MaÖk1 ZF_Makroökonomie.doc Makroökonomie Was ist Makroökonomie? Mikroökonomie untersucht, wie Haushalte und Unternehmen Entscheidungen treffen und wie Haushalte und Unternehmen auf den einzelnen Märkten zusammen wirken. Makroökonomie untersucht folgende gesamtwirtschaftliche Phänomene: ▪ Inflation ▪ ▪ Arbeitslosigkeit Wachstum ▪ Konjunktur ▪ Aussengleichgewicht ▪ Beschreibung: Anstieg aller Preise Inflationsrate π ALQ (Arbeitslosenquote) Langfristige Entwicklung (15 – 20 Jahr), BIP, BSP, VE Kurzfristige Schwankungen (z.B. quartalsweise bis 5 Jahre) Wert der eigenen Währung (Zahlungsbilanz, Überschüsse, Defizite) Lorenz-Kurve, Gini-Index Verteilung von Einkommen und Vermögen Diese Phänomene entstehen und verändern sich durch das Zusammenwirken von: private Haushalte Unternehmen Staat Ausland Wirtschaftspolitische Ziele: Geldwertstabilität Vollbeschäftigung Stetiges Wachstum, Nachhaltigkeit Glättung langfristiger Ausgleich Import = Export Sozialer Ausgleich Einfacher Wirtschaftskreislauf: 4 Sektoren bzw. Makroökonomische Aggregate 3 Ökonomische Grundaktivitäten Produktion Tausch Konsum 18. Faktormärkte 1. Produktionsfaktoren Produktionsfaktoren bezeichnen den Input zur Herstellung von Gütern und Dienstleistungen: o Arbeit (Labor, z.B. Arbeitszeit eines Angestellten) o Boden (Land, z.B. Grundstück z.B. ohne Apfelbäume) Das Angebot an Boden ist vollkommen unelastisch (horizontal) da Boden nur in begrenztem Mass zur Verfügung steht. o Kapital (Capital, z.B. Gebäude und Ausrüstung) Das Finanzkapital ist damit nicht gemeint. Finanzkapital in ökonomischer Sicht = Liquidität. 2. Die Nachfrage nach dem Produktionsfaktor Arbeit (Arbeitsmarkt) a) Wieviele Arbeitskräfte werden eingestellt? Die nebenstehenden Abbildungen zeigen den Arbeitsmarkt für Äpfelpflücker und den Markt für Äpfel. Die Unternehmung fragt auf dem Arbeitsmarkt Äpfelpflücker nach und bietet die Äpfel anschliessend auf dem Markt für Äpfel an. Die Nachfrage nach Produktionsfaktoren (im Beispiel Apfelpflücker) ist keine normale Nachfrage, sondern eine Derivative Nachfrage. Die Nachfrage nach einem Produktionsfaktor (z.B. Apfelpflücker) hängt vom Preis des herzustellenden Endgutes (z.B. Äpfel) ab. Die Arbeitsnachfrage ist also eine abgeleitete Nachfrage aus dem Markt der Endgüter (Äpfel). 1 o o o 3 Annahmen: 2 Märkte: • Endgüter (Äpfel) Æ vollkommene Konkurrenz • Arbeit (Arbeitsmarkt für Äpfelpflücker) Æ vollkommene Konkurrenz Die Äpfel-Unternehmung ist Price-Taker. 2 Produktionsfaktoren: • Arbeit Æ variabel • Kapital (Material wie Äpfelkörbe etc.) Æ konstant (Ceteris Paribus) Ziel der Unternehmung: Gewinnmaximierung Entscheidungskalkül der Unternehmung: Gewinnmaximale Menge an Arbeit Die Unternehmung muss jetzt entscheiden wie viele Äpfelpflücker sie einstellt und wie viel Äpfel sie dadurch Pflücken kann um den Gewinn zu maximieren. Labor L Value of the ! Wage (Labor Marginal Output Q Marginal Income) (Anzahl (Äpfel Profit Marginal Product of (Grenzkosten (Grenzgewinn) Äpfelpro Product of Labor MPL für einen pflücker) Woche) (Grenzprodukt Labor VMPL (Grenzprodukt zusätzlichen der Arbeit) Arbeiter) (Grenzprodukt · Marktpreis Endgut) in Äpfel für (Marktpreis = einen 10 bei vollk. zusätzlichen Konkurrenz) Arbeiter) P · MPL 0 0 1 100 100 1’000 500 500 2 180 80 800 500 300 240 60 100 3 600 500 = 4 280 40 400 500 - 100 5 300 20 200 500 - 300 Die erste und zweite Kolonne stellen die Werte der Produktionsfunktion dar: Die Produktionsfunktion zeigt den Zusammenhang zwischen der Outputmenge eines Gutes (y-Achse) und den dafür verwendeten Faktoreinsätzen (x-Achse). Y = f(K, L) Wiederum sieht man das abnehmende Grenzprodukt. Je mehr Apfelpflücker man hat, desto mehr stehen sie sich selbst im Weg und somit kann jeder zusätzliche Apfelpflücker weniger Äpfel pflücken. Womöglich gibt es zu Beginn Spezialisierungsvorteile. Y = Output in Äpfeln!!! K = Kapitalmenge (Anzahl Maschinen) L = Arbeitsmenge (Anzahl Arbeitskräfte) Angenommen der Lohn eines Apfelpflückers betrage 500 (exogen vorgegeben). Die ersten 3 Apfelpflücker bringen einen Grenzgewinn. Beim 4. und 5. Arbeiter entsteht ein Grenzverlust. Deshalb stellt die Firma 3 Arbeiter ein. • VMPL (Value of the Marginal Product of Labor P · MPL) = W (Wage) oder Marginal Profit (Grenzgewinn) = 0 • VMPL ist nichts anderes als die Nachfragekurve nach Apfelpflückern. • W (Wage, Lohnsatz) ist nichts anderes als die Angebotskurve von Apfelpflückern. • Beachte: VMPL = W also: Jeder Produktionsfaktor wird genau so hoch entlöhnt, wie er seinen marginalen Beitrag (VMPL) dazu beiträgt. Daher gilt auch historischempirisch langfristig für die Schweiz: Arbeitsproduktivität = Reallohnindex. • Das abnehmende Grenzprodukt ist die Ursache der negativen Korrelation der Nachfragekurve nach Arbeitnehmern. • Lohnausgaben / Lohneinkommen alle Arbeiter = W* · L* 2 b) Ursache einer Verschiebung der Arbeits-Nachfragekurve Marktpreis des Endgutes o VMPL = P · MPL o Preiserhöhung Endgut Äpfel: VMPL wird grösser (VMPL verschiebt sich nach rechts) Æ Die Unternehmung fragt mehr Apfelpflücker nach. o Preissenkung Endgut Äpfel: VMPL wird kleiner (VMPL verschiebt sich nach links) Æ Die Unternehmung fragt weniger Apfelpflücker nach. Technologischer Fortschritt o Die Produktivität steigt: Die Produktionsfunktion dehnt sich nach oben. Das Grenzprodukt der Arbeit (MPL) wird grösser und damit auch das VMPL. Die Nachfrage nach Arbeitskräften (Produktionsfaktoren) steigt an. Das Angebot anderer Produktionsfaktoren o Die vorhandene Menge anderer Produktionsfaktoren kann einen Effekt auf das Grenzprodukt anderer Faktoren haben. So kann z.B. ein Rückgang im Angebot der Leitern das Grenzprodukt der Äpfelpflücker verkleinern womit weniger Apfelpflücker nachgefragt werden. 3. Das Angebot des Produktionsfaktors Arbeit (Arbeitsmarkt) Die nebenstehende Abbildung zeigt eine typische Arbeitsangebotskurve. o Bei sehr hohen Löhnen entscheidet man sich weniger zu arbeiten da man in einigen Stunden Arbeit schon sehr viel verdient. o Bei sehr tiefen Löhnen wird man sehr viel Arbeiten um das nötige Einkommen zu generieren. Ursache einer Verschiebung der Arbeits-Angebotskurve o Sittenwandel Die Arbeitsangebotskurve verschiebt sich nach rechts wenn mehr Arbeiter auf den Markt drängen. Z.B. wenn Frauen beginnen zu Arbeiten und sich weniger um die Kindererziehung kümmern. o Veränderungen auf alternativen Arbeitsmärkten Das Angebot an Arbeitern im Apfelpflücker-Arbeitsmarkt sinkt wenn auf dem Markt für Busfahrer der Lohnsatz steigt. o Immigration Immigranten erhöhen das Arbeitsangebot während Emigranten das Arbeitsangebot senken. 4. Das Gleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt Marktgleichgewicht o Die nebenstehende Abbildung zeigt das Gleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt: VMPL = W o Jede Unternehmung hat ihren Gewinn maximiert. o Fazit: Jedes Ereignis, das das Arbeitsangebot oder die Arbeitsnachfrage verändert, muss proportional auch den Gleichgewichtslohnsatz und das damit übereinstimmende Wertgrenzprodukt VMPL der Arbeit verändern. Nur dann produziert die Unternehmung weiterhin im Gewinnmaximum. o Jeder Produktionsfaktor wird genau so hoch entlöhnt, wie er seinen marginalen Beitrag (VMPL) dazu beiträgt. Daher gilt auch historisch-empirisch langfristig für die Schweiz: Arbeitsproduktivität = Reallohnindex. Veränderung im Arbeitsangebot (Beispiel) o Durch Immigration verschiebt sich das Arbeitsangebot nach rechts. Der Lohnsatz sinkt von W* nach W1 und die angeheuerten Arbeiter steigen von L* nach L1. o Während die Anzahl Apfelpflücker steigt sinkt das Grenzprodukt jedes zusätzlich eingestellten Arbeiters. Somit sinkt das VMPL. Gleichzeitig sinkt aber auch der Lohnsatz. o Sowohl W als auch VMPL sind kleiner als vor der Erhöhung des Arbeitsangebots. Die Unternehmung produziert weiterhin im Gewinnmaximum. 3 Veränderung in der Nachfrage nach Arbeitern (Beispiel) o Der Preis von Äpfeln (Endprodukt) steigt an. VMPL steigt an. Die Nachfragekurve VMPL verschiebt sich nach rechts. o Mit einem höheren Preis der Äpfel lohnt es sich nun mehr Apfelpflücker einzustellen.Der Lohnssatz steigt von W* nach W1 und die angeheuerten Arbeiter steigen von L* nach L1. o Sowohl W als auch VMPL sind grösser als vor der Erhöhung des Arbeitsangebots. Die Unternehmung produziert weiterhin im Gewinnmaximum. o Fazit Steigt der Preis des Endgutes, machen die Hersteller einen grösseren Profit und die Arbeitnehmer erhalten einen grösseren Lohn. Sinkt der Preis des Endgutes, machen die Hersteller einen kleineren Profit und die Arbeitnehmer verdienen weniger. Principle of Economics: Der Lebensstandard eines Landes hängt von der Fähigkeit ab, Güter und Dienstleistungen herzustellen. 5. Andere Produktionsfaktoren: Boden und Kapital Bodenmarkt o Zwei Preise: Mietpreis oder Kaufpreis o Nachfragekurve VMPL MPL Marginal Product of Land (Grenzprodukt in Endprodukt bei einer zusätzliche Einheit Land) · P Endprodukt = VMPL o Gleichgewicht VMPL = R (Rente für eine zusätzliche Einheit Boden) Kapitalmarkt o Zwei Preise: Mietpreis oder Kaufpreis o Nachfragekurve VMPK MPK Marginal Product of Capital (Grenzprodukt in Endprodukt bei einer zusätzliche Einheit Kapital) · P Endprodukt = VMPK o Gleichgewicht VMPK = R (Rente für eine zusätzliche Einheit Boden) o Mietpreis bezeichnet man als „Capital Income“ (Bspw. Zins, Eigenrente, Eigenzins, Dividenden) Verbindungen unterhalb der Produktionsfaktoren o Jeder Produktionsfaktor wird genau so hoch entlöhnt, wie er seinen marginalen Beitrag (VMPL) dazu beiträgt. o Die vorhandene Menge anderer Produktionsfaktoren kann einen Effekt auf das Grenzprodukt anderer Faktoren haben. So kann z.B. ein Rückgang im Angebot der Leitern das Grenzprodukt der Äpfelpflücker verkleinern womit weniger Apfelpflücker nachgefragt werden. Daher: Wenn sich bei einem Produktionsfaktor etwas ändert, ändert sich auch bei den anderen Produktionsfaktoren etwas. Z.B.: ● Ein Krieg zerstört das Realkapital, führt aber nur zu wenigen Toten. ● Die Pest in Europa (sh. Unten) Die Auswirkung der Pest auf den Arbeitsmarkt Die Pest tötete 1/3 aller Arbeitnehmer, liess aber das Realkapital unangetastet. Auswirkung auf den Lohn der Arbeiter? o Das Grenzprodukt der Arbeit steigt da weniger Arbeitnehmer vorhanden sind. (Bewegung auf der Produktionskurve nach unten oder Darstellung im Arbeitsmarkt mit VMPL) o Die Löhne steigen von W* nach W**. Auswirkung auf die Rente der Landeigner? o Da weniger Arbeiter vorhanden sind, produziert jede Einheit Land weniger zusätzlichen Output. Das Grenzprodukt des Landes wird kleiner. o Die Mietpreise werden kleiner. 4 7.1 Beispiel: Wieviele Orangen-Pflücker werden eingestellt? Eine Kälteperiode zerstört in Florida einen Teil der Orangen-Plantagen. a) Was ist die Auswirkung auf den Preis der Orangen? o Der Preis der Orangen steigt da sich die Angebotskurve infolge des Minderangebots an Orangen nach links verschiebt. b) Was ist die Auswirkung auf das Grenzprodukt der Orangenpflücker? o Das Grenzprodukt der Orangen-Pflücker wird kleiner, da weniger Orangen an den Bäumen hängen und pro Baum weniger gepflückt werden kann. c) Was passiert mit der Nachfrage nach Orangen-Pflücker? o 3 Mögliche Ausgänge: Preisanstieg > Abnahme Grenzprodukt • Wertgrenzprodukt VMPL wird grösser. • Die Nachfrage nach Orangen-Pflücker verschiebt sich nach rechts. • Es werden mehr Orangen-Pflücker nachgefragt. Preisanstieg < Abnahme Grenzprodukt • Wertgrenzprodukt VMPL wird kleiner. • Die Nachfrage nach Orangen-Pflücker verschiebt sich nach links. • Es werden weniger Orangen-Pflücker nachgefragt. Preisanstieg = Abnahme Grenzprodukt • VMPL verändert sich nicht. • Ws werden gleich viel Orangen-Pflücker nachgefragt. d) Angenommen, der Preis der Orangen verdopple sich und das Grenzprodukt falle um 30 %. Was passiert mit der Nachfrage nach Orangen-Pflückern? o Orangenpreis P: + 100 % Grenzprodukt der Arbeit: - 30 % VMPL = P · MPL VMPL · 2 · 0.7 = 1.4 Das Wertgrenzprodukt VMPL steigt um 40 %. Der Lohnsatz und die Anzahl Angestellten steigt. e) Angenommen, der Preis der Orangen steige um 30 % und das Grenzprodukt falle um 50 %. Was passiert mit der Nachfrage nach Orangen-Pflückern? o Orangenpreis P: + 30 % Grenzprodukt der Arbeit: - 50 % VMPL = P · MPL VMPL · 1.3 · 0.5 = 0.65 Das Wertgrenzprodukt VMPL sinkt um 35 %. Der Lohnsatz und die Anzahl Angestellten sinkt. 7.2 Vertiefung der Produktionsfunktion Y = F(K, L) o Y = Realer Output o K = Kapitalmenge (Anzahl Maschinen) o L = Arbeitsmenge (Anzahl Arbeitskräfte) Konstante Skalenerträge o Konstante Skalenerträge bedeutet, dass sich die Stückkosten (ATC) nicht verändern, wenn alle Produktionsfaktoren verändert werden. o Beweis mit Beispiel: Y = (L· K)0.5 Y = 20 (Output) • K = 40, L = 10 Y = (10 · 40) 0.5 Y = 40 (Output) • K = 80, L = 20 Y = (20 · 80) 0.5 o Beweis allgemein: Die Produktionsfunktion F weist konstante Skalenerträge auf, falls gilt: Y = F(K, L) xY = (xK · xL)0.5 Æ xY = [x(K · L)]0.5 Eine Erhöhung aller Inputs (jeder Produktionsfaktoren L und K) um einen identischen Faktor (x) führt also zu einer Erhöhung des Outputs um denselben Faktor x. Das ist im obigen Beispiel gut zu erkennen: L und K verdoppeln sich und Y verdoppelt sich. 5 Abnehmendes Grenzprodukt o Ein abnehmendes Grenzprodukt der Arbeit (MPL) liegt dann vor, wenn die Erhöhung nur eines Inputs zu einem abnehmendem Grenzprodukt führt. o Beweis mit Beispiel L K Y MPL 40 50 44.72 41 50 45.28 0.56 42 50 45.82 0.54 o Beweis allgemein Y = (L· K)0.5 = L0.5· K0.5 0.5 -0.5 YK = L · 0.5K (Grenzprodukt des Kapitals) YL = 0.5L-0.5· K0.5 (Grenzprodukt der Arbeit) Vielfach kann aus den Funktion abgelesen werden ob es ein abnehmendes oder konstantes Grenzprodukt ist, z.B. YK=1 (konstantes Grenzprodukt) oder YK= L (konstantes Grenzprodukt, nämlich L). Bei der vorliegenden Funktion Y = (L· K)0.5 ist dass aber nicht sofort erkennbar. Die obige Beispiel-Produktionsfunktion Y = (L· K)0.5 verfügt über: o Konstante Skalenerträge (alle Produktionsfaktoren werden variiert) o abnehmendes Grenzprodukt (nur Arbeiter oder Kapital wird variiert) 7.3 Beispiel: Der Arbeitsmarkt (identisch mit Skript U2) Eine Unternehmung weist eine Produktionsfunktion von Y = (L · K)0.5 auf. Der Preis von Y beträgt 10. K bedeutet, dass das Kapital exogen vorgegeben ist. Tabelle: Y MPL P · MPL (VMPL) Output Grenzprodukt Wertgrenzprodukt 40 10 20.000 40 11 20.976 0.976 9.762 40 20 28.284 40 21 28.983 0.698 6.985 40 30 34.641 40 31 35.214 0.573 5.726 40 40 40.000 40 41 40.497 0.497 4.969 o Beachte: Gesucht ist das Grenzprodukt der Arbeit MPL. Man darf nicht das Grenzprodukt zwischen L = 10 und L = 20 bestimmen. Das Grenzprodukt ist immer für eine zusätzliche Einheit L!!! Also L = 10, L = 11. Produktionsfunktion Nebenstehend ist die entsprechende Produktionsfunktion sowie das Grenzprodukt der Arbeit MPL dargestellt. Man erkennt das abnehmende Grenzprodukt der Arbeit. K L Arbeitsnachfragefunktion Nachfragefunktion Nebenstehend ist die entsprechende Nachfragefunktion nach Arbeit VMPL eingezeichnet. o Bei einem Lohn von 5 wird eine Arbeit von L = 50 nachgefragt. o Bei einem Lohn von 6 wird eine Arbeit von L = 27 nachgefragt. o Bei einem Lohn von 7 wird eine Arbeit von L = 20 nachgefragt. Angenommen, das Arbeitsangebot betrage 20. Damit beträgt der Lohn 7. o a) Berechnen Sie analog den Gleichgewichtspreis des Kapitals. 6 Wiederum kann eine kleine Tabelle gemacht werden wie oben. Allerdings ist nun die Anzahl Arbeit L exogen vorgegeben L = 20. Gesucht ist MPK für eine zusätzliche Einheit Kapital, also von 40 auf 41. L K Y MPK VMPK 20 40 28.284 20 41 28.636 0.351 3.514 Wiederum gilt: MPK · P = VMPK = r (Realzins) Damit beträgt der Gleichgewichtspreis des Kapitals 3.514. o b) Wie hoch ist in diesem Beispiel das Arbeitseinkommen, das Kapitaleinkommen und der ökonomische Gewinn? Arbeitseinkommen • 7 · 20 = 140 Kapitaleinkommen • 3.514 · 40 = 140.56 Ökonomischer Gewinn • Total Ertrag E(x) = P · Y = 10 · 28.28 = 282.80 • Total Kosten = 140 + 140.56 = 280.56 • Ökonomischer Gewinn = 282.8 – 280.56 = 2.24 Anmerkung • Arbeitseinkommen und Kapitaleinkommen sind aufgrund der vorgegebenen Produktionsfunktion gleich gross. L und K sind gleich gewichtet. Dass muss nicht zwingend sein. • Würde man mit der Differentialrechnung die Berechnungen anstellen (sh. unten) käme man auf einen Gewinn von 0. Der obige Gewinn von 2.24 entsteht nur wegen der ungenauen Rechnung ohne Differential. Ein Gewinn von 0 entsteht deshalb, weil es sich um vollkommene Konkurrenz handelt. o c) Was geschieht in der obigen Grafik, wenn die Arbeitsproduktivität zunimmt? Die Produktionsfunktion dehnt sich aus nach oben womit MPL (Grenzprodukt der Arbeit) grösser wird. Damit verschiebt sich VMPL nach rechts. o d) Was geschieht in der obigen Grafik, wenn das Arbeitsangebot auf 30 steigt? Der Lohn sinkt. Berechnung mit der Differenzialrechnung o Produktionsfunktion: Y = (L · K)0.5 Y = L0.5 · K0.5 o Grenzproduktivität der Arbeit (MPL) YL = 0.5 · L-0.5 · K0.5 (nach L abgeleitet) (Veränderung des Outputs bei Einsatz einer Einheit Arbeit mehr) Grenzproduktivität des Kapitals (MPK) YK = L0.5 · 0.5 · K-0.5 (nach K abgeleitet) (Veränderung des Outputs bei Einsatz einer Einheit Kapital mehr) o Angenommen, das Kapital sei exogen vorgegeben K = 40 und der Outputpreis des Endgutes Y betrage 10. VMPL (Wertgrenzprodukt der Arbeit) VMPL = MPL · p = [0.5 · 20-0.5 · 400.5] = 0.707106 · 10 = 7.07106 Bei einem vorgegeben Kapital von 40 und einer gewählten Beschäftigung von 20 beträgt der Gleichgewichtslohn w* 7.07106 und das gesamte Arbeitseinkommen beträgt 20 · 7.707106 = 141.421. VMPK (Wertgrenzprodukt des Kapitals) VMPK = MPK · p = [200.5 · 0.5 · 40-0.5] = 0.353553 · 10 = 3.53553 Bei vorgegebener Gleichgewichtsarbeit von L = 20 und einem exogenen K von 40 beträgt die Zinsrate r* 3.53553. Das gesamte Einkommen beträgt 40 · 3.53553 = 141.421. Resultate: • Beide Faktoren werden entsprechend ihrem Wertgrenzprodukt entlöhnt. • Das gesamte Einkommen beider Faktoren (141.421) ist gleich gross in diesem Fall. o Gewinn = Erlös – Kosten Erlös = Y · p = 28.284 · 10 = 282.84 Kosten = 141.42 + 141.42 = 282.84 Gewinn = 0 Aufgaben zu Kap. 18 PA # 2 PA # 6 PA # 8 Skript Aufg. 1 Seite 9 (konstante Skalenerträge und abnehmendes Grenzprodukt der Arbeit) !! Skript Aufg. 2 Seite 9 (einfach, gute Repetion) ! Skript Aufg. 3 Seite 10 (Cobb-Douglas-Funktion) !! 7 19. Einkommen und Diskkrimination 1. Unterschiedliche Löhne Die Lohnsätze für verschiedene Arbeiten sind nicht identisch. Ein Physiker verdient ca. 250'000 pro Jahr, ein Polizist 70'000 pro Jahr und ein Bauer etwa 30'000 pro Jahr. Warum gibt es diese unterschiedlichen Löhne? 2. Bestimmungsfaktoren für Gleichgewichtslöhne Kompensationsdifferenzen o Kompensationsdifferenzen sind Abweichungen der Lohnsätze welche durch nichtgeldwirksame Eigenschaften verschiedener Berufe entstehen. Der Lohnsatz ist nicht der einzige Grund, weshalb ein Arbeiter einen spezifischen Beruf wählt. Einige Berufe (z.B. Strandverkäufer) sind gemütlich, lustig und sehr sicher. Andere Berufe (z.B. Müllmann) sind hart, schwerfällig und gefährlich. Je mehr positive nicht-geldwirksame Eigenschaften ein Beruf hat, desto mehr Personen sind bereit diesen Beruf zu jedem gegebenen Preis zu machen. Die Folge ist, dass „gute“ Berufe einen tieferen Gleichgewichtslohn haben, als „schlechte“ Jobs. Beispiele: • Bergarbeiter werden sehr höher entlöhnt als Arbeiten mit einem identischen Bildungsniveau. Der höhere Lohn entschädigt die Bergarbeiter für die dreckige und gefährliche Arbeit sowie mögliche Gesundheitsprobleme. • Nachtarbeiter erhalten einen höheren Lohn, da nur wenige andere bereit sind in der Nacht zu arbeiten. Humankapital (Ausbildung und Berufserfahrung) o Human Capital ist die Summe aller Investitionen in die Belegschaft, wie theoretische und praktische (On-the-job) Ausbildung zum Zwecke der Produktivitätssteigerung in der Zukunft. Hierzu gehört auch die Berufserfahrung. Neben dem physischen Kapital (Fabrik, Fahrzeuge etc.) zählt auch das Human Capital zum Produktionsfaktor Kapital. Arbeiter mit mehr Human Capital verdienen mehr als jene mit wenig Human Capital. Unternehmen (die Arbeitsnachfrager) sind bereit mehr für höher ausgebildete Personen zu bezahlen, da solche Personen höhere Grenzprodukte aufweisen. Die Arbeiter (die Arbeitsanbieter) sind nur dann bereit die Kosten der Ausbildung zu bezahlen, wenn sie später eine Belohnung (höhere Löhne) hierfür erhalten. In den letzten 20 Jahren haben sich die Löhne für höher qualifizierte Arbeiter sehr stark von den Löhnen unqualifizierter Arbeiter entfernt. Ursachen: • Zunahme der Exporte, welche mehr qualifizierte Arbeiter verlangen. • Durch technischen Fortschritt steigt die Nachfrage und das Lohnniveau qualifizierter Arbeiter. Fähigkeit, Arbeitseffort und Zufall o Die Fähigkeiten (Stärke, Geschicklichkeit, Sozialkompetenz) einer Person haben starken Einfluss auf deren Gehalt, weil sie die Produktivität dieser Person mitbestimmen. z.B. Fussballspieler; Filmschauspieler (Schönheit als Fähigkeit) o Der Arbeitseffort (Einige Personen arbeiten sehr hart, andere nicht) einer Person hat einen starken Einfluss auf deren Gehalt, weil die Anstrengung die Produktivität steigert. z.B. Erfolgsabhängige Löhne für Verkäufer o Der Zufall hat einen starken Einfluss auf das Gehalt. Richtige Berufswahl zur richtigen Zeit. z.B. Eine Person lernte wie man Röhrenfernseher repariert. Plötzlich werden infolge rasanter technischer Entwicklung solche Fernseher nicht mehr gross benötigt. Diese Person wird viel weniger verdienen. Eine Alternative Theorie für die Ausbildung: Signalisieren o Nach dieser alternativen Theorie, werden hoch ausgebildete Personen nicht produktiver, sondern sie signalisieren den Arbeitgebern ihre hohe Fähigkeiten. Es ist einfacher für Personen mit einer grossen Fähigkeit ein Universitätsdiplom zu erlangen, als für Personen ohne grosse Fähigkeiten. Unternehmen dürften deshalb dieses Diplom als Signal für die Fähigkeit dieser Personen sehen. 8 Diese alternative Theorie steht der Human-Capital-Theorie gegenüber: Nach der Human-Capital-Theorie macht Ausbildung die Arbeiter produktiver. Nach der Signalisierungs-Theorie ist Ausbildung nur ein Signal für höhere Fähigkeiten der ausgebildeten Person und bringt keine Produktivitätssteigerung nach sich. Diese beiden Ansichten haben verschiedene Auswirkungen auf die Frage, ob die Erhöhung des Ausbildungsniveaus für Arbeiter die Löhne steigert oder nicht. Das Superstar-Phänomen o Superstars (z.B. Robin Williams, Venus Williams) verdienen sehr viel. Doch hier ist es nicht eine Frage der Fähigkeiten der betreffenden Personen weshalb sie so viel verdienen. Superstars bewegen sich in speziellen Märkten mit zwei Eigenschaften: Jeder Kunde in diesem Markt will das Gut haben dass vom besten Produzenten (Schauspieler) stammt. Diese Güter werden mit Technologien (TV) produziert die es jedem Kunden ermöglichen, das Gut zu einem tiefen Preis zu erwerben. o Wenn Robin Williams der lustigste Schauspieler ist, will jedermann ihn sehen. Man ist nicht bereit doppelt so viele Filme von einem nur halb so lustigen Schauspieler für denselben Preis zu sehen. o In anderen Märkten ohne diese Eigenschaften gibt es keine Superstars. Jeder möchte zwar den besten Bäcker (mit den höchsten Fähigkeiten) engagieren, aber dieser kann seine Dienste nur einem begrenzten Publikum anbieten. Obwohl dieser beste Bäcker ein höheres Einkommen (nicht so hoch wie Superstars in Superstar-Märkten) erlangen wird, kann auch der durchschnittliche Bäcker noch ein respektables Einkommen erwirtschaften. Überhalb-Gleichgewicht-Löhne: Mindestlohngesetze, Gewerkschaften und Effizienzlöhne o Einige Arbeiter erhalten Löhne, die über dem Gleichgewicht des betreffenden Arbeitsmarktes liegen. o Ursachen: Mindestlohngesetze • Vor allem bei den am wenigsten gebildeten Arbeitern erhöhen Mindestlöhne die Löhne über das Gleichgewicht das bei einem unregulierten Arbeitsmarkt herrschen würde. Gewerkschaften • Durch die Marktmacht (Streikandrohung) der Arbeitergewerkschaften wird der Lohn über das normale Gleichgewicht erhöht. Effizienzlöhne • Effizienzlöhne sind von der Unternehmung freiwillig über dem Gleichgewicht bezahlte Löhne. Dadurch erhofft sich die Unternehmung eine Steigerung der Arbeitsproduktivität. o Folgen der Überhalb-Gleichgewicht-Löhne: Die angebotene Arbeitsmenge steigt. Die nachgefragte Arbeitsmenge sinkt. 3. Die Ökonomie der Diskkrimination Eine andere Ursache für Lohnunterschiede ist die Diskkrimination: Diskkrimination herrscht dann, wenn der Arbeitsmarkt identischen Individuen, die sich nur durch ihre Rasse, ihre ethnische Zugehörigkeit, ihr Geschlecht, ihr Alter oder andere persönliche Eigenschaften voneinander unterscheiden, unterschiedliche Möglichkeiten bietet. Diskkrimination spiegelt die Vorurteile einiger Personen gegen gewisse soziale Gruppen wieder o Die Messung der Diskkrimination auf dem Arbeitsmarkt Es stellt sich die Frage wie Diskkrimination auf dem Arbeitsmarkt die Einkommen der verschiedenen sozialen Gruppen beeinflusst. Zahlenbeispiel USA: • Schwarze Männer erhalten 22 % weniger Lohn als weisse Männer. Schwarze Frauen erhalten 11 % weniger Lohn als weisse Frauen. • Weisse Frauen erhalten 28 % weniger Lohn als Weisse Männer. Schwarze Frauen erhalten 17 % weniger Lohn als Schwarze Männer. Problem dieses Zahlenbeispiels • Die Beobachtung solcher Differenzen in diesen Gruppen (Schwarze, Frauen, Männer) beweist nicht, dass die Arbeitgeber diskriminieren. Auch in einem Markt wo keine Diskriminierung herrscht, gibt es Lohnunterschiede. • Wie oben beschrieben unterscheiden sich die Arbeitnehmer durch ihr Human Capital und ihre Fähigkeiten. o Die Wahrscheinlichkeit dass ein Weisser eher eine CollegeAusbildung hat als ein Schwarzer beträgt 75 %. 9 Die Wahrscheinlichkeit dass ein Mann einen College-Abschluss hat ist gleich gross wie die Wahrscheinlichkeit dass eine Frau einen College-Abschluss hat. Trotzdem beträgt ist die Wahrscheinlichkeit, dass Männer einen Universitätsabschluss haben 11 % grösser als bei Frauen. o Schulen haben lange Zeit die Mädchen nicht in Wissenschaft und Mathematik ausgebildet, sondern in anderen Fächern. o Qualitativ gute Schulen sind selten in Schwarz-dominierten Gebieten zu finden. o Frauen haben eine kleinere Berufserfahrung als Männer da Sie Kinder haben. o Die arbeitenden Frauen sind durchschnittlich jünger als der arbeitende Mann. • Ein weiterer Grund für diese Lohnunterschiede sind Kompensationsdifferenzen. o Frauen und Männer wählen selten dieselbe Arbeit. Frauen sind eher Sekretärinnen und Männer eher Lastwagenchauffeure. Messung der Arbeitsdiskriminierung • Halte in der Analyse folgende Faktoren konstant: o Kompensationsdifferenzen o Humankapital o Fähigkeit, Arbeitseffort und Zufall • Die verbleibenden Einkommensunterschiede (z.B. nach Geschlecht) werden als direkte Diskriminierung bezeichnet. Fazit • Die Ökonomen sind der Ansicht dass eine Diskkrimination besteht. Sie sind sich aber nicht einig wie viel. • Die Ökonomen sind sich einig, dass die Differenzen zwischen den Löhnen der oben genannten Gruppen (Frauen, Schwarze, Männer) Unterschiede im Human Capital und Kompensationsdifferenzen darstellen. Sie würden aber nichts über die Höhe einer Diskkrimination aussagen. • Allerdings sind die schlechteren Schulbedingungen für Schwarze und Frauen eine Art Diskkrimination, jedoch nicht eine ökonomische. Diese Diskkrimination tritt schon vor dem Eintritt in den Arbeitsmarkt auf. Das Problem liegt bei der Politik, auch wenn das Symptom ökonomisch ist. Diskkrimination durch Arbeitgeber Wenn eine soziale Gruppe einen kleineren Lohn erhält als eine andere Gruppe, auch wenn deren Human Capital und Fähigkeiten genau übereinstimmen, wer ist dann Schuld an dieser Differenz? Auf den ersten Blick scheint es, dass die Arbeitgeber an dieser Diskkrimination Schuld sind. Viele Ökonomen sind aber anderer Meinung. Ökonomen glauben dass der Markt die Diskkrimination durch die Arbeitgeber verhindert, nämlich mit dem Profitmotiv der Arbeitgeber. • Beispiel In einem Markt werden die Arbeiter durch ihre Haarfarbe differenziert. Blondinen und Brünette haben die gleichen Fähigkeiten und die gleiche Erfahrung. Aufgrund der Diskkrimination weigern sich allerdings die Arbeitgeber Blondinen einzustellen. Die Nachfrage nach Blondinen ist klein und diese verdienen deshalb weniger als Brünette. Wie lange kann dieser Unterschied bestehen? Indem gewisse Unternehmen Blondinen anstellen, können solche Unternehmungen geringere Löhne bezahlen und haben dadurch eine geringere Kostenstruktur als Unternehmen nur mit Brünetten. Die „Blondinen-Firmen“ werden die „Brünetten-Firmen“ aus dem Markt treiben da sie die bessere Kostenstruktur aufweisen. Die Nachfrage nach Brünetten sinkt. Dieser Prozess endet erst wenn die Diskkrimination verschwindet. Fazit: Unternehmer sind mehr daran interessiert Profite zu machen als bestimmte Gruppen zu diskriminieren. Historisch-Empirisch beweist dies auch das Beispiel der Südstaaten-Strassenbahnen. Die Unternehmungen waren nicht für die Trennung der Strassenbahnen in schwarze und weisse Abteile. Dadurch machten die Unternehmen nämlich weniger Gewinn, da die halbleer-herumfahrenden Fahrzeuge mehr Kosten verursachten. Diskkrimination durch Kunden und durch den Staat Diskkrimination durch Kunden o o o 10 • Ein Restaurant diskriminiert Blondinen indem es keine solchen einstellt. Blondinen erhalten deshalb einen kleineren Lohn. Als Folge könnten Restaurants mit Blondinen-Personal eröffnen und so durch die tieferen Lohnkosten zu tieferen Preisen anbieten. Würden sich die Kunden nur um die Qualität und den Preis der Menüs kümmern würden die diskriminierenden Firmen aus dem Markt getrieben und die Diskkrimination würde verschwinden. Andererseits könnten die Kunden aber verlangen nur von Blondinen serviert zu werden. Es könnten in diesem Fall keine Blondinen-Restaurants eröffnen. Fazit: Wenn die Kunden diskriminieren möchten, dann bleibt der diskriminierende Lohnunterschied bestehen. Eine solche Wirtschaft würde zwei Sorten Restaurants beinhalten: Blondinen-Restaurants und Brünetten-Restaurants. Die Kunden welche diskriminieren möchten, müssen dafür bezahlen, denn die Blondinen-Restaurants haben höhere Kosten. Kunden die nicht bereit sind zu diskriminieren, bezahlen tiefere Preise und werden von Brünetten bedient. Diskkrimination durch den Staat • Zum Beispiel erlässt eine Regierung das Gesetz, dass Blondinen nur abwaschen, nicht aber servieren dürfen. In diesem Fall besteht der Lohnunterschied weiter. • z.B. Apartheid in Südafrika Aufgaben zu Kap. 19 PA # 3 PA # 6 PA # 12 11 20. Einkommensverteilung 1. Die Messung der Ungleichheit (Positiv) Die Ungleichheit bezeichnet die ungleiche Verteilung von Einkommen und Vermögen und wird gemessen mittels: o Quantilen o Top vs. Tiefste 10 % o Lorenz-Kurve o Gini-Index Primär-, Sekundär- und Tertiärverteilung o Primärverteilung = Markteinkommen ohne Abzug der Steuern und Abgaben o Sekundärverteilung = Die durch die direkte Besteuerung und Transfers (z.B. AHV-Renten) korrigierte Marktverteilung der Einkommen o Tertiärverteilung = Die durch staatliche Leistungen korrigierte Sekundärverteilung z.B. Hallenbad-Subvention durch den Staat: Es erfolgt eine Umverteilung von den Hallenbadbenutzern zu den Nichthallenbadbenutzern. z.B. Opern-Subvention: Umverteilung von den Armen an die Reichen (in die Oper gehen nur Reiche) Verschiedene Verteilungsaspekte können untersucht werden: o Verteilung von was? Einkommen Vermögen Konsumgüter Öffentliche Leistung Steuerbelastung o Verteilung an wen? Individuen (individuelle Verteilung) Faktoren (funktionale Verteilung) Branchen (sektorale Verteilung) Regionen (regionale Verteilung) Staaten (internationale Verteilung) Bei der Untersuchung der Einkommensverteilung stellen sich folgende Fragen: o a) Wie gross ist das Ausmass der Ungleichheit (Arm und Reich) in unserer Gesellschaft? o b) Wie viele Personen leben in Armut? o c) Welche Probleme ergeben sich bei der Messung der Ungleichheit? o d) Wie oft wechseln die Personen zwischen den Einkommensklassen? a) Einkommensungleichheit o Einkommensungleichheit in den USA Die folgende Tabelle zeigt das durchschnittliche jährliche Einkommen einer Familie, gemessen mittels Quantilen: Gruppe Jahreseinkommen Unterste 20 % der Bevölkerung Unter $24'000 Zweite 20 % der Bevölkerung $24'000 – $41’000 Mittlere 20 % der Bevölkerung $41'000 – $61’378 Vierte 20 % der Bevölkerung $61'378 – $91’700 Oberste 15 % der Bevölkerung $91'701 und mehr Oberste 5 % der Bevölkerung $160'250 und mehr Die folgende Tabelle zeigt den Anteil des Gesamteinkommens der Gruppen, gemessen mittels Quantilen: Unterste Zweite Mittlere Vierte Oberste Oberste Jahr 20 % 20 % 20 % 20 % 15 % 5% 4.3 % 9.8 % 15.5 % 22.8 % 47.4 % 20.8 % 2000 5.5 % 12.2 % 17.6 % 23.8 % 40.9 % 15.6 % 1970 4.1 % 9.2 % 14.1 % 20.9 % 51.7 % 26.5 % 1935 • Im Jahr 2000 erhielten die untersten 20 % der Bevölkerung 4.3 % und die obersten 20 % 47.4 % des Gesamteinkommens. Obwohl die unterste Gruppe und die Oberste Gruppe genau gleich viele Personen umfassen, erhält die oberste Gruppe etwa 10 Mal so viel wie die unterste. • Die Zahlen zeigen, dass von 1935 bis 1970 die Ungleichheit zwischen Arm und Reich abnahm: Der unterste Teil der Bevölkerung erhielt 5.5 % des Gesamteinkommens und der oberste Teil nur 15.6 %. Von 1970 bis 2000 nahm die Ungleichheit aber wieder zu: Dies ist womöglich darauf zurück zu 12 Einkommensklassen (CHF pro Monat) Anzahl Haushalte Anteil Haushalte in % Anteil Haushalte kumuliert (x-Achse) Anteil Einkommen Anteil Einkommen (in 1000 Einkommen kumuliert CHF) in % (y-Achse) 0 – 2999 261 6.53% 6.53% 595 1.69% 1.69% 3000 – 3999 274 6.85% 13.38% 957 2.72% 4.41% 4000 – 4999 299 7.48% 20.85% 1340 3.81% 8.22% 5000 – 5999 379 9.48% 30.33% 2105 5.98% 14.20% 6000 – 6999 410 10.25% 40.58% 2672 7.59% 21.79% 7000 – 7999 433 10.83% 51.40% 3250 9.23% 31.02% 8000 – 8999 344 8.60% 60.00% 2912 8.27% 39.29% 3182 9.04% 9000 – 9999 336 8.40% 68.40% 48.33% 10000 – 1264 31.60% 100.00% 18188 51.67% 100.00% Total 35201 100.00% 4000 100.00% Mit Hilfe der Lorenz-Kurve lässt sich ein Bild der Einkommenskonzentrationen gewinnen. Dabei wird auf der Ordinate (y-Achse) der kumulierte Anteil der Haushalte angegeben, auf der Abszisse (x-Achse) der kumulierte Anteil am Gesamteinkommen. Lorenzkurve der Einkommensverteilung B C 100.00% 60.00% •1 51.40% 40.58% 30.33% 20.85% A 13.38% •2 68.40% 100.00% 90.00% 80.00% 70.00% 60.00% 50.00% 40.00% 30.00% 20.00% 10.00% 0.00% 6.53% o Kumulierte Anteil Einkommen o führen, dass die Löhne für unqualifizierte Arbeiter von 1970 bis 2000 gesunken sind im Vergleich zu den Löhnen der qualifizierten Arbeiter. Dies ist womöglich wie in Kap. 19 beschrieben, auf den Export und Import, als auch auf die Technologisierung zurückzuführen. Einkommensungleichheit in anderen Staaten gemessen mittels Top vs. Tiefste 10 % Staat Unterste 10 % Höchste 10 % Unterschiedsratio Arm/Reich Japan 4.8 % 21.7 % 4.5 Deutschland 3.3 % 23.7 % 7.2 USA 1.8 % 30.5 % 16.9 Brasilien 1.0 % 46.7 % 46.7 Am kleinsten ist die Ungleichheit in Japan, wo die Reichsten 4.5 Mal so viel verdienen wie die Ärmsten. Am Grössten ist die Ungleichheit in Brasilien, wo die Reichsten 46.7 Mal so viel verdienen wie die Ärmsten. Einkommensungleichheit in der Schweiz (2001) und Lorenzkurve Die Einkommensverteilung kann mittels einer Lorenz-Kurve grafisch dargestellt werden. Kumulierte Anteil Haushalte Interpretation des Graphen: 1 • • 68.4 % der Haushalte verdienen 48.33 % der Gesamteinkommen. 31.6 % verdienen 51.67 % der Gesamteinkommen. 2 • • 50 % verdienen 50 % des Einkommens Würden alle über das gleiche Einkommen verfügen, also 10% der Haushalte über 10% des Einkommens, 20% der Haushalte über 20% des Einkommens usw., fiele die Lorenzkurve mit der Diagonalen zusammen. Umgekehrt gilt: Je ungleicher die Einkommensverteilung, desto weiter weicht die Kurve ab von der Diagonalen. Der Gini-Index ist der Anteil der Fläche zwischen Lorenzkurven und Diagonalen. • Je grösser der Gini-Index ist, desto ungleicher ist die Verteilung. • Extremwerte: o Gini-Index = 0 (Lorenzkurve entspricht Diagonalen): vollkommene Gleichverteilung 13 Gini-Index = 1 (Lorenzkurve entspricht der Linie ABC): vollkommene Ungleichverteilung • Die Fläche zwischen den beiden Graphen wird mit der Differentialrechnung berechnet. • In der Schweiz beträgt der Gini-Index 0.323, in Finnland 0.207. Die skandinavischen Länder haben generell die gerechtere Verteilung. Die Tendenz ist, dass der Gini-Index grösser wird, sich also die Lorenzkurve immer weiter nach aussen dehnt. Dies heisst aber nicht, dass die Armen Ärmer werden: Jedoch werden die Reichen schneller reicher als die Armen reicher werden. • Man muss unterscheiden zwischen Verteilung und Niveau: o Verteilung (Schiefe): Relatives Mass (Beispielsweise verdienen in Japan die reichsten 4.5 Mal mehr als die Ärmsten) o Niveau (der Verteilung): Absolutes Mass (Beispielsweise nimmt das absolute Einkommen der Armen zu, während das relative Mass abnimmt; dies ist bei der heutigen Tendenz der Fall) o Regionale Einkommensverteilung in der Schweiz Das kantonale Volkseinkommen pro Kopf ist mit Fr. 71'733.00 in Zug am höchsten und mit 33'616 in Jura am Tiefsten. b) Die Armutsrate o Die Armutsrate (poverty rate) ist der Prozentteil der Bevölkerung, deren Familieneinkommen unter einem bestimmten absoluten Betrag (poverty line) liegt, welcher Armutsgrenze genannt wird. o Armutsrate in den USA In den USA beträgt die Armutsrate seit jeher etwa 15 %. Das will nicht heissen dass es immer gleich viel Arme gab. Die Armutsgrenze (absoluter Betrag) ist gestiegen Wer ist in der Schweiz Arm? • Die Armutsgrenze in der Schweiz liegt bei 2'100 Franken Einkommen pro Monat. • Früher waren in der Schweiz vor allem Alte Menschen arm. • Heute sind in der Schweiz geschiedene Frauen und Alleinerziehende Arm. Das will heissen, Kinder bringen Armut. c) Probleme bei der Messung der Ungleichheit o Die Daten über Einkommensungleichheit und die Armut geben ein unvollständiges Bild über die Ungleichheit des effektiven Lebensstandards. o Ursachen: In-Kind-Transfers (Nicht-monetäre Zahlungen) • In-Kind-Transfers sind Vorteile, welche die Armen in der Form von Gütern und Dienstleistungen (Essensmarken, Wohnmarken, Medizinische Leistungen) vom Staat erhalten, anstatt in der Form von Geld. • Die Berechnungen der Einkommensungleichheit berücksichtigen diese nichtgeldwerten Vorteile nicht. Economic Life Cycle (Der wirtschaftliche Lebenszyklus) • Der wirtschaftliche Lebenszyklus beschreibt die normalen Einkommensveränderungen eines Angestellten über die ganze Zeit seines Lebens (Schule, Arbeit, Pension) • Ein junger Arbeiter (z.B. Student, Auszubildender) hat einen tiefen Lohn. Das Einkommen steigt und gipfelt etwa mit 50. Bis zur Pension sinkt das Einkommen wieder. • Indem die Leute während ihres ganzen Lebens verdienen können sie solche Zyklen ausglätten. Es ist also weniger das Jahreseinkommen, sondern das Lebenseinkommen massgebend. • Für die Berechnung der Einkommensungleichheit wird das Jahreseinkommen verwendet. Dieses gibt aber keine Auskunft über den effektiven Lebensstandard. Lebenseinkommen sind über die gesamte Bevölkerung gesehen mehr ausgeglichen als Jahreseinkommen. Transitorisches vs. permanentes Einkommen • Transitorisches Einkommen ist jenes Einkommen, dass von periodischen positiven und negativen Schwankungen, wie z.B. Ernteausfälle, schlechte Börsenjahre, Pech, kurzfristige Preisanstiege aber auch Erntegewinne und gute Börsenjahre und Glück betroffen ist. o • Das permanente Einkommen ist das schwankende Transitorische Einkommen, verändert durch Anlegung von Sparkapital und Aufhebung von 14 Sparkapital, als auch durch die Aufnahme und Rückzahlung von Krediten. Es ist also ein entsprechend geglättetes und korrigiertes Einkommen. • Die Kaufkraft einer Familie hängt vom permanenten Einkommen, nicht vom Transitorischen Einkommen ab. Die Berechnung der Einkommensungleichheit betrachtet aber leider nur das transitorische Einkommen. d) Ökonomische Mobilität (Wechsel zwischen den Einkommensklassen) o Es gibt sowohl Bewegungen von den armen Klassen in die reichen Klassen als auch umgekehrte Bewegungen. o Armut ist nur für wenige Familien ein Langzeitproblem. Die meisten Familien befinden sich nur innerhalb weniger Jahre unterhalb der Armutsgrenze. 2. Die politische Philosophie der Einkommensverteilung (Normativ) Was soll die Regierung gegen die Ungleichheit unternehmen? Es besteht also das Dilemma zwischen Effizienz und Gerechtigkeit. Es gibt drei politische Ansichten: a) Utilitarismus (J. Bentham, J.S. Mill) o Definition Politische Philosophie, wonach der Staat Massnahmen ergreifen sollte, die den gesamten Nutzen (=Utility) aller Gesellschaftsmitglieder maximieren. Der Nutzen ist ein Mass für Glück und Zufriedenheit einer Person in ihrer eigenen Lebenssituation. o Position zur Einkommensverteilung Die Position der Utilitarier zur Einkommensverteilung basiert auf dem Abnehmenden Grenzprodukt des Nutzens. • Steigt das Einkommen einer Person, so wird der zusätzliche Nutzen der aus einer zusätzlich verdienten Geldeinheit erwirtschaft wird, immer kleiner. • Jede zusätzliche Geldeinheit der an eine Arme Person fliesst, bringt mehr Nutzen, als wenn er an eine reiche Person fliesst. Der Staat soll deshalb die Summe aller Einzelnutzen maximieren. Man müsste solange umverteilen, bis alle gleich viel haben. o Kritik Diese sehr starke Umverteilung führt zu hohen Wohlfahrtsverlusten (Symbolhaft: löchriger Eimer zur Umverteilung) Illusion von einer vollständig egalitären Gesellschaft Anreizprobleme: Diejenigen die viel verdienen werden automatisch weniger arbeiten und daher weniger verdienen b) Liberalismus (Rawls, 1971) o Definition Politische Philosophie, wonach der Staat Massnahmen ergreifen sollte, die von einem unparteiischen Beobachter hinter einem „Schleier des Nichtwissens“ für gerecht erachtet werden. o Position zur Einkommensverteilung Nach der Ansicht von Rawls ist es nicht möglich eine gerechte Gesellschaft zu kreieren, weil die Wahrnehmung der Gerechtigkeit für jedermann aufgrund seiner persönlichen Lebensumstände (Arm, Reich, gebildet, ungebildet, fleissig, faul) anders ist. Die Gerechtigkeit könnte nur so definiert werden, wenn alle Mitglieder der Gesellschaft vor ihrer Geburt (in einem Schleier des Nichtwissens, veil of ignorance), mit noch gleichem Wissen und sozialer Zugehörigkeit, definieren könnten, was Gerechtigkeit ist. Rawl versucht zu deuten wie die Gerechtigkeit definiert würde, wenn so etwas existieren würde: Rawl geht davon aus, dass sich alle ungeborenen Personen darüber Gedanken machen würden, wenn sie am unteren Ende der Einkommensverteilung stünden. Deshalb müsse man alles darauf setzen, die Wohlfahrt der Ärmsten zu erhöhen. Diese Forderung nennt man Maximin-Kriterium: Der Staat solle darauf abziele, die Wohlfahrt des am schlechtesten gestellten Gesellschaftsmitglieds zu maximieren. Die Einkommensverteilung die bereits hinter dem Schleier des Nichtwissens beschlossen wird, ist also wie eine Art Sozialversicherung, für den Fall, dass man als Geborener bei einer armen Familie landet. o Kritik Das Maximin-Kriterium würde nicht zur vollständigen Aufhebung der Ungleichheit führen. Wiederum hätten die Arbeiter keinen Anreiz um zu arbeiten und das Gesamteinkommen würde kleiner und so wäre auch die Ärmste Person schlechter dran. 15 Wenn man immer den Schlechtesten subventioniert, so ist immer wieder ein anderer der Schlechteste. c) Libertarismus o Begründer (R. Nozick, 1974) o Definition Politische Philosophie, wonach der Staat Verbrechen bestrafen und für die Einhaltung freiwilliger Verträge sorgen, nicht aber Einkommen umverteilen sollte. o Eigenschaften Utilitarismus und Liberalismus gehen davon aus, das Gesamteinkommen sei eine Gemeinschaftsressource der Gesellschaft. Der Libertarismus geht davon aus, die Gesellschaft verdiente selber nichts, nur individuelle Personen könnten etwas verdienen. Es soll keine staatliche Umverteilung stattfinden. Nicht das eigentliche Marktergebnis zählt, sondern wie es zustande gekommen ist. Dieser Prozess muss fair sein und allen die gleichen Chancen geben. Sodann ist das Marktergebnis ganz in Ordnung. • Die Alternative der Libertaristen ist, dass wenn die Einkommensverteilung unrechtmässig zustande gekommen ist (z.B. durch Ungleiche Chancen), dann hat der Staat das Recht und die Pflicht, das Problem zu beheben, sonst allerdings hat sich der Staat nicht einzumischen, so gross die Ungleichheit auch ist. o Kritik Wenn man allen die gleichen Chancen geben will, dann müsste man auch den Reichen diejenigen Vorteile anbieten, die man den Armen gibt. 3. Politische Massnahmen zur Armutsbekämpfung a) Mindestlohn-Gesetzgebung o Definition Mindestlöhne sind in der Schweiz nicht gesetzlich festgeschrieben. Aber es gibt zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern Vereinbarungen (z.B. Migros). Der Schweizerische Gewerkschaftsbund geht von einem Mindestlohn von Fr. 3'066.00 aus, damit die Person nicht unter die Armutsgrenze rutscht. o Eigenschaften Argumente der Befürworter • Ansicht, die Nachfrage nach Arbeit sei unelastisch (steil) • Keine Kosten für den Staat. Argumente der Gegner • Ansicht, die Nachfrage nach Arbeit sei elastisch (flach). • Das Negative überwiegt das Positive. • Die Nachfrage nach Arbeit sinkt und es entsteht eine höhere Arbeitslosigkeit. Die verbleibenden Angestellten erhalten hingegen einen höheren Lohn. b) Sozialhilfe / Sozialversicherung (für Krankheit, Invalidität, Alter und Arbeitslosigkeit) o Definition Staatliche Programme stützen das Einkommen der Bedürftigen. Entscheidend ob jemand bedürftig ist, ist nicht in erster Linie das kleine Einkommen, sondern auch der Umstand einer erwerbslosen Einelternfamilie oder das Vorliegen eines schwerkranken Menschen. o Eigenschaften Argumente der Gegner • Staatliche Unterstützung schafft Anreize „bedürftig“ zu werden. Z.B. durch Scheidung, Aufgabe der Arbeit • Staatliche Unterstützung schafft zudem Anreize Kinder zu haben, denn nur Familien mit Kindern erhalten Unterstützung Argumente der Befürworter • Staatliche Unterstützung schaffe keine Anreize bedürftig zu werden oder nur zu diesem Zweck Kinder zu haben c) Negative Einkommenssteuer o Definition Eine Einkommenssteuer, bei der einkommensstarke Haushalte Abgaben leisten müssen und einkommensschwache Haushalte Transferzahlungen erhalten. Die einkommensschwachen Haushalte erhielten so eine Art Subvention, eine negative Steuer. o Eigenschaften Argumente der Gegner 16 • Die Subventionen kommen auch den faulen zu Gute. Argumente der Befürworter • Diese Programme sollen nur bei „working poors“ angewandt werden, dann kommt es den faulen nicht zu Gute. o Beispiel Steuerberechnung: Geschuldete Steuer = 1/3 des Einkommens - $10’000 Einkommen von 30'000: 10'000 – 10'000 = 0 geschuldete Steuer Einkommen von 0: 0 – 10'000 = Transferzahlung von 10'000 durch den Staat d) Realtransfers (Nicht-monetäre Zahlungen, In-Kind-Transfers) o Definition In-Kind-Transfers sind Vorteile, welche die Armen in der Form von Gütern und Dienstleistungen (Food stamps, Wohnmarken, Medizinische Leistungen, Weihnachtsgeschenke und Sozialwohnungen) vom Staat erhalten, anstatt in der Form von Geld. o Eigenschaften Argumente der Gegner • Diese Gutscheine seien respektlos: Die Regierung weis nicht was die Armen wirklich brauchen. Man soll ihnen Geld geben. Argumente der Befürworter • Die Armen erhalten so was sie wirklich brauchen. • Indem man den Armen kein Geld gibt, können sie nicht Drogen und Alkohol kaufen. e) Antiarmutsprogramme und Arbeitsanreize o Viele Massnahmen die den Armen helfen sollen haben den Effekt, dass die Armen nicht selber aus der Armut finden, weil sie in Armut übersubventioniert werden. In der Armut fühlen sie sich so sicher und haben daher keinen Anreiz mehr zu arbeiten. o Beispiel: Ein Arbeitsloser erhält 2'300.00 Sozialgeld. Er hätte die Möglichkeit eine Teilzeitarbeit anzunehmen und würde zusätzlich Fr. 1'000.00 verdienen. Würde der Staat ihm das Sozialgeld um Fr. 1'000.00 kürzen gebe es für den Arbeitslosen keinen Anreiz die Arbeit anzunehmen, da er wiederum nur 2'300.00 verdienen würde. Der Staat wird deshalb das Sozialgeld nur um beispielsweise 300.00 senken. Dieses Programm soll einen Anreiz schaffen wieder arbeiten zu gehen und wird „welfare-to-work“-Programm (in den USA und UK) genannt. Aufgaben zu Kap. 20 PA # 5 PA # 7 Skript Aufg. 6 !!! Skript Aufg. 7 17 23. Die Messung des Volkseinkommens 1. Die Messung des Volkseinkommens Messung o Output der Produktion o Einkommen o Wirtschaftskraft Der Wirtschaftskreislauf o Messung der Ströme Wert der Ströme (=Verkaufsumsätze) = Preis · Menge Die Ströme sind wertmässig gleich gross! Man kann die Ströme an verschiedenen Stellen messen: z Man kann nicht von einem Kreislauf sprechen, es handelt sich eigentlich um Tauschbereiche. Bruttoinlandprodukt (BIP) (Gross Domestic Product GDP) o Das BIP im Wirtschaftskreislauf Das BIP misst zwei Dinge auf einmal: • Gesamtausgaben: Die Summe der geschaffenen Werte, d.h. Output der Produktion. • Gesamteinkommen: Die Summe aller Einkommen aller Wirtschaftsteilnehmer. Für die gesamte Wirtschaft muss daher das Gesamteinkommen mit den Gesamtausgaben übereinstimmen. Mit dem BIP kann man aussagen, ob eine Wirtschaft gut läuft oder nicht. o Das Bruttoinlandprodukt (BIP) als Wertschöpfungsaggregat ist der Marktwert aller für den Endverbrauch bestimmten Waren und Dienstleistungen, die in einem Land in einem bestimmten Zeitabschnitt neu produziert werden. „Das Bruttoinlandprodukt ist der Marktwert…“ • Der Marktwert wiederspiegelt die Zahlungsbereitschaft der Marktteilnehmer. Wenn der Preis einer Birne doppelt so hoch ist wie jener eines Apfels, so trägt die Birne doppelt so viel zum BIP bei. „…aller…“ • Das BIP umfasst alle Produkte die in der Volkswirtschaft produziert werden. • Das BIP umfasst auch: o Mietwert und Eigenmietwert o 18 Staatliche Leistungen (Da es aber keinen Marktpreis für den Output des Staates gibt, werden die staatlichen Leistungen anhand der Kosten des Inputs gemessen.) (z.B. Landesverteidigung und Bildung) • Das BIP umfasst nicht: o Illegale Produkte (z.B. Drogen) o Produkte die den Markt nicht betreten (sogenannte HaushaltProduktion) (z.B. selbstgemachte und selbstverzehrte Konfitüre und Gemüse, Dienstleistungen innerhalb von Familien, Wachsen, Kochen) „… für den Endverbrauch bestimmten“… • Endprodukte (final good) o Nur Endprodukte werden für die Berechnung des BIP verwendet. • Zwischenprodukte (intermediate good) werden nicht dem BIP hinzugerechnet, da sie bereits im Preis (der Wertschöpfung) des Endproduktes einberechnet sind o Z.B. Wenn eine Unternehmung Papier herstellt, welches eine andere Unternehmung dazu benutzt, Grusskarten herzustellen. • Zwischenprodukte die nicht sofort verwendet werden, sondern ins Lager eingebucht werden, gelten als Endprodukt (Investition I). Wird der Lagerbestand an Zwischenprodukten später benutzt oder verkauft, so steigt der Konsum C und die Investitionen I sinken wieder. „…Waren und Dienstleistungen…“ • Das BIP umfasst materielle und immaterielle Güter. „…die in einem Land…“ • In das BIP eines Landes fliesst alles ein, was in diesem Lande hergestellt wird, unabhängig von der Staatsangehörigkeit des Produzenten. • Z.B. Wenn ein französischer Staatsbürger vorübergehend in Deutschland arbeitet, so stellt seine Produktionsleistung einen Anteil am BIP dar. „…in einem bestimmten Zeitabschnitt“ • 1 Jahr oder 1 Quartal (3 Monate) Das BIP wird oft „per annum“ veröffentlicht, also wird das Quartal einfach mit 4 multipliziert. Dies vereinfacht den Vergleich mit Jahreszahlen. • Die saisonalen Schwankungen des BIP (z.B. starker Absatz während der Weihnachtszeit) werden in der Regel entfernt. „…neu produziert werden.“ • Das BIP umfasst jedes Gut nur einmal. Das heisst es umfasst keine Güter, die ein zweites Mal verkauft werden (z.B. Verkauf eines Occasionsfahrzeuges ist nicht erfasst) Das BIP misst also die Wirtschaftskraft einer Nation anhand der in einem Jahr im Inland neu geschaffenen ökonomischen Werte. Bruttosozialprodukt (BSP) (Gross national Product GNP) o Das BSP ist der Produktionswert, der von den dauerhaften Bewohnern eines Landes erwirtschaftet wird. Es ist ein Inländerprodukt. Z.B. wenn ein französischer Staatsbürger vorübergehend in Deutschland arbeitet, so stellt seine Produktionsleistung keinen Anteil am deutschen BSP dar. Seine Produktionsleistung stellt aber einen Anteil am BIP dar. Da die dauerhaften Bewohner für den grössten Teil des BIP verantwortlich sind, sind sich BSP und BIP sehr ähnlich. Vergleich BIP / BSP o Bruttoinlandprodukt (BIP) Inlandkonzept Wertschöpfung der im Inland eingesetzten Produktionsfaktoren, die aus aller Welt stammen im Jahr 2000 = ca. 406 Mrd. Faktorimport ist inbegriffen • Wertschöpfung der im Inland eingesetzten Produktionsfaktoren, die im Ausland wohnhaften Personen gehören • bewirkt Arbeits- und Kapitaleinkommen an das Ausland Faktorexport ist nicht inbegriffen o Bruttosozialprodukt (BSP) (Bruttovolkseinkommen zu Marktpreisen) Inländerkonzept Wertschöpfung der in aller Welt eingesetzten Produktionsfaktoren, die Inländern gehören o 19 im Jahr 2000 = ca. 440 Mrd. Fr. Faktorimport ist nicht inbegriffen Faktorexport ist inbegriffen • Wertschöpfung der im Ausland eingesetzten Produktionsfaktoren, die im Inland wohnhaften Personen gehören • bewirkt Arbeits- und Kapitaleinkommen aus dem Ausland Das Bruttosozialprodukt ist grösser, weil die Schweiz mehr exportiert als importiert. o 2. Die Bestandteile des BIP Y = C + I + G + NX BIP (Y) = Konsum (C) + Investitionen (I) + Staatskonsum (G) + Nettoexporte (NX) o Der Konsum C ist in jedem Land immer am Grössten. Z.B. CH: C (60 %), G (14 %), I (20 %) und NX (6 %) o Diese Gleichung ist eine Identität, eine Gleichung also, die durch die Art und Weise, wie die darin auftauchenden Variablen definiert wurden, erfüllt sein muss. o Konsum (C) Ausgaben der Haushalte für Waren (Haltbare und nicht haltbare Güter) (z.B. Auto, Essen) und Dienstleistungen (z.B. Ausbildung) mit Ausnahme des Erwerbs und Baus von Grundstücken und Gebäuden o Investitionen (I) Ausgaben für Kapitalausstattung, Lagerbestände und Bauten einschliesslich der Ausgaben der Haushalte für den Erwerb und Bau von Grundstücken und Gebäuden. o Staatskonsum (G) Ausgaben des Staates (Bund, Kanton und Gemeinde) für Waren und Dienstleistungen • Diese Ausgaben umfassen Löhne von Staatsangestellten. • Transferzahlungen sind Staatsausgaben deren Gegenleistung nicht eine Ware oder eine Dienstleistung darstellt und gehören deshalb nicht zum BIP. Z.B. Sozialversicherungsausgaben o Nettoexporte (NX) Ausgaben von Ausländern für im Inland produzierte Güter (Exporte) abzüglich der Ausgaben von Inländern für im Ausland produzierte Güter (Importe) • Diese Subtraktion findet statt, weil der Import von Wahren und Dienstleistungen in anderen Komponenten des BIP schon enthalten ist. • Z.B kauft ein deutscher Haushalt ein Auto im Wert von 30'000 Euro vom schwedischen Autohersteller Volvo. Der Konsum (C) erhöht sich um 30'000. Zudem werden die Nettoexporte um 30'000 vermindert. Die Zusammensetzung des US BIP Total (Milliarden $) Pro Person ($) % 10’082 35’375 100 BIP (Y) 6’987 24’516 69 Konsum (C) 1’586 5’565 16 Investitionen (I) 1’858 6’519 18 Staatsausgaben (G) -349 -1’225 -3 Nettoexporte (NX) 3. Reales und Nominales BIP Wenn die Gesamtausgaben (BIP) von einem Jahr auf das nächste steigen, so kann dies zwei Ursachen haben: o Die Wirtschaft produziert eine grössere Menge an Gütern und Dienstleistungen. o Die Güter und Dienstleistungen werden zu höheren Preisen verkauft. Diese zwei Ursachen müssen unterschieden werden. Nominales BIP o Das nominale BIP bewertet die Produktion von Waren und Dienstleistungen zu den aktuellen Preisen. o Zu laufenden Preisen: (QGut x · PGut x) + (QGut y · PGut y) … = nominales BIP o Das nominale BIP erfasst also sowohl die mengenmässige Entwicklung als auch die Entwicklung der Preise. Reales BIP o Das reale BIP bewertet die Produktion von Waren und Dienstleistungen zu konstanten Preisen. o Zu konstanten Preisen: (QGut x · PGut x) + (QGut y · PGut y) … = nominales BIP 20 Der konstante Preis ist derjenige Preis des Basisjahres. Im Basisjahr entspricht das reale BIP deshalb dem nominalen BIP. o Das reale BIP erfasst nur die mengenmässige Entwicklung. Die Preise haben keine Auswirkung auf das reale BIP. o Das Reale BIP gibt die Wirtschaftsentwicklung besser wieder, da es um die Preisentwciklung (Inflation) bereinigt ist. BIP-Deflator (Indikator für die gesamtwirtschaftliche Preisentwicklung) o Der BIP-Deflator misst das aktuelle Preisniveau bezogen auf das Preisniveau des Basisjahres. Der BIP-Deflator gibt also denjenigen Anstieg im nominalen BIP an, der auf einen Anstieg der Preise zurückzuführen ist. o BIP-Deflator = nominales BIP · 100 reales BIP Der BIP-Deflator im Basisjahr ist immer 100. Der BIP-Deflator gibt den heutigen Preis relativ zur Preis des Basisjahres wieder. Preis bleibt konstant, Menge steigt: BIP-Deflator bleibt gleich Preis steigt, Menge bleibt gleich: BIP-Deflator steigt o Im unteren Beispiel sind die Preise daher von 2001 auf 2002 um 71 % angestiegen. Beispiel Preis eines Hot Menge an Hot Preis eines Menge an Jahr Dogs Dogs Hamburgers Hamburgern 2001 1 100 2 50 2002 2 150 3 100 2003 3 200 4 150 Berechnung des nominalen BIP 2001 (1 · 100) + (2 · 50) = 200 2002 (2 · 150) + (3 · 100) = 600 2003 (3 · 200) + (4 · 150) = 1’200 Berechnung des realen BIP 2001 (1 · 100) + (2 · 50) = 200 2002 (1 · 150) + (2 · 100) = 350 2003 (1 · 200) + (2 · 150) = 500 Berechnung des BIP-Deflators 2001 (200/200) · 100 = 100 2002 (600/350) · 100 = 171 2003 (1’200/500) · 100 = 240 o Berechnen Sie die Wachstumsrate (prozentualer Zuwachs) des BIP zwischen 2002 und 2003: 171 auf 240 Æ 240 – 171 = 69 Æ 69 · 100 / 171 = 40.35 % BIP Deflator im Vergleich zum Landesindex der Konsumentenpreise o BIP-Deflator: Veränderung der Preise aller Komponenten des BIP (C, I, NX, G) o Landesindex der Konsumentenpreise: Veränderung der Preise eines Warenkorbes: nur einige Konsumgüter Die Entwicklung des realen BIP der Schweiz Konstantes Wachstum Nach dem 2. Weltkrieg steigt das Wachstum noch stärker an. o Das Wachstum ist nicht immer positiv, sondern von Rezessionen unterbrochen 1929: Weltwirtschaftkrise 1970: Ölkrise 1990 o Das BIP und das BIP pro Kopf weichen grafisch voneinander ab, weil die Bevölkerung nicht gleich wächst wie die Wirtschaft. o o 21 4. Kritik am BIP Wie gesagt misst das BIP das Gesamteinkommen und die Gesamtausgaben für Güter und Dienstleistungen einer gesamten Volkswirtschaft. Das BIP pro Person zeigt deshalb das Gesamteinkommen und die Gesamtausgaben pro Person. Das BIP ist also ein Mass um den ökonomischen Wohlstand zu messen. o Das BIP misst nicht die Gesundheit der Kinder, aber Staaten mit einem höheren BIP können mehr für die Gesundheit ihrer Kinder ausgeben. o Das BIP misst nicht die Qualität der Bildung, aber Staaten mit einem höheren BIP können sich bessere Bildungssysteme leisten. o Das BIP misst nicht die Intelligenz, die Integrität, den Mut und die Hingabe, aber all diese Attribute sind einfache zu erreichen, wenn sich die Bürger mehr leisten können. o Kurz gesagt misst das BIP die Dinge, die das Leben lebenswert machen, nicht direkt, aber es misst unsere Fähigkeit, die Einsatzfaktoren für ein lebenswertes Leben zu erhalten. o Der Vergleich unter den Staaten zeigt deutlich, dass ein hohes BIP mit einem hohen Lebensstandard korreliert. o Mängel des BIP: Haushalt-Produktion (Aktivitäten ausserhalb des Marktes) ist nicht erfasst Staat ist zu Inputkosten erfasst andere Indikatoren für Wohlstand: Bildung, Festigkeit der Lebensbeziehungen Einkommensverteilung Qualität der Umwelt Freizeit Reparaturen werden im BIP erfasst 5. Wertschöpfung und Umsatz Die nebenstehenden Tabellen zeigen den Unterschied zwischen Wertschöpfung und Umsatz. Die Wertschöpfung der drei einzelnen Unternehmen zusammen und die Wertschöpfung einer Unternehmung bei Fusion muss zwingend dasselbe geben. 22 6. Drei Berechnungen des Bruttosozialproduktes – Ein Resultat Die Wertschöpfung entspricht der Bruttoinlandprodukt (BIP) Verteilungsrechnung (Wertschöpfung „von unten“) Entstehungsrechnung (Wertschöpfung „von oben“) Verwendungsrechnung (normale Formel) C G I NX BIP BIP BSP BSP Nicht Ein- und Ausfuhr ! BSP Aufgaben zu Kap. 23 PA # 1 PA # 5 PA # 6 !! Skript Aufg. 9 S. 37 !!! 23 24. Die Messung der Lebenshaltungskosten 1. Der Konsumentenpreisindex Definition Konsumentenpreisindex o Der Konsumentenpreisindex (KPI) misst die Gesamtkosten von Gütern und Dienstleistungen eines Warenkorbes die ein typischer Konsument kauft. o Der KPI wird verwendet um Veränderungen der Lebenshaltungskosten über eine gewisse Zeit zu beobachten. Steigt der KPI, so muss die typische Familie mehr Geld ausgeben um den gleichen Lebensstandard zu halten. o Inflation liegt dann vor, wenn das Preisniveau steigt. o Die Inflationsrate ist die prozentuale Veränderung des allgemeinen Preisniveaus gegenüber dem Vorjahr. o Inflation war in der Schweiz nie ein grosses Thema. Die Berechnung des Konsumentenpreisindexes 1. Bestimmung des Warenkorbes o Kauft der Konsument mehr von einem Gut (im Beispiel Hot Dogs) als von anderen Gütern (Hamburger), so ist der Preis dieses Gutes wichtiger als der Preis des anderen Gutes. Das mehr verkaufte Gut wird stärker gewichtet. o Umfasst auch Dienstleistungen o Letztmals fixiert: 2000 (i.d.R. alle 4 Jahre) 2. Bestimmung der Preise für jedes Jahr o Verschiedene Methoden: Preise im Laden ermitteln Umfrage-Haushalte (Problem: Einkommens-starke Haushalte machen selten mit) 3. Berechnung der Kosten des Warenkorbes für jedes Jahr o Von Jahr zu Jahr verändern sich nur die Preise. Die Anzahl Produkte im Warenkorb (4 Hot Dogs und 2 Hamburger) bleiben gleich. o Durch dieses Vorgehen können die Preiseffekte von den Mengenveränderungen getrennt werden. 4. Wahl eines Basisjahres und Berechnung des Index (KPI). o Indexberechnung: Kosten des Warenkorbes im Jahr x · 100 Kosten des Warenkorbes im Basisjahr o Im Basisjahr ist der Konsumentenpreisindex immer 100. Im Jahr 2002 haben die Preise des Warenkorbes um 75 % gegenüber dem Basisjahr zugenommen. Im Jahr 2003 haben die Preise des Warenkorbes um 150 % gegenüber dem Basisjahr zugenommen. 5. Berechnung der Inflationsrate o KPI im Jahr 2 – KPI im Jahr 1 · 100 = Inflationsrate im Jahr 2 KPI im Jahr 1 Die Elemente des schweizerischen „Landesindexes der Konsumentenpreise“ (LIK) o Warenkorb Verbrauchserhebungen (auf der Basis von Haushaltsrechnungen, jährlich aktualisiert) Mietpreisindex (5000 Wohnungen) o Preiserhebungen monatliche Erhebungen (ca. 500'000 Preiserhebungen, dazu viermal jährlich rund 5'000 Mietpreise) o Indexformel Laspeyresindex monatlicher LIK 24 Probleme bei der Messung der Lebenshaltungskosten mit dem KPI o Substitutionsverzerrungen (Substitution Bias) Einige Preise steigen mehr als andere. Die Konsumenten reagieren darauf, indem sie weniger von jenen Gütern kaufen welche teurer geworden sind. Hingegen kaufen sie mehr Güter welche nicht teurer geworden sind. Die Konsumenten substituieren also die teurer gewordenen Produkte indem sie auf relativ-billigere Produkte (relative Preise verändern sich) umsteigen. Der Konsumentenpreisindex aber basiert immer auf einem immer-fixen Warenkorb und ignoriert die Substitution. Der KPI bewertet also den Anstieg der Lebenshaltungskosten von einem Jahr auf das andere zu hoch. o Auftreten neuer Produkte (z.B. waren die Mobiltelefone bis 1998 nicht auf der Liste) Wenn ein neues Gut eingeführt wird, haben die Konsumenten eine grössere Auswahl. Der KPI ist aber ein fixer Warenkorb und berücksichtigt keine neuen Produkte. Eine grössere Auswahl macht jeden Franken wertvoller und so benötigen die Konsumenten weniger Geld um ihren Lebensstandard beizubehalten. Der KPI ist in diesem Fall zu hoch. o Unbeachtete Qualitätsveränderung Wenn die Qualität eines Gutes von einem Jahr auf das nächste sinkt, der Preis für das Gut aber gleich bleibt, so sinkt auch der Wert des Geldes. Ein VW von 1950 ist mit einem VW von 2004 nicht vergleichbar! Wenn die Qualität eines Gutes von einem Jahr auf das nächste steigt, der Prais für das gut aber gleich bleibt, so steigt auch der Wert des Geldes. o Die Ökonomen sind sich immer noch uneinig was man gegen diese Probleme bei der Messung unternehmen könnte. Studien schätzen, dass die Inflation etwa 1 % überbewertet wird. BIP Deflator im Vergleich zum Landesindex der Konsumentenpreise o Die Zwei Kennzahlen sind sich recht ähnlich, trotzdem können sie voneinander abweichen: Landesindex der Konsumentenpreise BIP-Deflator (LIK) Nur Konsumentenpreise (C) Alle Preise der inländischen Produktion Veränderung der Preise eines (C, I, G, NX) Veränderung der Preise aller Warenkorbes mit einigen Komponenten des BIP (C, I, NX, G) Konsumgütern. Auch Preise importierter Konsumgüter Keine Importpreise erfasst Fixer Warenkorb aus C und fixer Veränderlicher „Korb“ mit C, I, G, NX und Gewichtung. variabler Gewichtung Der Warenkorb wird nur selten Die Güter aktualisieren sich angepasst. selbstständig. Beispiel: Das meiste Öl wird aus dem Ausland importiert und ist daher im BIP und im BIP Deflator nicht inbegriffen. Das Öl ist hingegen im Landesindex der Konsumentenpreise inbegriffen. Steigt der Ölpreis, so steigt der Landesindex der Konsumentenpreise mehr als der BIP-Deflator. o Die nebenstehende Abbildung zeigt die Inflationsrate, gemessen durch den BIP-Deflator als auch durch den Konsumentenpreisindex für jedes Jahr seit 1965. Die beiden Berechnungsmöglichkeiten für die Inflationsrate weichen teilweise voneinander ab. Die Abweichungen können mit den beiden oben beschriebenen Unterschieden analysiert werden. Spitzen 1973/1978: Erdölschocks Æ Erdöl-Importe sind im KPI inbegriffen, im BIP nicht. 2. Inflationsbereinigung von wirtschaftlichen Daten Der Zweck des Landesindex der Konsumentenpreise ist, Vergleiche zwischen Geldbeträgen verschiedener Zeitpunkte zu ermöglichen. Vergleiche zwischen Geldbeträgen verschiedener Zeitpunkte o Beispiel: Das Einkommen eines berühmten Baseballspielers, Babe Ruth, betrug 1931 $80'000.00. War sein Einkommen von 1931 verglichen mit den heutigen Einkommen von Baseballspielern hoch oder tief? BIP 1931 15.2 BIP 2001 177 25 Das Preisniveau ist also um 11.6 Mal gestiegen. (177 / 15.2). 80'000 · 11.6 = $930’000 Ein Einkommen von 80'000 von 1931 entspricht also einem Einkommen von 930'000 im Jahr 2001. Das ist kein schlechtes Einkommen. Heutige berühmte Baseballspieler aber verdienen etwa 18 Millionen. o Formel: Preisniveau Heute (KPI) Heutiger Wert eines Geldbetrages = Früherer Wert eines Geldbetrages • Preisniveau Früher (KPI) Indexierung o Wenn ein Geldbetrag automatisch um die Inflation korrigiert ist, durch gesetzliche Vorschrift oder vertragliche Vereinbarung, so wird der korrigierte Betrag als „indexiert um die Inflation“ bezeichnet. o Beispielsweise enthalten viele langfristige Verträge die Klausel, dass periodische Zahlungen periodisch um die Inflationsrate angepasst werden. o Löhne die sich so periodisch anpassen nennt man „cost-of-living allowance“ oder COLA. Ein Cola erhöht einen Lohn automatisch, wenn der Konsumentenpreisindex ansteigt. Reale und Nominale Zinssätze o Beispiel: Ich lege auf einem Sparkonto 1000 an und erhalte nach einem Jahr 100 Zinsen. Dies entspricht einem Zinssatz von 10 %. Wenn aber während dieses Jahres das Preisniveau gestiegen ist, so hat jeder Franken weniger wert als er vor einem Jahr hatte. Betrug die Inflation 4 %, so hat die Menge Güter, die ich zusätzlich kaufen kann, um 6 % zugenommen. o Der Nominal-Zinssatz ist jener Zinssatz, welcher nicht um die Inflation bereinigt ist. o Der Reale Zinssatz ist jener Zinssatz, welcher um die Inflationsrate bereinigt ist. o Realer Zinssatz = Nominaler Zinssatz – Inflationsrate π Bankzinssätze sind immer Nominal-Zinssätze. Die nebenstehende Grafik zeigt einen Vergleich zwischen Nominal-Zinssatz und Realem Zinssatz. Die beiden Zinssätze bewegen sich nicht immer miteinander. Der Bereich zwischen den beiden Zinssätze entspricht der Inflationsrate. Ist die Inflationsrate sehr hoch, liegen die beiden Zinssätze weit auseinander. o Auch ein negativer Nominalzins ist möglich, wenn zu viel Geld im Umlauf ist. (Japan, Schweiz in den 70ern) Reale und Nominale Löhne o Nominallohn Anstieg von 13.90 pro h (1979) auf 31.25 pro h (2004) Anstieg von 124 % o Annahme Inflation = 80 % o Reallohn stieg also nur um 44 % an. Verschiedene LIK des Bundesamtes für Statistik (BfS) 1. LIK gemäss Warenkorb Laspeyres-Index = mit fixierten Gewichten 2. Kerninflation 1 = LIK ohne Nahrungsmittel, Getränke, Tabak, Saisonprodukte, Energie und Treibstoffe Mit Steuern belastet importiert Saisonale Schwankungen 3. Kerninflation 2 = Kerninflation 1 ohne Produkte mit administrierten Preisen ohne Krankenkasse ohne Abfallgebühr 4. Der Produzentenpreisindex (PPI) Der Produzentenpreisindex PPI misst die Kosten von Gütern und Dienstleistungen eines Warenkorbes die ein typisches Unternehmen erwirbt. Da die Unternehmer ihre Kosten an die Konsumenten weitergeben, ist der PPI ein gutes Mass für eine Vorhersage über die Entwicklung des KPI. 26 Inflation und Deflation o Veränderung des Geldwerts, Veränderung der Kaufkraft o Binnenwert der Währung = Was kann man im Inland mit dem Geld kaufen? Aussenwert der Währung = Wechselkurs, Wie viel fremde Währung erhalte ich? o Weitere Vergleichsmöglichkeit Benötigte Arbeitszeit zum Kauf eines Konsumgutes • im Zeitablauf Wie lange musste man 1900, 2000 arbeiten für 1 Bier? • zwischen Ländern Wie lange muss man in Uganda für 1 Brot arbeiten? o Falls alle Güter in einem Warenkorb genau gleich teurer werden, nennt man dies Gleichgewichtige Inflation. Beispiel: Berechnung der Reallohnentwicklung Die Löhne der Beamten haben sich 1985 – 2000 wie folgt entwickelt: Jahr Durchschnittlicher Nominallohn 1985 40'000 Franken pro Jahr 2002 60'000 Franken pro Jahr Konsumentenpreisindex 112.0 Punkte 134.4 Punkte a) Um wie viele Prozent nahm der durchschnittliche Nominallohn 1985 – 2000 insgesamt zu? 60'000 – 40'000 = 20'000 20'000 · 100 / 40'000 = 50 % Der Nominallohn nahm zwischen 1985 und 2000 um 50 % zu. b) Um weiviele Prozent ist das Preisniveau 1985 – 2000 insgesamt gestiegen? 134.4 – 112 = 22.4 22.4 · 100 / 112 = 20 % Die Inflationsrate betrug zwischen 1985 und 2000 20 %. c) Um wie viele Prozent ist der durchschnittliche Reallohn 1985 – 2000 insgesamt gestiegen? Folgende Berechnung ist FALSCH: 50 % - 20 % = 30 % Der Reallohn ist um 30 % gestiegen. Folgende Berechnung ist RICHTIG: Als erstes müssen die durchschnittlichen Nominallöhne auf einen gleichen Zeitpunkt der Inflation angepasst werden. Variante 1: Zeitpunkt als der KPI 100 Punkte betrug (irgend ein Datum vor 1985) 40'000 : 112.0 · 100 = 35'714.30 60'000 : 134.4 · 100 = 44'642.90 Die Zunahme des Reallohns beträgt also 44'642.90 – 35'714.30 = 8'928.6 Dies entspricht einer Zunahme von 25 %. Variante 2: Zeitpunkt als der KPI 112 Punkte betrug (1985) 40'000 : 112.0 · 112 = 40'000.00 60'000 : 134.4 · 112 = 50'000.00 Die Zunahme des Reallohns beträgt also 50'000 – 40’000 = 10’000 Dies entspricht einer Zunahme von 25 %. d) Der Beamte X verdiente 1985 genau 30'000 Franken. Wie viel hätte er im Jahre 2000 verdient, falls sein Lohn 1985 – 2000 gneau wie der Durchschnitt gestiegen wäre? 1985 = 30'000.00 50 % von 30'000 = 15’000 15'000 + 30'000 = 45'000.00 Er hätte im Jahr 2000 Fr. 45'000.00 verdient. 27 e) Der Beamte X verdiente 1985 genau 30'000 Franken. Wie viel hätte er im Jahre 2000 verdienen müssen, damit seine Kaufkraft gegenüber 1985 konstant geblieben wäre? 1985 = 30'000.00 20 % von 30'000 = 6'000.00 30'000.00 + 6'000.00 = 36'000.00 Er hätte im Jahr 2000 Fr. 36'000.00 verdienen müssen. Beispiel: Realzinsen In Russland stiegen die Nominallöhne 1995 – 1996 um 120 %. Die Konsumentenpreise nahmen 1995 – 1996 im Mittel um 100 % zu. Um wie viel stieg der Reallohn 1995 – 1996? Nominallohn 100 220 + 120 % Reallohn 100 Konsumentenpreisindex 100 200 + 100 % Es muss also wieder auf einen bestimmten Zeitpunkt zurückgerechnet werden. Wählen wir also 1995: 220 : 200 = 1.1 · 100 = 110 Der Nominallohn von 220 wäre also zu Preisen von 1995 110 Wert. Die Zunahme beträgt (10 · 100 / 100) 10 %. Aufgaben zu Kap. 24 PA # 1 PA # 2 PA # 5 PA # 6 PA # 11 Aufg. 12, Skript S. 46 (in ZF inbegriffen) !!! Aufg. 13, Skript S. 46 (in ZF inbegriffen) ! Aufg. 14, Skript S. 46 !!! Aufg. 15, Skript S. 47 ! 28 25. Produktion und Wachstum 1. Wirtschaftswachstum Langfristige Entwicklung des BIP = Trendwachstum o Zeitraum: Jahrzehnte Kurzfristige Veränderungen des BIP (quartalsweise zum Vorjahr) = Konjunktur o Zeitraum: Quartale bis einige Jahre Die Grafik zeigt das Trendwachstum und die Konjunktur. o Das Trendwachstum ist die Entwicklung des Produktionskapitals. langfristiger Entwicklungspfad o Die Konjunktur ist die Auslastung des Produktionskapitals. Die Konjunktur ist also eine Abweichung vom Trendwachstum, die sich in Überlastungen und Unterlastungen äussert. 2. Unterschiede im Lebensstandard Die verschiedenen Staaten, aber auch die verschiedenen Regionen in den einzelnen Staaten haben einen unterschiedlichen Lebensstandard. o Die Höhe des Bruttoinlandproduktes (BIP) ist ein guter Massstab für die Messung des ökonomischen Wohlstandes eines Landes. o Die Wachstum des realen Bruttoinlandproduktes (BIP) ist ein guter Massstab für den ökonomischen Fortschritt eines Landes. 3. Ökonomisches Wachstum in verschiedenen Staaten Das reale BIP pro Person zeigt dass der Lebensstandard und das Gesamteinkommen von Land zu Land stark variieren. o In den USA ist der Lebensstandard heute etwa 9 Mal höher als in China. o Das höchste BIP pro Kopf weist die USA auf, das kleinste Bangladesch. o Noch 1870 verfügte Grossbritannien über das grösste BIP pro Kopf. Die Wachstumsrate des BIP zeigt die durchschnittliche Zunahme des BIPS in einem Jahr. o In den USA betrug das reale BIP 1870 3'347 $ pro Kopf, 2000 beträgt es 34'260 $ pro Kopf. Das heisst die Wachstumsrate pro Jahr beträgt 1.81 %. Würde man also in jedem Jahr 1.81 % hinzurechnen, von 1970 weg, käme man auf 34'260 $. Natürlich ist das BIP nicht jedes Jahr genau so viel gestiegen. Es handelt sich um einen Durchschnitt. o Die höchste Wachstumsrate weist Japan auf, während Bangladesch und Pakistan die kleinsten Wachstumsraten aufweisen. 4. Produktivität: Seine Rolle und seine Determinanten Die Höhe des BIP und damit auch der Lebensstandard hängt von der Produktivität eines Landes ab. Die Produktivität ist Menge an Gütern und Dienstleistungen die ein einzelner Arbeiter während einer Arbeitsstunde produzieren kann. o Ist die Produktivität hoch, so ist auch das BIP und damit der Lebensstandard hoch. o Ist die Zunahme der Produktivität hoch, so sind auch das Wachstum des BIP und das Wachstum des Lebensstandards gross. o „The more fish Robinson Crusoe can catch per hour, the more he eats at dinner.“ o Amerikaner leben besser als die Nigerianer weil die amerikanischen Arbeiter produktiver sind als die nigerianischen Arbeiter. Die amerikanischen Arbeiter produzieren mehr Güter und Dienstleistungen. 29 Faktoren des Trendwachstums: Verschiedene Faktoren bestimmen die Höhe der Produktivität eines Landes: o Ausstattung mit Produktionsfaktoren Physisches Kapital • Physisches Kapital ist die Ausrüstung und die Strukturen welche verwendet werden um Güter und Dienstleistungen herzustellen. • Die Arbeiter sind produktiver, je mehr und besseres physisches Kapital zur Verfügung steht. • Physisches Kapital selbst ist ein produzierter Produktionsfaktor. Verschiedene Produktionsfaktoren wurden verarbeitet um physisches Kapital herzustellen. Humankapital • Humankapital ist das Wissen und die Fähigkeiten welches sich die Arbeiter durch Schulbildung, Lehre, Ausbildung und Erfahrung angeeignet haben. • Die Arbeiter sind produktiver, über je mehr und besseres Humankapital sie verfügen. • Humankapital selbst ist ein produzierter Produktionsfaktor. Verschiedene Produktionsfaktoren (Lehrer, Bücher, Zeit) wurden verarbeitet um Humankapital herzustellen. Natürliche Ressourcen • Natürliche Ressourcen sind die Produktionsinputs für Güter und Dienstleistungen, welche von der Natur zur Verfügung gestellt werden. Z.B. Land, Flüsse und Bodenschätze. • Zwei Formen: o Erneuerbare natürliche Ressourcen z.B. Wald (unerschöpflich wenn nachhaltig genutzt) o Nicht erneuerbare natürliche Ressourcen z.B. Öl (erschöpflich) • Die Arbeiter sind produktiver, je besser nutzbare natürliche Ressourcen zur Verfügung stehen. • Staaten, welche über sehr viele Ressourcen verfügen, können womöglich in eine Ressourcenfalle geraten. Sie werden sehr stark von einer Ressource (z.B. Öl, Steinkohle) abhängig. Wirtschaftliche Veränderungen können eine solche Ressource überflüssig machen. Zudem ist die Wertschöpfung im 1. Sektor sehr tief. Technologisches Know-how • Technologisches Know-how ist das Wissen der Gesellschaft, Güter und Dienstleistungen am besten zu produzieren. • Z.B. ermöglichte die Einführung der heutigen intensiven Landwirtschaft viele Arbeiter freizustellen. Das ermöglicht den freigestellten Arbeitern anderen produktiven Tätigkeiten nachzugehen. • Unterschied zum Humankapital o Technologisches Know-how: Produktionswissen der Gesellschaft „quality of societys textbooks“ o Humankapital: Ressourcen die verwendet werden um das bestehende Produktionswissen weiter zu geben „amount of time that the population has devoted to reading the textbooks“ o Qualität der Produktionsfaktoren Wird aus der vorhandenen Humankapital genügend qualitative Bildung dem System zugeführt? Wird das physische Kapital investiert? o Dynamik: Entwicklung der Arbeitsproduktivität o Die Produktionsfunktion !!! (siehe dazu auch Aufgaben) Y = A · F(L, K, H, N) • Y = Output, Produktivität • L = Quantity of Labor • K = Physisches Kapital • H = Humankapital • N = Natürliche Ressourcen 30 • A = verfügbare Produktionstechnologie/Faktorqualität/Faktorproduktivität o Ausbildungsstand der Arbeitskräfte o Technischer Fortschritt o Wenn Wachstum nur durch Erhöhung von Y, L, K, H und N statt findet, dann wird die Konvergenz einsetzen (siehe unten). Langfristiges Wachstum ist deshalb nur über A (die Faktorqualität) möglich! Die Produktionsfunktion gibt das BIP (Y) wieder. Eine Produktionsfunktion könnte z.B. sein: Y = L0.75 · K0.25 • Dabei stellt 0.75 und 0.25 die Gewichtung der Inputs dar. In dieser Produktionsfunktion fehlen allerdings wichtige Auswirkungen auf das BIP wie die Faktorqualität. • Mit dieser Funktion kann hingegen gut gemessen werden, wie sich Y verändert, wenn wir z.B. L (Die Anzahl Arbeiter) um 10 % erhöhen. o Y = (1.1· L)0.75 · K0.25 Y = 1.10.75 · L0.75 · K0.25 Y wird also mit 1.10.75 multipliziert, also um diese Zahl grösser. 1.10.75 = 1.074099 = + 7.41 % (Zunahme BIP = Wachstum) • Die Zunahme von Y, also des BIP, kann in ein extensives und ein extensives Wachstum aufgegliedert werden. o Bei sonst gleichen Bedingungen kann die Masse des Mehrwerts durch Verlängerung des Arbeitstages oder durch vergrösserte Anzahl der Arbeiter (= extensives Wachstum) gesteigert werden. Beispiel: Die Anzahl Würstchenbuden können mengenmässig gesteigert werden. (=K in der Produktionsfunktion für Y) o Falls das variable Kapital gleich bleibt (oder sinkt), kann die Mehrwertmasse durch gesteigerte Ausbeutung, bzw. durch Erhöhung der Mehrwertrate, gesteigert werden (= intensives Wachstum). Beispiel: Die Anzahl Würstchen pro Würstchenbude können gesteigert werden. (=A Faktorqualität in der Produktionsfunktion für Y) Eine oft anzutreffende Funktion für das BIP ist weiter: Yt = Y0(1+b)t. Die Formel Yt = Y0(1+b)t ist nichts anderes als eine Aufzinsungsformel, wobei Y0 das BIP zum Zeitpunkt 0 (heute) und Yt das BIP zum Zeitpunkt t darstellt. b ist die Wachstumsrate. Konstante Skalenerträge: • Verdoppelung aller Inputs führt zu einer Verdoppelung des Outputs. • xY = A · F(xL, xK, xH, xN) 5. Ökonomisches Wachstum und die Wirtschaftspolitik eines Staates Determinanten des Wachstums – Was kann die Regierung mit ihrer Politik tun um die Produktivität zu steigern? Sparen und Investieren o Indem ein Staat mehr Gelder in neues Kapital investiert, kann in der Zukunft die Produktivität gesteigert werden. Dies verlangt aber, dass eine Gesellschaft jetzt weniger konsumiert und dafür mehr spart. Das gesparte Geld kann sodann jetzt verwendet werden um in Kapital zu investieren. o Eine Regierung kann also die Bürger dazu ermutigen, zu sparen um damit Investitionen in Kapital zu ermöglichen. Dies wird gemessen and der Investitionsquote (Investitionen in % vom BIP). Sodann steigt in der langen Frist die Produktivität, da mehr Kapital zur Verfügung steht. o Ein empirischer Vergleich der verschiedenen Staaten zeigt, dass in jenen Staaten wo viel gespart und dadurch investiert wird, die Produktivität höher ist. o Dasselbe zeigt auch U28: Während die Investitionsquote in den meisten Ländern seit 1960 gefallen ist, ist auch das BIP-Wachstum gefallen. Jedoch ist es so, dass die Investitionsquote weniger stark gefallen ist, als das BIP-Wachstum. Es entstand eine Art Leverage-Effekt. Konvergenztheorie und der Catch-Up-Effekt o Absolute Konvergenz Angenommen, es gelingt einem Staat seine Bürger zu ermutigen mehr zu sparen. So werden weniger Ressourcen gebraucht um Konsumgüter herzustellen und dafür stehen mehr Ressourcen zur Verfügung um Kapitalgüter herzustellen. Als eine Konsequenz steigen das verfügbare Kapital und damit auch die Produktivität. Das BIP steigt. Aber wie lange dauert dieser Anstieg des BIP? 31 Sinkende Erträge (diminishing returns) bezeichnet die Eigenschaft, dass die zusätzlichen Erträge aus dem Kapital aus einer zusätzlichen Einheit Kapital abnehmen. • Während durch die Mehrinvestitionen das Kapital immer grösser wird, wird der zusätzliche Output der durch eine zusätzliche Einheit Kapital produziert wird, immer kleiner. Es gibt abnehmende Grenzerträge auf Kapital. • Aufgrund der sinkenden Erträge, erhöht eine höhere Sparrate die Wachstumsrate nur für eine kurze Zeit. Die höhere Sparrate stellt zwar mehr Kapital zur Verfügung, aber die Erträge aus dem zusätzlichen Kapital werden kleiner mit der Zeit und so schwächt sich die Wachstumsrate wieder ab. • In der langen Frist führt eine höhere Sparrate zu einer höheren Produktivität und zu einem höheren BIP, aber nicht zu höheren Wachstumsraten des BIP. Der Catch-Up-Effekt bezeichnet die Eigenschaft, dass sehr arme Länder relativ schneller wachsen als Länder die bereits reich sind. • In den reichen Ländern kann aus zusätzlichem Kapital nur noch kleine zusätzliche Erträge erwirtschaftet werden. In armen Ländern kann aber aus zusätzlichem Kapital noch ein grosser zusätzlicher Ertrag erwirtschaftet werden. o Bedingte Konvergenz U27 zeigt, dass die absolute Konvergenztheorie innerhalb der OECD-Staaten sehr gut funktioniert. Aber leider funktioniert die Konvergenztheorie in den afrikanischen Staaten nicht. Alle haben ein tiefes BIP und trotzdem teilweise negative und teilweise sehr hohes Wachstumsraten. Deshalb wurde die bedingte Konvergenztheorie entwickelt: Diejenigen Volkswirtschaften wachsam am schnellsten, welche am weitesten von ihrem individuellen „Steady State Gleichgewicht“ entfernt sind. Das „Steady State Gleichgewicht wird durch die Wachstumsdeterminanten bestimmt. • Ärmere Länder können in diesem fall schneller oder langsamer wachsen als reichere Länder. • Die nebenstehende Abbildung zeigt einen Brunnen welcher den Steady State symbolisiert. die Wachstumsdeterminanten (Investitionen, Ausbildung, Stabilität, Offenheit) (symbolisiert durch rote Pfeile) beeinflussen den Steady State. Investitionen aus dem Ausland o Formen Ausländische Direktinvestitionen (Foreign direct investments) • Eine Kapitalinvestition im Inland, die im Eigentum eines Ausländers steht und durch diesen betrieben wird. • Z.B. Ford baut eine Autofabrik in Mexiko. Ausländische Portfolioinvestitionen (Foreign portfolio investments) • Eine Investition im Inland die mit ausländischen Geldern finanziert ist, aber durch Inländer betrieben wird. • Z.B. Kauft Ford von einer mexikanischen Unternehmung Aktien und die mexikanische Unternehmung baut eine Autofabrik. o In beiden Fällen werden amerikanische Spargelder im Ausland investiert. Die Produktivität und das BIP des ausländischen Staates werden erhöht. o BIP: BIP erhöht sich durch ausländische Investitionen BSP: BSP erhöht sich nicht durch die ausländischen Investitionen Ausbildung o Eine bessere Bildung erhöht das Humankapital und damit die Produktivität. o Die Politik kann also den Lebensstandard des Landes durch eine bessere Bildung der Bevölkerung erhöhen. Zudem schafft Bildung positive Externalitäten, womit die Subventionen der Regierung gerechtfertigt sind. o Eine Problematik besteht darin, dass in armen Ländern die Kinder arbeiten gehen müssen um die Familie zu ernähren. Die Eltern senden sie nicht in die Schule. In einem solchen Fall werden kurzfristige ökonomische Vorteile den langfristigen Vorteilen vorgezogen. o Die Problematik des „Brain Drain“ beschreibt den Umstand, dass viele gut qualifizierte Personen ihr armes Heimatland zu Gunsten eines reichen Landes verlassen. Dadurch sinkt das Humankapital im armen Land noch mehr. 32 Eigentumsrechte o Der Schutz des Eigentums ist die Grundlage jeder modernen Marktwirtschaft und daher auch die Grundlage für wirtschaftliches Wachstum. o Es wird nur dann investiert, wenn die Eigentumsrechte gesichert sind. Politische Stabilität o Gibt es in einem Staat politische Instabilität, so ist nicht klar, ob die Eigentumsrechte gesichert sind. In einem solchen Fall sinkt der Lebensstandard. o Anzeichen für politische Stabilität sind Demokratie und keine Korruption. Eine Demokratie kann aber nicht ohne Wirtschaftswachstum entstehen. Offenheit eines Staates (Freier Handel) o Indem Staaten eine gegen innen-orientierte Politik führen, wollen sie die heimische Wirtschaft von der internationalen Konkurrenz schützen. Dabei handelt es sich um das infant-industry-Argument. Oft tun sie dies durch Handelsrestriktionen und Zölle. o Wenn aber die Staaten eine gegen aussen-orientierte Politik führen würden, wären sie besser in die Weltwirtschaft integriert. Der Lebensstandard steigt. o Staaten wie Südkorea, Singapur und Taiwan geniessen hohe Wachstumsrate, da sie eine gegen aussen orientierte Politik führen. o Geschlossene (autarke) Volkswirtschaften, wie Nordkorea oder Kuba weisen eine sehr geringe Wachstumsrate auf. Forschung und Entwicklung (in % von BIP) o Der Hauptgrund weshalb der Lebensstandard heute höher ist als früher, ist der technologische Fortschritt. o Wissen ist ein Öffentliches Gut: Alle Menschen können davon profitieren. o Patente lassen aus öffentlichen Gütern private Güter werden und sind daher staatliche Anreize für Forschung und Entwicklung. Wachstum der Bevölkerung o Die Grösse der Bevölkerung und damit die Grösse der Arbeitnehmerschaft stellt mehr Leute die produzieren und konsumieren zur Verfügung. o Ausdehnung der natürlichen Ressourcen Thomas Malthus (1766 – 1834) erkannte, dass die Weltbevölkerung exponentiell wächst. Er erahnte auch bereits eine nahende Überbevölkerung: Nach Malthus wächst die Bevölkerung exponentiell, die Nahrungsmittelversorgung aber nur linear. Ab dem Schnittpunkt würde das Bevölkerungswachstum durch Hungersnöte und Kriege gewaltsam gestoppt. Trotzdem hat sich die Bevölkerung seit Malthus mehr als versechsfacht. Trotzdem ist es nicht zu einer massiven Hungersnot gekommen. Im Gegenteil: Der Lebensstandard ist gestiegen. Die Ursache hiefür ist, dass es mit den heutigen technischen Neuerungen möglich geworden ist, die natürlichen Ressourcen zu strecken. o Verdünnung des Kapitalvorrates Einige Theorien sind der Ansicht, dass ein hohes Bevölkerungswachstum das BIP pro Kopf verkleinert weil eine rasch steigende Anzahl an Arbeitern eine stärkere Verteilung des Kapitalvorrats erzwingt. Steigt die Bevölkerung, so hätte jeder Arbeiter weniger Kapital zur Verfügung. In den entwickelten Ländern ist der Bevölkerungszuwachs sehr klein, in den unterentwickelten Ländern ist er aber gross. Einige Ökonomen denken, dass die Entwicklungsländer einen höheren Lebensstandard hätten, wenn sie weniger schnell wachsen würden. o Förderung des technologischen Fortschritts Einige Theorien sind der Ansicht, dass wenn die Bevölkerung grösser ist, mehr Wissenschaftlicher, Erfinder und Ingenieure zur Verfügung stehen und damit die Wirtschaft schneller wächst. 6. Weshalb ist die Schweiz reich? • Das BIP der Schweiz ist sehr hoch. Ursachen: o Faktoren des Humankapitals gute und traditionell kürzere Ausbildung Die Schweiz ist nicht sehr produktiv, aber die Arbeiter sind fleissig und es bestehen lange Arbeitszeiten (Ursache: flexibler Arbeitsmarkt) hohe Erwerbsquote (U31) (Sehr viele Menschen sind arbeitswillig und arbeiten) Guter Gesundheitszustand 33 Faktoren des Realkapitals hoher technischer Stand hohe Investitionsquote hohe ausländische Direktinvestition (FDI Foreign Direct Investment) o Weitere Faktoren politische Stabilität und Sicherheit Arbeitsmoral tiefe Steuern freie Märkte (CH stand immer unter dem Zwang die Märkte zu öffnen; für etwas anderes wäre die CH zu klein gewesen) Aber die langfristige Wachstumsrate des BIP ist in der Schweiz tiefer als in den meisten EU-Staaten und der G7-Staaten. Die Schweiz ist beim Wachstum das Schlusslicht (U30) Ursachen: o Ursache hiefür ist der grosse Anteil des Dritten Sektors in der Schweiz. Es ist schwieriger im 3. Sektor produktiver zu werden („Wie kann ein Coiffeur produktiver werden?). o Tiefe Arbeitsproduktivität pro h (U31). Hohe Arbeitsproduktivität pro Arbeitsplatz jedoch tiefe Arbeitsproduktivität je Arbeitsstunde! o hohe Inlandpreise (Hochpreisinsel Schweiz) o Abgeschotteter Binnenmarkt Wenig Wettbewerb im Binnensektor (Kleinräumigkeit, Kartelle, Absprachen) • Es kommt nicht zu Verlagerungen von wenig produktiven Tätigkeiten (z.B. Landwirtschaft) zu hoch produktiven Tätigkeiten. Geringe Produktivität im Binnensektor, aber kompetitiver Exportsektor (Bank, Chemie, nicht aber Tourismus) o steigende Staatsquote (Staatsausgaben „G“) o steigende Steuerquote (Staatseinnahmen) Aufgrund dieser tiefen Wachstumsrate hat die Schweiz auch nicht mehr das Grösse BIP pro Kopf. o • • Aufgaben zu Kap. 25 PA # 1 PA # 5 ! PA # 8 ! Aufg. 16 (Skript S. 58 – 60) ! Aufg. 17 (Skript S. 58 – 60) !!! Aufg. 18 (Skript S. 58 – 60) !!! 34 26. Sparen, Investieren und das Finanzsystem 1. Finanzinstitutionen Finanzsystem o Das Finanzsystem ist jene Gruppe von Institutionen in einer Volkswirtschaft welche die Gelder von den Sparern zu den Investoren transferieren. Finanzinstitutionen o Finanzmärkte Finanzmärkte sind Finanzinstitutionen bei denen die Sparer (Geldgeber) ihre Gelder direkt den Investoren (Geldnehmer) zur Verfügung stellen. Der Obligationenmarkt • Anleihensobligation o Fremdkapitalfinanzierung (debt finance) o Fester, variabler oder gar kein Zinssatz o Laufzeit Rückzahlung des Nennwertes am Ende der Laufzeit (Verfalltag) Langfristige Anleihen sind riskanter als kurzfristige, deshalb weisen sie einen höheren Zinssatz auf o Ausfallrisiko (Credit Risk) Risiko, dass der Geldnehmer die Anleihe nicht zurückbezahlen kann (default) Anleihen mit einem höheren Risiko haben einen höheren Zinssatz o Steuerliche Behandlung Zins stellt steuerbares Einkommen dar (35 % VRST) Kursgewinn stellt steuerfreien Kapitalgewinn dar Der Aktienmarkt • Aktien o Eigenkapitalfinanzierung (Equity finance) o Eigentümerschaft: volles Ausfallrisiko • Börse o New York Stock Exchange (NYSE) o American Stock Exchange (ASE) o National Association of Securities Dealers Automated Quotation system (NASDAQ) • Indizes o Dow Jones Industrial Average (30 Grosse US-Unternehmen) o Standard & Poor’s 500 Index (500 US-Unternehmen) o Weil die Aktienpreise die erwartete Profitabilität wiederspiegeln, sind die Indizes eine gute Vorhersage für die zukünftige Entwicklung der Wirtschaft. o Finanzintermediäre Finanzintermediäre sind Finanzinstitutionen bei denen die Sparer (Geldgeber) ihre Gelder indirekt den Investoren (Geldnehmer) zur Verfügung stellen. Banken • Bilanzgeschäft (Spargelder, Kredite) • Ausserbilanzgeschäft (Vermögensverwaltung, Investment Banking, Zahlungsverkehr) Anlagefonds • Anlagefonds sind Institutionen welche Anteilsscheine an die Öffentlichkeit verkaufen und mit dem aufgenommenen Kapital ein Portfolio an Aktien und Obligationen erwerben. • Vorteile: o Diversifikation o Professionelle Fondsverwaltung (Verwaltungsgebühr wird verlangt) o Es wird versucht den Markt zu schlagen, also Renditen zu erreichen, die über dem Börsenindex liegen („beat the market“). Indexfonds dagegen wiederspiegeln genau den Index. 2. Sparen und Investieren Die Definition von Sparen und Investieren o Investieren bezeichnen den Kauf von neuem Kapital (z.B. Ausrüstung, Gebäude). o Sparen bezeichnet die Geldanlage (z.B. Sparkonto, Kauf von Aktien). 35 Wichtige Identitäten (Gleichungen die immer korrekt sind) o Y = C + I + G + NX BIP (Y) = Konsum (C) + Investitionen (I) + Staatskonsum (G) + Nettoexporte (NX) BIP (Y) = Gesamteinkommen und Gesamtausgaben einer Volkswirtschaft o Die folgenden Anmerkungen gelten nur für eine geschlossene Volkswirtschaft, die mit keiner anderen Volkswirtschaft interagiert. Eine geschlossene Volkswirtschaft nimmt nicht am internationalen Spar- und Kreditgeschäften teil. Eine geschlossene Volkswirtschaft betreibt keinen internationalen Handel mit Güter und Dienstleistungen. • Weil eine geschlossene Volkswirtschaft gerade nicht am internationalen Handel teilnimmt, kann die obige Gleichung vereinfacht werden: Y = C + I + G + NX Jeder Output der in einer geschlossenen Volkswirtschaft verkauft wird, wird konsumiert, investiert oder durch den Staat aufgekauft. o Die Gleichung kann weiter umgestellt werden: Y–C–G=I Die linke Seite der Gleichung (Y – C – G) ist das Gesamteinkommen das nach Bezahlung des Konsums C und des Staatskonsums G verbleibt. Dieses Gesamteinkommen nennt man Gesamtwirtschaftliches Sparen (National saving). o Ersetzt man (Y – C – G) durch S erhält man folgende Gleichung: S=I Sparen entspricht also Investieren. Die Gesamte Wirtschaft kann soviel investieren wie gespart wird (bei einer autarken Volkswirtschaft). Für eine (geschlossene) Volkswirtschaft müssen sich Sparen und Investieren entsprechen. Dabei sind die Finanzinstitutionen das Gleich-Zeichen, nämlich die Vermittlerin. Zudem setzen also alle Investitionen Konsumverzicht (Sparen) voraus! o Definiert man T als jenen Betrag den der Staat von seinen Bürgern in Form von Steuern einverlangt abzüglich Transferzahlungen (z.B. Sozialhilfe) so kann man Sparen also auf zwei Arten schreiben: S = Y – C – G oder S = (Y – T – C) + (T – G) o Die Gleichung S = (Y – T – C) + (T – G) besteht aus zwei Teilen: (Y – T – C) ist das SP Private Sparen (Private saving). Privates Sparen ist jener Anteil des Einkommens welche die Haushalte nach Bezahlung der Steuern T und der Konsumausgaben C zur Verfügung haben. Jener Betrag der nach Bezahlung der Steuern T übrig bleibt, wird zudem als verfügbares Einkommen bezeichnet. (T – G) ist das SG Staatliches Sparen (Public saving). Public Saving sind die Steuereinnahmen welche der Staat nach Bezahlung seiner Ausgaben G noch zur Verfügung hat. Ist T grösser als G, spricht man von einem Budgetüberschuss. Der Staat erhält mehr Steuereinnahmen als er ausgibt. Er spart. Ist G grösser als T, spricht man von einem Budgetdefizit. Der Staat gibt mehr aus als er an Steuereinnahmen einnimmt. Er spart nicht. Ist G = T, spricht man von einem ausgewogenen Budget. Der Staat spart nicht. S=I S = SP + SG, I = Nachfrage, “=“ = Bank 3. Der Kreditmarkt (Market for loanable funds) Es wird angenommen, die Volkswirtschaft habe nur einen einzelnen Finanzmarkt, der Kreditmarkt (Market of loanable funds) genannt wird. Alle Sparer gehen zu diesem Markt um ihre Spargelder zu platzieren und die Geldnehmer gehen zu diesem Markt um ihre Kredite zu beanspruchen. Es gibt nur einen Zinssatz. Angebot und Nachfrage auf dem Kreditmarkt o Wie jeder Markt, wird auch der Kreditmarkt von Angebot und Nachfrage gelenkt. Angebot = Sparer • Das Angebot kommt von Haushalten, Unternehmen und dem Staat welche Gelder sparen wollen. Es entspricht der Gleichung: S = (Y – T – C) + (T – G) • Dieses Angebot, kann direkt, über Finanzmärkte, oder indirekt über Finanzintermediäre erfolgen. Nachfrage = Investoren • Die Nachfrage kommt von Haushalten und Unternehmen welche Geld aus36 leihen möchten um zu investieren. Nicht aber vom Staat! Preis = Zinssatz • Ein hoher Zinssatz macht Ausleihen und damit Investitionen teurer und daher fällt die nachgefragte Kreditmenge wenn die Zinssätze steigen. • Ein hoher Zinssatz macht Sparen attraktiver, die angebotenen Spargelder steigen während die Zinssätze steigen. Das Angebot und die Nachfrage für Kredite hängt immer von den Realen Zinsen (Nominalzins - π Inflation) ab, nicht von den Nominalzinsen. Politik 1: Anreize zum Sparen o Sparen ist eine wichtige langfristige Determinante der Produktivität einer Nation. Das Sparverhalten weicht jedoch von Nation zu Nation voneinander ab. Könnte z.B. die USA, die derzeit ein sehr tiefes Sparverhalten aufweist, ihre Bürger zum Sparen anreizen, so würde die Produktivität steigen und es entstünde ein höherer Lebensstandard. Ein Hauptgrund, weshalb in den USA so wenig gespart wird, ist die Steuerpolitik. Die Einkommenssteuer auf den Erträgen aus Sparguthaben (Dividenden, Zinsen) reduziert den Anreiz zu sparen. o Ein Vorschlag zur Behebung dieses Problems besteht darin, dass die Einkommenssteuer durch eine Konsumsteuer ersetzt wird. Die Sparguthaben würden solange nicht besteuert, bis sie verwendet werden um den Konsum zu finanzieren. Eine solche Konsumsteuer würde Anreize schaffen, mehr zu sparen. Das Angebot von Krediten auf dem Kreditmarkt würde sich nach rechts verschieben. In einem solchen Fall wird der Zinssatz sinken während die gesprochenen Kredite ansteigen. Wenn also eine Reform die Steuergesetzte so anpassen würde, dass die Leute mehr sparen, entstünden tiefere Zinssätze und grössere Investitionen würden möglich. Politik 2: Anreize zum Investieren o Angenommen, der Staat setzt eine Politik durch, mit der er zu mehr Investitionen anregen kann, z.B. mit einem Steuervorteil für jene die investieren. Ein solcher Anreiz würde dazu führen, dass sich die Nachfrage nach Krediten nach rechts verschiebt. In einem solchen Fall wird der Zinssatz steigen und auch die gesprochenen Kredite werden steigen. Wenn also eine Reform die Steuergesetze so anpassen würde, dass die Leute mehr investieren, entstünden höhere Zinssätze und höhere Sparraten und Investitionen. Politik 3: Budgetdefizite und Budgetüberschüsse o Budgetdefizit: Staatsausgaben > Steuereinnahmen Der Staat wird sein Budgetdefizit dadurch decken, indem er sich mit Kapital auf dem Kapitalmarkt eindeckt. Das Budgetdefizit (Budget deficit) ist der Überschuss oder das Defizit aus einem Jahr. Æ Defizitquote in % des BIP Die Staatsschuld (government debt) ist der Saldo aller Budgetdefizite über alle vergangenen Jahre. Æ Verschuldungsquote in % des BIP o Angenommen, der Staat habe zuerst ein ausbalanciertes Budget und erwirtschaftet, infolge einer Steuersenkung oder steigender Staatsausgaben, ein Budgetdefizit. Das National Saving besteht wie gesagt aus den beiden Teilen, Private und Public Saving. In diesem Fall wird sich das Public Saving verändern. Also wird sich das Angebot am Kreditmarkt nach links verschieben und kleiner werden, denn der Betrag des Public Saving wird negativ. bisher: S = (Y – T – C) + (T – G) (ausbalanciert = 0) 37 neu: S = (Y – T – C) + (T – G) (wird negativ) G ist grösser geworden als T; damit ist S kleiner geworden. Die Nachfrage nach Krediten wird sich nicht verändern, sich also nicht erhöhen. Begründung: Bei der Nachfragekurve handelt es sich um die Nachfrage nach Geldern für Investitionen. Der Staat aber investiert nicht, sondern konsumiert. Im vorliegenden Fall wird weniger gespart und investiert. • Das Angebot an Kreditgeldern ist zurückgegangen und teurer geworden. • Die Investitionen haben abgenommen weil der Staat sein Defizit gedeckt hat, indem er Kapital aufgenommen hat. Dies wird als Crowding out bezeichnet. • Wenn also der Staat das National Saving, das Angebot an Krediten, durch ein Budgetdefizit verkleinert, erhöht sich der Zinssatz und die Investitionen gehen zurück. • Weil Investitionen wichtig sind für ein langfristiges Wachstum der Volkswirtschaft, reduzieren Budgetdefizite die Wachstumsrate. o Ein Budgetüberschuss kann also auf 3 Arten finanziert werden: Geldmenge erhöhen (z.B. Notendruck) (schlecht) Staatsanleihen (i.d.R. Obligationen) (populär) Steuererhöhung (unpopulär) o Budgetüberschuss: Staatsausgaben < Steuereinnahmen Der Staat wird versuchen mit dem Überschuss die Staatsverschuldung (früherer Jahre) zu tilgen. In einem solchen Fall wird der Budgetüberschuss das Angebot auf dem Kreditmarkt vergrössern und so den Zinssatz reduzieren und die Investitionen erhöhen. Weil Investitionen wichtig sind für ein langfristiges Wachstum der Volkswirtschaft, erhöhen Budgetüberschüsse die Wachstumsrate. o Entsprechen die Staatsausgaben genau den Steuereinnahmen, spricht man von einem ausbalancierten Budget. Debt-Ratio o Das Debt-Ratio ist die Staatsverschuldung in Prozent vom BIP. o Sinkt das Debt-Ratio, nimmt die Verschuldung ab. Steigt das Debt-Ratio, erhöht sich die Staatsverschuldung. o Die Häufigste Ursache für eine Zunahme in der Staatsverschuldung sind Kriege. 4. Die Konsumfunktion • Bestimmungsfaktoren des Konsums o Verfügbares Einkommen (= Y – T) o Steuern o Zinssatz (r) o Erwartungen o Konsumverhalten Das Konsumverhalten, die Konsumneigung, ist in der Schweiz recht konstant: Die Schweizer geben bei jeder Grösse des Lohnes in etwa gleich Anteil an ihrem Lohn für den Konsum aus. Die Konsumfunktion o C = C(Y – T, r) C: privater Konsum Y: gesamtwirtschaftliches Einkommen T: Steuern r: Realzinssatz 5. Die Investitionsfunktion Bestimmungsfaktoren der Investitionen o Ertragsaussichten o Opportunitätskosten o Steuern o Zinssatz (r) Zahlenbeispiel o Eine Maschine kostet 20'000 Franken. Sie hat eine Lebensdauer von genau 2 Jahren, der Schrittwert nach zwei Jahren ist Null. o Im ersten und zweiten Jahr übersteigen die Einnahmen die Ausgaben um jeweils 11'000 Franken. Der Einfachheit halber wird angenommen, dass die Nettoeinnahmen jeweils per Ende des ersten bzw. des zweiten Jahres anfallen. o Würden Sie die Maschinen kaufen, wenn: 38 der Zinssatz 4 % beträgt? der Zinssatz 8 % beträgt? o Die Abschreibung pro Jahr beträgt also 10'000.00. Somit macht der EBI also 1'000.00 je Jahr aus. Bei einem Zinssatz von 4 % würde man 800.00 Zins zahlen und damit einen Gewinn von 200.00 je Jahr erwirtschafteten. Bei einem Zinssatz von 8 % würde man 1'600.00 Zins zahlen und damit einen Verlust von 600.00 je Jahr erwirtschaften. Somit würde es sich nur bei einem Zinssatz von 4 %, nicht aber bei 8 %, lohnen in die Maschine zu investieren. Die Investitionsfunktion o I = I(r) I: Investitionen r: Realzinssatz 6. Das Modell der geschlossenen Volkswirtschaft S(r) = SP + SG I(r) Funktionen o Produktion: Y = Y(L, K) (Der Strich bedeutet exogen) o Privater Konsum: C = C(Y - T,r) o Investitionen: I = I(r) o Staatsausgaben: G=G o Steuern: T=T I = Flussgrösse = zusätzliches Kapital K = Stock = vorhandenes Kapital Gleichgewicht gesamtwirtschaftliches Angebot und Nachfrage o Y=C+I+G o Die linke Seite entspricht dem gesamtwirtschaftlichen Angebot, die rechte Seite der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage. Daraus lässt sich das Gleichgewicht auf dem Kreditmarkt herleiten. Gleichgewicht Kreditmarkt (market for loanable funds) o I = (Y - T - C) + (T - G) o Die rechte Seite (gesamtwirtschaftliche Ersparnisse) entspricht dem Kreditangebot, die rechte Seite (Investitionen) der Kreditnachfrage. o Durch Einsetzen der obigen Funktionen ergibt sich eine Gleichung mit dem Realzinssatz r als einziger unbekannter bzw. endogener Variablen: o S(r) = I(r) o Beachte: Wenn der private Konsum vom Realzinssatz abhängig ist, dann sind auch die Privaten Ersparnisse und damit auch gesamtwirtschaftlichen Ersparnisse S vom Realzinssatz abhängig und umgekehrt. 7. Beispiel einer geschlossenen Volkswirtschaft Geschlossene Volkswirtschaft: o Produktion: Y = (L · K)0.5 L = 1’000 K = 1’000 o Privater Konsum: C = 100 + 0.8 (Y - T) - 50r o Investitionen: I = 300 - 100r o Staatsausgaben: G = 180 o Steuern: T = 100 39 a) Leiten Sie aus diesen Angeben die private und die gesamtwirtschaftliche Sparfunktion her. S = (Y - T - C) + (T - G) Private Sparfunktion o SP = (Y - T - C) SP = (L · K)0.5 - T - {100 + 0.8 [(L · K)0.5 – T] - 50r} SP = (1000 · 1000)0.5 - 100 - {100 + 0.8 [(1000 · 1000)0.5 - 100] - 50r} + (100 - 180) SP = 1000 - 100 - (820 - 50r) SP = 50r + 80 Staatliche Sparfunktion o SG = (T - G) SG = T - G SG = 100 -180 SG = -80 Gesamtwirtschaftliche Sparfunktion o S = (Y - T - C) + (T - G) S = (L · K)0.5 - T - {100 + 0.8 [(L · K)0.5 – T] - 50r} + (T – G) S = 50r + 80 - 80 S = 50r b) Berechnen Sie die staatlichen Ersparnisse, die privaten Ersparnisse sowie den Realzinssatz im Gleichgewicht, und zeichnen Sie die Lösung ins untenstehende Diagramm ein. Sparfunktion: o SP = (Y - T - C) SP = (L · K)0.5 - T - {100 + 0.8 [(L · K)0.5 – T] - 50r} SP = (1000 · 1000)0.5 - 100 - {100 + 0.8 [(1000 · 1000)0.5 - 100] - 50r} + (100 - 180) SP = 1000 - 100 - (820 - 50r) SP = 50r + 80 o SG = (T - G) SG = T - G SG = 100 -180 SG = -80 o S = (Y - T - C) + (T - G) S = 50r + 80 - 80 S = 50r Investitionsfunktion: o I = 300 - 100r Gleichgewicht: o I=S 300 - 100r = 50r r=2 r = 2 % (Realzins) Staatliche Ersparnisse: o SG = -80 Private Ersparnisse: o SP = 50r + 80 SP = 50 · 2 + 80 SP = 180 Gesamtwirtschaftliche Ersparnisse: o S = SP + SG S = 100 c1) Bestimmen Sie das neue Gleichgewicht sowohl rechnerisch als auch grafisch, falls der Staat seine Ausgaben um 100 erhöht. GNEU = 280 Sparfunktion: o SP = (Y - T - C) SP = (L · K)0.5 - T - {100 + 0.8 [(L · K)0.5 – T] - 50r} SP = (1000 · 1000)0.5 - 100 - {100 + 0.8 [(1000 · 1000)0.5 - 100] - 50r} + (100 - 180) SP = 1000 - 100 - (820 - 50r) SP = 50r + 80 o SG = (T - G) SG = T - G 40 SG = 100 -280 SG = -180 o S = (Y - T - C) + (T - G) S = 50r + 80 - 180 S = 50r - 100 Investitionsfunktion: o I = 300 - 100r Gleichgewicht: o I=S 300 - 100r = 50r - 100 r = 2.67 r = 2.67 % (Realzins) Staatliche Ersparnisse: o SG = -180 Private Ersparnisse: o SP = 50r + 80 SP = 50 · 2.66 + 80 SP = 213.34 Gesamtwirtschaftliche Ersparnisse: o S = SP + SG S = 33.34 Beachte: Die zusätzlichen Ausgaben des Staates betragen zwar 100, trotzdem nehmen die Investitionen nur um 66.67 ab. Dies deshalb, weil der Zinssatz steigt und deshalb die privaten mehr sparen. Crowding-Out = Verdrängungseffekt c2) Bestimmen Sie das neue Gleichgewicht sowohl rechnerisch als auch grafisch, falls sich die Investitionsfunktion aufgrund schlechter Absatzerwartungen der Unternehmen zu I = 200 - 100r ändert. INEU = 200 - 100r Sparfunktion: o SP = (Y - T - C) SP = (L · K)0.5 - T - {100 + 0.8 [(L · K)0.5 – T] - 50r} SP = (1000 · 1000)0.5 - 100 - {100 + 0.8 [(1000 · 1000)0.5 - 100] - 50r} + (100 - 180) SP = 1000 - 100 - (820 - 50r) SP = 50r + 80 o SG = (T - G) SG = T - G SG = 100 -180 SG = -80 o S = (Y - T - C) + (T - G) S = 50r + 80 - 80 S = 50r Investitionsfunktion: o I = 200 - 100r Gleichgewicht: o I=S 200 - 100r = 50r r=2 r = 1.33 % (Realzins) Staatliche Ersparnisse: o SG = -80 Private Ersparnisse: o SP = 50r + 80 SP = 50 · 1.33 + 80 SP = 146.67 Gesamtwirtschaftliche Ersparnisse: o S = SP + SG S = 66.67 Aufgaben zu Kap. 26 PA # 1 PA # 7 PA # 10 ! Skript Aufg. 24, Seite 70 !!! (in ZF inbegriffen) Skript Aufg. 25, Seite 71 !! 41 28. Die natürliche Arbeitslosenquote 1. Natürliche Arbeitslosenquote und zyklische Arbeitslosigkeit Die natürliche Arbeitslosenquote (Sockelarbeitslosigkeit) entspricht dem normalen Niveau an langfristiger Arbeitslosigkeit in einer Volkswirtschaft. o „Natürlich“ bedeutet nicht, dass diese natürliche Arbeitslosenquote erwünscht ist und dass die natürliche Arbeitslosenquote immer gleich bleibt. o „Natürlich“ bedeutet, dass diese Arbeitslosenquote ohne Beeinflussung langfristig nicht verschwindet. Die (zyklische) konjunkturelle Arbeitslosenquote bezeichnet die kurzfristigen jährlichen Schwankungen um die natürliche Arbeitslosenquote. Die zyklische Arbeitslosigkeit ist eng verknüpft mit konjunkturellen Auf- und Abschwüngen. In diesem Kapital geht es vorerst nur um die natürliche Arbeitslosenquote. 2. Die Messung der Arbeitslosigkeit Messung der Arbeitslosigkeit o Die Messung erfolgt durch das Bundesamt für Statistik (BfS) Jede Person zwischen 15 – 64 (Variante 1) oder älter als 15 (Variante 2 mit Rentnern) wird statistisch folgendermassen erfasst: • Erwerbstätige (employed) Arbeitswillige • Arbeitslose (unemployed) • Nicht-Erwerbspersonen (Studenten, Hausfrauen, Pensionierte) (not in labor force) USA 2001: o Arbeitswillige (Labor Force, Erwerbspersonen) = Anzahl Erwerbstätige + Anzahl Arbeitslose o Arbeitslosenquote = o Arbeitswillige · 100 Erwerbsquote (labor-force participation rate) = Erwachsene Bevölkerung (oder Partizipationsquote) o o o o Anzahl Arbeitslose · 100 Arbeitswillige (oder Erwerbslosenquote) = 4.72 % = 66.92 % Arbeitslosen- und Erwerbsquote in den USA Die Tabelle zeigt, dass die Arbeitslosenquote unter den verschiedenen Bevölkerungsgruppen variiert. Frauen haben die tiefere Erwerbsquote, aber etwa die gleiche Arbeitslosenquote, wenn sie einmal angestellt sind. Arbeitslosenquote in der Schweiz U41, Skript S. 74 Erwerbsquote in der Schweiz U42, Skript S. 75 Erfassung der Arbeitslosigkeit in der Schweiz In der Schweiz gibt es zwei Institute welche die Arbeitslosigkeit mit zwei unterschiedlichen Verfahren messen: • SAKE (Schweizerische Arbeitskräfteerhebung) (BfS) o International standardisierte repräsentative Umfrage unter 17’000 Haushalten o Hochrechnung mit Stichprobenfehler o Registrierung beim RAV ist keine Bedingung, als erwerbslos zu gelten, es werden also Ausgesteuerte und Personen ohne RAV-Hilfe erfasst o von der nationalen Gesetzgebung unbeeinflusst o Zusätzlich Auswertung der Arbeitslosen nach anderen Kriterien (Bildungsstand, familiäres Umfeld etc.) o = Erwerbslosenstatistik • SECO (Staatssekretariat für Wirtschaft) (Volkswirtschaftsdepartement) o Erhebung der registrieren Arbeitlosen bei den RAV die zwei Bedingungen erfüllen: Keine Arbeit innert vier Wochen für eine neue Arbeit verfügbar o Es spielt keine Rolle, ob jemand Arbeitslosenentschädigung erhält oder nicht o Ausgesteuerte die sich nicht mehr beim RAV melden sind jedoch nicht inbegriffen o = Arbeitslosenstatistik 42 SAKE-Fragebogen • Möchten Sie Arbeiten? o Nein = Nicht-Erwerbspersonen o Ja = Haben Sie Arbeit? Nein = Arbeitslose Ja = Erwerbstätige Weitere Kennzahlen o Es ist beispielsweise sehr schwierig zwischen arbeitslosen Personen und NichtErwerbspersonen zu unterscheiden. Einige arbeitslose Personen sind nur deshalb als arbeitslos qualifiziert, weil sie die Arbeitslosenhilfe beanspruchen wollen. Sie müssten eigentlich als NichtErwerbspersonen gelten. Andere arbeitslose Personen, die sogenannten „discouraged workers“, sind Langzeitarbeitslose die keine Stelle gefunden haben und sich deshalb nicht mehr aktiv bewerben. Sie müssten eigentlich als Arbeitslose gelten. o Ausserdem ist es schwierig diese Kennzahlen zu berechnen, weil ein sehr rascher Wechsel zwischen Arbeitslosen, Erwerbstätigen und Nicht-Erwerbspersonen statt findet. o Aus diesem Grund gibt es eine Reihe weiterer Kennzahlen zur Messung der Erwerbstätigkeit: Langzeitarbeitslose (15 Wochen und mehr) in % des Arbeitskräftepotentials Entlassene Personen und Personen die eine Temporärstelle beendet haben in % des Arbeitskräftepotentials Arbeitslose und „discouraged workers“ in % des Arbeitskräftepotentials Wie lange sind Arbeitslose arbeitslos? o Die meisten Angaben zur Arbeitslosigkeit lauten auf „kurzfristig“ (Häufigkeit der Angaben), und die zu beliebten Zeitpunkten empirisch ermittelte Arbeitslosigkeit ist überwiegend „langfristig“ (Anteil am Merkmalsbetrag Arbeitslosigkeit). Erläuterung: • Von 4 arbeitslosen Personen sind 3 gleiche Personen immer langzeitarbeitslos, während die 4. Person jede Woche wechselt. • Das heisst, von 55 Personen sind 3 langzeitarbeitslos und 52 kurzfristig arbeitslos. 95 % aller Personen (52/55) sind also kurzfristig arbeitslos. • Das heisst aber auch, dass 3 Personen je Jahr 52 Wochen arbeitslos sind, das heisst im ganzen 3 · 52 = 156 Wochen, während 52 Personen zusammen 52 Wochen arbeitslos sind. 75 % aller Arbeitslosenwochen (156/208) werden von Langzeitarbeitslosen verursacht. Fazit: • Die Langzeitarbeitslosen (156 Wochen Lohnersatz) sind teurer als die Kurzzeitarbeitslosen (52 Wochen Lohnersatz). Kann man also den Langzeitarbeitslosen Jobs verschaffen, so wird die Arbeitslosenversicherung viel weniger belastet. • Mit den Kurzzeitarbeitslosen kann man nicht viel machen. Diese gibt es so oder so. 3. Vier Interpretationen zur natürlichen Arbeitslosigkeit Interpretation 1 (Mankiw) – Definition der natürlichen Arbeitslosigkeit Die natürliche Arbeitslosigkeit ist die normale Arbeitslosenquote um welche die konjunkturelle Arbeitslosenquote fluktuiert. Interpretation 2 (Mankiw) – Ursachen der natürlichen Arbeitslosigkeit Friktionelle Arbeitslosigkeit (Frictional unemployment) bezeichnet jenen Anteil der Arbeitslosigkeit, die deshalb herrscht, weil die Arbeiter Zeit benötigen bis sie die passendste Stelle gefunden haben. Damit wird oft die kurzfristige Arbeitslosenquote erklärt. Die Menschen suchen Jobs. o Arbeitsplatzsuche Arbeitsplatzsuche bezeichnet jenen Prozess, während dessen die Arbeiter eine Arbeitsstelle suchen, die ihnen zusagt. Solche Arbeitssuchenden tragen zur langfristigen natürlichen Arbeitslosenquote bei. Sektorale Bewegungen (Sectoral shifts) • Eine Ursache für diese Arbeitsplatzsuche ist die sich immer verändernde Wirtschaft. • Während die Autoindustrie aufgrund höherer Ölpreise Arbeiter entlässt, heuert die Ölindustrie selber neue Arbeiter an. Während Compaq aufgrund einer gesunkenen Nachfrage Angestellte entlässt, heuert Dell aufgrund einer gestiegenen Nachfrage Angestellt an. Es entstehen sektorale Bewegungen. • Solche sektorale Bewegungen sind unvermeidlich. 43 Politik • Obwohl eine solche „frictional unemployment“ also aufgrund der sektoralen Bewegungen in einem gewissen Mass unvermeidlich ist, kann sie mit Hilfe der Politik verkleinert werden: Die Zeit einen Arbeitsplatz zu finden, kann reduziert werden. o Bessere und schnellere Information über Jobangebote (Internet) o Aufbau von Arbeitsvermittlungszentren Arbeitslosenversicherung (AV) • Die Arbeitslosenversicherung (AV) erhöht ungewollt die „frictional unemployment“, weil es Anreize schafft nicht so schnell einen Arbeitsplatz zu finden, weil man ja eine Arbeitslosenentschädigung erhält. Structural unemployment (Strukturelle Arbeitslosigkeit) bezeichnet jenen Anteil der Arbeitslosigkeit, die deshalb herrscht, weil die Anzahl verfügbaren Stellen nicht mit den Anzahl Stellensuchenden übereinstimmen. Der Lohn wird künstlich über dem Gleichgewichtslohn gehalten. Eine solche Arbeitslosigkeit herrscht dann, wenn die Angebotene Arbeit die nachgefragte Arbeit übersteigt. Damit wird oft die langfristige Arbeitslosenquote erklärt. Die Menschen warten auf neue Jobs. o Mismatch Bei Mismatch passen die nachfragenden Stellen nicht zu den anbietenden Arbeitern oder umgekehrt. o Mindestlohngesetze Wirksame Mindestlöhne liegen überhalb dem Gleichgewichts-Marktlohn und sind die Ursache für eine Arbeitslosigkeit. Mindestlöhne nützen oft nur den ungebildeten Arbeitern etwas, wie Teenagern und sind auch nur Ursache für die natürliche Arbeitslosigkeit bei Teenagern. Gewerkschaften und kollektives Verhandeln Eine Gewerkschaft ist eine Arbeiterorganisation welche mit den Arbeitgebern über Löhne und Arbeitsbedingungen verhandelt. Die Ökonomie der Gewerkschaften • Die Gewerkschaft ist wie ein Kartell. Die in einer Gewerkschaft zusammengeschlossenen Arbeitnehmer verhandeln ihre Löhne und Arbeitsbedingungen nicht einzeln mit dem Arbeitgeber, sondern die Gewerkschaft übernimmt dies für alle Arbeitnehmer. Dies nennt man kollektives Verhandeln. • Die Gewerkschaft kann Löhne durchsetzen, die überhalb dem Gleichgewichtslohn liegen. Es entsteht die gleiche Situation wie bei den Mindestlöhnen. Jene Arbeitnehmer die angestellt bleiben erhalten einen höheren Lohn, aber ein Teil der Arbeitnehmer wird arbeitslos und erhält dafür gar keinen Lohn mehr. • Die gewerkschaftlichen Regelungen gelten nicht für einen einzelnen Arbeitnehmer, sondern für alle in dieser Branche oder Unternehmung arbeitenden Personen. • Insider-Outsider-Problem o Insider = Arbeiter o Outsider = Arbeitslose o Die Gewerkschaft hat kein Interesse daran, die Löhne zu senken um mehr Arbeitslose anzustellen, sondern sie interessiert sich lediglich für die Insider. Die Outsider sind nicht Kunden der Gewerkschaft. Effizienzlöhne o Effizienzlöhne sind Löhne, die über dem Gleichgewichtsniveau liegen, weil die Unternehmung dies freiwillig zur Steigerung der Arbeitsproduktivität macht. o Es entsteht die gleiche Situation wie bei den Mindestlöhnen. Jene Arbeitnehmer die angestellt bleiben erhalten einen höheren Lohn, aber ein Teil der Arbeitnehmer wird arbeitslos und erhält dafür gar keinen Lohn mehr. o Die Theorie der Effizienzlöhne besagt, dass höhere Löhne eine höhere Arbeitsproduktivität generieren. Es folgen die verschiedenen Varianten der Effizienzlohntheorie. Jede bietet eine etwas andere Begründung für die unternehmerische Absicht, höhere Löhne zu bezahlen: Variante 1: Gesundheitszustand der Arbeiter • Die Variante 1 der Effizienzlohntheorie besagt, dass höhere Löhne dem Arbeitnehmer ermöglichen, sich gesünder zu ernähren und bessere Gesundheitsdienstleistungen zu beziehen. Dadurch steige die Produktivität der Arbeiter. o 44 • Für reiche Staaten wie die Schweiz kann eine solche Theorie nicht zutreffen, weil alle Löhne sich überhalb dem Niveau befinden, wo man sich gesund ernähren kann. Für arme Staaten wie Nigeria aber kann diese Theorie ein Grund dafür sein, weshalb trotz eines Überangebots an Arbeitern die Löhne nicht gesenkt werden. Variante 2: Personalfluktuationen • Die Variante 2 der Effizienzlohntheorie besagt, dass je mehr eine Unternehmung seinen Arbeitnehmern bezahlt, desto weniger werden diese ihre Stelle wechseln und desto eher werden sie der Unternehmung treu bleiben. Variante 3: Arbeitseinsatz • Die Variante 3 der Effizienzlohntheorie besagt, dass Arbeiter mit höheren Löhnen fleissiger sind, weil sie ihren Job nicht verlieren wollen. Dadurch steige die Arbeitsproduktivität. Variante 4: Arbeiterqualität • Die Variante 4 der Effizienzlohntheorie besagt, dass eine Unternehmung die höhere Löhne bezahlt, die besten Arbeitskräfte anzieht. • Der Mindestlohn für dessen ein individueller Arbeiter zu arbeiten bereit ist wird als reservation wage bezeichnet. Dieser ist für jeden Arbeitnehmer unterschiedlich. Wenn die Unternehmung ihren Lohnsatz ziemlich hoch ansetzt, werden auch jene Arbeiter sich bewerben, die zwar einen hohen reservation wage aufweisen, dafür eine bessere Arbeiterqualität. • Ein empirischer Beweis für diese Theorie ist der „$5-a-day-wage“ von Henry Ford. Er bezahlte jedem Arbeiter den doppelten Lohn. Dadurch stieg die Anzahl Bewerber um ein Vielfaches und Ford konnte die besten Arbeitnehmer auswählen. Dadurch stieg die Produktivität sehr stark. Interpretation 3 (Barro) – Definition der natürlichen Arbeitslosigkeit als Gleichgewicht von Zu- und Abgängen bei den Arbeitslosen (Steady State Equilibrium) Die Zahl der Arbeitslosen in jeder Periode bestimmt sich aus dem Bestand der Vorperiode plus den Neuzugängen minus Abgängen. Die Zahl der Arbeitslosen steigt offensichtlich, wenn in jeder Periode mehr Menschen arbeitslos werden, als Arbeitslosen eine Stelle finden. Und umgekehrt sinkt die Zahl der Arbeitslosen, wenn mehr Menschen eine Stelle finden, als neue Arbeitslose registriert werden. Falls die Zu- und Abgänge sich ausgleichen, so dass die Arbeitslosenquote unverändert bleibt, besteht ein Gleichgewicht indem die neugeschaffenen Stellen gerade die verlorenen Arbeitsplätze ausgleichen. Die dann herrschende Arbeitslosigkeit wird als natürliche Arbeitslosigkeit bezeichnet. Interpretation 4 (Dornbusch) – Definition der natürlichen Arbeitslosigkeit als Arbeitslosigkeit, welche die Inflation nicht beschleunigt (nonacceleration inflation rate of unemployment NAIRU) Eine Übernachfrage nach Arbeitskräften erhöht das Lohn- und Preisniveau, ein Überangebot senkt Löhne und Preise. In der Praxis stellt man fest, dass die Veränderung von Löhnen und Preisen nicht erst dann zum Stillstand kommt, wenn am Arbeitsmarkt Angebot und Nachfrage nach Arbeitskräften ausgeglichen sind, sondern bereits vorher. Das heisst, es herrscht Arbeitslosigkeit, aber es findet kein Druck mehr auf Löhne und Preise statt, obwohl Angebot und Nachfrage noch nicht ausgeglichen sind. Es gibt ein Ungleichgewicht am Arbeitsmarkt, eine Arbeitslosenquote, die vereinbar ist mit einer stabilen Inflationsrate. Diese Arbeitslosenquote wird als natürliche Arbeitslosenquote bezeichnet. 45 4. Arbeitsmarktdiagramme Klassisches Arbeitsmarktdiagramm Der Nachteil des klassischen Arbeitsmarktdiagramms liegt darin, dass wir nicht offene Stellen und Arbeitslose gleichzeitig zeigen können, obwohl diese Situationen in der Wirklichkeit gleichzeitig auftreten. (siehe U45) o Eine Lösung dieses Problems bietet das Hansen-Diagramm. Hansen-Diagramm (Beschäftigungskurve) o o o o Die rote Linie zeigt die Theoretische Kontraktlinie. Alle Verhandlungen links vom Gleichgewicht gehören zu dieser theoretischen Kontraktlinie und könnten unterzeichnet werden, weil Angebot und Nachfrage grundsätzlich übereinstimmen. In der Praxis werden aber nicht alle diese theoretisch möglichen Kontrakte geschlossen. Z.B. ist eine passende Maurer-Stelle in Bern frei, der Maurer selbst aber wohnt in Basel. Aus diesem Grund (also aufgrund von Suche und Mismatch) entsteht eine blau eingezeichnete Tatsächliche Kontraktlinie, die links von der theoretischen Kontraktlinie liegt. Man bezeichnet diese tatsächliche Kontraktkurve auch als Beschäftigungskurve oder EEKurve. Ohne Mindest- oder Höchstlohn gibt es gleich viel Arbeitslose wie offene Stellen. Diese zwar theoretisch möglichen Verträge können aufgrund des beschriebenen Mismatchs und Suchen nicht abgeschlossen werden. Es handelt sich um die natürliche Arbeitslosigkeit. 46 Beveridge-Kurve o o Die Beveridge-Kurve ergänzt das Hansen-Diagramm. Die Blaue Kurve (45°-Kurve) zeigt den Idealfall ohne Mindest- oder Höchstlohn. In diesem Fall stimmt die Anzahl Arbeitsloser mit der Anzahl offener Stellen überein. Die grünen Kurven sind die Beveridge-Kurven. Je nach Umfang der Suche und des Mismatch befinden sie sich auf einer anderen Höhe. Je länger Suche und Mismatch dauern, desto höher sind sie. Wird ein Höchstlohn eingeführt bewegt man sich zu wmax, resp. bei einem Mindestlohn zu wmin. Unterlage 45 zeigt die Beveridge-Kurve für den Schweizer Arbeitsmarkt. Es gibt eine wichtige Beobachtung: Hysteresis-Effekt: Die Situation in der Schweiz bewegt sich Dekade zu Dekade auf eine neue Beveridge-Kurve, also von der untersten grünen Kurve, zur nächsthöheren gelegenen grünen Beveridge-Kurve. Dies bedeutet, Suche und Mismatch werden in der Schweiz von Dekade zu Dekade länger = Anstieg der Sockelarbeitslosigkeit (natürliche Arbeitslosigkeit). Zwischen dem Wechsel von einer Beveridge-Kurve auf die nächst höhere liegt immer ein Konjunktureinbruch (deshalb Hysteresis). 5. Stromkomponenten der Arbeitslosigkeit Die Arbeitslosenquote – während einer Zeitperiode – lässt sich in zwei Komponenten Arbeitslosenrisiko und Dauer der Arbeitslosigkeit aufteilen. Die beiden Komponenten sind folgendermassen definiert: o Arbeitslosenrisiko s (Separationsrate) Wahrscheinlichkeit einer Erwerbsperson in einer gegebenen Periode von Arbeitslosigkeit betroffen zu sein. Arbeitslosenrisiko = Anzahl Jobs die pro Periode (Monat) verloren gehen · 100 Arbeitswillige Dauer der Arbeitslosigkeit f (Findungsquote) Durchschnittliche Länge des Verbleibs eines Individuums im Arbeitslosenbestand o Arbeitslosenquote = Arbeitslosenrisiko · Dauer der Arbeitslosenquote Beispiel Risiko im nächsten Arbeitslosenquote Erwerbspersonen Jahr arbeitslos zu Dauer (in Jahren) (über ein Jahr werden hinweg) 1% 1’000 1% 1 10 Personen sind je ein Jahr arbeitslos 1% 1’000 10 % 1/10 100 Personen sind je 1/10 Jahr arbeitslos o Aufgaben zu Kap. 28 PA # 3, 4, 5 Aufg. 27, Skript S. 84 47 Aufg. 28, Skript S. 84 Aufg. 29, Skript S. 84 48 29. Das monetäre System 1. Die Bedeutung des Geldes Definition Geld o Geld ist ein Bündel von Aktiva, die die Menschen in einer Volkswirtschaft regelmässig dazu verwenden, Waren und Dienstleistungen von anderen Menschen zu erwerben. Die 3 Funktionen des Geldes o Tausch- oder Zahlungsmittel Überwindung sachlicher Inkompatibilität der Tauschwünsche. (Wie soll der Fischer den Bäcker bezahlen wenn dieser keine Fische mag?) Volkswirtschaftlich wichtigste Funktion Geld senkt dadurch die Tauschkosten und ermöglicht eine stärkere Spezialisierung. o Recheneinheit und Wertmassstab Allgemeine Vergleichsbasis zur Bewertung von Tauschobjekten aller Art o Wertaufbewahrungsmittel Überwindung zeitlicher Inkompatibilität der Tauschwünsche. (Man muss jetzt nicht sofort einen Tauschpartner haben; Transformation von Kaufkraft in die Zukunft) Eigenschaften von Geld o Stoffliche Eigenschaften Teilbarkeit Lagerbarkeit/Unverderblichkeit Transportierbarkeit Fälschungssicherheit o Akzeptanz als Zahlungsmittel Ursachen dieser Akzeptanz • Bonität des Gläubigers, daher des Herausgebers des Zahlungsmittels (Notenbank/Zentralbank mit Notenmonopol) • Wertstabilität des Zahlungsmittels o Ausgabe durch eine Nationalbank/Zentralbank mit Notenmonopol Nationale Geldversorgung Schweiz: SNB (Schweizerische Nationalbank) Banken und Finanzmärkte schaffen ebenfalls Zahlungsmittel in der Form von Schecks und Kreditkarten Geschichte des Geldes o Reiner Tauschhandel („barter system“) o Warengeld (Muscheln, Bohnen, Salz) o Edelmetalle (Gold, Silber) o Münzgeld aus Edelmetall o Goldstandard Æ Gutscheine auf Papier (Note = engl. für Nachricht) o Papiergeld (heute ohne Golddeckung) o Nicht-stoffliches Geld: Buchgeld, Debitkarten, WIR (Wirtschaftsring) Definition Liquidität o Liquidität ist die Leichtigkeit, mit der ein Aktivum in das Tauschmittel der entsprechenden Volkswirtschaft umgewandelt werden kann. o Beispiele Sehr liquide Aktiven • Wertschriften Weniger liquide Aktiven • Einfamilienhaus Die Geldarten o Natural-, Sach- oder Warengeld (commodity money) Warengeld ist Geld in Form einer Ware mit intrinsischem (innerem/eigenem) Wert. Der Ausdruck intrinsisch bedeutet, dass der entsprechende Gegenstand auch von Wert wäre, wenn er nicht als Geld verwendet würde. Der Stoffwert liegt nahe am Tauschwert. Beispiele • Gold o (Verwendet eine Volkswirtschaft Gold als Geld, oder Papiergeld, das auf Verlangen in Gold umtauschbar ist, so spricht man von einem Goldstandard. • Zigaretten o In Kriegsgefangenenlagern während des 2. Weltkrieges tauschten Gefangene untereinander Waren und Dienstleistungen gegen Zigaretten als Wertaufbewahrungsmittel, Recheneinheit und Tauschmittel. o 49 Befehlsgeld, Papiergeld, Papiergeld ohne Deckung oder Rechengeld (fiat money) Rechengeld ist Geld ohne intrinsischen Wert, das vom Staat zu Geld erklärt wird und von der Bevölkerung akzeptiert wird. Beispiele • Notengeld der Schweiz (intrinsischer/innerer Wert jeder Schweizer Banknote beträgt 30 Rappen Herstellkosten) • Rubel galt nicht mehr als Papiergeld, weil die Bevölkerung der UdSSR lieber mit Zigaretten tauschte anstatt mit Rubel, da die Russen eher darauf vertrauten, dass diese alternative Geldart von anderen in Zukunft akzeptiert würde. Geld in der Volkswirtschaft o Die Geldmenge (money supply) ist die Summe der Gelder die in einer Volkswirtschaft zirkulieren. o Die theoretische Zusammensetzung der Geldmenge: Bargeld im Umlauf (currency) • Bargeld bezeichnet das Notengeld sowie das Münzgeld in den Händen der privaten Wirtschaftseinheiten, nicht aber bei Banken. Buchgeld (Giroeinlagen, demand deposits) • Buchgeld bezeichnet Einlagen auf Bankkonten, die sofort liquidierbar sind (z.B. per Scheck oder EC-Karte). Hierzu zählen nicht die Kreditkarten, da es sich hierbei nicht um Zahlungsmittel, sondern Kreditmittel handelt. o Grundsätzliche Unterscheidung Notenbankgeldmenge • Allein von der Nationalbank geschaffenes Geld Geldmenge in der Wirtschaft • im Publikum, d.h. ausserhalb des Bankensystems • wird von der Nationalbank und den Geschäftsbanken im Zusammenspiel geschaffen o Geldmengenaggregate (2003, in Mio. Fr.) Notenumlauf 35’663 + Giroguthaben von inländischen Banken bei der SNB 4’750 (2.5 % der kurzfristigen Verbindlichkeiten der Banken) = 40’412 = Notenbankgeldmenge (H) Notenumlauf total 40’544 + Münzumlauf total + 2’383 = Bargeldbestand total = 42’927 - Bargeld bei Banken und beim Postcheck + 9’718 = 33’209 = Bargeld beim Publikum Bargeld beim Publikum (=alle Inländer ohne Banken) 33’209 + Sichteinlagen des Publikums bei Banken und Postcheck + 150’234 + Transaktionskonti des Publikums bei Banken (hohe + 90’227 Kündigungslimite, dadurch für den Zahlungsverkehr geeignet) = 273’670 = Geldmenge M1 (beim Publikum) Geldmenge M1 273’670 + restliche Spareinlagen + 201’907 = Geldmenge M2 (beim Publikum) (mittelfristig verfügbar) = 475’577 Geldmenge M2 475’577 + Termineinlagen von Inländern bei Banken + 69’736 = Geldmenge M3 (beim Publikum) (langfristig verfügbar) = 545’313 o 2. Die Zentralbank Definition Zentralbank o Die Zentralbank ist eine Institution, die errichtet wird, um das Bankensystem zu überwachen und die Geldmenge in einer Volkswirtschaft zu regulieren. Federal Reserve System (Fed) (Zentralbank der USA) o Organisation Board of Governors (7 Mitglieder) • durch den Senat ernannt • 14-jährige Amtsperiode (Zweck = Unabhängigkeit von der Politik) • Chairman = Vorsitzender (Alan Greenspan) Federal Open Market Commitee (FOMC) • 7 Mitglieder des Board of Governors und 12 Präsidenten der Regionalen Federal Reserve Banken (nur 5 Präsidenten von 12 dürfen abstimmen) • Führung der Geldpolitik 50 Federal Reserve Board (Washington) 12 Regionale Federal Reserve Banken o 2 Hauptaufgaben Regulierung und Gesundhaltung der Banken • Lender of last resort (Überbrückungskredite für liquiditätsschwache Banken) Überwachung und Regulierung der Geldmenge • Erhöhung und Verkleinerung der Geldmenge Die geldpolitischen Instrumente zur Regulierung der Geldmenge o Offenmarktgeschäft (Open Market Operations) (Kauf und Verkauf von Staatspapieren) Erhöhung der Geldmenge: Erschaffung von Buchgeld und Kauf von Staatsobligationen an der Börse. • Jeder neue Franken der als Bargeld gehalten wird, erhöht die Geldmenge um 1. • Jeder neue Franken der als Buchgeld bei einer Bank gehalten wird, erhöht die Geldmenge um den höheren Geldschöpfungsmultiplikator. Verkleinerung der Geldmenge: Verkauf von Staatsobligationen an der Börse und anschliessende Vernichtung von Buchgeld. o Mindestreserven (reserve requirements) Die Zentralbank kann den Reservesatz verändern. Dadurch verändert sie den Geldschöpfungsmultiplikator. Dadurch müssen die Geschäftsbanken mehr oder weniger Reserven an liquiden Mitteln halten. Diese halten Sie in der Regel als Pflichteinlagen bei der Zentralbank. Erhöhung der Geldmenge: Senkung des Reservesatzes Verkleinerung der Geldmenge: Erhöhung des Reservesatzes o Diskontzins (discount rate) Der Diskontzins ist der Zinssatz für Kredite der Geschäftsbanken bei der Zentralbank. Erhöhung der Geldmenge: Senkung des Zinssatzes Verkleinerung der Geldmenge: Erhöhung des Zinssatzes Probleme bei der Kontrolle des Geldangebotes o Die Zentralbank hat keine Kontrolle über den Betrag, welche die Haushalte als Bankeinlagen halten. Je mehr die Haushalte einzahlen, desto höher steigt die Geldmenge. Je mehr die Haushalte zurückziehen, desto kleiner wird die Geldmenge. (z.B. „Bank Run“ wenn die Haushalte das Vertrauen in die Banken verlieren und diese stürmen um ihr Geld zurückzuziehen) o Die Zentralbank hat keine Kontrolle über den Betrag, wie viele Kredite die Banken sprechen. Halten die Banken mehr Reserven als sie müssten, kommt der Geldschöpfungsmultiplikator nicht zum tragen. Das Geldangebot fällt. (z.B. wenn die Wirtschaft schlecht läuft und die Banken deshalb wenige Kredite sprechen) o Die Zentralbank wird sich aus diesen Gründen wöchentlich Daten über das Verhalten von Banken und Haushalten aneignen. 3. Die Geldschöpfung der Geschäftsbanken Weil das Buchgeld auf Kontenguthaben bei der Bank gehalten wird, kann das Verhalten der Banken die Menge an Buchgeld und damit auch die Geldmenge verändern. Der einfache Fall eines Systems mit 100%iger Reservehaltung o Zu Beginn bestehe keine Bank. Es gibt nur Bargeld im Wert von 100. Die Geldmenge (Buchgeld + Bargeld) beträgt 100. o Jetzt werde die erste Bank mit Namen „1. Bank“ gegründet. Die Bank nimmt Geld entgegen, spricht aber keine Kredite. Es handelt sich deshalb um ein 100%iges-Reservesystem. o Reserven sind Einlagen, welche die Banken erhalten haben, aber nicht als Kredite verleihen. o Nehmen wir weiter an, das gesamte Bargeld von 100 1. Bank Aktiven Passiven werde bei der „1. Bank“ einbezahlt. Die Geldmenge 100 Verpflichtungen 100 (100 Buchgeld + 0 Bargeld im Umlauf) beträgt immer Reserven noch 100. Es gibt in diesem Fall kein umlaufendes Bargeld mehr, da alles im Tresor der Bank liegt. o Jede Bankeinlage reduziert also die Bargeldmenge und erhöht die Buchgeldmenge um denselben Betrag, wobei das Geldangebot unverändert bleibt. Halten also die Banken die gesamten Einlagen als Reserven, so haben sie keinen Einfluss auf das Geldangebot. Geldschöpfung in einem Bankensystem mit partieller Reservehaltung o Weil die neu einbezahlten Bankeinlagen in der Regel mit den auszuzahlenden Bankeinlagen übereinstimmen, muss die Bank in Wirklichkeit nur einen kleinen Anteil an Reserven halten. 51 Ein Partielles Reservesystem (fractional-reserve banking) ist ein Bankensystem, in dem die Banken nur einen bestimmten Prozentsatz ihrer Einlagen als Reserven halten. o Als Reservesatz (reserve ratio) bezeichnet man den Prozentsatz der Einlagen, den die Bank als Reserven hält und nicht als Kredite ausleiht. o Die „1. Bank“ ist gesetzlich verpflichtet einen 1. Bank Reservesatz von 10 % zu halten. Der Rest des Geldes Aktiven Passiven wird als Kredite ausgeliehen. Reserven 10 Verpflichtungen 100 o Die Geldmenge beträgt nun 190 (90 Bargeld im Darlehen 90 Umlauf + 100 Buchgeld). o Halten die Banken nur einen bestimmten Prozentsatz ihrer Einlagen als Reserven, so können sie Geld schaffen bzw. schöpfen. o Am Ende dieses Geldschöpfungsprozesses ist die Volkswirtschaft liquider in dem Sinne, dass eine höhere Summe des Tauschmittels vorhanden ist, die Volkswirtschaft also liquider ist, aber nicht reicher als zuvor. Der Geldschöpfungsmultiplikator o Der Kreditnehmer der „1. Bank“ mit einem Kredit von 90 2. Bank Aktiven Passiven verwendet dieses Geld um Waren zu kaufen. Der 9 Verpflichtungen 90 Verkäufer selbst zahlt das Geld bei der „2. Bank“ auf ein Reserven Darlehen 81 Bankkonto ein (Bargeld von 90 verschwindet aus der Geldmenge) und die Bank leiht wiederum 90 % aus davon (81 kommen neu in die Geldmenge). o Die Geldmenge beträgt nun 271 (81 Bargeld im Umlauf + 190 Buchgeld). Es wurde also zusätzliches Geld von 81 (entspricht genau dem neuen Darlehensbetrag) geschaffen. o Der Kreditnehmer der „2. Bank“ mit einem Kredit von 3. Bank Aktiven Passiven 81 wird dieses Geld in einer „3. Bank“ anlegen. Reserven 8.10 Verpflichtungen 81 o Die Geldmenge beträgt nun 343.90 (72.90 Bargeld Darlehen 72.90 im Umlauf + 271 Buchgeld). o Dieser Prozess setzt sich immer weiter fort. Jedesmal, wenn Geld bei einer Bank eingelegt wird und daraufhin Kredite vergeben werden, wird Geld geschöpft. Man nennt dies den multiplen Geldschöpfungsprozess. Wie viel Geld kann dann letztendlich in unserer Modellvolkswirtschaft geschaffen werden? • Ursprüngliche Einlage 100.00 Kreditvergabe „1. Bank“ 90.00 0.9 x 100 Kreditvergabe „2. Bank“ 81.00 0.9 x 90 Kreditvergabe „3. Bank“ 72.90 0.9 x 81 … Total 1'000.00 = Geldschöpfungsmultiplikator Der Geldbetrag, den das Bankensystem mit jedem Franken an ursprünglichen Einlagen bzw. Reserven erzeugen kann, wird als Geldschöpfungsmultiplikator bezeichnet. Der Geldschöpfungsmultiplikator ist der Kehrwert des Reservesatzes in %. Im Beispiel Reservesatz R = 1/10 = 10 % Im Beispiel Geldschöpfungsmultiplikator x10 (Kehrwert) vom Reservesatz Mit jedem Franken an Einlagen können also im Beispiel 10 (1 x 10) Franken erzeugt werden. (10 % = 100; 100 % = 1000) Wenn eine Bank 1'000 an Einlagen aufweist, so besagt eine Reservesatz von 1/10 (=0.1 =10%), dass die Bank 100 Fr. an Reserven halten muss. Der Geldschöpfungsmultiplikator dreht diese Überlegung einfach um: Wenn 100 an Reserven gehalten werden, so können nur 1'000 an Einlagen vorhanden sein. Beträgt der Reservesatz hingegen 1/5 (20 %), so müssen fünf Mal soviel Einlagen wie Reserven im Bankensystem vorhanden sein, womit der Geldschöpfungsmultiplikator 5 beträgt. Je höher der Reservesatz, desto geringer die verliehene Kreditsumme, desto geringer der Geldschöpfungsmultiplikator. Im 100%igen Reservesystem liegt der Reservesatz bei 1 = 1/1 = 100 %, womit der Geldschöpfungsmultiplikator auch bei 1 liegt und die Banken kein zusätzliches Geld schöpfen. o 52 Weiteres Beispiel zur Geldschöpfung der Geschäftsbanken Die Geldschöpfung der Geschäftsbanken (mit Bargeldhaltung) o Grundlegende Unterscheidung Passive Geldschöpfung (Anstoss kommt von den Bankkunden) Aktive Geldschöpfung (Anstoss kommt von der Bank selbst) o Eine aktive Geldschöpfung ist unmöglich, falls die Geschäftsbanken gleich viele Reserven wie Einlagen halten (für den Reservesatz gilt: re = 1). Aktive Geldschöpfung erfordert damit dass gilt: re < 1. o Allgemeiner Fall (mit Bargeldhaltung) Symbole • M Geldmenge • H Basisgeldmenge (Geld das ursprünglich in die „Erste Bank“ einbezahlt wurde) • CU Bargeldumlauf (Bargeld) • D Sichteinlagen bei Geschäftsbanken (Buchgeld) • RE Reserven der Geschäftsbanken (Bargeld der Banken) • mm Geldmultiplikator • cu Bargeldhaltungssatz (Kunden) Durch Private gehaltenes Bargeld in % der Sichteinlagen (Konten) • re Reservehaltungssatz (Geschäftsbanken) Durch Banken gehaltenes Bargeld in % der Sichteinlagen (Konten) 53 Gleichungen • Definitionen o M = D + CU o H = RE + CU • Verhalten der Bankkunden o cu = CU / D • Verhalten der Geschäftsbanken o re = RE / D • Ableitung des Geldmultiplikators o M = mm · H mm = M/H o M = D + CU H = RE + CU o mm = (1 + cu)/(re + cu) • Endresultat (1 + cu) o M= ·H (re + cu) Aufgabenbeispiele • Beweisen sie die obige Formel (Endresultat) für mm: o mm = (1 + cu)/(re + cu) o M/H = (1 + cu)/(re + cu) /·H o M = (1 + cu)/(re + cu) · H • Zeigen Sie, dass der Fall ohne Bargeldhaltung ein Spezialfall der obigen Formel ist: o Ohne Bargeldhaltung re = 1 o M = (1 + cu)/(1 + cu) · H o M=1·H o M=H o Die Geldmenge entspricht der Basisgeldmenge. Es erfolgt in diesem Fall keine Geldmultiplikation. • Steigt oder fällt mm, falls re zunimmt? o mm = (1 + cu)/(re + cu) Ausgangslage Annahme re = 0.2, cu = 0.1 • mm = (1 + 0.1)/(0.2 + 0.1) mm = 3.67 Grenzveränderung Annahme re = 0.3, cu = 0.1 • mm = (1 + 0.1)/(0.3 + 0.1) mm = 2.75 Je mehr Reserven die Geschäftsbanken halten (von 20 % auf 30 % im Beispiel), desto kleiner wird der Geldmultiplikator mm. • Wie wird sich mm ändern, falls cu steigt? o mm = (1 + cu)/(re + cu) Ausgangslage Annahme re = 0.2, cu = 0.1 • mm = (1 + 0.1)/(0.2 + 0.1) mm = 3.67 Grenzveränderung Annahme re = 0.2, cu = 0.2 • mm = (1 + 0.2)/(0.2 + 0.2) mm = 3 Je mehr Bargeld die Kunden halten und nicht auf die Bank bringen (von 10 % auf 20 % im Beispiel), desto kleiner wird der Geldmultiplikator mm. 4. Schweizerische Nationalbank (SNB) Grundlagen o Geschichte Bund erhält 1891 das Notenmonopol Volksbeschluss zur Gründung der Nationalbank: 1905 Aufnahme der Tätigkeit: Juni 1907 o Rechtsform Spezialgesetzliche Aktiengesellschaft Nationalbankgesetz (NBG) Rechtlicher Sitz in Bern Wirtschaftlicher Sitz in Zürich 54 Eigentümer 55 % der Aktien sind im Besitz der öffentlichen Hand (Kantone, Kantonalbanken etc.) 45 % der Aktien sind im Privatbesitz von Schweizer Bürgern (Aktien sind kotiert, nur Schweizer Bürger dürfen Aktionäre sein) Der Bund ist nicht Aktionär. o Organisation Bankrat • Der Bankrat besteht aus 11 Mitgliedern. • 6 Mitglieder (inklusive Präsident und Vizepräsident) werden vom Bundesrat gewählt. • 5 Mitglieder werden von der Generalversammlung gewählt. Direktorium • Die Mitglieder des Direktoriums und die Stellvertreter werden auf Vorschlag des Bankrats vom Bundesrat für eine Amtsdauer von sechs Jahren gewählt. Eine Wiederwahl ist möglich. • Der Direktorium bestimmt die Politik der SNB alleine. Der Bankrat ist nur beratend. • Ziel = Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit o Aufgaben Erleichterung des Zahlungsverkehrs Gewährleistung der Bargeldversorgung Führung einer Geld- und Währungspolitik im Gesamtinteresse des Landes Aufsicht über die Zahlungs- und Wertschriftenabwicklungssysteme (Aufsicht und Betrieb des SCI) o Gewinne der SNB Die Gewinnausschüttung muss also in SNB-Politik eingeplant werden, weil eine erhöhte Inflationsgefahr besteht. Gewinnquelle der SNB: • Erträge aus Währungsreserven • Seignorage (Prägegewinn, Ausgabe einer 1000er Note mit Kosten von 0.30, Ertrag von 1'000) • Zins aus Repogeschäft • Goldhandel • Devisenhandel Gewinnverteilung • Zuweisung an den Reservefonds • Auszahlung einer Dividende von maximal 6 % • Beitrag von 80 Rappen an die Kantone • Überschuss: o 2/3 an Kantone o 1/3 an Bund Geld- und Währungspolitik o Drei mögliche Ziele Preisstabilität (Inflationsziel) Zinsziel Wechselkursziel o Die SNB verfügt aber nur über 1 Instrument zur Erreichung dieser möglichen Ziele, die Notenbankgeldmenge (H) o Tinbergen-Regel: Du sollst nie mehr Ziele haben als du Instrumente hast. Vorliegend hat man aber 3 Ziele und nur 1 Instrument. Die SNB konzentriert sich auf das Ziel der Preisstabilität (Inflationsziel). Geldpolitisches Konzept o 1. Preisstabilität als Ziel (Inflation LIK < 2 % pro Jahr) o 2. Entscheidungen auf Inflationsprognose abstützen (3 Jahre) o 3. Operationelles Zielband für den gewählten Zinssatz (3-Monats-LIBOR) festlegen 1 % breit, aktuell: 0.25 % – 1.25 % o Weicht die prognostizierte Inflation von der Preisstabilität ab, drängt sich eine Überprüfung der Geldpolitik auf. Droht die Teuerung über 2 % zu steigen, fasst die SNB eine Straffung der Geldpolitik ins Auge. Umgekehrt sieht sie eine Lockerung vor, wenn die Gefahr einer Deflation besteht. o Die Nationalbank setzt ihre geldpolitischen Absichten um, indem sie das Zinsniveau auf dem Geldmarkt beeinflusst. Sie legt für den Dreimonats-LIBOR, den wirtschaftlich bedeutendsten Geldmarktsatz für Frankenanlagen, jeweils ein Zielband mit einer Breite von einem Prozentpunkt fest und publiziert dieses regelmässig. Die Nationalbank überprüft in der Regel ihre Geldpolitik anlässlich der vierteljährlichen Lagebeurteilung. Falls es die Umstände 55 o erfordern, passt sie das Zielband für den Dreimonats-LIBOR auch ausserhalb dieser Termine an. Sie begründet allfällige Änderungen o LIBOR Als LIBOR (London Interbank Offered Rate) bezeichnet man die Zinssätze, die von der British Bankers Association an jedem Arbeitstag um 11:00 Uhr (Londoner Zeit) fixiert werden. Es handelt sich um die Sätze, welche grosse Banken für ungedeckte Geldmarktkredite untereinander verlangen. Die LIBOR-Fixierung erfolgt nach einem klar definierten Verfahren für verschiedene Währungen und Laufzeiten. Der CHFLIBOR entspricht dem Durchschnitt der aktuellen Zinskonditionen von sechs führenden Banken. Geldpolitische Instrumente zur Regulierung der Geldmenge o Diskontpolitik Wechsel der Banken diskontieren bei der SNB keine Bedeutung seit 1995 o Devisengeschäfte (Devisenswap) Kauf und Verkauf von Devisen gg. CHF, 3 Monate später umgekehrtes Geschäft heute selten, früher zentrales Instrument o Lombardpolitik = Notventil Liquidität zum Strafzins gegen Sicherheiten bis zur Lombardlimite Nur als Not-Liquidität o REPO-Geschäft (Repurchase Option Agreement) wichtigstes Instrument (gab es vor 2000 nicht) Liquidität zum Repo-Satz gegen Sicherheiten, 3 Monate später umgekehrtes Geschäft Ziel = LIBOR im Zielband halten Buchung: Forderung aus Repogeschäften/Notenumlauf Einfluss nur auf kurzfristige Zinsen o Die Nationalbank beeinflusst den Dreimonats-LIBOR hauptsächlich über kurzfristige REPOGeschäfte, ihr wichtigstes geldpolitisches Instrument. Sie kann einen unerwünschten Anstieg des Dreimonats-LIBORs verhindern, indem sie den Banken mittels REPO-Geschäften vermehrt Liquidität zuführt und ihre REPO-Sätze reduziert (Liquiditätsschaffung). Umgekehrt bewirkt sie durch eine Verknappung der Liquiditätsversorgung bzw. eine Erhöhung der REPO-Sätze einen Zinsanstieg (Liquiditätsschöpfung). Die Laufzeit der REPS liegt im Normalfall zwischen einem Tag und wenigen Wochen. Beim REPO-Geschäft verkauft der Geldnehmer eigene oder geliehene Wertpapiere an den Geldgeber. Gleichzeitig wird vereinbart, dass der Geldnehmer Papiere gleicher Art und Menge zu einem späteren Zeitpunkt vom Geldgeber zurückkauft. Aus ökonomischer Sicht handelt es sich beim REP um ein gesichertes Darlehen. Dafür entrichtet der Geldnehmer dem Geldgeber einen Zins. Die Dosierung des Geldangebots o Ist das Geldangebot zu hoch, bewirkt dies eine zu starke Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen. Die gesamtwirtschaftliche Kapazität wird überlastet, die Preise steigen – es kommt zu Inflation. o Ist zu wenig Geld im Umlauf, so sinkt die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen stehen leer und die Preise geraten unter Druck – es entsteht Deflation. o Die SNB versucht mit Hilfe von Modellrechnungen zu bestimmen, welches Wachstum der Geldaggregate mit langfristiger Stabilität zu vereinbaren ist. Übertrifft das Wachstum der Geldaggregate während längerer Zeit dieses neutrale Wachstum, so droht Inflation; wachsen die Geldaggregate allzu langsam, besteht die Gefahr einer Deflation. o Ändert die SNB ihren geldpolitischen Kurs, so wirkt sich dies schwerpunktmässig zuerst auf die Preise bestehender Vermögensaktiven (Renditen, Wechselkurs usw.), dann auf die Produktion und die Beschäftigung und erst zuletzt auf das allgemeine Preisniveau, d.h. auf die Preise von Waren und Dienstleistungen aus. o Ein geldpolitischer Kurswechsel hat kurzfristig Auswirkungen auf die Produktion und die Beschäftigung. Langfristig kann die Geldpolitik das Wirtschaftswachstum jedoch nicht beeinflussen. Strukturelle Probleme der Volkswirtschaft wie ein chronisch schwaches Wirtschaftswachstum oder eine hartnäckig hohe Arbeitslosigkeit mit Hilfe der Geldpolitik lösen zu wollen, verspricht deshalb wenig Erfolg. Hier sind die anderen bereche der Wirtschaftspolitik gefordert. Aufgaben zu Kap. 29 PA # 12 (Sehr wichtige Aufgabe!!!) PA # 13 (Sehr wichtige Aufgabe!!!) Aufg. 32 Skript S. 94 Aufg. 31 Skript S. 94 (Fragen zur SNB) 56 30. Inflation 1. Die Inflation Definition Inflation und Deflation o Inflation bezeichnet die Zunahme des gesamtwirtschaftlichen Preisniveaus über einen längeren Zeitraum. o Deflation bezeichnet die Abnahme des gesamtwirtschaftlichen Preisniveaus über einen längeren Zeitraum. Eine ausserordentlich hohe Inflation wird als Hyperinflation bezeichnet. Hyperinflation liegt dann vor, wenn die Inflation höher als 50 % pro Monat ist. Das Preisniveau steigt um das Hundertfache in einem Jahr. Messung der Inflation o Die Inflation wird mit der prozentualen Zunahme des Konsumentenpreisindexes oder des BIP-Deflators gemessen. 2. Die Klassische Theorie der Inflation: Die Quantitätstheorie des Geldes Preisniveau und Geldwert o Preisniveau (=P) Æ Zwei Interpretationen Das Preisniveau bezeichnet einerseits die Kosten eines Warenkorbes mit Gütern und Dienstleistungen. • Steigt das Preisniveau P, muss für die Güter und Dienstleistungen im Warenkorb mehr bezahlt werden. Das Preisniveau bezeichnet andererseits den Geldwert (=1/P). • Steigt das Preisniveau P, wird der Geldwert kleiner und mit jedem Franken kann eine kleinere Menge an Gütern gekauft werden. Geldangebot, Geldnachfrage und monetäres Gleichgewicht o Geld ist wie alle anderen Güter ein ökonomisches Gut. o Das Angebot (Geldangebot) und die Nachfrage (Geldnachfrage) von Geld bestimmen den Geldwert (monetäres Gleichgewicht). o Geldangebot Das Geldangebot wird durch die Geldschöpfung und Geldvernichtung der Nationalbank, der Geschäftsbanken und des Geldschöpfungsmultiplikators bestimmt. o Geldnachfrage Die Geldnachfrage hängt erstens vom benötigten Bargeldbetrag ab, den die Personen auf sich tragen. Die Geldnachfrage hängt zweitens vom Zinssatz ab, welche eine Person erhalten würde, würde sie das Geld anlegen, anstatt es im Portemonnaie herum zu tragen. Die Geldnachfrage hängt am meisten vom durchschnittlichen Preisniveau in einer Volkswirtschaft ab. Bei einem hohen Preisniveau (daher kleiner Geldwert) wird eine grosse Menge an Geld nachgefragt um die hohen Preise zu bezahlen. o Monetäres Gleichgewicht Der betrachtete Zeithorizont entscheidet darüber, ob das Geldangebot mit der Geldnachfrage übereinstimmt. Auf lange Sicht passt sich das allgemeine Preisniveau an das Niveau an, bei dem die Geldnachfrage dem Geldangebot entspricht. • Ist das Preisniveau überhalb dem monetären Gleichgewicht, dann wollen die Personen mehr Geld haben als die Nationalbank anbietet. • Ist das Preisniveau unterhalb dem monetären Gleichgewicht, dann wollen die Personen weniger Geld als die Nationalbank anbietet. Grafische Darstellung des Geldmarktes 57 • x-Achse = Geldmenge linke y-Achse = Geldwert 1/P rechte y-Achse = Preisniveau P (invertierte Achse) • Die Geldnachfragekurve korreliert negativ. Dies bedeutet, dass wenn der Geldwert tief ist (und das Preisniveau hoch), die Personen eine grosse Menge an Geld nachfragen um Güter und Dienstleistungen zu kaufen. Auswirkungen einer Erhöhung der Geldmenge (Geldschöpfung) o Die Nationalbank erhöht die Geldmenge indem sie im REPO-Geschäft Liquidität gegen Sicherheiten austauscht. A B Das Geldangebot M verschiebt sich nach rechts, womit sich das monetäre Gleichgewicht verändert. Der Geldwert sinkt. Das Preisniveau steigt. o Definition Quantitätstheorie des Geldes Eine Theorie die besagt, dass die verfügbare Geldmenge das Preisniveau bestimmt und dass die Wachstumsrate der Geldmenge die primäre Ursache für die Inflation und damit die Inflationsrate ist. Der Anpassungsprozess (von Punkt A nach Punkt B) 1. Zuerst befindet sich die Wirtschaft im Ausgangs-Gleichgewicht (Punkt A, MV=PY). In jenem Moment wo die Nationalbank die Geldmenge erhöht gibt es ein Überangebot an Geld. 2. Die Bürger werden dieses Überangebot an Geld nutzen, um Güter und Dienstleistungen zu kaufen oder Geld anzulegen und damit anderen ermöglichen Güter und Dienstleistungen zu kaufen. Die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen steigt an. 3. Die Fähigkeit der Wirtschaft Güter und Dienstleistungen zu produzieren (Y=C+I+G+NX) aber verändert sich nicht. Die Preise aller Güter- und Dienstleistungen steigen (P steigt, nicht Y). 4. Somit steigt auch die Nachfrage nach Geld, weil jedermann mehr Geld braucht um die höheren Preise zu bezahlen. Die Wirtschaft erreicht ein neues Gleichgewicht (Punkt B, MV=PY). o Befindet sich der Geldmarkt im Gleichgewicht so gibt es keine Inflation. Inflation oder Deflation herrscht nur während des Anpassungsprozesses zwischen den Gleichgewichten. Auswirkungen eines Wirtschaftswachstums o Ausgangslage (Punkt A) o o Vor der Anpassung der Geldmenge In einem Staat wächst die Wirtschaft. Die Gütermenge Y steigt. In einem solchen Fall wird mehr getauscht, also mehr Geld nachgefragt. Die Geldnachfrage steigt. MV = PY Æ Weil sich M und V nicht verändern muss sich P verändern. P wird kleiner. Es entsteht Deflation (Punkt B) Nach der Anpassung der Geldmenge Die Nationalbank wird nun eingreifen und die Geldmenge erhöhen. Nach der Anpassung der Geldmenge wird sich die Wirtschaft wieder im Gleichgewicht (Punkt C) befinden. Es herrscht wieder Preisstabilität. MV = PY Æ M wird nun durch die SNB erhöht. P steigt wieder. 58 o Fazit Die Nationalbank muss das Geldangebot kontinuierlich erhöhen wenn die Volkswirtschaft wächst. Klassische Dichotomie und Neutralität des Geldes Wie beeinflusst diese Veränderung des Geldangebots andere makroökonomische Variabeln? o Klassische Dichotomie (Hume) Die theoretische Trennung zwischen nominalen und realen Variabeln. Nominale Variabeln Variabeln, die in Geldeinheiten ausgedrückt werden. • Nominale Preise o in CHF oder USD • Nominalzins • Nominallöhne • Nominales BIP (erfasst Preis- und Mengenänderung) Reale Variabeln Variabeln, die in Mengeneinheiten ausgedrückt werden. • Reale Preise o relative Preise (Eine Schokolade kostet 2 Eier) o Kaufkraft • Realzins • Reallöhne • Reales BIP (erfasst nur Mengenänderung, also Produktionsmenge) • Beschäftigung o Neutralität des Geldes gemäss monetaristischer Theorie (Milton Friedman) Die Behauptung, dass Änderungen des Geldangebots langfristig Auswirkungen auf nominale Variabeln haben aber keine Auswirkungen auf reale Variabeln haben. Die Behauptung, dass Änderungen des Geldangebots kurzfristig Auswirkungen auf nominale und reale Variabeln haben. • Die Ursache für die Abweichung langfristig/kurzfristig besteht darin, dass die Märkte kurzfristig noch nicht im Gleichgewicht sind. Die Preise sind grundsätzlich unflexibel/starr und müssen sich zuerst anpassen. Umlaufgeschwindigkeit des Geldes und Quantitätsgleichung o Umlaufgeschwindigkeit (V) (Velocity of money) Das Tempo, mit dem das Geld in der Wirtschaft zirkuliert. Wie oft wird eine Geldeinheit zum zahlen für neu produzierte Güter und Dienstleistungen verwendet? V = (P · Y) / M (Schreibvariante 1) V drückt aus, wie häufig pro Jahr die Geldmenge M zum Kauf von Endprodukten verwendet wird. • V Umlaufgeschwindigkeit P Preisniveau (BIP-Deflator) (Ausgangslage = 1; später z.B. 1.05) Y Outputmenge (reales BIP) (P · Y) Nominales BIP (Gesamtausgaben und Gesamteinkommen) M Geldmenge • Beispiel o M = 10.00 o Y = 60 Joghurts o P = 0.50 pro Joghurt o V = [1 · (0.50 · 60)]/10 V=3 o Wie oft müssen die 10 Franken ausgegeben werden, damit alle Joghurte gekauft werden können. • V hängt vom Zahlungsverhalten ab. • V wird vereinfacht als konstant angenommen. Quantitätsgleichung Die Gleichung M · V = P · Y, die die Beziehung zwischen der Geldmenge, der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes und dem CHF-Wert des Outputs der Volkswirtschaft an Waren und Dienstleistungen angibt. o M·V=P·Y (Schreibvariante 2) • Die linke Seite (M · V) drückt den nominellen Wert aller Käufe für Endprodukte, die rechte Seite (P · Y) den entsprechenden Wert aller Verkäufe aus. 59 • o Die Quantitätsgleichung zeigt, dass sich ein Anstieg der Geldmenge (M) in der Volkswirtschaft in einer der drei anderen Variabeln widerspiegeln muss: Entweder muss das Preisniveau (P) steigen oder die Outputmenge (Y) muss zunehmen oder die Umlaufgeschwindigkeit (V) des Geldes muss sinken. Die Fünf Schritte der Quantitätstheorie des Geldes 1. Die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes (V) ist vergleichsweise stabil. 2. Ändert die Nationalbank die Geldmenge (M), kommt es aufgrund der stabilen Umlaufgeschwindigkeit (V) zu einer proportionalen Änderung des nominalen Wertes des Outputs (P x Y). 3. Der Output der Volkswirtschaft (Y) wird in erster Linie vom Faktorangebot (Arbeit, Boden, physisches Kapital, Humankapital, natürliche Ressourcen) und der vorhandenen Technologie bestimmt. Da Geld neutral ist, hat es keinen Einfluss auf den Output. 4. Wird der Output (Y) durch Faktorangebot und Technologie bestimmt, spiegeln sich eine Änderung des Geldangebots (M) durch die Notenbank und parallel dazu eine Änderung des nominalen Wertes des Outputs (P x Y) in einer Änderung des Preisniveaus (P) wider. 5. Die Folge einer schnellen Erhöhung des Geldangebots durch die Nationalbank ist daher eine hohe Inflationsrate. In der folgenden Grafik sind die Jahreswachstumsraten von M3 und des Landesindexes für Konsumentenpreise (LIK) – die Inflationsrate – abgebildet. Das Bild zeigt, dass ein anhaltend starkes Geldmengenwachstum mit einer Verzögerung von rund drei Jahren zu einem Anstieg der Inflation führt. • o Eine Zeitverzögerung (time lag) von 1.5 bis 3 Jahren zwischen einer Änderung der Geldversorgung und der entsprechenden Wirkung auf das Preisniveau muss bei geldpolitischen Entscheidungen berücksichtigt werden. Der Geldmarkt (siehe auch Abbildung des Geldmarktes oben) Geldnachfragefunktion • V = (P · Y) / M MV = (P · Y) M = (P· Y)/V V = 1/k M = k · PY • MD = k · PY • In dieser einfachen Form drückt die Funktion aus, dass die Geldhaltung der Leute proportional zum nominellen Einkommen ist. • k bezeichnet den Kassahaltungssatz. • P · Y entspricht dem nominalen Einkommen • Y wird exogen vorgegeben durch die Produktionsfunktion Geldangebot • MS = M • Das Geldangebot wird exogen durch die Zentralbank festgelegt. Gleichgewicht auf dem Geldmarkt • MS = MD • M = k · PY • M · 1 = PY k • 1/k entspricht per Definition der Umlaufgeschwindigkeit V. Da k ein Parameter darstellt, ist V exogen. Damit ergibt sich die Quanitätsgleichung: o MV = PY • Schlussfolgerungen über den Einfluss der Geldmenge auf das Preisniveau o Wenn die Geldnachfrage proportional zum nominellen Einkommen ist, dann ist die Umlaufgeschwindigkeit exogen. D.h. sie verändert sich nicht durch eine Veränderung der Geldmenge. 60 Eine Veränderung der Geldmenge führt bei einer exogenen Umlaufgeschwindigkeit und exogenem Realeinkommen zu einer proportional gleichen Veränderung des Preisniveaus. M · V = P · Y lässt sich auch als prozentuale Veränderung schreiben: • Δ%M · Δ%V = Δ%P · Δ%Y o Δ%V wird exogen vorgeben. Es ist deshalb grundsätzlich konstant. V verändert sich also grundsätzlich nicht. o Δ%M = Geldmengenwachstum Δ%Y = Reales BIP-Wachstum Wenn sich beide, M und Y, gleich wachsen, so eliminiert sich ihre Wirkung auf P gegenseitig. o Δ%P gibt deshalb die Inflationsrate Ä wider. Die modellmässige Bestimmung des Preisniveaus in der langen Frist V • P= ·M Y bzw. in prozentualen Änderungen: o • ΔP = ΔM P M Die Inflationssteuer o Es stellt sich die Frage, weshalb die Nationalbanken ihr Geldangebot erhöhen, wenn dies zu einer höheren Inflationsrate führt? Die Antwort lautet, dass der Staat seine Ausgaben in solchen Ländern durch Geldschöpfung finanziert. o Die Inflationssteuer bezeichnet jene Staatseinnahmen, die der Staat durch Geldschöpfung erzielt. Dadurch steigt das Preisniveau und der Welt des Geldes sinkt. Die Inflationssteuer stellt daher eine Steuer auf jedermann dar, der Geld hält. Alle Hyperinflationen folgen demselben Muster. Der Staat hat hohe Ausgaben, die Steuereinnahmen sind unzulänglich und die Möglichkeiten der Kreditaufnahme begrenzt. Infolgedessen bedient sich der Staat der Notenpresse um seine Ausgaben zu finanzieren, was zu einer extremen Inflation führt. Der Fischer-Effekt o Realzins = Nominalzins – Inflationsrate Nominalzins = Realzins + Inflationsrate o Angebot und Nachfrage nach Krediten verändert den Realzinssatz. Die Zu- oder Abnahme der Geldmenge beeinflusst die Inflationsrate. o Der Realzins ist eine reale Variabel und damit langfristig neutral. Wenn die Nationalbank die Geldmenge erhöht, steigt die Inflationsrate. Deshalb muss auch der Nominalzins muss steigen, denn der Realzins soll gemäss der klassischen Dichotomie gleich bleiben, er ist neutral. Steigt also die Inflationsrate, muss auch der Nominalzinssatz steigen. o Kurzfristig gilt dieser Fischer-Effekt nicht, der Realzinssatz kann sich kurzfristig verändern. 3. Die Kosten der Inflation Ein Rückgang der Kaufkraft? Der Trugschluss der Inflation o Oftmals hört man die Aussage, Inflation nehme einem die Kaufkraft des Geldes weg, dass man sich hart erarbeitet habe. Wenn die Preise steigen, so kann für jeden Franken weniger gekauft werden. Es scheint also so, also senke die Inflation den Lebensstandard. o Hierbei handelt es sich um einen Trugschluss: Zwar bezahlen die Käufer mehr, aber die Verkäufer erhalten mehr. Bei der Lohnarbeit handelt es sich um nichts anderes als den Verkauf von Arbeit. Die Inflation der Preise erfolgt gleichzeitig mit der Inflation des Einkommens. Ursache hiefür ist, dass es sich bei Preisen und Einkommen um nominale Variablen handelt. Inflation senkt also nicht die Kaufkraft. Schuhsohlen-Kosten o Die Inflationssteuer stellt keine Kosten für die Gesellschaft dar, sondern ein Transfer von Ressourcen von Haushalten zur Regierung. o Viele Menschen versuchen diese Inflationssteuer zu umgehen. Das im Portemonnaie gehaltene Bargeld wird nicht verzinst, unterliegt also voll der Inflationsrate. Trägt man das Geld auf die Bank, so kann man die Inflation umgehen. 61 Schuhsohlen-Kosten sind jene Ressourcen, die verschwendet werden, wenn die Leute aufgrund der Inflation ihre Kassenhaltung verringern. Die Kosten bestehen aus dem Zeitaufwand der benutzt wird, um das Geld regelmässig und schnell zur Bank zu tragen, im Vergleich zur Situation wo es keine Inflation gibt. Schuhsohlen-Kosten deshalb, weil die Leute mehr zur Bank rennen um ihr Geld einzuzahlen und sich dadurch ihre Schuhsohlen abreiben. Die Schuhsohlen-Kosten haben vor allem eine Bedeutung in Ländern mit Hyperinflation. Beispiel: • Ein Bolivianer erhält 500’000 Peso Lohn. Sofort wird er dieses Geld umtauschen in US$. Er erhält dafür $50. Hätte er das Geld später umgetauscht, hätte er nur $27 erhalten. Speisekarten-Kosten o Die meisten Unternehmen verändern die Preise ihrer Produkte nur selten, weil eine solche Preisänderung sehr viel kostet. o Die Kosten zur Änderung der Preise von Produkten nennt man Speisekarten-Kosten (Entscheidungsprozess, Druckkosten von Preislisten und Katalogen, Werbekosten, Kosten im Umgang mit Kundenreaktionen). o Die Inflation erhöht die Kosten der Unternehmen. Herrscht also eine starke Inflation, so müssen die Preise regelmässiger angepasst werden. Variabilität der relativen Preise (=ungleichgewichtige Inflation) und Fehlallokation der Ressourcen o Gleichgewichtige Inflation = Alle Produkte haben eine identische Inflationsrate Ungleichgewichtige Inflation = Die Produkte haben unterschiedliche Inflationsraten o Beispiel Ein Restaurant passt die Kosten auf der Speisekarte jeweils am Jahresanfang an. Gibt es keine Inflation, so bleiben die relativen Preise gleich. Gibt es eine Inflation von 12 %, so fallen die relativen Preise des Restaurants monatlich um 1 %. Die relativen Preise des Restaurants sind hoch in den ersten Monaten des Jahres nach Druck der neuen Speisekarte und tief in den späteren Monaten. Je weniger also die Preise angepasst werden, desto höher ist die Variabilität der relativen Preise. o Die Konsumenten entscheiden aufgrund der relativen Preise bei wem sie was einkaufen. Die relativen Preise bestimmen wie die Produktionsfaktoren verteilt werden (Allokation). Wenn die Inflation aber die relativen Preise variieren lässt, werden die Käuferentscheidungen gestört und der Markt kann die Ressourcen nicht so verteilen, wie es am besten wäre. Inflationsbedingte Steuerverzerrungen o Inflation erhöht den Effekt einer Steuer auf Einkommen aus Vermögen. o „Inflation is like a tax on holding cash.“ o Beispiel: Kapitalgewinne Eine Unternehmung kaufte 1980 eine Aktie zu 10. Im Jahr 2000 beträgt der Aktienkurs 50. Ein steuerbarer Kapitalgewinn von 40 wurde erwirtschaftet. Seit 1980 hat sich das Preisniveau verdoppelt. Der Wert der Aktie 1980 von 10, ist daher heute 20 wert. Der wirkliche Kapitalgewinn beträgt also nur 30 und nicht 40. o Beispiel: Zinserträge Die Einkommenssteuern werden immer auf dem Nominal-Zinsertrag berechnet, nicht auf dem Real-Zinsertrag. In einer Volkswirtschaft A beträgt der Steuersatz auf Zinserträge 25 %. Der Realzins beträgt 4 %. Die Inflationsrate beträgt 0 %. • Der Realertrag aus dem Zinsertrag beträgt also abzüglich Steuer 3 %. In einer Volkswirtschaft B beträgt der Steuersatz auch 25 %. Der Realzins beträgt auch 4 %. Die Inflationsrate aber beträgt 8 %. • Der Nominalzinssatz beträgt also 4 % + 8 % = 12 %. Hievon wird die Steuer berechnet. Der Nominalzinssatz abzüglich Steuer beträgt also 9 %. • Nach Abzug der Inflationsrate von 8 % beträgt der Realzinssatz gerade noch 1 %. o Man bezeichnet diesen Effekt auch als kalte Steuerprogression. Infolge einer Inflation erhält ein Arbeitnehmer einen höheren Nominallohn. Damit rutscht er in eine höhere Einkommenssteuerklasse und muss mehr Steuern bezahlen, obwohl er real gar nicht mehr verdient. o Es wird ein Anreiz geschaffen, weniger zu Sparen. Damit wird auch weniger investiert und langfristig wächst die Wirtschaft weniger. o Das Problem könnte dadurch gelöst werden, indem die Steuer nur vom Real-Zinssatz erhoben würde. o 62 Verwirrung und Unannehmlichkeiten o 250'000'000 Türkische Lira für ein Kaffee? Æ Jedes Jahr ist der Massstab anders! o Eine Funktion des Geldes ist der Wertmassstab. Wenn die Nationalbank die Geldmenge erhöht und dadurch Inflation schafft, senkt sie den Wert einer Messeinheit. o Beispielsweise sollten also die Gewinne von Unternehmen über die Zeit nicht miteinander verglichen werden, obwohl dies in der Praxis ohne Inflationsbereinigung getan wird. Spezielle Kosten einer unerwarteten Inflation: willkürliche Vermögensumteilungen o Inflation die unerwartet auftritt hat zusätzliche Kosten in Form von willkürlichen Vermögensumteilungen. o Inflation Ein Kreditnehmer nimmt im Jahr 2000 40'000 auf. 2003 muss er 60'000 zurückzahlen. Bei einer Hyperinflation werden Preise und Löhne so gestiegen sein, dass der Kreditnehmer den Kredit ohne Probleme zurückzahlen kann. o Deflation Sinken Preise und Löhne in einer Deflation, so wird der Kreditnehmer grosse Probleme haben den Kredit zurückzuzahlen. o Es findet eine Vermögensumteilung zwischen Kreditnehmer und Kreditgeber statt. o Könnten die beiden Parteien die Inflation langfristig voraussagen und wäre sie nicht willkürlich, würden sie diese in den Nominalzinssatz einrechnen (Fischer-Effekt). Kurzfristig ist dies aber nicht möglich. o Diese Gefahr besteht vor allem in Ländern mit sehr hoher Inflation, da die Inflationsrate sehr volatil ist. Es gibt keine Hochinflationsländer in denen die Inflationsrate nicht stark volatil ist. 4. Beispiel: Gleichgewichtige und Ungleichgewichtige Inflation Bob (Bohnenbauer) Rita (Reisbauer) Beide verzerren jeweils die gleiche Menge Bohnen und Reis. Preise 2000: Bohnen $1 Reis $3 a) Preise 2001: Bohnen $2 Reis $6 Inflationsrate für Bohnen und Reis Warenkorb 2000: 1 + 3 = $4 Warenkorb 2001: 2 + 6 = $8 KPI = Kosten Warenkorb 2001/ Kosten Warenkorb des Basisjahres KPI 2001 = 8/4 = 200 Inflationsrate = (200 – 100)/100 = 100 % Fazit Lebenskosten und Einkommen beider Bauern steigen um 100 %. Es handelt sich nur um eine Änderung der nominalen Variabeln. Es gibt keine Auswirkungen. Es handelt sich um gleichgewichtige Inflation. b) Preise 2001: Bohnen $2 Reis $4 Inflationsrate für Bohnen und Reis Warenkorb 2000: 1 + 3 = $4 Warenkorb 2001: 2 + 4 = $6 KPI = Kosten Warenkorb 2001/ Kosten Warenkorb des Basisjahres KPI 2001 = 6/4 = 150 Inflationsrate = (150 – 100)/100 = 50 % 63 Inflationsrate für Bohnen Inflationsrate = (2 – 1)/1 = 100 % Inflationsrate für Reis Inflationsrate = (4 – 3)/3 = 33 1/3 % Fazit Bobs Einkommen steigt um 100 % und seine Lebenshaltungskosten nur um 50 %. Er kommt besser weg. Ritas Einkommen steigt um 33 1/3 % und ihre Lebenshaltungskosten um 50 %. Sie kommt schlechter weg. Es handelt sich um ungleichgewichtige Inflation. c) Preise 2001: Bohnen $2 Reis $1.50 Inflationsrate für Bohnen und Reis Warenkorb 2000: 1 + 3 = $4 Warenkorb 2001: 2 + 1.5 = $3.50 KPI = Kosten Warenkorb 2001/ Kosten Warenkorb des Basisjahres KPI 2001 = 3.50/4 = 87.50 Inflationsrate = (150 – 100)/100 = -12.5 % (=Deflation) Inflationsrate für Bohnen Inflationsrate = (2 – 1)/1 = 100 % Inflationsrate für Reis Inflationsrate = (1.50 – 3)/3 = -50 % Fazit Bobs Einkommen steigt um 100 % und seine Lebenshaltungskosten fallen um 12.5 %. Er kommt besser weg. Ritas Einkommen sinkt um 50 % und ihre Lebenshaltungskosten sinken um 12.5 %. Sie kommt schlechter weg. Es handelt sich um ungleichgewichtige Inflation. d) Der relative Preis von Bohnen und Reis ist wichtiger als die Inflationsrate der gesamten Wirtschaft. Aufgaben zu Kap. 30 PA # 7 PA # 11 Aufg. 35, Skript S. 103 Aufg. 36, Skript S. 103 !!! (sehr wichtige Aufgabe) Aufg. 38, Skript S. 104 !! (wichtige Aufgabe) 64