendre-Formen für F und E
𝟏
𝐬𝐬𝐬(𝟐𝟐)
π’”πŸŽ..𝒃 = 𝟐 𝐚𝐚𝐚𝐚𝐚𝐚 οΏ½
𝟐
πŸ‘
οΏ½ + 𝐭𝐭𝐭(𝒃) βˆ™ �𝟏 − 𝐀²π¬π¬π¬ ²(𝟐𝟐)+ πŸ’ βˆ™F(2b\π/6))–2βˆ™ E(2b\π/6)).
Bestätigt wird dadurch offensichtlich der Grenzwert des Quotienten s0..b/tan(b), wenn b von links gegen
π/2 konvergiert.
Die Darstellung der Bogenlänge wird geringfügig umfangreicher, wenn die elliptischen Funktionen in der
algebraischen Fassung (siehe S. 4) für F und E verwendet werden. Dann ist zwischen b≤π/4 und b>π/4
zu unterscheiden.
Für b≤π/4 gilt mit k= ½
𝟏
𝐬𝐬𝐬(𝟐𝟐)
π’”πŸŽ..𝒃 = 𝟐 𝐚𝐚𝐚𝐚𝐚𝐚 οΏ½
𝟐
πŸ‘
οΏ½ + 𝐭𝐭𝐭(𝒃) βˆ™ �𝟏 − 𝐀²π¬π¬π¬ ²(𝟐𝟐)+ πŸ’ βˆ™F(sin(2b), 1/2)–2βˆ™ E(sin(2b), 1/2).
Für b>π/4 kommen die beiden sog. vollständigen Integrale K und E hinzu, die definiert sind durch
K:=F(½π\π/6)=F(1, ½) und E:= E(½π\ π/6)= E(1, ½).
Für b>π/4 gilt somit (k= ½)
1
2
sin(2𝑏)
οΏ½+
2
𝑠0..𝑏 = arcsin οΏ½
3
4
tan(𝑏) οΏ½1 − k²sin ²(2𝑏)+ (2K -F(sin(2b),1/2))–2(2E-E(sin(2b),1/2)).
Danach erhalten wir für b=0,99βˆ™π/2 erwartungsgemäß (siehe S. 10) den Wert 63,258297…
Eine Darstellung der Bogenlänge für die Kosekans csc=1/sin kann offensichtlich durch die Sekans erhalten werden, denn für alle x aus dem offenen Intervall ]0, π[ gilt
csc(x)= sec(π/2−x) = sec(x – π/2) .
Wir bekommen für b aus dem offenen Intervall ]π/2, π[ für die Bogenlänge der Kosekans bzgl. π/2 und b
𝑏−πœ‹/2
π‘ πœ‹/2..𝑏 = ∫0
sin(π‘₯)2
1
sin(2b)
οΏ½1 + cos(π‘₯)4 𝑑𝑑 = − 2 arcsin οΏ½
2
3
π
π
οΏ½ − tan(b) οΏ½1 − k²sin ²(2𝑏) + 4 𝐹 οΏ½2b\ 6 οΏ½ − 𝐸 οΏ½2b\ 6 οΏ½.
Ist eine Bogenlänge sa..b unter den Bedingungen 0<a<b< π/2 zu berechnen, kann die Summe aus
12
sπ/2..π/2+a und sπ/2.. π/2+b verwendet werden.
Für a=0,2 und b=1,1 erhält man so sa..b = 4,1339939… Wir geben noch eine kurze Wertetabelle für sa..b
an, wobei a variiert und b=π/2 gesetzt ist:
0,0001
0,001
9999,595.. 999,59..
0,01
99,5953..
0,1
9,6102..
0,5
1,65827..
1,0
0,61194..
1,5
0,0708..
π/2-1E-4
1E-4
Wir wenden uns den hyperbolischen Funktionen zu und beginnen mit der Umkehrfunktion zum hyperbolischen Sinus, also mit arsinh. Das Bogenlängenintegral ist sofort als Elliptisches Integral zweiter Art zu
erkennen:
b
s0..b = οΏ½ οΏ½1 +
0
1
οΏ½x² + 1
2
dx = √2 οΏ½
b οΏ½1
+ x²/2
οΏ½1 + x²
0
dx = i√2 οΏ½
−iβˆ™b οΏ½1
0
− t²/2
οΏ½1 − t²
dt = i√2E οΏ½−i βˆ™ b,
Ein Näherungsausdruck für große b-Werte geht aus der Regel von de l’Hospital hervor:
lim 𝑏→∞
𝑠0..𝑏
𝑏
1
οΏ½.
√2
= 1.
Konkret ergibt sich für b=10 der Wert s0..b = 10,6621… sowohl durch direkte numerische Integralauswertung als auch durch Bezugnahme auf die Elliptische Funktion zweiter Art mit komplexem Argument.
Völlig problemlos erweist sich das Bogenlängenintegral zur hyperbolischen Kosinusfunktion cosh. Es
zeigt sich, dass die Bogenlänge s0..b identisch ist mit dem Anstieg der Tangente an der Stelle (b,cosh(b)),
denn
𝑏
𝑠0..𝑏 = οΏ½ οΏ½1 + sinh²(x) dx = sinh(b).
0
Die Bogenlänge lässt sich also elementar darstellen. Für große b-Werte kann s0..b durch ½βˆ™eb angenähert
werden; schon für b=3 ist die Bogenlänge 10,0178… und die Näherung 10,04276…
Da die Bogenlänge s0..arcosh(b) für die hyperbolische Kosinusfunktion aufgrund der Spiegelsymmetrie
identisch ist mit der Bogenlänge s1..b der Umkehrfunktion, bekommt man für die Bogenlänge s1..b des
Hauptzweigs der Areakosinusfunktion den Ausdruck √(b²-1), weil sinh²(arcosh(b))= b²-1 gilt. Die direkte Integraldarstellung bestätigt den Zusammenhang:
𝑏
𝑠1..𝑏 = οΏ½ οΏ½1 +
1
1
οΏ½π‘₯² − 1
2
𝑏
𝑑𝑑 = οΏ½
1
π‘₯π‘₯π‘₯
οΏ½π‘₯² − 1
= �𝑏² − 1 .
13
Wir wenden uns der Umkehrfunktion artanh zu; sie ist im Reellen um jede Stelle des offenen Intervalls
]-1, 1[ in eine Potenzreihe entwickelbar, die Konvergenzradien sind allerdings beschränkt. Für die Bogenlänge s0..b bekommen wir, unter Beachtung von 0<b<1, das Integral
𝑏
𝑠0..b = οΏ½ οΏ½1 +
0
1
dx.
(1 − x 2 )²
Mit der Substitution x= iβˆ™√(i-1)βˆ™t werden wir auf das Integral
−π‘–βˆ™
i βˆ™ √𝑖 − 1 οΏ½
0
b
√i−1
οΏ½1 +
1
dt
(1 − (1 − i)t 2 )2
geführt, dass wir schon für die Arctan-Funktion weiterentwickelt haben. Wir können die dafür gefundene Stammfunktion verwenden, müssen aber einen anderen Faktor und eine andere obere Integrationsgrenze beachten; wir bekommen eine Linearkombination aus den drei Elliptischen Funktionen E,F und Π
[unter Beachtung von E(-z,k) = -E(z,k), usw.]:
𝑠0..𝑏 = 𝑖√2i − 2 οΏ½−
1+𝑖
𝑖𝑖
𝑖
𝑖𝑖
1
𝑖𝑖
𝐸�
, √−𝑖 οΏ½ + 𝐹 οΏ½
, √−𝑖 οΏ½ − Π οΏ½
, 1 − 𝑖, √−𝑖 οΏ½οΏ½.
2
2 √𝑖 − 1
2
√𝑖 − 1
√𝑖 − 1
Maple liefert für b= 0,9 bei direkter numerischer Auswertung den Wert 1,75891… und dieselben Anfangsziffern des Wertes bei numerischer Auswertung der Elliptischen Funktionen.
Das Grenzverhalten geht allerdings aus der Darstellung mit den Elliptischen Funktionen und den komplexen Parametern nicht unmittelbar hervor. Die Regel von de l’Hospital bringt jedoch unmittelbar
οΏ½1 + 1/(1 − 𝑏 2 )²
= lim οΏ½(1 − 𝑏 2 )2 + 1 = 1.
𝑏→1−
𝑏→1−
1/(1 − 𝑏²)
lim
Also ist die Bogenlänge s0..b näherungsweise so groß wie der Funktionswert an der Stelle b, nämlich
artanh(b). Es liegt eine langsame Konvergenz vor, für b=0,9 bekommt man 1,47…
Bogenlängenintegrale sa..b für arcoth haben denselben Integranden wie Bogenlängenintegrale für die
hyperbolische Areatangensfunktion. Die für artanh gefundene Stammfunktion ist daher auch Stammfunktion für arcoth, für x>1 allerdings komplexwertig. Im Reellen sind die Definitionsbereiche von arcoth und artanh disjunkt, um die Stammfunktion zu erhalten, muss man sich für eindeutige Wurzelvorzeichen entscheiden und bei ausschließlicher Verwendung von Hautpwerten ist für x>1
οΏ½1 −
aber [wie im Reellen unverändert ]
𝑖 βˆ™ π‘₯²
οΏ½−1 + 𝑖(1 − π‘₯ 2 )
= −
𝑖−1
√𝑖 − 1
14
οΏ½1 +
οΏ½π‘₯² − 1 + 𝑖
π‘₯²
=
𝑖−1
√𝑖 − 1
zu beachten. Die Bogenlänge arcothsa..b für die hyperbolische Areakotangensfunktion muss also durch die
negative Differenz artanhso..a- artanhso..b der hyperbolischen Areatangensfunktion dargestellt werden.
Im konkreten Fall a=1,05 und b=1,4 bekommt man unter Vernachlässigung des durch die numerische
Rechnung bedingten kleinen imaginären Anteils den Wert 1,04244…, der mit der numerischen reellen
Rechnung des Ausgangsintegrals übereinstimmt. Selbst für sehr nahe bei 1 gelegene a- und b-Werte liefert der Weg über die artanh-Formel schnellere Ergebnissen als der Weg über numerische Verfahren mit
dem Ausgangsintegral. Noch schneller kommt man dann offensichtlich zu Näherungsergebnissen, wenn
man beachtet, dass arcothsa..b für a,b sehr nahe von links an 1 durch ∫dx/(x²-1) angenähert werden kann,
denn, dann ist
1+1/(x²-1)²≈1/(x²-1)²,
der Integrand also einfach 1/(x²-1), ½βˆ™ln((x-1)/(x+1)) davon Stammfunktion und somit
arcothsa..b ≈
½βˆ™ln((b-1)/(a-1))
für b>a>1, sehr nahe bei 1. Z.B. beträgt der Näherungswert 2,3025… im Fall a=1,00001 und b=1,001
und der Wert über die Elliptischen Integrale 2,302338…
Für größere Werte, a,b>2, allerdings kann es durch unterschiedliche Softwarestrategien zur Berechnung
der Elliptischen Funktionen zu nicht nachvollziehbaren Ergebnissen kommen, weil die Einflüsse der Imaginärteile groß und quantitativ nicht mehr zu vernachlässigen sind. Unmittelbar ersichtlich ist, dass die
Näherung sa..b≈b-a für große a,b-Werte [1<<a<<b] aufgrund der de l’Hospitalschen Regel gelten muss,
denn
lim οΏ½1 +
𝑏→∞
1
= 1.
(𝑏 − 1)²
Für a=2, b= 10 z.B. ist 10-2 ein Näherungswert und die direkte numerische Auswertung des reellen Ausgangs-Integrals ergibt s2..10= 8,02884…
Beim Übergang von x<1 zu x>1 liegt das Problem darin, dass der Integrand an der Stelle x=1 eine Singularität und die zur Stammfunktiondarstellung verwendete Elliptische Funktion dritter Art an den Stellen
zp = 1/±√(1-i) Polstellen erster Ordnung hat. Die Auswertung der Elliptischen Funktion dritter Art kann
daher nicht über einen direkten Integrationsweg, vom Nullpunkt ausgehend, erfolgen, sondern muss
über spezielle Integrationswege erfolgen. Je weiter man sich von x=1 entfernt, umso unverlässlicher
können die von der Software angegebenen Zahlenwerte sein.
Man kann sich von den Schwierigkeiten befreien, wenn man das in der Software implementierte Konzept verwendet. Ist der Integrand in x rationaler Ausdruck mit nur einem quadratischen Radikal aus einem Polynom vierten Grades, so wird x derart substituiert, dass ein rationaler Ausdruck mit nur einem
quadratischen Radikal aus einem Polynome dritten Grades entsteht. In unserem Fall liegt der Integrand
15
οΏ½(π‘₯ 2 − 1)2 + 1
π‘₯² − 1
vor. Die Substitution x²= 1+u bringt für die Differentiale dx= ½du/√(1+u) und für die Bogenlänge
cothsa..b die Reduktion auf einen kubischen Radikanden:
𝑏²−1
π‘ π‘Ž..𝑏 = οΏ½
π‘Ž²−1
ar-
1 𝑏²−1
𝑒
1
𝑑𝑑 = οΏ½
(
+
)𝑑𝑑,
2 π‘Ž²−1 �𝑃(𝑒) 𝑒�𝑃(𝑒)
2𝑒√1 + 𝑒
�𝑒² + 1
dabei ist P(u)=(u+1)(u²+1). Ist allgemein P ein normiertes Polynom dritten Grades mit drei einfachen
Nullstellen P(u)= (u + a)(u²+bβˆ™u+c), so kann durch eine Substitution der Form u=α+βt² ein Integrand
mit quadratischem Radikal erhalten werden. Es wird
P(u)=( α+βt²+a)( α²+2αβt²+β²π‘‘ 4 +bα+bβt²+c)= ( α+βt²+a) t²(1-t²)(2αβ+bβ),
wenn α eine Lösung von α²+ bα +c = 0 und β²/(2αβ+bβ)= -1 ist. Unter der Voraussetzung einfacher
Nullstellen des Polynoms P ist die Diskriminante b²-4c von null verschieden und daher für die Nullstellen α auch 2α+b ungleich null, somit β bestimmt: β =–(2α+b) . Daraus folgt für die Differentialform [die
Vorzeichen der Radikale sind dabei noch nicht festgelegt!]
du/√P(u)=2βtβˆ™dt/√(-β²)/√t²/√(α+a+βt²)/√(1-t²)
und ∫((u+1/u)/√P(u))du lässt sich als Kombination aus den drei Elliptischen Funktionen darstellen.
Um bequem mit Hauptwerten arbeiten zu können, wählt man α derart, dass der Realteil negativ oder der Imaginärteil von β=½√(b²-4c) positiv ist. In unserem Fall ist daher α= -i zu wählen, denn
für β erhalten wir -2α-b = 2i, also 2αβ+bβ = –β² = 4. Es variiert u in ℝ>0 und damit 2t² im vierten Quadranten. Dadurch liegen die Hauptwerte von √t² im vierten Quadranten, das reelle Integrationsintervall
[a²-1,b²-1] korrespondiert zu einem Intervall im vierten Quadranten der Gaussschen Ebene: [√((1-i(a²1))/2), √((1-i(b²-1))/2)]. Die Differentialform du/√P(u) vereinfacht sich zu
2idt/√(α+a+βt²)/√(1-t²).
In unserem Fall ist α+a+βt² einfach 1-i + i2t² = (1-i)(1-k²t²), wobei k der Hauptwert von
√(1-i) ist. Es ist für die positiven u der Ausdruck 1-i + i2t² = 1+u ebenfalls positiv und wegen
arg(1-i)=-π/4 dadurch arg(1-k²t²)= π/4. Unter Verwendung der Hauptwerte gilt daher ohne Hinzunahme eines Minuszeichens √(α+a+βt²)= √(1-i)βˆ™ √(1-k²t²) und wir erhalten eine weitere Präzisierung
der Differentialform:
2idt/√(1-i)/ √(1-k²t²)/√(1-t²).
Die Werte 1-t² bleiben im relevanten t-Bereich im ersten Quadranten, sodass die Hauptwerte den ersten
Quadranten nicht verlassen. Nun ist 1/u = i/(1-2t²) und damit
𝑏²−1
οΏ½
π‘Ž²−1
𝑑𝑑
𝑒�𝑃(𝑒)
2
οΏ½1−𝑖(𝑏 −1)
2
= οΏ½
1−𝑖(π‘Ž 2 −1)
οΏ½
2
−2𝑑𝑑
√1 − 𝑖 βˆ™ (1 − 2𝑑 2 ) βˆ™ √1 − π‘˜ 2 𝑑 2 βˆ™ οΏ½1 − 𝑑²
.
16
Der Integrand hat wiederum zwei Polstellen erster Ordnung. Diese Polstellen liegen auf der Realteilachse. Da offensichtlich 1-k²z² genau dann eine negative reelle Zahl ist, wenn π/8 das Argument von z ist und
|z|≥1/∜2 gilt, ist der Integrand komplex-analytisch in der Gaussschen Ebene außerhalb der vier Halbgeraden
Hr ={x: x∈ℝ, |x|≥1/√2 } und Hk= {z: z∈β„‚, 1-k²z² ∈ℝ<0}= {rβˆ™exp(iβˆ™ π/8) : r ∈ℝ , |r|≥1/∜2}.
Die Integrationsgrenzen tu und to [untere und obere Grenze] liegen jeweils im vierten Quadranten. Ihre
Verbindungsstrecken liegen ebenfalls im vierten Quadranten und das Innere des Dreiecks aus Nullpunkt,
tu und to liegt ganz in dem einfachzusammenhängenden Gebiet des dort eindeutig definierten komplexanalytischen Integranden. Das Integral kann daher problemlos durch die Differenz der Werte der Elliptischen Funktion dritter Art
−
1 − (𝑏 2 − 1)𝑖
1 − (π‘Ž2 − 1)𝑖
οΏ½οΏ½(οΏ½
, 2, √1 − 𝑖) − οΏ½(οΏ½
, 2, √1 − 𝑖)οΏ½
2
2
√1 − 𝑖
2
dargestellt und auch ausgewertet werden.
Die zweite Differentialform uβˆ™du/√(1+u)/√(1+u²) kann zu
2(1-2t²)βˆ™dt/√(1-i)/ √(1-k²t²)/√(1-t²)
transformiert werden. Um daraus eine Darstellung mit den Differentialformen zu den elliptischen Funktionen erster und zweiter Art zu erhalten, zerlegen wir
1−2t² = 1− (1+i)(1-i)t² = (1+i)(1-(1-i)t²) −i = (1+i)βˆ™(1-k²t²)− i
und gelangen somit zu
2(1+i)βˆ™(1-k²t²)βˆ™dt/√(1-i)/ √(1-k²t²)/√(1-t²) - 2idt/√(1-i)/ √(1-k²t²)/√(1-t²).
Man rechnet leicht nach, dass für die infrage stehenden t-Werte für die Argumente von 1-k²t²
arg(1-k²t²)=π/4 und daher arg(√(1-k²t²))= π/8 gilt, damit ist unter Verwendung der Hauptwerte der
Quotient (1-k²t²)/√(1-k²t²) identisch mit √(1-k²t²) und die zweite Differentialform gleichwertig mit
also gilt
2(1+i)βˆ™ √(1-k²t²) βˆ™dt/√(1-i)/√(1-t²) - 2idt/√(1-i)/ √(1-k²t²)/√(1-t²),
𝑏²−1
οΏ½
π‘Ž²−1
𝑒 βˆ™ 𝑑𝑑
�𝑃(𝑒)
2
οΏ½1−𝑖(𝑏 −1)
2
= οΏ½
1−𝑖(π‘Ž 2 −1)
οΏ½
2
οΏ½
2(1 + 𝑖)√1 − π‘˜ 2 𝑑 2
√1 − 𝑖 βˆ™ οΏ½1 − 𝑑²
−
2𝑖
√1 − 𝑖 βˆ™ √1 − π‘˜ 2 𝑑 2 βˆ™ οΏ½1 − 𝑑²
οΏ½ 𝑑𝑑
und insgesamt wird für die Bogenlänge sa..b des hyperbolischen Areacotangens mit den korrespondierenden komplexen Integrationsgrenzen tu und to und mit k=√(1-i)
17
π‘ π‘Ž..𝑏 =
1
οΏ½(1 +
π‘˜
𝑖)( 𝐸(π‘‘π‘œ , π‘˜) − 𝐸(𝑑𝑒 , π‘˜)) − 𝑖( 𝐹(π‘‘π‘œ , π‘˜) − 𝐹(𝑑𝑒 , π‘˜)) − ∏(π‘‘π‘œ , 2, π‘˜) + ∏(𝑑𝑒 , 2, π‘˜)οΏ½.
Maple ermittelt problemlos und sehr schnell 8,02884… für a=2 und b=10, in Übereinstimmung mit der
direkten numerischen [langsameren] Auswertung des reellen Integrals, und 2,302338... für a=1,00001
und b=1,001. Für a=1,05 und b=1,4 wird bei Vernachlässigung des kleinen imaginären Anteils, wie auch
über die Areatangens-Funktion, der Wert 1,04244… erhalten. Die Darstellung liefert z.T. auch für Differenzen mit 0<a<b<1 noch brauchbare Ergebnisse für die Bogenlänge der Areatangens-Funktion. So
bringt Maple z.B. für artanhs0,4..0,9 den korrekten Anfang 1,17607… über die Differenz arcoths0,9..0,4. Durch arcoths0,9..0 erhält man allerdings Ergebnisse mit nicht mehr vernachlässigbaren Imaginärteilen, sodass arcoths0,9..0 nicht mit artanhs0..0,9 übereinstimmt.
Auswertungsprobleme entstehen bei Verwendung Elliptischer Funktionen auch, wenn die Argumente a
und b sehr groß gewählt werden, a=100 und b=200 z.B., dann ist aber die Näherung 200-100 durch die
Elliptischen Funktionen auch bei hohen Digits-Werten nicht zu verbessern.
Wir wenden uns der Bogenlänge der hyperbolischen Sekans 1/cosh zu. Zu berechnen ist für b>0
𝑏
𝑠0..𝑏 = οΏ½ οΏ½1 +
0
sinh(π‘₯)2
𝑑𝑑.
cosh(π‘₯)4
Da der hyperbolische Kosinus schnell anwächst, fällt die hyperbolische Sekans schnell gegen null ab. Erwartungsgemäß verhält sich s0..b wie b, was durch die de l’Hospitalsche Regel bestätigt wird:
lim οΏ½1 +
𝑏→∞
sinh(𝑏)2
= 1.
cosh(𝑏)4
Für b=3 liefert eine numerische Berechnung s0..3 = 3,1577037…, also schon einen nahe bei b liegenden
Wert. Der Integrand ist reell-analytisch in ℝ und daher sind keine Probleme durch die üblichen Substitutionen zu erwarten. Wie üblich beginnt die Aufeinanderfolge der Substitutionen mit der Transformation
des Integranden von s0..b zu einem algebraischen Ausdruck ohne transzendente Terme. Wir setzen
u= cosh²(x),
erhalten folglich das Differential
𝑑𝑑
1
1
=
βˆ™
𝑑𝑑
√𝑒 − 1 2√𝑒
und für u die Integrationsgrenzen cosh²b und 1. Damit ist
cosh(𝑏)²
𝑠0..𝑏 = οΏ½
1
1
1
1
�𝑒² + 𝑒 − 1 βˆ™
βˆ™
𝑑𝑑.
𝑒
√𝑒 − 1 2√𝑒
Es liegt im Nenner eine verdeckte Quadratwurzel eines Polynoms vierten Grades vor, daher transformieren wir durch
u=1/t
18
in den t-Bereich und erhalten mit to= 1/cosh²b <1 das uneigentliche Integral
1
𝑠0..𝑏 = οΏ½ 𝑑 βˆ™ οΏ½
π‘‘π‘œ
1 1
1
1
𝑑𝑑
1 1
1 + 𝑑 − 𝑑2
+
−
1
βˆ™
βˆ™
βˆ™
𝑑
βˆ™
=
οΏ½
𝑑𝑑,
√
𝑑2 𝑑
2
𝑑2
2 π‘‘π‘œ 𝑑�(1 − 𝑑)(1 + 𝑑 − 𝑑 2 )
1
οΏ½ −1
𝑑
das wir mit der Abkürzung P(t)=(1−t)(1+t−t²) in drei Teile zerlegen
1 1 𝑑𝑑
1 1 𝑑𝑑𝑑
1 1 𝑑𝑑
οΏ½
+ οΏ½
− οΏ½
.
2 π‘‘π‘œ �𝑃(𝑑)
2 π‘‘π‘œ 𝑑�𝑃(𝑑) 2 π‘‘π‘œ �𝑃(𝑑)
Da für α=(1+√5)/2 und 𝛼 = (1−√5)/2 gilt α+𝛼 = 1 und αβˆ™π›Ό = -1, sind α und 𝛼 reelle Lösungen von x²x-1=0. Offensichtlich ist 𝛼 negativ und daher gilt
0<(t-𝛼)/α≤ 1
für alle t aus dem Intervall [to,1]. Traditioneller Weise kann t=𝛼+ αβˆ™sin²φ substituiert werden [siehe
z.B. Smirnow, Lehrgang der Höheren Mathematik, Teil III,2]. Das Differential dt wird
dt= 2αβˆ™sinφβˆ™cosφ dφ
und die Integrationsgrenzen to und 1 transformieren sich zu π/2, weil 1-𝛼 = α ist, und zu
φu=Arcsin √((to-𝛼 )/α). Wir haben 1-t= 1-𝛼 - αβˆ™sin²φ= αβˆ™cos²φ und durch die Nullstellenrelation
1+t-t²=1+(1-t)-(1-t)²=1+αβˆ™cos²φ-α²cos²φ+α²cos²φβˆ™sin²φ
=1+αβˆ™cos²φ-(αβˆ™cos²φ+cos²φ)+α²cos²φβˆ™sin²φ = sin²φ(1+α²cos²φ)
= sin²φ(1+ α²- α²sin²φ) =(1+α²)βˆ™sin²φβˆ™(1-k²sin²φ)
mit k= α/√(1+α²). Dadurch wird P(t)= αβˆ™(1+α²)βˆ™ cos²φβˆ™sin²φβˆ™(1-k²sin²φ) und die Differentialform
dt/√P(t) wird
𝑑𝑑
�𝑃(𝑑)
und wir haben
=
2α βˆ™ sinφ βˆ™ cosφ dφ
οΏ½α βˆ™ (1 + α²) βˆ™ cos²φ βˆ™ sin²φ βˆ™ (1 − k²sin²φ)
α
𝑑φ
βˆ™
1 + α² οΏ½1 − k²sin²φ
= 2οΏ½
π/2
1 1 dt
α
dφ
α
οΏ½
= οΏ½
οΏ½
= οΏ½
βˆ™ οΏ½F(1, k) − F(τo , k)οΏ½.
2 to οΏ½P(t)
1 + α² φu οΏ½1 − k²sin²φ
1 + α²
Dabei ist τo= sin φu=√((to -𝛼�)/𝛼) und to=1/cosh²b.
Das erste der drei Teilintegrale kann durch eine Elliptische Funktion dritter Art dargestellt werden:
πœ‹
1
α
α
2
1 1
𝑑𝑑
α
𝑑φ
α
οΏ½
= οΏ½
οΏ½
= οΏ½
βˆ™ οΏ½Π οΏ½1, − , π‘˜οΏ½ − Π οΏ½πœπ‘œ , − , π‘˜οΏ½οΏ½.
2
2
2
2
2 π‘‘π‘œ 𝑑 βˆ™ �𝑃(𝑑)
1 + α πœ‘π‘’ (𝛼 + α βˆ™ sin φ)οΏ½1 − k sin φ
𝛼
𝛼
1 + Რ𝛼
Das dritte Teilintegral ist eine Linearkombination aus Elliptischen Integralen erster und zweiter Art, denn
α
α
α
οΏ½ + (k 2 2 sin2 φ − 2 ) + 2
οΏ½ + α βˆ™ sin2 φ = α
α
k
k
k
19
bringt
1 1 tdt
α
οΏ½+
οΏ½
= οΏ½
βˆ™ οΏ½ οΏ½α
2 to οΏ½P(t)
1 + α²
α/k²οΏ½ βˆ™ οΏ½FοΏ½1, kοΏ½ − FοΏ½τo , kοΏ½οΏ½ −
α
2
k
οΏ½EοΏ½1, kοΏ½ − EοΏ½τo , kοΏ½οΏ½ οΏ½.
Der allen drei Teilintegralen gemeinsame Faktor √(α/(1+α²)) vereinfacht sich zu 1/∜5 , der Faktor α/k²
vor den E-Differenzen ist α+1/α = √5 und der Faktor 1- 𝛼� - √5 vor den F-Differenzen errechnet sich zu
α - √5= α -( α - 𝛼�)= 𝛼�. Schließlich ist noch –α/𝛼� = (3+√5)/2 und damit die Darstellung für die Bogenlänge insgesamt:
𝑠0..𝑏 =
1
1
3 + √5
3 + √5
οΏ½ οΏ½Π οΏ½1,
, π‘˜οΏ½ − Π οΏ½πœπ‘œ ,
, π‘˜οΏ½οΏ½ + 𝛼��𝐹(1, π‘˜) − 𝐹(πœπ‘œ , π‘˜)οΏ½ + √5 �𝐸(1, π‘˜) − 𝐸(πœπ‘œ , π‘˜)οΏ½οΏ½,
2
2
√5 𝛼�
4
wobei 𝛼�=(1-√5)/2, α=(1+√5)/2 ,k=(√α)/∜5 und τo= √((1/cosh²b-𝛼�)/𝛼) zu setzen ist.
Maple berechnet danach die Bogenlängen schneller als über die numerischen Verfahren des Ausgangsintegrals. Einige Werte seien zusammengestellt:
0,1
0,2
0,1001647.. 0,20127..
0,5
0,516027..
1,0
1,07023..
2,0
2,1429..
5,0
5,1601..
15,0
15,1601..
Die hyperbolische Kosekans csch=1/sinh hat im Nullpunkt eine Polstelle erster Ordnung, ist aber
bzgl. der punktierten reellen Achse reell- analytisch. In der Gaussschen Ebene liegen auch außerhalb des
Nullpunkts noch Polstellen, nämlich diskret auf der Imaginärteilachse, denn sinh(2πki)= 0 gilt für alle
ganzen Zahlen k. Für alle a>0 ist daher der Konvergenzradius r der Taylorreihe von csch um a beschränkt durch die Quadratwurzel aus a²+4π². Im Fall der hyperbolischen Kosekans ist die Bogenlänge
für 0<a<b darzustellen durch
𝑏
π‘ π‘Ž..𝑏 = οΏ½ οΏ½1 +
π‘Ž
cosh(π‘₯)2
𝑑𝑑.
sinh(π‘₯)4
Wir beginnen zunächst mit Näherungsüberlegungen für a dicht am Nullpunkt und b=1 sowie für große
b und a=1. Die Polstelle ausnutzend, erhalten wir aus der Integraldarstellung sofort
sa..1≈ 1/a und nach der l’Hospitalregel s1..b≈ b, mathematisch notiert:
𝑠
π‘Ž..1
limπ‘Ž→0+ 1/π‘Ž
= lim𝑏→∞
𝑠1..𝑏
𝑏
=1.
Um das Näherungsverhalten an den beiden Stellen 0 und ∞ getrennt zu berücksichtigen, unterteilen wir
die positiven reellen Zahlen r in r≤1 und 1≤r und gehen getrennte Lösungswege für Darstellungen von
sa..1 und s1..b. Da sin4(x)= sinh(ix)4 und cos²(x)= cosh(ix)² gilt, liegt es nahe,
mithilfe der oben angegebenen Stammfunktion S für die trigonometrische Kosekans durch S(iβˆ™x) eine
Stammfunktion zur Integrandenfunktion zu erhalten. Offensichtlich ist S komplex-differenzierbar in der
Gaussschen Ebene ohne die ganzzahligen Vielfachen von π, Polstellen von Kotangens, und ohne z aus der
Menge M:={z: 1- ¼sin²(2z)≤0}. Nun liegt z genau dann in M, wenn sin(2z)= ρ mit einer reellen Zahl ρ,
20
deren Absolutbetrag nicht kleiner als 2 ist, gilt. Solche Zahlen z sind somit nicht reell und können durch
den Hauptwert des komplexen Arkussinus angegeben werden:
daraus folgt für positive ρ
2z= -iβˆ™ln(iβˆ™ρ+√(1-ρ²))=-iβˆ™ln(iβˆ™ρ+iβˆ™√(ρ²-1)),
z= ¼π - ½βˆ™ iβˆ™ ln(ρ+√(ρ²-1)),
und z=-¼π + ½βˆ™ iβˆ™ ln(|ρ|+√(ρ²-1)) für negative ρ. Die Imaginärteilachse ist daher disjunkt zur Menge M
und hat mit der Postellenmenge lediglich den Nullpunkt gemeinsam. Da wir ohnehin für die Bogenlänge
den Nullpunkt nicht heranziehen können, liegt komplexe Differenzierbarkeit außerhalb M und der Polstellenmenge für die komplexe Funktion z↦S(z) vor, die ebenfalls mit S bezeichnet sein soll. Beachten
wir die Relationen
Arcsin(iβˆ™z)= iβˆ™Arsinh(z) , sin(iβˆ™z)= iβˆ™sinh(z), cos(iβˆ™z)=cosh(z),
so schreibt sich für reelle x
S(iβˆ™x)= - i/2βˆ™Arsinh( ½βˆ™sinh(2x)) + iβˆ™coth(x)βˆ™√(cosh²(x)+sinh4(x)) + ¾βˆ™F(2ix\π/6)- E(2ix\π/6).
Die Ableitung des Faktors iβˆ™coth(x) des mittleren Terms nach x liefert –i/sinh²(x) und wie oben schon
beschrieben annullieren sich alle anderen Terme bei Ableitung nach x, sodass durch d(S(ix))/dx insgesamt nicht der Integrand, sondern -iβˆ™√(1+cosh²(x)/sinh4(x)) entsteht. Eine Stammfunktion Ss-csch des
Integranden für die Bogenlänge der hyperbolischen Kosekans entsteht also erst durch das Produkt aus
der imaginären Einheit und der Stammfunktion S für die Bogenlänge der trigonometrischen Kosekans,
also durch iβˆ™S(iβˆ™x):
Ss-csch(x) = ½Arsinh(sinh(2x)/2)-coth(x)√(1+sinh²(2x)/4)+3βˆ™i/4βˆ™F(2ix\π/6)-iβˆ™E(2ix\π/6).
Damit ist
sa..1 =
Ss-csch(1) − Ss-csch(a).
Da die Argumente in den Elliptischen Funktionen in Legendre-Fassung rein-imaginär sind und die SinusFunktion imaginäre Intervalle 1:1 wieder auf imaginäre Intervalle abbildet, können die beiden letzten
Terme obiger Darstellung auch mit den Elliptischen Funktionen in algebraischer Fassung formuliert und
ausgewertet werden, wir haben für positive reelle x:
F(2ix\π/6)= F(iβˆ™sinh(2x),½) und E(2ix\π/6)= E(iβˆ™sinh(2x),½).
Maple berechnet danach die Bogenlänge sa..1 über die Elliptischen Funktionswerte wiederum schneller
als numerisch über das Ausgangsintegral. Einige Daten:
0,001
999,2926…
0,01
99,29117…
0,1
9,2760246…
0,5
1,191641…
0,7
0,99
0,55745430… 0,01507300…
21
Mathematisch sollte auch mit der Stammfunktion Ss-csh die Bogenlänge s1..b für b>1 zu berechnen sein,
dieses Konzept ist allerdings numerisch „schlecht“ konditioniert. Die MapleV-Version berechnet z.B. zwar
s1..2 = 1,169488…, korrekt auf 7 Stellen, gibt aber selbst bei Digits=50 für s1..3 den Wert 1,5369… an, der
wahre Wert beginnt jedoch mit 2,186166…, sodass nicht einmal die erste Ziffer korrekt ist. Höhere MapleVersionen beseitigen zwar den Fehler, ändern aber an der prinzipiell schlechten Kondition nichts. Wie
schon erwähnt, sollten für sehr große Argumente b und sehr kleine Argumente a ohnehin numerische
Angaben für die Bogenlängen über die einfachen Näherungen erfolgen. Nun ist b=3 noch nicht als besonders groß anzusehen und man kann sich die Aufgabe stellen, eine Darstellung mit besserer Kondition
bei der numerischen Auswertung von s1..b zu finden.
Wir substituieren nacheinander u=sinh²x, v=1/u und erhalten bei den ursprünglichen Integrationsgrenzen 1 und b das Integral
𝑠1..𝑏
1 1/π‘ π‘ π‘ β„Ž²1
1 + 𝑣 + 𝑣²
= οΏ½
𝑑𝑑.
2 1/π‘ π‘ π‘ β„Ž²π‘ 𝑣√𝑣 + 1 �𝑣² + 𝑣 + 1
Für v machen wir wieder den Ansatz v=α+βt², ermitteln daraus t durch die Hauptwerte und bestimmen γ
so, dass die Relation
v²+v+1 = γβˆ™t²βˆ™(1-t²)
entsteht. Das führt zu 1+ α+ α²= 0, β= -2α-1 und γ= - β². Die erste Gleichung bedeutet, α ist eine dritte
Einheitswurzel. Wir wählen
Dann ist
α = - ½ - ½βˆ™iβˆ™√3.
β = iβˆ™√3 und γ = 3 > 0.
Um v+1 auf die Form δβˆ™(1-k²t²) zu bringen, haben wir zu setzen
δ=1+ α= - α² = ½ - ½βˆ™iβˆ™√3= e-iπ/3 , k²= β/(- δ)= β/α² =√3βˆ™e-iπ/6 , k= ∜3βˆ™ e-iπ/12.
Es liegen δ und k² im vierten Quadranten, also auch ihre Hauptwerte √δ und k. Die Differentialform
dv/√(1+v)/√(1+v+v²) transformiert sich zu
2𝛽𝛽𝛽𝛽
√δ √1 − π‘˜ 2 𝑑 2 √𝛾 βˆ™ 𝑑 βˆ™ οΏ½1 − 𝑑²
.
Im Komplexen ist für die Hauptwerte die Relation √(aβˆ™b)=√aβˆ™√b nicht allgemeingültig, aber sicherlich
erfüllt, falls |arg(a)+arg(b)| kleiner als π ist, die Schreibweise im Nenner der t-Differentialform muss
gerechtfertigt werden. Dazu ist t²=(v-α)/β für reelle v aus dem Intervall [1/sinh²b,1/sinh²1] zu untersuchen. Wenn wir b>1 annehmen, haben wir die Relation
t²= ½βˆ™(1-iβˆ™τ) mit 1/√3 < τ≤ (1+2/sinh²1)/√3= 1,4134…
22
Es liegt also t² im vierten und 1-t² im ersten Quadranten, dadurch gilt √(t²(1-t²))=√t²√(1-t²) und √t²=t
für die Hauptwerte. Für die Argumente von t² haben wir aufgrund obiger Ungleichungen die Relationen
- π/6< arg(t²)< -0,95 .
Daraus ergibt sich für das negative Produkt (-k²t²)
π/2<arg(-k²t²)< 2,1.
Es liegt also 1-k²t² in der oberen Halbebene und das Argument arg(1-k²t²) ist kleiner als 2,1.
Da |2,1- π/3| kleiner als π ist, gilt für die Hauptwerte √(δ(1-k²t²))= √δ√(1-k²t²). Der Faktor 2β/√δ/√γ
vereinfacht sich zu 2𝛼� und dadurch wird aus der Differentialform ½dv/√((1+v)(1+v+v²)) einfach
𝛼�𝑑𝑑
√1 − π‘˜ 2 𝑑 2 βˆ™ οΏ½1 − 𝑑²
.
Die Differentialform ½dv/v/√((1+v)(1+v+v²)) kann auf eine Differentialform geführt werden, die zu
einem Elliptischen Integral dritter Art gehört. Wir setzen also
und erhalten für n
v = αβˆ™(1- nβˆ™t²)
n = - β/α = 2βˆ™iβˆ™√3/(1+iβˆ™√3)=(3+iβˆ™√3)/2=√3βˆ™eiπ/6 .
Da ferner α² = 𝛼� gilt, wird aus der Differentialform ½dv/v/√((1+v)(1+v+v²)) einfach
𝛼𝛼𝛼
(1 − 𝑛 βˆ™ 𝑑 2 ) βˆ™ √1 − π‘˜ 2 𝑑 2 βˆ™ οΏ½1 − 𝑑²
.
Zu transformieren ist schließlich nur noch ½vdv/√((1+v)(1+v+v²)). Wir erhalten zunächst aufgrund
von αk²= 𝛼�β
𝛼�(α+ βt²)dt/√(1-k²t²)/√(1-t²)=(1-k²(-α)t²)dt/√(1-k²t²)/√(1-t²).
Ferner haben wir für den Zähler die Relation
1-k²(-α)t²= 1+ α +(- α)(1-k²t²) =-𝛼�+eiπ/3(1-k²t²).
Nun wird 1-k²t²≤0 in der Gaussschen t-Ebene nur für t entlang der Halbgeraden
{ρβˆ™eiπ/12: ρ²≥1/√3}.
Die t-Werte im vorliegenden Anwendungsbereich liegen nicht auf diesen Halbgeraden, deshalb gilt insbesondere (1-k²t²)≠0, daher (1-k²t²)/√(1-k²t²) = √(1-k²t²) für die Hauptwerte. Die ursprüngliche vDifferentialform wird somit insgesamt transformiert zu
23
𝛼𝛼𝛼
(1−π‘›βˆ™π‘‘ 2 )βˆ™√1−π‘˜ 2 𝑑 2 βˆ™οΏ½1−𝑑²
-
𝛼√1−π‘˜ 2 𝑑 2 𝑑𝑑
οΏ½1−𝑑²
Die t-Werte des Anwendungsbereichs liegen im offenen vierten Quadranten der t-Ebene, gehören also
auch nicht zur kritischen Menge 1-t²≤0. Weiterhin unproblematisch sind die in der t-Differentialform
auftretenden Polstellen, die sich aus ±1/√n =±e-iπ/12/∜3 ergeben. Diese Polstellen liegen zwar im
zweiten und vierten Quadranten mit den Argumenten 11π/12 und –π/12, die Argumente der t-Werte
im vierten Quadranten liegen jedoch, wie der Relation oben für t² zu entnehmen ist, im Intervall ]- π/12;
-0,475[ . Im Anwendungsbereich erhalten wir somit die folgende Stammfunktion Sb für den Integranden
des Bogenlängenintegrals für s1..b:
1
1
βŽ› βŽ› π‘ π‘ π‘ β„Ž2 (π‘₯) − 𝛼 ⎞
βŽ›οΏ½π‘ π‘ π‘ β„Ž2 (π‘₯) − 𝛼 3 + 𝑖√3 ⎞⎞
οΏ½
, π‘˜βŽŸ − Р⎜
,
, π‘˜ ⎟⎟
𝑆𝑏 (π‘₯) = 𝛼 ⎜𝐸 ⎜
⎜
⎟
2
𝑖√3
𝑖√3
⎝ ⎝
⎠
⎝
⎠⎠
mit α = - ½ - ½βˆ™iβˆ™√3 und k= ∜3βˆ™ e-iπ/12 .
Die Bogenlänge ist dann dargestellt durch
s1..b = Sb(b) - Sb(1).
MapleV liefert nach diesem Konzept, mit der numerischen Auswertung des Ausgangsintegrals im Einklang, die folgenden Werte
2
3
1,169488.. 2,18616..
4
3,18832..
5
4,18861..
6
5,18865..
7
6,18866..
8
7,18866..
10
9,188660..
Theoretisch gesehen, liegen keine mathematischen Probleme vor, wenn anstelle von b>1 auch Werte
0<b<1 verwendet werden: die Integrale bleiben eigentlich! Und so erhält man für die Bogenlänge zwischen 0,1 und 1 den Wert 9,276024… wie vorher auch. Für kleine Zahlen b ist die Darstellung allerdings
ungeeignet, weil die t²-Werte zwar ebenso im vierten Quadranten liegen, aber dicht an der Imaginärteilachse und sehr weit vom Nullpunkt entfernt, es entstehen numerische Probleme bei der Auswertung der
Integranden. Schon für b=0,1 muss mit hoher Digitszahl gearbeitet werden und für b=0,01 ist nicht
einmal Digits=100 ausreichend.
Eine optimale Eigenschaft sinusförmiger Funktionen
Wir wollen in diesem Abschnitt unter sinusförmigen Funktionen reelle Linearkombinationen aus Sinus
und Kosinus verstehen, also Funktionen der Art f:=aβˆ™cos + bβˆ™sin [a und b reell], die auch als sinusoidale
24
Funktionen [in der Wikipedia z.B.] bezeichnet werden. Die Funktionswerte lassen sich darstellen durch
f(x)=Aβˆ™sin(x-φ) mit einer positiven reellen Zahl A, die in den Anwendungen Amplitude, und einer reellen
Zahl φ, die Phasenwinkel genannt wird.
Sinus- und Kosinus-Werte lernt man zunächst durch Aufgaben im Zusammenhang mit Dreieckskonstruktionen kennen, später erscheinen sie als Funktionswerte für alle reellen Zahlen beliebig oft differenzierbarer beschränkter und periodischer Funktionen. In den Anfangssemestern der Hochschulen erscheinen
sie ein drittes Mal im Zusammenhang mit der Exponentialfunktion und den hyperbolischen Funktionen
durch Bezugnahme auf komplexe Zahlen der Gaussschen Zahlenebene. Im vorigen Abschnitt ist ja davon
häufig Gebrauch gemacht worden. Die Erweiterung des Definitionsbereichs dieser Funktionen von den
reellen Zahlen zu den komplexen gelingt durch Potenzreihenentwicklungen problemlos.
Die Einführung der Sinus- und Kosinus-Funktion wird von den Autoren unterschiedlich gehandhabt.
Durch die Erklärung am Einheitskreis über das Bogenmaß z.B. ist schnell ein Zusammenhang mit den
Dreieckskonstruktionen hergestellt, die Periodizität sofort zu erkennen und ein Weg für die Arithmetik
mit komplexen Zahlen vorbereitet. Auch ist sofort die Differenzierbarkeit zu verstehen, denn auf (cos(x),
sin(x)) steht (-sin(x),cos(x)) senkrecht, der Vektor
(-sin(x),cos(x)) hat die Länge 1 und weist für 0<x<π/2 nach links; er muss daher mit der Tangente, gebildet aus den Ableitungen von Sinus und Kosinus übereinstimmen. Weil allgemein für Kurven, die durch
Bogenlängen parametrisiert sind, die Tangenten, gebildet aus den Ableitungen nach der Bogenlänge,
beständig den Wert 1 haben, gilt für Sinus und Kosinus daher
cos‘ = -sin und sin‘ = cos.
Daraus folgt dann die bekannte Potenzreihenentwicklung für sin und cos und dadurch die Erweiterung
des Definitionsbereichs auf alle komplexen Zahlen der Gaussschen Zahlenebene. Über den Zusammenhang mit der Exponentialfunktion exp schließlich sind die beiden Additionstheoreme leicht zu rekapitulieren, denn für reelle x und y gilt offensichtlich
cos(x+y)+iβˆ™sin(x+y)=ei(x+y)=eixβˆ™eiy=(cos(x)+isin(x))βˆ™(cos(y)+isin(y))= cos(x)cos(y)-sin(x)sin(y) +i(sin(x)cos(y)+cos(x)sin(y))
Nebenbei sei die folgende sog. Funktionalgleichung, die auf Cauchy zurückgeht, erwähnt, die den trigonometrischen und hyperbolischen Kosinus charakterisiert:
Die einzigen von der Nullfunktion verschiedenen, überall in ℝ stetigen Funktionen, die für alle reellen a
und b die Relation [sog. Funktionalgleichung]
erfüllen, sind f=cos und f=cosh.
f(a+b) + f(a-b)=2f(a)f(b)
Dabei unterscheidet sich im Reellen der trigonometrische Kosinus cos vom hyperbolischen cosh natürliche dadurch, dass cos im Reellen periodisch ist, also insbesondere unendlich viele reelle Nullstellen hat,
cosh jedoch nicht: cosh ist erst im Komplexen periodisch und hat auch erst im Komplexen unendlich viele
Nullstellen, im Reellen keine einzige.
Überraschenderweise sind sin und cos Bausteine zur Darstellung periodischer Funktionen, die nicht notwendigerweise überall stetig zu sein brauchen, und sogar unbeschränkt sein können. Grundlage dazu ist
die Darstellung durch unendliche Fourier-Reihen. Wir wollen uns auf 2π-periodische Funktionen be-
25
schränken und betrachten, wie in der mathematischen Literatur üblich, Fourier-Reihen-Darstellungen in
der Form
½a0 + ∑n=1..∞ (an βˆ™cos(xβˆ™n) + bn βˆ™sin(xβˆ™n)).
Fourier-Koeffizienten ak,bk zu einer 2π-periodischen Funktion f erhält man mathematisch [praktisch über
den schnellen Algorithmus von Cooley und Tuckey] über die Formeln von Euler-Fourier:
π‘Žπ‘˜ =
1 πœ‹
1 πœ‹
οΏ½ 𝑓(π‘₯) βˆ™ cos(π‘₯ βˆ™ π‘˜) 𝑒𝑒𝑒 π‘π‘˜ = οΏ½ 𝑓(π‘₯) βˆ™ 𝑠𝑠𝑠(π‘₯ βˆ™ π‘˜) .
πœ‹ −πœ‹
πœ‹ −πœ‹
Dabei durchläuft k die Menge β„€≥o für a-Koeffizienten und die Menge β„€>o für die b-Koeffizienten.
Die Zusammenhänge zwischen den Koeffizienten und der Konvergenz der Reihen gegen die Funktionswerte sind nicht offensichtlich. Es sind stetige Funktionen konstruiert worden, deren Fourier-Reihen
nicht überall konvergieren, und nicht-stetige, integrierbare Funktionen, deren Fourier-Reihen überall
divergieren. Da, wie üblich, Summenwerte von Reihen durch Grenzwerte von Partialsummen erklärt sind,
müssen zunächst einfache Relationen mit diesen Partialsummen aufgestellt werden. Dabei wurde erkannt, dass unter der Voraussetzung der Integrierbarkeit von f, für eine Konvergenz der Fourier-Reihe zu
f gegen einen Funktionswert f(w) die Nullfolgeneigenschaft von ∫((f(w+t)+f(w-t)-2f(w))βˆ™sin(nβˆ™t)/t)dt
für n→∞ und Integrationsintervalle, die den Nullpunkt enthalten, erforderlich ist. Wenn die Funktion f an
der Stelle w differenzierbar ist, kann nach einem Hilfssatz von Riemann diese Eigenschaft nachgewiesen
werden: für differenzierbare Funktionen f liegt also immer eine punktweise Konvergenz, aber nicht notwendigerweise eine gleichmäßige Konvergenz vor. Gleichmäßige Konvergenz wird nun z.B. erhalten,
wenn auch von der Ableitung noch Stetigkeit vorausgesetzt wird. Wir setzen daher bei den folgenden
Überlegungen eine zweimalige Stetigkeit voraus, um auch noch Gleichmäßigkeit für die erste Ableitung
garantieren zu können.
Die Darstellungen von Funktionen durch Potenzreihen machen von der Differentialrechnung Gebrauch,
die Fourier-Reihen-Darstellungen im Gegensatz dazu von der Integralrechnung. So wie mit der Differentialrechnung der Tangentenbegriff, ist mit der Integralrechnung der Mittelwert-Begriff eng verbunden.
Bekanntlich versteht man unter dem Mittelwert [genauer: arithmetischem Mittelwert] einer endlichen
Zahlensequenz x1,…,xn die Zahl π‘₯Μ… = (x1+…+xn)/n. Ist f eine kontinuierliche Größe über dem Einheitsintervall [0;1] , n eine natürliche Zahl, so können endliche Zahlensequenzen z.B. durch die Funktionswerte
von f an den diskreten Stellen k/n, 1≤k≤ n erzeugt werden. Man erhält, wenn f nicht gerade konstant ist,
einen von n abhängenden Mittelwert, der mit 𝑓�𝑛 bezeichnet sein soll. Da derart gebildete Mittelwerte
Riemannsche Summen sind, existiert für n→∞ der Grenzwert, falls f integrierbar über [0;1] ist, und
soll Mittelwert 𝒇� der kontinuierlichen Größe f genannt werden. Wenn f über ein Intervall [a,b] gemittelt werden soll, sind die Riemannschen Summen natürlich durch die Intervalllänge b-a zu dividieren.
Für cos und sin erhält man offensichtlich bzgl. des Intervalls [-π,π] die folgenden Mittelwerte
οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½
cos(π‘š βˆ™ π‘₯ ± 𝑛 βˆ™ π‘₯) = οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½
sΔ±n(π‘š βˆ™ π‘₯ ± 𝑛 βˆ™ π‘₯) = 0 ,
[m±n≠0 für den Kosinusmittelwert!] woraus sich durch das Additionstheorem
2cos²(kβˆ™x)-1=1-2sin²(kβˆ™x)=cos(2kβˆ™x)
26
für die Mittelwerte der Quadrate, wie aus der Elektrotechnik durch den Begriff Effektivwert bekannt, für
positive ganze Zahlen k ergibt:
οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½
cos²(π‘˜ βˆ™ π‘₯) = οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½
sΔ±n²(π‘˜ βˆ™ π‘₯) =
1
2
.
Diese einfachen Relationen zeigen erstens, dass der Fourier-Koeffizient a0/2 Mittelwert der kontinuierlichen Größe f bzgl. des Periodenintervalls ist und, dass zweitens die übrigen Fourier-Koeffizienten ak und
bk gewogene Mittelwerte der Größe f mit den Gewichtsgrößen cos(kβˆ™x) und sin(kβˆ™x) sind, denn offensichtlich gilt:
1
1
οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½
f(x) βˆ™ cos(k βˆ™ x) = ak οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½
cos²(k βˆ™ x) = ak und οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½
f(x) βˆ™ sΔ±n(k βˆ™ x) = bkοΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½
sΔ±n²(k βˆ™ x) = bk .
2
2
Das besagen auch die Formeln von Euler- Fourier, denn 2/(2π) ist natürlich 1/π und erklärt den Ansatz
a0/2 an Stelle von a0. Erwähnt sei allerdings dazu, dass das Hineinziehen des Mittelwertoperators in die
einzelnen Glieder der Fourier-Reihe mathematisch nicht allgemeingültig, aber zulässig ist, wenn von
gleichmäßiger Konvergenz ausgegangen werden kann, was im vorliegenden Untersuchungsfall durch die
zweimalige stetige Differenzierbarkeit gegeben ist.
Sei nun q eine reelle positive Zahl, f eine zweimal stetig-differenzierbare Funktion, 2π-periodisch mit MitοΏ½οΏ½οΏ½2 = q. Dann ist a0=0 und f‘(x) hat die Darstellung
telwert 𝑓 Μ… = 0 und mit 𝑓
Es folgt
f‘(x) = ∑n=1..∞ (-an βˆ™ n βˆ™ sin(xβˆ™n) + bn βˆ™ n βˆ™ cos(xβˆ™n)).
f(x)² = ∑n=1..∞ ∑ k=1..n((ak βˆ™cos(xβˆ™k) + bkβˆ™sin(xβˆ™k)) (an-k βˆ™cos(xβˆ™(n-k)) + bn-k βˆ™sin(xβˆ™(n-k))
und durch Mittelwertbildung
1
(π‘Žπ‘˜2 + π‘π‘˜2 ) = π‘ž.
2
π‘˜=1
∞
Analog folgt durch Mittelwertbildung
οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½
𝑓² = οΏ½
οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½ = οΏ½
𝑓′²
1
(π‘Žπ‘˜2 π‘˜² + π‘π‘˜2 π‘˜²) .
2
π‘˜=1
∞
Daraus ist ersichtlich, dass q nicht größer als οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½
𝑓′² sein kann und im Falle der Gleichheit nur
f= a1βˆ™cos + b1βˆ™sin
möglich ist. Für die Koeffizienten muss dann gelten a1²+b1² = 2βˆ™q. Stellt man sich unter der Größe f einen
periodischen Bewegungsablauf vor, so kann die Relation derart interpretiert werden, dass man sagt, eine
periodische Bewegung um eine Nulllage, die bei gegebenem Mittelwert des Quadrat der Abweichung von
der Nulllage mit kleinster kinetischer Energie ausgeführt wird, ist sinusförmig. Mathematisch formuliert:
27
Ist q eine positive reelle Zahl, f eine zweimal stetig-differenzierbare 2π-periodische Funktion mit klein𝑓 2 = q, so gibt es reelle Zahlen a und b mit
stem Mittelwert des Quadrats der Ableitung, 𝑓 Μ… = 0 und οΏ½οΏ½οΏ½
a²+b²=2q, sodass f = aβˆ™cos+bβˆ™sin gilt.
Wenn f in ℝ zwar integrierbar, aber nur bis auf diskret liegende Stellen stetig und bis auf diskret liegende Stellen beliebig oft differenzierbar ist, muss die Aussage nicht mehr gelten. Das zeigt die „RechteckοΏ½οΏ½οΏ½2 = 1 und οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½
𝑓′² =0. Die FouFunktion“ f= floor(sin). Dann ist nämlich bzgl. des Intervalls [-π,π] 𝑓 Μ… =0, 𝑓
rier-Koeffizienten sind offensichtlich ak=0 für alle nichtnegativen ganzen Zahlen k und b2k+1=
4/π/(2k+1) für alle ganzen positiven Zahlen k, also ist ∑k=0..∞|bk| nicht konvergent. Da für alle reellen
Zahlen w und alle t in einer kleinen Umgebung des Nullpunkts (f(w+t)+f(w-t)-2f(w))=0 gilt, ist die Fourier-Reihe punktweise konvergent gegen die Funktionswerte von f. Gleichmäßige Konvergenz liegt sogar
innerhalb abgeschlossener Teilintervalle von ]0,π[ vor, jedoch keine gleichmäßige Konvergenz in ℝ, was
durch das Gibbs’sche Phänomen [ siehe Abbildung in der Wikipedia] sehr deutlich wird. Die Operationen
Differentiation und Grenzwertbildung können nicht mehr vertauscht werden. Ist aber f zweimal stetigdifferenzierbar, erhält man durch partielle Integration die Mittelwerte
οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½
𝑓 ′′ (π‘₯) sΔ±n(π‘˜ βˆ™ π‘₯) = −π‘˜² βˆ™
π‘π‘˜
π‘Žπ‘˜
𝑒𝑒𝑒 οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½οΏ½
𝑓 ′′ (π‘₯) cos(π‘˜ βˆ™ π‘₯) = π‘˜ ² βˆ™ .
2
2
Dadurch ist die Fourier-Reihe zu f absolut-konvergent, denn Σ(|ak|+|bk|) ist nicht größer als
2βˆ™γβˆ™π²/3, wenn die Absolutwerte der zweiten Ableitung nicht größer als γ sind. Aus der absoluten Konvergenz folgt die gleichmäßige Konvergenz.
Drei Funktionalgleichungen
Funktionalgleichungen wurden und werden häufig untersucht. Im vorigen Abschnitt haben wir eine
Funktionalgleichung von Cauchy kennengelernt, durch die cos und cosh bestimmt sind. Zunächst sollen
zwei Funktionalgleichungen gelöst werden, die anlässlich einer Mathematik-Olympiade 2005 in Kiew
gestellt worden sind. Wir beginnen mit der Aufgabe 170:
Welche stetigen Funktionen f erfüllen die Funktionalgleichung
f(x)+f(y)+f(z) = f((3x+6y-2z)/7)+f((6x-2y+3z)/7)+f((-2x+3y+6z)/7)?
Offensichtlich erfüllen die Konstanten und die linearen Funktionen die Funktionalgleichung. Nimmt man
von f außer der Stetigkeit noch die Differenzierbarkeit als Voraussetzung hinzu, erkennt man schnell,
28
dass auch quadratische Polynome eine Lösung der Funktionalgleichung sind. Wir gehen nun von folgendem Konzept aus: a) zu betrachten sind nur Funktionen mit f(0)=0, b) gesondert betrachten wir ungerade Funktionen f, c) gesondert betrachten wir gerade Funktionen f. Da wir vermuten, dass unter den ungeraden Funktionen nur die linearen Polynome vorkommen, versuchen wir aufgrund irgendeiner Festlegung für f(1) nachzuweisen, dass im Fall b) f(x)=xβˆ™f(1) ist. Im Falle c) versuchen wir nachzuweisen, dass
die Funktionswerte durch f(x)= x²βˆ™f(1) festgelegt sind. Die Werte f(x) bestimmen wir über spezielle Relationen im Zusammenhang mit f(1) und legen dadurch die Funktionswerte für eine spezielle, in ℝ dicht
liegende, Menge rationaler Zahlen fest. Aufgrund der Stetigkeit gilt dann f(x)=xβˆ™f(1) bzw. f(x)=x²βˆ™f(1) für
alle reellen Zahlen x. Schließlich wird aus der bekannten allgemeinen Zerlegung einer Funktion in einen
geraden und einen ungeraden Anteil die Funktion f aus den drei Werten f(0), f(1) und f(-1) bestimmt.
Eine für unsere Zwecke geeignete dicht liegende Menge rationaler Zahlen erhalten wir durch das sog.
Modulo-Eins-Gesetzes von H.Weyl [siehe Wikipedia unter Gleichverteilung, oder den Beweis in
V.I.Arnold, Gewöhnliche Differentialgleichungen: Phasenkurven auf dem Torus, S.165]. Dieses ModuloEins-Gesetz besagt, dass Zahlenfolgen der Art
(nβˆ™α-floor(nβˆ™α))n→∞
im Einheitsintervall [0;1] gleichverteilte Zahlen liefern, wenn α keine rationale Zahl ist. Jede Zahl z aus
dem Einheitsintervall kann dann also beliebig genau durch eine Zahl der Art nβˆ™α-floor(nβˆ™α) angenähert werden.
Lösung
Offensichtlich erfüllen mit zwei Funktionen f und g auch die Linearkombinationen aβˆ™f+bβˆ™g
[a und b reell] die Funktionalgleichung. Ebenso ist klar, dass mit f auch x↦f(-x) die Funktionalgleichung
erfüllt. Wir verwenden daher die bekannte Zerlegung einer Funktion f in einen ungeraden, einen geraden
und einen konstanten Anteil wie folgt
𝑓(π‘₯) =
𝑓(π‘₯) − 𝑓(−π‘₯) 𝑓(π‘₯) + 𝑓(−π‘₯) − 2𝑓(0)
+
+ 𝑓(0)
2
2
und untersuchen die Anteile gesondert. Zunächst sei f eine ungerade Funktion; es gelte also
f(-x)= -f(x), insbesondere f(0)=0. Dann leiten wir die folgenden Relationen her:
1.
f(a)+f(2a)-f(3a)= f(3a)-f(a)-f(2a), folglich f(3a)= f(a)+f(2a)
aufgrund von x=a, y=2a, z=-3a, 3a+12a+6a=21a, 6a-4a-9a=-7a und
-2a +6a-18a= - 14a;
2. f(7a)= f(3a)+f(6a)-f(2a), folglich f(7a)= f(a)+f(6a)
aufgrund von x=y=z=7a;
3. f(3a)+f(5a)-f(5a)= f(7a)-f(a)-f(3a), folglich f(7a)=f(a)+2f(3a)
aufgrund von x=3a, y=-z=5a.
Wir erhalten aus den Folgerungen in 2 und 3
4. 2f(x) = f(2x) für alle reellen x und dadurch f(3x)= 3f(x) aufgrund der Folgerung aus 1.
29
Durch vollständige Induktion bekommen wir somit aus 4 für alle nicht-negativen ganzen Zahlen m und
n die Relation
5. f(3m/2n) = f(1)βˆ™ 3m/2n , f(-x)=-f(x).
Wir setzen weiterhin f(0)=0 voraus, aber f(-x)=f(x). Dann erhalten wir 5 Gleichungen, die durch das Einsetzen in die Ausgangs-Funktionalgleichung aus der Tabelle
x
a
-3a
7a
3a
9a
hervorgehen:
y
4a
4a
-a
6a
4a
z
-4a
-3a
-3a
-2a
a
3x+6y-2z
35a
21a
21a
49a
49a
6x-2y+3z
-14a
-35a
35a
0
49a
-2x+3y+6z
-14a
0
-35a
0
0
6.
7.
8.
9.
10.
f(a)+2f(4a)= f(5a)+2f(2a)
f(3a)+f(4a)+f(3a) = f(3a)+f(5a)
f(7a)+f(a)+ f(3a) = f(3a)+ 2f(5a)
f(3a) +f(6a) +f(2a)= f(7a)
f(9a)+f(4a)+f(a)=2f(7a).
11.
12.
13.
14.
15.
16.
17.
18.
19.
f(4a)= f(3a)+2f(2a)-f(a) wegen f(4a)= f(5a) – f(3a) = ( f(a)+2f(4a) -2f(2a)) –f(3a)
f(5a)=2f(3a)+2f(2a)-f(a) aus 11 und 6.
f(7a)= 2f(5a)-f(a) = 4f(3a)+4f(2a)- 3f(a) aus 8 und 12.
f(6a)=f(7a)-f(3a)-f(2a) = 3f(3a)+3f(2a)-3f(a)=3(f(3a)+f(2a)-f(a)) aus 9 und 13.
f(9a)= 2f(7a)-f(4a)-f(a)=7f(3a)+6f(2a) -6f(a) aus 10 und 11.
f(12a) = f(4βˆ™ 3a)= f(9a)+2f(6a)-f(3a)= 12(f(3a)+f(2a)-f(a)) aus 11, 15,14.
f(12a) = 4f(6a) aus 16 und 14.
f(2x)= 4f(x) aus 17.
f(3x)= f(4x)- 2f(2x) +f(x)= 2f(2x) +f(x)= 9f(x) aus 11 und 18.
Wir betrachten f(a), f(2a), f(3a) als Basis-Elemente und ermitteln daraus f(kβˆ™a) für k=4,5,6,7,9,12.
Aus 18 und 19 schließen wir durch vollständige Induktion auf die Relation
20. f(3m/2n) = f(1)βˆ™ 9m/4n, f(0)=0 und f(-x)=f(x).
Sicherlich ist die Zahl log23 keine rationale Zahl r=m/n, denn aus 2r = 3 würde sich die Gleichung 2m= 3n
ergeben, die in ganzen Zahlen m und n nicht lösbar ist. Nach dem Modulo-Eins-Gesetz von H.Weyl ist
daher nβˆ™ log23 – floor(nβˆ™ log23) gleichverteilt im Einheitsintervall [0;1]. Seien α und β zwei Zahlen aus
dem Intervall [1;2] und sei α kleiner als β. Logarithmieren wir die beiden Zahlen, erhalten wir Zahlen a
30
und b aus dem Einheitsintervall. Nach dem Modulo-Eins-Gesetz gibt es unendlich viele positive ganze
Zahlen n, sodass
a < nβˆ™ log23 – floor(nβˆ™ log23) < b
gilt. Da der duale Logarithmus monoton wachsend ist, erhalten wir die Ungleichungen
𝛼 = 2π‘Ž <
3𝑛
2 𝑓𝑓𝑓𝑓𝑓(π‘›βˆ™π‘™π‘™π‘™2 3)
< 2𝑏 = 𝛽 .
Jede Zahl x aus dem Intervall [1;2] ist also eine rationale Zahl der Art 3m/2n oder Grenzwert solcher rationaler Zahlen, denn innerhalb beliebig kleiner Teilintervalle des Intervalls liegen unendlich viele rationale
Zahlen der Art 3m/2n . Für eine stetige und ungerade Funktion gilt daher im Intervall [1;2] f(x)=xβˆ™f(1),
und aufgrund von f(2x)=2f(x) gilt das für alle reellen x.
Für eine gerade Funktion f mit f(0)=0 gilt wegen der Stetigkeit im Intervall [1;2] analog
f(x)=x²βˆ™f(1) und aufgrund von f(2x)= 4f(x) dann für alle reellen x. Durch die eingangs vorgenommene
dreiteilige Zerlegung einer Funktion f erhalten wir somit
𝑓(π‘₯) = π‘₯
𝑓(1) + 𝑓(−1) − 2𝑓(0)
𝑓(1) − 𝑓(−1)
+ π‘₯²
+ 𝑓(0)
2
2
Erfüllt also eine stetige reelle Funktion f die Funktionalgleichung, so ist f ein Polynom höchstens zweiten
Grades, eindeutig bestimmt durch die Werte für f(0), f(1) und f(-1), die auch komplexwertig sein können.
∎
Die Funktionalgleichung der Aufgabe 170 ist nicht die einzige Möglichkeit, Polynome höchstens zweiten
Grades zu charakterisieren. Prof. J.Elstrodt hat in den Math. Semesterberichten (2009) in der Arbeit „Eine
Charakterisierung quadratischer Polynome durch Funktionalgleichungen und ein diophantisches Problem“ mit völlig anderem Lösungsansatz als der vorher dargestellte die folgende Verallgemeinerung gefunden:
Ist (a,b,c) eine nicht-triviale reelle Lösung des Gleichungssystems
a+b+c=1, a²+b²+c²=1,
so genügt eine stetige Funktion f:ℝ→ ℝ genau dann der Funktionalgleichung
f(x)+f(y)+f(z)= f(ax+by+cz)+f(bx+cy+az)+f(cx+ay+bz),
wenn f ein Polynom höchstens zweiten Grades ist.
Eine zweite Funktionalgleichung war als Aufgabe 172 gestellt:
Es sind alle stetigen ungeraden Funktionen f:ℝ→ ℝ zu bestimmen, die für alle x∈ ℝ die Funktionalgleichung f(f(x))=x erfüllen.
31
Lösung
Weil f ungerade ist, gilt f(0)=0. Sind a und b zwei reelle Zahlen, so kann nicht f(a)=f(b) gelten. Ist w eine
beliebige reelle Zahl, so ist f(w) eindeutiges Urbild von w. Also ist f eine 1:1-Abbildung von ℝ auf sich,
insbesondere ist f keine Konstante, also f(1)≠0. Wir nehmen etwa f(1)>0 an. Da eine stetige Funktion f
jeden Zwischenwert zwischen 0 und f(1) annehmen muss, gilt f(x) >0 für alle x>0, andernfalls gäbe es
eine zweite Nullstelle von f zwischen x und 1.
Angenommen, es gibt irgendeine positive Zahl w, die von dem positiven Funktionswert f(w) verschieden
ist. Dann muss auch eine positive Zahl a existieren, sodass 0<a<f(a) gilt, denn es kann entweder nur
a=w oder a=f(w) sein. Nach dem Zwischenwertsatz (siehe Wikipedia) für stetige Funktionen muss der
Zwischenwert a Funktionswert einer Zahl z aus dem Intervall [0,a] sein. Da a einziger Funktionswert von
f(a) ist, aber f(a) außerhalb des Intervalls [0,a] liegt, entsteht ein Widerspruch, verursacht durch die Annahme w≠f(w) für irgendeine positive Zahl w. Also muss für alle positiven Zahlen, unter der Annahme
f(1)>0, w=f(w) gelten. Da die Funktionswerte für die negativen Argumente sich aus den positiven Argumenten ermitteln lassen, f(-w)=-f(w), muss für alle reellen Zahlen w gelten: f(w)=w. Analog folgt für alle
w f(w)=-w, wenn f(1)<0 angenommen wird.
Bezeichnen wir die identische Funktion mit ι, so wird die Funktionalgleichung also nur von zwei Funktionen erfüllt, von f= ι und von f=- ι .
Im Komplexen würden zwei weitere stetige, aber nicht mehr komplex-differenzierbare Funktionen z↦𝑧̅
und z↦− 𝑧̅ durch die Konjugationsabbildung hinzukommen. ∎
Die beiden vorigen zwei Funktionalgleichungen sowie auch die Funktionalgleichung von Cauchy
bezogen sich auf stetige Funktionen. Im Allgemeinen steigt der Schwierigkeitsgrad solcher Aufgaben,
wenn von den Funktionen weder Differenzierbarkeit noch Stetigkeit vorausgesetzt werden kann. Eine
solche Aufgabe wurde 2010 gestellt:
Man bestimme alle Funktionen f:ℝ→ ℝ , für die f(x+y+xy)=f(x)+f(y)+f(x)f(y) für alle reellen Zahlen x
und y gilt.
Lösung
Solche Funktionen sind z.B. f≡0 und f≡-1. Bildet man mit einer solchen Funktion f eine weitere Funktion
F durch
F: x↦ f(x-1)+1,
erhält man für F eine einfachere Funktionalgleichung:
F(ab)=F(a)F(b), denn
(f(a-1)+1)(f(b-1)+1)= f(a-1)f(b-1)+f(a-1)+f(b-1)+1= f(a+b-2+ab-a-b+1)+1= f(ab-1)+1.
Umgekehrt ergibt sich aufgrund von F die Funktion f, gemäß f:x↦F(x+1)-1, denn
f(x)+f(y)+f(x)f(y)= F(x+1)+F(y+1)-2 + (F(x+1)-1)( F(y+1)-1) = F(x+1)F(y+1)-1=
F(xy+x+y+1)-1 = f(x+y+xy)-1.
32
Zwei elementare Lösungen der multiplikativen Funktionalgleichung sind offensichtlich F≡0 und F≡1.
Der Nullpunkt lässt nur zwei Zuweisungen zu, denn F(0)=F(0²)=F(0)² zeigt, dass entweder F(0)=0
oder F(0)=1 gelten muss. Aus F(0)=1 folgt sofort F≡1, denn für alle reellen x gilt F(0)=F(0βˆ™x)=F(0)βˆ™F(x).
Gibt es eine von null verschiedene Nullstelle n von F, so ist F identisch null, denn F(x)=F(nβˆ™x/n)=
F(n)F(x/n)=0 gilt dann für alle reellen Zahlen x.
Aus null als einziger Nullstelle von F kann allerdings nicht auf F identisch null geschlossen werden, das
zeigt die Vorzeichenfunktion F=sgn [sgn(0)=0].
Wenn F nicht die Nullfunktion ist, muss F(1)=1 gelten, wie sofort aus F(1)=F(1²)=F(1)² folgt.
Wenn F die multiplikative Funktionalgleichung erfüllt und nicht identisch null ist, nimmt F für positive x
nur positive Werte an, denn F(x)= F(√x)² ist für positive x wiederum positiv. Für negative x-Werte kann
F(x) auch negativ werden, denn F(-1)²=F(1)=1 führt zu den beiden Möglichkeiten
F(-1)= 1 und F(-1)= - 1.
Für die negativen x-Werte sind die Vorzeichen von F(x) an das Vorzeichen von F(-1) gebunden, denn
F(x) ist für alle reellen Zahlen x<0 gleich dem Produkt F(-1)βˆ™F(|x|).
Die bisherigen Überlegungen zeigen, dass wir uns zur Festlegung von F auf die positiven reellen Zahlen
beschränken können. Fβ‰’0 bildet unter dem Bestehen des Multiplikationsgesetzes positive Zahlen werden
wieder auf positive Zahlen ab. Durch die Logarithmusfunktion ln werden die positiven Zahlen 1:1 auf alle
reellen Zahlen abgebildet, aus dem Multiplikationsgesetz wird ein Additionsgesetz. Unter F≒0 erhalten
wir mit
die Relation
A(x)= ln F(ex)
A(x)+A(y) = ln F(ex) + ln F(ey) = ln F(ex+y) = A(x+y).
Das ist für A die berühmte Cauchy’sche Funktionalgleichung [siehe Wikipedia] zur Charakterisierung der
linearen Funktionen, wenn Stetigkeit vorausgesetzt wird. Erst ungefähr 100 Jahre nach Veröffentlichung
der damit zusammenhängenden mathematischen Probleme von Cauchy gelang es Georg Hamel die Funktionalgleichung auch für nichtstetige Funktionen allgemein zu lösen. Die Lösungen sind nicht konstruktiv,
sie setzen von der Mengenlehre her gesehen die Gültigkeit des Auswahlaxioms voraus. Die Gültigkeit wird
z.Z. allgemein akzeptiert, wenn, so wie hier, keine weiteren nicht durchschaubaren rekursiven Prozesse
durchgeführt werden. So ist es z.Z. üblich, die Menge der reellen Zahlen als Vektorraum bzgl. des Körpers
der rationalen Zahlen zu betrachten und zu akzeptieren, dass dieser Vektorraum eine unendliche Basis
hat. Es ist ja offensichtlich, dass die Zahlen 1 und √2 nicht linear voneinander bzgl. des Körpers der rationalen Zahlen abhängig sind, sonst wäre √2 rational. Die „Konstruktion“ einer Basis könnte also zunächst
mit 1 und √2 beginnen. Eine jede solche Basis B wird Hamel-Basis genannt. Wie aus den Vorlesungen
über Lineare Algebra bekannt, sind Nullvektoren keine Basiselemente. In unserem Fall heißt das, die Zahl
0 liegt nicht in B. Sei allgemein, um die additive Funktionalgleichung allgemein zu lösen, α eine Abbildung
von B in die Menge der reellen Zahlen, also
α: B → ℝ.
Wir setzen α zu einer reellen, reellwertigen Funktion A wie folgt fort:
33
A(x) = ∑ni=1 ri βˆ™ α(bi ), falls x = ∑ni=1 ri βˆ™ bi , ri ∈β„š, bi ∈ 𝐁.
Durch die Basiseigenschaft ist die Zuordnung eindeutig. Sind x und y zwei reelle Zahlen, die sich durch
Basiselemente darstellen lassen, die paarweise verschieden sind, so ist klar, dass das Bild der Summe x+y
gleich der Summe der Bilder A(x)+ A(y) ist. Treten in den Darstellungen von x und y gemeinsame Basiselemente auf, ist das Distributivgesetz anwendbar. In jedem Fall ist gesichert, dass A die Funktionalgleichung von Cauchy erfüllt.
Mit einer solchen durch die Abbildung α festgelegten Funktion A erhalten wir Funktionen F+ , die die multiplikative Funktionalgleichung für positive reellen Zahlen erfüllen:
Zur Kontrolle:
F +(x) = exp(A(ln x)) für x>0.
F+(xβˆ™y) = exp(A(ln(xβˆ™y))) = exp(A(ln(x)+ln(y))) = exp(A(ln x)+ A(ln y))= exp(A(ln x))βˆ™ exp(A(ln x))=F+(x)F+(y).
Wir erhalten dadurch als Lösung für die multiplikative Funktionalgleichung bzgl. ℝ\{0} zwei Funktionen
F1 und F2 wie folgt:
F1: x ↦ sgn(x)βˆ™ F+(|x|)
und
F2: x ↦ sgn²(x)βˆ™ F+(|x|).
Durch Erweiterung F1(0)=F2(0)=0 des Definitionsbereichs auch auf die Null, erfüllen beide Funktionen
die multiplikative Funktionalgleichung in ℝ. Wenn A die Nullfunktion ist, kommt noch F3≡1 hinzu, die
Nullfunktion F kann natürlich nicht durch irgendeine Funktion A generiert werden, sonst aber ist jede
Funktion F dadurch bestimmt.
Die gesuchten Funktionen der Ausgangsfunktionalgleichung ergeben sich also zu
f1 : x↦F1(x+1)-1 und f2 : x↦ F2(x+1)-1 sowie zu f3≡0, falls A≡0 .
Hinzuzunehmen ist unabhängig davon noch die Funktion f≡-1, die durch A nicht erhalten werden kann.
Die Lösungen werden einfacher, wenn von f Stetigkeit vorausgesetzt werden kann. Dann ist auch F stetig
und die Zuweisungen α müssen eingeschränkt werden derart, dass für alle Basis-elemente bΟ΅B
α(b)=bβˆ™A(1) gilt. Dann ist A gleich x ↦ x βˆ™ A(1) und es muss A(1)≥0 sein, weil sonst der rechtsseitige
Grenzwert von F+ bzgl. 0 nicht existiert. Legen wir [nur vorläufig] fest, dass 00=1 gelten soll, erhalten wir
für f alle stetigen Lösungen mit einer reellen Zahl γ ≥0 wie folgt:
x↦ sgn(x+1)βˆ™sgn(γ)βˆ™|x+1|γ -1 und x↦ |x+1|γ -1 .
Somit ist die Funktionalgleichung auch im stetigen Fall gelöst.
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