10 Medizin Nr. 4 • April 2008 Nicht thyreostatisch, sondern symptomatisch behandeln! Thyreoiditis Glukokortikoide eingesetzt (z.B. Pred- unzureichender Behandlung schwere und Zigarettenrauchen gelten als nisolon 40–60 mg) mit Dosisredukti- Komplikationen wie z.B. eine Media- Risikofaktoren. on je nach klinischem Verlauf. Die stinitis auftreten können. Symptome sind unter Glukokorti- Der Oberbegriff Thyreoiditis umfasst alle entzündlichen Veränderungen der Schilddrüse, wobei eine häufig benutze Einteilung gleichzeitig den Verlauf und die Ätiologie zugrunde legt. Nach diesem Schema kann man folgende Thyreoiditis-Formen unterscheiden: 1 akut (bakteriell) 1 subakut, wahrscheinlich meist viral bedingt 1 chronisch (autoimmunologisch bedingt). Diese Einteilung erscheint heute jedoch zu eng, da man z. B. die medikamentös bedingten Thyreoiditiden dort nicht einfach unterbringen kann. Klinik koidtherapie innerhalb von 48 Stun- kurzgefasst Lokale Symptome fehlen, die klini- den rückläufig; eine Schilddrüsen- Die akute eitrige Thyreoiditis ist schen Symptome ergeben sich aus dysfunktion kann sich dennoch in der selten, muss aber sofort erkannt der Stoffwechsellage (s.u.). Folgezeit entwickeln. Der Gesamt- und antibiotisch, ggf. auch chirur- zeitraum der Behandlung beträgt gisch, behandelt werden, da sonst Diagnostik 4–6 Wochen [1]. Bei Hyperthyreose- schwere Komplikationen drohen Die Stoffwechsellage kann bei der Symptomen (z.B. Tachykardie, (v. a. Mediastinitis). Hashimoto-Thyreoiditis eu-, hypo- Schwitzen) werden zusätzlich Betarezeptorenblocker eingesetzt; eine oder hyperthyreot sein. Oft wird die Strahlenthyreoiditis Diagnose erst gestellt, wenn eine thyreostatische Therapie ist nicht Nach einer Radiojodtherapie wegen Atrophie der Schilddrüse mit mani- sinnvoll. Hyperthyreose kann es selten (ca. 1% fest hypothyreoter Stoffwechsellage der Fälle) 5–10 Tage nach der Appli- eingetreten ist. Eine Einteilung, welche einerseits für Schilddrüse hindurch. Die Halsregion kurzgefasst kation der Kapsel zu einer entzündli- Typische serologische Autoim- die Praxis hilfreich ist, andererseits kann extrem druckschmerzhaft sein. Die subakute Thyreoiditis de Quer- chen Reaktion der Schilddrüse kom- munphänomene sind das Auftreten vain verursacht starke lokale men. Die Erkrankung kann auch nach von Antikörpern gegen die TPO sowie aber auch die unterschiedlichen Ätiologien berücksichtigt, grenzt die Diagnostik Beschwerden und eine entzündli- externer Bestrahlung auftreten, z.B. häufig auch gegen Thyreoglobulin, schmerzhaften von den schmerzlosen In der Sonographie sieht man ein che Laborkonstellation. Die Thera- nach Bestrahlung eines Lymphoms. wobei die letztgenannten Autoanti- Formen ab. Diese Einteilung (Abb. 1) sehr inhomogenes Bild mit unregel- pie besteht aus nicht-steroidalen liegt der folgenden Übersicht zu mäßig begrenzen („landkartenarti- Antiphlogistika, bei unzureichen- Klinik munphänomen verstanden werden Grunde. gen“) echoarmen Bezirken. Die Stoff- dem Ansprechen aus Glukokortikoi- Der Symptomenkomplex ähnelt der [12]. Allen Schilddrüsenentzündungen ist wechsellage kann durch eine tran- den; bei Hyperthyreose-Symptoma- subakuten Thyreoiditis de Quervain Sonographisch ist das Organ initial gemeinsam, dass sie zu einer tran- siente Hyperthyreose gekennzeichnet tik werden Betarezeptorenblocker und kann wie diese durch Destrukti- vergrößert und echoarm. Die Perfusi- sienten Hyperthyreose führen kön- sein, die ca. 3–6 Wochen anhält und eingesetzt. on der Schilddrüsenfollikel zu einer on ist typischerweise vermehrt. Im nen, die nicht durch eine echte Über- durch eine entzündliche Destruktion transienten Hyperthyreose führen. weiteren Verlauf kann es zu einer produktion von Schilddrüsenhormo- der Schilddrüsenfollikel bedingt ist. nen, sondern durch die Freisetzung Es kann sich eine hypothyreote Phase Extrem selten kann es zu einer mikro- Diagnostik drüse kommen; in späten Stadien ist präformierter Hormone infolge einer anschließen, die bei ca. 5% der biell (meist durch grampositive Bak- Sonographisch findet sich in der Initi- das Organ manchmal nicht mehr Zelldestruktion gekennzeichnet ist. Patienten persistiert [2] und eine ent- terien) verursachten Schilddrüsenent- alphase eine homogene und echoar- sicher von den Nachbarstrukturen Diese wird deshalb auch nicht thyre- sprechende Substitution mit Levothy- zündung oder einem Schilddrüsen- me Struktur. abzugrenzen. ostatisch, sondern – falls erforderlich roxin erfordert. Im Labor fällt außer- abszess kommen. Der Infektionsweg – symptomatisch (z.B. mit Betarezep- dem eine deutlich erhöhte Blutsen- ist meist hämato- oder lymphogen. Therapie Therapie torenblockern) behandelt. Ein Über- kungsgeschwindigkeit auf. Schilddrü- Eine Verletzung angrenzender Struk- Therapeutisch werden neben Lokal- Die Therapie richtet sich nach der gang in eine transiente, z.T. auch per- sen-Autoantikörper finden sich in der turen und Übergriff der nachfolgen- maßnahmen (Eiskrawatte) kurzzeitig aktuell vorliegenden Stoffwechsella- manente Hypothyreose ist ebenfalls Regel nicht. den Entzündung auf die Schilddrüse, nicht-steroidale Antiphlogistika oder ge: bei Hyperthyreose ggf. sympto- möglich. In den seltenen Fällen, in denen eine z.B. durch eine Fischgräte, wurde Glukokortikoide eingesetzt. matische Behandlung mit einem Abgrenzung zur immunogenen ebenfalls beschrieben [15]. Angebore- Hyperthyreose (M. Basedow) schwie- ne Abnormalitäten (z.B. ein persistie- rig ist, kann eine Schilddrüsenszinti- render Ductus thyreoglossus oder ditis (Thyreoiditis de Quervain) graphie weiterhelfen, die bei der sub- eine Sinus-Piriformis-Fistel) sind eine Thyreoiditis (Hashimoto) Nach wie vor besteht kein Konsens, Die subakute granulomatöse Thyreoi- akuten Thyreoiditis de Quervain (wie Prädisposition, ebenso wie höheres Die weitaus häufigste entzündliche wann bei subklinischer Hypothyreo- ditis (Thyreoiditis de Quervain) ist bei allen Thyreoiditiden) eine stark Alter und Immunsuppression. Erkrankung der Schilddrüse ist die se, also erhöhtem TSH bei noch nor- die häufigste mit Schmerzen einher- reduzierte Nuklidbelegung zeigt, chronische lymphozytäre Thyreoidi- malen peripheren Schilddrüsenhor- gehende Schilddrüsenaffektion. In wohingegen der M. Basedow mit Klinik tis, die von Hakaru Hashimoto 1912 monen, eine Levothyroxin-Substituti- der Anamnese findet sich oft ein einer erhöhten Radionuklidaufnahme Leitsymptom ist ein akuter seitenbe- als „Struma lymphomatosa“ beschrie- on eingeleitet werden sollte. Eine all- vorangegangener Infekt des oberen einhergeht. Bei der subakuten granu- tonter oder an der Vorderseite lokali- ben wurde [6]. Die Erkrankung gemein akzeptierte Indikation ist ein Respirationstraktes. Wegen der Häu- lomatösen Thyreoiditis de Quervain sierter Halsschmerz, verbunden mit betrifft deutlich mehr Frauen als TSH-Wert von ≥ 10 mU/l sowie ein fung in den Sommermonaten, welche fehlen die für den M. Basedow typi- Fieber. Die Halsregion ist äußerst Männer (etwa 7:1). In der Initialpha- Schilddrüsenvolumen von ≤ 5 ml ver- auch dem Häufigkeitsgipfel der Cox- schen extrathyreoidalen Manifesta- druckempfindlich; äußere Entzün- se besteht eine Schilddrüsenvergrö- bunden mit hochtitrigen anti-TPO- sackie- und Echovirusinfektionen tionen (endokrine Orbitopathie, prä- dungszeichen (Schwellung, Rötung ßerung, die im weiteren Verlauf in Antikörpern [3]. Andere Autoren entspricht, wurde ein Zusammen- tibiales Myxödem, Akropachie). der Haut) können sichtbar sein. eine Atrophie und Unterfunktion des empfehlen, bei subklinischer Hypo- hang mit diesen Viruserkrankungen Außerdem lassen sich die für die Organs einmünden kann. Im Zentrum thyreose und positivem Nachweis vermutet. Familiär aufgetretene Fälle Basedow-Hyperthyreose typischen Diagnostik der Pathogenese steht eine Infiltrati- von anti-TPO-Antikörpern immer legen nahe, dass eine genetische Prä- erhöhten Antikörper gegen den Thy- BSG und CRP sind erhöht; das Blut- on mit zytotoxischen T-Lymphozyten, eine Levothyroxin-Substitution [13]. disposition besteht (z.B. HLA-B35). reotropin-Rezeptor (TRAK) sowie der bildbild zeigt eine Leukozytose mit die gegen ein bestimmtes Epitop der Dieser Empfehlung schließen sich die duplexsonographische Aspekt einer Linksverschiebung. Im Ultraschall thyreoidalen Peroxidase (TPO) gerich- Autoren aufgrund der zahlreichen Klinik Hyperperfusion („thyreoidales Infer- sieht man ein inhomogenes Echo- tet sind [10]. Eine hohe Jodaufnahme Daten, die ein solches Vorgehen plau- Die Erkrankung beginnt oft mit no“) nicht nachweisen. muster mit echoarmen und echofrei- Schmerzhafte Thyreoiditis Subakute granulomatöse Thyreoi- körper als sekundäres Autoim- Akute eitrige Thyreoiditis zunehmenden Atrophie der Schild- Betarezeptorenblocker (z. B. Propra- Schmerzlose Thyreoiditis Chronische lymphozytäre nolol 3 × 40 mg p.o.), bei Hypothyreose Substitution mit Levothyroxin. en Arealen und eventuell eine Abs- einem allgemeinen Krankheitsgefühl, Muskelschmerzen und subfebrilen Therapie zessbildung. Zur Diagnosesicherung Temperaturen. Anschließend kommt Die Therapie besteht zunächst in der und mikrobiologischen Untersuchung es zu Empfindlichkeit und Schmerzen Gabe nicht-steroidaler Antiphlogisti- sollte eine Feinnadelaspiration erfol- in der Halsregion. Typischerweise ka (z.B. Diclofenac, 50–150 mg); falls gen [1]. Auch bei dieser Form der wandert das Schmerzmaximum die Beschwerden innerhalb einer Thyreoiditis kann eine milde Hyper- durch verschiedene Regionen der Woche nicht rückläufig sind, werden oder Hypothyreose vorliegen. Therapie Die Therapie besteht in der soforti- Thyreoiditis gen intravenösen Gabe eines Breitspektrum-Antibiotikums, z.B. Ampi- schmerzhaft schmerzlos · subakute Thyreoiditis (de Quervain) · akute eitrige Thyreoiditis · Strahlenthyreoiditis · Hashimoto-Thyreoiditis · Postpartum-Thyreoiditis · Silent Thyreoiditis · medikamentös induziert · fibröse Thyreoiditis (Riedel) Abb. 1 Einteilung der Thyreoiditiden. cillin/Sulbactam 3x1,5 g (nach Keimdifferenzierung entsprechend Antibiogramm). Ein chirurgischer Eingriff kann notwendig werden, insbesondere bei Abszessbildung [4]. Es ist außerordentlich wichtig, diese Erkrankung nicht mit einem Infekt des oberen Respirationstraktes zu verwechseln, da bei verzögerter oder Abb. 2 Schilddrüsensonographie. Schilddrüse vergrößert, diffus echoarme, inhomogene Struktur. Medizin Nr. 4 • April 2008 11 Fallbeispiel man daran denken, dass in der Post- Autorenerklärung: Die Autoren erklä- 1 20-jährige Patientin 1 stationäre Aufnahme mit akuter biliärer Pankreatitis Basedow-Hyperthyreose exazerbieren 1 Entbindung von Zwillingen 4 Monate zuvor 1 keine typischen Hyperthyreose-Symptome festieren kann. Auf die Unterschei- sind eine Gruppe sehr heterogener wichtige Rolle spielt (oder mit einer dungsmöglichkeiten wurde bereits Erkrankungen, die zum Teil häufig Firma, die ein Konkurrenzprodukt weiter oben hingewiesen. (Hashimoto-Thyreoiditis), zum Teil vertreibt). partalzeit auch eine vorbestehende oder eine solche sich erstmals mani- Konsequenz für Klinik und Praxis bindungen mit einer Firma haben, 1 Entzündungen der Schilddrüse deren Produkt in dem Artikel eine aber auch außer-ordentlich selten Nebenbefundliche Laborkonstellation: 1 1 1 1 1 1 ren, dass sie keine finanziellen Ver- FT3 9,0 pg/ml (2,0–4,4) Klinik sind (akute eitrige Thyreoiditis, FT4 7,4 ng/dl (0,9–1,7) Je nach Funktionslage können die Riedel-Thyreoiditis). TSH < 0,01 mIU/ml (0,3–4,2) Symptome einer (klinisch meist mil- TRAK 0,5 U/l (< ) den) Hyper- oder Hypothyreose anti-TPO-Ak 3404 U/ml (< 60) gefunden werden. Die Schilddrüse ist schen, laborchemischen und sono- Osteologie, Universitätsklinikum anti-TG-Ak 98 U/ml (< 60) palpatorisch nicht vergrößert und graphischen Methoden fast immer Schleswig-Holstein, Campus Kiel schmerzlos. möglich; eine Feinnadel-aspirati- H. Mönig1, B. Harbeck1 1Klinik für Allgemeine Innere Medi- 1 Eine sichere Diagnose ist mit klini- zin, AG Endokrinologie/Diabetologie/ onszytologie oder eine Schilddrü- Schilddrüsensonographie (Abb. 2): Diagnostik und Therapie 1 Schilddrüse deutlich vergrößert, 1 diffus echoarme, homogene Struktur senszintigraphie sind selten nötig. Diese entsprechen dem Vorgehen wie bei der Hashimoto-Thyreoiditis. Auch Korrespondenz Prof. Dr. med. Heiner Mönig 1 Hyperthyreosen werden bei diesen Erkrankungen nicht thyreostatisch, Klinik für Allgemeine Innere Medizin Diagnose: bei der Postpartum- Thyreoiditis und Postpartum-Thyreoiditis in der hyperthyreoten Phase der „silent thyroiditis“ entsteht die sondern nur symptomatisch Osteologie Hyperthyreose durch die Freisetzung behandelt. Universitätsklinikum Schleswig- präformierten Schilddrüsenhormons durch Destruktion des Schilddrüsen- AG Endokrinologie/Diabetologie/ Holstein, Campus Kiel 1 Eine langfristige Kontrolle der Schittenhelmstr. 12 sibel machen, an – zumal es fraglich kurzgefasst gewebes; eine echte Überproduktion Stoffwechsellage ist erforderlich, 24105 Kiel erscheint, dass die für eine evidenz- Die Hashimoto-Thyreoiditis ist die liegt nicht vor, weshalb auch keine um Übergänge in eine perma- Tel. 0431/597-1393 basierte Entscheidung notwendigen häufigste Variante der schmerzlo- thyreostatische, sondern lediglich nente Schilddrüsenfehlfunktion Fax 0431/597-1302 randomisierten doppelblinden Studi- sen Thyreoiditis. Die Stoffwechsel- eine symptomatische Behandlung frühzeitig zu erkennen. eMail [email protected] en je durchgeführt werden. Für eine lage kann eu-, hyper- oder hypothy- erfolgt (z.B. mit Betarezeptorenblo- zurzeit diskutierte Senkung des obe- reot sein. Mögliche, wenn auch sehr ckern). ren TSH-Grenzwertes auf ca. 2,5 mU/l seltene, Komplikationen sind das gibt es allerdings noch keine ausrei- Auftreten eines Lymphoms oder chende Grundlage [3]. eines pluriglandulären Autoimmun- Thyreoiditis Literatur Bei Schwangeren mit Hashimoto-Thy- syndroms. Zahlreiche Medikamente können 1 Bindra A, Braunstein GD. Thyroiditis. Am Fam Physician 2006; 73: 1769–1776 2 Bogazzi F, Dell’Unto E, Tanda ML et al. Long-term outcome of thyroid function after amiodaroneinduced thyrotoxicosis, as compared to subacute thyroiditis. J Endocrinol Invest 2006; 29: 694– 699 eine destruktive Thyreoiditis mit reoiditis und Hypothyreose ist nicht nur der erhöhte Bedarf an Levothyro- Medikamentös induzierte Postpartum-Thyreoiditis und wechselnder Stoffwechsellage verur- xin zu bedenken, sondern auch eine „silent thyroiditis“ sachen. Diese Komplikation wurde ausreichende Jodzufuhr sicherzustel- Thyreoiditiden, die ebenfalls zur für folgende Substanzen beschrieben: len (230 µg/d nach der Empfehlung Gruppe der autoimmunen Schilddrü- Amiodaron (im Sinne der Amioda- der Deutschen Gesellschaft für Ernäh- senerkankungen gerechnet werden, ron-induzierten Thyreotoxikose Typ rung). Bei einer geschätzten durch- sind die Postpartum-Thyreoiditis 2), Interferon-alpha, Interleukin-2, schnittlichen Jodaufnahme von ca. sowie die „silent thyroiditis“. Lithium, Thalidomid und Lenalido- 120 µg/d bedeutet dies die zusätzliche Die Postpartum-Thyreoiditis tritt mid. Das klinische und sonographi- Gabe von Jod in einer Dosis von 100– typischerweise 2–8 Monate nach sche Erscheinungsbild ist wechselhaft 150 µg Jodid/d während Schwanger- einer Entbindung bei der Mutter auf und kann der subakuten granuloma- schaft und Stillperiode. Die aktive und wird wegen der in ca. 80% der tösen Thyreoiditis de Quervain (aller- Zufuhr von Jod wird Patienten mit Fälle nachweisbaren anti-TPO-Anti- dings ohne lokale Beschwerden) oder Hashimoto-Thyreoiditis ansonsten körper als eine Variante der Hashi- auch der Hashimoto-Thyreoiditis nicht empfohlen, da Jod den Autoim- moto-Thyreoiditis aufgefasst. Auch ähneln und wird auch so behandelt. munprozess verstärken kann. hier sind verschiedene Verlaufsfor- Auf die Besonderheiten der Amioda- In jüngerer Zeit wurde die Bedeutung men möglich: initiale Hyper- oder ron-induzierten Schilddrüsenverän- des Spurenelements Selen für die Hypothyreose oder auch ein biphasi- derungen hier nicht eingegangen Schilddrüsenfunktion zunehmend scher Verlauf (Hyper-, gefolgt von werden. erkannt. Es konnte gezeigt werden, Hypothyreose). Nach einem Jahr hat dass eine Behandlung mit Selen in sich die Stoffwechsellage bei ca. 80% einer Dosis von 200 µg/d zu einem der Patientinnen normalisiert. 30– Die fibröse Riedel-Thyreoiditis, von Rückgang der anti-TPO-Antikörper 50% der Patientinnen entwickeln Riedel 1896 als „eisenharte“ Struma führen kann, besonders bei hohen jedoch längerfristig eine Schilddrü- beschrieben [11], ist eine extrem sel- Ausgangswerten [5]. Der Befund senunterfunktion und sollten ent- tene ätiologisch unklare chronische wurde kürzlich auch für Schwangere sprechend überwacht werden [14]. Schilddrüsenentzündung, die heute bestätigt [8]. Dass eine Supplementa- Bei positivem Nachweis von Schild- als Manifestation einer systemischen tion mit Selen langfristig den Verlauf drüsenautoantikörpern ist mit dem Fibrosklerose aufgefasst wird [9]. Der einer Autoimmunthyreoiditis günstig erneuten Auftreten einer Postpart- fibrosierende Prozess kann sich über beeinflussen, insbesondere also den um-Thyreoiditis nach erneuter die Kapsel hinaus in das umgebende Funktionsverlust des Organs aufhal- Schwangerschaft in etwa 70% der Gewebe ausdehnen und lokale Kom- ten kann, ist derzeit noch nicht aus- Fälle zu rechnen [12]. plikationen verursachen. Die Schild- reichend belegt. Die „silent thyroiditis“ ist durch eine drüse ist bei der Palpation schmerz- Da die Hashimoto-Thyreoiditis mit klinisch milde, einige Wochen dau- los, jedoch, wie der Name ausdrückt, einem gehäuften Auftreten von Lym- ernde Hyperthyreose, darauf folgende außerordentlich hart, so dass der Ein- phomen der Schilddrüse sowie papil- Hypothyreose und anschließende druck einer malignen Infiltration ent- lären Schilddrüsenkarzinomen asso- Normalisierung der Schilddrüsen- steht. Die Stoffwechsellage kann ziiert ist, sollten die Patienten regel- funktion bei den meisten Patienten euthyreot oder (seltener) hypothyreot mäßig klinisch und sonographisch gekennzeichnet. Auch hier findet sich sein. Eine Feinnadelaspiration liefert nachuntersucht werden. eine lymphozytäre Infiltration und bei selten aussagefähige Resultate. The- Bei der Nachsorge sollte auch auf ca. 50% der Patienten auch eine oft rapeutisch werden Glukokortikoide weitere Autoimmunerkrankungen nur leichte bis mäßige Erhöhung der und Tamoxifen mit wechselndem im Sinne eines pluriglandulären anti-TPO-Antikörper. Letztlich sind Erfolg eingesetzt. Bei Malignitätsver- Autoimmunsyndroms geachtet wer- die beschriebenen Unterformen der dacht oder unzureichendem Anspre- den (vor allem Morbus Addison, Autoimmunthyreoiditis nur unscharf chen auf die konservative Behand- Typ-1-Diabetes mellitus, perniziöse gegeneinander abzugrenzen, und die lung kann ein chirurgischer Eingriff Anämie, prämature Ovarialinsuffi- Zuordnung ergibt sich aus dem Ver- in einem erfahrenen Zentrum indi- zienz, Sprue). lauf. Differentialdiagnostisch sollte ziert sein [7]. 3 Brabant G, Kahaly GJ, Schicha H, Reiners C. Milde Formen der Schilddrüsenfehlfunktion: Ursachen, Diagnostik, Vorgehen. Dt Ärztebl 2006; 103: A 2110–2115 4 Dunham B, Nicol TL, Ishii M, Basaria S. Suppurative thyroiditis. Lancet 2006; 11, 368: 1742 5 Gärtner R, Gasnier BC, Dietrich JW, Krebs B, Angstwurm , MW . Selenium supplementation in patients with autoimmune thyroiditis decreases thyroid peroxidase antibodies concentrations. J Clin Endocrinol Metab 2002; 87: 1687–1691 Fibröse Thyreoiditis (Riedel) 6 Hashimoto H. Zur Kenntnis der lymphomatösen Veränderung der Schilddrüse (Struma lymphomatosa). Arch Klin Chir 1912; 97: 219–248 7 Lorenz K, Gimm O, Holzhausen HJ, Kittel S, Ukkat J, Thanh PN, Brauckhoff M, Dralle H. Riedel’s thyroiditis: impact and strategy of a challenging surgery. Langenbecks Arch Surg 2007; 392: 405– 412 8 Negro R, Greco G, Mangieri T, Pezzarossa A, Dazzi D, Hassan H. The influence of selenium supplementation on postpartum thyroid status in pregnant women with thyroid peroxidase autoanti- Der Artikel ist erstmals erschienen in der DMW (Dtsch Med Wochenschr 2008; 133: 301–304). Alle Rechte vorbehalten. bodies. J Clin Endocrinol Metab 2007; 92: 1263–1268 9 Papi G, LiVolsi VA. Current concepts on Riedel thyroiditis. Am J Clin Pathol 2004; 121, Suppl: S50–63 10 Quaratino S, Badami E, Pang YY et al. Degenerate self-reactive human T-cell receptor causes spontaneous autoimmune disease in mice. 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Thyroid 2007; 17: 467– 469 – Anzeige – Medizin 100 Ein Projekt des Bundesverbandes Niedergelassener Kardiologen (BNK e.V.) 70 60 50 40 30 20 10 KH ks K Hy ven pe tri r t kul ro ä Z. ph re n. ie Ap Ka op rd le io x m yo Ni p at er hi en e in su ffi zie Vo rh nz of fli m m er Pe n rip he re AV k K er ein kr e B an e g k l an un eit g er der en kr e B an e ku gle ng iten HA lin NY IV III II, HA I 0 NY In Deutschland sind rund 25 Millionen Menschen an der arteriellen Hypertonie erkrankt. Die Folgen einer länger bestehenden unbehandelten Hypertonie (Apoplex, Myokardinfarkt, Herz- und Niereninsuffizienz, koronare Herzkrankheit und Retinopathie) sind gut dokumentiert, allgemein bekannt und effektiv behandelbar [5, 9]. Jedoch werden viele Hypertoniker nicht identifiziert oder inadäquat behandelt, und dementsprechend auch eine der häufigsten Ursachen für eingeschränkte Lebensqualität, Frühinvalidität und Tod sowie für die hohen Kosten, die schließlich zur Behandlung der Folgekrankheiten aufzuwenden sind. 80 Prozent Der Patient mit arterieller Hypertonie in der kardiologischen Facharztpraxis: Ergebnisse des Snapshot-Hypertonie-Registers 90 NY Nr. 4 • April 2008 HA 12 Normal (syst < 140 und diast < 90) Hyperton (Å140 und/oder RRdiast Å90) Im Vergleich zu anderen Ländern Hypertonie. Dazu wurden in den teil- Europas und Nordamerikas nimmt nehmenden kardiologischen Praxen Deutschland sowohl hinsichtlich Prä- einmalig alle Patienten mit arterieller Die 7302 statistisch analysierten valenz als auch hinsichtlich Mortali- Hypertonie – diejenigen mit Neudi- Datensätze repräsentieren 4539 tät der arteriellen Hypertonie einen agnose genauso wie die im chroni- (62,2%) männliche und 2763 (37,8%) Der Blutdruck wurde in den kardiolo- für „optimal eingestellt“ und rund schlechten Platz ein. Die inadäquate schen Verlauf –, die sich vom 13.–15. weibliche Patienten mit arterieller gischen Praxen im Sitzen und Liegen 40% für „nicht optimal eingestellt“. Es Behandlungsqualität ist allerdings Dezember 2005 vorstellten, in ein Hypertonie. Ihr mittleres Alter betrug gemessen; die Unterschiede zwi- entstanden keine Unterschiede zwi- nicht auf Deutschland beschränkt Register aufgenommen. Als perso- 65,4 ± 11,2 (16–97) Jahre. schen den sitzend und liegend schen den Geschlechtern der Patien- [14]. nenbezogene Daten wurden aus Von den männlichen bzw. weiblichen gemessenen Werten waren im Mittel ten und ihrem Krankenversiche- Im hausärztlichen Versorgungsbe- Datenschutzgründen nur die Anga- Patienten waren 92,6% bzw. 92,3% statistisch nicht signifikant. Die Blut- rungsstatus (GKV/PKV). Diese Bewer- reich steht die essenzielle oder besser ben zu Geschlecht, Alter, Größe, neu vom Hausarzt zum Kardiologen druckwerte betrugen im Mittel systo- tung war weitgehend unabhängig primäre arterielle Hypertonie („I10“ Gewicht und Versicherungsstatus überwiesen worden, während 7,4% lisch 143,1 ± 21,0 (80–250 mm Hg) vom Vorhandensein von Risikofakto- nach ICD-10 Verschlüsselung) an ers- erhoben. Die Durchführung und bzw. 7,7% Dauerpatienten der kardio- und diastolisch 84,1 ± 11,2 (50–140 ren und Begleiterkrankungen. Die ter Stelle aller Diagnosen; sie wird Organisation des Registers erfolgte logischen Praxis waren. Bei 20,3% der mm Hg). Für diese Werte ergaben Diskrepanz zwischen der Einschät- bei rund 25% aller Patienten gestellt durch die BNK Service GmbH. Patienten war die Hypertonie vor sich keine statistisch signifikanten zung der Qualität der Blutdruckein- [2]. Nach den Ergebnissen der Dies geschah mittels Online-Befra- weniger als einem Jahr diagnostiziert, Unterschiede zwischen den stellung durch die Kardiologen und DETECT-Studie (Diabetes Cardiovas- gung mit der Software „mrInterview“ bei 57,1% war sie seit mindestens Geschlechtern und zwischen den den tatsächlich gemessenen Blut- cular Risk-Evaluation: Targets and (Version 3.1 Standard, 2005) aus dem 5 Jahren bekannt. Krankenversicherungen (GKV/PKV). druckwerten zeigt Abb. 2. Essential Data for Commitment of Hause SPSS Inc. mit Password- Von den Patienten waren 88,5% Zum Zeitpunkt der Datenerhebung Treatment) ist die Prävalenz der arte- geschützten Zugängen und gesicher- gesetzlich krankenversichert (GKV), (Stichtag) war der Blutdruck bei riellen Hypertonie in den Hausarzt- ten Datenverbindungen. Dadurch war Männer mit 87,0% seltener als Frauen 35,3% der an der Studie teilnehmen- Von den 6989 der 7302 Patienten praxen der Bundesrepublik Deutsch- sichergestellt, dass ausschließlich mit 91,1%, und 11,5% privat kranken- den Hypertoniker normoton und bei (95,7%) wurden zum Zeitpunkt der land mit 36,3% sogar noch höher, d.h. Kardiologen im Bundesverband Nie- versichert (PKV), Männer mit 13,0% 64,7% hyperton eingestellt. Aus der Erhebung medikamentös behandelt, jeder dritte Patient in einer Hausarzt- dergelassener Kardiologen (BNK e.V.) häufiger als Frauen mit 8,9%. Studienpopulation waren die Anteile während 313 Patienten (4,3%) ohne praxis leidet an einer arteriellen über die Internetplattform eQM der von Männern gegenüber Frauen und antihypertensive Medikation waren. Hypertonie [15]. BNK Service GmbH an dieser Befra- PKV- gegenüber GKV-Patienten, die 1757 (24,1%) hatten eine Monothera- Ziel der vorliegenden Studie war es, gung teilnehmen konnten. In den kungen neben der Hypertonie normoton eingestellt waren, mit p < pie, 2314 (31,7%) eine Zweier-, 2019 Patienten mit arterieller Hypertonie 261 Praxen nahmen 268 Ärztinnen Von den 7302 Patienten hatten 6423 0,002 bzw. p < 0,05 signifikant grö- (27,6%) eine Dreier-, 734 (10,1%) Vie- in kardiologischen und Ärzte (13,8%/86,2%) an der Befra- (88,0%) neben der arteriellen Hyper- ßer (Tab. 1). Die Verteilung mit rund rer- und 155 Patienten (2,1%) eine Facharztpraxen zu einem Stichtag im gung teil, die insgesamt 8213 Daten- tonie weitere kardiovaskulär relevan- einem Drittel normoton und zwei Fünferkombination von Antihyper- Sinne eines „Schnappschusses“ sätze verfügbar machten, von denen te Risikofaktoren, darunter unter Dritteln hyperton eingestellter tensiva erhalten. Demnach bestand (Snapshot) hinsichtlich ihrer Demo- 7302 komplett ausgefüllt waren und anderem Hyperlipidämie (50,8%), Patienten änderte sich, wenn die die antihypertensive Medikation am grafie sowie Art und Qualität der the- in die statistische Analyse eingingen. Adipositas (32,5), Diabetes mellitus Patienten zusätzlich nach ihren häufigsten aus einer Zweierkombina- rapeutischen Einstellung zu erfassen Die Definitionen für die Klassifikation (21,0%) und Nikotinkonsum (9,2%). Begleiterkrankungen stratifiziert tion, gefolgt von einer Dreierkombi- und entsprechend den Leitlinien der der Blutdruckwerte, Risikofaktoren GKV-Patienten waren signifikant wurden. Danach waren insbesondere nation und eher selten aus einer Deutschen Hochdruckliga [5] zu cha- und Begleiterkrankungen folgten den häufiger adipös (33,1% vs 27,2%, p < die Anteile der normoton eingestell- Monotherapie (Tab. 2). rakterisieren. aktuellen „Leitlinien zur Diagnostik 0,001) und an Diabetes mellitus ten Patienten mit KHK, mit Kardio- Zur Monotherapie (1757 Patienten) und Therapie der arteriellen Hyperto- erkrankt (21,6% vs 16,8%, p < 0,05) als myopathie oder mit Herzinsuffizienz wurde am häufigsten ein Betablocker Patienten und Methoden nie“ der Deutschen Hochdruckliga PKV-Patienten. Männer waren signifi- (NYHA IV), mit 42,0% bzw. 49,1% bzw. eingesetzt (43,7%), gefolgt vom ACE- Das vorliegende „Schnappschussre- [5]. „Adipositas“ wird anhand des kant häufiger von einer kardiovasku- 50,0% numerisch größer im Vergleich Hemmer (26,3%), AT1-Blocker gister arterielle Hypertonie“ (Snap- Body Mass Index (BMI) ≥ 30 kg/m2 lär relevanten Begleiterkrankung zu den Patienten ohne Begleiterkran- (13,9%), Kalziumantagonist (9,3%) shot-HTN Register) ist als klinisch- definiert. Die statistische Analyse betroffen als Frauen; insbesondere kungen (30,1%) (Abb. 1). Eine auto- und Diuretikum (3,9%). Diese Rang- epidemiologische Querschnitts- wurde mit SPSS-Programm Version litten Männer häufiger an koronarer matische Langzeit-Blutdruckmessung ordnung fand sich bei beiden (Stichtags-)Untersuchung in kardiolo- 14.0 (Chicago, ILL, USA) vorgenom- Herzkrankheit (KHK) (46,6% vs 26,4%, über 24 Stunden wurde bei 762 der Geschlechtern; dabei erhielten Frau- gischen Praxen konzipiert. Es fokus- men und p-Wert < 0,05 (zweiseitig) p = <0,001), Herzinsuffizienz (NYHA 7302 Patienten (10,4%; 461 Männer, en signifikant häufiger einen Kalzi- siert auf die Erfassung der aktuellen als signifikant betrachtet. I) (41,8% vs 31,2%, p < 0,001), und 301 Frauen) durchgeführt. Diese Mes- umantagonisten als Männer (p < Versorgungssituation von Patienten linksventrikuläre Hypertrophie sungen ergaben einen Blutdruck-Mit- 0,004). Von allen Patienten unter mit diagnostizierter arterieller (30,4% vs 25,8%, p = <0,001). telwert von systolisch 135,8 ± 15,1 Monotherapie waren insgesamt (100–244) mm Hg und diastolisch 33,7% normoton eingestellt; diesbe- 79,7 ± 10,5 (50–149) mm Hg und züglich gab es keine signifikanten waren damit niedriger als in der Unterscheide zwischen Männern und Gelegenheitsblutdruckmessung. Nach Frauen (33,5% vs 34,0%) sowie GKV- den Ergebnissen der Langzeit-Blut- und PKV-Patienten (33,5% vs 34,9%). druckmessung waren 27,6% der Von allen Patienten unter Kombinati- Hypertoniker normoton und 72,4% onstherapie waren insgesamt 36,9% hyperton eingestellt. Die Unterschie- normoton eingestellt. Diesbezüglich de zwischen den Geschlechtern und war der Anteil Männer größer als Krankenversicherungen (GKV/PKV) der Anteil Frauen (38,9% vs 33,7%, sind aufgrund der geringeren Fallzahl p < 0,001) und der Anteil PKV-Patien- statistisch nicht signifikant. ten signifikant größer als der Anteil Ergebnisse Studienpopulation Risikofaktoren und Begleiterkran- Abb. 1 Aktuelle Blutdruckeinstellung in Abhängigkeit von den kardiovaskulär relevanten Begleiterkrankungen (Mehrfachnennungen sind möglich). Qualität der Blutdruckeinstellung hielten rund 60% der Hypertoniker Antihypertensive Medikation GKV-Patienten (41,6% vs 36,4%; Blutdruckeinstellung im Urteil p = < 0,001). der Kardiologen Die mit Abstand am häufigsten ver- Die Qualität der Blutdruckeinstellung ordnete Zweierkombination in bei- wurde durch die Kardiologen wie den Geschlechtern und allen Alters- folgt eingeschätzt bzw. bewertet: Sie gruppen des Snapshot-HTN-Registers Medizin bestand aus Betablocker plus ACE- 7% seit längerem beim Kardiologen in Hemmer (32,8% der mit Zweierkom- Behandlung waren. Der wichtigste bination behandelten Patienten); Grund für solche Überweisungen ist darunter waren 42,5% normoton. regelmäßig der Wunsch bzw. Auftrag Unter der Zweierkombination von zur Abklärung besonderer medizini- AT1-Blocker plus ACE-Hemmer waren scher Probleme. Somit spiegelt die 55,6% der Patienten normoton. mangelhafte Blutdruckeinstellung Nr. 4 • April 2008 13 nicht die Qualität der kardiologischen Spezielle antihypertensive Betreuung wider. Die Hypertoniker des Snapshot-HTN-Registers waren AT1-Blocker wurden PKV-Patienten zu rund einem Drittel (37,8%) Frauen signifikant häufiger verordnet als und zu zwei Dritteln (62,2%) Männer, GKV-Patienten (47,8% vs 22,5%; p < während in der DETECT-Studie [15] 0,001). Umgekehrt erhielten GKV- (55518 Patienten aus Hausarztpra- Patienten mit 52,0% häufiger einen xen) der Anteil von Frauen mit 56,0% ACE-Hemmer als PKV-Patienten mit größer als der von Männern (44,0%) 32,4% (p = 0,001). Für alle anderen war. Die Verteilung der Patienten des Antihypertensiva gab es hinsichtlich Snapshot- HTN-Registers in die ihrer relativen Verordnungshäufigkei- gesetzliche bzw. private Krankenver- ten keine signifikanten Unterschiede sicherung (GKV bzw. PKV) mit 88,5% zwischen den Krankenversicherungs- zu 11,5% entspricht dem bundesdeut- arten (GKV/PKV). schen Durchschnitt und ist damit Die Gründe für die Verordnung eines repräsentativ. In der Gesamtgruppe AT1-Blockers gehen aus Tab. 3 hervor. des Snapshot-HTN-Registers betrug Danach erfolgte die Verordnung bei der mittlere Blutdruck (RR) systolisch PKV-Hypertonikern signifikant häufi- 143 mm Hg und diastolisch 84 mm ger als antihypertensive Erstmedika- Hg. Tatsächlich lag der Blutdruck bei tion (p = 0,001), als Zusatztherapie zu rund zwei Dritteln (64,7%) der einer unzureichenden Vortherapie Hypertoniker im hypertonen Bereich (p = 0,0033), zum Organschutz bei von systolisch ≥ 140 mm Hg und/oder Begleiterkrankung (p = 0,001) und diastolisch ≥ 90 mm Hg. Umgekehrt zur Prophylaxe möglicher Arzneimit- war der Blutdruck nur bei rund telinteraktionen (p = 0,011) als bei einem Drittel (35,3%) der Hypertoni- GKV-Hypertonikern. GKV-Versicherte ker im Normbereich. Die Qualität der erhielten einen AT1-Blocker signifi- Blutdruckeinstellung ist mit dem kant häufiger wegen Husten unter Blutdruck-Messwert allein aber noch einer Vortherapie mit einem ACE- nicht hinreichend beschrieben. Dazu Hemmer (p < 0,001). sind vielmehr alle zusätzlichen, kar- Unabhängig vom Versicherungsstatus diovaskulär relevanten Risikofaktoren Implementierung und Adhärenz mit Verordnungshäufigkeit änderte sich Ganz generell erscheint die differen- erhielten Männer einen AT1-Blocker und Begleiterkrankungen im Sinne den gültigen Therapieempfehlungen nur marginal, wenn man die Verord- zielle Therapie in der Praxis nur häufiger zur antihypertensiven Erst- einer individuellen Risikostratifikati- und Leitlinien der medizinischen nungen zusätzlich nach Risikofakto- unvollständig umgesetzt: Die Blocka- medikation (p = 0,024) und zum on zu würdigen [5,9]. Danach ist Fachgesellschaften dar [5, 9]. In einer ren und Begleiterkrankungen stratifi- de des Renin-Angiotensin-Systems Organschutz bei Begleiterkrankung selbst ein Blutdruck von systolisch ≥ neuen internationalen Untersuchung zierte. Rational wäre jedoch eine (RAS) durch ACE-Hemmer oder AT1- (p = 0,003) als Frauen. Bei Frauen 130 mm Hg und bzw. oder diastolisch wurde bei ca. zwei Drittel der Ärzte stärker an die individuell vorhande- Blocker hat eine positive Wirkung auf wiederum wurde der AT1-Blocker ≥ 80 mm Hg bei der Mehrzahl aller eine „Inertia“ (Trägheit) festgestellt, nen Risikofaktoren und Begleiter- die Nierenfunktion und vermindert häufiger wegen Husten unter der Patienten des Snapshot-HTN-Regis- die Medikation, trotz unzureichender krankungen angepasste Auswahl der die Progression der Niereninsuffi- ACE-Hemmer-Vortherapie verordnet ters (Hypertonie plus Diabetes, Nie- Blutdruckkontrolle, nicht zu ändern Antihypertensiva unter Berücksichti- zienz bei Patienten mit Diabetes als Männern (p < 0,025). renerkrankung, Schlaganfall, korona- [14]. 95,7% der Hypertoniker des gung ihrer zusätzlichen, über die mellitus und anderen Formen der re Herzerkrankung) als nicht ausrei- Snapshot-HTN-Registers erhielten Blutdrucksenkung hinausgehenden Nephropathie [3, 6, 7]. Jedoch erhiel- Diskussion chend eingestellt zu werten. Und mindestens ein Antihypertensivum spezifischen Wirkungen, die sich auf ten lediglich rund 60% bzw. 26% der Das Snapshot-Hypertonie-Register unter Berücksichtigung dieses Grenz- und 75,9% eine antihypertensive die Prognose des jeweiligen Patienten Patienten mit Diabetes mellitus und liefert erstmals Daten zum Krank- werts von 130/80 mm Hg würde der Kombinationstherapie. Die Häufigkeit günstig (erwünschte organprotektive nur 58% bzw. 32% mit Niereninsuffi- heits- und Behandlungsstand von Anteil von tatsächlich optimal einge- der Kombinationstherapie erscheint Wirkungen) oder ungünstig (uner- zienz einen ACE-Hemmer bzw. AT1- Patienten mit arterieller Hypertonie stellten Patienten noch deutlich klei- insofern nicht ungewöhnlich, als es wünschte metabolische Wirkungen) Blocker. Eine im Jahr 2005 erschiene- unter ambulanter kardiologischer ner werden. Nach der Langzeit- Blut- sich bei den Hypertonikern dieser auswirken [1, 4, 5, 9–13, 16, 17]. Ent- ne Metaanalyse an über 100 000 Betreuung und in Anbetracht der druckmessung (automatische ambu- Studie überwiegend um Problempa- sprechend der Häufigkeiten von Risi- Patienten brachte die Frage auf, ob Größe (7302 Patienten aus 261 Pra- lante 24-Stunden-Blutdruckmessung) tienten handelt [9]. Unabhängig kofaktoren und Begleiterkrankungen Betablocker überhaupt noch als The- xen) und Auswahl („Schnappschuss“) betrug der Anteil der Hypertoniker, davon, ob eine Mono- oder Kombina- im Snapshot-HTN-Registers ist insbe- rapie der ersten Wahl in Betracht der hier untersuchten Patienten spie- deren Blutdruck hyperton war tionstherapie verordnet wurde, war sondere davon auszugehen, dass kommen, da sie im Vergleich zu gelt es die tatsächliche Versorgungs- (RRsyst ≥ 130 mm Hg und bzw. oder der Blutdruck – wie bereits dargelegt ACE-Hemmer und insbesondere anderen Antihypertensiva möglicher- realität gut wider. Dabei lässt sich die RRdiast ≥ 80 mm Hg), 72,4%. Überra- – im Mittel nur bei rund einem Drit- AT1-Blocker zu zurückhaltend und weise zu einer erhöhten Schlaganfall- in Hausarztpraxen weit verbreitete, schend ist, dass 60,1% aller Patienten tel der Hypertoniker auf Werten Betablocker zu großzügig eingesetzt rate führen [8]. unzureichende Blutdruckeinstellung von den Kardiologen hinsichtlich unter 140/90 mm Hg. Interessanter- wurden. Bemerkenswert ist, dass sich von Hypertonikern [2] auch bei den ihres Blutdrucks als „optimal einge- weise waren Männer und PKV- die Verordnungen von ACE-Hemmer Fazit niedergelassenen Kardiologen, also stellt“ eingestuft wurden. Die Diskre- Patienten unter der Kombinations- und AT1-Blocker hinsichtlich ihrer Insgesamt ist die Blutdruckeinstel- den Fachärzten erkennen. panz zwischen dieser subjektiven therapie im Trend etwas besser ein- Häufigkeit signifikant zwischen den lung von Hypertonikern entspre- Rund 93% der Hypertoniker des Einschätzung und der objektiven gestellt als Frauen bzw. GKV-Patien- GKV- und PKV-Patienten unterschie- chend dieser SNAPSHOT-Analyse Snapshot-HTN-Registers waren Neu- Bestimmung der Qualität der Blut- ten. den. Waren GKV-Patienten zu 52,0% unzureichend. Ungefähr ein Drittel überweisungen von Hausärzten an druckeinstellung ist beträchtlich und Für die Einleitung und Aufrechterhal- mit einem ACE-Hemmer und zu der Patienten erreicht den Zielblut- kardiologische Praxen, während rund stellt ein Indiz für ungenügende tung einer antihypertensiven Thera- 22,5% mit einem AT1-Blocker ver- druck. Auswahl und Einsatz der Anti- pie sind grundsätzlich alle Antihyper- sorgt, so waren das bei den PKV- hypertensiva scheinen nicht anhand tensiva-Klassen (Diuretika, β-Blocker, Patienten 32,4% bzw. 47,8%. Demnach des individuell vorliegenden Risiko- Kalziumantagonisten, ACE-Hemmer werden diese Substanzen bei PKV- konstellation der Patienten und dem und AT1-Blocker; Alphablocker in Patienten insgesamt häufiger einge- anzustrebenden Zielwert des Blut- besonderen Indikationen) geeignet setzt. So wird beispielsweise bei PKV- drucks bestimmt zu werden. Offen- [5, 9]. Am häufigsten zur Monothera- Patienten ein AT1-Blocker fast dop- sichtlich werden trotz anderer medi- pie eingesetzt wurden Betablocker pelt so häufig zum Organschutz bei zinischer Evidenz ältere und damit (63,1% des Gesamtkollektivs), gefolgt Begleiterkrankungen, zur Prophylaxe billigere Antihypertensiva den neue- von ACE-Hemmer, Diuretikum, Kalzi- möglicher Arzneimittelinteraktionen ren, innovativen und teureren Medi- umantagonist und AT1-Blocker. Diese und von Beginn an verordnet als bei kamenten (allen voran den AT1-Blo- Rangordnung der verschiedenen GKV-Patienten. ckern) vorgezogen. relative Häufigkeit in % Medikation 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Kardiologen-Urteil optimal eingestellt normoton RRsyst<140/RRdiast< 90 mm Hg Total männlich weiblich Abb. 2 Vergleich zwischen der Einschätzung der Qualität der Blutdruckeinstellung durch die Kardiologen und den tatsächlich gemessenen Blutdruckwerten. Dabei wird ein Blutdruck von systolisch < 140 mm Hg und diastolisch < 90 mm Hg mit „optimal eingestellt“ gleichgesetzt. Antihypertensiva entsprechend ihrer 14 Medizin Nr. 4 • April 2008 Konsequenz für Klinik und Praxis • Die Qualität der Blutdruckeinstellung ist ungenügend, da nur ein Drittel der Patienten auf Zielblutdruck und/oder nach differentialtherapeutischen Gründen eingestellt ist. Neuer Vorhersagescore Lungenembolie Prognose bei Lungenerkrankungen Szintigraphie und CT sind gleichwertig Ein neu entwickelter Vorhersagescore ermöglicht umfassendere Aussagen zur klinischen Entwicklung der fortgeschrittenen chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD). Bislang dient meist der 1-Sekunden-Ausatemtest (FEV1%), zur Abschätzung der drohenden Mortalität. Er erlaubt aber keine zuverlässigen Aussagen über die weitere klinische Prognose der Patienten. Arch Intern Med 2008; 168: 71–79 Zunehmend setzt sich die Computertomographie-Pulmonalangiographie (CTPA) als Standardmethode zum Nachweis einer Lungenembolie durch. Sie löst damit die Szintigraphie ab, deren ungenügende Spezifität immer wieder kritisiert wird. D. R. Anderson et al. verglichen nun erstmalig unter klinischen Bedingungen die Aussagekraft der beiden Verfahren. JAMA 2007; 298: 2743–2753 SNAPSHOT-Registers wurde von der Der Vorhersagescore wurde durch vergeben werden. Jede Zunahme des Der Vergleich zwischen Szintigraphie Bei der eigentlichen Fragestellung der Firma AstraZeneca unterstützt. Der eine Meta-Analyse von 12 größeren, Score um 10 Punkte steigert, so fan- und moderner Computertomographie Studie, der Embolierate in der Nach- Erstautor und die BNK Service-GmbH klinischen COPD-Studien erstellt. Im den die Autoren, das Mortalitäts- zeigt, dass beide Verfahren zuverläs- beobachtungsphase, zeigten sich haben Forschungsgelder der Fa. ersten Durchgang nutzten A. Briggs und Hospitalisierungsrisiko um etwa sig eine Lungenembolie ausschließen keine signifikanten Differenzen. In der AstraZeneca GmbH zur Unterstüt- et al. das Datenmaterial dieser Studi- die Hälfte. Zusätzlich steigt das Risi- können. Dies fanden die Autoren in Szintigraphiegruppe lag die Lunge- zung dieses Projektes erhalten. Die en, um aus den Verläufen von 5 856 ko für eine schwere Exazerbation um einer vergleichenden, einfach verblin- nembolierate bei 0,4%. In der CTPA- übrigen Autoren erklären, dass sie Patienten mögliche Parameter für die 21%. Das Risiko bezieht sich dabei deten Multizenterstudie heraus. Bei Gruppe hatte 1% der initial als negativ keine finanziellen Verbindungen mit klinische Prognose zu ermitteln. auf die nächsten drei Krankheitsjah- den 1415 Patienten bestand entweder befundeten Patienten im Verlauf eine re. Im ungünstigsten Falle, beim Vor- klinisch der Verdacht auf eine Lunge- Lungenembolie entwickelt. • Angiotensin-Rezeptorblocker werden bei gesetzlich versicherten Patienten seltener eingesetzt. Hier ist Handlungsbedarf angesagt, um die Qualität der Behandlung zu steigern. Autorenerklärung: Die Arbeit des einer Firma haben, deren Produkt in dem Beitrag eine wichtige Rolle spielt Hierunter verstand man eine liegen von 90 Punkten, erreicht das (oder mit einer Firma, die ein Kon- Abschätzung der zu erwartenden Mortalitätsrisiko 31%, das Hospitali- kurrenzprodukt vertreibt). Mortalität, die Rehospitalisierungsra- sierungsrisiko steigt auf 61%, und im te und die Rate der drohenden Exa- Folgezeitraum sind etwa 9 Exazerba- S. Silber1, B. M. Richartz1, F. Goss2, zerbationen. Dies jeweils bezogen auf tionsereignisse zu erwarten. Die sta- W. Haerer2, M. Glowatzki3, die nächsten drei Jahre. Im zweiten tistischen Parameter zeigen an, dass R. E. Schmieder4 Studiendurchgang wurden die ermit- der Score zuverlässige Aussagen 1Kardiologische Gemeinschaftspraxis, telten Vorhersageparameter in einem erlaubt. München Score zusammengefasst und an wei- 2BNK Service-GmbH, München 3Senior Consultant SPSS GmbH Soft- teren 2946 Patienten aus dem gleichen Datenpool validiert. Fazit Der neu konzipierte CPI-Score ist für Kliniker und für Forscher ein geeig- ware, München 4Abteilung für Nephrologie und Der neue CPI-Score („chronic netes Instrument, um die langfristige Hypertonie der Universität Erlangen- obstructive pulmonary disease prog- Prognose von COPD-Patienten abzu- Nürnberg nostic index“) berücksichtigt folgen- schätzen. Dieser Score könnte den de Parameter: 1-Sekunden-Ausatemtest ablösen, so Korrespondenz – Lebensqualität (CRQ-Score), die Autoren. BNK Service GmbH – Sekunden-Spitzenstoß (FEV1%), Siegesstr. 15 – Alter, 80802 München – Geschlecht, eMail [email protected] – Body-Mass-Index, Dr. med. Horst Gross Mit der Computertomographie-Pulmonalangiographie (CTPA) lassen sich signifikant mehr Lungenembolien nachweisen. Im Bild sieht man eine Lungenembolie beidseits mit frischen, kontrastmittelumspülten Thromben in der linken Pulmonalarterie. (Bild: Bildgebende Diagnostik. M. Thelen et al. Georg Thieme Verlag KG Stuttgart, 2007). – vorangegangene Exazerbationen Die Literatur zum Artikel finden Sie im Internet unter www.BDI.de auf den Seiten von BDI aktuell. Der Artikel ist erstmals erschienen in der Deutschen Medizinischen Wochenschrift (Dtsch Med Wochenschr 2007; 132: 2430 – 2435). Alle Rechte vorbehalten. und anamnestische KHK. Diese einzelnen Parameter wurden entsprechend gewichtet. Auf dem CPI-Score können 10 bis 90 Punkte Die Beiträge sind erstmals erschienen in der Deutschen Medizinischen Wochenschrift (Dtsch Med Wochenschr 2008; 133: 334 bzw. 171). Alle Rechte vorbehalten. nembolie (Well-Score = 4,5) oder es Fazit lag ein erhöhter D-Dimer-Wert im Auffallend ist, dass die CTPA eine Serum vor. Die Verdachts-diagnose höhere Sensitivität als die Szinti- wurde dann randomisiert entweder graphie aufweist. Eventuell werden mittels Szintigraphie oder mit einer hier mehr, klinisch nicht relevante Computertomographie-Pulmonalan- Embolien erfasst, so vermuten die giographie (CTPA) überprüft. Den aus- Autoren. Impressum wertenden Radiologen waren die Vor- BDI aktuell wird vom Berufsverband Deutscher Internisten (BDI) e.V. herausgegeben und erscheint im Georg Thieme Verlag KG. Die Zeitung erscheint monatlich mit Doppelnummer im August/September. BDI-Mitglieder erhalten BDI aktuell im Rahmen ihres BDI-Mitgliedsbeitrags. CTPA- oder Szintigraphie-Ergebnis Für J. Glassroth gibt es zwei wichtige Berufsverband Deutscher Internisten (BDI) e.V. • www.BDI.de • Schöne Aussicht 5, 65193 Wiesbaden • Tel.: 0611/181 33-0 • Fax: 0611/181 33-50 • E-Mail: [email protected] • Präsident: Dr. med. Wolfgang Wesiack • Geschäftsführer: RA Helge Rühl wurde in üblicher Weise antikoagu- Befunde: Zum einen ist die höhere liert. Die Autoren interessierte beson- Trefferquote der CTPA-Untersuchung ders, ob es bei den Patienten, bei auffallend. Eine Nachweisdifferenz denen initial eine Lungenembolie von 5% zwischen Szintigraphie und ausgeschlossen wurde, im weiteren CTPA ist ein gravierender, abklä- Verlauf doch noch zu einer solchen rungsbedürftiger Befund. Eventuell kam. Diese Nachbeobachtungsphase liegt bei dem CTPA-Verfahren eine dauerte drei Monate. Anhand dieser Art Übersensibilität vor. Die zusätz- Fragestellung, die auch den primären lich diagnostizierten Lungenembo- Endpunkt der Studie darstellte, wollte lien führen unter Umständen zu man die Zuverlässigkeit der beiden nicht indizierten Antikoagulations- Nachweismethoden vergleichen. therapien, die den Patienten gefähr- Wichtiger Hinweis: Wie jede Wissenschaft ist die Medizin ständigen Entwicklungen unterworfen. Forschung und klinische Erfahrung erweitern unsere Erkenntnisse, insbesondere was Behandlung und medikamentöse Therapie anbelangt. Soweit in diesem Heft eine Dosierung oder eine Applikation erwähnt wird, darf der Leser zwar darauf vertrauen, dass die Autoren und der Verlag große Sorgfalt daran verwandt haben, dass diese Angabe dem Wissensstand bei Fertigstellung der Zeitung entspricht. Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag jedoch keine Gewähr übernommen werden. Jeder Benutzer ist angehalten, durch sorgfältige Prüfung der Beipackzettel der verwendeten Präparate und gegebenenfalls nach Konsultation eines Spezialisten festzustellen, ob die dort gegebene Empfehlung für Dosierungen oder die Beachtung von Kontraindikationen gegenüber der Angabe in dieser Zeitung abweicht. Eine solche Prüfung ist besonders wichtig bei selten verwendeten Präparaten oder solchen, die neu auf den Markt gebracht worden sind. Jede Dosierung oder Applikation erfolgt auf eigene Gefahr des Benutzers. Autoren und Verlag appellieren an jeden Benutzer, ihm auffallende Ungenauigkeiten dem Verlag mitzuteilen. Geschützte Warennamen werden nicht in jedem Fall besonders kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt. Es fiel auf, dass mit der CTPA signifi- den. Zum anderen zeigt sich, dass die kant mehr Lungenembolien nachge- wesentlich strahlungsärmere Szinti- wiesen wurden. In dieser Gruppe graphie immer noch eine zuverlässi- diagnostizierte man bei 19,2% der Ver- ge Methode zur Abklärung der Ver- dachtspatienten tatsächlich eine pul- dachtsdiagnose Lungenembolie dar- monale Embolie. In der Szintigraphie- stellt. Hier ist auch zu bedenken, gruppe lag diese Rate nur bei 14,2%. dass die Kontrastmittelbelastung des Diese Differenz zu Gunsten der CTPA Patienten entfällt. Copyright: Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen einzelnen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. war ein unerwarteter Befund. Erwar- JAMA 2007; 298: 2788–2789 Georg Thieme Verlag KG Stuttgart New York • www.thieme.de •Rüdigerstr. 14, 70469 Stuttgart • Tel.: 0711/8931-0, Fax: 0711/8931-235 • E-Mail: [email protected] Redaktion: Chefredakteur: Dr. med. Hans-Friedrich Spies (HFS), V.i.S.d.P • Redaktion (Mantelteil): Dr. med. Stefanie Conrads (SC) • Layout-Entwurf (Mantelteil): Michael Zimmermann • Herstellung, Layout und Layoutentwurf (Kongresse & Services): Andrea Hartmann • Redaktion und Layout (Kongresse & Services): Sabine Kloos • Druck: L.N. Schaffrath, Marktweg 42–50, 47608 Geldern Weitere Mitarbeiter und Autoren dieser Ausgabe: Thomas Ballast, Dr. Fikret Er, Dr. Katja Flieger, Dr. M. Glowatzki, Dr. F. Goss, Dr. Horst Gross, Dr. W. Haerer, Dr. Birgit Harbeck, Dr. Markus Hofmann, Stephanie Hügler, Dr. Wolf-Dieter Kirsten, Regina Krill, Prof. Dr. Heiner Mönig, Ulrike Müller, Dr. B.M. Richartz, Klaus Schmid (KS), Dr. R.E. Schmieder, Dr. S. Silber, Prof. Dr. Dr. Eberhard Standl, Dr. Rainer Wallraf, Dr. Johannes Weiß Anzeigenverwaltung/-leitung: Manfred Marggraf, pharmedia Anzeigen- und Verlagsservice GmbH, Rüdigerstr. 14, 70469 Stuttgart, Tel.: 0711/8931-464, Fax: 0711/8931-470, E-Mail: [email protected] • Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 6. Kleinanzeigen schicken Sie bitte an die BDI-Geschäftsstelle (Adresse s.o.) oder an [email protected] befunde nicht bekannt. Bei positivem Kommentar zur Studie tet hatte man, dass die Szintigraphie die höheren Nachweisraten aufweist. Dr. med. Horst Gross Medizin Nr. 4 • April 2008 Heparinisierung Prophylaxe eines plötzlichen Herztods nach Infarkt Thrombozytopenie unter Heparin häufiger als gedacht ICD löst nach Katheterablation seltener aus Unter einer Heparintherapie kommt es gelegentlich zu einem Abfall der Thrombozyten. Als Ursache muss diesem nicht zwangsläufig eine immunologische Reaktion im Sinne einer heparininduzierten Thrombozytopenie Typ II (HIT II) vorliegen. Die Relevanz dieser Thrombozytopenie ist nicht geklärt. Arch Intern Med. 2008; 168: 94–102 15 Ein implantierbarer Kardioverter-Defibrillator (ICD) kann nach einer ventrikuläre Arrhythmie einen plötzlichen Herztod verhindern. Dennoch garantiert das Gerät keine absolute Sicherheit, der Schock ist zudem schmerzhaft. Eine zusätzliche Katheterablation scheint die Schockfrequenz zu senken, wie V.Y. Reddy et al. berichten. N Engl Med 2007; 357: 2657–65 Aufnahme in die Studie fanden gleich dies nicht statistisch signifi- tive, randomisierte Studien gezeigt. Patienten nach Herzinfarkt, die kant war (9% vs. 17%). Kliniker sollten sich der Lücke G. B. F. Oliveira et al. haben zu diesem höher als ohne Thrombozytopenie zumindest einmal eine ventrikuläre Thema eine prospektive Beobach- (Odds Ratio 3,4; p < 0,001). Auch Myo- Tachykardie oder ein Kammerflim- tungs-Untersuchung an 48 US-Kran- kardinfarkte (11% vs. 5,7%; p < 0,001) mern erlitten hatten und bei denen Bei Patienten nach Myokardinfarkt, ventrikuläre Tachykardien mittels kenhäusern durchgeführt. In die Stu- und Zeichen der Herzinsuffizienz die Implantation eines ICD erfolgt die zur Sekundärprophylaxe eines Katheterablation zu heilen, klaffe. die wurden 2420 Patienten mit einem (21,1% vs. 16,9%; p < 0,01) traten bei oder geplant war. Die Teilnehmer plötzlichen Herztods einen ICD erhal- Um diese zu schließen, sind nach mittleren Alter von 65 Jahren aufge- Patienten mit einer Thrombozytope- wurden randomisiert auf zwei Grup- ten hatten, konnte eine prophylakti- seinen Worten weitere Studien not- nommen, die aus unterschiedlichen nie signifikant häufiger auf. pen verteilt. Patienten der Kontroll- sche Katheterablation die Auslöserate wendig, die den Nutzen von Ablation Gründen für mindestens 4 Tage Hepa- Ein Antikörpersuchtest wurde bei 78 gruppe (n=64) erhielten in der Folge des Geräts senken, so die Autoren. und antiarrhythmischen Medika- rin erhielten. Es galt herauszufinden, Patienten durchgeführt, bei denen kli- keine weitere spezifische Studien- wie hoch die Inzidenz einer Thrombo- nisch der Verdacht auf eine heparin- therapie. Bei den Patienten der Inter- zytopie unter Heparin ist und welche induzierte Thrombozytopenie ventionsgruppe (n=64) nahmen die M. Estes kritisiert, dass die Studie nen nicht als klinisch indizierte Pro- Bedeutung sie hat. Eine Thrombozyto- bestand. Bei 17 Patienten wurde die Autoren eine prophylaktische Sub- nicht auf die klinisch wesentlich phylaxe ansehen, um die Auslöserate penie wurde angenommen, wenn die Diagnose einer HIT II bestätigt. strat-Katheterablation vor. Kontroll- brennendere Frage eingeht, wie der von ICDs zu senken. untersuchungen fanden nach 3, 6, 9, relative Effekt einer Therapie mit N Engl J Med 2007; 357: 2717–2719 12, 18 und 24 Monaten statt. Primä- Antiarrhythmika aussieht. Dass diese Gesamtzahl der Thromboyzten unter 150 000/ml oder um die Hälfte des Fazit bewusst sein, die zwischen der gänFazit menten vergleichen. Bis diese Daten Kommentar zur Studie Ausgangswertes abfiel oder beides Unter einer Heparintherapie tritt häu- rer Endpunkt war das Überleben nämlich die Auslösefrequenz von vorlag. fig eine Thrombozytopenie auf. Diese ohne Auslösen des ICD. Kein Patient ICDs senken können, hätten prospek- Demnach trat eine Thrombozytopenie Thrombozytopenie ist mit einer hohen erhielt antiarrhythmische Medika- bei 881 Patienten (36,4%) auf. Die Mortalität und kardiovaskulären Mor- mente, ausgenommen Betablocker. Gesamtmortalität war bei diesen bidität assoziiert, so die Autoren. Die durchschnittliche Nachbeobach- Dr. med. Fikret Er Patienten mit 5,1% vs. 1,6% signifikant gigen Praxis und dem Versprechen, vorlägen, sollte man Katheterablatio- Dr. med. Johannes Weiß tungszeit betrug 22,5 Monate, die 30-Tages-Mortalität nach Katheterablation lag bei 0. Durch die Ablation Bauchaortenaneurysmata veränderte sich bei keinem Patienten die linksventrikuläre Funktion oder Stent oder offene OP? der Grad der Herzinsuffizienz signifikant. Während der Studienphase löste bei 21 Patienten (33%) der Kon- Seit 1991 hat die endovaskuläre Stentimplantation zur Behandlung von abdominellen Aneurysmata Einzug in die Kliniken erhalten. Derzeit konkurriert diese weniger invasive Methode mit der offenen Operation. N Engl J Med 2008; 358: 464–474 trollgruppe und bei 8 (12%) der Interventionsgruppe der ICD aus (relatives Risiko in der Ablationsgruppe 0,35). Davon erfolgte bei 20 (31%; Kontrollgruppe) bzw. 6 Teil- M.L. Schermerhorn et al. haben zu die- nehmern (9%; Interventionsgruppe) Fazit sem Thema die Daten von 45 660 Die periprozedurale Letalität insbe- ein Schock, bei den restlichen ein Patienten untersucht. Bei jeweils sondere älterer Patienten ist bei der antitachykardes Pacing. Die Mortali- 22 830 Patienten mit Bauchaortena- endovaskulären Behandlung von Bau- tätsrate zeigte nach Ablation einen neurysma war eine endovaskuläre chaortenaneurysmata niedriger als bei Trend zu geringeren Werten, wenn- Behandlung mittels Stentimplantation offenen Operationen. Einzelne Kom- bzw. eine offene Operation durchge- plikationen treten behandlungsspezi- führt worden. Patienten mit Notwen- fisch unterschiedlich häufig auf, die digkeit für einen Bypass und thoraka- gesamte Komplikationsrate ist aber in len Aneurysmata wurden in die Studie beiden Methoden vergleichbar, so die nicht aufgenommen. Es galt herauszu- Autoren. finden, mit welchen kurz- und lang- Dr. med. Fikret Er Die Beiträge sind erstmals erschienen in der Deutschen Medizinischen Wochenschrift (Dtsch Med Wochenschr 2008; 133: 334, 394 bzw. 294 ). Alle Rechte vorbehalten. Eine zusätzliche Katheterablation senkt die Schockfrequenz, so die Autoren der Studie. Das Bild zeigt eine Katheterablation bei Vorhofflimmern. Abl=Ablationskatheter; CS=Sinus coronarius; RV=rechter Ventrikel; His = His-Bündel (Bild: Thiemes Innere Medizin, Georg Thieme Verlag KG Stuttgart, 1999) fristigen (4 Jahre) Erfolgen und Komplikationen beide Methoden verbunden sind. Die periprozedurale Letalität war mit 1,2% vs. 4,8% in der Stentgruppe signifikant niedriger als in der OP-Gruppe (p<0,001). Dieser Unterschied war bei älteren Patienten besonders groß (-2,1% bei 67–69 Jahren, -8,5% bei über 85-Jährigen). Nach 4 Jahren glich sich die Letalität in beiden Populationen an. Eine Ruptur ereignete sich in der Stentgruppe mit 1,8% vs. 0,5% signifikant häufiger als in der OP-Gruppe (p<0,001). Entsprechend war eine Reintervention bei 9% in der Stentgruppe und 1,7% in der OP-Gruppe notwendig (p<0,001). Abdominelle Komplikationen, wie Hernien und Verwachsungen, traten in der OPGruppe mit 9,7% vs. 4,1% häufiger auf als in der Stentgruppe (p<0,001). Sonoring 1/5 Seite Eckfeld (224 mm breit x 80 mm hoch) 16 Medizin Nr. 4 • April 2008 Thromboseprophylaxe internistischen Risikopatienten In vielen Ländern noch großer Nachholbedarf Die tiefe Beinvenenthrombose ist eine gefürchtete medizinische Komplikation. Mittlerweile existieren klar definierte und empirisch abgesicherte Richtlinien zur suffizienten Thromboseprophylaxe. Doch wie sieht es mit der Umsetzung dieser Richtlinien im internationalen Vergleich aus? A.T. Cohen et al. gingen dieser Frage kürzlich nach. Lancet 2008; 371: 387–394 waren nach diesen Standards suffizient mit einer Thromboseprophylaxe versorgt worden. In den USA erreichte die Prophylaxerate bei chirurgischen Patienten nur 71% und bei internistischen Patienten nur 48%. Polen lag mit 66% Prophylaxe bei chirurgischen Patienten und 35% bei internistischen Patienten eher im Mittelfeld. Auffallend war die geringe Durchdringung der internationalen Standards in Ländern wie Thailand und Bangladesch. Hier lagen die ent- Nur 70% der internistischen Risikopatienten werden in Deutschland adäquat mit einer Thromboseprophylaxe versorgt worden, so das Ergebnis einer Studie. (Bild: Gerinnungsstörungen in Gynäkologie und Geburtshilfe, W. Rath und L. Heilmann, Georg Thieme Verlag KG Stuttgart, 1999). Ernährungsmedizin Fruktose erhöht Gichtrisiko Ernährungsempfehlungen gegen Gicht warnen bisher vor allem vor Alkohol und purinhaltigen Lebensmitteln. Einen möglichen Zusammenhang von Gicht mit dem Konsum stark zucker- oder fruktosehaltiger Getränke untersuchten nun H.K. Choi et al. BMJ 2008; DOI: 10.1136/bmj.39449.819271.BE Nur in wenigen Ländern, etwa ans) bewertet. Die Dosierung der sprechenden Raten nur im Promille- Deutschland, hat sich die Thrombo- Medikamente konnte dabei nicht bereich. International gesehen wurde seprophylaxe im klinischen Alltag ausgewertet werden, da hierfür bevorzugt niedermolekulares Hepa- wirklich durchgesetzt. Das belegt die keine internationale Standardisie- rin eingesetzt. Es diente bei 46% der multinationale Vergleichsstudie, in rung existiert. Patienten, bei denen chirurgischen und bei 30% der inter- deren Rahmen die Daten von 68 163 eine Kontraindikation gegen eine nistischen Patienten zur Prophylaxe. Patienten in 358 Krankenhäusern, medikamentöse Thromboseprophy- aus insgesamt 32 Ländern ausgewer- laxe vorlag (z.B. akute Blutung oder tet wurden. Überprüft hatte man Trauma), wurden nicht in die Studie Die Thromboseprophylaxe hat sich zum einen, ob bei dem Patienten ein einbezogen. Die Datenerhebung international noch nicht als medizi- relevantes Thromboserisiko vorlag. erfolgte im Zeitraum vom August nischer Standard durchgesetzt. Dies war zum Beispiel bei einer 2006 bis Januar 2007. Besonders in Entwicklungsländern medizinisch induzierten Bettruhe Im internationalen Maßstab zeigte findet praktisch keine Prophylaxe der Fall. Zum anderen erfassten die sich eine erhebliche Schwankungs- statt. Aber auch in hoch entwickelten Autoren, wie und ob bei diesen breite bei der Durchsetzung der Pro- Ländern wie etwa Polen besteht Patienten dann eine Thrombosepro- phylaxestandards. Im Durchschnitt noch ein erheblicher Optimierungs- phylaxe durchgeführt wurde. Regis- bestand bei 64% der chirurgischen bedarf. triert wurden sowohl medikamentö- und bei 42% der internistischen se (z.B. Heparin, Acetylsalicylsäure) Patienten ein relevantes Thrombose- als auch physikalische Maßnahmen risiko. Überwiegend verursacht Die Autoren nahmen 46 393 Männer Vorbelastung oder bestehender Gicht (z.B. Kompressionsstrümpfe). durch die Bettruhe. Die höchste über 40 Jahren aus der „Health Pro- sollten fruktosehaltige Getränke Die Wirksamkeit dieser Maßnahmen Durchdringungsrate der ACCP-Emp- fessionals Follow-Up Study“ in ihre meiden. wurde nach den Standards des ACCP fehlungen fand sich in Deutschland. (American College of Chest Physici- 92% der chirurgischen und 70% der prospektive Kohortenstudie auf. Die Dr. med. Katja Flieger Fazit Dr. med. Horst Gross Die Beiträge sind erstmals erschienen in der Deutschen Medizinischen Wochenschrift (Dtsch Med Wochenschr 2008; 133: 449 – 451). Alle Rechte vorbehalten. Männer wurden zu ihrem Lebensstil und ihrer Gesundheit befragt: Unter anderem beantworteten sie Fragen zu ihrem Konsum von Softdrinks und Kurzmitteilung Fruktose. Als primären Endpunkt definierten die Autoren die Gichtinrican College of Rheumatology“. Erhöhter BMI begünstigt bestimmte Krebsarten Im Beobachtungszeitraum von 12 Bekannt ist, dass Übergewicht sich Jahren erkrankten 755 der Männer negativ auf die Gesundheit auswirkt. an Gicht. Je höher der Verbrauch an Aber dass ein erhöhter BMI (Body- Softdrinks, desto größer war deren mass index) bestimmte Krebsarten Gichtrisiko. Im Vergleich zu den Pro- wahrscheinlicher werden lässt und banden, die weniger als einen Soft- dabei auch zwischen dem drink pro Monat zu sich nahmen, lag Geschlecht unterschieden werden das relative Gichtrisiko bei einem kann, haben jetzt A.G. Renehan et zidenz nach den Kriterien des „Ame- Konsum von 5–6 dieser Getränke pro Woche um 29% höher, bei täglichem Verbrauch um 45% und bei mehr als al. in einer Meta-Analyse (mit Studi- Accuvix 169 x 188 en zwischen 1966 und 2007) herausgefunden. Durch die Zunah- zwei dieser Getränke täglich um 85% me des BMI um 5 kg/m2 steigt bei höher. Frisch gepresster Fruchtsaft Männern das Risiko an Ösophagus- und Obst, das viel Fruktose enthält krebs zu erkranken an. Auch die (z.B. Äpfel, Orangen) erhöhten das Wahrscheinlichkeit von Schilddrü- Gichtrisiko ebenfalls (p<0.05). Diät- sen-, Darm- und Nierenkrebs erhöht getränke ohne Fruktose führten bei sich. Bei Frauen hingegen steigt mit den Männern hingegen nicht zu Zunahme des BMI um 5 kg/m2 das einem höheren Gichtrisiko. Auftreten von einem Gebärmutterschleimhaut- und Gallenkarzinom. Als Ursache vermuten die Autoren Dagegen macht die ethnische Her- den vermehrten Abbau von ATP zum kunft der untersuchten Personen Harnsäure-Vorläufer AMP durch die keinen Unterschied aus, lediglich Fruktosephosphorylierung: Bereits das Risiko prämenopausal und post- wenige Minuten nach dem Verzehr menopausal an Brustkrebs zu fruktosehaltiger Getränke steigt der erkranken war für übergewichtige Harnsäure-Spiegel im Plasma. Frauen im Raum Asien-Pazifik höher als in anderen Regionen. Die Studie Fazit macht deutlich, dass die Wahr- Die Ergebnisse sprächen nicht gegen scheinlichkeit an bestimmten Krebs- Obst als Ernährungsbestandteil, so arten bei Übergewicht zu erkranken die Autoren. Die vor allem auf Purine bezüglich des Geschlechts aufge- fokussierten Ernährungsempfehlun- spalten werden kann. gen müssten jedoch überdacht wer- Lancet 2008; 371: 569–78 den. Personen mit einer familiären klr