Dicht besiedelt

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Umweltschutz im Werk Brüssel
One world, one standard – bei Audi gilt das nicht nur
für die Qualität der Automobile, sondern ebenso für die Ressour­
censchonung an den weltweiten Produktionsstandorten. So säubern
im Werk Brüssel Bakterien das Schmutzwasser und Akkus werden
zu einem zweiten Leben erweckt.
Dicht besiedelt
Wohngemeinschaft: In den kleinen,
schwarzen Kunststoffwürfeln
befinden sich unzählig viele, mikroskopisch
winzige, aerobe Bakterien.
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Dialoge Umwelt
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Bakterien –
Die Putzkolonne der Natur
Die bakterielle Abwasserreinigung* mit aero­
ben Bakterien ist keine Neuerfindung, denn sie beruht
auf dem Prinzip der Selbstreinigungskraft natürli­cher
Gewässer. Unzählige aerobe Bakterien unterschied­lichs­
ter Art bauen dabei selbsttätig organische und anorganische Schadstoffe wie etwa komplexe Kohlen­stoff-,
Stickstoff- oder Phosphorverbindungen ab. Das Einzige,
was sie dazu benötigen, ist genügend Sauerstoff.
Tierpflege: Die Bakterienstämme halten das
­Wasser der Fahrzeug-Waschanlage sauber.
Interview mit einem Bakterium
Könnten Sie uns Ihren klassischen
Arbeitstag beschreiben?
Wissen Sie, als Arbeit würde ich die Wasser­
reinigung nicht bezeichnen. Es ist schließlich eine Winwin Situation. Für Bakterien wie mich sind Schadstoffe
im Wasser Energiequelle und Nahrung zugleich. Dass
auch der Mensch davon profitiert, ist doch ein wunderbares Beispiel für Synergie.
Und wie sieht Ihre Nahrungsaufnahme genau aus?
Wenn das verunreinigte Wasser bei uns ankommt, ist das quasi ein Festmahl. Wir nehmen Schad­
stoffe durch unsere Zellwand auf und verwerten sie
mithilfe von Sauerstoff. Übrig bleibt hinterher hauptsächlich harmloses Kohlendioxid und Wasser. Sollten
die Augen mal wieder größer als der Magen gewesen
sein, können wir Stoffe, die wir nicht sofort verarbeiten,
auch bei uns lagern.
Wie leben Sie im Wasser?
Meine Kollegen und ich bilden, dichtgedrängt, einen so genannten Biofilm* und der ist an eine
Feststoff-Oberfläche, die Schaumstoff-Würfel, gebunden. Damit wir nicht mit dem Wasser davon getragen
werden. Da muss man natürlich Glück haben, dass man
sich mit seinen ‚Mitbewohnern‘ versteht. Allerdings ist
die Fluktuation recht groß. Denn in so einem Biofilm
entstehen ständig neue Mikro-Organismen. Bei uns ist
eben immer etwas los.
Akkupflege: Didier Dobbelaere konstruierte
einen Speicherschrank, mit dem sich
die Lebensdauer von Akkus verlängern lässt.
Das Geheimnis verbirgt sich in kleinen,
schwarzen Kunststoffwürfeln: Darin ‚wohnen‘ unzählig viele, mikroskopisch winzige, aerobe Bakterien. Ihr
Auftrag: Schmutz fressen. Und den erfüllen sie sehr effektiv, hier
im Klärbecken der großen Fahrzeug-Waschanlage im Werk Brüssel.
Täglich laufen rund 500 nagelneue Audi A1 durch diese Anlage am
Ende der Montagestraße, und rund 300.000 Liter Wasser sind im
ständigen Umlauf.
Das Schmutzwasser läuft in ein Auffangbecken, in dem
ein Schlammfang die Verunreinigungen sammelt. Das gefilterte
Wasser wird anschließend in das Becken mit den Bakterien gepumpt. Diese ‚sitzen‘ auf den Kunststoffwürfeln, wachsen prächtig,
wenn ihnen genug Sauerstoff zugeführt wird, und ‚fressen‘ die
verbliebenen Schmutzreste im Wasser. Statt wie früher 150 Liter
Wasser pro Auto gehen dadurch heute nur noch 30 Liter verloren
– größtenteils durch Verdampfung. Die neue Anlage hat aber auch
noch einen wei­teren Vorteil, den besonders die Mitarbeiter schätzen. „Seit die Bakterien das Wasser reinigen, stinkt das Schmutz­
was­ser nicht mehr“, sagt Anlagenplaner François Cauwe. So ist
Um­weltschutz immer auch Mitarbeiterschutz.
Die schmutzfressenden Bakterien sind nur ein Beispiel
für die ressourcenschonenden Aktivitäten im Werk Brüssel. In den
letzten fünf Jahren hat sich in der ‚Geburtsstätte‘ des Audi A1 einiges getan: Insgesamt wurden über 100 Projekte und Maßnahmen
initiiert, die das Werk zu einem effizienten Produktionsstandort in
allen Bereichen machen.
So arbeitet beispielsweise die Lackiererei in Brüssel
heute mit Flatstream-Düsen*. Statt einem Arbeitsdruck von 120
Bar benötigen sie nur noch 30 bis 40 Bar, um Abdichtmasse auf die
Karosserien aufzutragen. Dadurch entstehen weniger Sprüh­ver­
luste, zudem kann die PVC-Masse noch dünner als zuvor aufgetragen
werden. Mehr als zwei Kilogramm Material pro Fahrzeug werden
gespart. Seit in der Lackiererei alle PVC-Anwendungen durch Ka­
me­ra­vermessung gesteuert werden, kann noch schneller appliziert
und sogar auf zusätzliche Plastikabdeckungen verzichtet werden,
die vor Farbspritzern schützten und danach verbrannt wurden.
Neben den neuen Düsen tragen zusätzliche Recycling­
maßnahmen zur Effizienz der Lackiererei in Brüssel bei. So werden
alle anfallenden Materialreste gefiltert, zurück ins Silo gepumpt
und anschließend wiederverwertet. Dieses Verfahren spart mehr
als 2.000 Kilogramm PVC-Masse pro Monat.
Früher wurden rund 14 Kilogramm Abdichtmasse für
ein Auto benötigt. Durch die Effizienzmaßnahmen und Verände­
rungen im Fahrzeugdesign konnte dieser Wert halbiert werden.
Für Chris Merckx, Koordinator Instandhaltung Lackiererei, ist das
Einsparpotential damit allerdings noch nicht ausgeschöpft. „Ziel
ist es, den Materialverbrauch pro Fahrzeug auf sechs Kilo zu reduzieren“, sagt er. Kein unrealistisches Vorhaben, denn im Lager wartet schon die nächste Generation Roboter. Diese bewegen sich drei­
dimensional gegenüber den alten Schwellerautomaten und können
damit Linien noch präziser auftragen als bislang.
Für die Einhaltung höchster Umweltschutz-Standards
wurde das Werk 2010 erneut von der Region Brüssel als „ecodynamisches Unternehmen“* ausgezeichnet und erzielte mit drei Ster­
nen die Bestwertung des regionalen Umweltzertifikats. Seit 2002
wird das Werk in Brüssel zudem jährlich nach dem Öko-Audit* der
Euro­päischen Kommission EMAS (Eco-Management and Audit
Scheme) zertifiziert.
Didier Dobbelaere hat seinen persönlichen Teil dazu
beigetragen. Der Leiter der Montageversorgung kam vor einigen
Jahren auf die Idee, die Speicherfähigkeit von gebrauchten Akku­
schraubern zu optimieren. Ihm war aufgefallen, dass viele ihrer
Batterien aufgrund der hohen Beanspruchung in der Montage
schon nach wenigen Monaten weggeworfen werden mussten. Die
Lade­kapazität war im Laufe der Zeit zu gering geworden. Nach zwei
Jahren Forschung entstand ein Speicherschrank, in dem abgenutzte Batterien drei Tage lang kontinuierlich auf- und entladen
werden. Damit lässt sich die Speicherkapazität wieder erhöhen und
die Lebensdauer der Akkus verlängert sich durch dieses Verfahren
um bis zu mehrere Jahre.
Von den Akkus, die entsorgt werden müssen, behalten
Dobbelaere und seine vier Kollegen, die sich neben ihrem Tages­
geschäft in der Montage dem Akku-Recycling widmen, das Gehäuse
und andere Kleinteile zurück. So haben sie sich ein Materiallager
geschaffen, mit dem sie kaputte Batterien reparieren können. Mit
Erfolg. „Mittlerweile sind wir hier so anerkannt, dass viele Kollegen
vorbeikommen und sogar Handy-Akkus bei uns optimieren lassen
wollen“, sagt Dobbelaere und lacht.
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* Siehe Glossar, S. 146 –147
Text
Christine Maukel
Fotos
Stefan Warter
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