Makroökonomie

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MaÖk1
ZF_Makroökonomie.doc
Makroökonomie
Was ist Makroökonomie?
Mikroökonomie untersucht, wie Haushalte und Unternehmen Entscheidungen treffen und wie Haushalte und
Unternehmen auf den einzelnen Märkten zusammen wirken.
Makroökonomie untersucht folgende gesamtwirtschaftliche Phänomene:
▪
Inflation
▪
▪
Arbeitslosigkeit
Wachstum
▪
Konjunktur
▪
Aussengleichgewicht
▪
Beschreibung:
Anstieg aller Preise
Inflationsrate π
ALQ (Arbeitslosenquote)
Langfristige Entwicklung (15 – 20 Jahr),
BIP, BSP, VE
Kurzfristige Schwankungen (z.B.
quartalsweise bis 5 Jahre)
Wert der eigenen Währung
(Zahlungsbilanz, Überschüsse, Defizite)
Lorenz-Kurve, Gini-Index
Verteilung von
Einkommen und
Vermögen
Diese Phänomene entstehen und verändern
sich durch das Zusammenwirken von:
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
private Haushalte
Unternehmen
Staat
Ausland
Wirtschaftspolitische Ziele:
Geldwertstabilität
Vollbeschäftigung
Stetiges Wachstum, Nachhaltigkeit
Glättung
langfristiger Ausgleich Import =
Export
Sozialer Ausgleich
Einfacher Wirtschaftskreislauf:
4 Sektoren
bzw.
Makroökonomische
Aggregate
3 Ökonomische Grundaktivitäten
ƒ
ƒ
ƒ
Produktion
Tausch
Konsum
18. Faktormärkte
1. Produktionsfaktoren
ƒ
Produktionsfaktoren bezeichnen den Input zur Herstellung von Gütern und Dienstleistungen:
o Arbeit (Labor, z.B. Arbeitszeit eines Angestellten)
o Boden (Land, z.B. Grundstück z.B. ohne Apfelbäume)
ƒ Das Angebot an Boden ist vollkommen unelastisch (horizontal) da Boden nur in
begrenztem Mass zur Verfügung steht.
o Kapital (Capital, z.B. Gebäude und Ausrüstung)
ƒ Das Finanzkapital ist damit nicht gemeint. Finanzkapital in ökonomischer Sicht = Liquidität.
2. Die Nachfrage nach dem Produktionsfaktor Arbeit (Arbeitsmarkt)
a) Wieviele Arbeitskräfte werden eingestellt?
ƒ Die nebenstehenden Abbildungen zeigen den
Arbeitsmarkt für Äpfelpflücker und den Markt für
Äpfel. Die Unternehmung fragt auf dem Arbeitsmarkt
Äpfelpflücker nach und bietet die Äpfel
anschliessend auf dem Markt für Äpfel an.
ƒ Die Nachfrage nach Produktionsfaktoren (im
Beispiel Apfelpflücker) ist keine normale Nachfrage,
sondern eine Derivative Nachfrage. Die Nachfrage
nach einem Produktionsfaktor (z.B. Apfelpflücker) hängt vom Preis des
herzustellenden Endgutes (z.B. Äpfel) ab. Die Arbeitsnachfrage ist also eine abgeleitete Nachfrage
aus dem Markt der Endgüter (Äpfel).
1
o
o
o
3 Annahmen:
ƒ 2 Märkte:
• Endgüter (Äpfel) Æ vollkommene Konkurrenz
• Arbeit (Arbeitsmarkt für Äpfelpflücker) Æ vollkommene Konkurrenz
Die Äpfel-Unternehmung ist Price-Taker.
ƒ 2 Produktionsfaktoren:
• Arbeit Æ variabel
• Kapital (Material wie Äpfelkörbe etc.) Æ konstant (Ceteris Paribus)
ƒ Ziel der Unternehmung: Gewinnmaximierung
Entscheidungskalkül der Unternehmung: Gewinnmaximale Menge an Arbeit
ƒ Die Unternehmung muss jetzt entscheiden wie viele Äpfelpflücker sie einstellt und
wie viel Äpfel sie dadurch Pflücken kann um den Gewinn zu maximieren.
ƒ Labor L
Value of the ! Wage (Labor Marginal
Output Q Marginal
Income)
(Anzahl
(Äpfel
Profit
Marginal
Product of
(Grenzkosten (Grenzgewinn)
Äpfelpro
Product of
Labor MPL
für einen
pflücker)
Woche)
(Grenzprodukt Labor VMPL
(Grenzprodukt zusätzlichen
der Arbeit)
Arbeiter)
(Grenzprodukt · Marktpreis
Endgut)
in Äpfel für
(Marktpreis =
einen
10 bei vollk.
zusätzlichen
Konkurrenz)
Arbeiter)
P · MPL
0
0
1
100
100
1’000
500
500
2
180
80
800
500
300
240
60
100
3
600
500
=
4
280
40
400
500
- 100
5
300
20
200
500
- 300
Die erste und zweite Kolonne stellen die Werte der Produktionsfunktion dar:
Die Produktionsfunktion zeigt den
Zusammenhang zwischen der Outputmenge
eines Gutes (y-Achse) und den dafür
verwendeten Faktoreinsätzen (x-Achse).
Y = f(K, L)
ƒ
Wiederum sieht man das abnehmende
Grenzprodukt. Je mehr Apfelpflücker man hat,
desto mehr stehen sie sich selbst im Weg und
somit kann jeder zusätzliche Apfelpflücker
weniger Äpfel pflücken. Womöglich gibt es zu
Beginn Spezialisierungsvorteile.
Y = Output in Äpfeln!!!
K = Kapitalmenge (Anzahl Maschinen)
L = Arbeitsmenge (Anzahl Arbeitskräfte)
Angenommen der Lohn eines Apfelpflückers betrage 500 (exogen vorgegeben). Die
ersten 3 Apfelpflücker bringen einen Grenzgewinn. Beim 4. und 5. Arbeiter entsteht
ein Grenzverlust. Deshalb stellt die Firma 3 Arbeiter ein.
• VMPL (Value of the Marginal Product of Labor P · MPL) = W (Wage)
oder
Marginal Profit (Grenzgewinn) = 0
• VMPL ist nichts anderes als die
Nachfragekurve nach Apfelpflückern.
• W (Wage, Lohnsatz) ist nichts
anderes als die Angebotskurve von
Apfelpflückern.
• Beachte: VMPL = W also: Jeder
Produktionsfaktor wird genau so
hoch entlöhnt, wie er seinen
marginalen Beitrag (VMPL) dazu
beiträgt. Daher gilt auch historischempirisch langfristig für die Schweiz: Arbeitsproduktivität = Reallohnindex.
• Das abnehmende Grenzprodukt ist die Ursache der negativen Korrelation
der Nachfragekurve nach Arbeitnehmern.
• Lohnausgaben / Lohneinkommen alle Arbeiter = W* · L*
2
b) Ursache einer Verschiebung der Arbeits-Nachfragekurve
ƒ
ƒ
ƒ
Marktpreis des Endgutes
o VMPL = P · MPL
o Preiserhöhung Endgut Äpfel: VMPL wird grösser (VMPL verschiebt sich nach rechts) Æ Die
Unternehmung fragt mehr Apfelpflücker nach.
o Preissenkung Endgut Äpfel: VMPL wird kleiner (VMPL verschiebt sich nach links) Æ Die
Unternehmung fragt weniger Apfelpflücker nach.
Technologischer Fortschritt
o Die Produktivität steigt: Die Produktionsfunktion dehnt sich nach oben. Das
Grenzprodukt der Arbeit (MPL) wird grösser und damit auch das VMPL. Die
Nachfrage nach Arbeitskräften (Produktionsfaktoren) steigt an.
Das Angebot anderer Produktionsfaktoren
o Die vorhandene Menge anderer Produktionsfaktoren kann einen Effekt auf das
Grenzprodukt anderer Faktoren haben. So kann z.B. ein Rückgang im Angebot
der Leitern das Grenzprodukt der Äpfelpflücker verkleinern womit weniger Apfelpflücker
nachgefragt werden.
3. Das Angebot des Produktionsfaktors Arbeit (Arbeitsmarkt)
ƒ
ƒ
Die nebenstehende Abbildung zeigt eine typische
Arbeitsangebotskurve.
o Bei sehr hohen Löhnen entscheidet man sich weniger zu
arbeiten da man in einigen Stunden Arbeit schon sehr viel
verdient.
o Bei sehr tiefen Löhnen wird man sehr viel Arbeiten um das
nötige Einkommen zu generieren.
Ursache einer Verschiebung der Arbeits-Angebotskurve
o Sittenwandel
ƒ Die Arbeitsangebotskurve verschiebt sich nach rechts
wenn mehr Arbeiter auf den Markt drängen. Z.B. wenn Frauen beginnen zu Arbeiten
und sich weniger um die Kindererziehung kümmern.
o Veränderungen auf alternativen Arbeitsmärkten
ƒ Das Angebot an Arbeitern im Apfelpflücker-Arbeitsmarkt sinkt wenn auf dem Markt
für Busfahrer der Lohnsatz steigt.
o Immigration
ƒ Immigranten erhöhen das Arbeitsangebot während Emigranten das Arbeitsangebot
senken.
4. Das Gleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt
ƒ
ƒ
Marktgleichgewicht
o Die nebenstehende Abbildung zeigt das Gleichgewicht auf dem
Arbeitsmarkt: VMPL = W
o Jede Unternehmung hat ihren Gewinn maximiert.
o Fazit: Jedes Ereignis, das das Arbeitsangebot oder die
Arbeitsnachfrage verändert, muss proportional auch den
Gleichgewichtslohnsatz und das damit übereinstimmende
Wertgrenzprodukt VMPL der Arbeit verändern. Nur dann
produziert die Unternehmung weiterhin im Gewinnmaximum.
o Jeder Produktionsfaktor wird genau so hoch entlöhnt, wie
er seinen marginalen Beitrag (VMPL) dazu beiträgt. Daher
gilt auch historisch-empirisch langfristig für die Schweiz:
Arbeitsproduktivität = Reallohnindex.
Veränderung im Arbeitsangebot (Beispiel)
o Durch Immigration verschiebt sich das Arbeitsangebot nach
rechts. Der Lohnsatz sinkt von W* nach W1 und die
angeheuerten Arbeiter steigen von L* nach L1.
o Während die Anzahl Apfelpflücker steigt sinkt das Grenzprodukt
jedes zusätzlich eingestellten Arbeiters. Somit sinkt das VMPL.
Gleichzeitig sinkt aber auch der Lohnsatz.
o Sowohl W als auch VMPL sind kleiner als vor der Erhöhung des Arbeitsangebots. Die
Unternehmung produziert weiterhin im Gewinnmaximum.
3
ƒ
Veränderung in der Nachfrage nach Arbeitern (Beispiel)
o Der Preis von Äpfeln (Endprodukt) steigt an. VMPL steigt an. Die
Nachfragekurve VMPL verschiebt sich nach rechts.
o Mit einem höheren Preis der Äpfel lohnt es sich nun mehr
Apfelpflücker einzustellen.Der Lohnssatz steigt von W* nach W1
und die angeheuerten Arbeiter steigen von L* nach L1.
o Sowohl W als auch VMPL sind grösser als vor der Erhöhung des
Arbeitsangebots. Die Unternehmung produziert weiterhin im
Gewinnmaximum.
o Fazit
ƒ Steigt der Preis des Endgutes, machen die Hersteller
einen grösseren Profit und die Arbeitnehmer erhalten einen grösseren Lohn.
ƒ Sinkt der Preis des Endgutes, machen die Hersteller einen kleineren Profit und die
Arbeitnehmer verdienen weniger.
ƒ Principle of Economics: Der Lebensstandard eines Landes hängt von der Fähigkeit
ab, Güter und Dienstleistungen herzustellen.
5. Andere Produktionsfaktoren: Boden und Kapital
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
Bodenmarkt
o Zwei Preise: Mietpreis oder Kaufpreis
o Nachfragekurve VMPL
ƒ MPL Marginal Product of Land (Grenzprodukt in
Endprodukt bei einer zusätzliche Einheit Land) · P
Endprodukt = VMPL
o Gleichgewicht
ƒ VMPL = R (Rente für eine zusätzliche Einheit Boden)
Kapitalmarkt
o Zwei Preise: Mietpreis oder Kaufpreis
o Nachfragekurve VMPK
ƒ MPK Marginal Product of Capital (Grenzprodukt in
Endprodukt bei einer zusätzliche Einheit Kapital) · P
Endprodukt = VMPK
o Gleichgewicht
ƒ VMPK = R (Rente für eine zusätzliche Einheit Boden)
o Mietpreis bezeichnet man als „Capital Income“ (Bspw. Zins,
Eigenrente, Eigenzins, Dividenden)
Verbindungen unterhalb der Produktionsfaktoren
o Jeder Produktionsfaktor wird genau so hoch entlöhnt, wie er seinen marginalen Beitrag
(VMPL) dazu beiträgt.
o Die vorhandene Menge anderer Produktionsfaktoren kann einen Effekt auf das Grenzprodukt
anderer Faktoren haben. So kann z.B. ein Rückgang im Angebot der Leitern das
Grenzprodukt der Äpfelpflücker verkleinern womit weniger Apfelpflücker nachgefragt werden.
Daher: Wenn sich bei einem Produktionsfaktor etwas ändert, ändert sich auch bei den
anderen Produktionsfaktoren etwas. Z.B.:
● Ein Krieg zerstört das Realkapital, führt aber nur zu wenigen Toten.
● Die Pest in Europa (sh. Unten)
Die Auswirkung der Pest auf den Arbeitsmarkt
ƒ Die Pest tötete 1/3 aller Arbeitnehmer, liess aber das Realkapital
unangetastet.
ƒ Auswirkung auf den Lohn der Arbeiter?
o Das Grenzprodukt der Arbeit steigt da weniger Arbeitnehmer
vorhanden sind. (Bewegung auf der Produktionskurve nach
unten oder Darstellung im Arbeitsmarkt mit VMPL)
o Die Löhne steigen von W* nach W**.
ƒ Auswirkung auf die Rente der Landeigner?
o Da weniger Arbeiter vorhanden sind, produziert jede Einheit
Land weniger zusätzlichen Output. Das Grenzprodukt des
Landes wird kleiner.
o Die Mietpreise werden kleiner.
4
7.1 Beispiel: Wieviele Orangen-Pflücker werden eingestellt?
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
Eine Kälteperiode zerstört in Florida einen Teil der Orangen-Plantagen.
a) Was ist die Auswirkung auf den Preis der Orangen?
o Der Preis der Orangen steigt da sich die Angebotskurve infolge des
Minderangebots an Orangen nach links verschiebt.
b) Was ist die Auswirkung auf das Grenzprodukt der Orangenpflücker?
o Das Grenzprodukt der Orangen-Pflücker wird kleiner, da weniger
Orangen an den Bäumen hängen und pro Baum weniger gepflückt
werden kann.
c) Was passiert mit der Nachfrage nach Orangen-Pflücker?
o 3 Mögliche Ausgänge:
ƒ Preisanstieg > Abnahme Grenzprodukt
• Wertgrenzprodukt VMPL wird grösser.
• Die Nachfrage nach Orangen-Pflücker verschiebt sich nach rechts.
• Es werden mehr Orangen-Pflücker nachgefragt.
ƒ Preisanstieg < Abnahme Grenzprodukt
• Wertgrenzprodukt VMPL wird kleiner.
• Die Nachfrage nach Orangen-Pflücker verschiebt sich nach links.
• Es werden weniger Orangen-Pflücker nachgefragt.
ƒ Preisanstieg = Abnahme Grenzprodukt
• VMPL verändert sich nicht.
• Ws werden gleich viel Orangen-Pflücker nachgefragt.
d) Angenommen, der Preis der Orangen verdopple sich und das Grenzprodukt falle um 30 %. Was
passiert mit der Nachfrage nach Orangen-Pflückern?
o Orangenpreis P: + 100 %
Grenzprodukt der Arbeit: - 30 %
VMPL = P · MPL
VMPL · 2 · 0.7 = 1.4
Das Wertgrenzprodukt VMPL steigt um 40 %.
Der Lohnsatz und die Anzahl Angestellten steigt.
ƒ
e) Angenommen, der Preis der Orangen steige um 30 % und das Grenzprodukt falle um 50 %. Was
passiert mit der Nachfrage nach Orangen-Pflückern?
o Orangenpreis P: + 30 %
Grenzprodukt der Arbeit: - 50 %
VMPL = P · MPL
VMPL · 1.3 · 0.5 = 0.65
Das Wertgrenzprodukt VMPL sinkt um 35 %.
Der Lohnsatz und die Anzahl Angestellten sinkt.
7.2 Vertiefung der Produktionsfunktion
ƒ
ƒ
Y = F(K, L)
o Y = Realer Output
o K = Kapitalmenge (Anzahl Maschinen)
o L = Arbeitsmenge (Anzahl Arbeitskräfte)
Konstante Skalenerträge
o Konstante Skalenerträge bedeutet, dass sich die Stückkosten (ATC) nicht verändern, wenn
alle Produktionsfaktoren verändert werden.
o Beweis mit Beispiel:
ƒ Y = (L· K)0.5
Y = 20 (Output)
• K = 40, L = 10
Y = (10 · 40) 0.5
Y = 40 (Output)
• K = 80, L = 20
Y = (20 · 80) 0.5
o Beweis allgemein:
ƒ Die Produktionsfunktion F weist konstante Skalenerträge auf, falls gilt:
Y = F(K, L)
xY = (xK · xL)0.5 Æ xY = [x(K · L)]0.5
Eine Erhöhung aller Inputs (jeder Produktionsfaktoren L und K) um einen
identischen Faktor (x) führt also zu einer Erhöhung des Outputs um denselben
Faktor x. Das ist im obigen Beispiel gut zu erkennen: L und K verdoppeln sich und Y
verdoppelt sich.
5
ƒ
ƒ
Abnehmendes Grenzprodukt
o Ein abnehmendes Grenzprodukt der Arbeit (MPL) liegt dann vor, wenn die Erhöhung nur
eines Inputs zu einem abnehmendem Grenzprodukt führt.
o Beweis mit Beispiel
ƒ L
K
Y
MPL
40
50
44.72
41
50
45.28
0.56
42
50
45.82
0.54
o Beweis allgemein
ƒ Y = (L· K)0.5
= L0.5· K0.5
0.5
-0.5
ƒ YK = L · 0.5K (Grenzprodukt des Kapitals)
ƒ YL = 0.5L-0.5· K0.5 (Grenzprodukt der Arbeit)
ƒ Vielfach kann aus den Funktion abgelesen werden ob es ein abnehmendes oder konstantes
Grenzprodukt ist, z.B. YK=1 (konstantes Grenzprodukt) oder YK= L (konstantes Grenzprodukt,
nämlich L). Bei der vorliegenden Funktion Y = (L· K)0.5 ist dass aber nicht sofort erkennbar.
Die obige Beispiel-Produktionsfunktion Y = (L· K)0.5 verfügt über:
o Konstante Skalenerträge (alle Produktionsfaktoren werden variiert)
o abnehmendes Grenzprodukt (nur Arbeiter oder Kapital wird variiert)
7.3 Beispiel: Der Arbeitsmarkt (identisch mit Skript U2)
ƒ
ƒ
Eine Unternehmung weist eine Produktionsfunktion von Y = (L · K)0.5 auf. Der Preis von Y beträgt
10. K bedeutet, dass das Kapital exogen vorgegeben ist.
Tabelle:
Y
MPL
P · MPL (VMPL)
Output
Grenzprodukt
Wertgrenzprodukt
40
10
20.000
40
11
20.976
0.976
9.762
40
20
28.284
40
21
28.983
0.698
6.985
40
30
34.641
40
31
35.214
0.573
5.726
40
40
40.000
40
41
40.497
0.497
4.969
o Beachte: Gesucht ist das Grenzprodukt der Arbeit MPL. Man darf nicht das Grenzprodukt
zwischen L = 10 und L = 20 bestimmen. Das Grenzprodukt ist immer für eine zusätzliche
Einheit L!!! Also L = 10, L = 11.
Produktionsfunktion
Nebenstehend ist die entsprechende Produktionsfunktion sowie
das Grenzprodukt der Arbeit MPL dargestellt. Man erkennt das
abnehmende Grenzprodukt der Arbeit.
K
ƒ
L
ƒ
Arbeitsnachfragefunktion Nachfragefunktion
Nebenstehend ist die entsprechende Nachfragefunktion nach
Arbeit VMPL eingezeichnet.
o Bei einem Lohn von 5 wird eine Arbeit von L = 50
nachgefragt.
o Bei einem Lohn von 6 wird eine Arbeit von L = 27
nachgefragt.
o Bei einem Lohn von 7 wird eine Arbeit von L = 20
nachgefragt.
ƒ
Angenommen, das Arbeitsangebot betrage 20. Damit beträgt
der Lohn 7.
o a) Berechnen Sie analog den Gleichgewichtspreis des
Kapitals.
6
Wiederum kann eine kleine Tabelle gemacht werden wie oben. Allerdings ist nun die
Anzahl Arbeit L exogen vorgegeben L = 20. Gesucht ist MPK für eine zusätzliche
Einheit Kapital, also von 40 auf 41.
ƒ L
K
Y
MPK
VMPK
20
40
28.284
20
41
28.636
0.351
3.514
ƒ Wiederum gilt: MPK · P = VMPK = r (Realzins)
Damit beträgt der Gleichgewichtspreis des Kapitals 3.514.
o b) Wie hoch ist in diesem Beispiel das Arbeitseinkommen, das Kapitaleinkommen und
der ökonomische Gewinn?
ƒ Arbeitseinkommen
• 7 · 20 = 140
ƒ Kapitaleinkommen
• 3.514 · 40 = 140.56
ƒ Ökonomischer Gewinn
• Total Ertrag
E(x) = P · Y
= 10 · 28.28 = 282.80
• Total Kosten = 140 + 140.56 = 280.56
• Ökonomischer Gewinn = 282.8 – 280.56 = 2.24
ƒ Anmerkung
• Arbeitseinkommen und Kapitaleinkommen sind aufgrund der vorgegebenen
Produktionsfunktion gleich gross. L und K sind gleich gewichtet. Dass muss
nicht zwingend sein.
• Würde man mit der Differentialrechnung die Berechnungen anstellen (sh.
unten) käme man auf einen Gewinn von 0. Der obige Gewinn von 2.24
entsteht nur wegen der ungenauen Rechnung ohne Differential. Ein Gewinn
von 0 entsteht deshalb, weil es sich um vollkommene Konkurrenz handelt.
o c) Was geschieht in der obigen Grafik, wenn die Arbeitsproduktivität zunimmt?
ƒ Die Produktionsfunktion dehnt sich aus nach oben womit MPL (Grenzprodukt der
Arbeit) grösser wird. Damit verschiebt sich VMPL nach rechts.
o d) Was geschieht in der obigen Grafik, wenn das Arbeitsangebot auf 30 steigt?
ƒ Der Lohn sinkt.
Berechnung mit der Differenzialrechnung
o Produktionsfunktion:
Y = (L · K)0.5
Y = L0.5 · K0.5
o Grenzproduktivität der Arbeit (MPL)
YL = 0.5 · L-0.5 · K0.5 (nach L abgeleitet)
(Veränderung des Outputs bei Einsatz einer Einheit Arbeit mehr)
Grenzproduktivität des Kapitals (MPK)
YK = L0.5 · 0.5 · K-0.5 (nach K abgeleitet)
(Veränderung des Outputs bei Einsatz einer Einheit Kapital mehr)
o Angenommen, das Kapital sei exogen vorgegeben K = 40 und der Outputpreis des Endgutes
Y betrage 10.
ƒ VMPL (Wertgrenzprodukt der Arbeit)
VMPL = MPL · p
=
[0.5 · 20-0.5 · 400.5] = 0.707106 · 10 = 7.07106
Bei einem vorgegeben Kapital von 40 und einer gewählten Beschäftigung von 20
beträgt der Gleichgewichtslohn w* 7.07106 und das gesamte Arbeitseinkommen
beträgt 20 · 7.707106 = 141.421.
ƒ VMPK (Wertgrenzprodukt des Kapitals)
VMPK = MPK · p
=
[200.5 · 0.5 · 40-0.5] = 0.353553 · 10 = 3.53553
Bei vorgegebener Gleichgewichtsarbeit von L = 20 und einem exogenen K von 40 beträgt
die Zinsrate r* 3.53553. Das gesamte Einkommen beträgt 40 · 3.53553 = 141.421.
ƒ Resultate:
• Beide Faktoren werden entsprechend ihrem Wertgrenzprodukt entlöhnt.
• Das gesamte Einkommen beider Faktoren (141.421) ist gleich gross in diesem Fall.
o Gewinn = Erlös – Kosten
Erlös = Y · p = 28.284 · 10 = 282.84
Kosten = 141.42 + 141.42 = 282.84
Gewinn = 0
ƒ
ƒ
Aufgaben zu Kap. 18
ƒ PA # 2
ƒ PA # 6
ƒ PA # 8
ƒ Skript Aufg. 1 Seite 9 (konstante Skalenerträge und abnehmendes Grenzprodukt der Arbeit) !!
ƒ Skript Aufg. 2 Seite 9 (einfach, gute Repetion) !
ƒ Skript Aufg. 3 Seite 10 (Cobb-Douglas-Funktion) !!
7
19. Einkommen und Diskkrimination
1. Unterschiedliche Löhne
ƒ
ƒ
Die Lohnsätze für verschiedene Arbeiten sind nicht identisch. Ein Physiker verdient ca. 250'000
pro Jahr, ein Polizist 70'000 pro Jahr und ein Bauer etwa 30'000 pro Jahr.
Warum gibt es diese unterschiedlichen Löhne?
2. Bestimmungsfaktoren für Gleichgewichtslöhne
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
Kompensationsdifferenzen
o Kompensationsdifferenzen sind Abweichungen der Lohnsätze welche durch nichtgeldwirksame Eigenschaften verschiedener Berufe entstehen.
ƒ Der Lohnsatz ist nicht der einzige Grund, weshalb ein Arbeiter einen spezifischen
Beruf wählt. Einige Berufe (z.B. Strandverkäufer) sind gemütlich, lustig und sehr
sicher. Andere Berufe (z.B. Müllmann) sind hart, schwerfällig und gefährlich.
ƒ Je mehr positive nicht-geldwirksame Eigenschaften ein Beruf hat, desto mehr
Personen sind bereit diesen Beruf zu jedem gegebenen Preis zu machen. Die
Folge ist, dass „gute“ Berufe einen tieferen Gleichgewichtslohn haben, als
„schlechte“ Jobs.
ƒ Beispiele:
• Bergarbeiter werden sehr höher entlöhnt als Arbeiten mit einem identischen
Bildungsniveau. Der höhere Lohn entschädigt die Bergarbeiter für die
dreckige und gefährliche Arbeit sowie mögliche Gesundheitsprobleme.
• Nachtarbeiter erhalten einen höheren Lohn, da nur wenige andere bereit sind
in der Nacht zu arbeiten.
Humankapital (Ausbildung und Berufserfahrung)
o Human Capital ist die Summe aller Investitionen in die Belegschaft, wie theoretische
und praktische (On-the-job) Ausbildung zum Zwecke der Produktivitätssteigerung in
der Zukunft. Hierzu gehört auch die Berufserfahrung.
ƒ Neben dem physischen Kapital (Fabrik, Fahrzeuge etc.) zählt auch das Human
Capital zum Produktionsfaktor Kapital.
ƒ Arbeiter mit mehr Human Capital verdienen mehr als jene mit wenig Human
Capital. Unternehmen (die Arbeitsnachfrager) sind bereit mehr für höher
ausgebildete Personen zu bezahlen, da solche Personen höhere Grenzprodukte
aufweisen. Die Arbeiter (die Arbeitsanbieter) sind nur dann bereit die Kosten der
Ausbildung zu bezahlen, wenn sie später eine Belohnung (höhere Löhne) hierfür
erhalten.
ƒ In den letzten 20 Jahren haben sich die Löhne für höher qualifizierte Arbeiter
sehr stark von den Löhnen unqualifizierter Arbeiter entfernt. Ursachen:
• Zunahme der Exporte, welche mehr qualifizierte Arbeiter verlangen.
• Durch technischen Fortschritt steigt die Nachfrage und das Lohnniveau
qualifizierter Arbeiter.
Fähigkeit, Arbeitseffort und Zufall
o Die Fähigkeiten (Stärke, Geschicklichkeit, Sozialkompetenz) einer Person haben starken
Einfluss auf deren Gehalt, weil sie die Produktivität dieser Person mitbestimmen.
ƒ z.B. Fussballspieler; Filmschauspieler (Schönheit als Fähigkeit)
o Der Arbeitseffort (Einige Personen arbeiten sehr hart, andere nicht) einer Person hat
einen starken Einfluss auf deren Gehalt, weil die Anstrengung die Produktivität
steigert.
ƒ z.B. Erfolgsabhängige Löhne für Verkäufer
o Der Zufall hat einen starken Einfluss auf das Gehalt. Richtige Berufswahl zur richtigen
Zeit.
ƒ z.B. Eine Person lernte wie man Röhrenfernseher repariert. Plötzlich werden infolge
rasanter technischer Entwicklung solche Fernseher nicht mehr gross benötigt. Diese
Person wird viel weniger verdienen.
Eine Alternative Theorie für die Ausbildung: Signalisieren
o Nach dieser alternativen Theorie, werden hoch ausgebildete Personen nicht
produktiver, sondern sie signalisieren den Arbeitgebern ihre hohe Fähigkeiten.
ƒ Es ist einfacher für Personen mit einer grossen Fähigkeit ein Universitätsdiplom zu
erlangen, als für Personen ohne grosse Fähigkeiten. Unternehmen dürften deshalb
dieses Diplom als Signal für die Fähigkeit dieser Personen sehen.
8
Diese alternative Theorie steht der Human-Capital-Theorie gegenüber: Nach der
Human-Capital-Theorie macht Ausbildung die Arbeiter produktiver. Nach der
Signalisierungs-Theorie ist Ausbildung nur ein Signal für höhere Fähigkeiten der
ausgebildeten Person und bringt keine Produktivitätssteigerung nach sich.
ƒ Diese beiden Ansichten haben verschiedene Auswirkungen auf die Frage, ob die
Erhöhung des Ausbildungsniveaus für Arbeiter die Löhne steigert oder nicht.
Das Superstar-Phänomen
o Superstars (z.B. Robin Williams, Venus Williams) verdienen sehr viel. Doch hier ist es
nicht eine Frage der Fähigkeiten der betreffenden Personen weshalb sie so viel
verdienen. Superstars bewegen sich in speziellen Märkten mit zwei Eigenschaften:
ƒ Jeder Kunde in diesem Markt will das Gut haben dass vom besten Produzenten
(Schauspieler) stammt.
ƒ Diese Güter werden mit Technologien (TV) produziert die es jedem Kunden
ermöglichen, das Gut zu einem tiefen Preis zu erwerben.
o Wenn Robin Williams der lustigste Schauspieler ist, will jedermann ihn sehen. Man ist nicht
bereit doppelt so viele Filme von einem nur halb so lustigen Schauspieler für denselben Preis
zu sehen.
o In anderen Märkten ohne diese Eigenschaften gibt es keine Superstars. Jeder möchte zwar
den besten Bäcker (mit den höchsten Fähigkeiten) engagieren, aber dieser kann seine
Dienste nur einem begrenzten Publikum anbieten. Obwohl dieser beste Bäcker ein höheres
Einkommen (nicht so hoch wie Superstars in Superstar-Märkten) erlangen wird, kann auch
der durchschnittliche Bäcker noch ein respektables Einkommen erwirtschaften.
Überhalb-Gleichgewicht-Löhne: Mindestlohngesetze, Gewerkschaften und Effizienzlöhne
o Einige Arbeiter erhalten Löhne, die über dem Gleichgewicht des betreffenden
Arbeitsmarktes liegen.
o Ursachen:
ƒ Mindestlohngesetze
• Vor allem bei den am wenigsten gebildeten Arbeitern erhöhen Mindestlöhne
die Löhne über das Gleichgewicht das bei einem unregulierten Arbeitsmarkt
herrschen würde.
ƒ Gewerkschaften
• Durch die Marktmacht (Streikandrohung) der Arbeitergewerkschaften wird
der Lohn über das normale Gleichgewicht erhöht.
ƒ Effizienzlöhne
• Effizienzlöhne sind von der Unternehmung freiwillig über dem Gleichgewicht
bezahlte Löhne. Dadurch erhofft sich die Unternehmung eine Steigerung der
Arbeitsproduktivität.
o Folgen der Überhalb-Gleichgewicht-Löhne:
ƒ Die angebotene Arbeitsmenge steigt.
ƒ Die nachgefragte Arbeitsmenge sinkt.
ƒ
ƒ
ƒ
3. Die Ökonomie der Diskkrimination
ƒ
Eine andere Ursache für Lohnunterschiede ist die Diskkrimination:
Diskkrimination herrscht dann, wenn der Arbeitsmarkt identischen Individuen, die sich nur
durch ihre Rasse, ihre ethnische Zugehörigkeit, ihr Geschlecht, ihr Alter oder andere
persönliche Eigenschaften voneinander unterscheiden, unterschiedliche Möglichkeiten bietet.
Diskkrimination spiegelt die Vorurteile einiger Personen gegen gewisse soziale Gruppen wieder
o Die Messung der Diskkrimination auf dem Arbeitsmarkt
ƒ Es stellt sich die Frage wie Diskkrimination auf dem Arbeitsmarkt die Einkommen
der verschiedenen sozialen Gruppen beeinflusst.
ƒ Zahlenbeispiel USA:
• Schwarze Männer erhalten 22 % weniger Lohn als weisse Männer.
Schwarze Frauen erhalten 11 % weniger Lohn als weisse Frauen.
• Weisse Frauen erhalten 28 % weniger Lohn als Weisse Männer.
Schwarze Frauen erhalten 17 % weniger Lohn als Schwarze Männer.
ƒ Problem dieses Zahlenbeispiels
• Die Beobachtung solcher Differenzen in diesen Gruppen (Schwarze, Frauen,
Männer) beweist nicht, dass die Arbeitgeber diskriminieren. Auch in
einem Markt wo keine Diskriminierung herrscht, gibt es Lohnunterschiede.
• Wie oben beschrieben unterscheiden sich die Arbeitnehmer durch ihr
Human Capital und ihre Fähigkeiten.
o Die Wahrscheinlichkeit dass ein Weisser eher eine CollegeAusbildung hat als ein Schwarzer beträgt 75 %.
9
Die Wahrscheinlichkeit dass ein Mann einen College-Abschluss hat
ist gleich gross wie die Wahrscheinlichkeit dass eine Frau einen
College-Abschluss hat. Trotzdem beträgt ist die Wahrscheinlichkeit,
dass Männer einen Universitätsabschluss haben 11 % grösser als
bei Frauen.
o Schulen haben lange Zeit die Mädchen nicht in Wissenschaft und
Mathematik ausgebildet, sondern in anderen Fächern.
o Qualitativ gute Schulen sind selten in Schwarz-dominierten Gebieten
zu finden.
o Frauen haben eine kleinere Berufserfahrung als Männer da Sie
Kinder haben.
o Die arbeitenden Frauen sind durchschnittlich jünger als der
arbeitende Mann.
• Ein weiterer Grund für diese Lohnunterschiede sind
Kompensationsdifferenzen.
o Frauen und Männer wählen selten dieselbe Arbeit. Frauen sind eher
Sekretärinnen und Männer eher Lastwagenchauffeure.
ƒ Messung der Arbeitsdiskriminierung
• Halte in der Analyse folgende Faktoren konstant:
o Kompensationsdifferenzen
o Humankapital
o Fähigkeit, Arbeitseffort und Zufall
• Die verbleibenden Einkommensunterschiede (z.B. nach Geschlecht) werden
als direkte Diskriminierung bezeichnet.
ƒ Fazit
• Die Ökonomen sind der Ansicht dass eine Diskkrimination besteht. Sie
sind sich aber nicht einig wie viel.
• Die Ökonomen sind sich einig, dass die Differenzen zwischen den Löhnen
der oben genannten Gruppen (Frauen, Schwarze, Männer) Unterschiede im
Human Capital und Kompensationsdifferenzen darstellen. Sie würden aber
nichts über die Höhe einer Diskkrimination aussagen.
• Allerdings sind die schlechteren Schulbedingungen für Schwarze und Frauen
eine Art Diskkrimination, jedoch nicht eine ökonomische. Diese
Diskkrimination tritt schon vor dem Eintritt in den Arbeitsmarkt auf. Das
Problem liegt bei der Politik, auch wenn das Symptom ökonomisch ist.
Diskkrimination durch Arbeitgeber
ƒ Wenn eine soziale Gruppe einen kleineren Lohn erhält als eine andere Gruppe, auch
wenn deren Human Capital und Fähigkeiten genau übereinstimmen, wer ist dann
Schuld an dieser Differenz?
ƒ Auf den ersten Blick scheint es, dass die Arbeitgeber an dieser Diskkrimination
Schuld sind. Viele Ökonomen sind aber anderer Meinung. Ökonomen glauben dass
der Markt die Diskkrimination durch die Arbeitgeber verhindert, nämlich mit
dem Profitmotiv der Arbeitgeber.
• Beispiel
In einem Markt werden die Arbeiter durch ihre Haarfarbe differenziert.
Blondinen und Brünette haben die gleichen Fähigkeiten und die gleiche
Erfahrung. Aufgrund der Diskkrimination weigern sich allerdings die
Arbeitgeber Blondinen einzustellen. Die Nachfrage nach Blondinen ist klein
und diese verdienen deshalb weniger als Brünette.
Wie lange kann dieser Unterschied bestehen? Indem gewisse Unternehmen
Blondinen anstellen, können solche Unternehmungen geringere Löhne
bezahlen und haben dadurch eine geringere Kostenstruktur als
Unternehmen nur mit Brünetten. Die „Blondinen-Firmen“ werden die
„Brünetten-Firmen“ aus dem Markt treiben da sie die bessere Kostenstruktur
aufweisen. Die Nachfrage nach Brünetten sinkt. Dieser Prozess endet erst
wenn die Diskkrimination verschwindet.
ƒ Fazit: Unternehmer sind mehr daran interessiert Profite zu machen als
bestimmte Gruppen zu diskriminieren. Historisch-Empirisch beweist dies auch das
Beispiel der Südstaaten-Strassenbahnen. Die Unternehmungen waren nicht für die
Trennung der Strassenbahnen in schwarze und weisse Abteile. Dadurch machten die
Unternehmen nämlich weniger Gewinn, da die halbleer-herumfahrenden Fahrzeuge
mehr Kosten verursachten.
Diskkrimination durch Kunden und durch den Staat
ƒ Diskkrimination durch Kunden
o
o
o
10
•
Ein Restaurant diskriminiert Blondinen indem es keine solchen einstellt.
Blondinen erhalten deshalb einen kleineren Lohn.
Als Folge könnten Restaurants mit Blondinen-Personal eröffnen und so
durch die tieferen Lohnkosten zu tieferen Preisen anbieten. Würden sich die
Kunden nur um die Qualität und den Preis der Menüs kümmern würden die
diskriminierenden Firmen aus dem Markt getrieben und die Diskkrimination
würde verschwinden.
Andererseits könnten die Kunden aber verlangen nur von Blondinen serviert
zu werden. Es könnten in diesem Fall keine Blondinen-Restaurants eröffnen.
ƒ
Fazit: Wenn die Kunden diskriminieren möchten, dann bleibt der
diskriminierende Lohnunterschied bestehen. Eine solche Wirtschaft
würde zwei Sorten Restaurants beinhalten: Blondinen-Restaurants und
Brünetten-Restaurants. Die Kunden welche diskriminieren möchten,
müssen dafür bezahlen, denn die Blondinen-Restaurants haben höhere
Kosten. Kunden die nicht bereit sind zu diskriminieren, bezahlen tiefere
Preise und werden von Brünetten bedient.
Diskkrimination durch den Staat
• Zum Beispiel erlässt eine Regierung das Gesetz, dass Blondinen nur
abwaschen, nicht aber servieren dürfen. In diesem Fall besteht der
Lohnunterschied weiter.
• z.B. Apartheid in Südafrika
Aufgaben zu Kap. 19
ƒ PA # 3
ƒ PA # 6
ƒ PA # 12
11
20. Einkommensverteilung
1. Die Messung der Ungleichheit (Positiv)
ƒ
ƒ
ƒ
Die Ungleichheit bezeichnet die ungleiche Verteilung von Einkommen und Vermögen und wird
gemessen mittels:
o Quantilen
o Top vs. Tiefste 10 %
o Lorenz-Kurve
o Gini-Index
Primär-, Sekundär- und Tertiärverteilung
o Primärverteilung = Markteinkommen ohne Abzug der Steuern und Abgaben
o Sekundärverteilung = Die durch die direkte Besteuerung und Transfers (z.B. AHV-Renten)
korrigierte Marktverteilung der Einkommen
o Tertiärverteilung = Die durch staatliche Leistungen korrigierte Sekundärverteilung
ƒ z.B. Hallenbad-Subvention durch den Staat: Es erfolgt eine Umverteilung von den
Hallenbadbenutzern zu den Nichthallenbadbenutzern.
ƒ z.B. Opern-Subvention: Umverteilung von den Armen an die Reichen (in die Oper
gehen nur Reiche)
Verschiedene Verteilungsaspekte können untersucht werden:
o Verteilung von was?
ƒ Einkommen
ƒ Vermögen
ƒ Konsumgüter
ƒ Öffentliche Leistung
ƒ Steuerbelastung
o Verteilung an wen?
ƒ Individuen (individuelle Verteilung)
ƒ Faktoren (funktionale Verteilung)
ƒ Branchen (sektorale Verteilung)
ƒ Regionen (regionale Verteilung)
ƒ Staaten (internationale Verteilung)
ƒ
Bei der Untersuchung der Einkommensverteilung stellen sich folgende Fragen:
o a) Wie gross ist das Ausmass der Ungleichheit (Arm und Reich) in unserer Gesellschaft?
o b) Wie viele Personen leben in Armut?
o c) Welche Probleme ergeben sich bei der Messung der Ungleichheit?
o d) Wie oft wechseln die Personen zwischen den Einkommensklassen?
ƒ
a) Einkommensungleichheit
o Einkommensungleichheit in den USA
ƒ Die folgende Tabelle zeigt das durchschnittliche jährliche Einkommen einer Familie,
gemessen mittels Quantilen:
Gruppe
Jahreseinkommen
Unterste 20 % der Bevölkerung
Unter $24'000
Zweite 20 % der Bevölkerung
$24'000 – $41’000
Mittlere 20 % der Bevölkerung
$41'000 – $61’378
Vierte 20 % der Bevölkerung
$61'378 – $91’700
Oberste 15 % der Bevölkerung
$91'701 und mehr
Oberste 5 % der Bevölkerung
$160'250 und mehr
ƒ Die folgende Tabelle zeigt den Anteil des Gesamteinkommens der Gruppen,
gemessen mittels Quantilen:
Unterste
Zweite
Mittlere
Vierte
Oberste
Oberste
Jahr
20 %
20 %
20 %
20 %
15 %
5%
4.3 %
9.8 %
15.5 %
22.8 %
47.4 %
20.8 %
2000
5.5 %
12.2 %
17.6 %
23.8 %
40.9 %
15.6 %
1970
4.1 %
9.2 %
14.1 %
20.9 %
51.7 %
26.5 %
1935
• Im Jahr 2000 erhielten die untersten 20 % der Bevölkerung 4.3 % und die
obersten 20 % 47.4 % des Gesamteinkommens. Obwohl die unterste Gruppe
und die Oberste Gruppe genau gleich viele Personen umfassen, erhält die
oberste Gruppe etwa 10 Mal so viel wie die unterste.
• Die Zahlen zeigen, dass von 1935 bis 1970 die Ungleichheit zwischen Arm
und Reich abnahm: Der unterste Teil der Bevölkerung erhielt 5.5 % des
Gesamteinkommens und der oberste Teil nur 15.6 %. Von 1970 bis 2000
nahm die Ungleichheit aber wieder zu: Dies ist womöglich darauf zurück zu
12
Einkommensklassen
(CHF pro Monat)
ƒ
Anzahl
Haushalte
Anteil
Haushalte in
%
Anteil
Haushalte
kumuliert
(x-Achse)
Anteil
Einkommen
Anteil
Einkommen
(in 1000
Einkommen
kumuliert
CHF)
in %
(y-Achse)
0 – 2999
261
6.53%
6.53%
595
1.69%
1.69%
3000 – 3999
274
6.85%
13.38%
957
2.72%
4.41%
4000 – 4999
299
7.48%
20.85%
1340
3.81%
8.22%
5000 – 5999
379
9.48%
30.33%
2105
5.98%
14.20%
6000 – 6999
410
10.25%
40.58%
2672
7.59%
21.79%
7000 – 7999
433
10.83%
51.40%
3250
9.23%
31.02%
8000 – 8999
344
8.60%
60.00%
2912
8.27%
39.29%
3182
9.04%
9000 – 9999
336
8.40%
68.40%
48.33%
10000 –
1264
31.60% 100.00%
18188
51.67% 100.00%
Total
35201 100.00%
4000 100.00%
Mit Hilfe der Lorenz-Kurve lässt sich ein Bild der Einkommenskonzentrationen gewinnen.
Dabei wird auf der Ordinate (y-Achse) der kumulierte Anteil der Haushalte
angegeben, auf der Abszisse (x-Achse) der kumulierte Anteil am
Gesamteinkommen.
Lorenzkurve der Einkommensverteilung
B
C
100.00%
60.00%
•1
51.40%
40.58%
30.33%
20.85%
A
13.38%
•2
68.40%
100.00%
90.00%
80.00%
70.00%
60.00%
50.00%
40.00%
30.00%
20.00%
10.00%
0.00%
6.53%
o
Kumulierte Anteil Einkommen
o
führen, dass die Löhne für unqualifizierte Arbeiter von 1970 bis 2000
gesunken sind im Vergleich zu den Löhnen der qualifizierten Arbeiter. Dies
ist womöglich wie in Kap. 19 beschrieben, auf den Export und Import, als
auch auf die Technologisierung zurückzuführen.
Einkommensungleichheit in anderen Staaten
gemessen mittels Top vs. Tiefste 10 %
Staat
Unterste 10 %
Höchste 10 %
Unterschiedsratio Arm/Reich
Japan
4.8 %
21.7 %
4.5
Deutschland
3.3 %
23.7 %
7.2
USA
1.8 %
30.5 %
16.9
Brasilien
1.0 %
46.7 %
46.7
ƒ Am kleinsten ist die Ungleichheit in Japan, wo die Reichsten 4.5 Mal so viel
verdienen wie die Ärmsten. Am Grössten ist die Ungleichheit in Brasilien, wo die
Reichsten 46.7 Mal so viel verdienen wie die Ärmsten.
Einkommensungleichheit in der Schweiz (2001) und Lorenzkurve
ƒ Die Einkommensverteilung kann mittels einer Lorenz-Kurve grafisch dargestellt werden.
Kumulierte Anteil Haushalte
ƒ
ƒ
ƒ
Interpretation des Graphen:
1
• • 68.4 % der Haushalte verdienen 48.33 % der Gesamteinkommen. 31.6 %
verdienen 51.67 % der Gesamteinkommen.
2
• • 50 % verdienen 50 % des Einkommens
Würden alle über das gleiche Einkommen verfügen, also 10% der Haushalte über
10% des Einkommens, 20% der Haushalte über 20% des Einkommens usw., fiele die
Lorenzkurve mit der Diagonalen zusammen. Umgekehrt gilt: Je ungleicher die
Einkommensverteilung, desto weiter weicht die Kurve ab von der Diagonalen.
Der Gini-Index ist der Anteil der Fläche zwischen Lorenzkurven und Diagonalen.
• Je grösser der Gini-Index ist, desto ungleicher ist die Verteilung.
• Extremwerte:
o Gini-Index = 0 (Lorenzkurve entspricht Diagonalen): vollkommene
Gleichverteilung
13
Gini-Index = 1 (Lorenzkurve entspricht der Linie ABC): vollkommene
Ungleichverteilung
• Die Fläche zwischen den beiden Graphen wird mit der Differentialrechnung
berechnet.
• In der Schweiz beträgt der Gini-Index 0.323, in Finnland 0.207. Die
skandinavischen Länder haben generell die gerechtere Verteilung.
ƒ Die Tendenz ist, dass der Gini-Index grösser wird, sich also die Lorenzkurve immer
weiter nach aussen dehnt. Dies heisst aber nicht, dass die Armen Ärmer werden: Jedoch
werden die Reichen schneller reicher als die Armen reicher werden.
• Man muss unterscheiden zwischen Verteilung und Niveau:
o Verteilung (Schiefe): Relatives Mass (Beispielsweise verdienen in
Japan die reichsten 4.5 Mal mehr als die Ärmsten)
o Niveau (der Verteilung): Absolutes Mass (Beispielsweise nimmt das
absolute Einkommen der Armen zu, während das relative Mass
abnimmt; dies ist bei der heutigen Tendenz der Fall)
o Regionale Einkommensverteilung in der Schweiz
ƒ Das kantonale Volkseinkommen pro Kopf ist mit Fr. 71'733.00 in Zug am höchsten
und mit 33'616 in Jura am Tiefsten.
b) Die Armutsrate
o Die Armutsrate (poverty rate) ist der Prozentteil der Bevölkerung, deren
Familieneinkommen unter einem bestimmten absoluten Betrag (poverty line) liegt,
welcher Armutsgrenze genannt wird.
o Armutsrate in den USA
ƒ In den USA beträgt die Armutsrate seit jeher etwa 15 %. Das will nicht heissen dass
es immer gleich viel Arme gab. Die Armutsgrenze (absoluter Betrag) ist gestiegen
ƒ Wer ist in der Schweiz Arm?
• Die Armutsgrenze in der Schweiz liegt bei 2'100 Franken Einkommen pro
Monat.
• Früher waren in der Schweiz vor allem Alte Menschen arm.
• Heute sind in der Schweiz geschiedene Frauen und Alleinerziehende Arm.
Das will heissen, Kinder bringen Armut.
c) Probleme bei der Messung der Ungleichheit
o Die Daten über Einkommensungleichheit und die Armut geben ein unvollständiges
Bild über die Ungleichheit des effektiven Lebensstandards.
o Ursachen:
ƒ In-Kind-Transfers (Nicht-monetäre Zahlungen)
• In-Kind-Transfers sind Vorteile, welche die Armen in der Form von Gütern
und Dienstleistungen (Essensmarken, Wohnmarken, Medizinische
Leistungen) vom Staat erhalten, anstatt in der Form von Geld.
• Die Berechnungen der Einkommensungleichheit berücksichtigen diese nichtgeldwerten Vorteile nicht.
ƒ Economic Life Cycle (Der wirtschaftliche Lebenszyklus)
• Der wirtschaftliche Lebenszyklus beschreibt die normalen
Einkommensveränderungen eines Angestellten über die ganze Zeit seines
Lebens (Schule, Arbeit, Pension)
• Ein junger Arbeiter (z.B. Student, Auszubildender) hat einen tiefen Lohn. Das
Einkommen steigt und gipfelt etwa mit 50. Bis zur Pension sinkt das
Einkommen wieder.
• Indem die Leute während ihres ganzen Lebens verdienen können sie solche
Zyklen ausglätten. Es ist also weniger das Jahreseinkommen, sondern das
Lebenseinkommen massgebend.
• Für die Berechnung der Einkommensungleichheit wird das
Jahreseinkommen verwendet. Dieses gibt aber keine Auskunft über den
effektiven Lebensstandard. Lebenseinkommen sind über die gesamte
Bevölkerung gesehen mehr ausgeglichen als Jahreseinkommen.
ƒ Transitorisches vs. permanentes Einkommen
• Transitorisches Einkommen ist jenes Einkommen, dass von periodischen
positiven und negativen Schwankungen, wie z.B. Ernteausfälle, schlechte
Börsenjahre, Pech, kurzfristige Preisanstiege aber auch Erntegewinne und
gute Börsenjahre und Glück betroffen ist.
o
ƒ
ƒ
•
Das permanente Einkommen ist das schwankende Transitorische
Einkommen, verändert durch Anlegung von Sparkapital und Aufhebung von
14
ƒ
Sparkapital, als auch durch die Aufnahme und Rückzahlung von Krediten. Es
ist also ein entsprechend geglättetes und korrigiertes Einkommen.
• Die Kaufkraft einer Familie hängt vom permanenten Einkommen, nicht vom
Transitorischen Einkommen ab. Die Berechnung der
Einkommensungleichheit betrachtet aber leider nur das transitorische
Einkommen.
d) Ökonomische Mobilität (Wechsel zwischen den Einkommensklassen)
o Es gibt sowohl Bewegungen von den armen Klassen in die reichen Klassen als auch
umgekehrte Bewegungen.
o Armut ist nur für wenige Familien ein Langzeitproblem. Die meisten Familien befinden sich
nur innerhalb weniger Jahre unterhalb der Armutsgrenze.
2. Die politische Philosophie der Einkommensverteilung (Normativ)
ƒ
ƒ
ƒ
Was soll die Regierung gegen die Ungleichheit unternehmen? Es besteht also das Dilemma
zwischen Effizienz und Gerechtigkeit. Es gibt drei politische Ansichten:
a) Utilitarismus (J. Bentham, J.S. Mill)
o Definition
ƒ Politische Philosophie, wonach der Staat Massnahmen ergreifen sollte, die den
gesamten Nutzen (=Utility) aller Gesellschaftsmitglieder maximieren.
ƒ Der Nutzen ist ein Mass für Glück und Zufriedenheit einer Person in ihrer eigenen
Lebenssituation.
o Position zur Einkommensverteilung
ƒ Die Position der Utilitarier zur Einkommensverteilung basiert auf dem Abnehmenden
Grenzprodukt des Nutzens.
• Steigt das Einkommen einer Person, so wird der zusätzliche Nutzen der
aus einer zusätzlich verdienten Geldeinheit erwirtschaft wird, immer kleiner.
• Jede zusätzliche Geldeinheit der an eine Arme Person fliesst, bringt mehr
Nutzen, als wenn er an eine reiche Person fliesst.
ƒ Der Staat soll deshalb die Summe aller Einzelnutzen maximieren. Man müsste
solange umverteilen, bis alle gleich viel haben.
o Kritik
ƒ Diese sehr starke Umverteilung führt zu hohen Wohlfahrtsverlusten (Symbolhaft:
löchriger Eimer zur Umverteilung)
ƒ Illusion von einer vollständig egalitären Gesellschaft
ƒ Anreizprobleme: Diejenigen die viel verdienen werden automatisch weniger arbeiten
und daher weniger verdienen
b) Liberalismus (Rawls, 1971)
o Definition
ƒ Politische Philosophie, wonach der Staat Massnahmen ergreifen sollte, die von
einem unparteiischen Beobachter hinter einem „Schleier des Nichtwissens“ für
gerecht erachtet werden.
o Position zur Einkommensverteilung
ƒ Nach der Ansicht von Rawls ist es nicht möglich eine gerechte Gesellschaft zu
kreieren, weil die Wahrnehmung der Gerechtigkeit für jedermann aufgrund seiner
persönlichen Lebensumstände (Arm, Reich, gebildet, ungebildet, fleissig, faul) anders
ist. Die Gerechtigkeit könnte nur so definiert werden, wenn alle Mitglieder der
Gesellschaft vor ihrer Geburt (in einem Schleier des Nichtwissens, veil of
ignorance), mit noch gleichem Wissen und sozialer Zugehörigkeit, definieren
könnten, was Gerechtigkeit ist.
ƒ Rawl versucht zu deuten wie die Gerechtigkeit definiert würde, wenn so etwas
existieren würde: Rawl geht davon aus, dass sich alle ungeborenen Personen
darüber Gedanken machen würden, wenn sie am unteren Ende der
Einkommensverteilung stünden.
ƒ Deshalb müsse man alles darauf setzen, die Wohlfahrt der Ärmsten zu
erhöhen. Diese Forderung nennt man Maximin-Kriterium: Der Staat solle darauf
abziele, die Wohlfahrt des am schlechtesten gestellten Gesellschaftsmitglieds zu
maximieren.
ƒ Die Einkommensverteilung die bereits hinter dem Schleier des Nichtwissens
beschlossen wird, ist also wie eine Art Sozialversicherung, für den Fall, dass man
als Geborener bei einer armen Familie landet.
o Kritik
ƒ Das Maximin-Kriterium würde nicht zur vollständigen Aufhebung der Ungleichheit führen.
Wiederum hätten die Arbeiter keinen Anreiz um zu arbeiten und das Gesamteinkommen
würde kleiner und so wäre auch die Ärmste Person schlechter dran.
15
Wenn man immer den Schlechtesten subventioniert, so ist immer wieder ein anderer
der Schlechteste.
c) Libertarismus
o Begründer (R. Nozick, 1974)
o Definition
ƒ Politische Philosophie, wonach der Staat Verbrechen bestrafen und für die
Einhaltung freiwilliger Verträge sorgen, nicht aber Einkommen umverteilen sollte.
o Eigenschaften
ƒ Utilitarismus und Liberalismus gehen davon aus, das Gesamteinkommen sei eine
Gemeinschaftsressource der Gesellschaft. Der Libertarismus geht davon aus, die
Gesellschaft verdiente selber nichts, nur individuelle Personen könnten etwas
verdienen.
ƒ Es soll keine staatliche Umverteilung stattfinden. Nicht das eigentliche
Marktergebnis zählt, sondern wie es zustande gekommen ist. Dieser Prozess
muss fair sein und allen die gleichen Chancen geben. Sodann ist das
Marktergebnis ganz in Ordnung.
• Die Alternative der Libertaristen ist, dass wenn die Einkommensverteilung
unrechtmässig zustande gekommen ist (z.B. durch Ungleiche Chancen),
dann hat der Staat das Recht und die Pflicht, das Problem zu beheben,
sonst allerdings hat sich der Staat nicht einzumischen, so gross die
Ungleichheit auch ist.
o Kritik
ƒ Wenn man allen die gleichen Chancen geben will, dann müsste man auch den
Reichen diejenigen Vorteile anbieten, die man den Armen gibt.
ƒ
ƒ
3. Politische Massnahmen zur Armutsbekämpfung
ƒ
ƒ
ƒ
a) Mindestlohn-Gesetzgebung
o Definition
ƒ Mindestlöhne sind in der Schweiz nicht gesetzlich festgeschrieben. Aber es gibt
zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern Vereinbarungen (z.B. Migros).
ƒ Der Schweizerische Gewerkschaftsbund geht von einem Mindestlohn von Fr.
3'066.00 aus, damit die Person nicht unter die Armutsgrenze rutscht.
o Eigenschaften
ƒ Argumente der Befürworter
• Ansicht, die Nachfrage nach Arbeit sei unelastisch (steil)
• Keine Kosten für den Staat.
ƒ Argumente der Gegner
• Ansicht, die Nachfrage nach Arbeit sei elastisch (flach).
• Das Negative überwiegt das Positive.
• Die Nachfrage nach Arbeit sinkt und es entsteht eine höhere Arbeitslosigkeit.
Die verbleibenden Angestellten erhalten hingegen einen höheren Lohn.
b) Sozialhilfe / Sozialversicherung (für Krankheit, Invalidität, Alter und Arbeitslosigkeit)
o Definition
ƒ Staatliche Programme stützen das Einkommen der Bedürftigen.
ƒ Entscheidend ob jemand bedürftig ist, ist nicht in erster Linie das kleine Einkommen,
sondern auch der Umstand einer erwerbslosen Einelternfamilie oder das Vorliegen
eines schwerkranken Menschen.
o Eigenschaften
ƒ Argumente der Gegner
• Staatliche Unterstützung schafft Anreize „bedürftig“ zu werden. Z.B. durch
Scheidung, Aufgabe der Arbeit
• Staatliche Unterstützung schafft zudem Anreize Kinder zu haben, denn nur
Familien mit Kindern erhalten Unterstützung
ƒ Argumente der Befürworter
• Staatliche Unterstützung schaffe keine Anreize bedürftig zu werden oder nur
zu diesem Zweck Kinder zu haben
c) Negative Einkommenssteuer
o Definition
ƒ Eine Einkommenssteuer, bei der einkommensstarke Haushalte Abgaben leisten
müssen und einkommensschwache Haushalte Transferzahlungen erhalten. Die
einkommensschwachen Haushalte erhielten so eine Art Subvention, eine negative
Steuer.
o Eigenschaften
ƒ Argumente der Gegner
16
• Die Subventionen kommen auch den faulen zu Gute.
Argumente der Befürworter
• Diese Programme sollen nur bei „working poors“ angewandt werden, dann
kommt es den faulen nicht zu Gute.
o Beispiel
ƒ Steuerberechnung: Geschuldete Steuer = 1/3 des Einkommens - $10’000
ƒ Einkommen von 30'000: 10'000 – 10'000 = 0 geschuldete Steuer
ƒ Einkommen von 0: 0 – 10'000 = Transferzahlung von 10'000 durch den Staat
d) Realtransfers (Nicht-monetäre Zahlungen, In-Kind-Transfers)
o Definition
ƒ In-Kind-Transfers sind Vorteile, welche die Armen in der Form von Gütern und
Dienstleistungen (Food stamps, Wohnmarken, Medizinische Leistungen,
Weihnachtsgeschenke und Sozialwohnungen) vom Staat erhalten, anstatt in der
Form von Geld.
o Eigenschaften
ƒ Argumente der Gegner
• Diese Gutscheine seien respektlos: Die Regierung weis nicht was die Armen
wirklich brauchen. Man soll ihnen Geld geben.
ƒ Argumente der Befürworter
• Die Armen erhalten so was sie wirklich brauchen.
• Indem man den Armen kein Geld gibt, können sie nicht Drogen und Alkohol
kaufen.
e) Antiarmutsprogramme und Arbeitsanreize
o Viele Massnahmen die den Armen helfen sollen haben den Effekt, dass die Armen nicht
selber aus der Armut finden, weil sie in Armut übersubventioniert werden. In der Armut fühlen
sie sich so sicher und haben daher keinen Anreiz mehr zu arbeiten.
o Beispiel: Ein Arbeitsloser erhält 2'300.00 Sozialgeld. Er hätte die Möglichkeit eine
Teilzeitarbeit anzunehmen und würde zusätzlich Fr. 1'000.00 verdienen. Würde der Staat ihm
das Sozialgeld um Fr. 1'000.00 kürzen gebe es für den Arbeitslosen keinen Anreiz die Arbeit
anzunehmen, da er wiederum nur 2'300.00 verdienen würde. Der Staat wird deshalb das
Sozialgeld nur um beispielsweise 300.00 senken. Dieses Programm soll einen Anreiz
schaffen wieder arbeiten zu gehen und wird „welfare-to-work“-Programm (in den USA
und UK) genannt.
ƒ
ƒ
ƒ
Aufgaben zu Kap. 20
ƒ PA # 5
ƒ PA # 7
ƒ Skript Aufg. 6 !!!
ƒ Skript Aufg. 7
17
23. Die Messung des Volkseinkommens
1. Die Messung des Volkseinkommens
ƒ
ƒ
Messung
o Output der Produktion
o Einkommen
o Wirtschaftskraft
Der Wirtschaftskreislauf
o
Messung der Ströme
ƒ Wert der Ströme (=Verkaufsumsätze) = Preis · Menge
ƒ Die Ströme sind wertmässig gleich gross!
ƒ Man kann die Ströme an verschiedenen Stellen messen: z
ƒ Man kann nicht von einem Kreislauf sprechen, es handelt sich eigentlich um
Tauschbereiche.
Bruttoinlandprodukt (BIP) (Gross Domestic Product GDP)
o Das BIP im Wirtschaftskreislauf
ƒ Das BIP misst zwei Dinge auf einmal:
• Gesamtausgaben: Die Summe der geschaffenen Werte, d.h. Output der Produktion.
• Gesamteinkommen: Die Summe aller Einkommen aller Wirtschaftsteilnehmer.
ƒ Für die gesamte Wirtschaft muss daher das Gesamteinkommen mit den
Gesamtausgaben übereinstimmen.
ƒ Mit dem BIP kann man aussagen, ob eine Wirtschaft gut läuft oder nicht.
o Das Bruttoinlandprodukt (BIP) als Wertschöpfungsaggregat ist der Marktwert aller für
den Endverbrauch bestimmten Waren und Dienstleistungen, die in einem Land in
einem bestimmten Zeitabschnitt neu produziert werden.
ƒ „Das Bruttoinlandprodukt ist der Marktwert…“
• Der Marktwert wiederspiegelt die Zahlungsbereitschaft der
Marktteilnehmer. Wenn der Preis einer Birne doppelt so hoch ist wie jener
eines Apfels, so trägt die Birne doppelt so viel zum BIP bei.
ƒ „…aller…“
• Das BIP umfasst alle Produkte die in der Volkswirtschaft produziert werden.
• Das BIP umfasst auch:
o Mietwert und Eigenmietwert
o
ƒ
18
Staatliche Leistungen (Da es aber keinen Marktpreis für den Output
des Staates gibt, werden die staatlichen Leistungen anhand der
Kosten des Inputs gemessen.) (z.B. Landesverteidigung und
Bildung)
• Das BIP umfasst nicht:
o Illegale Produkte (z.B. Drogen)
o Produkte die den Markt nicht betreten (sogenannte HaushaltProduktion) (z.B. selbstgemachte und selbstverzehrte Konfitüre und
Gemüse, Dienstleistungen innerhalb von Familien, Wachsen,
Kochen)
ƒ „… für den Endverbrauch bestimmten“…
• Endprodukte (final good)
o Nur Endprodukte werden für die Berechnung des BIP verwendet.
• Zwischenprodukte (intermediate good) werden nicht dem BIP
hinzugerechnet, da sie bereits im Preis (der Wertschöpfung) des
Endproduktes einberechnet sind
o Z.B. Wenn eine Unternehmung Papier herstellt, welches eine andere
Unternehmung dazu benutzt, Grusskarten herzustellen.
• Zwischenprodukte die nicht sofort verwendet werden, sondern ins
Lager eingebucht werden, gelten als Endprodukt (Investition I). Wird der
Lagerbestand an Zwischenprodukten später benutzt oder verkauft, so steigt
der Konsum C und die Investitionen I sinken wieder.
ƒ „…Waren und Dienstleistungen…“
• Das BIP umfasst materielle und immaterielle Güter.
ƒ „…die in einem Land…“
• In das BIP eines Landes fliesst alles ein, was in diesem Lande hergestellt
wird, unabhängig von der Staatsangehörigkeit des Produzenten.
• Z.B. Wenn ein französischer Staatsbürger vorübergehend in Deutschland
arbeitet, so stellt seine Produktionsleistung einen Anteil am BIP dar.
ƒ „…in einem bestimmten Zeitabschnitt“
• 1 Jahr oder 1 Quartal (3 Monate)
Das BIP wird oft „per annum“ veröffentlicht, also wird das Quartal einfach mit
4 multipliziert. Dies vereinfacht den Vergleich mit Jahreszahlen.
• Die saisonalen Schwankungen des BIP (z.B. starker Absatz während der
Weihnachtszeit) werden in der Regel entfernt.
ƒ „…neu produziert werden.“
• Das BIP umfasst jedes Gut nur einmal. Das heisst es umfasst keine Güter,
die ein zweites Mal verkauft werden (z.B. Verkauf eines
Occasionsfahrzeuges ist nicht erfasst)
ƒ Das BIP misst also die Wirtschaftskraft einer Nation anhand der in einem Jahr
im Inland neu geschaffenen ökonomischen Werte.
Bruttosozialprodukt (BSP) (Gross national Product GNP)
o Das BSP ist der Produktionswert, der von den dauerhaften Bewohnern eines Landes
erwirtschaftet wird. Es ist ein Inländerprodukt.
ƒ Z.B. wenn ein französischer Staatsbürger vorübergehend in Deutschland arbeitet, so
stellt seine Produktionsleistung keinen Anteil am deutschen BSP dar. Seine
Produktionsleistung stellt aber einen Anteil am BIP dar.
ƒ Da die dauerhaften Bewohner für den grössten Teil des BIP verantwortlich sind, sind
sich BSP und BIP sehr ähnlich.
Vergleich BIP / BSP
o Bruttoinlandprodukt (BIP)
ƒ Inlandkonzept
ƒ Wertschöpfung der im Inland eingesetzten Produktionsfaktoren, die aus aller Welt
stammen
ƒ im Jahr 2000 = ca. 406 Mrd.
ƒ Faktorimport ist inbegriffen
• Wertschöpfung der im Inland eingesetzten Produktionsfaktoren, die im
Ausland wohnhaften Personen gehören
• bewirkt Arbeits- und Kapitaleinkommen an das Ausland
ƒ Faktorexport ist nicht inbegriffen
o Bruttosozialprodukt (BSP) (Bruttovolkseinkommen zu Marktpreisen)
ƒ Inländerkonzept
ƒ Wertschöpfung der in aller Welt eingesetzten Produktionsfaktoren, die Inländern
gehören
o
ƒ
ƒ
19
im Jahr 2000 = ca. 440 Mrd. Fr.
Faktorimport ist nicht inbegriffen
Faktorexport ist inbegriffen
• Wertschöpfung der im Ausland eingesetzten Produktionsfaktoren, die im
Inland wohnhaften Personen gehören
• bewirkt Arbeits- und Kapitaleinkommen aus dem Ausland
Das Bruttosozialprodukt ist grösser, weil die Schweiz mehr exportiert als importiert.
ƒ
ƒ
ƒ
o
2. Die Bestandteile des BIP
ƒ
ƒ
Y = C + I + G + NX
BIP (Y) = Konsum (C) + Investitionen (I) + Staatskonsum (G) + Nettoexporte (NX)
o Der Konsum C ist in jedem Land immer am Grössten. Z.B. CH: C (60 %), G (14 %), I (20 %)
und NX (6 %)
o Diese Gleichung ist eine Identität, eine Gleichung also, die durch die Art und Weise, wie die
darin auftauchenden Variablen definiert wurden, erfüllt sein muss.
o Konsum (C)
ƒ Ausgaben der Haushalte für Waren (Haltbare und nicht haltbare Güter) (z.B.
Auto, Essen) und Dienstleistungen (z.B. Ausbildung) mit Ausnahme des Erwerbs
und Baus von Grundstücken und Gebäuden
o Investitionen (I)
ƒ Ausgaben für Kapitalausstattung, Lagerbestände und Bauten einschliesslich
der Ausgaben der Haushalte für den Erwerb und Bau von Grundstücken und
Gebäuden.
o Staatskonsum (G)
ƒ Ausgaben des Staates (Bund, Kanton und Gemeinde) für Waren und
Dienstleistungen
• Diese Ausgaben umfassen Löhne von Staatsangestellten.
• Transferzahlungen sind Staatsausgaben deren Gegenleistung nicht
eine Ware oder eine Dienstleistung darstellt und gehören deshalb nicht
zum BIP. Z.B. Sozialversicherungsausgaben
o Nettoexporte (NX)
ƒ Ausgaben von Ausländern für im Inland produzierte Güter (Exporte) abzüglich
der Ausgaben von Inländern für im Ausland produzierte Güter (Importe)
• Diese Subtraktion findet statt, weil der Import von Wahren und
Dienstleistungen in anderen Komponenten des BIP schon enthalten ist.
• Z.B kauft ein deutscher Haushalt ein Auto im Wert von 30'000 Euro vom
schwedischen Autohersteller Volvo. Der Konsum (C) erhöht sich um 30'000.
Zudem werden die Nettoexporte um 30'000 vermindert.
Die Zusammensetzung des US BIP
Total (Milliarden $)
Pro Person ($)
%
10’082
35’375
100
BIP (Y)
6’987
24’516
69
Konsum (C)
1’586
5’565
16
Investitionen (I)
1’858
6’519
18
Staatsausgaben (G)
-349
-1’225
-3
Nettoexporte (NX)
3. Reales und Nominales BIP
ƒ
ƒ
ƒ
Wenn die Gesamtausgaben (BIP) von einem Jahr auf das nächste steigen, so kann dies zwei
Ursachen haben:
o Die Wirtschaft produziert eine grössere Menge an Gütern und Dienstleistungen.
o Die Güter und Dienstleistungen werden zu höheren Preisen verkauft.
Diese zwei Ursachen müssen unterschieden werden.
Nominales BIP
o Das nominale BIP bewertet die Produktion von Waren und Dienstleistungen zu den
aktuellen Preisen.
o Zu laufenden Preisen: (QGut x · PGut x) + (QGut y · PGut y) … = nominales BIP
o Das nominale BIP erfasst also sowohl die mengenmässige Entwicklung als auch die
Entwicklung der Preise.
Reales BIP
o Das reale BIP bewertet die Produktion von Waren und Dienstleistungen zu konstanten
Preisen.
o Zu konstanten Preisen: (QGut x · PGut x) + (QGut y · PGut y) … = nominales BIP
20
Der konstante Preis ist derjenige Preis des Basisjahres. Im Basisjahr entspricht das reale
BIP deshalb dem nominalen BIP.
o Das reale BIP erfasst nur die mengenmässige Entwicklung. Die Preise haben keine
Auswirkung auf das reale BIP.
o Das Reale BIP gibt die Wirtschaftsentwicklung besser wieder, da es um die Preisentwciklung
(Inflation) bereinigt ist.
BIP-Deflator (Indikator für die gesamtwirtschaftliche Preisentwicklung)
o Der BIP-Deflator misst das aktuelle Preisniveau bezogen auf das Preisniveau des
Basisjahres. Der BIP-Deflator gibt also denjenigen Anstieg im nominalen BIP an, der
auf einen Anstieg der Preise zurückzuführen ist.
o
ƒ
BIP-Deflator =
nominales BIP
· 100
reales BIP
Der BIP-Deflator im Basisjahr ist immer 100.
Der BIP-Deflator gibt den heutigen Preis relativ zur Preis des Basisjahres wieder.
ƒ Preis bleibt konstant, Menge steigt: BIP-Deflator bleibt gleich
ƒ Preis steigt, Menge bleibt gleich: BIP-Deflator steigt
o Im unteren Beispiel sind die Preise daher von 2001 auf 2002 um 71 % angestiegen.
Beispiel
Preis eines Hot
Menge an Hot
Preis eines
Menge an
Jahr
Dogs
Dogs
Hamburgers
Hamburgern
2001
1
100
2
50
2002
2
150
3
100
2003
3
200
4
150
Berechnung des nominalen BIP
2001
(1 · 100) + (2 · 50) =
200
2002
(2 · 150) + (3 · 100) =
600
2003
(3 · 200) + (4 · 150) =
1’200
Berechnung des realen BIP
2001
(1 · 100) + (2 · 50) =
200
2002
(1 · 150) + (2 · 100) =
350
2003
(1 · 200) + (2 · 150) =
500
Berechnung des BIP-Deflators
2001
(200/200) · 100 = 100
2002
(600/350) · 100 = 171
2003
(1’200/500) · 100 = 240
o Berechnen Sie die Wachstumsrate (prozentualer Zuwachs) des BIP zwischen 2002 und 2003:
ƒ 171 auf 240 Æ 240 – 171 = 69 Æ 69 · 100 / 171 = 40.35 %
BIP Deflator im Vergleich zum Landesindex der Konsumentenpreise
o BIP-Deflator: Veränderung der Preise aller Komponenten des BIP (C, I, NX, G)
o Landesindex der Konsumentenpreise: Veränderung der Preise eines Warenkorbes: nur
einige Konsumgüter
Die Entwicklung des realen BIP der Schweiz
Konstantes Wachstum
ƒ Nach dem 2. Weltkrieg steigt das
Wachstum noch stärker an.
o Das Wachstum ist nicht immer positiv,
sondern von Rezessionen unterbrochen
ƒ 1929: Weltwirtschaftkrise
ƒ 1970: Ölkrise
ƒ 1990
o Das BIP und das BIP pro Kopf weichen
grafisch voneinander ab, weil die
Bevölkerung nicht gleich wächst wie die
Wirtschaft.
o
o
ƒ
ƒ
ƒ
21
4. Kritik am BIP
ƒ
Wie gesagt misst das BIP das Gesamteinkommen und die Gesamtausgaben für Güter und
Dienstleistungen einer gesamten Volkswirtschaft. Das BIP pro Person zeigt deshalb das
Gesamteinkommen und die Gesamtausgaben pro Person. Das BIP ist also ein Mass um den
ökonomischen Wohlstand zu messen.
o Das BIP misst nicht die Gesundheit der Kinder, aber Staaten mit einem höheren BIP können
mehr für die Gesundheit ihrer Kinder ausgeben.
o Das BIP misst nicht die Qualität der Bildung, aber Staaten mit einem höheren BIP können
sich bessere Bildungssysteme leisten.
o Das BIP misst nicht die Intelligenz, die Integrität, den Mut und die Hingabe, aber all diese
Attribute sind einfache zu erreichen, wenn sich die Bürger mehr leisten können.
o Kurz gesagt misst das BIP die Dinge, die das Leben lebenswert machen, nicht direkt,
aber es misst unsere Fähigkeit, die Einsatzfaktoren für ein lebenswertes Leben zu
erhalten.
o Der Vergleich unter den Staaten zeigt deutlich, dass ein hohes BIP mit einem hohen
Lebensstandard korreliert.
o Mängel des BIP:
ƒ Haushalt-Produktion (Aktivitäten ausserhalb des Marktes) ist nicht erfasst
ƒ Staat ist zu Inputkosten erfasst
ƒ andere Indikatoren für Wohlstand: Bildung, Festigkeit der Lebensbeziehungen
ƒ Einkommensverteilung
ƒ Qualität der Umwelt
ƒ Freizeit
ƒ Reparaturen werden im BIP erfasst
5. Wertschöpfung und Umsatz
ƒ Die nebenstehenden
Tabellen zeigen den
Unterschied zwischen
Wertschöpfung und
Umsatz.
ƒ Die Wertschöpfung der
drei einzelnen
Unternehmen
zusammen und die
Wertschöpfung einer
Unternehmung bei
Fusion muss zwingend
dasselbe geben.
22
6. Drei Berechnungen des Bruttosozialproduktes – Ein Resultat
ƒ Die Wertschöpfung entspricht der Bruttoinlandprodukt (BIP)
Verteilungsrechnung
(Wertschöpfung „von unten“)
Entstehungsrechnung
(Wertschöpfung „von oben“)
Verwendungsrechnung
(normale Formel)
C
G
I
NX
BIP
BIP
BSP
BSP
Nicht Ein- und
Ausfuhr !
BSP
Aufgaben zu Kap. 23
ƒ PA # 1
ƒ PA # 5
ƒ PA # 6 !!
ƒ Skript Aufg. 9 S. 37 !!!
23
24. Die Messung der Lebenshaltungskosten
1. Der Konsumentenpreisindex
ƒ
ƒ
ƒ
Definition Konsumentenpreisindex
o Der Konsumentenpreisindex (KPI) misst die Gesamtkosten von Gütern und
Dienstleistungen eines Warenkorbes die ein typischer Konsument kauft.
o Der KPI wird verwendet um Veränderungen der Lebenshaltungskosten über eine gewisse
Zeit zu beobachten. Steigt der KPI, so muss die typische Familie mehr Geld ausgeben um
den gleichen Lebensstandard zu halten.
o Inflation liegt dann vor, wenn das Preisniveau steigt.
o Die Inflationsrate ist die prozentuale Veränderung des allgemeinen Preisniveaus
gegenüber dem Vorjahr.
o Inflation war in der Schweiz nie ein grosses Thema.
Die Berechnung des Konsumentenpreisindexes
1. Bestimmung des Warenkorbes
o Kauft der Konsument mehr von
einem Gut (im Beispiel Hot
Dogs) als von anderen Gütern
(Hamburger), so ist der Preis
dieses Gutes wichtiger als der
Preis des anderen Gutes. Das
mehr verkaufte Gut wird
stärker gewichtet.
o Umfasst auch Dienstleistungen
o Letztmals fixiert: 2000 (i.d.R.
alle 4 Jahre)
2. Bestimmung der Preise für jedes
Jahr
o Verschiedene Methoden:
ƒ Preise im Laden
ermitteln
ƒ Umfrage-Haushalte
(Problem:
Einkommens-starke
Haushalte machen
selten mit)
3. Berechnung der Kosten des
Warenkorbes für jedes Jahr
o Von Jahr zu Jahr verändern sich nur die Preise. Die Anzahl Produkte im Warenkorb (4 Hot
Dogs und 2 Hamburger) bleiben gleich.
o Durch dieses Vorgehen können die Preiseffekte von den Mengenveränderungen getrennt werden.
4. Wahl eines Basisjahres und Berechnung des Index (KPI).
o Indexberechnung:
Kosten des Warenkorbes im Jahr x
· 100
Kosten des Warenkorbes im Basisjahr
o Im Basisjahr ist der Konsumentenpreisindex immer 100. Im Jahr 2002 haben die Preise des
Warenkorbes um 75 % gegenüber dem Basisjahr zugenommen. Im Jahr 2003 haben die
Preise des Warenkorbes um 150 % gegenüber dem Basisjahr zugenommen.
5. Berechnung der Inflationsrate
o KPI im Jahr 2 – KPI im Jahr 1
· 100 = Inflationsrate im Jahr 2
KPI im Jahr 1
Die Elemente des schweizerischen „Landesindexes der Konsumentenpreise“ (LIK)
o Warenkorb
ƒ Verbrauchserhebungen (auf der Basis von
Haushaltsrechnungen, jährlich
aktualisiert)
ƒ Mietpreisindex (5000 Wohnungen)
o Preiserhebungen
ƒ monatliche Erhebungen (ca. 500'000
Preiserhebungen, dazu viermal jährlich
rund 5'000 Mietpreise)
o Indexformel
ƒ Laspeyresindex
ƒ monatlicher LIK
24
ƒ
ƒ
Probleme bei der Messung der Lebenshaltungskosten mit dem KPI
o Substitutionsverzerrungen (Substitution Bias)
ƒ Einige Preise steigen mehr als andere.
ƒ Die Konsumenten reagieren darauf, indem sie weniger von jenen Gütern kaufen
welche teurer geworden sind. Hingegen kaufen sie mehr Güter welche nicht teurer
geworden sind. Die Konsumenten substituieren also die teurer gewordenen
Produkte indem sie auf relativ-billigere Produkte (relative Preise verändern sich)
umsteigen.
ƒ Der Konsumentenpreisindex aber basiert immer auf einem immer-fixen Warenkorb
und ignoriert die Substitution. Der KPI bewertet also den Anstieg der
Lebenshaltungskosten von einem Jahr auf das andere zu hoch.
o Auftreten neuer Produkte (z.B. waren die Mobiltelefone bis 1998 nicht auf der Liste)
ƒ Wenn ein neues Gut eingeführt wird, haben die Konsumenten eine grössere
Auswahl. Der KPI ist aber ein fixer Warenkorb und berücksichtigt keine neuen
Produkte. Eine grössere Auswahl macht jeden Franken wertvoller und so benötigen
die Konsumenten weniger Geld um ihren Lebensstandard beizubehalten. Der KPI ist
in diesem Fall zu hoch.
o Unbeachtete Qualitätsveränderung
ƒ Wenn die Qualität eines Gutes von einem Jahr auf das nächste sinkt, der Preis für
das Gut aber gleich bleibt, so sinkt auch der Wert des Geldes.
ƒ Ein VW von 1950 ist mit einem VW von 2004 nicht vergleichbar!
ƒ Wenn die Qualität eines Gutes von einem Jahr auf das nächste steigt, der Prais für
das gut aber gleich bleibt, so steigt auch der Wert des Geldes.
o Die Ökonomen sind sich immer noch uneinig was man gegen diese Probleme bei der
Messung unternehmen könnte. Studien schätzen, dass die Inflation etwa 1 % überbewertet
wird.
BIP Deflator im Vergleich zum Landesindex der Konsumentenpreise
o Die Zwei Kennzahlen sind sich recht ähnlich, trotzdem können sie voneinander abweichen:
Landesindex der Konsumentenpreise
BIP-Deflator
(LIK)
Nur Konsumentenpreise (C)
Alle Preise der inländischen Produktion
ƒ Veränderung der Preise eines
(C, I, G, NX)
ƒ Veränderung der Preise aller
Warenkorbes mit einigen
Komponenten des BIP (C, I, NX, G)
Konsumgütern.
Auch Preise importierter Konsumgüter
Keine Importpreise erfasst
Fixer Warenkorb aus C und fixer
Veränderlicher „Korb“ mit C, I, G, NX und
Gewichtung.
variabler Gewichtung
ƒ Der Warenkorb wird nur selten
ƒ Die Güter aktualisieren sich
angepasst.
selbstständig.
ƒ Beispiel: Das meiste Öl wird aus dem Ausland importiert und ist daher im BIP und
im BIP Deflator nicht inbegriffen. Das Öl ist hingegen im Landesindex der
Konsumentenpreise inbegriffen. Steigt der Ölpreis, so steigt der Landesindex der
Konsumentenpreise mehr als der BIP-Deflator.
o Die nebenstehende Abbildung zeigt die Inflationsrate,
gemessen durch den BIP-Deflator als auch durch den
Konsumentenpreisindex für jedes Jahr seit 1965.
ƒ Die beiden Berechnungsmöglichkeiten für die
Inflationsrate weichen teilweise voneinander ab.
ƒ Die Abweichungen können mit den beiden oben
beschriebenen Unterschieden analysiert werden.
ƒ Spitzen 1973/1978: Erdölschocks Æ Erdöl-Importe
sind im KPI inbegriffen, im BIP nicht.
2. Inflationsbereinigung von wirtschaftlichen Daten
ƒ
ƒ
Der Zweck des Landesindex der Konsumentenpreise ist, Vergleiche zwischen Geldbeträgen
verschiedener Zeitpunkte zu ermöglichen.
Vergleiche zwischen Geldbeträgen verschiedener Zeitpunkte
o Beispiel:
ƒ Das Einkommen eines berühmten Baseballspielers, Babe Ruth, betrug 1931
$80'000.00. War sein Einkommen von 1931 verglichen mit den heutigen Einkommen
von Baseballspielern hoch oder tief?
ƒ BIP 1931
15.2
BIP 2001
177
25
Das Preisniveau ist also um 11.6 Mal gestiegen. (177 / 15.2).
80'000 · 11.6 = $930’000
Ein Einkommen von 80'000 von 1931 entspricht also einem Einkommen von 930'000
im Jahr 2001. Das ist kein schlechtes Einkommen. Heutige berühmte Baseballspieler
aber verdienen etwa 18 Millionen.
o Formel:
Preisniveau Heute (KPI)
Heutiger Wert eines Geldbetrages = Früherer Wert eines Geldbetrages •
Preisniveau Früher (KPI)
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
Indexierung
o Wenn ein Geldbetrag automatisch um die Inflation korrigiert ist, durch gesetzliche
Vorschrift oder vertragliche Vereinbarung, so wird der korrigierte Betrag als „indexiert
um die Inflation“ bezeichnet.
o Beispielsweise enthalten viele langfristige Verträge die Klausel, dass periodische Zahlungen
periodisch um die Inflationsrate angepasst werden.
o Löhne die sich so periodisch anpassen nennt man „cost-of-living allowance“ oder COLA.
Ein Cola erhöht einen Lohn automatisch, wenn der Konsumentenpreisindex ansteigt.
Reale und Nominale Zinssätze
o Beispiel: Ich lege auf einem Sparkonto 1000 an und erhalte nach einem Jahr 100 Zinsen.
Dies entspricht einem Zinssatz von 10 %. Wenn aber während dieses Jahres das
Preisniveau gestiegen ist, so hat jeder Franken weniger wert als er vor einem Jahr hatte.
Betrug die Inflation 4 %, so hat die Menge Güter, die ich zusätzlich kaufen kann, um 6 %
zugenommen.
o Der Nominal-Zinssatz ist jener Zinssatz, welcher nicht um die Inflation bereinigt ist.
o Der Reale Zinssatz ist jener Zinssatz, welcher um die Inflationsrate bereinigt ist.
o Realer Zinssatz = Nominaler Zinssatz – Inflationsrate π
ƒ Bankzinssätze sind immer
Nominal-Zinssätze.
ƒ Die nebenstehende Grafik zeigt
einen Vergleich zwischen
Nominal-Zinssatz und Realem
Zinssatz. Die beiden Zinssätze
bewegen sich nicht immer
miteinander.
ƒ Der Bereich zwischen den beiden
Zinssätze entspricht der
Inflationsrate. Ist die
Inflationsrate sehr hoch, liegen die
beiden Zinssätze weit
auseinander.
o Auch ein negativer Nominalzins ist möglich, wenn zu viel Geld im Umlauf ist. (Japan,
Schweiz in den 70ern)
Reale und Nominale Löhne
o Nominallohn
ƒ Anstieg von 13.90 pro h (1979) auf 31.25 pro h (2004)
ƒ Anstieg von 124 %
o Annahme Inflation = 80 %
o Reallohn stieg also nur um 44 % an.
Verschiedene LIK des Bundesamtes für Statistik (BfS)
1. LIK gemäss Warenkorb
ƒ Laspeyres-Index = mit fixierten Gewichten
2. Kerninflation 1 = LIK ohne Nahrungsmittel, Getränke, Tabak, Saisonprodukte, Energie
und Treibstoffe
ƒ Mit Steuern belastet
ƒ importiert
ƒ Saisonale Schwankungen
3. Kerninflation 2 = Kerninflation 1 ohne Produkte mit administrierten Preisen
ƒ ohne Krankenkasse
ƒ ohne Abfallgebühr
4. Der Produzentenpreisindex (PPI)
ƒ Der Produzentenpreisindex PPI misst die Kosten von Gütern und Dienstleistungen
eines Warenkorbes die ein typisches Unternehmen erwirbt.
ƒ Da die Unternehmer ihre Kosten an die Konsumenten weitergeben, ist der PPI ein
gutes Mass für eine Vorhersage über die Entwicklung des KPI.
26
ƒ
Inflation und Deflation
o Veränderung des Geldwerts, Veränderung der Kaufkraft
o Binnenwert der Währung = Was kann man im Inland mit dem Geld kaufen?
Aussenwert der Währung = Wechselkurs, Wie viel fremde Währung erhalte ich?
o Weitere Vergleichsmöglichkeit
ƒ Benötigte Arbeitszeit zum Kauf eines Konsumgutes
• im Zeitablauf
Wie lange musste man 1900, 2000 arbeiten für 1 Bier?
• zwischen Ländern
Wie lange muss man in Uganda für 1 Brot arbeiten?
o Falls alle Güter in einem Warenkorb genau gleich teurer werden, nennt man dies
Gleichgewichtige Inflation.
ƒ
Beispiel: Berechnung der Reallohnentwicklung
Die Löhne der Beamten haben sich 1985 – 2000 wie folgt entwickelt:
Jahr
Durchschnittlicher Nominallohn
1985
40'000 Franken pro Jahr
2002
60'000 Franken pro Jahr
Konsumentenpreisindex
112.0 Punkte
134.4 Punkte
a) Um wie viele Prozent nahm der durchschnittliche Nominallohn 1985 – 2000 insgesamt zu?
60'000 – 40'000 = 20'000
20'000 · 100 / 40'000 = 50 %
Der Nominallohn nahm zwischen 1985 und 2000 um 50 % zu.
b) Um weiviele Prozent ist das Preisniveau 1985 – 2000 insgesamt gestiegen?
134.4 – 112 = 22.4
22.4 · 100 / 112 = 20 %
Die Inflationsrate betrug zwischen 1985 und 2000 20 %.
c) Um wie viele Prozent ist der durchschnittliche Reallohn 1985 – 2000 insgesamt gestiegen?
Folgende Berechnung ist FALSCH:
50 % - 20 % = 30 %
Der Reallohn ist um 30 % gestiegen.
Folgende Berechnung ist RICHTIG:
Als erstes müssen die durchschnittlichen Nominallöhne auf einen gleichen Zeitpunkt der
Inflation angepasst werden.
Variante 1: Zeitpunkt als der KPI 100 Punkte betrug (irgend ein Datum vor 1985)
40'000 : 112.0 · 100 = 35'714.30
60'000 : 134.4 · 100 = 44'642.90
Die Zunahme des Reallohns beträgt also 44'642.90 – 35'714.30 = 8'928.6
Dies entspricht einer Zunahme von 25 %.
Variante 2: Zeitpunkt als der KPI 112 Punkte betrug (1985)
40'000 : 112.0 · 112 = 40'000.00
60'000 : 134.4 · 112 = 50'000.00
Die Zunahme des Reallohns beträgt also 50'000 – 40’000 = 10’000
Dies entspricht einer Zunahme von 25 %.
d) Der Beamte X verdiente 1985 genau 30'000 Franken. Wie viel hätte er im Jahre 2000 verdient,
falls sein Lohn 1985 – 2000 gneau wie der Durchschnitt gestiegen wäre?
1985 = 30'000.00
50 % von 30'000 = 15’000
15'000 + 30'000 = 45'000.00
Er hätte im Jahr 2000 Fr. 45'000.00 verdient.
27
e) Der Beamte X verdiente 1985 genau 30'000 Franken. Wie viel hätte er im Jahre 2000 verdienen
müssen, damit seine Kaufkraft gegenüber 1985 konstant geblieben wäre?
1985 = 30'000.00
20 % von 30'000 = 6'000.00
30'000.00 + 6'000.00 = 36'000.00
Er hätte im Jahr 2000 Fr. 36'000.00 verdienen müssen.
ƒ
Beispiel: Realzinsen
In Russland stiegen die Nominallöhne 1995 – 1996 um 120 %. Die Konsumentenpreise nahmen
1995 – 1996 im Mittel um 100 % zu. Um wie viel stieg der Reallohn 1995 – 1996?
Nominallohn
100
220 + 120 %
Reallohn
100
Konsumentenpreisindex
100
200 + 100 %
Es muss also wieder auf einen bestimmten Zeitpunkt zurückgerechnet werden. Wählen wir also
1995:
220 : 200 = 1.1 · 100 = 110
Der Nominallohn von 220 wäre also zu Preisen von 1995 110 Wert.
Die Zunahme beträgt (10 · 100 / 100) 10 %.
Aufgaben zu Kap. 24
ƒ PA # 1
ƒ PA # 2
ƒ PA # 5
ƒ PA # 6
ƒ PA # 11
ƒ Aufg. 12, Skript S. 46 (in ZF inbegriffen) !!!
ƒ Aufg. 13, Skript S. 46 (in ZF inbegriffen) !
ƒ Aufg. 14, Skript S. 46 !!!
ƒ Aufg. 15, Skript S. 47 !
28
25. Produktion und Wachstum
1. Wirtschaftswachstum
ƒ
ƒ
ƒ
Langfristige Entwicklung des BIP = Trendwachstum
o Zeitraum: Jahrzehnte
Kurzfristige Veränderungen des BIP (quartalsweise zum Vorjahr) = Konjunktur
o Zeitraum: Quartale bis einige Jahre
Die Grafik zeigt das Trendwachstum und die
Konjunktur.
o Das Trendwachstum ist die Entwicklung
des Produktionskapitals.
ƒ langfristiger Entwicklungspfad
o Die Konjunktur ist die Auslastung des
Produktionskapitals.
ƒ Die Konjunktur ist also eine
Abweichung vom Trendwachstum,
die sich in Überlastungen und
Unterlastungen äussert.
2. Unterschiede im Lebensstandard
ƒ
Die verschiedenen Staaten, aber auch die verschiedenen Regionen in den einzelnen Staaten
haben einen unterschiedlichen Lebensstandard.
o Die Höhe des Bruttoinlandproduktes (BIP) ist ein guter Massstab für die Messung des
ökonomischen Wohlstandes eines Landes.
o Die Wachstum des realen Bruttoinlandproduktes (BIP) ist ein guter Massstab für den
ökonomischen Fortschritt eines Landes.
3. Ökonomisches Wachstum in verschiedenen Staaten
ƒ
ƒ
Das reale BIP pro Person zeigt
dass der Lebensstandard und
das Gesamteinkommen von
Land zu Land stark variieren.
o In den USA ist der
Lebensstandard heute
etwa 9 Mal höher als in
China.
o Das höchste BIP pro Kopf
weist die USA auf, das
kleinste Bangladesch.
o Noch 1870 verfügte
Grossbritannien über
das grösste BIP pro Kopf.
Die Wachstumsrate des BIP zeigt die durchschnittliche Zunahme des BIPS in einem Jahr.
o In den USA betrug das reale BIP 1870 3'347 $ pro Kopf, 2000 beträgt es 34'260 $ pro Kopf.
Das heisst die Wachstumsrate pro Jahr beträgt 1.81 %. Würde man also in jedem Jahr 1.81
% hinzurechnen, von 1970 weg, käme man auf 34'260 $. Natürlich ist das BIP nicht jedes
Jahr genau so viel gestiegen. Es handelt sich um einen Durchschnitt.
o Die höchste Wachstumsrate weist Japan auf, während Bangladesch und Pakistan die
kleinsten Wachstumsraten aufweisen.
4. Produktivität: Seine Rolle und seine Determinanten
ƒ
ƒ
Die Höhe des BIP und damit auch der Lebensstandard hängt von der Produktivität eines Landes ab.
Die Produktivität ist Menge an Gütern und Dienstleistungen die ein einzelner Arbeiter während
einer Arbeitsstunde produzieren kann.
o Ist die Produktivität hoch, so ist auch das BIP und damit der Lebensstandard hoch.
o Ist die Zunahme der Produktivität hoch, so sind auch das Wachstum des BIP und das
Wachstum des Lebensstandards gross.
o „The more fish Robinson Crusoe can catch per hour, the more he eats at dinner.“
o Amerikaner leben besser als die Nigerianer weil die amerikanischen Arbeiter produktiver sind
als die nigerianischen Arbeiter. Die amerikanischen Arbeiter produzieren mehr Güter und
Dienstleistungen.
29
ƒ
Faktoren des Trendwachstums: Verschiedene Faktoren bestimmen die Höhe der Produktivität
eines Landes:
o Ausstattung mit Produktionsfaktoren
ƒ Physisches Kapital
• Physisches Kapital ist die Ausrüstung und die Strukturen welche verwendet
werden um Güter und Dienstleistungen herzustellen.
• Die Arbeiter sind produktiver, je mehr und besseres physisches Kapital zur
Verfügung steht.
• Physisches Kapital selbst ist ein produzierter Produktionsfaktor.
Verschiedene Produktionsfaktoren wurden verarbeitet um physisches Kapital
herzustellen.
ƒ Humankapital
• Humankapital ist das Wissen und die Fähigkeiten welches sich die Arbeiter
durch Schulbildung, Lehre, Ausbildung und Erfahrung angeeignet haben.
• Die Arbeiter sind produktiver, über je mehr und besseres Humankapital sie
verfügen.
• Humankapital selbst ist ein produzierter Produktionsfaktor. Verschiedene
Produktionsfaktoren (Lehrer, Bücher, Zeit) wurden verarbeitet um Humankapital
herzustellen.
ƒ Natürliche Ressourcen
• Natürliche Ressourcen sind die Produktionsinputs für Güter und
Dienstleistungen, welche von der Natur zur Verfügung gestellt werden. Z.B.
Land, Flüsse und Bodenschätze.
• Zwei Formen:
o Erneuerbare natürliche Ressourcen
ƒ z.B. Wald (unerschöpflich wenn nachhaltig genutzt)
o Nicht erneuerbare natürliche Ressourcen
ƒ z.B. Öl (erschöpflich)
• Die Arbeiter sind produktiver, je besser nutzbare natürliche Ressourcen zur
Verfügung stehen.
• Staaten, welche über sehr viele Ressourcen verfügen, können womöglich
in eine Ressourcenfalle geraten. Sie werden sehr stark von einer
Ressource (z.B. Öl, Steinkohle) abhängig. Wirtschaftliche Veränderungen
können eine solche Ressource überflüssig machen. Zudem ist die
Wertschöpfung im 1. Sektor sehr tief.
ƒ Technologisches Know-how
• Technologisches Know-how ist das Wissen der Gesellschaft, Güter und
Dienstleistungen am besten zu produzieren.
• Z.B. ermöglichte die Einführung der heutigen intensiven Landwirtschaft viele
Arbeiter freizustellen. Das ermöglicht den freigestellten Arbeitern anderen
produktiven Tätigkeiten nachzugehen.
• Unterschied zum Humankapital
o Technologisches Know-how:
ƒ Produktionswissen der Gesellschaft
ƒ „quality of societys textbooks“
o Humankapital:
ƒ Ressourcen die verwendet werden um das bestehende
Produktionswissen weiter zu geben
ƒ „amount of time that the population has devoted to reading
the textbooks“
o Qualität der Produktionsfaktoren
ƒ Wird aus der vorhandenen Humankapital genügend qualitative Bildung dem System
zugeführt?
ƒ Wird das physische Kapital investiert?
o Dynamik: Entwicklung der Arbeitsproduktivität
o
Die Produktionsfunktion !!! (siehe dazu auch Aufgaben)
ƒ Y = A · F(L, K, H, N)
• Y = Output, Produktivität
• L = Quantity of Labor
• K = Physisches Kapital
• H = Humankapital
• N = Natürliche Ressourcen
30
•
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
A = verfügbare Produktionstechnologie/Faktorqualität/Faktorproduktivität
o Ausbildungsstand der Arbeitskräfte
o Technischer Fortschritt
o Wenn Wachstum nur durch Erhöhung von Y, L, K, H und N statt
findet, dann wird die Konvergenz einsetzen (siehe unten).
Langfristiges Wachstum ist deshalb nur über A (die
Faktorqualität) möglich!
Die Produktionsfunktion gibt das BIP (Y) wieder.
Eine Produktionsfunktion könnte z.B. sein: Y = L0.75 · K0.25
• Dabei stellt 0.75 und 0.25 die Gewichtung der Inputs dar. In dieser
Produktionsfunktion fehlen allerdings wichtige Auswirkungen auf das BIP wie
die Faktorqualität.
• Mit dieser Funktion kann hingegen gut gemessen werden, wie sich Y
verändert, wenn wir z.B. L (Die Anzahl Arbeiter) um 10 % erhöhen.
o Y = (1.1· L)0.75 · K0.25
Y = 1.10.75 · L0.75 · K0.25
Y wird also mit 1.10.75 multipliziert, also um diese Zahl grösser.
1.10.75 = 1.074099 = + 7.41 % (Zunahme BIP = Wachstum)
• Die Zunahme von Y, also des BIP, kann in ein extensives und ein
extensives Wachstum aufgegliedert werden.
o Bei sonst gleichen Bedingungen kann die Masse des Mehrwerts
durch Verlängerung des Arbeitstages oder durch vergrösserte
Anzahl der Arbeiter (= extensives Wachstum) gesteigert werden.
Beispiel: Die Anzahl Würstchenbuden können mengenmässig
gesteigert werden. (=K in der Produktionsfunktion für Y)
o Falls das variable Kapital gleich bleibt (oder sinkt), kann die
Mehrwertmasse durch gesteigerte Ausbeutung, bzw. durch
Erhöhung der Mehrwertrate, gesteigert werden (= intensives
Wachstum). Beispiel: Die Anzahl Würstchen pro Würstchenbude
können gesteigert werden. (=A Faktorqualität in der
Produktionsfunktion für Y)
Eine oft anzutreffende Funktion für das BIP ist weiter: Yt = Y0(1+b)t. Die Formel Yt =
Y0(1+b)t ist nichts anderes als eine Aufzinsungsformel, wobei Y0 das BIP zum
Zeitpunkt 0 (heute) und Yt das BIP zum Zeitpunkt t darstellt. b ist die Wachstumsrate.
Konstante Skalenerträge:
• Verdoppelung aller Inputs führt zu einer Verdoppelung des Outputs.
• xY = A · F(xL, xK, xH, xN)
5. Ökonomisches Wachstum und die Wirtschaftspolitik eines Staates
ƒ
Determinanten des Wachstums – Was kann die Regierung mit ihrer Politik tun um die
Produktivität zu steigern?
ƒ
Sparen und Investieren
o Indem ein Staat mehr Gelder in neues Kapital investiert, kann in der Zukunft die
Produktivität gesteigert werden. Dies verlangt aber, dass eine Gesellschaft jetzt weniger
konsumiert und dafür mehr spart. Das gesparte Geld kann sodann jetzt verwendet werden
um in Kapital zu investieren.
o Eine Regierung kann also die Bürger dazu ermutigen, zu sparen um damit
Investitionen in Kapital zu ermöglichen. Dies wird gemessen and der Investitionsquote
(Investitionen in % vom BIP). Sodann steigt in der langen Frist die Produktivität, da
mehr Kapital zur Verfügung steht.
o Ein empirischer Vergleich der verschiedenen Staaten zeigt, dass in jenen Staaten wo viel
gespart und dadurch investiert wird, die Produktivität höher ist.
o Dasselbe zeigt auch U28: Während die Investitionsquote in den meisten Ländern seit 1960
gefallen ist, ist auch das BIP-Wachstum gefallen. Jedoch ist es so, dass die Investitionsquote
weniger stark gefallen ist, als das BIP-Wachstum. Es entstand eine Art Leverage-Effekt.
Konvergenztheorie und der Catch-Up-Effekt
o Absolute Konvergenz
ƒ Angenommen, es gelingt einem Staat seine Bürger zu ermutigen mehr zu sparen. So
werden weniger Ressourcen gebraucht um Konsumgüter herzustellen und dafür
stehen mehr Ressourcen zur Verfügung um Kapitalgüter herzustellen. Als eine
Konsequenz steigen das verfügbare Kapital und damit auch die Produktivität. Das
BIP steigt. Aber wie lange dauert dieser Anstieg des BIP?
ƒ
31
ƒ
ƒ
ƒ
Sinkende Erträge (diminishing returns) bezeichnet die Eigenschaft, dass die
zusätzlichen Erträge aus dem Kapital aus einer zusätzlichen Einheit Kapital
abnehmen.
• Während durch die Mehrinvestitionen das Kapital immer grösser wird, wird
der zusätzliche Output der durch eine zusätzliche Einheit Kapital produziert
wird, immer kleiner. Es gibt abnehmende Grenzerträge auf Kapital.
• Aufgrund der sinkenden Erträge, erhöht eine höhere Sparrate die
Wachstumsrate nur für eine kurze Zeit. Die höhere Sparrate stellt zwar mehr
Kapital zur Verfügung, aber die Erträge aus dem zusätzlichen Kapital werden
kleiner mit der Zeit und so schwächt sich die Wachstumsrate wieder ab.
• In der langen Frist führt eine höhere Sparrate zu einer höheren
Produktivität und zu einem höheren BIP, aber nicht zu höheren
Wachstumsraten des BIP.
ƒ Der Catch-Up-Effekt bezeichnet die Eigenschaft, dass sehr arme Länder relativ
schneller wachsen als Länder die bereits reich sind.
• In den reichen Ländern kann aus zusätzlichem Kapital nur noch kleine
zusätzliche Erträge erwirtschaftet werden. In armen Ländern kann aber aus
zusätzlichem Kapital noch ein grosser zusätzlicher Ertrag erwirtschaftet
werden.
o Bedingte Konvergenz
ƒ U27 zeigt, dass die absolute Konvergenztheorie innerhalb der OECD-Staaten sehr
gut funktioniert. Aber leider funktioniert die Konvergenztheorie in den afrikanischen
Staaten nicht. Alle haben ein tiefes BIP und trotzdem teilweise negative und teilweise
sehr hohes Wachstumsraten. Deshalb wurde die bedingte Konvergenztheorie
entwickelt:
ƒ Diejenigen Volkswirtschaften wachsam am schnellsten, welche am
weitesten von ihrem individuellen „Steady State Gleichgewicht“
entfernt sind. Das „Steady State Gleichgewicht wird durch die
Wachstumsdeterminanten bestimmt.
• Ärmere Länder können in diesem fall schneller oder
langsamer wachsen als reichere Länder.
• Die nebenstehende Abbildung zeigt einen Brunnen
welcher den Steady State symbolisiert. die
Wachstumsdeterminanten (Investitionen, Ausbildung, Stabilität, Offenheit)
(symbolisiert durch rote Pfeile) beeinflussen den Steady State.
Investitionen aus dem Ausland
o Formen
ƒ Ausländische Direktinvestitionen (Foreign direct investments)
• Eine Kapitalinvestition im Inland, die im Eigentum eines Ausländers steht und
durch diesen betrieben wird.
• Z.B. Ford baut eine Autofabrik in Mexiko.
ƒ Ausländische Portfolioinvestitionen (Foreign portfolio investments)
• Eine Investition im Inland die mit ausländischen Geldern finanziert ist, aber
durch Inländer betrieben wird.
• Z.B. Kauft Ford von einer mexikanischen Unternehmung Aktien und die
mexikanische Unternehmung baut eine Autofabrik.
o In beiden Fällen werden amerikanische Spargelder im Ausland investiert. Die
Produktivität und das BIP des ausländischen Staates werden erhöht.
o BIP: BIP erhöht sich durch ausländische Investitionen
BSP: BSP erhöht sich nicht durch die ausländischen Investitionen
Ausbildung
o Eine bessere Bildung erhöht das Humankapital und damit die Produktivität.
o Die Politik kann also den Lebensstandard des Landes durch eine bessere Bildung der
Bevölkerung erhöhen. Zudem schafft Bildung positive Externalitäten, womit die
Subventionen der Regierung gerechtfertigt sind.
o Eine Problematik besteht darin, dass in armen Ländern die Kinder arbeiten gehen müssen
um die Familie zu ernähren. Die Eltern senden sie nicht in die Schule. In einem solchen Fall
werden kurzfristige ökonomische Vorteile den langfristigen Vorteilen vorgezogen.
o Die Problematik des „Brain Drain“ beschreibt den Umstand, dass viele gut qualifizierte
Personen ihr armes Heimatland zu Gunsten eines reichen Landes verlassen. Dadurch sinkt
das Humankapital im armen Land noch mehr.
32
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
Eigentumsrechte
o Der Schutz des Eigentums ist die Grundlage jeder modernen Marktwirtschaft und daher
auch die Grundlage für wirtschaftliches Wachstum.
o Es wird nur dann investiert, wenn die Eigentumsrechte gesichert sind.
Politische Stabilität
o Gibt es in einem Staat politische Instabilität, so ist nicht klar, ob die Eigentumsrechte
gesichert sind. In einem solchen Fall sinkt der Lebensstandard.
o Anzeichen für politische Stabilität sind Demokratie und keine Korruption. Eine Demokratie
kann aber nicht ohne Wirtschaftswachstum entstehen.
Offenheit eines Staates (Freier Handel)
o Indem Staaten eine gegen innen-orientierte Politik führen, wollen sie die heimische
Wirtschaft von der internationalen Konkurrenz schützen. Dabei handelt es sich um das
infant-industry-Argument. Oft tun sie dies durch Handelsrestriktionen und Zölle.
o Wenn aber die Staaten eine gegen aussen-orientierte Politik führen würden, wären sie
besser in die Weltwirtschaft integriert. Der Lebensstandard steigt.
o Staaten wie Südkorea, Singapur und Taiwan geniessen hohe Wachstumsrate, da sie
eine gegen aussen orientierte Politik führen.
o Geschlossene (autarke) Volkswirtschaften, wie Nordkorea oder Kuba weisen eine sehr
geringe Wachstumsrate auf.
Forschung und Entwicklung (in % von BIP)
o Der Hauptgrund weshalb der Lebensstandard heute höher ist als früher, ist der
technologische Fortschritt.
o Wissen ist ein Öffentliches Gut: Alle Menschen können davon profitieren.
o Patente lassen aus öffentlichen Gütern private Güter werden und sind daher staatliche
Anreize für Forschung und Entwicklung.
Wachstum der Bevölkerung
o Die Grösse der Bevölkerung und damit die Grösse der Arbeitnehmerschaft stellt mehr
Leute die produzieren und konsumieren zur Verfügung.
o Ausdehnung der natürlichen Ressourcen
ƒ Thomas Malthus (1766 – 1834) erkannte, dass die
Weltbevölkerung exponentiell wächst. Er erahnte auch bereits
eine nahende Überbevölkerung: Nach Malthus wächst die
Bevölkerung exponentiell, die Nahrungsmittelversorgung
aber nur linear. Ab dem Schnittpunkt würde das
Bevölkerungswachstum durch Hungersnöte und Kriege
gewaltsam gestoppt.
ƒ Trotzdem hat sich die Bevölkerung seit Malthus mehr als versechsfacht. Trotzdem ist
es nicht zu einer massiven Hungersnot gekommen. Im Gegenteil: Der
Lebensstandard ist gestiegen. Die Ursache hiefür ist, dass es mit den heutigen
technischen Neuerungen möglich geworden ist, die natürlichen Ressourcen zu
strecken.
o Verdünnung des Kapitalvorrates
ƒ Einige Theorien sind der Ansicht, dass ein hohes Bevölkerungswachstum das BIP
pro Kopf verkleinert weil eine rasch steigende Anzahl an Arbeitern eine stärkere
Verteilung des Kapitalvorrats erzwingt. Steigt die Bevölkerung, so hätte jeder
Arbeiter weniger Kapital zur Verfügung.
ƒ In den entwickelten Ländern ist der Bevölkerungszuwachs sehr klein, in den
unterentwickelten Ländern ist er aber gross. Einige Ökonomen denken, dass die
Entwicklungsländer einen höheren Lebensstandard hätten, wenn sie weniger
schnell wachsen würden.
o Förderung des technologischen Fortschritts
ƒ Einige Theorien sind der Ansicht, dass wenn die Bevölkerung grösser ist, mehr
Wissenschaftlicher, Erfinder und Ingenieure zur Verfügung stehen und damit die
Wirtschaft schneller wächst.
6. Weshalb ist die Schweiz reich?
• Das BIP der Schweiz ist sehr hoch. Ursachen:
o Faktoren des Humankapitals
ƒ gute und traditionell kürzere Ausbildung
ƒ Die Schweiz ist nicht sehr produktiv, aber die Arbeiter sind fleissig und es bestehen
lange Arbeitszeiten (Ursache: flexibler Arbeitsmarkt)
ƒ hohe Erwerbsquote (U31) (Sehr viele Menschen sind arbeitswillig und arbeiten)
ƒ Guter Gesundheitszustand
33
Faktoren des Realkapitals
ƒ hoher technischer Stand
ƒ hohe Investitionsquote
ƒ hohe ausländische Direktinvestition (FDI Foreign Direct Investment)
o Weitere Faktoren
ƒ politische Stabilität und Sicherheit
ƒ Arbeitsmoral
ƒ tiefe Steuern
ƒ freie Märkte (CH stand immer unter dem Zwang die Märkte zu öffnen; für etwas
anderes wäre die CH zu klein gewesen)
Aber die langfristige Wachstumsrate des BIP ist in der Schweiz tiefer als in den meisten EU-Staaten
und der G7-Staaten. Die Schweiz ist beim Wachstum das Schlusslicht (U30) Ursachen:
o Ursache hiefür ist der grosse Anteil des Dritten Sektors in der Schweiz. Es ist schwieriger im
3. Sektor produktiver zu werden („Wie kann ein Coiffeur produktiver werden?).
o Tiefe Arbeitsproduktivität pro h (U31).
ƒ Hohe Arbeitsproduktivität pro Arbeitsplatz jedoch tiefe Arbeitsproduktivität je
Arbeitsstunde!
o hohe Inlandpreise (Hochpreisinsel Schweiz)
o Abgeschotteter Binnenmarkt
ƒ Wenig Wettbewerb im Binnensektor (Kleinräumigkeit, Kartelle, Absprachen)
• Es kommt nicht zu Verlagerungen von wenig produktiven Tätigkeiten (z.B.
Landwirtschaft) zu hoch produktiven Tätigkeiten.
ƒ Geringe Produktivität im Binnensektor, aber kompetitiver Exportsektor (Bank,
Chemie, nicht aber Tourismus)
o steigende Staatsquote (Staatsausgaben „G“)
o steigende Steuerquote (Staatseinnahmen)
Aufgrund dieser tiefen Wachstumsrate hat die Schweiz auch nicht mehr das Grösse BIP pro Kopf.
o
•
•
Aufgaben zu Kap. 25
ƒ PA # 1
ƒ PA # 5 !
ƒ PA # 8 !
ƒ Aufg. 16 (Skript S. 58 – 60) !
ƒ Aufg. 17 (Skript S. 58 – 60) !!!
ƒ Aufg. 18 (Skript S. 58 – 60) !!!
34
26. Sparen, Investieren und das Finanzsystem
1. Finanzinstitutionen
ƒ Finanzsystem
o Das Finanzsystem ist jene Gruppe von Institutionen in einer Volkswirtschaft welche
die Gelder von den Sparern zu den Investoren transferieren.
ƒ Finanzinstitutionen
o Finanzmärkte
ƒ Finanzmärkte sind Finanzinstitutionen bei denen die Sparer (Geldgeber) ihre
Gelder direkt den Investoren (Geldnehmer) zur Verfügung stellen.
ƒ Der Obligationenmarkt
• Anleihensobligation
o Fremdkapitalfinanzierung (debt finance)
o Fester, variabler oder gar kein Zinssatz
o Laufzeit
ƒ Rückzahlung des Nennwertes am Ende der Laufzeit
(Verfalltag)
ƒ Langfristige Anleihen sind riskanter als kurzfristige, deshalb
weisen sie einen höheren Zinssatz auf
o Ausfallrisiko (Credit Risk)
ƒ Risiko, dass der Geldnehmer die Anleihe nicht
zurückbezahlen kann (default)
ƒ Anleihen mit einem höheren Risiko haben einen höheren
Zinssatz
o Steuerliche Behandlung
ƒ Zins stellt steuerbares Einkommen dar (35 % VRST)
ƒ Kursgewinn stellt steuerfreien Kapitalgewinn dar
ƒ Der Aktienmarkt
• Aktien
o Eigenkapitalfinanzierung (Equity finance)
o Eigentümerschaft: volles Ausfallrisiko
• Börse
o New York Stock Exchange (NYSE)
o American Stock Exchange (ASE)
o National Association of Securities Dealers Automated Quotation
system (NASDAQ)
• Indizes
o Dow Jones Industrial Average (30 Grosse US-Unternehmen)
o Standard & Poor’s 500 Index (500 US-Unternehmen)
o Weil die Aktienpreise die erwartete Profitabilität wiederspiegeln, sind
die Indizes eine gute Vorhersage für die zukünftige Entwicklung der
Wirtschaft.
o Finanzintermediäre
ƒ Finanzintermediäre sind Finanzinstitutionen bei denen die Sparer (Geldgeber)
ihre Gelder indirekt den Investoren (Geldnehmer) zur Verfügung stellen.
ƒ Banken
• Bilanzgeschäft (Spargelder, Kredite)
• Ausserbilanzgeschäft (Vermögensverwaltung, Investment Banking,
Zahlungsverkehr)
ƒ Anlagefonds
• Anlagefonds sind Institutionen welche Anteilsscheine an die Öffentlichkeit
verkaufen und mit dem aufgenommenen Kapital ein Portfolio an Aktien und
Obligationen erwerben.
• Vorteile:
o Diversifikation
o Professionelle Fondsverwaltung (Verwaltungsgebühr wird verlangt)
o Es wird versucht den Markt zu schlagen, also Renditen zu erreichen,
die über dem Börsenindex liegen („beat the market“). Indexfonds
dagegen wiederspiegeln genau den Index.
2. Sparen und Investieren
ƒ Die Definition von Sparen und Investieren
o Investieren bezeichnen den Kauf von neuem Kapital (z.B. Ausrüstung, Gebäude).
o Sparen bezeichnet die Geldanlage (z.B. Sparkonto, Kauf von Aktien).
35
ƒ
Wichtige Identitäten (Gleichungen die immer korrekt sind)
o Y = C + I + G + NX
ƒ BIP (Y) = Konsum (C) + Investitionen (I) + Staatskonsum (G) + Nettoexporte (NX)
ƒ BIP (Y) = Gesamteinkommen und Gesamtausgaben einer Volkswirtschaft
o Die folgenden Anmerkungen gelten nur für eine geschlossene Volkswirtschaft, die mit
keiner anderen Volkswirtschaft interagiert.
ƒ Eine geschlossene Volkswirtschaft nimmt nicht am internationalen Spar- und
Kreditgeschäften teil.
ƒ Eine geschlossene Volkswirtschaft betreibt keinen internationalen Handel mit
Güter und Dienstleistungen.
• Weil eine geschlossene Volkswirtschaft gerade nicht am internationalen
Handel teilnimmt, kann die obige Gleichung vereinfacht werden:
Y = C + I + G + NX
Jeder Output der in einer geschlossenen Volkswirtschaft verkauft wird, wird
konsumiert, investiert oder durch den Staat aufgekauft.
o Die Gleichung kann weiter umgestellt werden:
Y–C–G=I
Die linke Seite der Gleichung (Y – C – G) ist das Gesamteinkommen das nach Bezahlung
des Konsums C und des Staatskonsums G verbleibt. Dieses Gesamteinkommen nennt
man Gesamtwirtschaftliches Sparen (National saving).
o Ersetzt man (Y – C – G) durch S erhält man folgende Gleichung:
S=I
Sparen entspricht also Investieren. Die Gesamte Wirtschaft kann soviel investieren wie
gespart wird (bei einer autarken Volkswirtschaft). Für eine (geschlossene)
Volkswirtschaft müssen sich Sparen und Investieren entsprechen. Dabei sind die
Finanzinstitutionen das Gleich-Zeichen, nämlich die Vermittlerin. Zudem setzen also
alle Investitionen Konsumverzicht (Sparen) voraus!
o Definiert man T als jenen Betrag den der Staat von seinen Bürgern in Form von Steuern
einverlangt abzüglich Transferzahlungen (z.B. Sozialhilfe) so kann man Sparen also auf zwei
Arten schreiben:
ƒ S = Y – C – G oder
ƒ S = (Y – T – C) + (T – G)
o Die Gleichung S = (Y – T – C) + (T – G) besteht aus zwei Teilen:
(Y – T – C) ist das SP Private Sparen (Private saving). Privates Sparen ist jener Anteil des
Einkommens welche die Haushalte nach Bezahlung der Steuern T und der
Konsumausgaben C zur Verfügung haben. Jener Betrag der nach Bezahlung der Steuern T
übrig bleibt, wird zudem als verfügbares Einkommen bezeichnet.
(T – G) ist das SG Staatliches Sparen (Public saving). Public Saving sind die Steuereinnahmen welche der Staat nach Bezahlung seiner Ausgaben G noch zur Verfügung hat.
Ist T grösser als G, spricht man von einem Budgetüberschuss. Der Staat erhält
mehr Steuereinnahmen als er ausgibt. Er spart.
Ist G grösser als T, spricht man von einem Budgetdefizit. Der Staat gibt mehr aus
als er an Steuereinnahmen einnimmt. Er spart nicht.
Ist G = T, spricht man von einem ausgewogenen Budget. Der Staat spart nicht.
ƒ S=I
S = SP + SG, I = Nachfrage, “=“ = Bank
3. Der Kreditmarkt (Market for loanable funds)
ƒ Es wird angenommen, die Volkswirtschaft habe nur einen einzelnen Finanzmarkt, der Kreditmarkt
(Market of loanable funds) genannt wird. Alle Sparer gehen zu diesem Markt um ihre Spargelder zu
platzieren und die Geldnehmer gehen zu diesem Markt um ihre Kredite zu beanspruchen. Es gibt nur
einen Zinssatz.
ƒ Angebot und Nachfrage auf dem Kreditmarkt
o Wie jeder Markt, wird auch der Kreditmarkt von Angebot und Nachfrage gelenkt.
ƒ Angebot = Sparer
• Das Angebot kommt von Haushalten,
Unternehmen und dem Staat welche
Gelder sparen wollen. Es entspricht der
Gleichung: S = (Y – T – C) + (T – G)
• Dieses Angebot, kann direkt, über
Finanzmärkte, oder indirekt über
Finanzintermediäre erfolgen.
ƒ Nachfrage = Investoren
• Die Nachfrage kommt von Haushalten
und Unternehmen welche Geld aus36
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
leihen möchten um zu investieren. Nicht aber vom Staat!
Preis = Zinssatz
• Ein hoher Zinssatz macht Ausleihen und damit Investitionen teurer und daher
fällt die nachgefragte Kreditmenge wenn die Zinssätze steigen.
• Ein hoher Zinssatz macht Sparen attraktiver, die angebotenen Spargelder
steigen während die Zinssätze steigen.
Das Angebot und die Nachfrage für Kredite hängt immer von den Realen
Zinsen (Nominalzins - π Inflation) ab, nicht von den Nominalzinsen.
Politik 1: Anreize zum Sparen
o Sparen ist eine wichtige langfristige Determinante der Produktivität einer Nation. Das
Sparverhalten weicht jedoch von Nation zu Nation voneinander ab.
ƒ Könnte z.B. die USA, die derzeit ein sehr tiefes Sparverhalten aufweist, ihre Bürger
zum Sparen anreizen, so würde die Produktivität steigen und es entstünde ein
höherer Lebensstandard.
ƒ Ein Hauptgrund, weshalb in den USA so wenig gespart wird, ist die Steuerpolitik.
Die Einkommenssteuer auf den Erträgen aus Sparguthaben (Dividenden, Zinsen)
reduziert den Anreiz zu sparen.
o Ein Vorschlag zur Behebung dieses Problems besteht darin, dass die Einkommenssteuer
durch eine Konsumsteuer ersetzt wird. Die Sparguthaben würden solange nicht besteuert,
bis sie verwendet werden um den Konsum zu finanzieren.
ƒ Eine solche Konsumsteuer würde Anreize
schaffen, mehr zu sparen. Das Angebot von
Krediten auf dem Kreditmarkt würde sich
nach rechts verschieben.
ƒ In einem solchen Fall wird der Zinssatz
sinken während die gesprochenen Kredite
ansteigen.
ƒ Wenn also eine Reform die
Steuergesetzte so anpassen würde, dass
die Leute mehr sparen, entstünden
tiefere Zinssätze und grössere
Investitionen würden möglich.
Politik 2: Anreize zum Investieren
o Angenommen, der Staat setzt eine Politik durch, mit der er zu mehr Investitionen anregen
kann, z.B. mit einem Steuervorteil für jene die investieren.
ƒ Ein solcher Anreiz würde dazu führen, dass
sich die Nachfrage nach Krediten nach
rechts verschiebt.
ƒ In einem solchen Fall wird der Zinssatz
steigen und auch die gesprochenen Kredite
werden steigen.
ƒ Wenn also eine Reform die
Steuergesetze so anpassen würde, dass
die Leute mehr investieren, entstünden
höhere Zinssätze und höhere Sparraten
und Investitionen.
Politik 3: Budgetdefizite und Budgetüberschüsse
o Budgetdefizit: Staatsausgaben > Steuereinnahmen
ƒ Der Staat wird sein Budgetdefizit dadurch decken, indem er sich mit Kapital auf dem
Kapitalmarkt eindeckt.
ƒ Das Budgetdefizit (Budget deficit) ist der Überschuss oder
das Defizit aus einem Jahr. Æ Defizitquote in % des BIP
ƒ Die Staatsschuld (government debt) ist der Saldo aller
Budgetdefizite über alle vergangenen Jahre. Æ Verschuldungsquote in % des BIP
o Angenommen, der Staat habe zuerst ein ausbalanciertes Budget und erwirtschaftet, infolge
einer Steuersenkung oder steigender Staatsausgaben, ein
Budgetdefizit.
ƒ Das National Saving besteht wie gesagt aus den
beiden Teilen, Private und Public Saving. In
diesem Fall wird sich das Public Saving verändern.
Also wird sich das Angebot am Kreditmarkt nach
links verschieben und kleiner werden, denn der
Betrag des Public Saving wird negativ.
bisher: S = (Y – T – C) + (T – G) (ausbalanciert = 0)
37
ƒ
neu: S = (Y – T – C) + (T – G) (wird negativ)
G ist grösser geworden als T; damit ist S kleiner geworden.
ƒ Die Nachfrage nach Krediten wird sich nicht verändern, sich also nicht erhöhen.
Begründung: Bei der Nachfragekurve handelt es sich um die Nachfrage nach
Geldern für Investitionen. Der Staat aber investiert nicht, sondern konsumiert.
ƒ Im vorliegenden Fall wird weniger gespart und investiert.
• Das Angebot an Kreditgeldern ist zurückgegangen und teurer geworden.
• Die Investitionen haben abgenommen weil der Staat sein Defizit gedeckt hat,
indem er Kapital aufgenommen hat. Dies wird als Crowding out bezeichnet.
• Wenn also der Staat das National Saving, das Angebot an Krediten,
durch ein Budgetdefizit verkleinert, erhöht sich der Zinssatz und die
Investitionen gehen zurück.
• Weil Investitionen wichtig sind für ein langfristiges Wachstum der
Volkswirtschaft, reduzieren Budgetdefizite die Wachstumsrate.
o Ein Budgetüberschuss kann also auf 3 Arten finanziert werden:
ƒ Geldmenge erhöhen (z.B. Notendruck) (schlecht)
ƒ Staatsanleihen (i.d.R. Obligationen) (populär)
ƒ Steuererhöhung (unpopulär)
o Budgetüberschuss: Staatsausgaben < Steuereinnahmen
ƒ Der Staat wird versuchen mit dem Überschuss die Staatsverschuldung (früherer
Jahre) zu tilgen.
ƒ In einem solchen Fall wird der Budgetüberschuss das Angebot auf dem
Kreditmarkt vergrössern und so den Zinssatz reduzieren und die Investitionen
erhöhen.
ƒ Weil Investitionen wichtig sind für ein langfristiges Wachstum der
Volkswirtschaft, erhöhen Budgetüberschüsse die Wachstumsrate.
o Entsprechen die Staatsausgaben genau den Steuereinnahmen, spricht man von einem
ausbalancierten Budget.
Debt-Ratio
o Das Debt-Ratio ist die Staatsverschuldung in Prozent vom BIP.
o Sinkt das Debt-Ratio, nimmt die Verschuldung ab.
Steigt das Debt-Ratio, erhöht sich die Staatsverschuldung.
o Die Häufigste Ursache für eine Zunahme in der Staatsverschuldung sind Kriege.
4. Die Konsumfunktion
ƒ
•
ƒ
Bestimmungsfaktoren des Konsums
o Verfügbares Einkommen (= Y – T)
o Steuern
o Zinssatz (r)
o Erwartungen
o Konsumverhalten
Das Konsumverhalten, die Konsumneigung, ist in der Schweiz recht konstant: Die Schweizer
geben bei jeder Grösse des Lohnes in etwa gleich Anteil an ihrem Lohn für den Konsum aus.
Die Konsumfunktion
o C = C(Y – T, r)
ƒ C: privater Konsum
ƒ Y: gesamtwirtschaftliches Einkommen
ƒ T: Steuern
ƒ r: Realzinssatz
5. Die Investitionsfunktion
ƒ
ƒ
Bestimmungsfaktoren der Investitionen
o Ertragsaussichten
o Opportunitätskosten
o Steuern
o Zinssatz (r)
Zahlenbeispiel
o Eine Maschine kostet 20'000 Franken. Sie hat eine Lebensdauer von genau 2 Jahren, der
Schrittwert nach zwei Jahren ist Null.
o Im ersten und zweiten Jahr übersteigen die Einnahmen die Ausgaben um jeweils 11'000
Franken. Der Einfachheit halber wird angenommen, dass die Nettoeinnahmen jeweils per
Ende des ersten bzw. des zweiten Jahres anfallen.
o Würden Sie die Maschinen kaufen, wenn:
38
ƒ
ƒ der Zinssatz 4 % beträgt?
ƒ der Zinssatz 8 % beträgt?
o Die Abschreibung pro Jahr beträgt also 10'000.00. Somit macht der EBI also 1'000.00 je Jahr
aus.
ƒ Bei einem Zinssatz von 4 % würde man 800.00 Zins zahlen und damit einen Gewinn
von 200.00 je Jahr erwirtschafteten.
ƒ Bei einem Zinssatz von 8 % würde man 1'600.00 Zins zahlen und damit einen
Verlust von 600.00 je Jahr erwirtschaften.
ƒ Somit würde es sich nur bei einem Zinssatz von 4 %, nicht aber bei 8 %, lohnen in
die Maschine zu investieren.
Die Investitionsfunktion
o I = I(r)
ƒ I: Investitionen
ƒ r: Realzinssatz
6. Das Modell der geschlossenen Volkswirtschaft
S(r) = SP + SG
I(r)
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
Funktionen
o Produktion:
Y = Y(L, K) (Der Strich bedeutet exogen)
o Privater Konsum:
C = C(Y - T,r)
o Investitionen:
I = I(r)
o Staatsausgaben:
G=G
o Steuern:
T=T
I = Flussgrösse = zusätzliches Kapital
K = Stock = vorhandenes Kapital
Gleichgewicht gesamtwirtschaftliches Angebot und Nachfrage
o Y=C+I+G
o Die linke Seite entspricht dem gesamtwirtschaftlichen Angebot, die rechte Seite der
gesamtwirtschaftlichen Nachfrage. Daraus lässt sich das Gleichgewicht auf dem Kreditmarkt
herleiten.
Gleichgewicht Kreditmarkt (market for loanable funds)
o I = (Y - T - C) + (T - G)
o Die rechte Seite (gesamtwirtschaftliche Ersparnisse) entspricht dem Kreditangebot, die
rechte Seite (Investitionen) der Kreditnachfrage.
o Durch Einsetzen der obigen Funktionen ergibt sich eine Gleichung mit dem Realzinssatz r als
einziger unbekannter bzw. endogener Variablen:
o S(r) = I(r)
o Beachte:
ƒ Wenn der private Konsum vom Realzinssatz abhängig ist, dann sind auch die
Privaten Ersparnisse und damit auch gesamtwirtschaftlichen Ersparnisse S vom
Realzinssatz abhängig und umgekehrt.
7. Beispiel einer geschlossenen Volkswirtschaft
ƒ
Geschlossene Volkswirtschaft:
o Produktion:
Y = (L · K)0.5
L = 1’000
K = 1’000
o Privater Konsum:
C = 100 + 0.8 (Y - T) - 50r
o Investitionen:
I = 300 - 100r
o Staatsausgaben:
G = 180
o Steuern:
T = 100
39
a) Leiten Sie aus diesen Angeben die private und die gesamtwirtschaftliche Sparfunktion her.
S = (Y - T - C) + (T - G)
ƒ Private Sparfunktion
o SP = (Y - T - C)
ƒ SP = (L · K)0.5 - T - {100 + 0.8 [(L · K)0.5 – T] - 50r}
ƒ SP = (1000 · 1000)0.5 - 100 - {100 + 0.8 [(1000 · 1000)0.5 - 100] - 50r} + (100 - 180)
ƒ SP = 1000 - 100 - (820 - 50r)
ƒ SP = 50r + 80
ƒ Staatliche Sparfunktion
o SG = (T - G)
ƒ SG = T - G
ƒ SG = 100 -180
ƒ SG = -80
ƒ Gesamtwirtschaftliche Sparfunktion
o S = (Y - T - C) + (T - G)
ƒ S = (L · K)0.5 - T - {100 + 0.8 [(L · K)0.5 – T] - 50r} + (T – G)
ƒ S = 50r + 80 - 80
ƒ S = 50r
b) Berechnen Sie die staatlichen Ersparnisse, die privaten Ersparnisse sowie den Realzinssatz im
Gleichgewicht, und zeichnen Sie die Lösung ins untenstehende Diagramm ein.
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
Sparfunktion:
o SP = (Y - T - C)
ƒ SP = (L · K)0.5 - T - {100 + 0.8 [(L · K)0.5 – T] - 50r}
ƒ SP = (1000 · 1000)0.5 - 100 - {100 + 0.8 [(1000 · 1000)0.5 - 100] - 50r} + (100 - 180)
ƒ SP = 1000 - 100 - (820 - 50r)
ƒ SP = 50r + 80
o SG = (T - G)
ƒ SG = T - G
ƒ SG = 100 -180
ƒ SG = -80
o S = (Y - T - C) + (T - G)
ƒ S = 50r + 80 - 80
ƒ S = 50r
Investitionsfunktion:
o I = 300 - 100r
Gleichgewicht:
o I=S
ƒ 300 - 100r = 50r
ƒ r=2
ƒ r = 2 % (Realzins)
Staatliche Ersparnisse:
o SG = -80
Private Ersparnisse:
o SP = 50r + 80
SP = 50 · 2 + 80
SP = 180
Gesamtwirtschaftliche Ersparnisse:
o S = SP + SG
S = 100
c1) Bestimmen Sie das neue Gleichgewicht sowohl rechnerisch als auch grafisch, falls der Staat seine
Ausgaben um 100 erhöht.
GNEU = 280
ƒ Sparfunktion:
o SP = (Y - T - C)
ƒ SP = (L · K)0.5 - T - {100 + 0.8 [(L · K)0.5 – T] - 50r}
ƒ SP = (1000 · 1000)0.5 - 100 - {100 + 0.8 [(1000 · 1000)0.5 - 100] - 50r} + (100 - 180)
ƒ SP = 1000 - 100 - (820 - 50r)
ƒ SP = 50r + 80
o SG = (T - G)
ƒ SG = T - G
40
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ SG = 100 -280
ƒ SG = -180
o S = (Y - T - C) + (T - G)
ƒ S = 50r + 80 - 180
ƒ S = 50r - 100
Investitionsfunktion:
o I = 300 - 100r
Gleichgewicht:
o I=S
ƒ 300 - 100r = 50r - 100
ƒ r = 2.67
ƒ r = 2.67 % (Realzins)
Staatliche Ersparnisse:
o SG = -180
Private Ersparnisse:
o SP = 50r + 80
SP = 50 · 2.66 + 80
SP = 213.34
Gesamtwirtschaftliche Ersparnisse:
o S = SP + SG
S = 33.34
Beachte: Die zusätzlichen Ausgaben des Staates
betragen zwar 100, trotzdem nehmen die Investitionen
nur um 66.67 ab. Dies deshalb, weil der Zinssatz steigt
und deshalb die privaten mehr sparen.
Crowding-Out = Verdrängungseffekt
c2) Bestimmen Sie das neue Gleichgewicht sowohl rechnerisch als auch grafisch, falls sich die Investitionsfunktion aufgrund schlechter Absatzerwartungen der Unternehmen zu I = 200 - 100r ändert.
INEU = 200 - 100r
ƒ Sparfunktion:
o SP = (Y - T - C)
ƒ SP = (L · K)0.5 - T - {100 + 0.8 [(L · K)0.5 – T] - 50r}
ƒ SP = (1000 · 1000)0.5 - 100 - {100 + 0.8 [(1000 · 1000)0.5 - 100] - 50r} + (100 - 180)
ƒ SP = 1000 - 100 - (820 - 50r)
ƒ SP = 50r + 80
o SG = (T - G)
ƒ SG = T - G
ƒ SG = 100 -180
ƒ SG = -80
o S = (Y - T - C) + (T - G)
ƒ S = 50r + 80 - 80
ƒ S = 50r
ƒ Investitionsfunktion:
o I = 200 - 100r
ƒ Gleichgewicht:
o I=S
ƒ 200 - 100r = 50r
ƒ r=2
ƒ r = 1.33 % (Realzins)
ƒ
ƒ
ƒ
Staatliche Ersparnisse:
o SG = -80
Private Ersparnisse:
o SP = 50r + 80
SP = 50 · 1.33 + 80
SP = 146.67
Gesamtwirtschaftliche Ersparnisse:
o S = SP + SG
S = 66.67
Aufgaben zu Kap. 26
ƒ PA # 1
ƒ PA # 7
ƒ PA # 10 !
ƒ Skript Aufg. 24, Seite 70 !!! (in ZF inbegriffen)
ƒ Skript Aufg. 25, Seite 71 !!
41
28. Die natürliche Arbeitslosenquote
1. Natürliche Arbeitslosenquote und zyklische Arbeitslosigkeit
ƒ
ƒ
ƒ
Die natürliche Arbeitslosenquote (Sockelarbeitslosigkeit) entspricht dem normalen Niveau an
langfristiger Arbeitslosigkeit in einer Volkswirtschaft.
o „Natürlich“ bedeutet nicht, dass diese natürliche
Arbeitslosenquote erwünscht ist und dass die natürliche
Arbeitslosenquote immer gleich bleibt.
o „Natürlich“ bedeutet, dass diese Arbeitslosenquote ohne
Beeinflussung langfristig nicht verschwindet.
Die (zyklische) konjunkturelle Arbeitslosenquote bezeichnet
die kurzfristigen jährlichen Schwankungen um die natürliche Arbeitslosenquote. Die zyklische
Arbeitslosigkeit ist eng verknüpft mit konjunkturellen Auf- und Abschwüngen.
In diesem Kapital geht es vorerst nur um die natürliche Arbeitslosenquote.
2. Die Messung der Arbeitslosigkeit
ƒ Messung der Arbeitslosigkeit
o Die Messung erfolgt durch das Bundesamt für Statistik (BfS)
ƒ Jede Person zwischen 15 – 64 (Variante 1) oder älter als
15 (Variante 2 mit Rentnern) wird statistisch
folgendermassen erfasst:
• Erwerbstätige (employed)
Arbeitswillige
• Arbeitslose (unemployed)
• Nicht-Erwerbspersonen (Studenten,
Hausfrauen, Pensionierte) (not in labor force)
USA 2001:
o
Arbeitswillige (Labor Force, Erwerbspersonen) = Anzahl Erwerbstätige + Anzahl Arbeitslose
o
Arbeitslosenquote =
o
Arbeitswillige · 100
Erwerbsquote (labor-force participation rate) =
Erwachsene
Bevölkerung
(oder Partizipationsquote)
o
o
o
o
Anzahl Arbeitslose · 100
Arbeitswillige
(oder Erwerbslosenquote)
= 4.72 %
= 66.92 %
Arbeitslosen- und Erwerbsquote in den USA
ƒ Die Tabelle zeigt, dass die Arbeitslosenquote
unter den verschiedenen Bevölkerungsgruppen
variiert. Frauen haben die tiefere Erwerbsquote,
aber etwa die gleiche Arbeitslosenquote, wenn sie
einmal angestellt sind.
Arbeitslosenquote in der Schweiz
ƒ U41, Skript S. 74
Erwerbsquote in der Schweiz
ƒ U42, Skript S. 75
Erfassung der Arbeitslosigkeit in der Schweiz
ƒ In der Schweiz gibt es zwei Institute welche die Arbeitslosigkeit mit zwei
unterschiedlichen Verfahren messen:
• SAKE (Schweizerische Arbeitskräfteerhebung) (BfS)
o International standardisierte repräsentative Umfrage unter 17’000 Haushalten
o Hochrechnung mit Stichprobenfehler
o Registrierung beim RAV ist keine Bedingung, als erwerbslos zu gelten,
es werden also Ausgesteuerte und Personen ohne RAV-Hilfe erfasst
o von der nationalen Gesetzgebung unbeeinflusst
o Zusätzlich Auswertung der Arbeitslosen nach anderen Kriterien
(Bildungsstand, familiäres Umfeld etc.)
o = Erwerbslosenstatistik
• SECO (Staatssekretariat für Wirtschaft) (Volkswirtschaftsdepartement)
o Erhebung der registrieren Arbeitlosen bei den RAV die zwei
Bedingungen erfüllen:
ƒ Keine Arbeit
ƒ innert vier Wochen für eine neue Arbeit verfügbar
o Es spielt keine Rolle, ob jemand Arbeitslosenentschädigung erhält oder nicht
o Ausgesteuerte die sich nicht mehr beim RAV melden sind jedoch
nicht inbegriffen
o = Arbeitslosenstatistik
42
ƒ
ƒ
ƒ
SAKE-Fragebogen
• Möchten Sie Arbeiten?
o Nein = Nicht-Erwerbspersonen
o Ja = Haben Sie Arbeit?
ƒ Nein = Arbeitslose
ƒ Ja = Erwerbstätige
Weitere Kennzahlen
o Es ist beispielsweise sehr schwierig zwischen arbeitslosen Personen und NichtErwerbspersonen zu unterscheiden.
ƒ Einige arbeitslose Personen sind nur deshalb als arbeitslos qualifiziert, weil sie die
Arbeitslosenhilfe beanspruchen wollen. Sie müssten eigentlich als NichtErwerbspersonen gelten.
ƒ Andere arbeitslose Personen, die sogenannten „discouraged workers“, sind
Langzeitarbeitslose die keine Stelle gefunden haben und sich deshalb nicht mehr
aktiv bewerben. Sie müssten eigentlich als Arbeitslose gelten.
o Ausserdem ist es schwierig diese Kennzahlen zu berechnen, weil ein sehr rascher Wechsel
zwischen Arbeitslosen, Erwerbstätigen und Nicht-Erwerbspersonen statt findet.
o Aus diesem Grund gibt es eine Reihe weiterer Kennzahlen zur Messung der
Erwerbstätigkeit:
ƒ Langzeitarbeitslose (15 Wochen und mehr) in % des Arbeitskräftepotentials
ƒ Entlassene Personen und Personen die eine Temporärstelle beendet haben in
% des Arbeitskräftepotentials
ƒ Arbeitslose und „discouraged workers“ in % des Arbeitskräftepotentials
Wie lange sind Arbeitslose arbeitslos?
o Die meisten Angaben zur Arbeitslosigkeit lauten auf „kurzfristig“ (Häufigkeit der Angaben),
und die zu beliebten Zeitpunkten empirisch ermittelte Arbeitslosigkeit ist überwiegend
„langfristig“ (Anteil am Merkmalsbetrag Arbeitslosigkeit).
ƒ Erläuterung:
• Von 4 arbeitslosen Personen sind 3 gleiche Personen immer
langzeitarbeitslos, während die 4. Person jede Woche wechselt.
• Das heisst, von 55 Personen sind 3 langzeitarbeitslos und 52 kurzfristig
arbeitslos. 95 % aller Personen (52/55) sind also kurzfristig arbeitslos.
• Das heisst aber auch, dass 3 Personen je Jahr 52 Wochen arbeitslos sind,
das heisst im ganzen 3 · 52 = 156 Wochen, während 52 Personen
zusammen 52 Wochen arbeitslos sind. 75 % aller Arbeitslosenwochen
(156/208) werden von Langzeitarbeitslosen verursacht.
ƒ Fazit:
• Die Langzeitarbeitslosen (156 Wochen Lohnersatz) sind teurer als die Kurzzeitarbeitslosen (52 Wochen Lohnersatz). Kann man also den Langzeitarbeitslosen
Jobs verschaffen, so wird die Arbeitslosenversicherung viel weniger belastet.
• Mit den Kurzzeitarbeitslosen kann man nicht viel machen. Diese gibt es so oder so.
3. Vier Interpretationen zur natürlichen Arbeitslosigkeit
Interpretation 1 (Mankiw) – Definition der natürlichen Arbeitslosigkeit
ƒ Die natürliche Arbeitslosigkeit ist die normale Arbeitslosenquote um welche die konjunkturelle
Arbeitslosenquote fluktuiert.
Interpretation 2 (Mankiw) – Ursachen der natürlichen Arbeitslosigkeit
ƒ Friktionelle Arbeitslosigkeit (Frictional unemployment) bezeichnet jenen Anteil der Arbeitslosigkeit, die deshalb herrscht, weil die Arbeiter Zeit benötigen bis sie die passendste Stelle gefunden
haben. Damit wird oft die kurzfristige Arbeitslosenquote erklärt. Die Menschen suchen Jobs.
o Arbeitsplatzsuche
ƒ Arbeitsplatzsuche bezeichnet jenen Prozess, während dessen die Arbeiter eine
Arbeitsstelle suchen, die ihnen zusagt. Solche Arbeitssuchenden tragen zur
langfristigen natürlichen Arbeitslosenquote bei.
ƒ Sektorale Bewegungen (Sectoral shifts)
• Eine Ursache für diese Arbeitsplatzsuche ist die sich immer verändernde
Wirtschaft.
• Während die Autoindustrie aufgrund höherer Ölpreise Arbeiter entlässt,
heuert die Ölindustrie selber neue Arbeiter an. Während Compaq aufgrund
einer gesunkenen Nachfrage Angestellte entlässt, heuert Dell aufgrund einer
gestiegenen Nachfrage Angestellt an. Es entstehen sektorale
Bewegungen.
• Solche sektorale Bewegungen sind unvermeidlich.
43
ƒ
ƒ
Politik
• Obwohl eine solche „frictional unemployment“ also aufgrund der sektoralen
Bewegungen in einem gewissen Mass unvermeidlich ist, kann sie mit Hilfe
der Politik verkleinert werden: Die Zeit einen Arbeitsplatz zu finden,
kann reduziert werden.
o Bessere und schnellere Information über Jobangebote (Internet)
o Aufbau von Arbeitsvermittlungszentren
ƒ Arbeitslosenversicherung (AV)
• Die Arbeitslosenversicherung (AV) erhöht ungewollt die „frictional
unemployment“, weil es Anreize schafft nicht so schnell einen Arbeitsplatz
zu finden, weil man ja eine Arbeitslosenentschädigung erhält.
Structural unemployment (Strukturelle Arbeitslosigkeit) bezeichnet jenen Anteil der Arbeitslosigkeit,
die deshalb herrscht, weil die Anzahl verfügbaren Stellen nicht mit den Anzahl Stellensuchenden
übereinstimmen. Der Lohn wird künstlich über dem Gleichgewichtslohn gehalten. Eine solche
Arbeitslosigkeit herrscht dann, wenn die Angebotene Arbeit die nachgefragte Arbeit übersteigt. Damit
wird oft die langfristige Arbeitslosenquote erklärt. Die Menschen warten auf neue Jobs.
o Mismatch
ƒ Bei Mismatch passen die nachfragenden Stellen nicht zu den anbietenden Arbeitern
oder umgekehrt.
o Mindestlohngesetze
ƒ Wirksame Mindestlöhne liegen überhalb dem
Gleichgewichts-Marktlohn und sind die Ursache für eine
Arbeitslosigkeit.
ƒ Mindestlöhne nützen oft nur den ungebildeten Arbeitern
etwas, wie Teenagern und sind auch nur Ursache für die
natürliche Arbeitslosigkeit bei Teenagern.
Gewerkschaften und kollektives Verhandeln
ƒ Eine Gewerkschaft ist eine Arbeiterorganisation welche mit den Arbeitgebern über
Löhne und Arbeitsbedingungen verhandelt.
ƒ Die Ökonomie der Gewerkschaften
• Die Gewerkschaft ist wie ein Kartell. Die in einer Gewerkschaft
zusammengeschlossenen Arbeitnehmer verhandeln ihre Löhne und
Arbeitsbedingungen nicht einzeln mit dem Arbeitgeber, sondern die
Gewerkschaft übernimmt dies für alle Arbeitnehmer. Dies nennt man
kollektives Verhandeln.
• Die Gewerkschaft kann Löhne durchsetzen, die überhalb dem
Gleichgewichtslohn liegen. Es entsteht die gleiche Situation wie bei den
Mindestlöhnen. Jene Arbeitnehmer die angestellt bleiben erhalten einen
höheren Lohn, aber ein Teil der Arbeitnehmer wird arbeitslos und erhält dafür
gar keinen Lohn mehr.
• Die gewerkschaftlichen Regelungen gelten nicht für einen einzelnen
Arbeitnehmer, sondern für alle in dieser Branche oder Unternehmung
arbeitenden Personen.
• Insider-Outsider-Problem
o Insider = Arbeiter
o Outsider = Arbeitslose
o Die Gewerkschaft hat kein Interesse daran, die Löhne zu senken um
mehr Arbeitslose anzustellen, sondern sie interessiert sich lediglich
für die Insider. Die Outsider sind nicht Kunden der Gewerkschaft.
Effizienzlöhne
o Effizienzlöhne sind Löhne, die über dem Gleichgewichtsniveau liegen, weil die
Unternehmung dies freiwillig zur Steigerung der Arbeitsproduktivität macht.
o Es entsteht die gleiche Situation wie bei den Mindestlöhnen. Jene Arbeitnehmer die
angestellt bleiben erhalten einen höheren Lohn, aber ein Teil der Arbeitnehmer wird
arbeitslos und erhält dafür gar keinen Lohn mehr.
o Die Theorie der Effizienzlöhne besagt, dass höhere Löhne eine höhere Arbeitsproduktivität
generieren. Es folgen die verschiedenen Varianten der Effizienzlohntheorie. Jede bietet
eine etwas andere Begründung für die unternehmerische Absicht, höhere Löhne zu bezahlen:
ƒ Variante 1: Gesundheitszustand der Arbeiter
• Die Variante 1 der Effizienzlohntheorie besagt, dass höhere Löhne dem
Arbeitnehmer ermöglichen, sich gesünder zu ernähren und bessere
Gesundheitsdienstleistungen zu beziehen. Dadurch steige die Produktivität
der Arbeiter.
o
ƒ
44
•
ƒ
ƒ
ƒ
Für reiche Staaten wie die Schweiz kann eine solche Theorie nicht zutreffen,
weil alle Löhne sich überhalb dem Niveau befinden, wo man sich gesund
ernähren kann. Für arme Staaten wie Nigeria aber kann diese Theorie ein
Grund dafür sein, weshalb trotz eines Überangebots an Arbeitern die Löhne
nicht gesenkt werden.
Variante 2: Personalfluktuationen
• Die Variante 2 der Effizienzlohntheorie besagt, dass je mehr eine
Unternehmung seinen Arbeitnehmern bezahlt, desto weniger werden diese
ihre Stelle wechseln und desto eher werden sie der Unternehmung treu
bleiben.
Variante 3: Arbeitseinsatz
• Die Variante 3 der Effizienzlohntheorie besagt, dass Arbeiter mit höheren
Löhnen fleissiger sind, weil sie ihren Job nicht verlieren wollen. Dadurch
steige die Arbeitsproduktivität.
Variante 4: Arbeiterqualität
• Die Variante 4 der Effizienzlohntheorie besagt, dass eine Unternehmung die
höhere Löhne bezahlt, die besten Arbeitskräfte anzieht.
• Der Mindestlohn für dessen ein individueller Arbeiter zu arbeiten bereit ist
wird als reservation wage bezeichnet. Dieser ist für jeden Arbeitnehmer
unterschiedlich. Wenn die Unternehmung ihren Lohnsatz ziemlich hoch
ansetzt, werden auch jene Arbeiter sich bewerben, die zwar einen hohen
reservation wage aufweisen, dafür eine bessere Arbeiterqualität.
• Ein empirischer Beweis für diese Theorie ist der „$5-a-day-wage“ von Henry
Ford. Er bezahlte jedem Arbeiter den doppelten Lohn. Dadurch stieg die
Anzahl Bewerber um ein Vielfaches und Ford konnte die besten
Arbeitnehmer auswählen. Dadurch stieg die Produktivität sehr stark.
Interpretation 3 (Barro) – Definition der natürlichen Arbeitslosigkeit als Gleichgewicht von Zu- und
Abgängen bei den Arbeitslosen (Steady State Equilibrium)
ƒ Die Zahl der Arbeitslosen in jeder Periode bestimmt sich aus dem
Bestand der Vorperiode plus den Neuzugängen minus Abgängen.
ƒ Die Zahl der Arbeitslosen steigt offensichtlich, wenn in jeder Periode
mehr Menschen arbeitslos werden, als Arbeitslosen eine Stelle
finden. Und umgekehrt sinkt die Zahl der Arbeitslosen, wenn mehr
Menschen eine Stelle finden, als neue Arbeitslose registriert werden.
ƒ Falls die Zu- und Abgänge sich ausgleichen, so dass die
Arbeitslosenquote unverändert bleibt, besteht ein Gleichgewicht indem die neugeschaffenen Stellen
gerade die verlorenen Arbeitsplätze ausgleichen.
ƒ Die dann herrschende Arbeitslosigkeit wird als natürliche Arbeitslosigkeit bezeichnet.
Interpretation 4 (Dornbusch) – Definition der natürlichen Arbeitslosigkeit als Arbeitslosigkeit,
welche die Inflation nicht beschleunigt (nonacceleration inflation rate of unemployment NAIRU)
ƒ Eine Übernachfrage nach Arbeitskräften erhöht das Lohn- und Preisniveau, ein Überangebot senkt
Löhne und Preise.
ƒ In der Praxis stellt man fest, dass die Veränderung von Löhnen und Preisen nicht erst dann zum
Stillstand kommt, wenn am Arbeitsmarkt Angebot und Nachfrage nach Arbeitskräften ausgeglichen
sind, sondern bereits vorher. Das heisst, es herrscht Arbeitslosigkeit, aber es findet kein Druck
mehr auf Löhne und Preise statt, obwohl Angebot und Nachfrage noch nicht ausgeglichen
sind.
ƒ Es gibt ein Ungleichgewicht am Arbeitsmarkt, eine Arbeitslosenquote, die vereinbar ist mit einer
stabilen Inflationsrate. Diese Arbeitslosenquote wird als natürliche Arbeitslosenquote
bezeichnet.
45
4. Arbeitsmarktdiagramme
ƒ
Klassisches Arbeitsmarktdiagramm
ƒ
Der Nachteil des klassischen Arbeitsmarktdiagramms liegt darin, dass wir nicht offene
Stellen und Arbeitslose gleichzeitig zeigen können, obwohl diese Situationen in der
Wirklichkeit gleichzeitig auftreten. (siehe U45)
o Eine Lösung dieses Problems bietet das Hansen-Diagramm.
Hansen-Diagramm (Beschäftigungskurve)
o
o
o
o
Die rote Linie zeigt die Theoretische Kontraktlinie. Alle Verhandlungen links vom
Gleichgewicht gehören zu dieser theoretischen Kontraktlinie und könnten unterzeichnet
werden, weil Angebot und Nachfrage grundsätzlich übereinstimmen.
In der Praxis werden aber nicht alle diese theoretisch möglichen Kontrakte geschlossen. Z.B.
ist eine passende Maurer-Stelle in Bern frei, der Maurer selbst aber wohnt in Basel. Aus
diesem Grund (also aufgrund von Suche und Mismatch) entsteht eine blau eingezeichnete
Tatsächliche Kontraktlinie, die links von der theoretischen Kontraktlinie liegt. Man
bezeichnet diese tatsächliche Kontraktkurve auch als Beschäftigungskurve oder EEKurve.
Ohne Mindest- oder Höchstlohn gibt es gleich viel Arbeitslose wie offene Stellen. Diese
zwar theoretisch möglichen Verträge können aufgrund des beschriebenen Mismatchs und
Suchen nicht abgeschlossen werden. Es handelt sich um die natürliche Arbeitslosigkeit.
46
ƒ
Beveridge-Kurve
o
o
Die Beveridge-Kurve ergänzt das Hansen-Diagramm.
ƒ Die Blaue Kurve (45°-Kurve) zeigt den Idealfall ohne Mindest- oder Höchstlohn. In
diesem Fall stimmt die Anzahl Arbeitsloser mit der Anzahl offener Stellen überein.
ƒ Die grünen Kurven sind die Beveridge-Kurven. Je nach Umfang der Suche und des
Mismatch befinden sie sich auf einer anderen Höhe. Je länger Suche und Mismatch
dauern, desto höher sind sie.
ƒ Wird ein Höchstlohn eingeführt bewegt man sich zu wmax, resp. bei einem
Mindestlohn zu wmin.
Unterlage 45 zeigt die Beveridge-Kurve für den Schweizer Arbeitsmarkt. Es gibt eine
wichtige Beobachtung:
ƒ Hysteresis-Effekt: Die Situation in der Schweiz bewegt sich Dekade zu Dekade auf
eine neue Beveridge-Kurve, also von der untersten grünen Kurve, zur nächsthöheren
gelegenen grünen Beveridge-Kurve. Dies bedeutet, Suche und Mismatch werden in
der Schweiz von Dekade zu Dekade länger = Anstieg der Sockelarbeitslosigkeit
(natürliche Arbeitslosigkeit).
ƒ Zwischen dem Wechsel von einer Beveridge-Kurve auf die nächst höhere liegt immer
ein Konjunktureinbruch (deshalb Hysteresis).
5. Stromkomponenten der Arbeitslosigkeit
ƒ
Die Arbeitslosenquote – während einer Zeitperiode – lässt sich in zwei Komponenten
Arbeitslosenrisiko und Dauer der Arbeitslosigkeit aufteilen. Die beiden Komponenten sind
folgendermassen definiert:
o Arbeitslosenrisiko s (Separationsrate)
Wahrscheinlichkeit einer Erwerbsperson in einer gegebenen Periode von Arbeitslosigkeit
betroffen zu sein.
ƒ
Arbeitslosenrisiko = Anzahl Jobs die pro Periode (Monat) verloren gehen · 100
Arbeitswillige
Dauer der Arbeitslosigkeit f (Findungsquote)
Durchschnittliche Länge des Verbleibs eines Individuums im Arbeitslosenbestand
o Arbeitslosenquote = Arbeitslosenrisiko · Dauer der Arbeitslosenquote
Beispiel
Risiko im nächsten
Arbeitslosenquote
Erwerbspersonen
Jahr arbeitslos zu
Dauer (in Jahren)
(über ein Jahr
werden
hinweg)
1%
1’000
1%
1
10 Personen sind je
ein Jahr arbeitslos
1%
1’000
10 %
1/10
100 Personen sind je
1/10 Jahr arbeitslos
o
ƒ
Aufgaben zu Kap. 28
ƒ PA # 3, 4, 5
ƒ Aufg. 27, Skript S. 84
47
ƒ
ƒ
Aufg. 28, Skript S. 84
Aufg. 29, Skript S. 84
48
29. Das monetäre System
1. Die Bedeutung des Geldes
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
Definition Geld
o Geld ist ein Bündel von Aktiva, die die Menschen in einer Volkswirtschaft regelmässig dazu
verwenden, Waren und Dienstleistungen von anderen Menschen zu erwerben.
Die 3 Funktionen des Geldes
o Tausch- oder Zahlungsmittel
ƒ Überwindung sachlicher Inkompatibilität der Tauschwünsche. (Wie soll der Fischer
den Bäcker bezahlen wenn dieser keine Fische mag?)
ƒ Volkswirtschaftlich wichtigste Funktion
ƒ Geld senkt dadurch die Tauschkosten und ermöglicht eine stärkere Spezialisierung.
o Recheneinheit und Wertmassstab
ƒ Allgemeine Vergleichsbasis zur Bewertung von Tauschobjekten aller Art
o Wertaufbewahrungsmittel
ƒ Überwindung zeitlicher Inkompatibilität der Tauschwünsche. (Man muss jetzt nicht
sofort einen Tauschpartner haben; Transformation von Kaufkraft in die Zukunft)
Eigenschaften von Geld
o Stoffliche Eigenschaften
ƒ Teilbarkeit
ƒ Lagerbarkeit/Unverderblichkeit
ƒ Transportierbarkeit
ƒ Fälschungssicherheit
o Akzeptanz als Zahlungsmittel
ƒ Ursachen dieser Akzeptanz
• Bonität des Gläubigers, daher des Herausgebers des Zahlungsmittels
(Notenbank/Zentralbank mit Notenmonopol)
• Wertstabilität des Zahlungsmittels
o Ausgabe durch eine Nationalbank/Zentralbank mit Notenmonopol
ƒ Nationale Geldversorgung Schweiz: SNB (Schweizerische Nationalbank)
ƒ Banken und Finanzmärkte schaffen ebenfalls Zahlungsmittel in der Form von
Schecks und Kreditkarten
Geschichte des Geldes
o Reiner Tauschhandel („barter system“)
o Warengeld (Muscheln, Bohnen, Salz)
o Edelmetalle (Gold, Silber)
o Münzgeld aus Edelmetall
o Goldstandard Æ Gutscheine auf Papier (Note = engl. für Nachricht)
o Papiergeld (heute ohne Golddeckung)
o Nicht-stoffliches Geld: Buchgeld, Debitkarten, WIR (Wirtschaftsring)
Definition Liquidität
o Liquidität ist die Leichtigkeit, mit der ein Aktivum in das Tauschmittel der entsprechenden
Volkswirtschaft umgewandelt werden kann.
o Beispiele
ƒ Sehr liquide Aktiven
• Wertschriften
ƒ Weniger liquide Aktiven
• Einfamilienhaus
Die Geldarten
o Natural-, Sach- oder Warengeld (commodity money)
ƒ Warengeld ist Geld in Form einer Ware mit intrinsischem (innerem/eigenem) Wert.
ƒ Der Ausdruck intrinsisch bedeutet, dass der entsprechende Gegenstand auch von
Wert wäre, wenn er nicht als Geld verwendet würde.
ƒ Der Stoffwert liegt nahe am Tauschwert.
ƒ Beispiele
• Gold
o (Verwendet eine Volkswirtschaft Gold als Geld, oder Papiergeld, das auf Verlangen in Gold umtauschbar ist, so spricht man von einem Goldstandard.
• Zigaretten
o In Kriegsgefangenenlagern während des 2. Weltkrieges tauschten
Gefangene untereinander Waren und Dienstleistungen gegen Zigaretten als Wertaufbewahrungsmittel, Recheneinheit und Tauschmittel.
o
49
Befehlsgeld, Papiergeld, Papiergeld ohne Deckung oder Rechengeld (fiat money)
ƒ Rechengeld ist Geld ohne intrinsischen Wert, das vom Staat zu Geld erklärt wird
und von der Bevölkerung akzeptiert wird.
ƒ Beispiele
• Notengeld der Schweiz (intrinsischer/innerer Wert jeder Schweizer
Banknote beträgt 30 Rappen Herstellkosten)
• Rubel galt nicht mehr als Papiergeld, weil die Bevölkerung der UdSSR lieber mit
Zigaretten tauschte anstatt mit Rubel, da die Russen eher darauf vertrauten,
dass diese alternative Geldart von anderen in Zukunft akzeptiert würde.
Geld in der Volkswirtschaft
o Die Geldmenge (money supply) ist die Summe der Gelder die in einer Volkswirtschaft zirkulieren.
o Die theoretische Zusammensetzung der Geldmenge:
ƒ Bargeld im Umlauf (currency)
• Bargeld bezeichnet das Notengeld sowie das Münzgeld in den Händen der
privaten Wirtschaftseinheiten, nicht aber bei Banken.
ƒ Buchgeld (Giroeinlagen, demand deposits)
• Buchgeld bezeichnet Einlagen auf Bankkonten, die sofort liquidierbar sind
(z.B. per Scheck oder EC-Karte). Hierzu zählen nicht die Kreditkarten, da es
sich hierbei nicht um Zahlungsmittel, sondern Kreditmittel handelt.
o Grundsätzliche Unterscheidung
ƒ Notenbankgeldmenge
• Allein von der Nationalbank geschaffenes Geld
ƒ Geldmenge in der Wirtschaft
• im Publikum, d.h. ausserhalb des Bankensystems
• wird von der Nationalbank und den Geschäftsbanken im Zusammenspiel
geschaffen
o Geldmengenaggregate (2003, in Mio. Fr.)
Notenumlauf
35’663
+ Giroguthaben von inländischen Banken bei der SNB
4’750
(2.5 % der kurzfristigen Verbindlichkeiten der Banken)
= 40’412
= Notenbankgeldmenge (H)
Notenumlauf total
40’544
+ Münzumlauf total
+ 2’383
= Bargeldbestand total
= 42’927
- Bargeld bei Banken und beim Postcheck
+ 9’718
= 33’209
= Bargeld beim Publikum
Bargeld beim Publikum (=alle Inländer ohne Banken)
33’209
+ Sichteinlagen des Publikums bei Banken und Postcheck
+ 150’234
+ Transaktionskonti des Publikums bei Banken (hohe
+ 90’227
Kündigungslimite, dadurch für den Zahlungsverkehr
geeignet)
= 273’670
= Geldmenge M1 (beim Publikum)
Geldmenge M1
273’670
+ restliche Spareinlagen
+ 201’907
= Geldmenge M2 (beim Publikum) (mittelfristig verfügbar)
= 475’577
Geldmenge M2
475’577
+ Termineinlagen von Inländern bei Banken
+ 69’736
= Geldmenge M3 (beim Publikum) (langfristig verfügbar)
= 545’313
o
ƒ
2. Die Zentralbank
ƒ
ƒ
Definition Zentralbank
o Die Zentralbank ist eine Institution, die errichtet wird, um das Bankensystem zu überwachen
und die Geldmenge in einer Volkswirtschaft zu regulieren.
Federal Reserve System (Fed) (Zentralbank der USA)
o Organisation
ƒ Board of Governors (7 Mitglieder)
• durch den Senat ernannt
• 14-jährige Amtsperiode (Zweck = Unabhängigkeit von der Politik)
• Chairman = Vorsitzender (Alan Greenspan)
ƒ Federal Open Market Commitee (FOMC)
• 7 Mitglieder des Board of Governors und 12 Präsidenten der Regionalen
Federal Reserve Banken (nur 5 Präsidenten von 12 dürfen abstimmen)
• Führung der Geldpolitik
50
ƒ
ƒ
ƒ Federal Reserve Board (Washington)
ƒ 12 Regionale Federal Reserve Banken
o 2 Hauptaufgaben
ƒ Regulierung und Gesundhaltung der Banken
• Lender of last resort (Überbrückungskredite für liquiditätsschwache Banken)
ƒ Überwachung und Regulierung der Geldmenge
• Erhöhung und Verkleinerung der Geldmenge
Die geldpolitischen Instrumente zur Regulierung der Geldmenge
o Offenmarktgeschäft (Open Market Operations) (Kauf und Verkauf von Staatspapieren)
ƒ Erhöhung der Geldmenge: Erschaffung von Buchgeld und Kauf von
Staatsobligationen an der Börse.
• Jeder neue Franken der als Bargeld gehalten wird, erhöht die Geldmenge
um 1.
• Jeder neue Franken der als Buchgeld bei einer Bank gehalten wird, erhöht
die Geldmenge um den höheren Geldschöpfungsmultiplikator.
ƒ Verkleinerung der Geldmenge: Verkauf von Staatsobligationen an der Börse und
anschliessende Vernichtung von Buchgeld.
o Mindestreserven (reserve requirements)
ƒ Die Zentralbank kann den Reservesatz verändern. Dadurch verändert sie den
Geldschöpfungsmultiplikator. Dadurch müssen die Geschäftsbanken mehr oder
weniger Reserven an liquiden Mitteln halten. Diese halten Sie in der Regel als
Pflichteinlagen bei der Zentralbank.
ƒ Erhöhung der Geldmenge: Senkung des Reservesatzes
ƒ Verkleinerung der Geldmenge: Erhöhung des Reservesatzes
o Diskontzins (discount rate)
ƒ Der Diskontzins ist der Zinssatz für Kredite der Geschäftsbanken bei der
Zentralbank.
ƒ Erhöhung der Geldmenge: Senkung des Zinssatzes
ƒ Verkleinerung der Geldmenge: Erhöhung des Zinssatzes
Probleme bei der Kontrolle des Geldangebotes
o Die Zentralbank hat keine Kontrolle über den Betrag, welche die Haushalte als
Bankeinlagen halten.
ƒ Je mehr die Haushalte einzahlen, desto höher steigt die Geldmenge.
ƒ Je mehr die Haushalte zurückziehen, desto kleiner wird die Geldmenge. (z.B. „Bank
Run“ wenn die Haushalte das Vertrauen in die Banken verlieren und diese stürmen
um ihr Geld zurückzuziehen)
o Die Zentralbank hat keine Kontrolle über den Betrag, wie viele Kredite die Banken
sprechen.
ƒ Halten die Banken mehr Reserven als sie müssten, kommt der
Geldschöpfungsmultiplikator nicht zum tragen. Das Geldangebot fällt. (z.B. wenn die
Wirtschaft schlecht läuft und die Banken deshalb wenige Kredite sprechen)
o Die Zentralbank wird sich aus diesen Gründen wöchentlich Daten über das Verhalten von
Banken und Haushalten aneignen.
3. Die Geldschöpfung der Geschäftsbanken
ƒ
ƒ
ƒ
Weil das Buchgeld auf Kontenguthaben bei der Bank gehalten wird, kann das Verhalten der Banken
die Menge an Buchgeld und damit auch die Geldmenge verändern.
Der einfache Fall eines Systems mit 100%iger Reservehaltung
o Zu Beginn bestehe keine Bank. Es gibt nur Bargeld im Wert von 100. Die Geldmenge
(Buchgeld + Bargeld) beträgt 100.
o Jetzt werde die erste Bank mit Namen „1. Bank“ gegründet. Die Bank nimmt Geld entgegen,
spricht aber keine Kredite. Es handelt sich deshalb um ein 100%iges-Reservesystem.
o Reserven sind Einlagen, welche die Banken erhalten haben, aber nicht als Kredite verleihen.
o Nehmen wir weiter an, das gesamte Bargeld von 100
1. Bank
Aktiven
Passiven
werde bei der „1. Bank“ einbezahlt. Die Geldmenge
100 Verpflichtungen 100
(100 Buchgeld + 0 Bargeld im Umlauf) beträgt immer Reserven
noch 100. Es gibt in diesem Fall kein umlaufendes
Bargeld mehr, da alles im Tresor der Bank liegt.
o Jede Bankeinlage reduziert also die Bargeldmenge und erhöht die Buchgeldmenge um
denselben Betrag, wobei das Geldangebot unverändert bleibt. Halten also die Banken
die gesamten Einlagen als Reserven, so haben sie keinen Einfluss auf das Geldangebot.
Geldschöpfung in einem Bankensystem mit partieller Reservehaltung
o Weil die neu einbezahlten Bankeinlagen in der Regel mit den auszuzahlenden Bankeinlagen
übereinstimmen, muss die Bank in Wirklichkeit nur einen kleinen Anteil an Reserven halten.
51
Ein Partielles Reservesystem (fractional-reserve banking) ist ein Bankensystem, in dem
die Banken nur einen bestimmten Prozentsatz ihrer Einlagen als Reserven halten.
o Als Reservesatz (reserve ratio) bezeichnet man den Prozentsatz der Einlagen, den die
Bank als Reserven hält und nicht als Kredite ausleiht.
o Die „1. Bank“ ist gesetzlich verpflichtet einen
1. Bank
Reservesatz von 10 % zu halten. Der Rest des Geldes
Aktiven
Passiven
wird als Kredite ausgeliehen.
Reserven
10 Verpflichtungen 100
o Die Geldmenge beträgt nun 190 (90 Bargeld im
Darlehen
90
Umlauf + 100 Buchgeld).
o Halten die Banken nur einen bestimmten Prozentsatz ihrer Einlagen als Reserven, so
können sie Geld schaffen bzw. schöpfen.
o Am Ende dieses Geldschöpfungsprozesses ist die Volkswirtschaft liquider in dem Sinne,
dass eine höhere Summe des Tauschmittels vorhanden ist, die Volkswirtschaft also liquider
ist, aber nicht reicher als zuvor.
Der Geldschöpfungsmultiplikator
o Der Kreditnehmer der „1. Bank“ mit einem Kredit von 90
2. Bank
Aktiven
Passiven
verwendet dieses Geld um Waren zu kaufen. Der
9 Verpflichtungen 90
Verkäufer selbst zahlt das Geld bei der „2. Bank“ auf ein Reserven
Darlehen
81
Bankkonto ein (Bargeld von 90 verschwindet aus der
Geldmenge) und die Bank leiht wiederum 90 % aus davon (81 kommen neu in die
Geldmenge).
o Die Geldmenge beträgt nun 271 (81 Bargeld im Umlauf + 190 Buchgeld). Es wurde also
zusätzliches Geld von 81 (entspricht genau dem neuen Darlehensbetrag) geschaffen.
o Der Kreditnehmer der „2. Bank“ mit einem Kredit von
3. Bank
Aktiven
Passiven
81 wird dieses Geld in einer „3. Bank“ anlegen.
Reserven
8.10 Verpflichtungen 81
o Die Geldmenge beträgt nun 343.90 (72.90 Bargeld
Darlehen
72.90
im Umlauf + 271 Buchgeld).
o Dieser Prozess setzt sich immer weiter fort. Jedesmal, wenn Geld bei einer Bank eingelegt
wird und daraufhin Kredite vergeben werden, wird Geld geschöpft. Man nennt dies den
multiplen Geldschöpfungsprozess.
ƒ Wie viel Geld kann dann letztendlich in unserer Modellvolkswirtschaft geschaffen
werden?
• Ursprüngliche Einlage
100.00
Kreditvergabe „1. Bank“
90.00
0.9 x 100
Kreditvergabe „2. Bank“
81.00
0.9 x 90
Kreditvergabe „3. Bank“
72.90
0.9 x 81
…
Total
1'000.00
= Geldschöpfungsmultiplikator
ƒ Der Geldbetrag, den das Bankensystem mit jedem Franken an ursprünglichen
Einlagen bzw. Reserven erzeugen kann, wird als Geldschöpfungsmultiplikator
bezeichnet.
ƒ Der Geldschöpfungsmultiplikator ist der Kehrwert des Reservesatzes in %.
ƒ Im Beispiel Reservesatz R = 1/10 = 10 %
Im Beispiel Geldschöpfungsmultiplikator x10 (Kehrwert) vom Reservesatz
Mit jedem Franken an Einlagen können also im Beispiel 10 (1 x 10) Franken erzeugt
werden. (10 % = 100; 100 % = 1000)
ƒ Wenn eine Bank 1'000 an Einlagen aufweist, so besagt eine Reservesatz von 1/10
(=0.1 =10%), dass die Bank 100 Fr. an Reserven halten muss. Der
Geldschöpfungsmultiplikator dreht diese Überlegung einfach um: Wenn 100 an
Reserven gehalten werden, so können nur 1'000 an Einlagen vorhanden sein.
ƒ Beträgt der Reservesatz hingegen 1/5 (20 %), so müssen fünf Mal soviel Einlagen
wie Reserven im Bankensystem vorhanden sein, womit der
Geldschöpfungsmultiplikator 5 beträgt.
ƒ Je höher der Reservesatz, desto geringer die verliehene Kreditsumme, desto
geringer der Geldschöpfungsmultiplikator.
ƒ Im 100%igen Reservesystem liegt der Reservesatz bei 1 = 1/1 = 100 %, womit der
Geldschöpfungsmultiplikator auch bei 1 liegt und die Banken kein zusätzliches Geld
schöpfen.
o
ƒ
52
ƒ
Weiteres Beispiel zur Geldschöpfung der Geschäftsbanken
ƒ
Die Geldschöpfung der Geschäftsbanken (mit Bargeldhaltung)
o Grundlegende Unterscheidung
ƒ Passive Geldschöpfung (Anstoss kommt von den Bankkunden)
ƒ Aktive Geldschöpfung (Anstoss kommt von der Bank selbst)
o Eine aktive Geldschöpfung ist unmöglich, falls die Geschäftsbanken gleich viele Reserven
wie Einlagen halten (für den Reservesatz gilt: re = 1). Aktive Geldschöpfung erfordert damit
dass gilt: re < 1.
o Allgemeiner Fall (mit Bargeldhaltung)
ƒ Symbole
• M
Geldmenge
• H
Basisgeldmenge (Geld das ursprünglich in die „Erste Bank“ einbezahlt wurde)
• CU
Bargeldumlauf (Bargeld)
• D
Sichteinlagen bei Geschäftsbanken (Buchgeld)
• RE
Reserven der Geschäftsbanken (Bargeld der Banken)
• mm
Geldmultiplikator
• cu
Bargeldhaltungssatz (Kunden)
Durch Private gehaltenes Bargeld in % der Sichteinlagen (Konten)
• re
Reservehaltungssatz (Geschäftsbanken)
Durch Banken gehaltenes Bargeld in % der Sichteinlagen (Konten)
53
ƒ
Gleichungen
• Definitionen
o M = D + CU
o H = RE + CU
• Verhalten der Bankkunden
o cu = CU / D
• Verhalten der Geschäftsbanken
o re = RE / D
• Ableitung des Geldmultiplikators
o M = mm · H
mm = M/H
o M = D + CU
H = RE + CU
o mm = (1 + cu)/(re + cu)
• Endresultat
(1 + cu)
o M=
·H
(re + cu)
ƒ
Aufgabenbeispiele
• Beweisen sie die obige Formel (Endresultat) für mm:
o mm = (1 + cu)/(re + cu)
o M/H = (1 + cu)/(re + cu)
/·H
o M = (1 + cu)/(re + cu) · H
• Zeigen Sie, dass der Fall ohne Bargeldhaltung ein Spezialfall der
obigen Formel ist:
o Ohne Bargeldhaltung re = 1
o M = (1 + cu)/(1 + cu) · H
o M=1·H
o M=H
o Die Geldmenge entspricht der Basisgeldmenge. Es erfolgt in diesem
Fall keine Geldmultiplikation.
• Steigt oder fällt mm, falls re zunimmt?
o mm = (1 + cu)/(re + cu)
ƒ Ausgangslage Annahme re = 0.2, cu = 0.1
• mm = (1 + 0.1)/(0.2 + 0.1)
mm = 3.67
ƒ Grenzveränderung Annahme re = 0.3, cu = 0.1
• mm = (1 + 0.1)/(0.3 + 0.1)
mm = 2.75
ƒ Je mehr Reserven die Geschäftsbanken halten (von 20 %
auf 30 % im Beispiel), desto kleiner wird der
Geldmultiplikator mm.
• Wie wird sich mm ändern, falls cu steigt?
o mm = (1 + cu)/(re + cu)
ƒ Ausgangslage Annahme re = 0.2, cu = 0.1
• mm = (1 + 0.1)/(0.2 + 0.1)
mm = 3.67
ƒ Grenzveränderung Annahme re = 0.2, cu = 0.2
• mm = (1 + 0.2)/(0.2 + 0.2)
mm = 3
ƒ Je mehr Bargeld die Kunden halten und nicht auf die Bank
bringen (von 10 % auf 20 % im Beispiel), desto kleiner wird
der Geldmultiplikator mm.
4. Schweizerische Nationalbank (SNB)
ƒ
Grundlagen
o Geschichte
ƒ Bund erhält 1891 das Notenmonopol
ƒ Volksbeschluss zur Gründung der Nationalbank: 1905
ƒ Aufnahme der Tätigkeit: Juni 1907
o Rechtsform
ƒ Spezialgesetzliche Aktiengesellschaft
ƒ Nationalbankgesetz (NBG)
ƒ Rechtlicher Sitz in Bern
ƒ Wirtschaftlicher Sitz in Zürich
54
Eigentümer
ƒ 55 % der Aktien sind im Besitz der öffentlichen Hand (Kantone, Kantonalbanken etc.)
ƒ 45 % der Aktien sind im Privatbesitz von Schweizer Bürgern (Aktien sind kotiert, nur
Schweizer Bürger dürfen Aktionäre sein)
ƒ Der Bund ist nicht Aktionär.
o Organisation
ƒ Bankrat
• Der Bankrat besteht aus 11 Mitgliedern.
• 6 Mitglieder (inklusive Präsident und Vizepräsident) werden vom Bundesrat
gewählt.
• 5 Mitglieder werden von der Generalversammlung gewählt.
ƒ Direktorium
• Die Mitglieder des Direktoriums und die Stellvertreter werden auf Vorschlag
des Bankrats vom Bundesrat für eine Amtsdauer von sechs Jahren gewählt.
Eine Wiederwahl ist möglich.
• Der Direktorium bestimmt die Politik der SNB alleine. Der Bankrat ist nur
beratend.
• Ziel = Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit
o Aufgaben
ƒ Erleichterung des Zahlungsverkehrs
ƒ Gewährleistung der Bargeldversorgung
ƒ Führung einer Geld- und Währungspolitik im Gesamtinteresse des Landes
ƒ Aufsicht über die Zahlungs- und Wertschriftenabwicklungssysteme (Aufsicht und
Betrieb des SCI)
o Gewinne der SNB
ƒ Die Gewinnausschüttung muss also in SNB-Politik eingeplant werden, weil eine
erhöhte Inflationsgefahr besteht.
ƒ Gewinnquelle der SNB:
• Erträge aus Währungsreserven
• Seignorage (Prägegewinn, Ausgabe einer 1000er Note mit Kosten von 0.30,
Ertrag von 1'000)
• Zins aus Repogeschäft
• Goldhandel
• Devisenhandel
ƒ Gewinnverteilung
• Zuweisung an den Reservefonds
• Auszahlung einer Dividende von maximal 6 %
• Beitrag von 80 Rappen an die Kantone
• Überschuss:
o 2/3 an Kantone
o 1/3 an Bund
Geld- und Währungspolitik
o Drei mögliche Ziele
ƒ Preisstabilität (Inflationsziel)
ƒ Zinsziel
ƒ Wechselkursziel
o Die SNB verfügt aber nur über 1 Instrument zur Erreichung dieser möglichen Ziele, die
Notenbankgeldmenge (H)
o Tinbergen-Regel: Du sollst nie mehr Ziele haben als du Instrumente hast. Vorliegend hat
man aber 3 Ziele und nur 1 Instrument. Die SNB konzentriert sich auf das Ziel der
Preisstabilität (Inflationsziel).
Geldpolitisches Konzept
o 1. Preisstabilität als Ziel (Inflation LIK < 2 % pro Jahr)
o 2. Entscheidungen auf Inflationsprognose abstützen (3 Jahre)
o 3. Operationelles Zielband für den gewählten Zinssatz (3-Monats-LIBOR) festlegen
ƒ 1 % breit, aktuell: 0.25 % – 1.25 %
o Weicht die prognostizierte Inflation von der Preisstabilität ab, drängt sich eine Überprüfung
der Geldpolitik auf. Droht die Teuerung über 2 % zu steigen, fasst die SNB eine Straffung
der Geldpolitik ins Auge. Umgekehrt sieht sie eine Lockerung vor, wenn die Gefahr einer
Deflation besteht.
o Die Nationalbank setzt ihre geldpolitischen Absichten um, indem sie das Zinsniveau auf dem
Geldmarkt beeinflusst. Sie legt für den Dreimonats-LIBOR, den wirtschaftlich bedeutendsten
Geldmarktsatz für Frankenanlagen, jeweils ein Zielband mit einer Breite von einem
Prozentpunkt fest und publiziert dieses regelmässig. Die Nationalbank überprüft in der Regel
ihre Geldpolitik anlässlich der vierteljährlichen Lagebeurteilung. Falls es die Umstände
55
o
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
erfordern, passt sie das Zielband für den Dreimonats-LIBOR auch ausserhalb dieser Termine
an. Sie begründet allfällige Änderungen
o LIBOR
ƒ Als LIBOR (London Interbank Offered Rate) bezeichnet man die Zinssätze, die von
der British Bankers Association an jedem Arbeitstag um 11:00 Uhr (Londoner Zeit)
fixiert werden. Es handelt sich um die Sätze, welche grosse Banken für ungedeckte
Geldmarktkredite untereinander verlangen. Die LIBOR-Fixierung erfolgt nach einem
klar definierten Verfahren für verschiedene Währungen und Laufzeiten. Der CHFLIBOR entspricht dem Durchschnitt der aktuellen Zinskonditionen von sechs
führenden Banken.
Geldpolitische Instrumente zur Regulierung der Geldmenge
o Diskontpolitik
ƒ Wechsel der Banken diskontieren bei der SNB
ƒ keine Bedeutung seit 1995
o Devisengeschäfte (Devisenswap)
ƒ Kauf und Verkauf von Devisen gg. CHF, 3 Monate später umgekehrtes Geschäft
ƒ heute selten, früher zentrales Instrument
o Lombardpolitik = Notventil
ƒ Liquidität zum Strafzins gegen Sicherheiten bis zur Lombardlimite
ƒ Nur als Not-Liquidität
o REPO-Geschäft (Repurchase Option Agreement)
ƒ wichtigstes Instrument (gab es vor 2000 nicht)
ƒ Liquidität zum Repo-Satz gegen Sicherheiten, 3 Monate später umgekehrtes
Geschäft
ƒ Ziel = LIBOR im Zielband halten
ƒ Buchung: Forderung aus Repogeschäften/Notenumlauf
ƒ Einfluss nur auf kurzfristige Zinsen
o Die Nationalbank beeinflusst den Dreimonats-LIBOR hauptsächlich über kurzfristige REPOGeschäfte, ihr wichtigstes geldpolitisches Instrument. Sie kann einen unerwünschten Anstieg
des Dreimonats-LIBORs verhindern, indem sie den Banken mittels REPO-Geschäften
vermehrt Liquidität zuführt und ihre REPO-Sätze reduziert (Liquiditätsschaffung). Umgekehrt
bewirkt sie durch eine Verknappung der Liquiditätsversorgung bzw. eine Erhöhung der
REPO-Sätze einen Zinsanstieg (Liquiditätsschöpfung). Die Laufzeit der REPS liegt im
Normalfall zwischen einem Tag und wenigen Wochen. Beim REPO-Geschäft verkauft der
Geldnehmer eigene oder geliehene Wertpapiere an den Geldgeber. Gleichzeitig wird
vereinbart, dass der Geldnehmer Papiere gleicher Art und Menge zu einem späteren
Zeitpunkt vom Geldgeber zurückkauft. Aus ökonomischer Sicht handelt es sich beim REP um
ein gesichertes Darlehen. Dafür entrichtet der Geldnehmer dem Geldgeber einen Zins.
Die Dosierung des Geldangebots
o Ist das Geldangebot zu hoch, bewirkt dies eine zu starke Nachfrage nach Gütern und
Dienstleistungen. Die gesamtwirtschaftliche Kapazität wird überlastet, die Preise steigen – es
kommt zu Inflation.
o Ist zu wenig Geld im Umlauf, so sinkt die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen
stehen leer und die Preise geraten unter Druck – es entsteht Deflation.
o Die SNB versucht mit Hilfe von Modellrechnungen zu bestimmen, welches Wachstum der
Geldaggregate mit langfristiger Stabilität zu vereinbaren ist. Übertrifft das Wachstum der
Geldaggregate während längerer Zeit dieses neutrale Wachstum, so droht Inflation; wachsen
die Geldaggregate allzu langsam, besteht die Gefahr einer Deflation.
o Ändert die SNB ihren geldpolitischen Kurs, so wirkt sich dies schwerpunktmässig zuerst auf
die Preise bestehender Vermögensaktiven (Renditen, Wechselkurs usw.), dann auf die
Produktion und die Beschäftigung und erst zuletzt auf das allgemeine Preisniveau, d.h. auf
die Preise von Waren und Dienstleistungen aus.
o Ein geldpolitischer Kurswechsel hat kurzfristig Auswirkungen auf die Produktion und die
Beschäftigung. Langfristig kann die Geldpolitik das Wirtschaftswachstum jedoch nicht
beeinflussen. Strukturelle Probleme der Volkswirtschaft wie ein chronisch schwaches
Wirtschaftswachstum oder eine hartnäckig hohe Arbeitslosigkeit mit Hilfe der Geldpolitik
lösen zu wollen, verspricht deshalb wenig Erfolg. Hier sind die anderen bereche der
Wirtschaftspolitik gefordert.
Aufgaben zu Kap. 29
ƒ PA # 12 (Sehr wichtige Aufgabe!!!)
ƒ PA # 13 (Sehr wichtige Aufgabe!!!)
ƒ Aufg. 32 Skript S. 94
ƒ Aufg. 31 Skript S. 94 (Fragen zur SNB)
56
30. Inflation
1. Die Inflation
ƒ
ƒ
Definition Inflation und Deflation
o Inflation bezeichnet die Zunahme des gesamtwirtschaftlichen Preisniveaus über einen
längeren Zeitraum.
o Deflation bezeichnet die Abnahme des gesamtwirtschaftlichen Preisniveaus über einen
längeren Zeitraum.
ƒ Eine ausserordentlich hohe Inflation wird als Hyperinflation bezeichnet.
Hyperinflation liegt dann vor, wenn die Inflation höher als 50 % pro Monat ist. Das
Preisniveau steigt um das Hundertfache in einem Jahr.
Messung der Inflation
o Die Inflation wird mit der prozentualen Zunahme des Konsumentenpreisindexes oder des
BIP-Deflators gemessen.
2. Die Klassische Theorie der Inflation: Die Quantitätstheorie des Geldes
ƒ
ƒ
Preisniveau und Geldwert
o Preisniveau (=P) Æ Zwei Interpretationen
ƒ Das Preisniveau bezeichnet einerseits die Kosten eines Warenkorbes mit Gütern
und Dienstleistungen.
• Steigt das Preisniveau P, muss für die Güter und Dienstleistungen im
Warenkorb mehr bezahlt werden.
ƒ Das Preisniveau bezeichnet andererseits den Geldwert (=1/P).
• Steigt das Preisniveau P, wird der Geldwert kleiner und mit jedem Franken
kann eine kleinere Menge an Gütern gekauft werden.
Geldangebot, Geldnachfrage und monetäres Gleichgewicht
o Geld ist wie alle anderen Güter ein ökonomisches Gut.
o Das Angebot (Geldangebot) und die Nachfrage (Geldnachfrage) von Geld bestimmen
den Geldwert (monetäres Gleichgewicht).
o Geldangebot
ƒ Das Geldangebot wird durch die Geldschöpfung und Geldvernichtung der Nationalbank, der Geschäftsbanken und des Geldschöpfungsmultiplikators bestimmt.
o Geldnachfrage
ƒ Die Geldnachfrage hängt erstens vom benötigten Bargeldbetrag ab, den die
Personen auf sich tragen.
ƒ Die Geldnachfrage hängt zweitens vom Zinssatz ab, welche eine Person erhalten
würde, würde sie das Geld anlegen, anstatt es im Portemonnaie herum zu tragen.
ƒ Die Geldnachfrage hängt am meisten vom durchschnittlichen Preisniveau in einer
Volkswirtschaft ab. Bei einem hohen Preisniveau (daher kleiner Geldwert) wird eine
grosse Menge an Geld nachgefragt um die hohen Preise zu bezahlen.
o Monetäres Gleichgewicht
ƒ Der betrachtete Zeithorizont entscheidet darüber, ob das Geldangebot mit der
Geldnachfrage übereinstimmt.
ƒ Auf lange Sicht passt sich das allgemeine Preisniveau an das Niveau an, bei
dem die Geldnachfrage dem Geldangebot entspricht.
• Ist das Preisniveau überhalb dem monetären Gleichgewicht, dann wollen die
Personen mehr Geld haben als die Nationalbank anbietet.
• Ist das Preisniveau unterhalb dem monetären Gleichgewicht, dann wollen die
Personen weniger Geld als die Nationalbank anbietet.
ƒ Grafische Darstellung des Geldmarktes
57
•
ƒ
x-Achse = Geldmenge
linke y-Achse = Geldwert 1/P
rechte y-Achse = Preisniveau P (invertierte Achse)
• Die Geldnachfragekurve korreliert negativ. Dies bedeutet, dass wenn der
Geldwert tief ist (und das Preisniveau hoch), die Personen eine grosse
Menge an Geld nachfragen um Güter und Dienstleistungen zu kaufen.
Auswirkungen einer Erhöhung der Geldmenge (Geldschöpfung)
o Die Nationalbank erhöht die Geldmenge indem sie im REPO-Geschäft Liquidität gegen
Sicherheiten austauscht.
A
B
Das Geldangebot M verschiebt sich nach rechts, womit sich das monetäre
Gleichgewicht verändert.
ƒ Der Geldwert sinkt.
ƒ Das Preisniveau steigt.
o Definition Quantitätstheorie des Geldes
ƒ Eine Theorie die besagt, dass die verfügbare Geldmenge das Preisniveau bestimmt
und dass die Wachstumsrate der Geldmenge die primäre Ursache für die Inflation
und damit die Inflationsrate ist.
Der Anpassungsprozess (von Punkt A nach Punkt B)
1. Zuerst befindet sich die Wirtschaft im Ausgangs-Gleichgewicht (Punkt A, MV=PY). In jenem
Moment wo die Nationalbank die Geldmenge erhöht gibt es ein Überangebot an Geld.
2. Die Bürger werden dieses Überangebot an Geld nutzen, um Güter und Dienstleistungen zu
kaufen oder Geld anzulegen und damit anderen ermöglichen Güter und Dienstleistungen zu
kaufen. Die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen steigt an.
3. Die Fähigkeit der Wirtschaft Güter und Dienstleistungen zu produzieren (Y=C+I+G+NX)
aber verändert sich nicht. Die Preise aller Güter- und Dienstleistungen steigen (P steigt,
nicht Y).
4. Somit steigt auch die Nachfrage nach Geld, weil jedermann mehr Geld braucht um die höheren
Preise zu bezahlen. Die Wirtschaft erreicht ein neues Gleichgewicht (Punkt B, MV=PY).
o Befindet sich der Geldmarkt im Gleichgewicht so gibt es keine Inflation. Inflation oder
Deflation herrscht nur während des Anpassungsprozesses zwischen den
Gleichgewichten.
Auswirkungen eines Wirtschaftswachstums
o Ausgangslage (Punkt A)
ƒ
ƒ
ƒ
o
o
Vor der Anpassung der Geldmenge
ƒ In einem Staat wächst die Wirtschaft. Die Gütermenge Y steigt.
ƒ In einem solchen Fall wird mehr getauscht, also mehr Geld nachgefragt. Die
Geldnachfrage steigt.
ƒ MV = PY Æ Weil sich M und V nicht verändern muss sich P verändern. P wird
kleiner. Es entsteht Deflation (Punkt B)
Nach der Anpassung der Geldmenge
ƒ Die Nationalbank wird nun eingreifen und die Geldmenge erhöhen.
ƒ Nach der Anpassung der Geldmenge wird sich die Wirtschaft wieder im
Gleichgewicht (Punkt C) befinden. Es herrscht wieder Preisstabilität.
ƒ MV = PY Æ M wird nun durch die SNB erhöht. P steigt wieder.
58
o
ƒ
Fazit
ƒ
Die Nationalbank muss das Geldangebot kontinuierlich erhöhen wenn die
Volkswirtschaft wächst.
Klassische Dichotomie und Neutralität des Geldes
ƒ Wie beeinflusst diese Veränderung des Geldangebots andere makroökonomische Variabeln?
o Klassische Dichotomie (Hume)
Die theoretische Trennung zwischen nominalen und realen Variabeln.
ƒ
ƒ
Nominale Variabeln
Variabeln, die in Geldeinheiten ausgedrückt werden.
• Nominale Preise
o in CHF oder USD
• Nominalzins
• Nominallöhne
• Nominales BIP (erfasst Preis- und Mengenänderung)
ƒ Reale Variabeln
Variabeln, die in Mengeneinheiten ausgedrückt werden.
• Reale Preise
o relative Preise (Eine Schokolade kostet 2 Eier)
o Kaufkraft
• Realzins
• Reallöhne
• Reales BIP (erfasst nur Mengenänderung, also Produktionsmenge)
• Beschäftigung
o Neutralität des Geldes gemäss monetaristischer Theorie (Milton Friedman)
ƒ Die Behauptung, dass Änderungen des Geldangebots langfristig Auswirkungen auf
nominale Variabeln haben aber keine Auswirkungen auf reale Variabeln haben.
ƒ Die Behauptung, dass Änderungen des Geldangebots kurzfristig Auswirkungen auf
nominale und reale Variabeln haben.
• Die Ursache für die Abweichung langfristig/kurzfristig besteht darin, dass die
Märkte kurzfristig noch nicht im Gleichgewicht sind. Die Preise sind
grundsätzlich unflexibel/starr und müssen sich zuerst anpassen.
Umlaufgeschwindigkeit des Geldes und Quantitätsgleichung
o Umlaufgeschwindigkeit (V) (Velocity of money)
Das Tempo, mit dem das Geld in der Wirtschaft zirkuliert.
Wie oft wird eine Geldeinheit zum zahlen für neu produzierte Güter und Dienstleistungen
verwendet?
V = (P · Y) / M
(Schreibvariante 1)
V drückt aus, wie häufig pro Jahr die Geldmenge M zum Kauf von Endprodukten
verwendet wird.
• V
Umlaufgeschwindigkeit
P
Preisniveau (BIP-Deflator) (Ausgangslage = 1; später z.B. 1.05)
Y
Outputmenge (reales BIP)
(P · Y)
Nominales BIP (Gesamtausgaben und Gesamteinkommen)
M
Geldmenge
• Beispiel
o M = 10.00
o Y = 60 Joghurts
o P = 0.50 pro Joghurt
o V = [1 · (0.50 · 60)]/10
V=3
o Wie oft müssen die 10 Franken ausgegeben werden, damit alle
Joghurte gekauft werden können.
• V hängt vom Zahlungsverhalten ab.
• V wird vereinfacht als konstant angenommen.
Quantitätsgleichung
Die Gleichung M · V = P · Y, die die Beziehung zwischen der Geldmenge, der
Umlaufgeschwindigkeit des Geldes und dem CHF-Wert des Outputs der Volkswirtschaft an
Waren und Dienstleistungen angibt.
ƒ
o
ƒ
M·V=P·Y
(Schreibvariante 2)
• Die linke Seite (M · V) drückt den nominellen Wert aller Käufe für
Endprodukte, die rechte Seite (P · Y) den entsprechenden Wert aller
Verkäufe aus.
59
•
o
Die Quantitätsgleichung zeigt, dass sich ein Anstieg der Geldmenge (M) in
der Volkswirtschaft in einer der drei anderen Variabeln widerspiegeln muss:
Entweder muss das Preisniveau (P) steigen oder die Outputmenge (Y) muss
zunehmen oder die Umlaufgeschwindigkeit (V) des Geldes muss sinken.
Die Fünf Schritte der Quantitätstheorie des Geldes
1. Die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes (V) ist vergleichsweise stabil.
2. Ändert die Nationalbank die Geldmenge (M), kommt es aufgrund der stabilen
Umlaufgeschwindigkeit (V) zu einer proportionalen Änderung des nominalen Wertes
des Outputs (P x Y).
3. Der Output der Volkswirtschaft (Y) wird in erster Linie vom Faktorangebot (Arbeit,
Boden, physisches Kapital, Humankapital, natürliche Ressourcen) und der
vorhandenen Technologie bestimmt. Da Geld neutral ist, hat es keinen Einfluss auf
den Output.
4. Wird der Output (Y) durch Faktorangebot und Technologie bestimmt, spiegeln sich
eine Änderung des Geldangebots (M) durch die Notenbank und parallel dazu eine
Änderung des nominalen Wertes des Outputs (P x Y) in einer Änderung des
Preisniveaus (P) wider.
5. Die Folge einer schnellen Erhöhung des Geldangebots durch die Nationalbank
ist daher eine hohe Inflationsrate.
ƒ In der folgenden Grafik sind die Jahreswachstumsraten von M3 und des
Landesindexes für Konsumentenpreise (LIK) – die Inflationsrate – abgebildet. Das
Bild zeigt, dass ein anhaltend starkes Geldmengenwachstum mit einer Verzögerung
von rund drei Jahren zu einem Anstieg der Inflation führt.
•
o
Eine Zeitverzögerung (time lag) von 1.5 bis 3 Jahren zwischen einer
Änderung der Geldversorgung und der entsprechenden Wirkung auf das
Preisniveau muss bei geldpolitischen Entscheidungen berücksichtigt werden.
Der Geldmarkt (siehe auch Abbildung des Geldmarktes oben)
ƒ Geldnachfragefunktion
• V = (P · Y) / M
MV = (P · Y)
M = (P· Y)/V
V = 1/k
M = k · PY
• MD = k · PY
• In dieser einfachen Form drückt die Funktion aus, dass die Geldhaltung der
Leute proportional zum nominellen Einkommen ist.
• k bezeichnet den Kassahaltungssatz.
• P · Y entspricht dem nominalen Einkommen
• Y wird exogen vorgegeben durch die Produktionsfunktion
ƒ Geldangebot
• MS = M
• Das Geldangebot wird exogen durch die Zentralbank festgelegt.
ƒ Gleichgewicht auf dem Geldmarkt
• MS = MD
• M = k · PY
• M · 1 = PY
k
• 1/k entspricht per Definition der Umlaufgeschwindigkeit V. Da k ein
Parameter darstellt, ist V exogen. Damit ergibt sich die Quanitätsgleichung:
o MV = PY
• Schlussfolgerungen über den Einfluss der Geldmenge auf das Preisniveau
o Wenn die Geldnachfrage proportional zum nominellen Einkommen
ist, dann ist die Umlaufgeschwindigkeit exogen. D.h. sie verändert
sich nicht durch eine Veränderung der Geldmenge.
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Eine Veränderung der Geldmenge führt bei einer exogenen
Umlaufgeschwindigkeit und exogenem Realeinkommen zu einer
proportional gleichen Veränderung des Preisniveaus.
M · V = P · Y lässt sich auch als prozentuale Veränderung schreiben:
• Δ%M · Δ%V = Δ%P · Δ%Y
o Δ%V wird exogen vorgeben. Es ist deshalb grundsätzlich konstant.
V verändert sich also grundsätzlich nicht.
o Δ%M = Geldmengenwachstum
Δ%Y = Reales BIP-Wachstum
Wenn sich beide, M und Y, gleich wachsen, so eliminiert sich ihre
Wirkung auf P gegenseitig.
o Δ%P gibt deshalb die Inflationsrate Ä wider.
Die modellmässige Bestimmung des Preisniveaus in der langen Frist
V
• P= ·M
Y
bzw. in prozentualen Änderungen:
o
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
• ΔP = ΔM
P
M
Die Inflationssteuer
o Es stellt sich die Frage, weshalb die Nationalbanken ihr Geldangebot erhöhen, wenn dies zu
einer höheren Inflationsrate führt? Die Antwort lautet, dass der Staat seine Ausgaben in
solchen Ländern durch Geldschöpfung finanziert.
o Die Inflationssteuer bezeichnet jene Staatseinnahmen, die der Staat durch
Geldschöpfung erzielt.
ƒ Dadurch steigt das Preisniveau und der Welt des Geldes sinkt. Die Inflationssteuer
stellt daher eine Steuer auf jedermann dar, der Geld hält.
ƒ Alle Hyperinflationen folgen demselben Muster. Der Staat hat hohe Ausgaben, die
Steuereinnahmen sind unzulänglich und die Möglichkeiten der Kreditaufnahme
begrenzt. Infolgedessen bedient sich der Staat der Notenpresse um seine Ausgaben
zu finanzieren, was zu einer extremen Inflation führt.
Der Fischer-Effekt
o Realzins = Nominalzins – Inflationsrate
Nominalzins = Realzins + Inflationsrate
o Angebot und Nachfrage nach Krediten verändert den Realzinssatz.
Die Zu- oder Abnahme der Geldmenge beeinflusst die Inflationsrate.
o Der Realzins ist eine reale Variabel und damit langfristig neutral.
ƒ Wenn die Nationalbank die Geldmenge erhöht, steigt die Inflationsrate. Deshalb
muss auch der Nominalzins muss steigen, denn der Realzins soll gemäss der
klassischen Dichotomie gleich bleiben, er ist neutral.
ƒ Steigt also die Inflationsrate, muss auch der Nominalzinssatz steigen.
o Kurzfristig gilt dieser Fischer-Effekt nicht, der Realzinssatz kann sich kurzfristig
verändern.
3. Die Kosten der Inflation
ƒ
ƒ
Ein Rückgang der Kaufkraft? Der Trugschluss der Inflation
o Oftmals hört man die Aussage, Inflation nehme einem die Kaufkraft des Geldes weg, dass
man sich hart erarbeitet habe.
ƒ Wenn die Preise steigen, so kann für jeden Franken weniger gekauft werden. Es
scheint also so, also senke die Inflation den Lebensstandard.
o Hierbei handelt es sich um einen Trugschluss: Zwar bezahlen die Käufer mehr, aber die
Verkäufer erhalten mehr.
ƒ Bei der Lohnarbeit handelt es sich um nichts anderes als den Verkauf von Arbeit. Die
Inflation der Preise erfolgt gleichzeitig mit der Inflation des Einkommens.
ƒ Ursache hiefür ist, dass es sich bei Preisen und Einkommen um nominale Variablen
handelt.
ƒ Inflation senkt also nicht die Kaufkraft.
Schuhsohlen-Kosten
o Die Inflationssteuer stellt keine Kosten für die Gesellschaft dar, sondern ein Transfer von
Ressourcen von Haushalten zur Regierung.
o Viele Menschen versuchen diese Inflationssteuer zu umgehen. Das im Portemonnaie
gehaltene Bargeld wird nicht verzinst, unterliegt also voll der Inflationsrate. Trägt man das
Geld auf die Bank, so kann man die Inflation umgehen.
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Schuhsohlen-Kosten sind jene Ressourcen, die verschwendet werden, wenn die Leute
aufgrund der Inflation ihre Kassenhaltung verringern. Die Kosten bestehen aus dem
Zeitaufwand der benutzt wird, um das Geld regelmässig und schnell zur Bank zu tragen, im
Vergleich zur Situation wo es keine Inflation gibt.
ƒ Schuhsohlen-Kosten deshalb, weil die Leute mehr zur Bank rennen um ihr Geld
einzuzahlen und sich dadurch ihre Schuhsohlen abreiben.
ƒ Die Schuhsohlen-Kosten haben vor allem eine Bedeutung in Ländern mit
Hyperinflation.
ƒ Beispiel:
• Ein Bolivianer erhält 500’000 Peso Lohn. Sofort wird er dieses Geld
umtauschen in US$. Er erhält dafür $50. Hätte er das Geld später
umgetauscht, hätte er nur $27 erhalten.
Speisekarten-Kosten
o Die meisten Unternehmen verändern die Preise ihrer Produkte nur selten, weil eine solche
Preisänderung sehr viel kostet.
o Die Kosten zur Änderung der Preise von Produkten nennt man Speisekarten-Kosten
(Entscheidungsprozess, Druckkosten von Preislisten und Katalogen, Werbekosten, Kosten
im Umgang mit Kundenreaktionen).
o Die Inflation erhöht die Kosten der Unternehmen. Herrscht also eine starke Inflation, so
müssen die Preise regelmässiger angepasst werden.
Variabilität der relativen Preise (=ungleichgewichtige Inflation) und Fehlallokation der
Ressourcen
o Gleichgewichtige Inflation = Alle Produkte haben eine identische Inflationsrate
Ungleichgewichtige Inflation = Die Produkte haben unterschiedliche Inflationsraten
o Beispiel
ƒ Ein Restaurant passt die Kosten auf der Speisekarte jeweils am Jahresanfang an.
ƒ Gibt es keine Inflation, so bleiben die relativen Preise gleich.
ƒ Gibt es eine Inflation von 12 %, so fallen die relativen Preise des Restaurants
monatlich um 1 %. Die relativen Preise des Restaurants sind hoch in den ersten
Monaten des Jahres nach Druck der neuen Speisekarte und tief in den späteren
Monaten. Je weniger also die Preise angepasst werden, desto höher ist die
Variabilität der relativen Preise.
o Die Konsumenten entscheiden aufgrund der relativen Preise bei wem sie was einkaufen. Die
relativen Preise bestimmen wie die Produktionsfaktoren verteilt werden (Allokation). Wenn
die Inflation aber die relativen Preise variieren lässt, werden die Käuferentscheidungen
gestört und der Markt kann die Ressourcen nicht so verteilen, wie es am besten wäre.
Inflationsbedingte Steuerverzerrungen
o Inflation erhöht den Effekt einer Steuer auf Einkommen aus Vermögen.
o „Inflation is like a tax on holding cash.“
o Beispiel: Kapitalgewinne
ƒ Eine Unternehmung kaufte 1980 eine Aktie zu 10. Im Jahr 2000 beträgt der
Aktienkurs 50. Ein steuerbarer Kapitalgewinn von 40 wurde erwirtschaftet.
ƒ Seit 1980 hat sich das Preisniveau verdoppelt. Der Wert der Aktie 1980 von 10, ist
daher heute 20 wert. Der wirkliche Kapitalgewinn beträgt also nur 30 und nicht 40.
o Beispiel: Zinserträge
ƒ Die Einkommenssteuern werden immer auf dem Nominal-Zinsertrag berechnet, nicht
auf dem Real-Zinsertrag.
ƒ In einer Volkswirtschaft A beträgt der Steuersatz auf Zinserträge 25 %. Der Realzins
beträgt 4 %. Die Inflationsrate beträgt 0 %.
• Der Realertrag aus dem Zinsertrag beträgt also abzüglich Steuer 3 %.
ƒ In einer Volkswirtschaft B beträgt der Steuersatz auch 25 %. Der Realzins beträgt
auch 4 %. Die Inflationsrate aber beträgt 8 %.
• Der Nominalzinssatz beträgt also 4 % + 8 % = 12 %. Hievon wird die Steuer
berechnet. Der Nominalzinssatz abzüglich Steuer beträgt also 9 %.
• Nach Abzug der Inflationsrate von 8 % beträgt der Realzinssatz gerade noch
1 %.
o Man bezeichnet diesen Effekt auch als kalte Steuerprogression.
ƒ Infolge einer Inflation erhält ein Arbeitnehmer einen höheren Nominallohn. Damit
rutscht er in eine höhere Einkommenssteuerklasse und muss mehr Steuern
bezahlen, obwohl er real gar nicht mehr verdient.
o Es wird ein Anreiz geschaffen, weniger zu Sparen. Damit wird auch weniger investiert
und langfristig wächst die Wirtschaft weniger.
o Das Problem könnte dadurch gelöst werden, indem die Steuer nur vom Real-Zinssatz
erhoben würde.
o
ƒ
ƒ
ƒ
62
ƒ
ƒ
Verwirrung und Unannehmlichkeiten
o 250'000'000 Türkische Lira für ein Kaffee? Æ Jedes Jahr ist der Massstab anders!
o Eine Funktion des Geldes ist der Wertmassstab. Wenn die Nationalbank die Geldmenge
erhöht und dadurch Inflation schafft, senkt sie den Wert einer Messeinheit.
o Beispielsweise sollten also die Gewinne von Unternehmen über die Zeit nicht miteinander
verglichen werden, obwohl dies in der Praxis ohne Inflationsbereinigung getan wird.
Spezielle Kosten einer unerwarteten Inflation: willkürliche Vermögensumteilungen
o Inflation die unerwartet auftritt hat zusätzliche Kosten in Form von willkürlichen
Vermögensumteilungen.
o Inflation
ƒ Ein Kreditnehmer nimmt im Jahr 2000 40'000 auf. 2003 muss er 60'000
zurückzahlen. Bei einer Hyperinflation werden Preise und Löhne so gestiegen sein,
dass der Kreditnehmer den Kredit ohne Probleme zurückzahlen kann.
o Deflation
ƒ Sinken Preise und Löhne in einer Deflation, so wird der Kreditnehmer grosse
Probleme haben den Kredit zurückzuzahlen.
o Es findet eine Vermögensumteilung zwischen Kreditnehmer und Kreditgeber statt.
o Könnten die beiden Parteien die Inflation langfristig voraussagen und wäre sie nicht
willkürlich, würden sie diese in den Nominalzinssatz einrechnen (Fischer-Effekt). Kurzfristig
ist dies aber nicht möglich.
o Diese Gefahr besteht vor allem in Ländern mit sehr hoher Inflation, da die Inflationsrate sehr
volatil ist. Es gibt keine Hochinflationsländer in denen die Inflationsrate nicht stark volatil ist.
4. Beispiel: Gleichgewichtige und Ungleichgewichtige Inflation
Bob (Bohnenbauer)
Rita (Reisbauer)
Beide verzerren jeweils die gleiche Menge Bohnen und Reis.
Preise 2000:
ƒ Bohnen $1
ƒ Reis $3
a)
Preise 2001:
ƒ Bohnen $2
ƒ Reis $6
Inflationsrate für Bohnen und Reis
Warenkorb 2000: 1 + 3 = $4
Warenkorb 2001: 2 + 6 = $8
KPI = Kosten Warenkorb 2001/ Kosten Warenkorb des Basisjahres
KPI 2001 = 8/4 = 200
Inflationsrate = (200 – 100)/100 = 100 %
Fazit
Lebenskosten und Einkommen beider Bauern steigen um 100 %. Es handelt sich nur um eine Änderung
der nominalen Variabeln. Es gibt keine Auswirkungen.
Es handelt sich um gleichgewichtige Inflation.
b)
Preise 2001:
ƒ Bohnen $2
ƒ Reis $4
Inflationsrate für Bohnen und Reis
Warenkorb 2000: 1 + 3 = $4
Warenkorb 2001: 2 + 4 = $6
KPI = Kosten Warenkorb 2001/ Kosten Warenkorb des Basisjahres
KPI 2001 = 6/4 = 150
Inflationsrate = (150 – 100)/100 = 50 %
63
Inflationsrate für Bohnen
Inflationsrate = (2 – 1)/1 = 100 %
Inflationsrate für Reis
Inflationsrate = (4 – 3)/3 = 33 1/3 %
Fazit
Bobs Einkommen steigt um 100 % und seine Lebenshaltungskosten nur um 50 %. Er kommt besser weg.
Ritas Einkommen steigt um 33 1/3 % und ihre Lebenshaltungskosten um 50 %. Sie kommt schlechter
weg.
Es handelt sich um ungleichgewichtige Inflation.
c)
Preise 2001:
ƒ Bohnen $2
ƒ Reis $1.50
Inflationsrate für Bohnen und Reis
Warenkorb 2000: 1 + 3 = $4
Warenkorb 2001: 2 + 1.5 = $3.50
KPI = Kosten Warenkorb 2001/ Kosten Warenkorb des Basisjahres
KPI 2001 = 3.50/4 = 87.50
Inflationsrate = (150 – 100)/100 = -12.5 % (=Deflation)
Inflationsrate für Bohnen
Inflationsrate = (2 – 1)/1 = 100 %
Inflationsrate für Reis
Inflationsrate = (1.50 – 3)/3 = -50 %
Fazit
Bobs Einkommen steigt um 100 % und seine Lebenshaltungskosten fallen um 12.5 %. Er kommt besser
weg.
Ritas Einkommen sinkt um 50 % und ihre Lebenshaltungskosten sinken um 12.5 %. Sie kommt
schlechter weg.
Es handelt sich um ungleichgewichtige Inflation.
d)
Der relative Preis von Bohnen und Reis ist wichtiger als die Inflationsrate der gesamten Wirtschaft.
Aufgaben zu Kap. 30
ƒ PA # 7
ƒ PA # 11
ƒ Aufg. 35, Skript S. 103
ƒ Aufg. 36, Skript S. 103 !!! (sehr wichtige Aufgabe)
ƒ Aufg. 38, Skript S. 104 !! (wichtige Aufgabe)
64
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