Diskriminierende Werbung

Werbung
Diskriminierende Werbung
Die konträre Behandlung personenspezifischer Gruppen im Wettbewerbsrecht
von
Andrea Wassermeyer
betreut von
Prof. Dr. Karl-Heinz Fezer
Konstanz/ Münster 1999/ 2000
Meinen lieben Eltern
Danksagung
An dieser Stelle möchte ich mich herzlich bei meinen
lieben Eltern bedanken, die erheblich meinen Lebensweg unterstützt und an meinem beruflichen Fortkommen
mitgewirkt haben.
Herzlich danken möchte ich auch meinem verehrten Doktorvater Herrn Prof. Dr. Karl-Heinz Fezer, an dessen
Lehrstuhl ich lange Jahre tätig sein durfte und der
meinen beruflichen Werdegang maßgeblich beeinflußte.
Er hat mich während meiner Arbeit vielfältig unterstützt und das Erstgutachten erstellt.
Mein Dank gilt auch Frau Prof. Dr. Stadler für die
zügige Fertigung des Zweitgutachtens.
Erstberichterstatter:
Prof. Dr. Karl-Heinz Fezer
Zweitberichterstatter:
Prof. Dr. Astrid Stadler
Tag der mündlichen Prüfung:
14.11.2000
Diskriminierende Werbung
Die konträre Behandlung personenspezifischer Gruppen
im Wettbewerbsrecht
Inhaltsverzeichnis
I
Literaturverzeichnis
IV
Entscheidungsverzeichnis
XIV
Abkürzungsverzeichnis
XXV
KAPITEL: BEDEUTUNG, ENTWICKLUNG UND ERSCHEINUNGSFORMEN
1
DER WIRTSCHAFTSWERBUNG
A. Einleitung und Problemstellung
1
B. Der Wandel der Werbung im letzten Jahrhundert
4
C. Verhaltensbeeinflussung durch die Werbewirtschaft
I.
Institutionen zur Verhinderung diskriminierender
11
11
Werbung
II. Wirksamkeit der Selbstkontrolle
17
20
KAPITEL 2: DISKRIMINIERENDE WERBUNG UND § 1 UWG
A. Zum Begriff der Diskriminierung
I.
20
Allgemeine Überlegungen
21
II. Wettbewerbsrechtliche Diskriminierung
25
1. Schutzzweck des § 1 UWG
26
2. Konkretisierung der guten Sitten
26
3. Diskriminierende Werbung als eigenständige
36
wettbewerbsrechtliche Fallkonstellation
B. Diskriminierende Werbebilder
38
I.
Benetton´s Werbebilder
38
II.
Frauenfeindliche Werbebilder
40
III. Blasphemische Werbebilder
48
IV.
Ausländer- und rassenfeindliche Werbebilder
50
V.
Behindertenfeindliche Werbung
52
VI.
Sonstige Werbebilder
53
I
55
KAPITEL 3: GEGENWÄRTIGE VERFASSUNGSRECHTSLAGE
A. Konkretisierung des Begriffs der Sittenwidrigkeit
55
über die Werbung des Grundgesetzes
I.
Das Zusammenwirken von Privatrechten und Ver-
56
fassungsrecht
II. Exkurs
59
1. Unmittelbare Drittwirkung von Grundrechten
59
2. Mittelbare Drittwirkung von Grundrechten
64
3. Stellungnahme des BGH
69
III. Fazit
71
B. Einzelne Grundrechte
74
I. Kommunikationsgrundrechte
75
1. Der Grundrechtsschutz der Wirtschaftswerbung
76
2. Der Begriff der Meinung in Art. 5 Abs. 1 Satz
1, 1. Halbsatz GG
81
a) Einzelne Urteile des BGH
87
b) Fazit
114
3. Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG
116
4. Kunstfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 3 GG
132
II. Schutz der Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG
136
145
Kapitel 4: RECHTLICHE BEURTEILUNG
A. Allgemeine Grundsätze zur diskriminierenden Wer-
145
bung
I.
Keine Geschmackszensur
146
II.
Sachlichkeitsgrundsatz
150
III. Zuordnung einer Fallgruppe
162
1. Gefühlsbetonte Werbung
162
2. Belästigende Werbung
168
3. Schockierende Werbung
169
4. Diskriminierende Werbung
173
B. Arten diskriminierender Werbung
176
I.
Ausgangspunkt
176
II.
Rassendiskriminierende Werbung
176
III.
Ausländerdiskriminierende Werbung
179
II
IV.
Religionsdiskriminierende Werbung
180
V.
Behinderten- und krankendiskriminierende
182
Werbung
VI.
Geschlechterdiskriminierende Werbung
184
VII.
Tabuzonen der Werbung
192
VIII. Fazit
198
C. Antidiskriminierungsgesetz
199
D. Rechtsvergleich mit nordischen Ländern
201
I.
Rechtslage in Norwegen
202
II.
Rechtslage in Schweden
205
III. Rechtslage in Dänemark
206
IV.
Rechtslage in Finnland
207
V.
Fazit
208
Kapitel 5: Resümee
210
Anlagenverzeichnis
212
Lebenslauf
252
III
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XI
Beispiel der Benetton-Kampagnen, 1997, Dissertation, Nomos Verlag, Baden-Baden
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Sosnitza, Olaf, Zulässigkeit und Grenzen der sogenannten ImageWerbung, WRP 1995, 786ff.
Spengler, Albrecht, Das Postulat der Sachlichkeit im Wettbewerb, WuW 1956, 721ff.
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Band III/1, Allgemeine Lehren und Grundrechte, 1988, C.H.
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neubearbeitete Auflage, 1997, Carl Heymanns Verlag, Köln/
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Toscani, Oliviero, Die Werbung ist ein lächelndes Aas, 1997,
Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main
Traub, Fritz, Eilverfahren und Verjährung nach § 21 UWG, WRP
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Traumann, C. Clemens, Zum Einfluß des Vortrags von Rechtsansichten auf die Verjährung wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsansprüche, DB 1986, 262f.
Ullmann, Eike, Der Verbraucher - ein Hermaphrodit, GRUR 1991,
789ff.
Ullmann, Eike, Einige Bemerkungen zur Meinungsfreiheit in der
Wirtschaftswerbung, GRUR 1996, 948ff.
Ullmann, Eike, Erstbegehungsgefahr durch Vorbringen im Prozeß?,
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Ulmer, Peter, Wettbewerbs- und kartellrechtliche Grenzen der
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Vogt, Stefan, Lexikon des Wettbewerbsrechts, 1994, C.H. Beck
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Wacke, Gerhard in Festschrift für Friedrich Schack zum 80. Geburtstag, Werbeaussagen als Meinungsäußerungen, 1966,
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Wahrig, Gerhard, Deutsches Wörterbuch, Band 2, Buchstaben J Z, 5. neu bearbeitete Auflage, 1997, Bertelsmann Lexikothek Verlag, Gütersloh
Wehlau, Andreas, Wettbewerbsrechtliches Gebot zur Achtung der
Menschenwürde?, DZWir 1996, 142ff.
XII
Wehner, Christa, Überzeugungsstrategien in der Werbung - Eine
Längsschnittanalyse von Zeitschriftenanzeigen des 20.
Jahrhunderts, 1996, Westdeutscher Verlag, Opladen
Weides, Peter, Wirtschaftswerbung und Grundrechte, WRP 1976,
585ff.
Wiedemann, Herbert, Anmerkung zum Beschluß des
7.2.1990, Az. 1 BvR 26/84, JZ 1990, 695ff.
BVerfG
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Wintrich, Josef Marquard, Zur Problematik der Grundrechte 1957,
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Wünnenberg, Ulrike, Schockierende Werbung - Verstoß gegen § 1
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Bern/ New York/ Paris/ Wien
Zöllner, Wolfgang, Der Ordnungsdenker - 10 Thesen, in Juristen
im Spiegel, 1998, C.H. Beck Verlag, Köln
XIII
Entscheidungsverzeichnis
RG - Entscheidungen/ Zivilrecht
RGZ - Fundstellen
Urteil vom 11.4.1901, Az. VI 443/00, abgedruckt in RGZ 48,
114ff.
Urteil vom 15.5.1936, Az. II 196/35, abgedruckt in RGZ 151,
239ff.- „Reverssystem“
GRUR - Fundstelle
Urteil vom 12.3.1937, Az. II 225/36, abgedruckt in GRUR 1937,
466ff. - „Mulla 500“
JW - Fundstellen
Urteil vom 30.11.1938, Az. II 106/38, abgedruckt in JW 1939,
429ff.
BGH - Entscheidungen/ Zivilrecht
BGHZ - Fundstellen
Urteil vom 26.10.1951, Az. I ZR 8/51, abgedruckt in BGHZ 3,
270ff. - „Constanze I“
Urteil vom 25.5.1954, Az. I ZR 211/53, abgedruckt in BGHZ 13,
334ff. - „Veröffentlichung von Briefen“
Urteil vom 6.6.1954, Az. I ZR 38/53, abgedruckt in BGHZ 14,
163ff. - „Constanze II“
Urteil vom 26.11.1954, Az. I ZR 266/52, abgedruckt in BGHZ 15,
249ff. - „Tagebücher“
Urteil vom 3.12.1954, Az. I ZR 262/52, abgedruckt in BGHZ 15,
356ff. - „Progressive Kundenwerbung“
Urteil vom 20.12.1955, Az. I ZR 24/54, abgedruckt in BGHZ 19,
299f. - „Kurverwaltung“
Urteil vom 27.1.1956, Az. I ZR 146/54, abgedruckt in BGHZ 19,
392ff. - „Anzeigenblatt“
Urteil vom 8.5.1956, Az. I ZR 62/54, abgedruckt in BGHZ 20,
345ff. - „Motorroller“
Urteil vom 2.4.1957, Az. VI ZR 9/56, abgedruckt
24,72ff. - „Ärztliches Gesundheitszeugnis“
in
BGHZ
Urteil vom 14.2.1958, Az. I ZR 151/56, abgedruckt in BGHZ 26,
349ff. - „Herrenreiter“
Urteil vom 20.5.1958, Az. VI ZR 104/57, abgedruckt in BGHZ 27,
284ff. - „Tonbandaufnahme“
Urteil vom 22.12.1959, Az. VI ZR 175/58, abgedruckt in BGHZ
31, 308ff. - „Nachrichtenblatt der Bonner Studentenschaft“
Urteil vom 26.10.1961, Az. KZR 1/61, abgedruckt in BGHZ 36,
91ff. - „Belieferung von AOK-Mitgliedern“
XIV
Urteil vom 26.2.1965, Az. I b ZR 51/63, abgedruckt in BGHZ 43,
278ff. - „Kleenex“
Urteil vom 21.6.1966, Az. VI ZR 261/64, abgedruckt in BGHZ 45,
296ff. - „Höllenfeuer“
Urteil vom 10.4.1968, Az. I ZR 15/66, abgedruckt in BGHZ 50,
76ff.- „Poropan“
Urteil vom 18.12.1968, Az. I ZR 113/66, abgedruckt in BGHZ 51,
236ff. - „Stuttgarter Wochenblatt I“
Urteil vom 19.6.1970, Az. I ZR 115/68, abgedruckt in BGHZ 54,
188ff. - „Fernsprechwerbung“
Urteil vom 12.3.1971, Az. I ZR 119/69, abgedruckt in BGHZ 56,
18ff. - „Grabsteinaufträge II“
Urteil vom 6.10.1972, Az. I ZR 54/71, abgedruckt in BGHZ 59,
317ff. - „Telexwerbung“
Urteil vom 9.2.1978, Az. III ZR 59/76, abgedruckt in BGHZ 70,
313ff. - „Ehegattenstiftung“
Urteil vom 18.9.1979, Az. VI ZR 140/78, abgedruckt in BGHZ 75,
160ff. - „Jüdische Deutsche als Gruppe“
Urteil vom 3.6.1981, Az. I ZR 84/79, abgedruckt in BGHZ 81,
291ff. - „Bäckerfachzeitschrift“
Urteil vom 18.12.1981, Az. I ZR 34/80, abgedruckt in BGHZ 82,
375ff. - „Brillen-Selbstabgabestellen“
Urteil vom 3.2.1988, Az. I ZR 222/85, abgedruckt in BGHZ 103,
203ff. - „Bildschirmtext-Werbung“
Urteil vom 18.10.1990, Az. I ZR 113/89, abgedruckt in BGHZ
112, 311ff. - „Biowerbung mit Fahrpreiserstattung“
Urteil vom 24.1.1991, Az. I ZR 133/89, abgedruckt in BGHZ 113,
282ff. - „Telefonwerbung IV“
Urteil vom 18. 05.1995, Az. I ZR 91/93, abgedruckt in BGHZ
130, 5ff. - „Busengrapscher“
Urteil vom 6.6.1995, Az. I ZR 58/93, abgedruckt in BGHZ 130,
205ff. - „Feuer, Eis und Dynamit“
Urteil vom 06.07.1995, Az. I ZR 239/93, abgedruckt in BGHZ
130, 196ff. - „Ölverschmutzte Ente“
Urteil vom 30.1.1996, Az. VI ZR 386/94, abgedruckt in BGHZ
132, 13ff. - „Pressemäßige Sorgfalt“
AfP - Fundstellen
Urteil vom 30.3.1986, Az. I ZR 13/84, abgedruckt in AfP 1986,
219ff. - „Gastrokritiker“
Urteil vom 15.5.1997, Az. I ZR 10/ 95, abgedruckt in AfP 1997,
905ff. - „Politikerschelte“
GRUR - Fundstellen
Urteil vom 30.10.1956, Az. I ZR 199/55, abgedruckt in GRUR
1957, 342ff.- „Underberg“
XV
Urteil vom 26.4.1957, Az. I ZR 220/55, abgedruckt in GRUR
1957, 491ff. - „Wellaform“
Urteil vom 8.4.1960, Az. I ZR 24/59, abgedruckt in GRUR 1960,
431ff. - „Kfz-Nummernschild“
Urteil vom 16.5.1961, Az. I ZR 175/58, abgedruckt in GRUR
1962, 34ff. - „Torsana“
Urteil vom 14.7.1961, Az. I ZR 40/60, abgedruckt in GRUR 1962,
45ff. - „Betonzusatzmittel“
Urteil vom 16.10.1962, Az. I ZR 162/60, abgedruckt in GRUR
1963, 218ff.- „Mampe Halb und Halb II“
Urteil vom 19.2.1965, Az. I b ZR 45/63, abgedruckt in GRUR
1965, 485ff. - „Versehrtenbetrieb“
Urteil vom 4.12.1968, Az. I ZR 17/67, abgedruckt in GRUR 1969,
283ff. - „Schornsteinauskleidung“
Urteil vom 29.5.1970, Az. I ZR 25/69, abgedruckt in GRUR 1970,
557f. - „Erotik in der Ehe“
Urteil vom 26.3,1971, Az. I ZR 128/69, abgedruckt in GRUR
1971, 477ff. - „Stuttgarter Wochenblatt II“
Urteil vom 24.6.1976, Az. I ZR 25/75, abgedruckt in GRUR 1977,
157ff. - „Filmzusendung“
Urteil vom 17.10.1980, Az. I ZR 132/78, abgedruckt in GRUR
1981, 140ff. - „Flughafengebühr“
Urteil vom 2.2.1984, Az. I ZR 4/82, abgedruckt in GRUR 1984,
461ff. - „Kundenboykott“
Urteil vom 24.4.1986, Az. I ZR 56/84, abgedruckt in GRUR 1987,
45ff.- „Sommerpreiswerbung“
Urteil vom 9.10.1986, Az. I ZR 158/84, abgedruckt in GRUR
1987, 125f. - „Berühmung“
Urteil vom 5.11.1987, Az. I ZR 212/85, abgedruckt in GRUR
1988, 313f. - „Auto F. GmbH“
Urteil vom 21.2.1989, Az. KZR 7/88, abgedruckt in GRUR 1989,
430f. - „Krankentransportbestellung“
Urteil vom 26.4.1990, Az. I ZR 198/88, abgedruckt in GRUR
1990, 678ff. „Herstellerkennzeichen auf Unfallwagen“
Urteil vom 26.4.1990, Az. I ZR 127/88, abgedruckt in GRUR
1990, 1012ff. - „Pressehaftung I“
Urteil vom 29.11.1990, Az. I ZR 241/88, abgedruckt in GRUR
1991, 545f. - „Tageseinnahmen für Mitarbeiter“
Urteil vom 16.1.1992, Az. I ZR 20/90, abgedruckt in GRUR 1992,
404ff. - „Systemunterschiede“
Urteil vom 25.2.1992, Az. X ZR 41/90, abgedruckt in GRUR 1992,
612ff. - „Nicola“
Urteil vom 25.6.1992, Az. I ZR 60/91, abgedruckt in GRUR 1992,
707ff. - „Erdgassteuer“
Urteil vom 29.9.1994, Az. I ZR 138/92, abgedruckt in GRUR
1995, 122ff. - „Laienwerbung für Augenoptiker“
Urteil vom 9.2.1995, Az. I ZR 44/93, abgedruckt in GRUR 1995,
742ff. - „Arbeitsplätze bei uns“
XVI
JZ - Fundstelle
Urteil vom 19.6.1960, Az. IV ZR 45/69, abgedruckt in JZ 1971,
387ff. - „Spitzel“
NJW - Fundstellen
Urteil vom 26.4.1972, Az. IV ZR 18/71, abgedruckt in NJW 1972,
1414f.
Urteil vom 20.6.1972, Az. VI ZR 26/71, abgedruckt in NJW 1972,
1658f. - „Baumaschinen“
Urteil vom 30.6.1972, Az. I ZR 1/ 71, abgedruckt in NJW 1972,
2302ff. - „Badische Rundschau“
Urteil vom 22.11.1974, Az. I ZR 23/74, abgedruckt in NJW 1975,
689ff. - „Werbung am Unfallort I“
Urteil vom 22.11.1974, Az. I ZR 50/74, abgedruckt in NJW 1975,
691 - „Werbung am Unfallort II“
Urteil vom 16.1.1976, Az. I ZR 32/75, abgedruckt in NJW 1976,
753f. - „UNICEF-Grußkarten“
Urteil vom 14.12.1979, Az. I ZR 29/78, abgedruckt in NJW 1980,
1690f. - „Werbung am Unfallort III“
Urteil vom 23.5.1985, Az. I ZR 18/83, abgedruckt in NJW-RR
1986, 33f. - „Landesinnungsmeister“
Urteil vom 28.4.1986, Az. II ZR 254/85, abgedruckt in NJW
1986, 2944f. - „Übernahme einer Rechtsanwaltspraxis“
Urteil vom 22.5.1986, Az. I ZR 72/84, abgedruckt in NJW-RR
1986, 1484f. - „Frank der Tat“
Urteil vom 12.3.1987, Az. I ZR 40/85, abgedruckt in NJW-RR
1987, 991f. - „McHappy Tag“
Urteil vom 7.5.1992, Az. I ZR 119/90, abgedruckt in NJW 1992,
2765f. - „Pressehaftung II“
Urteil vom 25.6.1992, Az. I ZR 60/91, abgedruckt in NJW 1992,
3304f. - „Erdgassteuer“
Urteil vom 19.3.1992, Az. I ZR 166/90, abgedruckt in NJW 1992,
3093ff. - „Ausländischer Inserent“
Urteil vom 30.6.1994, Az. I ZR 40/92, abgedruckt in NJW 1994,
2827ff. - „Suchwort (Bosch)“
Urteil vom 6.10.1994, Az. I ZR 155/90, abgedruckt in NJW 1995,
868ff. - „Cliff Richard II“
Urteil vom 06.07.1995, Az. I ZR 180/95, abgedruckt in NJW
1995, 2492f. - „H.I.V.-Positive“
Urteil vom 06.07.1995, Az. I ZR 110/93, abgedruckt in NJW
1995, 2490ff. - „Kinderarbeit“
Urteil vom 23.7.1997, Az. VIII ZR 130/96, abgedruckt in NJW
1997, 3304ff. - „Benetton I“
Urteil vom 23.7.1997, Az. VIII ZR 134/96, abgedruckt in NJW
1997, 3309ff. - „Benetton II“
XVII
NVwZ - Fundstellen
Urteil vom 12.7.1990, Az. I ZR 278/88, abgedruckt in NVwZ
1991, 300ff. - „Kreishandwerkerschaft II“
WRP - Fundstellen
Urteil vom 13.2.1992, Az. I ZR 79/90, abgedruckt in WRP 1992,
380ff. - „Beitragsrechnung“
Urteil vom 15.12.1994, Az. I ZR 154/92, abgedruckt in WRP
1995, 310ff. - „Pharma-Hörfunk“
OLG - Entscheidungen
AfP - Fundstellen
OLG Frankfurt a. M., Beschluß vom 13.8.1992, Az. 6 W 72/92,
abgedruckt in AfP 1992, 378f. - „Transportcontainer“
OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.5.1993, Az. 2 U 39/93, abgedruckt in AfP 1994, 310f. - „Verölter Wasservogel“
NJW - Fundstellen
OLG Braunschweig, Urteil vom 24.2.1956, Az. Ss 122/55, abgedruckt in NJW 1956, 839f.
OLG Frankfurt a. M., Beschluß vom 3.3.1994, Az. 6 W 10/94, abgedruckt in NJW-RR 1994, 945f. - „H.I.V.-Positive“
OLG Frankfurt a. M., Beschluß vom 10.2.1994, Az. 6 W 11/94,
abgedruckt in NJW-RR 1994, 734 - „Paradise Now“
WRP - Fundstellen
OLG Düsseldorf, Urteil vom 6.7.1978, Az. 2 U 36/78, abgedruckt
in WRP 1978, 727f. - „Lockvogelangebot“
OLG Stuttgart, Urteil vom 22.5.1981, Az. 2 U 17/81, abgedruckt
in WRP 1982, 115f. - „Grundstücksmaklergeschäft“
OLG Saarbrücken, Urteil vom 4.3.1992, Az. 1 U 175/91, abgedruckt in WRP 1992, 510ff. - „Umweltwerbung“
OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 20.1.1994, Az. 6 U 142/93, abgedruckt in WRP 1994, 405ff. - „verölter Wasservogel“
OLG München, Urteil vom 3.2.1994, Az. 6 U 6417/93, abgedruckt
in WRP 1994, 413ff. - „Togal“
OLG Stuttgart, Urteil vom 20.12.1996, Az. 2 U 132/96, abgedruckt in WRP 1997, 358ff. - „Blickfangwerbung“
OLG Stuttgart, Urteil vom 29.8.1997, Az. 2 U 60/97, abgedruckt
in WRP 1997, 1219ff.
LG - Entscheidungen
LG Hamburg, Urteil vom 26.7.1978, Az. 74 O 235/78, abgedruckt
in NJW 1980, 56ff. - „Frauen gegen Stern“
XVIII
LG Hamburg, Urteil vom 27.7.1988, Az. 15 O 451/88, abgedruckt
in NJW-RR 1989, 488f. - „Werbung eines Bestattungsinstitus“
LG Hamburg, Urteil vom 18.1.1991, Az. 91 O 78/ 90 - „Busengrapscher“
LG Frankfurt a. M., Beschluß vom , Az. , abgedruckt in WRP
1992, 429 - „Farbiger mit Oberschenkelknochen“
LG Frankfurt a. M., Beschluß vom 16.12.1993, Az. 2/6 O 902/93,
abgedruckt in AfP 1994, 242f. - „H.I.V. - Positive“
LG München I, Urteil vom 8.9.1993, Az. 7 HKO 16482/93, abgedruckt in GRUR 1993, 985ff. - „Togal-Werbung“
BGH - Entscheidungen/ Strafrecht
BGHSt - Funstellen
Beschluß vom 25.6.1953, Az. g.B. 3 StR 80/53, abgedruckt in
BGHSt 5, 12ff.
Beschluß vom 24.11.1955, Az. g. K. StR 311/55, abgedruckt in
BGHSt 8, 360ff. - „Heilmittel-Werbeverordnung“
Beschluß vom 18.11.1957, Az. gR. G SSt 2/57, abgedruckt in
BGHSt 11, 67ff. - „Werbeschrift für Mittel sexueller Reizsteigerung“
NJW - Fundstellen
Urteil vom 15.1.1963, Az. I StR 478/62, abgedruckt in NJW
1963, 665ff.
Urteil vom 30.8.1978, Az. 4 StR 682/77, abgedruckt in NJW
1979, 435f.
Urteil vom 30.1.1979, Az. 1 StR 303/78, abgedruckt in NJW
1979, 1610ff.
BVerfG - Entscheidungen
BVerfGE - Fundstellen
Beschluß vom 25.5.1956, Az. 1
BVerfGE 5, 13ff. - „Blutentnahme“
BvR
190/55,
abgedruckt
in
Urteil vom 16.1.1957, Az 1 BvR 253/56, abgedruckt in BVerfGE
6, 32ff. - „Bund der Deutschen“
Urteil vom 15.1.1958, Az. 1 BvR 400/51, abgedruckt in BVerfGE
7, 198ff. - „Lüth“
Beschluß vom 22.1.1959, Az.
BVerfGE 9, 124ff. - „Herkunft“
1
BvR
154/55,
abgedruckt
in
Beschluß vom 6.10.1959, Az. 1 BvL 118/53,
BVerfGE 10, 118ff. - „Redakteursgesetz“
abgedruckt
in
Beschluß vom 22.6.1960, Az. 2 BvR 125/60, abgedruckt
BVerfGE 11, 234ff. - „Jugendgefährdende Schriften“
in
Beschluß vom 25.1.1961, Az. 1 BvR 9/57, abgedruckt in BVerfGE
12, 113ff. - „Pressefehde“
XIX
Beschluß vom 28.2.1961. Az. 2 BvG
BVerfGE 12, 205ff. - „Bundespost“
1,
2/60,
abgedruckt
in
Beschluß vom 10.6.1964, Az. 1 BvR 37/63, abgedruckt in BVerfGE
18, 85ff. - „Bräunungsmittel“
Urteil vom 5.8.1966, Az. 1 BvR 586/62, 610/63, 512/64, abgedruckt in BVerfGE 20, 162ff. - „Der Spiegel“
Urteil vom 4.4.1967, Az. 1 BvR 414/64, abgedruckt in BVerfGE
21, 271ff. - „Südkurier“
Beschluß vom 16.10.1968, Az. 1 BvR 241/66, abgedruckt
BVerfGE 24, 236ff. - „Katholische Landesjugendbewegung“
in
Beschluß vom 26.2.1969, Az. 1
BVerfGE 25, 256ff. - „Blinkfüer“
in
BvR
619/69,
abgedruckt
Beschluß vom 16.7.1969, Az. 1 BvL 19/63, abgedruckt in BVerfGE
27, 1ff. - „Urlaubs- und Erholungsreisen“
Beschluß vom 9.6.1970, Az. 1 BvL 24/69, abgedruckt in BVerfGE
28, 386ff.
Urteil vom 15.12.1970, Az. 2 BvF 1/69, 2 BvR 629/68
308/69, abgedruckt in BVerfGE 30, 1ff. - „Briefgeheimnis“
Beschluß vom 24.2.1971, Az. 1
BVerfGE 30, 173ff. - „Mephisto“
BvR
435/68,
abgedruckt
und
in
Beschluß vom 23.3.1971, Az. 1 BvL 25/61 und 3/62, abgedruckt
in BVerfGE 30, 336ff. - „FKK“
Beschluß vom 7.7.1971, Az. 1 BvR 765/66, abgedruckt in BVerfGE
32, 229ff. - „Schulbuchprivileg“
Beschluß vom 19.10.1971, Az. 1 BvR 387/65, abgedruckt in
BVerfGE 32, 98ff. - „Religiöse Vereinigung des evangelischen
Brüdervereins“
Beschluß vom 8.2.1972, Az. 1 BvR 170/71, abgedruckt in BVerfGE
32, 311ff. - „Grabsteinwerbung“
Beschluß vom 14.3.1972, Az. 2 BvR 41/71, abgedruckt in BVerfGE
33, 1ff. - „Strafgefangener“
Beschluß vom 14.2.1973, Az. 1
BVerfGE 35, 269ff. - „Die Welt“
BvR
112/65,
abgedruckt
in
Urteil vom 29.5.1973, Az. 1 BvR 424/71 und 325/72, abgedruckt
in BVerfGE 35, 79ff. - „Hochschule“
Beschluß vom 28.11.1973, Az. 2 BvL 42/71, abgedruckt
BVerfGE 36, 193ff. - „Frankfurter Tageszeitung“
in
Urteil vom 11.12.1973, Az. 1 BvR 712/68, abgedruckt in BVerfGE
36, 321ff. - „Schallplatten“
Beschluß vom 10.12.1975, Az. 1 BvR
BVerfGE 40, 371ff. - „Werbefahrten“
118/71,
abgedruckt
in
Beschluß vom 11.5.1976, Az. 1 BvR 671/70,
BVerfGE 42, 143ff. - „Deutschland - Magazin“
abgedruckt
in
Beschluß vom 11.5.1976, Az. 1 BvR 163/72,
BVerfGE 42, 163ff. - „Deutschland-Stiftung“
abgedruckt
in
Beschluß vom 7.12.1976, Az. 1
BVerfGE 43, 130ff. - „Flugblatt“
abgedruckt
in
BvR
460/72,
Urteil vom 21.6.1977, Az. 1 BvL 14/76, abgedruckt in BVerfGE
45, 187ff. - „Heimtückischer Mord“
XX
Beschluß vom 14.2.1978, Az. 2 BvR 523/75 und 958, 977/76, abgedruckt in BVerfGE 47, 198ff. - „Wahlwerbespots“
Beschluß vom 25.10.1978, Az. 1 BvR
BVerfGE 49, 382ff. - „Kirchenmusik“
352/71,
abgedruckt
in
Beschluß vom 17.1.1979, Az. 1
BVerfGE 50, 166ff. - „Ausweisung“
241/77,
abgedruckt
in
BvR
Beschluß vom 6.2.1979, Az. 2 BvR 154/78, abgedruckt in BVerfGE
50, 234ff. - „Kölner Volksblatt“
Beschluß vom 13.5.1980, Az. 1 BvR
BVerfGE 54, 129ff. - „Kunstkritik“
103/77,
abgedruckt
in
Urteil vom 16.6.1981, Az. 1 BvL 89/78, abgedruckt in BVerfGE
57, 295ff. - „Rundfunksendung“
Beschluß vom 20.4.1982, Az. 1 BvR
BVerfGE 60, 215ff. - „Steuerberater“
522/78,
abgedruckt
in
Beschluß vom 20.4.1982, Az. 1
BVerfGE 60, 234ff. - „Kredithai“
426/80,
abgedruckt
in
1376/79,
abgedruckt
in
Beschluß vom 22.6.1982, Az. 1
BVerfGE 61, 1ff. - „Wahlkampf“
BvR
BvR
Beschluß vom 15.11.1982, Az. 1 BvR 108, 438, 437/80, abgedruckt in BVerfGE 62, 230ff. - „Boykott“
Beschluß vom 10.5.1983, Az. 1 BvR
BVerfGE 64, 108ff. - „Chiffreanzeige“
385/82,
abgedruckt
in
Urteil vom 15.12.1983, Az. 1 BvR 209, 269, 402, 440, 484/83,
abgedruckt in BVerfGE 65, 1ff. - „Volkszählung“
Beschluß vom 25.1.1984, Az. 1
BVerfGE 66, 116ff. - „Wallraff“
BvR
272/81,
abgedruckt
in
Beschluß vom 17.7.1984, Az. 1 BvR 816/82,
BVerfGE 67, 213ff. - „Anachronistischer Zug“
abgedruckt
in
Beschluß vom 31.10.1984, Az. 1 BvR 753/83, abgedruckt
BVerfGE 68, 226ff. - „Privates Bewachungsunternehmen“
in
Beschluß vom 14.5.1985, Az. 1 BvR 233, 341/81, abgedruckt in
BVerfGE 69, 315ff. - „Brokdorf“
Beschluß vom 19.11.1985, Az. 1 BvR 934/82, abgedruckt
BVerfGE 71, 162ff. - „berufswidrige Werbung durch Ärzte“
in
Beschluß vom 3.12.1985, Az. 1 BvL 15/84, abgedruckt in BVerfGE
71, 206ff - „Flick-Spendenaffäre“
Beschluß vom 23.4.1986, Az. 2 BvR
261ff. - „Bergwerksgesellschaft“
487/80,
in
BVerfGE
73,
Beschluß vom 3.11.1987, Az. 1 BvR 1257/84 und 861/85, abgedruckt in BVerfGE 77, 240ff. - „Herrnburger Bericht“
Beschluß vom 7.3.1990, Az. 1 BvR 266/86 und 913/87, abgedruckt
in BVerfGE 81, 278ff. - „Bundesflagge“
Beschluß vom 19.4.1990, Az. 1 BvR 40, 42/86, abgedruckt in
BVerfGE 82, 43ff. - „Anti-Strauß-Komittee“
Beschluß vom 26.6.1990, Az. 1 BvR 1165/89,
BVerfGE 82, 272ff. - „Ministerpräsident Strauß“
abgedruckt
in
Beschluß vom 9.10.1991, Az. 1 BvR 1555/88,
BVerfGE 85, 1ff. - „Kritische Bayer-Aktionäre“
abgedruckt
in
XXI
Beschluß vom 9.10.1991, Az. 1 BvR 221/
BVerfGE 85, 23ff. - „Rhetorische Fragen“
90,
abgedruckt
in
Beschluß vom 19.3.1992, Az. 1 BvR
BVerfGE 86, 122ff. - „Auszubildende“
126/85,
abgedruckt
in
Beschluß vom 20.10.1992, Az. 1
BVerfGE 87, 209ff. - „Horrorfilm“
698/89,
abgedruckt
in
BvR
Beschluß vom 26. 1.1993, Az. 1 BvL 38, 40, 43/92, abgedruckt
in BVerfGE 88, 87ff. - „Transsexueller“
Beschluß vom 8.10.1996, Az. 1 BvR
BVerfGE 95, 28ff. - „Werkszeitungen“
1183/90,
abgedruckt
in
Beschluß vom 22.1.1997, Az. 2 BvR 1915/91,
BVerfGE 95, 173ff. - „Tabakerzeugnisse“
abgedruckt
in
Beschluß vom 26.2.1997, Az. 1 BvR 1864/94, 1102/95, abgedruckt
in BVerfGE 95, 193ff. - „Hochschullehrer“
Beschluß vom 26.2.1997, Az. 1 BvR 2172/96,
BVerfGE 95, 220ff. - „Sendezeitmitschnitte“
abgedruckt
in
GRUR - Fundstellen
Urteil vom 15.11.1982, Az. 1 BvR 108, 437, 438/80, abgedruckt
in GRUR 1984, 357ff. - „markt-intern“
NJW - Fundstellen
Beschluß vom 24.9.1984, Az. 1 BvR 976/84, abgedruckt in NJW
1995, 263f. - „Hessenlöwe“
Beschluß vom 7.2.1990, Az. 1 BvR 26/84, abgedruckt in NJW
1990, 1469ff. - „Handelsvertreter“
Beschluß vom 04.10.1988, Az. 1 BvR 1611/87, abgedruckt in NJW
1992, 1153f. - „Rundschreiben“
Beschluß vom 27.5.1994, Az. 1 BvR 916/94, abgedruckt in NJW
1994, 3342f. - „Mars-Kondom“
Bayrische Verfassungsgerichtsentscheidungen
Urteil vom 13.4.1951, Az. Vf. 167-V-50, abgedruckt in BayVGHE
Band 4 (1951), Teil II n.F., S. 63ff.
Urteil vom 5.3.1958, Az. Vf. 130 VII 56, abgedruckt in Band 11
(1958), Teil II n.F., S. 23ff.
BVerwG - Entscheidungen
BVerwGE - Fundstellen
Urteil vom 28.6.1955, Az. BVerwG I C 146.53, abgedruckt in
BVerwGE 2, 172ff. - „Reklame“
Urteil vom 7.6.1978, Az. BVerwG 7 C 6.78 , abgedruckt in BVerwGE 56, 56ff. - „Plakatständer“
Urteil vom 7.6.1978, Az. BVerwG 7 C 5.78, abgedruckt in BVerwGE 56, 63ff. - „Plakatträger“
XXII
DVBl. - Fundstellen
Urteil vom 4.3.1954, Az. BVerwG I C 2/53, abgedruckt in DVBl.
1954, 362ff.
NJW - Fundstellen
Urteil vom 4.3.1954, Az. I C 2/53, abgedruckt in NJW 1954,
1133f.
Urteil vom 15.12.1981, Az. 1 C 232/79, abgedruckt in NJW 1982,
664f. - „Peep-Show“
OVG - Entscheidungen
OVGE - Funstellen
OVG Berlin, Urteil vom 4.11.1953, Az. OVG I B 147.52, abgedruckt in OVGE 3, 8ff.
NJW - Fundstellen
OVG Bremen, Urteil vom 30.1.1968, Az. II A 154/67, abgedruckt
in NJW 1968, 2078
OVG Berlin, Urteil vom 1.6.1973, Az. OVG II B 16/72, abgedruckt in NJW 1973, 2044ff.
VG - Entscheidungen
VG Neustadt, Beschuß vom 21.5.1992, Az. 7 L 1271/92, abgedruckt in NVwZ 1993, 98ff. - „Zwergenweitwurf“
VG Gelsenkirchen, Beschluß vom 21.12.1995, Az. 1 K 6303/94,
abgedruckt in EuZW 1996, 223f.
BAG - Entscheidungen
BAGE-Fundstellen
Urteil vom 3.12.1954, Az. 1 AZR 150/54, abgedruckt in BAGE 1,
185ff.
Urteil vom 10.5.1957, Az. 1 AZR 249/57, abgedruckt in BAGE 4,
274ff.
Urteil vom 28.9.1972, Az. 2 AZR 469/71, abgedruckt in BAGE 24,
438ff.
Urteil vom 20.12.1984, Az. 2 AZR 436/83, abgedruckt in BAGE
47, 363ff.
Urteil vom 27.2.1985, Az. GS 1/84, abgedruckt in BAGE 48,
122ff.
AP-Fundstellen
Beschluß vom 27.5.1986, Az. 1 ABR 48/84, abgedruckt in AP Nr.
15 zu § 87 BetrVG 1972 - „Überwachung“
XXIII
Urteil vom 28.9.1972, Az. 2 AZR 469/71, abgedruckt in AP Nr. 2
zu § 134 BGB
Urteil vom 15.1.1955, Az. 1 AZR 305/54, abgedruckt in AP Nr. 4
zu Art. 3 GG
Urteil vom 2.3.1955, Az. 1 AZR 246/54, abgedruckt in AP Nr. 6
zu Art. 3 GG
Urteil vom 29.6.1962, Az. 1 AZR 343/61, abgedruckt in AP Nr.
25 zu Art. 12 GG
Urteil vom 25.1.1963, Az. 1 AZR 122/62, abgedruckt in AP Nr.
77 zu Art. 3 GG
Urteil vom 15.1.1964, Az. 4 AZR 75/63, abgedruckt in AP Nr. 87
zu Art. 3 GG
Urteil vom 11.1.1973, Az. 5 AZR
110 zu Art. 3 GG
321/72, abgedruckt in AP Nr.
JZ-Fundstellen
Urteil vom 3.12.1954, Az. 1 AZR 150/54, abgedruckt in JZ 1955,
117ff.
Beschluß vom 12.6.1992, Az. GS 1/89, abgedruckt in JZ 1993,
908ff.
Ausländische Entscheidungen
Dänemark
Urteil des See- und Handelsgerichts vom 2.2.1992, abgedruckt
in GRUR Int. 1993, 553ff. - „Papstwerbung“
Finnland
Entscheidung des finnischen Marktgerichts vom 14.8.1980, abgedruckt in GRUR Int. 1992, 297ff. - „G.I.Joe“
Urteil des Marknadsdomstolen (Marktgericht) vom 17.3.1995, abgedruckt in GRUR Int. 1996, 251ff. - „Benetton“
Norwegen
Entscheidung des Markedsrådet (Marktrat) vom 23.4.1980, Az.
2/1980, abgedruckt in GRUR Int. 1980, 683f.
Urteil des Marktrates vom 21.11.1994, Az. MR 22/94, abgedruckt
in GRUR Int. 1996, 256ff. - „Benetton“
Österreich
Entscheidung des OHG vom 26.5.1998, Az. 4 Ob 139/98i, abgedruckt in WBl 1998, 415f. - „Opferlicht“
XXIV
Abkürzungsverzeichnis
a.A. ........................ andere Ansicht
AcP ......................... Archiv für die civilistische Praxis
AfP ......................... Archiv für Presserecht
Anm. ........................ Anmerkung
AOK ......................... Allgemeine Ortskrankenkasse
AP .......................... Arbeitsrechtliche Praxis.
Entscheidungen
richts,
der
des
Landesarbeitsgerichte
Arbeitsgerichte
(1950
Nachschlagewerk
des
richts;
Sammlung
der
Bundesarbeitsgebis
1954);
und
dann
Bundesarbeitsge-
Arbeitsrechtliche
Praxis
(1954ff.)
Art. ........................ Artikel
Az. ......................... Aktenzeichen
BAG ......................... Bundesarbeitsgericht
BAGE ........................ Entscheidungen
des
Bundesarbeitsge-
richts
Bay VerfGH .................. Bayrischer Verfassungsgerichtshof
BB
......................... Betriebs-Berater
BetrVG ...................... Betriebsverfassungsgericht
BGB ......................... Bürgerliches Gesetzbuch
BGH ......................... Bundesgerichtshof
BGHSt ....................... Entscheidungen
des
Bundesgerichtshofs
des
Bundesgerichtshofs
in Strafsachen
BGHZ ........................ Entscheidungen
in Zivilsachen
BRD ......................... Bundesrepublik Deutschland
BVerfG ...................... Bundesverfassungsgericht
BVerfGE ..................... Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts
BVerwG ...................... Bundesverwaltungsgericht
BVerwGE ..................... Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts
XXV
bspw. ....................... beispielsweise
bzw. ........................ beziehungsweise
ders. ....................... derselbe
d. h. ....................... das heißt
dies. ....................... dieselbe
Diss. ....................... Dissertation
DÖV ......................... Die öffentliche Verwaltung
DVBl. ....................... Deutsches Verwaltungsblatt
DZWiR ....................... Deutsche
Zeitschrift
für
Wirtschafts-
recht
Einf. ....................... Einführung
Einl. ....................... Einleitung
e.V. ........................ eingetragener Verein
EWiR ........................ Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht
f. .......................... folgende
FAZ ......................... Frankfurter Allgemeine Zeitung
ff. ......................... fortfolgende
FKK ......................... Freikörperkultur
Fn. ......................... Fußnote
FS .......................... Festschrift
GG .......................... Grundgesetz
GRUR ........................ Gewerblicher Rechtsschutz
und
Urheber-
recht, Zeitschrift der Deutschen Vereinigung
für
gewerblichen
Rechtsschutz
und Urheberrecht
GRUR Int. ................... Gewerblicher Rechtsschutz
und
Urheber-
recht, Zeitschrift der Deutschen Vereinigung
für
gewerblichen
Rechtsschutz
und Urheberrecht - Auslands- und Internationaler Teil
Hrsg. ....................... Herausgeber
iSd. ........................ im Sinne des
i.V.m. ...................... in Verbindung mit
JA .......................... Juristische Arbeitsblätter
JR .......................... Juristische Rundschau
XXVI
Jura ........................ Juristische Ausbildung
JZ .......................... Juristische Zeitung
Kap. ........................ Kapitel
MA .......................... Der Markenartikel
MFL ......................... nordische Markt(vertriebs)gesetze
n.F. ........................ neue Folge
NJW ......................... Neue Juristische Wochenschrift
NJW-RR ...................... NJW Rechtsprechungs-Report Zivilrecht
Nr. ......................... Nummer
NVwZ ........................ Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht
NZA ......................... Neue Zeitschrift für Arbeits- und Sozialrecht
OLG ......................... Oberlandesgericht
OLGE ........................ Entscheidungen des Oberlandesgerichte
OVG ......................... Oberverwaltungsgericht
OVGE ........................ Entscheidungen
der
Oberverwaltungsge-
richte
ÖZöR ........................ Österreichische Zeitschrift für Öffentliches Recht
RGZ ......................... Entscheidungen des Reichsgerichts
Rn. ......................... Randnummer
RS .......................... Rechtsprechung
S. .......................... Seite
sog. ........................ sogenannte
st. ......................... ständige
U ........................... UWG
u. a. ....................... und andere
UWG ......................... Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb
VGHE ........................ Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs
vgl. ........................ vergleiche
Vorb. ....................... Vorbemerkung
WRP ......................... Wettbewerb in Recht und Praxis
XXVII
WRV ......................... Weimarer Reichsverfassung
W & V ....................... Werben und Verkaufen
WuW ......................... Wirtschaft und Wettbewerb
z.B. ........................ zum Beispiel
ZAW ......................... Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft ZAW e.V.
ZIP ......................... Zeitschrift für Wirtschaftsrecht
ZRP ......................... Zeitschrift für Rechtspolitik
ZUM ......................... Zeitschrift
für
Urheber-
und
Medien-
recht
XXVIII
Kapitel 1: Bedeutung, Entwicklung und Erscheinungsformen der Wirtschaftswerbung
A. Einleitung und Problemstellung
Das enorme wirtschaftliche Wachstum im letzten Jahrhundert
und
das
dadurch
entstandene
immer
stärker
werdende Konsumdenken läßt den Verbraucher mit einer
Vielzahl von Produkten überfluten. Die Unternehmen
sind bemüht, die Aufmerksamkeit der Verbraucher auf
sich und ihre Produkte zu lenken. Die Werbung gilt
als das Instrument unternehmerischer Kommunikation.
Es kommt der Werbung ein erheblicher Stellenwert zu,
weil mit ihr der Konsument nicht unwesentlich beeinflußt
wird.
Mit
dem
wirtschaftlichen
Wachstum
hat
auch die Werbung eine Entwicklung vollzogen, von der
marktschreierischen Reklame hin zur Internet-Werbung.
In dieser Arbeit werden zunächst allgemein die Bedeutung, die Entwicklung und die Erscheinungsformen der
Wirtschaftswerbung
dargestellt.
Im
besonderen
wird
auf die Erscheinungsformen der diskriminierenden Werbung näher eingegangen. Mit zunehmender Produktion
ist es zu einer Informationsüberlastung des Verbrauchers gekommen; er wird mit Werbemaßnahmen überhäuft.
Zur Reduzierung dessen wurde die Image-Werbung entwickelt. Mit dieser wird entgegen herkömmlichen Werbestrategien nicht mehr mit dem Produkt selbst, sondern mit dem Image eines Unternehmens geworben. Das
ermöglicht dem Unternehmer, die Palette seiner Produkte über das Image seines Unternehmens zu vermarkten. Ziel des Werbenden bleibt es, sich von der Masse
abzuheben. Der Unternehmer ist gehalten, seine Werbung immer einfallsreicher zu gestalten. Es entstand
das
Motto:
„Lieber
unangenehm
auffallen
als
gar
nicht!“ Dazu werden gerne provokante Werbebilder ver1
wendet. Als Vorreiter provokanter Werbebilder im Rahmen der Image-Werbung gilt das Textilunternehmen Benetton. Dessen Kampagne hat bei den Verbrauchern Entsetzen ausgelöst. Der Werbedesigner Toscani, Initiator
der
Benetton-Werbekampagne,
provokante
Werbebilder,
deren
kreierte
Gegenstand
besonders
auch
das
Thema „Diskriminierung“ war. Diskriminierung kann unterschiedliche Inhalte haben, sie kann rassen-, ausländer-, kranken-, behinderten- oder auch geschlechterdiskriminierenden Inhalts sein. Diese Arbeit zeigt
auf, was der Begriff Diskriminierung im einzelnen bedeutet und welche Fälle davon umfaßt werden.
Gerade die Benetton-Werbekampagne gab den Anstoß zu
heftigen Diskussionen in unserer Gesellschaft und Justiz und machte es erforderlich, die neuartige ImageWerbung auch unter rechtlichen Gesichtspunkten zu erörtern.
Zwar gibt es freiwillige Institutionen wie beispielsweise
den
Deutschen
Werberat
zur
Verhinderung
des
Mißbrauchs in der Werbung. Die von den Institutionen
zu ergreifenden Maßnahmen sind aber zumindest bei Uneinsichtigkeit des Werbenden nicht wirkungsvoll, so
daß ein rechtliches Vorgehen unumgänglich ist.
Deshalb stellt sich die Frage, wie weit der Werbende
in seinen Werbebildern unter rechtlichen Gesichtspunkten gehen darf. Wann liegt eine Diskriminierung
vor? Welche Werbebilder sind wettbewerbsrechtlich zu
beanstanden?
Ziel der Arbeit wird sein, wettbewerbsrechtliche Kriterien aufzustellen, die eine Beanstandung von diskriminierenden Werbebildern rechtfertigt und als Beurteilungsmaßstab gelten.
Ausführlich wird zunächst erörtert, welche Rolle das
Verfassungsrecht für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung spielt. Inwieweit für diese Beurteilung auf
2
die Werteordnung des Verfassungsrechts als Leitlinie
abzustellen ist. Es wird auf das Zusammenwirken von
Privatrecht und Verfassungsrecht eingegangen und es
werden die Schwierigkeiten aufgezeigt, die sich aus
der verfassungsrechtlichen Wertung ergeben können. Es
wird insbesondere herausgearbeitet, ob und wie die
Kommunikationsgrundrechte
in
das
Wettbewerbsrecht
einwirken bzw. welche Grundrechte noch für die wettbewerbsrechtliche Wertung bedeutsam sind.
Entscheidend ist dann die Frage, unter welchen wettbewerbsrechtlichen
Gesichtspunkten
diskriminierende
Werbung zu beurteilen ist. Darf der Werbende bei dem
Kreieren seiner Werbebilder grenzenlos handeln? Bestehen Grenzen und was beinhalten diese? Darf die
Werbung in die Tabubereiche unserer Gesellschaft eindringen? Sollten für den Werbenden Tabus abgesteckt
werden? Wird dem Verbraucher hinreichend Schutz vor
ausartenden Werbebildern gewährt?
Als Resümee dieser Arbeit wird anhand eines Rechtsvergleichs mit nordischen Ländern geklärt, aufgrund
welcher rechtlichen Grundlage diskriminierende Werbebilder zu beanstanden sind. Bedarf es eines Antidiskriminierungsgesetzes, sollte das UWG eine Novelle
erhalten, in dem ein eigenständiger Tatbestand der
Diskriminierung eingeführt wird oder bietet § 1 UWG
als Generalklausel umfassend Schutz vor diskriminierenden Werbebilder.
3
Kapitel 1 B. - Der Wandel der Werbung im letzten Jahrhundert
B. Der Wandel der Werbung im letzten Jahrhundert
Die Werbung gilt als das entscheidende Instrument der
Marktwirtschaft, als Instrument der unternehmerischen
Kommunikation, auf das nicht verzichtet werden kann.1
Sie ist weiterhin wichtig für das öffentliche Leben
und politische Auseinandersetzungen.2 Durch die Ausmaße, die die Werbewirtschaft in dem letzten Jahrhundert angenommen hat, werden darüber hinaus Arbeitsplätze gesichert.3
Für die freie Marktwirtschaft stellt die Werbung die
Basis
für
das
wirtschaftliche
Wachstum
im
letzten
Jahrhundert dar.4 Auch wenn Zweifel daran bestehen,
daß werbliche Maßnahmen in unserer heutigen plurali
stischen Massengesellschaft ihre tatsächliche Wirkung
haben, was insbesondere auf der zunehmenden Informationsüberlastung der Konsumenten beruht, kommt ihr
dennoch im Rahmen der unternehmerischen Kommunikation
große Bedeutung zu.5 Durch ein stetiges Wachstum der
Wirtschaft im 20. Jahrhundert hat die Werbung selbst
erheblich an Bedeutung gewonnen. Aufgrund der Masse
der Produkte, die auf den Markt gebracht werden, wurde die Werbung selbst zu einem notwendigen Instrument, ein Produkt von der Masse hervorzuheben, um die
Gesellschaft auf diese Weise darauf aufmerksam zu machen. Denn auch wenn das wirtschaftliche Wachstum in
vielen Bereichen zum Ende des 20. Jahrhunderts abgenommen hat, wurde gleichbleibend in die Werbung inve1
Fezer JZ 1998, 265ff. (267); Kisseler in FS für Gaedertz, 1992, S.
283ff. (285); Kisseler WRP 1979, 761f. mit weiteren Nachweisen; Nieschlag/ Dichtl/ Hörschgen, Marketing, 1997, Teil III, § 8, 1.2., S.
531ff.; Rogge, Werbung, 1996, A., 4., S. 27; Wünnenberg, Schockierende Werbung - Verstoß gegen § 1 UWG?, 1993, Kapitel 1, S. 1.
2
Kisseler in FS für Gaedertz, S. 283ff. (285).
3
Kisseler in FS für Gaedertz, S. 283ff. (285).
4
Wünnenberg, Schockierende Werbung - Verstoß gegen § 1 UWG, 1993,
Kapitel 1, S. 1.
4
Kapitel 1 B. - Der Wandel der Werbung im letzten Jahrhundert
stiert.6 Die Begründung liegt darin, daß die Gesellschaft immer selbstbewußter und in ihrem Kaufverhalten selektiver wird. Gleichzeitig wird das Marktangebot immer vielfältiger, leistungsstärker und damit
homogener, das heißt die Profilierung des einzelnen
Angebots aus der Masse zunehmend schwieriger.7 Auch
wenn Zweifel an der Wirksamkeit der Werbung bestehen,
so
ist
es
nichtsdestotrotz
eine
erforderliche
und
ausschlaggebende Maßnahme, das jeweilige Produkt von
der Masse abzuheben.8
Die Werbung selbst hat in dem letzten Jahrhundert eine gravierende Entwicklung vollzogen - von der marktschreierischen Reklame bis hin zur digitalisierten
Werbung im Internet. Nicht nur die äußere Form der
Werbung hat sich gewandelt, auch deren Bedeutungsinhalt ist im Laufe der Jahre ein anderer geworden.
Werbung erscheint in unterschiedlichsten Formen. Zu
Beginn des 20. Jahrhunderts bestand die Werbung meist
aus Mundpropaganda und persönlichem Verkauf, da es an
entsprechenden
Werbeträgern
fehlte.
Nur
vereinzelt
wurde in Zeitschriften geworben.9 Wenn zu Anfang des
Jahrhunderts
Werbebilder
veröffentlicht
wurden,
so
wurden ausschließlich Zeichnungen verwendet. In den
30er Jahren nutzten einzelne Werbende die im redaktionellen Teil seit Jahren praktizierte Möglichkeit,
ihre Anzeigen mit schwarz-weiß Photographien anstelle
5
Nieschlag/ Dichtl/ Hörschgen, Marketing, 1997, Teil III, § 8,
1.2.1., S. 531ff.
6
Kassebohm, Grenzen der schockierenden Werbung, 1995, Kapitel 1, 2.,
S. 13ff; ZAW, Werbung in Deutschland 1998, S. 9.
7
Pepels, Kommunikationsmanagement, 1996, 1.5.6, S. 44f.
8
Pepels, Kommunikationsmanagement, 1996, 1.5.6, S. 44f.
9
Vgl. hierzu die auffällig gestaltete Eigenanzeige von Rudolf Mosse
aus dem Jahre 1907: „Eine gute Annonce muß aus der Menge der übrigen
Annoncen wirkungsvoll heraustreten, die Anordnung des Textes muß dem
Leser ein schnelles Erfassen ihres Inhalts ermöglichen und dieser
leicht im Gedächtnis haften, so daß die Annonce eine gewissermaßen
suggestive Wirkung auf den Leser ausübt. Eine solche Annonce bei tun-
5
Kapitel 1 B. - Der Wandel der Werbung im letzten Jahrhundert
von Zeichnungen zu illustrieren.10 Inzwischen zählen
Photographien zum Standard der Printwerbung, Zeichnungen und Illustrationen werden als eine Art besonderes Stilmittel verwendet.11 Veröffentlichte Photographien konnten erst aufgrund des drucktechnischen
Fortschritts ab Mitte der 50er Jahre farbig dargestellt werden.12 In der heutigen Zeit zählen farbige
Darstellungen
vielfältigster
Art
zum
Standard
der
Werbemittel. Die Entwicklung ist zum einen mit dem
drucktechnischen Fortschritt zu begründen und zum anderen
mit
der
Professionalisierung
der
Werbebran-
che.13
Mittlerweile
wird
Werbung
durch
eine
Vielzahl
von
Werbeträger veröffentlicht. Durch den Konsumrausch,
den unsere heutige Gesellschaft durchlebt, ist Werbung nahezu allgegenwärtig. Als Werbeträger stehen
Zeitungen,
Fernsehen,
Publikumszeitschriften,
Fach-
zeitschriften, Anzeigenblätter, Kundenzeitschriften,
Adreßbücher, Hörfunk, Außenwerbung auf Plakatwänden,
Kino, Messen und Ausstellungen, Schaufenster, Verpakkungen,
Gebäude,
Verkehrsmittel,
Direktwerbung
wie
etwa Werbebriefe, Versandhauskataloge, Handzettel und
Postwurfsendungen und nicht zuletzt auch das Internet
zur Verfügung.14
Ordnet man die Werbung marktstrategisch einem Gesamtsystem zu, so muß zwischen den verschiedenen Formen
wie Verkaufswerbung, Image-Werbung, Sponsoring, Ver-
lichster Raum- d.h. Kostenersparnis abzufassen, gelingt in der Regel
nur dem geübten Fachmann“ in Berliner Illustrirte, 1907, S. 700.
10
Sektkellerei Henkel in Berliner Illustrirte Zeitung, 1909, S. 322;
Mercedes-Benz in Berliner Illustrirte Zeitung, 1909, S. 338.
11
Wehner, Überzeugungsstrategien in der Werbung, 1996, 3.5., S. 57f.
12
Wehner, Überzeugungsstrategien in der Werbung, 1996, 3.5., S. 57f.
13
Wehner, Überzeugungsstrategien in der Werbung, 1996, 3.2., S. 52f.
14
Diese Aufzählung ist nicht abschließend. Hundhausen, Wesen und Formen der Werbung, 1954, S. 151ff.; Nieschlag/ Dichtl/ Hörschgen, Marketing, 1997, Teil III, § 8, 1.3.2, S. 541ff.; Rogge, Werbung, 1996,
A., 5., S. 33.
6
Kapitel 1 B. - Der Wandel der Werbung im letzten Jahrhundert
kaufsförderung (Sales Promotions), Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations), Produkt-Pleasement sowie dem
persönlichen Verkaufsgespräch unterschieden werden.
Der Bedeutungsgehalt der Werbung hat eine nicht unwesentliche Wende erlebt. Anfang des Jahrhunderts wurde
vornehmlich der Begriff „Reklame“ verwendet. Darunter
wurde interpretiert „als Wissender des Guten andere
Menschen, die dieses Gute noch nicht kennen, aufzuklären und ihnen dieses Gute ohne Zwang zugänglich zu
machen“.15 Es wurde demnach vorrangig mit nachprüfbaren Qualitätsversprechen und Preis geworben.16 Mitte
der 30er Jahre wurde der Begriff der Reklame von dem
der Werbung überholt. Die Ausgangsbedeutung des Begriffs der „Werbung“, welches von dem mittelhochdeutschen
Wort
„wërben“
und
dem
„wërban“ abstammt, war „sich
althochdeutschen
drehen“.17
Der
Wort
Bedeu-
tungswandel vollzog sich schon sehr früh und führte
zu der Auslegung „die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken“. Daraus entwickelte sich im Laufe der Jahre die
Interpretation, Werbung bedeute „jede Darbietung von
Botschaften, mit dem Ziel, Einstellungen und Handlungen der Adressaten zum Vorteil der Werbenden zu steuern“.18
In den 50er Jahren begann dann ein Wandel des Werbeverständnisses. Die Werbefachleute begannen, sich die
Lehre der Psychologie und der Sozialwissenschaft zu
eigen zu machen, um noch geschickter den Verbraucher
15
Hundhausen, Wesen und Formen der Werbung, 1954, S. 37.
Wünnenberg, Schockierende Werbung - Verstoß gegen § 1 UWG?, 1993,
S. 3.
17
Hundhausen, Wesen und Formen der Werbung, 1954, S. 42.
18
Brockhaus, Die Enzyklopädie, 24. Band, Buchstabe Weli-ZZ, 1996, S.
73ff.
16
7
Kapitel 1 B. - Der Wandel der Werbung im letzten Jahrhundert
manipulieren zu können.19 Vance Packard kritisiert in
seinem Buch „Die geheimen Verführer“ die Werbung, sie
werde als Instrument der Manipulation der Verbraucher
mißbraucht, deren Beeinflussung sich der Verbraucher
kaum entziehen kann. Dies liege an dem Umstand, daß
die Beeinflussung der alltäglichen Lebensführung der
Gesellschaft auf zuvor durchgeführten zielgerichteten
tiefenpsychologischen
Studien basiere.
20
und
sozialwissenschaftlichen
Er beschreibt die Werbung als per-
suasiv, als eine Überredungskunst. Der Präsident der
Public Relations Society of America faßte in einer
Ansprache an die Verbandsmitglieder in einem Satz zusammen, was in vielen Fällen Überredungskünstler wollen: „Das Material, mit dem wir arbeiten, ist die
Struktur des menschlichen Geistes.“21
Auch diese Auffassung änderte sich im Laufe der Zeit.
Durch die Überhäufung mit Konsumangeboten und Werbemaßnahmen in der heutigen Zeit ist es erforderlich,
sich von der Masse abzuheben und in irgendeiner Weise
aufzufallen. Der Trend ging in die Richtung, sich
loszulösen von den ursprünglichen Werbeideen. So wurde die auf Qualitätszusagen beruhende Werbung in eine
sogenannte „Lifestyle-Werbung“ umgewandelt, bei der
vornehmlich mit Gefühlen, Stimmungen und Befindlichkeiten geworben wurde, die sich tendenziell vom beworbenen Produkt abhebt und keine Produktinformation
mehr
bezweckt.22
Doch
auch
diese
Lifestyle-Werbung
reichte nicht aus, um bei der Massenkommunikation für
19
Packard, Die geheimen Verführer - Der Griff nach dem Unbewußten in
jedermann, 1957, S. 6ff; vgl. hierzu auch Fezer JZ 1998, 265ff.
(266).
20
Packard, Die geheimen Verführer - Der Griff nach dem Unbewußten in
jedermann, 1957.
21
Packard, Die geheimen Verführer - Der Griff nach dem Unbewußten in
jedermann, 1957, S. 7.
22
Gaedertz/ Steinbeck WRP 1996, 978ff. (978); Henning-Bodewig WRP
1992, 533ff. (533); Reichold WRP 1994, 219ff. (219); Wünnenberg,
Schockierende Werbung - Verstoß gegen § 1 UWG, 1993, Kapitel 1, S. 3.
8
Kapitel 1 B. - Der Wandel der Werbung im letzten Jahrhundert
genügend Aufmerksamkeit zu sorgen.23 Folglich wurde
Ende der 90er Jahren ein neuer Trend entwickelt, bei
dem der Werbedesigner und Fotograf Oliviero Toscani
einer der Vorreiter war: Lieber unangenehm auffallen
als gar nicht.24 In seinem Buch „Die Werbung ist ein
lächelndes Aas“ zieht Toscani in einer sarkastischen
Weise über das „heile-Welt-Bild“ der Werbung her mit
dem Kommentar: „Diese idyllische Welt ist, wie Sie
bestimmt
bemerkt
haben,
das
künstliche
und
abge-
schmackte Reich der Werbung, die uns seit bald dreißig Jahren verblödet. - Schluß damit!“25 Die Werbung
arte in soziale Nutzlosigkeit aus; die Werbung und
die Kommunikation gehe nicht auf die großen gesellschaftlichen Probleme ein.26 Den Werbeschaffenden ermangele es an Wagemut und Verantwortungsgefühl, da
sie das Wesentliche ihres Handwerkes vergessen: die
Kommunikation!27 Es handele sich bei der „heilen Welt
Werbung“ um ein Verbrechen gegen die Intelligenz und
die Kreativität, um eine heimliche Verführung, die zu
einer hemmungslosen Ausplünderung führe.28
Es wurde daraufhin eine Werbung entwickelt, die im
höchsten
Maße
provokant
ist
und
dadurch
erheblich
auffiel. Toscani thematisierte in seiner für das Modeunternehmen Benetton kreierten Werbekampagne Mißstände in anprangernder Form, um das Unternehmen in
die politische und soziale Wirklichkeit seiner poten-
23
Gaedertz/ Steinbeck WRP 1996, 978ff. (978); Henning-Bodewig WRP
1992, 533ff. (533); Reichold WRP 1994, 219ff. (219); Wünnenberg,
Schockierende Werbung - Verstoß gegen § 1 UWG, 1993, Kapitel 1, S.
3f.
24
Gaedertz/ Steinbeck WRP 1996, 978ff. (978).
25
Toscani, Die Werbung ist ein lächelndes Aas, 1997, Kapitel 1, S. 9
-12.
26
Toscani, Die Werbung ist ein lächelndes Aas, 1997, Kapitel 2, S.
18.
27
Toscani, Die Werbung ist ein lächelndes Aas, 1997, Kapitel 2, S.
19.
28
Toscani, Die Werbung ist ein lächelndes Aas, 1997, Kapitel 2, S. 15
- 37.
9
Kapitel 1 B. - Der Wandel der Werbung im letzten Jahrhundert
tiellen Kundschaft zu interpretieren.29 Die Zielgruppe soll sich nicht aufgrund ihrer Hoffnungen, Wünschen oder Idealvorstellungen, sondern aufgrund ihres
Problembewußtseins und Protestverhaltens mit dem Unternehmen identifizieren bzw. solidarisieren. Dabei
wurde der sogenannten „life-style“-Werbung den Rücken
gekehrt und sich von einer neuen Entwicklung, der
drastischen
Darstellung
von
wirklich
existierenden
Problemen unserer heutigen Gesellschaft zugewandt. Es
handelt sich hierbei um die sogenannte diskriminierende und schockierende Werbung, von der auch die geschmacklose Werbung umfaßt wird, welche vielfach unter den Begriff der Image-Werbung gefaßt wird. Diese
Entwicklung ist sicherlich mit dem gesellschaftlichen
Wertewandel unserer heutigen Zeit zu begründen. Mit
der Werbung wurde nur leider nicht der gewünschten
Erfolg erzielt. Sie löste vielmehr Entsetzen und Unverständnis in breiten Teilen der Bevölkerung aus.
Aufgrund der Schaltung dieser Werbekampagne erlitt
das Unternehmen Benetton einen deutlichen Umsatzrückgang seiner Produkte.30
Da diskriminierende Werbung in letzter Zeit vermehrt
aufgetreten ist, soll im weiteren Verlauf dieser Arbeit diese unter verfassungsrechtlichen und wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten analysiert werden.
29
Luhmann, Konzeptkunst, in FAZ vom 19.05.1995, S. 27.
Vgl. die erfolglos gebliebenen Klagen der Vertriebsmittler und Vertragshändlern - entschieden in letzter Instanz vom BGH - die gegen
das Unternehmen Schadensersatzforderungen geltend machten aufgrund
von außergewöhnlichen Umsatzeinbußen, die auf der von Toscani kreierten Werbekampagne beruhten verbunden mit einem dadurch verursachten
hohen Imageverlust der Marke Benetton, BGH NJW 1997, 3304ff. - „Benetton I“; BGH NJW 1997, 3309ff. - „Benetton II“.
30
10
Kapitel 1 C. - Verhaltensbeeinflussung durch die Werbewirtschaft
C. Verhaltensbeeinflussung durch die Werbewirtschaft
Deutschland hat anerkanntermaßen weltweit das strengste Wettbewerbsrecht. Und trotzdem gibt es immer wieder Tendenzen und Versuche, es weiter einzuschränken
und zu reglementieren. Um weitere Einschränkungen zum
Nachteil der Werbewirtschaft zumindest zu erschweren,
aber auch um den Mißbrauch der Werbung zu verhindern,
der
gerade
in
diesem
Bereich
leicht
aufkommt
und
nicht nur die Mitbewerber, sondern auch die Allgemeinheit auf das Schwerste schädigen kann, wurden Institutionen geschaffen.
I. Institutionen zur Verhinderung diskriminierender
Werbung
Es
gibt
drei
zentrale
Institutionen
der
deutschen
Werbewirtschaft, die 1912 gegründete Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerb den 1949 gegründeten
„Zentralverband
der
deutschen
Werbewirtschaft
ZAW
e.V.“ und den 1972 gegründeten Deutschen Werberat.
Bei dem Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft
sind sämtliche zur Werbewirtschaft zählende Gruppen
in
einer
Organisation
vereint.
Ihm
gehören
aus-
schließlich Verbände an. Insgesamt vierzig Organisationen, deren Mitglieder Wirtschaftswerbung betreiben, vorbereiten, durchführen, gestalten und vermitteln. Die Mitglieder entstammen den Sparten der werbenden Wirtschaft, der Werbeagenturen, der Medien,
der Werbeberufe und der Forschung. Der Aufgabenbereich erstreckt sich von dem Interessenausgleich aller am Werbegeschäft Beteiligten bis hin zur Vertretung der Werbewirtschaft in allen grundsätzlichen Positionen nach außen. Der ZAW sieht seine zentrale
11
Kapitel 1 C. - Verhaltensbeeinflussung durch die Werbewirtschaft
Aufgabe
darin,
ungerechtfertigten
und
unzulässigen
Beschränkungen der Wirtschaft entgegenzuwirken. Hierbei handelt es sich nicht nur um Beschränkungen und
Reglementierungen des Gesetzes gegen den unlauteren
Wettbewerb, sondern um alle das Werberecht betreffenden Gesetze.
Der Deutschen Werberat wurde 1972 von dem ZAW gegründet. Zu dieser Gründung kam es aufgrund eines europäischen Vorgangs: der Europarat verabschiedete am
18. Februar 1972 seine Resolution mit der Aufforderung
an
seine
Mitgliedsländer,
die
Bemühungen
der
Werbewirtschaft in der Gründung selbstdisziplinärer
Institutionen zur Bekämpfung unlauterer und irreführender
Werbung
zu
unterstützen.
Die
Tätigkeit
des
Deutschen Werberates ist auf den Bereich der Wirtschaftswerbung beschränkt.
Angesichts der stetig wachsenden Komplexität der Gesellschaft stellt die Werbung als Kommunikationsmöglichkeit der Wirtschaft eine gravierendere Möglichkeit der Einflußnahme dar, welche unglaubliche Ausmaße haben kann. Dies wird insbesondere durch den rasch
fortschreitenden Prozeß der Demokratisierung gefördert, welcher in allen Lebensbereichen von Bedeutung
ist. Sicherlich ist die Werbung ein lebensnotwendiger
Bestandteil
unternehmerischen
Handelns
und
braucht
Akzeptanz in unserer Gesellschaft. Allerdings mußte
dieser
dadurch
stark
in
den
Vordergrund
gerückten
Einflußnahme der Werbung entgegengewirkt werden. Der
Gesellschaft selbst, der Bürgerschaft und auch den
gesellschaftlichen Institutionen mußte die Möglichkeit der Einflußnahme eingeräumt werden, um eine kritische Reflexion der Werbung zu ermöglichen. Zur Verhinderung einer ungleichgewichtigen Einflußnahme der
12
Kapitel 1 C. - Verhaltensbeeinflussung durch die Werbewirtschaft
Medien in negativer Hinsicht wurde der Deutsche Werberat eingerichtet. Er ist - entsprechend der Resolution des Europarates vorgesehen - als selbstdisziplinäre, freiwillige Einrichtung der deutschen Werbewirtschaft zu verstehen, ein sogenanntes Selbstkontrollorgan
der
Werbewirtschaft.
Er
entwickelt
die
Werbung im Hinblick auf Inhalt, Aussage und Gestaltung weiter und ist bemüht, Mißstände im Werbewesen
festzustellen und zu beseitigen. Durch ihn werden eine Vielzahl von Werbungen untersagt. Von den bei dem
Deutschen Werberat eingereichten Beschwerden hat fast
jede
zweite
Erfolg.
Dies
zeigt,
welche
bedeutende
Stellung dem Deutschen Werberat zukommt. Durch ihn
bekommen die Bürger als Verbraucher die Möglichkeit,
in das Werbegeschehen einzugreifen und so dem großen
Einfluß
der
Medien
entgegenzuwirken.
Der
Deutsche
Werberat bildet somit ein Gegengewicht und macht den
Verbraucher selbst zu einem einflußreichen Werbeteilnehmer. Dadurch wird ein ausgewogenes Gleichgewicht
zwischen der Einflußnahme der Medien und der Einflußnahme
der
Verbraucher
gewährleistet.
Der
Deutsche
Werberat fungiert darüber hinaus präventiv als „Sensor für gesellschaftliche Probleme“ in Zusammenhang
mit der Marktkommunikation der Wirtschaft, indem er
durch ständige Debatten über Fehlverhalten eine Sensibilität in den Unternehmen wie in der Öffentlichkeit entwickelt.
Die bei dem Deutschen Werberat eingegangen Beschwerden betreffen meist die Gleichberechtigung von Frauen
mit dem Ziel, Diskriminierungen zu verhindern. Ebenso
stehen im Mittelpunkt die Säkularisierung der Gesellschaft
-
die
Verletzung
religiöser
Empfindungen
-
oder die Ausdehnung der Jugendzeit in die Kindheit
13
Kapitel 1 C. - Verhaltensbeeinflussung durch die Werbewirtschaft
und die damit verbundene Mißachtung des Kinderschutzes.
Der Deutsche Werberat besteht aus einem Gremium mit
Sitz in Bonn, dem zwölf Vertreter aus werbender Wirtschaft, Agenturen, Werbeberufen und Medien angehören.
Getragen wird der Deutsche Werberat von der Wirtschaft selbst. Es wird über die Beschwerden auf der
Grundlage
der
Gesetze,
der
werberechtlichen
Vor-
schriften und eigener Grundsätze entschieden. Darüber
hinaus ist nach eigenen Angaben die „aktuell herrschende Auffassung über Sitte, Anstand und Moral in
der Gesellschaft“ maßgebend. Dazu zählen nicht nur
die Verhaltensweisen der Bürger im öffentlichen Leben, sondern auch die dargestellte Wirklichkeit in
den redaktionellen Teilen der Medien.
Tätig wird der Deutsche Werberat bereits in der sogenannten „Grauzone“, im Vorfeld der gesetzlich bezogenen Grenzen. Er geht sämtlichen Beanstandungen nach,
um Aussagen und Darstellungen abzustellen, die aus
der Sicht der Werbewirtschaft insgesamt und aus der
Sicht der umworbenen Verbraucher anstößig oder unzuträglich sind. Ausschlaggebend für eine solche Beanstandung sind ausschließlich gesellschaftliche Kriterien, die Werbung muß nicht auch unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten zu beanstanden sein. Konsequenz ist, daß der Schwerpunkt der Tätigkeit des
Werberats nicht auf dem Gebiet der Verfolgung von
Rechtsverstößen liegt.
Wird eine Beschwerde bei dem Deutschen Werberat eingereicht, so entscheiden die Werberatsmitglieder unabhängig voneinander - um ein demokratisches Votum zu
erlangen - durch Mehrheitsentscheid, ob Maßnahmen gegen die betroffene Werbung eingeleitet werden sollen
oder nicht. Als Maßnahme gegen eine anstößige oder
14
Kapitel 1 C. - Verhaltensbeeinflussung durch die Werbewirtschaft
unerträgliche Werbung kommt zunächst eine Anhörung
durch den Deutschen Werberat des betreibenden Unternehmens in Betracht. In dieser Anhörung wird das Unternehmen
um
eine
Mitteilung
angehalten,
ob
diese
Werbemaßnahmen auch künftig noch geschaltet werden.
Darin ist eine konkludente Aufforderung zu sehen, die
jeweiligen Werbemaßnahmen aufzugeben. Hält das jeweiligen Unternehmen trotz der Anhörung an ihrer Werbung
fest, erteilt der Deutsche Werberat die „Öffentliche
Rüge“, die schärfste Waffe des Deutschen Werberates.
Zeigt auch die öffentliche Rüge nicht die erwünschte
Resonanz, erfolgt zunächst eine weitere Anhörung mit
einer dreitägigen Frist zur Abhilfe. Wenn auch diese
Maßnahme keine Resonanz zeigt, dann werden durch den
Deutschen Werberat die Medien hinsichtlich der betreffende Werbekampagne sensibilisiert und angeregt,
diese Werbung nicht mehr zu veröffentlichen.
Betrifft
die
Werbung
dabei
wettbewerbsrechtliche
Grundsätze, so leitet der Deutsche Werberat aufgrund
der eigenen Satzung die Angelegenheit weiter an die
Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V.
in Bad Homburg, wenn sie nicht von dieser schon selbständig aufgegriffen wurde.
Diese
unter
wettbewerbsrechtlichen
Gesichtspunkten
wohl wichtigste Zentrale wurde 1912 in Berlin gegründet. Mittlerweile unterhält sie im Bundesgebiet acht
Zweigstellen.31
Durch
intensive
Zusammenarbeit
mit
den Industrie- und Handelskammern baute die Wettbewerbszentrale
darüber
hinaus
ihre
Arbeit
regional
aus. Die Mitgliederschaft der Zentrale erstreckt sich
auf alle Industrie- und Handelskammern des Bundesge-
15
Kapitel 1 C. - Verhaltensbeeinflussung durch die Werbewirtschaft
bietes, auf die Handwerkskammern und weitere Verbände.
Das Aufgabengebiet der Zentrale, die mit den Spitzenverbänden der gewerblichen Wirtschaft zusammenarbeitet, ist die Bekämpfung von unlauteren Wettbewerbshandlungen sowie die Beteiligung an der Rechtsforschung. Wirtschaftspolitische Aufgaben obliegen ihr
nicht. Sie hat keine Zwangsbefugnis, aber sie kann
bei
Verstößen
insbesondere
gegen
diskriminierende
Werbung, die wettbewerbsrechtlich von Bedeutung sind,
den
Anspruch
auf
Unterlassung
geltend
machen.
Die
Klagebefugnis ergibt sich aus § 13 II Nr. 2 UWG, wonach die Wettbewerbszentrale als rechtsfähiger Verein
zur Förderung gewerblicher Interessen aufgrund ihrer
Mitgliederstruktur die umfassende Verbandsklagebefugnis für das gesamte Bundesgebiet hat.32 Auch steht
der Zentrale die Klagebefugnis gemäß § 13 AGBG zu.
Die Wettbewerbszentrale geht im Falle diskriminierender Werbung im Klagewege gegen diese vor, wenn Grund
zur wettbewerbsrechtlichen Beanstandung besteht.
31
Diese Zweigstellen befinden sich in Berlin, Dortmund, Dresden, Essen, Hamburg, Hannover, München und Stuttgart.
32
BGH GRUR 1995, 122ff. – „Laienwerbung für Augenoptiker“.
16
Kapitel 1 C. - Verhaltensbeeinflussung durch die Werbewirtschaft
II. Wirksamkeit der Selbstkontrolle
Aus der in Bonn für das Jahr 1998 vorgelegten Jahresbilanz des Deutschen Werberats geht hervor, daß die
Beschwerdemenge aus der Bevölkerung und auch die Anzahl der davon betroffenen Werbemaßnahmen 1998 gegenüber dem Vorjahr sinkt. Das Gremium erhielt insgesamt
306 Eingaben - im Vorjahr waren es noch 330. Bei den
Eingaben waren insgesamt 228 Werbemaßnahmen betroffen, im Vorjahreszeitraum waren es noch 235 Werbemaßnahmen.
Es zeigte sich daher eine erfreulich rückläufige Tendenz der zu beanstandenden Werbemaßnahmen. Dies läßt
auf ein wirkungsvolles Arbeiten des Deutschen Werberates und ein kooperatives Zusammenarbeiten der Werbenden gegenüber dem Deutschen Werberat schließen. Im
folgenden
soll
eine
statistische
Bilanz
der
Jahre
1996, 1997, 1998 einen Einblick über die Häufigkeit
beanstandeter Werbemaßnahmen und derer wirksame Bekämpfung durch den Deutschen Werberat verschaffen.33
Jahr
Jahr
Jahr
1996
1997
1998
330
306
214
235
228
Vom Deutschen Werberat behandelte 174
181
168
54
60
Eingereichten
Beschwerden;
Mehr- 324
fachbeschwerden eingeschlossen
Kritisierte Werbemaßnahmen
Werbemaßnahmen
Abgabe wegen Unzuständigkeit des 40
Deutschen Werberates
33
Siehe hierzu die Beschwerdebilanzen des Deutschen Werberates, entnommen den Jahrbücher des Deutschen Werberates aus den Jahren 1996,
1997 und 1998.
17
Kapitel 1 C. - Verhaltensbeeinflussung durch die Werbewirtschaft
Werbende
erklärten
sich
bereit, 60
57
56
2
10
die Werbemaßnahmen nicht mehr zu
schalten
Werbende
erklärten
sich
bereit, 2
die Werbemaßnahme zu ändern
Freigesprochen von der Kritik
108
116
100
Öffentliche Rüge
4
6
2
34%
35%
Anteilig
das
Frauenbild
in
der 41 %
Werbung
Bei den zwei im Jahre 1998 ausgesprochenen öffentlichen Rügen handelte es sich um folgende Werbemaßnahmen:
Das Düsseldorfer Textilunternehmen Amtraks führt in
Deutschland die Geschäfte des italienischen Jeans Herstellers Diesel. Es wurde eine Werbemaßnahme in
einer Zeitschriftenanzeige geschaltet, bei dem eine
brutale Szene dargestellt wurde: Sie spielt sich in
einem dunklen Raum mit verschmierten Wandfliesen ab von der Decke baumeln Körper, aus einer Mülltonne ragen Gliedmaßen hervor. Gezeigt wird ein mit Jeans bekleideter Mann, der auf einem Tisch einen menschlichen
Unterarm
zersägt.34
Diese
Werbemaßnahme
wurde
als in unzumutbarer Weise mit Gewalt konfrontierend
angesehen. Diese gezielt auf Schockeffekte ausgerichtete
Produktpräsentation
sei
ungeachtet
der
ange-
strebten Zielgruppe nicht hinnehmbar.35
Öffentlich gerügt wurde ebenso das Unternehmen B & T
Bautechnik Tkalec GmbH (Raubling). Auf dem Titelblatt
seines Werbeprospekts stand die Überschrift „Die hei-
34
35
Abbildung der Werbemaßnahme beigefügt als Anlage 1.
Jahrbuch Deutscher Werberat 1999, S. 30.
18
Kapitel 1 C. - Verhaltensbeeinflussung durch die Werbewirtschaft
ßeste Versuchung“. Gezeigt wird in einem kreisrunden
Ausschnitt die Rückenansicht einer Frau mit leicht
gespreizten Beinen. Auf ihrem Tangaslip lag eine beim
Hausbau eingesetzte metallene Kombi-Hülse, das umworbene
Produkt.36
Durch
die
pornographisch
anmutende
Pose wirke - so kritisierte der Deutsche Werberat die Darstellung frauenherabwürdigend und überschreite
erheblich die moralischen Grenzen. Diese Werbemaßnahme wurde als diskriminierend beurteilt.37
36
37
Abbildung der Werbemaßnahme beigefügt als Anlage 2.
Jahrbuch Deutscher Werberat 1999, S. 30ff.
19
Kapitel 2 A. - Zum Begriff der Diskriminierung
Kapitel 2: Diskriminierende Werbung und § 1 UWG
A. Zum Begriff der Diskriminierung
Werbung
ist
in
allen
Lebensbereichen
präsent.
Sie
greift sowohl in die Individualsphäre als auch in die
Sozialsphäre, in die Privatsphäre, in die Intimsphäre
als auch in die Wirtschaftsphäre verbunden mit ihren
Produktionen ein. So wirbt der Liebende um die Gunst
der Geliebten, der Politiker um die Stimme des Wählers, der Priester um die Gottesfurcht des Gläubigen
und
das
Wirtschaftssubjekt
scheidung.
38
um
die
Verbraucherent-
Werbung kann in vielerlei Hinsicht ver-
standen werden: sie kann beschreibend sein, überredend, provokativ, verachtend, künstlerisch, dokumentativ, informativ oder aber lediglich eine fantasiereiche Unterhaltung.
Der Begriff der „Diskriminierung“ ist in der Werbung
weit gefächert und umfaßt eine Vielzahl von Fällen.
Inwieweit Werbung als diskriminierend zu werten ist,
ist Frage der Einzelfallbetrachtung und kann nicht
pauschal eingegrenzt werden. Es ist eine umfassende
Güter- und Interessenabwägung unter Berücksichtigung
der konkreten Umstände der einzelnen Fallgestaltungen
erforderlich.
38
Zitat des Herrn Prof. Dr. Karl-Heinz Fezer aus seiner Antrittsvorlesung vom 25.06.1997 an der Juristenfakultät der Universität Leipzig
aus Anlaß der Verleihung einer Honorarprofessur für Gewerblichen
Rechtsschutz zu dem Thema „Markt zwischen Freiheit und Verantwortung“.
20
Kapitel 2 A. - Zum Begriff der Diskriminierung
I. Allgemeine Überlegungen
Das Augenmerk soll zunächst auf die allgemeine Bedeutung des Begriffs „Diskriminierung“ gerichtet werden.
Mit Diskriminierung werden zum einen die (unter Umständen unzutreffenden) Äußerungen und Behauptungen
in der Öffentlichkeit verstanden, die dazu geeignet
und bestimmt sind, eines anderen Ansehen oder Ruf zu
schädigen oder diesen herabzusetzen. Zum anderen kann
in Diskriminierung die durch unterschiedliche Behandlung beabsichtigte Benachteiligung und Zurücksetzung
gesehen werden. Auch kann Diskriminierung einfach und
pauschaliert als eine Trennung verstanden werden, eine Absonderung in jedweder Hinsicht.
Die Diskriminierung kann sowohl einzelne Personen als
auch eine Gruppe betreffen. In der Regel sind bestimmte Gruppierungen Blickpunkt einer Diskriminierung. Denn die rechtliche Ordnung knüpft an Vorstellungen über gruppenspezifische Eigenheiten und an gesellschaftliche
Auffassungen.39
Rechtliche
Ordnung
bedeutet, das Recht von seiner Ordnungsaufgabe her zu
begreifen, ein jeweiliges Ganzes der Lebensverhältnisse
sinnvoll
zu
ordnen.
Nicht
die
Ordnung
be-
herrscht und determiniert das Recht, sondern Recht
soll in dem zu Ordnenden die Ordnung herstellen, verbessern oder bewahren. Es gilt der Grundsatz, daß
sich nur ordnen läßt, was beherrschbar und das heißt
überschaubar
ist.40
Zöllner
führt
zutreffend
aus,
„das Ganze auf einmal zu denken und zu ordnen, übersteigt bei weitem die menschliche Fähigkeit, mit Komplexität umzugehen“.41
39
Schenk, Medienwirkungsforschung, Tübingen, 1987, S. 36ff.
Zöllner, „Der Ordnungsdenker“ in Juristen im Spiegel, 1998, S.
23ff.
41
Zöllner „Der Ordnungsdenker“ in Juristen im Spiegel, 1998, S. 23ff.
(26).
40
21
Kapitel 2 A. - Zum Begriff der Diskriminierung
Die Gesamtheit der Diskriminierungen, die der rechtlichen Ordnung unterfallen, ist demnach in einzelne
Lebensbereiche aufzuschlüsseln. Eine Abgrenzung und
Ausgrenzung erfolgt in verschiedenen Bereichen, von
denen oft Minderheiten betroffen sind. Geht es um den
Schutz und die Gleichberechtigung von Minderheiten,
entfalten gesellschaftliche Mehrheiten keine normausfüllende Kraft. Eine Ab- und Ausgrenzung kann auf sozialen
Verhaltensweisen
beruhen,
so
wenn
gesell-
schaftliche Grundeinstellungen aufeinanderprallen und
das gegenseitige Verständnis für die jeweiligen Verhaltensweisen der anderen Gruppierung fehlt. Durch
eine solche Konfrontation wird eine Ab- und Ausgrenzung geradezu provoziert. Der Bereich der Frauen in
Abgrenzung von demjenigen der Männer ist ebenso betroffen. Das Bild der Frau wird vielfach deformiert
dargestellt neben dem des Mannes. Der Mann gilt als
Ernährer der Familie, als Verteidiger des Landes; die
Frau dagegen als Hausfrau und Mutter, als des Mannes
Gespielin,
als
sexistisches
Objekt.42
Gerade
hier
zeigt sich ein sehr weitläufiges Verständnis von Diskriminierung. In unserer heutigen Zeit hat sich aufgrund der fortschreitenden Emanzipation die Einstellung gegenüber den beiden Geschlechtern zwar weitläufig geändert, dennoch nimmt die Diskriminierung gerade in diesem Bereich nur unwesentlich ab. Des weiteren findet die Gruppe der Fremdsprachigen Beachtung
und zwar in den Bereichen, die sprachliche Integration voraussetzen. Damit in Zusammenhang steht die sogenannte Ausländerdiskriminierung. Auch diese hat an
Gewichtigkeit bislang nur unwesentlich verloren. Zwar
42
Am häufigsten werden Frauen allerdings ohne Rollenzuteilung dargestellt (44 %) oder gemeinsam mit einem Mann (33 %), als Hausfrau tauchen Frauen dagegen nur selten in der Werbung auf (4 %) ebenso als
Mutter (5 %); so Nickel „Das Frauenbild in der Werbung“, Vortrag auf
dem Aral-Symposium „Frau und Autofahren“ am 16.11.1990 in Wien.
22
Kapitel 2 A. - Zum Begriff der Diskriminierung
ist nach der allseits bekannten goldenen Grundregel
jeder Mensch außer in seinem Heimatland ein Ausländer. Dennoch - ungeachtet dieser Grundregel - werden
immer wieder Ausländer aufgrund von Vorurteilen benachteiligt und zurückgesetzt. Der Begriff „Ausländer“ knüpft zumindest äußerlich nicht an Volkszugehörigkeit,
Abstammung
und
Staatsangehörigkeit.43
Rasse
Die
an,
sondern
an
Staatsangehörigkeit
die
ist
zwar eng mit der Abstammung verbunden, letztendlich
geht es aber gerade bei der Problematik der „Ausländerdiskriminierung“ mehr um die Nationalität und weniger um die Abstammung selbst. Als Abstammung ist
die
natürliche
Beziehung
eines
Menschen
zu
seinen
Vorfahren zu verstehen in dem Sinne, daß sich Menschen ähnlicher Abstammung als Gruppe begreifen oder
als
solche
deshalb
gesehen
eng
mit
werden.44
der
Die
Abstammung
Staatsangehörigkeit
hängt
zusammen,
weil diese in aller Regel von den Vorfahren übernommen wird. Gesonderte Bedeutung hat aus diesem Grunde
der Bereich der Rassendiskriminierung. Mit dem Ausdruck
„Rasse“
wird
das
vererbliche
und
typenhafte
körperliche Erscheinungsbild bezeichnet, in dem sich
die Abstammung vergegenständlichen kann.45 Eine Absonderung, die auf das Rassenmerkmal zurückzuführen
ist, hat seinen Ursprung oft darin, daß verschiedene
Rassen unterschiedliche Religionen ausüben, wegen derer sie eine Ab- und Ausgrenzung erleiden. Die Ausübung
unterschiedlicher
Religionen
muß
natürlich
nicht notwendig im Zusammenhang mit einer Rasse stehen. Christen wurden zur Zeit des Römischen Reiches
aufgrund ihrer Religion verfolgt, Juden wurden zu einer eigenen Rasse erklärt und insbesondere zur Nazi43
Bezzenberger AcP 1996 (196), 395ff. (412).
BVerfGE 9, 124ff. (128) – „Herkunft“; vgl. auch BGHZ 75, 160ff.
(162f.) - „Jüdische Deutsche als Gruppe“.
44
23
Kapitel 2 A. - Zum Begriff der Diskriminierung
zeit verfolgt. Anhand dieser sehr krassen Beispiele
soll
gezeigt
werden,
zu
welchen
Auswirkungen
eine
Diskriminierung aufgrund verschiedenen Glaubensrichtungen führen kann. Wichtig in diesem Zusammenhang
ist noch ein weiterer Bereich, die Behindertendiskriminierung. Immer wieder erfolgt eine Ab- und Ausgrenzung von Behinderten, die aufgrund eines Krankheitsbildes, eines Unfalls oder von Geburt an eine Behinderung erlitten.46
Um die Diskriminierung im allgemeinen erfassen und
verstehen zu können, müssen weltanschauliche Aspekte
hinzugezogen werden. Genau solche Aspekte tragen dazu
bei, Einstellungen zu verhärten und Klischees zu vertiefen. Sie können von religiösen Anschauungen geprägt sein, von traditionellen, moralischen, gewohnheitsmäßigen oder auch von gesellschaftlichen. Auch
muß eine aus diesen Aspekten resultierende Ab- und
Ausgrenzung nicht zwingend bewußt sein; vielmals kommen solche unbewußt zu Tage.
Demnach bedeutet Diskriminierung die benachteiligende
- negative - Behandlung, die auf Vorurteilen, Klischees, Tradition, Moral, Religion oder gesellschaftlichen Einstellungen basieren und die zu einer Abund Ausgrenzung führen und die unter dem Gesichtspunkt ethischer bzw. gesellschaftlicher Werte als negativ eingestuft werden müssen.
Es gibt auch eine sogenannte positive Diskriminierung. Eine solche erfolgt, wenn benachteiligte Minderheiten oder Gruppierungen in positiver Weise in
den Vordergrund gestellt werden und Bevorzugungen er45
Bezzenberger AcP 1996 (196), 395ff. (396).
Es handelt sich bei den aufgeführten Bereichen nicht um eine abschließende Aufzählung.
46
24
Kapitel 2 A. - Zum Begriff der Diskriminierung
fahren oder in sonstiger Weise gefördert werden, um
damit eine Chancengleichheit zu erzielen.47 Auf die
Fallkonstellation der positiven Diskriminierung soll
jedoch nicht näher eingegangen werden, da eine solche
für diese Arbeit keine Bedeutung hat.
II. Wettbewerbsrechtliche Diskriminierung
Das UWG enthält keinen eigenständigen Tatbestand der
diskriminierenden Werbung bzw. der Diskriminierung im
allgemeinen,
durch
so
daß
die
Rechtsprechung
Anwendung
der
Generalklausel
die
gemäß
§
Fälle
1
UWG
löst. Die Vorschrift wurde bereits im Jahre 1909 in
das
Gesetz
gegen
den
unlauteren
Wettbewerb
einge-
führt. Danach ist eine solche Werbung verboten, die
gegen die guten Sitten verstößt. Es handelt sich dabei um einen sehr unbestimmten Rechtsbegriff, den es
näher auszulegen und zu analysieren gilt. § 1 UWG ist
eine Delegationsnorm zur Rechtsetzung durch Richterrecht.48 Die Vorschrift wurde von dem Gesetzgeber bewußt flexibel gestaltet, damit sie sich den unvorhergesehenen Entwicklungen im Wettbewerbsrecht anpassen
kann und so der Dynamik des Wirtschaftslebens keine
Grenzen gesetzt sind.49 Für den Richter bedeutet das
einen gewollt großen Beurteilungsspielraum bei seiner
Rechtsetzung.
1. Schutzzweck des § 1 UWG
Der
Schutzzweck
Rechtsfortbildung
der
Norm
heute
ist
aufgrund
weitgehendst
jahrelanger
unumstritten.
Aufgabe des UWG ist es danach vor allem, durch die
47
48
Vgl. dazu Kokott NJW 1995, 1049ff. (1050).
Fezer JZ 1998, 265ff. (267).
25
Kapitel 2 A. - Zum Begriff der Diskriminierung
Aufstellung
von
Verhaltensnormen
im
Interesse
der
Konkurrenten, der übrigen Marktbeteiligten und der
Allgemeinheit die Funktionsfähigkeit unserer Wettbewerbsordnung sicherzustellen. Demnach soll die Vorschrift Mitbewerbern, sonstigen Marktteilnehmern einschließlich den Verbrauchern und auch der Allgemeinheit Schutz bieten.50
2. Konkretisierung der guten Sitten
Zur Konkretisierung der Norm können nicht die gefundenen Grundzüge zur Sittenwidrigkeit der §§ 138, 826
BGB herangezogen werden. Die Sittenwidrigkeit nach
dem UWG muß - anders etwa in §§ 138, 826 BGB - als
wettbewerbswidriges
oder
wettbewerbsfremdes
Handeln
bereichsspezifisch verstanden und interpretiert werden.51 Zwischen den §§ 138, 826 BGB und § 1 UWG bestehen Funktionsunterschiede. Der verfolgte Zweck und
die
Sanktionen
52
lich.
der
Vorschriften
sind
unterschied-
§ 138 regelt die Nichtigkeit eines Rechtsge-
schäftes, § 826 BGB ist eine Norm zur Regulierung
schadenstiftenden Verhaltens, die zu einem Schadensersatzanspruch führt; § 1 UWG hingegen bezieht sich
ausschließlich
auf
Wettbewerbshandlungen
und
läuft
bei einer Zuwiderhandlung in erster Linie auf einen
Unterlassungsanspruch hinaus. In zweiter Linie kann
bei einer Zuwiderhandlung des § 1 UWG ein Schadensersatzanspruch entstehen.
49
Gaedertz/ Steinbeck WRP 1996, 978ff. (978); Gloy, Handbuch des
Wettbewerbsrechts, 1997, § 13, Rn. 3.
50
Vgl. auch Kisseler in FS für Gaedertz, 1992, S. 283ff. (291).
51
Gloy, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 1997, § 13 Rn. 5; Kehl, Wettbewerbsrecht, 1990, § 13 Rn. 2; Kort WRP 1997, 526ff. (527); Reichold
WRP 1994, 219ff.
52
Andere Ansicht dazu vertritt Nipperdey, Wettbewerb und Existenzvernichtung, 1930, S. 12; Sack GRUR 1970, 493ff. (494ff., 498); Schünemann in Großkommentar UWG Jacobs/ Lindacher/ Teplitzky, Stand
1.9.1995, Einl. § 1 UWG, Anm. C 4 ff.; die keinen Unterschied zwischen § 1 UWG und § 138 BGB sehen.
26
Kapitel 2 A. - Zum Begriff der Diskriminierung
Der Begriff „gute Sitten“ ist seinem Wortsinn nach
mehrdeutig.
Er
kann
unter
dem
Oberbegriff
„Sitte“
verstanden werden, womit Bräuche und Gewohnheiten des
geschäftlichen Verkehrs gemeint sind oder aber unter
dem der „Sittlichkeit“. Unter Sittlichkeit ist das
sittliche Empfinden, die Moral nicht nur im gesinnungs-ethischen Sinne zu verstehen, die Anforderungen
des Gewissens an das Verhalten des Menschen.53 Diese
beiden Oberbegriffe haben eine unterschiedliche Bedeutung
und
können
deshalb
nicht
gleichzeitig
zur
Konkretisierung der Generalklausel herangezogen werden. Die Sitte umschreibt die tatsächlich vorliegenden Gegebenheiten, während mit der Sittlichkeit Umstände beschrieben werden, die herrschen sollten.
Nach der von dem Reichsgericht vertretenen Ansicht
entnahm der Richter den Maßstab für die Beurteilung
des
Begriffs
„gute
Sitten“
aus
dem
herrschenden
Volksbewußtsein, dem Anstandsgefühl aller gerecht und
billig Denkenden, wobei auch auf die Anschauungen der
Kaufleute Rücksicht zu nehmen war.54 Dabei lehnte das
Reichsgericht die Auslegung der guten Sitten an § 826
BGB.55
Der
Begriff
„Volksbewußtsein“
läßt
darauf
schließen, daß für die Konkretisierung des Begriffs
„gute Sitten“ die Auslegungskriterien an dem sittlichen Bewußtsein gemessen wurden. Folglich wurden die
guten Sitten danach bestimmt, wie man sich aufgrund
der
von
uns
verfaßten
Wirtschaftsordnung
objektiv
verhalten sollte, um Wettbewerbsverhalten als unbean-
53
Baumbach/ Hefermehl, Kurzkommentar zum Wettbewerbsrecht, 1999,
Einl. UWG, Rn. 66; Emmerich, Das Recht des unlauteren Wettbewerbs,
1998, § 5 Nr. 1 b); von Godin, Wettbewerbsrecht, Kommentar, 1974, U §
1, Rn. 59.
54
RGZ 48, 114ff. (124).
55
Vgl. hierzu auch von Gamm, Wettbewerbsrecht, 1. Halbband, 1987, §
18, Rn. 3.
27
Kapitel 2 A. - Zum Begriff der Diskriminierung
standet anzusehen und nicht danach, wie es mehrheitlich geschieht.56 „Aufgabe des Rechts ist es, gesellschaftliche Beziehungen zu ordnen, nicht aber gesinnungs-ethisches Verhalten zu erzwingen“.57
Die Formel des Reichsgerichts führte selbst bei hoher
Erkenntnisfähigkeit
des
Richters
dazu,
daß
dieser
Formel subjektive Wertmaßstäbe zugrunde gelegt wurden
und zwar aus einer inneren Beziehung des Wertenden
zum
Objekt,
das
bewertet
werden
soll.58
Zwar
barg
dies kein unabwägbares Risiko, da über allem die Werteordnung des Verfassungsrechts stand.59 Es war dennoch eine Korrektur erforderlich, um den Begriff zu
objektivieren. Ein objektiver Gehalt war erforderlich, um der Generalklausel einen umfassenden Geltungsbereich zukommen zu lassen.
Der BGH distanzierte sich deshalb von der Auffassung
des Reichsgerichtes und entwickelte die mittlerweile
von der Rechtsprechung des BGH und der herrschenden
Literaturmeinung jahrzehntelang benutzte Lehrformel,
wonach sittenwidrig im Sinne dieser Vorschrift ein
Wettbewerbsverhalten ist, das dem Anstandsgefühl der
beteiligten Verkehrskreise widerspricht oder von der
Allgemeinheit mißbilligt und für untragbar angesehen
wird.60 Ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs liegt
vor, wenn das Verhalten objektiv geeignet ist, den
eigenen oder fremden Wettbewerb zum Nachteil eines
56
Ullmann GRUR 1991, 789ff. (791).
Baumbach/ Hefermehl, Kurzkommentar zum Wettbewerbsrecht, 1999,
Einl. UWG, Rn. 66.
58
Von Godin, Wettbewerbsrecht, 1974, U § 1, Rn. 57 ff.
59
Ullmann GRUR 1991, 789ff. (791).
60
BGHZ 15, 356ff. (364f.) - „Progressive Kundenwerbung“; BGHZ 19,
392ff. (396) - „Anzeigenblatt“; BGHZ 54, 188ff. (191) - „Fernsehwerbung“; BGHZ 56, 18ff. - „Grabsteinaufträge II“; Baumbach/ Hefermehl,
Kurzkommentar zum Wettbewerbsrecht, 1999, Einl. UWG, Rn. 85ff.; von
Gamm, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 1993, § 1 UWG, Rn. 30.
57
28
Kapitel 2 A. - Zum Begriff der Diskriminierung
anderen zu begünstigen.61 Der Begriff wurde im Hinblick auf die Wahrung der Allgemeininteressen erweitert, um den Schutzzweck der Norm zu wahren. Dadurch
wurde
eine
Relativierung
auf
objektiver
Ebene
er-
reicht, bei dem der jeweilige Kulturkreis Ausgangspunkt war. Es ist ohnehin bei unserer heutigen pluralistischen Gesellschaft schwierig, einen Einheitsbegriff wie den der guten Sitten zu erläutern. Diese
Auslegung verschafft aber dem Richter den notwendigen
Beurteilungsspielraum, um dem Schutzzweck des UWG gerecht werden zu können und im Rahmen der Verkehrsauffassung und einer Interessenabwägung anhand aller relevanten Umstände des Einzelfalls das tatbestandsmäßige
Verhalten
zu
konkretisieren.
In
der
jüngsten
Rechtsprechung treten die Anschauungen der Allgemeinheit
einschließlich
selbständig
neben
die
das
der
Verbraucher
Anstandsgefühl
geradezu
der
Durch-
schnittsgewerbetreibenden.
Hefermehl vertritt die Auffassung, bei der Konkretisierung der Generalklausel muß darüber hinaus eine
sozialmoralische Komponente Berücksichtigung finden.
Aufgrund eines Funktionswandels des UWG vom Individualrecht zum Sozialrecht in den letzten Jahrzehnten
habe sich die Bedeutung der „guten Sitten“ in § 1 UWG
geändert. § 1 UWG stelle insoweit eine Ermächtigungsnorm dar, bei der der Richter
unter Abwägung
der
schutzwürdigen Interessen und Güter Verhaltensregeln
aufstellen
müsse.62
Die
sozialmoralische
Komponente
ist davon abhängig, inwieweit überhaupt außerrechtliche
Moralvorstellungen
vorhanden
sind.
In
unserer
heutigen Zeit haben sich Moralvorstellungen in Teilen
61
Ständige RS: BGH NJW-RR 1986, 1484f. - „Frank der Tat“; BGH WRP
1992, 380ff. (383) - „Beitragsrechnung“; BGH NJW 1992, 3304f. (3304)
- „Erdgassteuer“.
29
Kapitel 2 A. - Zum Begriff der Diskriminierung
der Bevölkerung gewandelt und sind aufgrund unserer
herrschenden Massengesellschaft nur noch bedingt vorhanden. Die Menschen haben in vielerlei Hinsicht eine
liberalere Einstellung bekommen als noch vor hundert
Jahren.
Auch
sind
die
heutigen
Werbemethoden
sehr
viel aggressiver geworden, als es noch vor hundert
Jahren der Fall war. Deshalb muß sich die Moral nach
den sich wandelnden Anstandsgefühlen der beteiligten
Verkehrskreise bestimmen.
Nach Ansicht von Gamm ist ausschlaggebend nicht die
Sozialmoral, sondern maßgebend sind die Wertvorstellungen der beteiligten Verkehrskreise, vor allem die
der Verbraucher. Objektiv sittenwidrig ist ein Wettbewerbsverhalten, wenn es aufgrund einer Interessenabwägung - auf Grundlage der bestehenden Wirtschaftsordnung und der verfassungsrechtlichen Bewertung der
einander
gegenübertretenden
Interessen
sowie
unter
Berücksichtigung des Schutzzwecks des UWG - der sittlich-rechtlichen Wertung nach Maßgabe der Auffassung
der beteiligten Verkehrskreise und der Allgemeinheit
widerspricht.63 Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung
und
die
Wettbewerbsfreiheit
finden
dort
ihre
Grenzen, wo Eingriffe in die Belange der Allgemeinheit oder der Mitbewerber in einer Art erfolgen, die
den
sittlich-rechtlichen
Anschauungen
widersprechen
und nicht mit dem Sinn und Zweck des Leistungswettbewerbs in Einklang stehen.64 Die sittlich-rechtliche
Wertung enthält keine moralische Wertung, keine Geschmackszensur.65
62
Baumbach/ Hefermehl, Kurzkommentar zum Wettbewerbsrecht, 1999,
Einl. UWG, Rn. 55.
63
Von Gamm, Wettbewerbsrecht, 1. Halbband, 1987, Kapitel 18, Rn. 2;
vgl. auch Piper GRUR 1996, 147ff. (154).
64
Von Gamm, Wettbewerbsrecht, 1. Halbband, 1987, Kapitel 18, Rn. 2,
Rn. 8ff.
65
BGH GRUR 1970, 557ff. (558) - „Erotik in der Ehe“.
30
Kapitel 2 A. - Zum Begriff der Diskriminierung
Es besteht nach Ansicht der Literatur wie auch der
Rechtsprechung insoweit Einigkeit, daß die sittlichrechtliche Wertvorstellung zur Bestimmung der Generalklausel Berücksichtigung finden muß nach Maßgabe
des
Empfindens
eines
normalen
Durchschnittsbürgers
und nach Maßgabe der Auffassung und des sittlichen
Bewußtseins der Allgemeinheit.66 Abzustellen ist demnach auf die Wertvorstellungen der beteiligten Verkehrskreise, deren Gewicht und Relevanz für die Beurteilung
des
in
Frage
stehenden
Verhaltens
jeweils
aufgrund einer umfassenden Abwägung auch der einander
gegenübertretenden Interessen sowie unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb zu erfolgen hat, wobei auch verfassungsrechtliche Bewertungen solcher Interessen eine
Rolle spielen können.67 Auch Hefermehl sieht die Generalklausel in ihrem Kern sittlich-rechtlich fundiert.68
Es müssen Abwägungen getroffen werden, die einer objektiven Betrachtung bedürfen. Eine rein moralischethische
Betrachtungsweise
ist
zur
Konkretisierung
nicht genügend. Dabei muß sich jede auf § 1 UWG beruhende Entscheidung an der Verfassung orientieren und
sich in dem von dem Grundgesetz, insbesondere den
Grundrechten gesteckten Rahmen befinden.69
66
Von Gamm, Wettbewerbsrecht, 1. Halbband, 1987, Kapitel 18, Rn. 2.
BGHZ 130, 5ff. (8) - „Busengrapscher“; Dürig in Maunz/ Dürig,
Grundgesetzkommentar, Band 1, Stand 1998, Art. 1 III, Rn. 132; Schünemann in Großkommentar UWG Jakobs/ Lindacher/ Teplitzky, Stand
1.9.1995, Einl. A, Rn. 58; D., Rn. 30 mit weiteren Nachweisen.
68
Baumbach/ Hefermehl, Kurzkommentar zum Wettbewerbsrecht, 1999,
Einl. UWG, Rn. 68.
69
So für Art. 5 GG BVerfGE 7, 198ff. (205f., 215) - „Lüth“; für Art.
4 II GG BVerfGE 24, 236ff. (251f.) - „Katholische Landjugendbewegung“; für Art. 12 GG BVerfGE 32, 311ff. (317f.) - „Grabsteine“; BGHZ
51, 236ff. (246ff.) - „Stuttgarter Wochenblatt I“; BGHZ 130, 5ff. (8)
- „Busengrapscher“; BGHZ 130, 196ff. (200) - „Ölverschmutzte Ente“;
Emmerich, Das Recht des unlauteren Wettbewerbs, 1998, § 5, Nr. 8;
Ulmer AfP 1975, 870ff. (875ff.).
67
31
Kapitel 2 A. - Zum Begriff der Diskriminierung
Des weiteren wird von der Rechtsprechung und einem
Großteil der Literatur an das tatbestandliche Vorliegen der Generalklausel eine subjektive Komponente geknüpft, die Wettbewerbsabsicht, da die obligatorischen Ansprüche aus unerlaubter Handlung stammen.70
Unter Wettbewerbsabsicht wird das Wissen und Wollen
des
wettbewerblichen
Zieles
der
Handlung
verstan-
den.71 Zwar wird nicht das Bewußtsein, sittenwidrig
zu handeln, vorausgesetzt, es ist aber erforderlich,
daß die Wettbewerbshandlung in subjektiver Hinsicht
mit
Wettbewerbsabsicht,
also
der
Absicht,
eigenen
oder fremden Wettbewerb zu fördern, begangen wird und
diese Absicht nicht völlig hinter anderen Beweggründen
zurücktritt.72
Bei
Gewerbetreibenden
und
Wirt-
schaftsverbänden wird eine Wettbewerbsabsicht vermutet, wenn eine objektiv wettbewerbsfördernde Handlung
vorgenommen wird.73 Dabei braucht die Wettbewerbsabsicht keineswegs die einzige oder wesentliche Zielsetzung des Handelns zu sein; es genügt, wenn mit der
in Rede stehenden Handlung auch Wettbewerbszwecke,
die nicht als völlig nebensächlich hinter dem eigentlichen Beweggrund zurücktreten, verfolgt werden.74
Letztendlich kommt der subjektiven Komponente in den
meisten Fällen keine große Bedeutung zu, da der Ver70
Ständige RS: BGHZ 3, 270ff. (277)- „Constanze I“; BGHZ 14, 163ff.
(171) - „Constanze II“; BGHZ 19, 392ff. (394f.) - „Anzeigenblatt“;
BGH GRUR 1989, 430f. - „Krankentransportbestellung“; BGH GRUR 1990,
1012ff. (1013) - „Pressehaftung I“; Baumbach/ Hefermehl, Kurzkommentar zum Wettbewerbsrecht, 1999, Einl. UWG, Rn. 125ff., Rn. 232ff. mit
weiteren Nachweisen.
71
Von Godin, Wettbewerbsrecht, Kommentar, 1974, U § 1, Rn. 8.
72
Ständige RS: RG GRUR 1937, 466ff. - „Mulla 500“; BGHZ 3, 270ff.
(277) - „Constanze I“; BGH GRUR 1981, 140ff. (142) - „Flughafengebühr“; BGH NJW-RR 1986, 1484f. - „Frank der Tat“; BGH WRP 1992,
380ff. (383) - „Beitragsrechnung“; Baumbach/ Hefermehl, Kurzkommentar
zum Wettbewerbsrecht, 1999, Einl. UWG, Rn. 232ff.; von Gamm, Wettbewerbsrecht, 1. Halbband, 1987, § 18, Rn. 36ff.
73
BGHZ 3, 270ff. (277) - „Constanze I“; BGH GRUR 1962, 34ff. (36) „Torsana“; BGH GRUR 1962, 45ff. (47) - „Betonzusatzmittel“; vgl. Emmerich, Das Recht des unlauteren Wettbewerbs, 1998, § 5, Nr. 10.
32
Kapitel 2 A. - Zum Begriff der Diskriminierung
letzter spätestens mit Abmahnung bzw. Klageerhebung
die
erforderliche
Kenntnis
erhält
und
sich
damit
nicht bei zukünftigen Verletzungshandlungen auf Unkenntnis berufen kann.75
Um der Generalklausel einen umfassenden Anwendungsbereich zukommen zu lassen, wurden als Ergebnis jahrzehntelanger Rechtsentwicklung durch Rechtsanwendung
unterschiedlichste
Fallkonstellationen
herausgebil-
det, in denen Grundsätze und Maßstäbe verankert sind,
die trotz der Vielzahl möglicher Erscheinungsformen
wettbewerblichen Handelns geeignet sind, allgemeingültige Richtlinien aufzustellen. Zwar müssen diese
Grundsätze und Maßstäbe immer wieder einer Überprüfung standhalten und können auch nicht ohne weiteres
auf den Einzelfall übertragen werden; aber es ist der
Judikatur und dem Schrifttum gelungen, zahlreiche Kategorien mit unterschiedlichsten Fallgruppen herauszuarbeiten, die einer Überdehnung des unbestimmten
Rechtsbegriffs der guten Sitten vorbeugen. Bei den
verschiedenen Ansätzen, eine systematische Einordnung
in Kategorien zu finden, hat sich das von Hefermehl
entwickelte Konzept bis heute weitgehendst durchgesetzt.76 Er teilt die Kategorien nach Art der Kampfmittel, der Richtung ihres Einsatzes und der durch
sie betroffenen Interessen der Mitbewerber, Marktpartner und der Allgemeinheit ein, so daß letztend-
74
BGHZ 19, 299ff. (303) - „Kurverwaltung“; BGH NJW-RR 1986, 33f. „Landesinnungsmeister“.
75
von Gamm, Wettbewerbsrecht, 1. Halbband, 1987, Kapitel 18, Rn. 36;
vgl. auch Emmerich, Das Recht des unlauteren Wettbewerbs, 1998, § 5,
Nr. 10.
76
Fezer, JZ 1998, 265ff. (266); Kehl, Wettbewerbsrecht, 1990, § 13,
Rn. 21ff.; Reichold WRP 1997, 219ff. (221).
33
Kapitel 2 A. - Zum Begriff der Diskriminierung
lich sich fünf Kategorien ergeben: Kundenfang, Behinderung, Ausbeutung, Rechtsbruch und Marktstörung.77
Die Kategorie „Kundenfang“ umfaßt Werbemethoden, bei
denen der Kunde mit sachfremden Mitteln durch Beeinträchtigung der freien Entschließungsfähigkeit derart
beeinflußt wird, daß er gerade durch diese Beeinträchtigung
der
Entschließungsfreiheit
nicht aber geworben wird.
Eine
„Behinderung“
„gefangen“,
78
liegt
im
wettbewerbsrechtlichen
Sinne vor, wenn ein Mitbewerber nicht sachlich mit
der Güte seiner Ware oder Leistung zu überzeugen versucht, sondern mit Mitteln, die sich gegen einen anderen Mitbewerber persönlich oder gegen das Unternehmen richten, also einen feindseligen Einschlag haben,
in
seiner
wettbewerblichen
Betätigung
zu
hindern
sucht.79
Unter die Kategorie der „Ausbeutung“ wird nicht schon
die Benutzung fremder Arbeitsergebnisse subsumiert.
Vielmehr kommt durch den verwendeten Begriff Ausbeutung statt Ausnutzung zum Ausdruck, daß ein weiterer
Umstand erforderlich ist, um in diese Kategorie zu
fallen.
Ein wettbewerbsfremdes Verhalten liegt nicht schon
vor, wenn der Wettbewerb mit fremden Leistungen und
Arbeitsergebnissen geführt bzw. gefördert wird. Es
kommt auf die Art und Weise an, wie sich die Ergeb77
Baumbach/ Hefermehl, Kurzkommentar zum Wettbewerbsrecht, 1999,
Einl. UWG, Rn. 160ff.; so auch Reese, Grenzüberschreitende Werbung in
der Europäischen Gemeinschaft, 1994, S. 193ff.; Rittner, Wettbewerbsund Kartellrecht, 1999, § 2 A. III. 2., Rn. 43ff. ; Schünemann, Wettbewerbsrecht, 1989, 2.3.5.; Vogt, Lexikon des Wettbewerbsrechts,
1994, S. XII.
78
Baumbach/ Hefermehl, Kurzkommentar zum Wettbewerbsrecht, 1999,
Einl. UWG, Rn. 161, § 1, Rn. 4 - 207; vgl. auch BGH GRUR 1957, 491ff.
- „Wellaform“.
79
Baumbach/ Hefermehl, Kurzkommentar zum Wettbewerbsrecht, 1999,
Einl. UWG, Rn. 162, § 1, Rn. 208 - 437; BGH GRUR 1960, 431ff. - „KfzNummernschild“.
34
Kapitel 2 A. - Zum Begriff der Diskriminierung
nisse fremder Tätigkeit und fremder Aufwendungen angeeignet werden.80
Von der Kategorie „Rechtsbruch“ werden Verhaltensweisen erfaßt, die auf gesetzlichen, vertraglichen oder
sonstigen Verletzungen beruhen und in den Anwendungsbereich des § 1 UWG fallen. Betroffen sind die Fälle
der Mißachtung vertikaler Preis- oder Vertriebsbindungssysteme
und
sozialen
Dumpings,
worunter
das
durch Tarifbruch oder Verletzung sonstiger Arbeitsbedingungen ermöglichte Preisunterbieten zu verstehen
ist
oder
die
Verletzung
schriften oder Grundsätze.
wettbewerbsordnender
Vor-
81
Unter die Bezeichnung der „Marktstörung“ lassen sich
Wettbewerbsmethoden erfassen, die geeignet sind, gemeinschaftsschädigende Störungen des Wettbewerbs hervorzurufen durch Beeinträchtigung der Freiheit von
Angebot und Nachfrage und damit den Allgemeininteressen zuwiderlaufen, weil ein Unternehmen nicht leistungsgerechte Mittel einsetzt.82
Unter
diese
fünf
Kategorien
wiederum
werden
eine
Vielzahl von einzelnen Fallgruppen subsumiert, die
jede für sich eigene Charakteristika bieten, die den
Begriff „gute Sitten“ genauer eingrenzen. So wurden
wegweisend
Fallkonstellationen
herausgearbeitet
wie
etwa die vergleichende Werbung, die irreführende Werbung, die täuschende Werbung, die anstößige Werbung,
80
Baumbach/ Hefermehl, Kurzkommentar zum Wettbewerbsrecht, 1999,
Einl. UWG, Rn. 163, § 1, Rn. 438 - 607.
81
Baumbach/ Hefermehl, Kurzkommentar zum Wettbewerbsrecht, 1999,
Einl. UWG, Rn. 164, § 1, Rn. 608 - 831.
82
Baumbach/ Hefermehl, Kurzkommentar zum Wettbewerbsrecht, 1999,
Einl. UWG, Rn. 165, § 1, Rn. 832 - 880; BGHZ 43, 278ff. - „Kleenex“;
BGHZ 51, 236ff. (242) - „Stuttgarter Wochenblatt I“; BGHZ 81, 291ff.
(295) - „Bäckerfachzeitschrift“; BGH GRUR 1971, 477ff. - „Stuttgarter
82,
375ff.
(395f.)
„BrillenWochenblatt
II“;
BGHZ
Selbstabgabestellen“.
35
Kapitel 2 A. - Zum Begriff der Diskriminierung
die geschmacklose Werbung, die gefühlsbetonte Werbung, die suggestive Werbung, die subliminale und die
aleatorische Werbung.
Es stellt sich die Frage, ob die diskriminierende
Werbung unter eine dieser Fallgruppen fällt oder ob
sie in diesem Zusammenhang als eigenständige Fallgruppe aufgeführt werden muß.
3. Diskriminierende Werbung als eigenständige wettbewerbsrechtliche Fallkonstellation
Unter einer Diskriminierung im wettbewerbsrechtlichen
Sinne ist die sachlich nicht gerechtfertigte unterschiedliche Behandlung von Personen im geschäftlichen
Verkehr zu verstehen.83
Bislang wird die diskriminierende Werbung in die unterschiedlichen Fallgruppen der Sittenwidrigkeit eingegliedert. Die diskriminierende Werbung gehört jedoch keiner der oben aufgeführten, den fünf Kategorien
zugeordneten
Fallgruppen
an.
Die
verschiedenen
Fallgruppen sind jede für sich gesehen nicht geeignet
bzw. ausreichend, den Tatbestand der Diskriminierung
entsprechend auszufüllen. So finden sich im Schrifttum Ausdrücke wieder wie schockierende, geschmacklose
und anstößige Werbung.84 Diese Fallgruppen sind zwar
geeignet, teilweise den Umstand der Diskriminierung
zu umschreiben, erfassen jedoch meist nicht den Kern
der Diskriminierung. Demnach ist die diskriminierende
Werbung keiner dieser bereits aufgeführten Fallgruppen vollständig zuzuordnen. Vielmehr handelt es sich
um eine eigenständige Fallgruppe, bei der zwar einige
83
Baumbach/ Hefermehl, Kurzkommentar zum Wettbewerbsrecht, 1999, § 1
UWG, Rn. 301; Henning-Bodewig WRP 1992, 533ff. (534f.); jeweils mit
weiteren Nachweisen.
84
Fezer JZ 1998, 265ff. (266).
36
Kapitel 2 A. - Zum Begriff der Diskriminierung
der Kriterien herangezogen werden, die zu den oben
genannten Fallgruppen bereits aufgestellt wurden. Im
Kern weist sie jedoch eine eigene wettbewerbsrechtliche Problemstellung auf.85
85
So auch Fezer JZ 1998, 265ff. (266); danach geht die wettbewerbsrechtliche Problemstellung dahin, unter welchen Voraussetzungen der
Kommunikationsprozeß Werbung als diskriminierend zu beurteilen ist.
37
Kapitel 2 B. - Diskriminierende Werbebilder
B. Diskriminierende Werbebilder
In jüngster Zeit sind vermehrt Fälle der Diskriminierung in der Werbung aufgetreten.
Die Problematik der diskriminierenden Werbung nahm
insbesondere eine juristische Brisanz an durch die
von dem mailändischen Photographen und Werbedesigner
Oliviero Toscani für das italienische Modeunternehmen
Benetton kreierten Werbekampagnen, mit denen weltweit
enormes Aufsehen erregt wurde.
I. Benetton´s Werbebilder
Die Firma Benetton vertreibt Textilien. Sie ist mit
einer Reihe von Photos, die sich auf das Elend und
Leid der Welt beziehen, an die Öffentlichkeit getreten. Damit hat der Modehersteller erstmals die schöne
Konsum- und Werbewelt verlassen und Probleme einer
häßlichen
Lebensrealität
thematisiert,
wie
Armut,
Krieg, Gewalt, Umweltzerstörung und Rassendiskriminierung.
Die Werbekampagne begann im Herbst 1989 mit der Abbildung einer Farbigen, die ein weißes Baby stillt.86
Es wurden zwei Kleinkinder auf Nachttöpfen sitzend
gezeigt, ein weißes und ein farbiges, die miteinander
spielen.87 Im Herbst 1991 wurde eine Photographie gezeigt, bei der ein Priester eine Nonne küßt;88 es
folgte
die
Abbildung
Neugeborenen;
89
eines
noch
blutverschmierten
ein Photo eines als Engelchen aufge-
machten weißen und eines als Teufelchen aufgemachten
schwarzen Kindes.90
86
87
88
89
90
Abbildung
Abbildung
Abbildung
Abbildung
Abbildung
der
der
der
der
der
Werbung
Werbung
Werbung
Werbung
Werbung
beigefügt
beigefügt
beigefügt
beigefügt
beigefügt
als
als
als
als
als
Anlage
Anlage
Anlage
Anlage
Anlage
3.
4.
5.
6.
7.
38
Kapitel 2 B. - Diskriminierende Werbebilder
Gegenstand dieser Werbekampagne war des weiteren die
farbphotographische
Abbildung
einer
ölverschmutzten
Ente, die auf einem Ölteppich schwimmt;91 schwer arbeitende Kleinkinder der Dritten Welt beim Hausbau;92
ein nacktes menschliches Körperteil (Oberarm, Gesäß
oder Schamgegend) mit dem Stempelaufdruck „H.I.V.Positive“;93 ein elektrischer Stuhl;94 die Rückenansicht eines Farbigen in Uniform abgebildet, der ein
Maschinengewehr
menschlichen
auf
dem
Rücken
Oberschenkelknochen
trägt
in
und
den
einen
Händen
hält;95 ein an Aids Sterbender in den Armen seines
Vaters umgeben von seiner Familie;96 ein überfülltes
Flüchtlingsschiff, von dem verzweifelte Menschen ins
Meer springen;97 ein mit
Menschen
gefüllter
Trans-
portcontainer, auf den ein Kleinkind gezerrt wird und
neben dem sich zwei bewaffnete Soldaten befinden;98
ein Soldatenfriedhof, die Abbildung wurde zur Zeit
des Golfkrieges publiziert;99 ein Mann, der von zwei
anderen mit Gewalt am Boden festgehalten wird, während ein danebenkniender Reporter Scheinwerfer und
Mikrophon auf den Festgehaltenen richtet.100 Es handelt sich bei den genannten Veröffentlichungen nicht
um eine abschließende Aufzählung.101
Die Firma Benetton hat jeweils auf den Abbildungen,
die zum Teil in Illustrierten und zum Teil auf Plakatwänden abgedruckt waren, auf dem Rand des Bildes
91
Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 8.
Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 9.
93
Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 10.
94
Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 11.
95
Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 12.
96
Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 13.
97
Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 14.
98
Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 15.
99
Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 16.
100
Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 17.
101
Siehe hierzu weitere Werbebilder der Firma Benetton, die nicht als
Anlage beigefügt sind im Internet unter http://www.benetton.com.
92
39
Kapitel 2 B. - Diskriminierende Werbebilder
den sie benennenden Hinweis „United Colors of Benetton“ angebracht.
Die aufgeführten Werbebilder der Firma Benetton wurden größtenteils von verschiedenen Gerichten unter
den „alle Fallgruppen implizierenden“ Oberbegriff der
Sittenwidrigkeit subsumiert und deshalb als wettbewerbswidrig untersagt. Diese Werbebilder sollen jedoch erst an späterer Stelle detailliert unter juristischen Gesichtspunkten beurteilt werden.102
Die nachfolgenden Beispiele anderer werbender Unternehmen sollen zeigen, welch große Bandbreite der Begriff Diskriminierung haben kann.
II. Frauenfeindliche Werbebilder
Ein Vertrieb von Miniaturlikörfläschchen zu 0,02 l
gefüllt mit Brombeer- und Schlehenlikör bildete auf
den 4 x 5 cm großen Etikettierungen zum einen eine
comic-artig gezeichnete üppige Frau und einen dahinter stehenden Mann ab, der die Brüste der Frau berührt. Die Etikettierung trug die Überschrift „Busengrapscher“.103 Zum anderen wurde eine ebenfalls comicartige nackte Frau abgebildet, die sich gerade den
Schlüpfer über die Beine zieht mit der Überschrift
„Schlüpferstürmer“.104 Erst der BGH bezeichnete diese
Werbung als eine diskriminierende und die Menschenwürde verletzende Werbung, da die Bezeichnungen „Busengrapscher“ und „Schlüpferstürmer“ mit sexuell anzüglichen Bilddarstellungen von Frauen verbunden sind
und somit der Eindruck der sexuellen Verfügbarkeit
102
103
104
Siehe unter Kapitel 4.
Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 18.
Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 19.
40
Kapitel 2 B. - Diskriminierende Werbebilder
der Frau als mögliche Folge des angepriesenen alkoholischen Getränks vermittelt wird.105
Der Fernsehsender Tele 5 warb für die Fernsehsendung
„Polizeireport Deutschland“. Dabei wurde ein mit Hemd
und Krawatte in einem Bürostuhl sitzender Mann gezeigt, dem eine mit Unterwäsche und Strapsen bekleidete Frau, deren Körper lediglich abgebildet wurde,
gegenübersteht. Der Mann gibt in einer Sprechblase
von sich „Baby, du kannst einpacken. Ich muß um Punkt
19.00
Uhr
zu
Hause
sein.
Deutschland.“106 Bei einer
Da
läuft
Beschwerde
Polizeireport
gegenüber
dem
Deutschen Werberat wurde die Auffassung vertreten,
die Werbung sei diskriminierend in bezug auf Frauen,
da mit der Abbildung einer kopflosen Frau mit schönem
Körper und einer Korsage bekleidet zusammen mit einem
vollständig bekleideten Mann die Frau zu einem reinen
Sexualobjekt reduziert werde. Daraufhin wurde diese
Werbekampagne nicht mehr geschaltet.
Die staatseigene Schweizer Post setzte auf die Werbewirkung von „Hawaii-Girls“, indem sie einen Postmann
abbildete, der unter dem Arm ein strahlendes HawaiiGirl trägt mit der Unterschrift „Die Post bringt Ferienkataloge“.107
Im
Schweizer
Parlament
forderten
drei Volksvertreterinnen den Minister auf, die Plakatserie sofort zu stoppen. Zunächst verharmloste die
Post die Werbung, erst als das pauschale Urteil fiel,
für viele Schweizer bedeute Urlaub ein Abenteuer mit
einer Frau, wurde diese Werbekampagne eingestellt.
Die Schraubenmuttern herstellende Firma FRESA präsentierte in ihrem Prospekt die Abbildung einer üppigen
105
BGHZ 130, 5ff. - „Busengrapscher“, Abbildung der Werbung beigefügt
als Anlage 18.
Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 20.
107
Siehe in der Zeitschrift Emma, Ausgabe September/ Oktober 1993, S.
10, Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 21.
106
41
Kapitel 2 B. - Diskriminierende Werbebilder
barbusigen
Frau,
die
hinter
einer
überdimensional
großen Schraubenmutter sitzt, lediglich mit Schuhen
bekleidet,
Männern
statt
untermauert
Spaß
´eines
macht
mit
...
Covergirls
den
Worten
deshalb
´ne
an
„Alles,
dieser
besonders
was
Stelle:
dufte
Mut-
ter“.108 Der Deutsche Werberat beurteilte die Abbildung in dem Prospekt als diskriminierend und herabwürdigend in bezug auf Frauen, denn es bestehe keinerlei
Zusammenhang
zwischen
der
Abbildung
einer
nackten Frau und den beworbenen Produkten des Unternehmens.
Darüber
hinaus
würden
mit
der
Bildunter-
schrift Frauen mit den beworbenen Schraubenmuttern
gleichgesetzt. Erst nach dieser Beurteilung wurde die
Werbung künftig nicht mehr geschaltet.
Die Firma Arcer gestaltete seine Werbung derart, daß
die Zeichnung einer fettleibigen nackten Frau auf einer Couch posierend abgebildet wurde mit der Überschrift „Mißwahl“. Die Werbung wurde mit dem Text
„Bekannte
Computermarken
locken.
Aber
die
nackten
Tatsachen sehen oft ganz anders aus! Auch wir stellen
uns zur Wahl...“ versehen.109 Eine bei dem Deutschen
Werberat eingereichte Beschwerde wurde damit begründet, die Werbung sei wegen der „nackten Tatsachen“
beleidigend
für
Frauen.
Auf
ein
Anschreiben
zur
Rückäußerung gab sich die Firma Arcer kooperativ und
schaltete die Werbung nicht mehr.
Die Radio- und Television Gesellschaft rtv schaltete
eine Werbung für ein Seminar für Art-Direktoren und
Texter in New York, indem sie in einer Zeitschrift
eine mit Unterwäsche aus Lack und Leder bekleidete
Frau von hinten abbildete, die eine Peitsche in der
Hand hält mit den Worten „Alle reden vom Wetter, wir
108
109
Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 22.
Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 23.
42
Kapitel 2 B. - Diskriminierende Werbebilder
nicht.“ Kleingedruckt wurde dem hinzugefügt „Wir kommen gleich zur Sache: Wir wollen, daß sie sich outen!
...“.110 Ein Beschwerdeführer beanstandete, sowohl die
textlichen als auch die bildlichen Hinweise auf SadoMasochismus seien nicht der geeignete Weg, auf die
„Nr. 1 in Reichweite und Auflage“ aufmerksam zu machen,
zumal
diese
Werbung
alle
Art-Direktoren
und
Texter anspreche und ihnen so ein „beschämend degeneriertes Niveau“ unterstelle. Die Werbung wurde daraufhin nicht mehr geschaltet.
Die Agentur Trend warb mit einer Plakatwerbung für
Diskotheken. Es handelt sich um die Abbildung eines
römischen Kriegers, dem drei Frauen, die leichte römische Gewänder und Ketten um den Hals tragen, zu Füßen liegen, während er die Ketten in der einen Hand
und eine Peitsche in der anderen Hand hält und diese
„in Schach hält“. Beschriftet wurde die Werbung mit
den Worten „Antiker römischer Sklavenmarkt, ersteigern Sie sich Ihre „Sklavin“, ab sofort gibt´s hier
Sklaven-Taler“.111 Gegen diese Werbung richtete sich
die Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen,
da diese herabwürdigend und diskriminierend in bezug
auf Frauen sei, die Frauen würden zur bloßen käuflichen Handelsware degradiert. Die Agentur zeigte sich
kooperativ und schaltete die Werbung nicht mehr.
Ein Augenoptiker in Köln gestaltete sein Schaufenster
mit dem unteren Teil von weiblichen Schaufensterpuppen
(von
der
Hüfte
abwärts)
mit
einer
schwarzen,
durchsichtigen Strumpfhose bekleidet, indem er diese
mit den Füßen nach oben an Seilen aufhing und auf die
Füße
110
111
der
Schaufensterpuppen
seine
Brillen
plazier-
Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 24.
Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 25.
43
Kapitel 2 B. - Diskriminierende Werbebilder
te.112 Diese Werbemaßnahmen wurde den Mitgliedern des
Deutschen Werberates zur Beurteilung vorgelegt. Der
Deutsche Werberat ist zu dem Ergebnis gekommen, daß
die Schaufensterwerbung zu beanstanden ist, da sie
herabwürdigend und diskriminierend in bezug auf Frauen sei. Eine derartige Werbung sei nicht nur aus der
Sicht der Umworbenen, sondern auch aus der Sicht der
Werbewirtschaft zu mißbilligen. Erst nach der Androhung einer öffentlichen Rüge wurde diese Werbemaßnahme eingestellt.
Die Tourismus-Zentrale in Hamburg stellte bei einer
Anzeigenwerbung eine mit Spitzenunterwäsche bekleidete Frau dar, die in den Händen eine überdimensional
große Hamburg-Card hält, versehen mit den Worten „Wir
sollten uns kennenlernen, bevor Ihr Besuch kommt!“.113
Eine Fraktion der Hamburger Bürgerschaft legte daraufhin Beschwerde bei dem Deutschen Werberat ein, der
damit begründet wurde, der Text in Verbindung mit der
Abbildung einer Frau im BH sei frauenfeindlich und
sexistisch. Die Tourismus-Zentrale zog ihre Werbekampagne in der Form zurück.
Die Westdeutsche Zeitung bildete einen in ein Flugzeug einsteigenden 61jährigen ab, der sich in Begleitung einer gutaussehenden 18jährigen befindet mit den
Maßen 90 - 60 - 90. Folgende Worte beschreiben den
Artikel: „Personalchef (61) erfüllt sich Jugendtraum
(18). Wolfgang H. hält nicht viel von Stellungswechseln. Für Wolfgang H. ging die Rechnung auf. Und für
Sie? Anruf genügt: Telefonnummer.“114 Auch diese Werbung
wurde
von
einer
Beschwerdeführerin
als
sexi-
stisch bezeichnet und von dem Werbenden zurückgenommen.
112
Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 26.
44
Kapitel 2 B. - Diskriminierende Werbebilder
Die Privatbrauerei Franz Joseph Sailer warb mit einem
Gutschein für einen verbilligten Kasten Bier mit der
Abbildung einer mit einem Bustier und einer Jeans bekleideten Frau, die je eine Flasche Bier an ihre Brüste
legt
und
der
Aufschrift
„Oh
Mann,
sind
die
cool!“115 Sowohl die Frauenbeauftragte der Stadt Nürnberg als auch die Gleichstellungsstelle für Frauenfragen der Stadt Erlangen vertraten die Auffassung,
die Prospektwerbung sei herabwürdigend und diskriminierend in bezug auf Frauen. Die Werbung wurde nach
einem Anschreiben an das Unternehmen nicht mehr geschaltet.
In Konstanz warb die Firma Schwarz für Werbeflächen
auf
Litfaßsäulen
mit
der
Abbildung
eines
üppigen
Frauenbusens umhüllt von einem Bustiers mit den Worten „Einfach riesig - Unsere Großflächen“.116 Diese
Werbemaßnahme wurde von 13 Frauengruppen als frauenfeindlich
und
sexistisch
bezeichnet.
Der
Deutsche
Werberat entlastete die Firma, das Plakat sei nicht
zu beanstanden. Das Plakat sei nicht geeignet, um das
Bild der Frauen in herabwürdigender Weise darzustellen.
Das
Textilhandelsunternehmen
Shirt
Shock
schaltete
eine Werbung, die eine comic-artig gezeichnete Frau
in
der
Hocke
mit
gespreizten
Beinen
zeigt,
ihrem
Schambereich ist das Gesicht der bekannten Märchenfigur
Pinocchio
zugewandt
mit
dem
darüber
stehenden
Text „... und jetzt lüg, Pinocchio, lüg“.117 Dieses
Inserat wurde von dem Deutschen Werberat als in provokativer Weise die Würde der Frau verletzend gerügt,
113
Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 27.
Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 28.
Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 29.
116
Abbildung im Südkurier vom Samstag, den 23.01.1999, S. 21, beigefügt als Anlage 30.
117
Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 31.
114
115
45
Kapitel 2 B. - Diskriminierende Werbebilder
sie sei frauendiskriminierend und extrem geschmacklos. Nachdem das Textilunternehmen nicht gewillt war,
die Werbung zurückzunehmen, mit der Begründung, sie
verkaufe auch T-Shirts mit dieser abgedruckten Werbung, sprach der Deutsche Werberat im Jahre 1996 eine
öffentliche Rüge aus. Anzeigen würden in Massenmedien
vertrieben, während der Kauf eines T-Shirts eine individuelle Entscheidung sei. Aus diesem Grunde gelten
für die Werbung strengere Grundsätze als für den Verkauf und die damit verbundene private Kaufentscheidung, so der Deutsche Werberat.
Ebenso verhielt es sich mit der Werbemaßnahme des Benedikt
Taschen
Verlags
in
Köln.
Der
Buchproduzent
hatte auf der Umschlag-Rückseite einer BuchhändlerZeitschrift mit einer Vierfarbenanzeige geworben. Das
Bild ist ausgefüllt mit einer Frau, die mit gespreizten Beinen in der Hocke sitzt. Ihr Oberkörper ist
nackt und der Schambereich nur notdürftig verdeckt.118
Der Werberat wertete diese Verlagspropaganda als besonders krassen Fall geschmackloser und abstoßender
Art der Diskriminierung von Frauen zu betriebswirtschaftlichen Zwecken. Gegen diese Werbung wurde eine
öffentliche Rüge ausgesprochen.
Die in Mainz ansässige Prisma GmbH hatte in ihrer
Werbung eine im Hintergrund liegende nackte Frau gezeigt, deren Unterleib von einer geschälten Banane
verdeckt ist. Darüber ist zu lesen: „Analog & Digital“.119 Hier wurde von dem Deutschen Werberat beanstandet,
daß
die
menschliche
Sexualität
in
grober
Weise für die Bewerbung von Dienstleistungen ausgebeutet wird und sprach aufgrund mangelnder Kooperationsbereitschaft eine öffentliche Rüge aus.
118
119
Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 32.
Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 33.
46
Kapitel 2 B. - Diskriminierende Werbebilder
Eine
Werbung
von
Otto
Kern
-
Jeans,
bei
der
das
Abendmahl von Leonardo da Vinci nachgeahmt wurde, indem lediglich mit einer Jeans bekleidete Frauen als
Jünger abgebildet sind und in der Mitte ein lediglich
mit einer Jeans bekleideter Mann, der als Jesus fungiert. Die Abbildung wurde versehen mit den Worten
„Wir wünschen mit Jesus, daß die Männer die Frauen
respektieren lernen.“120 Es gingen mehrfache Beschwerden bei dem Deutschen Werberat ein, da durch die Darstellung der Abendmahlszene mit barbusigen Frauen unabhängig vom Anzeigentext - sowohl Frauen herabgewürdigt als auch religiöse Gefühle verletzt werden.
Der Deutsche Werberat kam bei dieser Werbung zu dem
Ergebnis, daß diese zu beanstanden sei, die Darstellung der Abendmahlszene mit der erklärten religiösen
Bezugnahme ist zu Zwecken der Werbung für Jeans zu
mißbilligen, weil dadurch Christen in ihren religiösen Gefühlen verletzt werden. Derartige Zwecke könnten keine Rechtfertigung dafür sein, bei Maßnahmen
der Wirtschaftswerbung die Verletzung religiöser Gefühle in Kauf zu nehmen. Der Modemacher Otto Kern
zeigte sich uneinsichtig und vertrat die Auffassung,
das Motiv sei keinesfalls obszön. Da er nicht bereit
war, auf seine Werbung zu verzichten, wurde von dem
Deutschen Werberat eine öffentliche Rüge ausgesprochen und ein einstweiliges Verfügungsverfahren vor
dem Landgericht München I eingeleitet. Erst in der
mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht lenkte das
Unternehmen Otto Kern ein und zog die Werbemaßnahme
zurück.
120
Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 34.
47
Kapitel 2 B. - Diskriminierende Werbebilder
III. Blasphemische Werbebilder
Die Firma Fuji warb mit Disketten,
indem
sie
den
Papst mit einem Koffer in den Händen haltend abbildete und sinngemäß aussagte, mit dieser Diskette können
sie unproblematisch um die ganze Welt reisen. „Ein
Segen für alle, die z.B. für ihren Chef um die ganze
Welt eilen...“121 Es wurde von einem Beschwerdeführer
geltend gemacht, die Werbung würde die Gefühle einer
Vielzahl religiös denkender Menschen verletzen, denn
es bestehe keinerlei Zusammenhang zwischen der Abbildung eines Papst-Doubles und den beworbenen Produkten. Darüber hinaus sei es blasphemisch, wenn mit der
Abbildung eines Papst-Imitators im Zusammenhang mit
dem Satz „Ein Segen für alle, die z.B. für ihren Chef
um die ganze Welt eilen ...“ geworben werde. Die Werbung wurde umgehend nicht mehr geschaltet.
Die Werbemaßnahme des Jeanshersteller Levi´s beinhaltete eine Abbildung des Papstes, der auf dem Boden
kniend den Boden küßt mit folgenden Worten: „Do it
with a 517. The 501 that comes with more legroom.“122
Diese Werbung wurde ebenfalls aus religiösen Gründen
beanstandet und als geschmacklos betitelt und deshalb
nicht mehr geschaltet.
Die London STYLE shoes´n´clothing warb mit der Abbildung von Schlangenlederstiefel auf einer Toilettenschüssel plaziert, die mit den Bibelworten versehen
war „Wachet, steht im Glauben, seid mutig und seid
stark!“.123
Eine
bei
dem
Deutschen
Werberat
einge-
reichte Beschwerde wurde damit begründet, die Verknüpfung des Bibelwortes „Wachet, steht im Glauben,
seid mutig und seid stark!“ mit der Darstellung einer
121
122
123
Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 35.
Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 36.
Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 37.
48
Kapitel 2 B. - Diskriminierende Werbebilder
Toilettenschlüssel, auf der Stiefel stehen, verletze
religiöse Gefühle. Bei einer Überprüfung beanstandete
auch der Deutsche Werberat selbst diese Werbung und
sprach aufgrund der Uneinsichtigkeit des Unternehmens
eine öffentliche Rüge aus.
Die Firma Reemtsma schaltete für ihre Zigarettenmarke
West eine Kinowerbung, bei der rauchende buddhistische Mönche dargestellt wurden. Diese Werbung wurde
aus religiöser Sicht beanstandet, da buddhistische
Mönche Nichtraucher seien. Die Kinowerbung wurde eingestellt.
Die Firma Media-Markt schaltete eine Werbung, in der
das Gesicht eines Mannes, der den Zeigefinger erhebt,
abgebildet war und in einer Sprechblase von sich gibt
„Morgen ist der Tag der Gerechtigkeit. Achtet auf
mein Zeichen!“ Darunter ist das Firmenzeichen abgebildet mit den Worten: Wir geben viel und nehmen wenig. Diese Werbung wurde verschiedentlich mit anderen
Sprechblasen geschaltet wie „Und wer mir folgt soll
ab 1. Juli belohnt werden mit
großer
Auswahl
und
niedrigen Preisen“; „Und achtet am 1. Juli auf die
Zeichen, die ich Euch an dieser Stelle geben werde“;
„Kommet in Scharen! Der Media Markt wird genug haben
für alle.“; „Ihr sollt keine anderen Anzeigen lesen
neben dieser hier!“.124 Die Aussagen in den Sprechblasen wurden als blasphemisch angesehen und verletze
die religiösen Gefühle eines Teiles der Bevölkerung.
Die Anzeigenkampagne wurde daraufhin nicht mehr geschaltet.
Der Sibylle-Verlag warb für ein Probe-Abo, indem er
einen jungen Mann mit einem Tuch um die Hüften geschwungen gekreuzigt abbildete mit den Worten „Nicht
124
Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 38.
49
Kapitel 2 B. - Diskriminierende Werbebilder
alles, was wir zeigen, ist schön und bequem.“ Kleingedruckt wird dem hinzugefügt: Natürlich berichten
wir in der neuen Sibylle auch über Schönheit und Mode. Aber nicht nur! ...125 Auch der Deutsche Werberat
vertrat bei dieser Werbung die Auffassung, die Anzeige
sei
geeignet,
die
religiösen
Empfindungen
von
Christen zu verletzen, für die der Opfertod Jesu von
zentraler Bedeutung für ihren Glauben und ihr Leben
ist und beanstandete die Werbung. Der Verlag zeigte
sich kooperativ und schaltete die Werbung nicht mehr.
Unitra-Reisen warb mit verschiedentlichen Angeboten
für Flugreisen mit den Worten „Aufsteigen, wenn Maria
niederkommt.“126 Der Beschwerdeführer beanstandete die
Werbung als geschmacklos und gedankenlos und machte
geltend, es verletze die religiösen Gefühle gläubiger
Menschen. Das Unternehmen zog seine Anzeige zurück.
IV. Ausländer- und rassenfeindliche Werbebilder
Die Unternehmensgruppe Tengelmann warb für ihre Filialen mit den Worten „Ausländer herzlich willkommen.
Wir akzeptieren selbstverständlich die Wertgutscheine
der Sozialbehörde als Zahlungsmittel“.127 Eine bei dem
Deutschen Werberat eingereichte Beschwerde wurde damit begründet, daß die Äußerung in dieser Werbung geeignet sei, ausländische Mitbürger zu diskriminieren.
Denn mit dieser Werbung werde zum Ausdruck gebracht,
daß alle Ausländer Sozialhilfeempfänger seien und es
etwas besonderes sei, ausländische Mitbürger willkommen zu heißen. Die Werbung wurde daraufhin nicht mehr
publiziert.
125
126
127
Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 39.
Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 40.
Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 41.
50
Kapitel 2 B. - Diskriminierende Werbebilder
Die Aktiengesellschaft Sixt warb mit der Abbildung
eines neuen Mercedes-Modells versehen mit einem Satz
in osteuropäischer Sprache, welcher kleingedruckt in
deutsch übersetzt wurde mit den Worten „Bei unseren
Mietpreisen lohnt sich das Klauen nicht.“128 Bei dieser Werbung wurde durch einen Beschwerdeführer beanstandet, daß diese Werbung Vorurteile gegen Menschen
aus
Osteuropa
fördere.
Die
Beanstandung
wurde
von
Sixt beherzigt.
Die Wochenzeitschrift „Stern“ ließ kurz vor der 19Uhr-“heute“-Sendung im ZDF eine Werbung ausstrahlen,
bei der ein Standbild des „Stern“-Logo gezeigt wurde
mit folgendem Bildtext: „Für Sarah; der Stern.“ Dazu
wurde dieser Text verbal von einer süßlichen Frauenstimme wiedergegeben. Auch wurde dieses „Stern“-Logo
in
Zeitschriften
veröffentlicht,
bei
dem
50
Namen
verkaufsfördernd über dem “Stern“-Logo plaziert wurden.129
Ein
Landtagsabgeordneter
beanstandete
diese
Werbemaßnahme nicht nur als Geschmacklosigkeit, er
ging soweit, die Werbemaßnahme als „Infamie, die alle
Äußerungen über die ‘Ausschwitz-Lüge’ unendlich übersteige“ zu betiteln. Der Deutsche Werberat hingegen
gab zu Bedenken, daß der in der Werbekampagne für
diese Zeitschrift eine große Zahl der in Deutschland
gebräuchlichen Namen verwendet werden, und zwar unabhängig von ihrer Herkunft; dazu zähle auch der verbreitete Mädchenname „Sarah“: Auch wenn die Verbindung des Namens „Sarah“ mit dem Wort „Stern“ bei der
einer Person Betroffenheit auslöse, die mit der NSVergangenheit vertraut sei, hätte es für eine im politischen Leben tätige Person wie dem Beschwerdeführer naheliegen müssen, da der von ihm hergestellte
128
129
Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 42.
Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 43.
51
Kapitel 2 B. - Diskriminierende Werbebilder
Zusammenhang den meisten der heute in Deutschland lebenden Personen nicht (mehr) bekannt ist. Es wäre daher ausreichend gewesen, den Werbenden in angemessener
Form
auf
diese
Betroffenheit
hinzuweisen.
Dem
Verlag könne nicht der Vorwurf der Fremdenfeindlichkeit, des Rassismus oder des Antisemitismus gemacht
werden. Abgesehen davon sei es nicht nur überzogen,
sondern unhaltbar und nicht zu rechtfertigen, einem
zweifellos seriösen Werbenden und damit auch den die
Werbung schaltenden Medien „eine Infamie vorzuwerfen,
die alle Äußerungen über die ‘Ausschwitz-Lüge’ unendlich übersteigt“. Da die Zeitschrift Stern den Fernsehspot und die Plakatierung nicht mehr weiter verfolgen wollte, wurde vom Deutschen Werberat die Sache
als erledigt erachtet.
V. Behindertenfeindliche Werbebilder
Der Radiosender Radio NRW bildete in seiner Kampagne
einen mit einer Krone versehenen Papagei ab, der die
Worte „Lieber ein Vogel in der Anzeige als ein Tauber
vor dem Radio“ von sich gibt.130 Ein Beschwerdeführer
machte geltend, diese Werbung diskriminiere gehörlose
Menschen. Daraufhin wurde diese Werbekampagne zurückgezogen.
Die
Versicherungsgesellschaft
VHV
bildete
eine
Schachtel mit mehreren Glasaugen ab, mit den Worten:
„Zu Beitragsrechnungen, die schwummerig machen, fragen sie ihren Arzt ... oder die VHV. Glasauge sei
wachsam...“131 Die Werbung wurde als geschmacklos gewertet. Es sei zu mißbilligen, wenn in der Werbung
für
130
131
eine
Krankenversicherung
Glasaugen
abgebildet
Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 44.
Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 45.
52
Kapitel 2 B. - Diskriminierende Werbebilder
seien. Darüber hinaus sei es nicht hinzunehmen, wenn
in einer Wirtschaftswerbung mit dem Satz „Glasauge
sei
wachsam...“
sehbehinderte
Menschen
verspottet
würden. Nach dieser Beanstandung wurde die Werbung
nicht mehr geschaltet.
Die Westdeutsche Zeitung plus veröffentlichte in einer Werbekampagne eine Abbildung eines am Straßenrand
sitzenden Blinden, der seinen Hut bettelnd hinhält
und ein Schäferhund neben ihm sitzend, mit den Worten
„Marketing-Experte (42) nahm seinen Hut.“ Sinngemäß
wies die Zeitung darauf hin, mit ihr sei es die andere Art, Gewinne zu machen.132 Hierbei wurde die Verharmlosung des Schicksals behinderter und obdachloser
Menschen kritisiert und die Werbung aus diesem Grunde
mißbilligt. Das Unternehmen zeigte sich einsichtig
und zog diese Art von Werbung zurück.
VI. Sonstige Werbebilder
Ein Jeansgeschäft aus Angelbach warb für ihre Jeans
mit den Worten „ Wir sind L.E.V. i´s Positiv“.133 Die
eingereichte Beschwerde wurde damit begründet, daß
diese
Werbung
geeignet
sei,
das
Leiden
H.I.V.-
positiver Menschen zur Erregung von Aufmerksamkeit zu
benutzen. Die Werbung wurde aufgrund der Beanstandung
nicht mehr geschaltet.
Pré Na Tal warb mit der Abbildung eines in einem Einkaufsnetz befindlichen Kleinkindes für ihre Produkte.134 Die Beschwerdeführer waren hierbei der Auffassung, die Abbildung eines Kindes im Einkaufsnetz suggeriere, daß man ein Kind kaufen könne, bei Nichtgefallen zurückgeben oder nach einiger Zeit - wie ver132
133
Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 46.
Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 47.
53
Kapitel 2 B. - Diskriminierende Werbebilder
welktes Gemüse - wegwerfen könne. Auch in diesem Fall
zeigte sich das Unternehmen kooperativ und reagierte
entsprechend auf die Beanstandung.
134
Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 48.
54
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
Kapitel 3: Gegenwärtige Verfassungsrechtslage
A. Konkretisierung des Begriffs der Sittenwidrigkeit
über die Wertung des Grundgesetzes
Für die Beurteilung sittenwidriger Werbebilder muß
nach der jüngeren Rechtsprechung auf die Werteordnung
des Verfassungsrechts als Leitlinie abgestellt werden.135 Es besteht weitgehende Einigkeit darüber, daß
die Grundrechte Wirkung auch in den Beziehungen zwischen Privatrechtssubjekten entfalten können und somit auf die soziale Marktwirtschaft und die Wettbewerbsordnung Einfluß haben.136 Das BVerfG erkennt den
Grundrechten zwar in erster Linie die Bedeutung zu,
die Freiheitssphäre des einzelnen vor Eingriffen der
öffentlichen Gewalt zu sichern, und wertet sie vor
allem als Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat.137
Ebenso mißt es der sich in den Grundrechtsbestimmungen verkörpernden objektiven Werteordnung Bedeutung
zu, die als verfassungsrechtliche Grundentscheidung
für alle Bereiche des Rechts gilt.138 Das Grundgesetz
stellt keine wertneutrale Ordnung dar.139 Dies soll
135
BGHZ 130, 5ff. - „Busengrapscher“; BGHZ 130, 196ff. - „Ölverschmutzte Ente“; BGH NJW 1995, 2492f. - „H.I.V.-Positive“; BGH NJW
1995, 2490ff. - „Kinderarbeit“.
136
Von Gamm, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 1993, Einf. A,
Rn. 3; von Mangoldt/ Klein/ Starck, Das Bonner Grundgesetz, Kommentar, Band 1, 1999, Art. 1 Abs. 3, Rn. 198; Maunz/ Zippelius, Deutsches Staatsrecht, 1998, § 19 I. 1., S. 141; Sevecke AfP 1994, 196ff.
(198f.); ders., Wettbewerbsrecht und Kommunikationsgrundrechte - Zur
rechtlichen Bewertung gesellschaftskritischer Aufmerksamkeitswerbung
in der Presse und auf Plakaten am Beispiel der Benetton-Kampagne,
1997; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band
III/1, Allgemeine Lehren und Grundrechte, 1988, § 76 I 1., S. 1511ff.
137
BVerfGE 7, 198ff. (205f.) - „Lüth“.
138
BVerfGE 7, 198ff. (204) - „Lüth“.
139
BGHZ 13, 334ff. (338) - „Veröffentlichung von Briefen“; BGHZ 20,
345ff. (351f.) - „Motorroller“; BGHZ 24, 72ff. (76ff.) - „Ärztliches
Gesundheitszeugnis“; BGHZ 70, 313ff. (324) - „Ehegattenstiftung“; BGH
NJW 1972, 1414f. (1415); BVerfGE 7, 198ff. (204f.) - „Lüth“; BVerfGE
73, 261ff. - „Bergwerksgesellschaft“; Benda/ Maihofer/ Vogel, Handbuch des Verfassungsrechts der BRD, 1994, § 5, Rn. 21f.; Bleckmann,
Staatsrecht II, Die Grundrechte, 1997, § 10, Rn. 104, 124; § 11, Rn.
55
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
gerade durch eine prinzipielle Verstärkung der Geltungskraft der Grundrechte zum Ausdruck gebracht werden.140 Durch den Einfluß der verfassungsrechtlichen
Wertungen finden die Grundrechte als Eckpfeiler der
objektiven Werteordnung Eingang in das Privat- und
Wirtschaftsrecht.141 Dabei kommt den Grundrechten eine
nicht zu unterschätzende Bedeutung zu.142 Denn letztlich geht es bei diesem zivilrechtlichen Problem im
Kern um eine verfassungsrechtliche Frage. Deshalb muß
eine
sinnvolle
Einordnung
der
wirtschaftswerbenden
Tätigkeit in das Grundrechtssystem des Grundgesetzes
gefunden werden.143 Es geht um die Erweiterung der
Grundrechtswirkung vom vertikalen Verhältnis zwischen
Bürger und Staat auf die horizontale Beziehung zwischen Bürger untereinander. Für diese Arbeit ist das
Zusammenwirken von Privatrecht und Verfassungsrecht
von Bedeutung, um den Einfluß der einzelnen Grundrechte auf das Wettbewerbsrecht und damit auf die
werbenden Unternehmen ermessen zu können.
I.
Das
Zusammenwirken
von
Privatrecht
und
Verfas-
sungsrecht
Der Einfluß der verfassungsrechtlichen Wertungen entfaltet auf das Wettbewerbsrecht eine gravierende Wirkung. Dies spiegelt sich insbesondere bei der Auslegung des Begriffs der Sittenwidrigkeit wieder, die
145ff.; von Mangold/ Klein, Das Bonner Grundgesetz, Band 1, 1966,
Vorb. A II 4., S. 61ff.; Maunz/ Zippelius, Deutsches Staatsrecht,
1998, § 19 I. 2., S. 143; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik
Deutschland, Band III/1, Allgemeine Lehren und Grundrechte, 1988, §
76 I. 1., S. 1512.
140
BVerfGE 7, 198ff. (198, 205) - „Lüth“; von Mangoldt/ Klein, Das
Bonner Grundgesetz, 1966, Vorb. B III 4., S. 93.
141
Wehlau DZWir 1996, 142ff. (144).
142
Wehlau DZWir 1996, 142ff. (146).
143
Vgl. hierzu Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland,
Band III/1, Allgemeine Lehren und Grundrechte, 1988, § 76 I., S.
1509ff.
56
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
durch die verfassungsrechtlich gebotene Interessenund
Güterabwägung
wesentlich
mitbestimmt
wird.
Es
fragt sich, wie es zu einem verfassungsrechtlichen
Einfluß
auf
privatrechtliche
Vorschriften
kommen
kann. Deshalb muß zunächst das Verhältnis von Verfassungsrecht zum Privatrecht erörtert werden.144
Es ist unproblematisch, daß die Grundrechte primär
eine Bindungswirkung gegenüber der hoheitlichen Tätigkeit
des
Staates
entwickeln.
Dies
ergibt
sich
schon aus Art. 1 Abs. 3 GG, der als Grundrechtsverpflichteten die Gesetzgebung, die vollziehende Gewalt
und die Rechtsprechung nennt. Es stellt sich die Frage, inwieweit eine Erweiterung der Grundrechtswirkung
vom vertikalen Verhältnis zwischen Bürger und Staat
auf eine horizontale Beziehung zwischen den Bürgern
untereinander hergeleitet werden kann.145 Das BVerfG
geht von einer Ausstrahlungswirkung der Grundrechte
auf die Privatrechtsbeziehungen aus, die sich folglich auch auf die wettbewerbsrechtliche Generalklausel auswirkt.146 Inwieweit die Verfassungsrechtsnormen, die Grundrechte enthalten, auf Privatrechtsbeziehungen anwendbar sind und nach Bestand und Umfang
auf Privatrechtspositionen einwirken, ist im einzelnen umstritten.147 Die Ursache für den Streit liegt
gerade in der grundsätzlich staatsgerichteten Geltung
der Grundrechte, die zum einen aus dem Verfassungstext selbst und zum anderen aus der historischen
Entwicklung des Grundgesetzes resultiert.148
144
Fezer JZ 1998, 265ff. (267); Wehlau DZWir 1996, 142ff. (144).
Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band III/1,
Allgemeine Lehren und Grundrechte, 1988, § 76 I Nr.1, S. 1512.
146
Wehlau DZWir 1996, 142ff. (144).
147
Vgl. hierzu auch BVerfGE 7, 198ff. (205) - „Lüth“.
148
Vgl. hierzu von Mangoldt/ Klein/ Starck, Das Bonner Grundgesetz,
Kommentar, Band 1, 1999, Art. 1 Abs. 3, Rn. 195ff.
145
57
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
In schon jahrzehntelang andauernden Theorienstreitigkeiten wurde die Wirkung des Verfassungsrechts auf
das
Privatrecht
problematisiert.149
Da
die
Werbung
selbst im Grundgesetz keine ausdrückliche Geltung erfährt und der Verfassung auch kein indirekter Geltungsbereich entnommen werden kann, müssen verfassungsrechtlich verankerte Grundsätze auf das Wettbewerbsrecht übertragen werden.150 Demnach kommt es auf
die Geltung der Grundrechte hinsichtlich der Rechtsbeziehungen Privater untereinander an, so daß es um
die sogenannte Drittwirkung der Grundrechte geht. Um
Klarheit über den tatsächlichen Einfluß der Grundrechte auf das Wettbewerbsrecht zu gewinnen, wurden
verschiedene Grundrechtstheorien entwickelt, auf die
einzugehen ist. Die Streitigkeiten gehen im Kern um
die Frage, ob sich der Einfluß der Grundrechte auf
die zivilrechtlichen Vorschriften entweder über die
Rechtsfigur der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte (auch die sogenannte horizontale Geltung der
Grundrechte
genannt)
oder
die
der
unmittelbaren
Drittwirkung manifestiert.151
149
Vgl. vor allem Canaris AcP 184 (1984), 201ff.; ders. AcP 185
(1985), 9ff.; Dürig in FS Nawiasky, 1956, S. 157ff.; Erichsen,
Staatsrecht und Verfassungsgerichtsbarkeit, Band 1, 1982, S. 37ff.;
Leisner, Grundrechte und Privatrecht, 1960, S. 305ff.; Nipperdey, Die
Grundrechte, Handbuch der Theorie und Praxis der Grundrechte, 1954,
Band II, S. 111ff. (143) mit weiteren Nachweisen in Fn. 109; Saladin,
Grundrechte im Wandel, 1975, S. 307ff.; Schwabe, Die sogenannte
Drittwirkung der Grundrechte, 1977, S. 10ff.; ders. AcP 185 (1985),
1ff.; Vogt, Die Drittwirkung der Grundrechte und Grundrechtsbestimmungen des Bonner Grundgesetzes, Diss., 1960, S. 1ff.
150
Vgl. auch Oppermann in FS für Wacke, 1972, S. 393ff. (394).
151
Canaris AcP 184 (1984), 201ff. (202); Fezer JZ 1998, 265ff. (267);
Oppermann in FS für Wacke, 1972, S. 393ff. (394); Sevecke AfP 1994,
193ff. (198).
58
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
II. Exkurs
1. Unmittelbare Drittwirkung von Grundrechten
Nach der Lehre von der unmittelbaren Drittwirkung besteht eine direkte Grundrechtsbindung aller staatlichen Rechtsmacht unter Einschluß der Privatrechtsnormen.152 Als Adressat der Grundrechte werden nicht nur
der Staat, sondern auch die Privatrechtssubjekte angesehen, so daß die Grundrechte in Form von Eingriffsverboten bzw. von Abwehrrechten angewendet werden. Zwar sind sie historisch gesehen als subjektive
Abwehrrechte gegenüber dem Staat zu werten und können
in dieser Funktion nicht im Privatrechtsverkehr angewendet werden.153 Die Anwendung der Grundrechte auf
den Privatrechtsverkehr wird zum Teil dennoch befürwortet, da es der den Grundrechtsnormen zugedachten
Bedeutung nicht gerecht würde, wenn sie lediglich gegenüber der Staatsgewalt Anwendung fänden.154 Sinn und
Zweck des Grundgesetzes sei es, dem einzelnen einen
möglichst wirkungsvollen Schutz zu gewähren. Aus diesem
Grund
könnten
die
Grundrechte
im
Privatrecht
nicht nur als „Leitsätze“ oder „Auslegungsregeln“ Bedeutung haben.155 Dies wirke sich zivilrechtlich dergestalt aus, daß die Grundrechte als gesetzliche Verbote gemäß § 134 BGB, absolute Rechte im Sinne des
152
Mayer JZ 1985, 111ff. (113); Schwabe, Die sogenannte Drittwirkung
der Grundrechte, 1971, S. 30, 47, 157; ders. AcP 185 (1985), 1ff.;
das BAG ging in seiner früheren Rechtsprechung ebenfalls von einer
unmittelbaren Geltung der Grundrechte aus, welches aus der sozialen
Ordnungsfunktion der Grundrechte hergeleitet wurde und damit teilweise eine unmittelbare Bedeutung auch für den Rechtsverkehr der Bürger
untereinander gelten ließ, vgl. hierzu BAGE 1, 185ff. (191), BAGE 24,
438ff. (441).
153
Enneccerus/ Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts,
1. Halbband, 1959, IV, § 15, 4. a), S. 92; Gamillscheg AcP 164
(1964), 385ff. (404).
154
Hager JZ 1994, 373ff.
155
Enneccerus/ Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts,
1. Halbband, 1959, IV, § 15, 4. c), S. 95.
59
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
§ 823 Abs. 1 BGB oder Schutzgesetze gemäß § 823 Abs.
2 BGB unmittelbar auch für den privaten Rechtsverkehr
gälten.156 Diese unmittelbare Wirkung beruhe auf dem
Verfassungstext selbst, wonach gemäß Art. 1 Abs. 3 GG
auch
Privatrechtsnormen
rechtsbindung unterlägen.
der
157
ganz
normalen
Grund-
Dies ergebe sich schon
aus dem Umstand, daß ein Richter, der eine zivilrechtliche Streitigkeit zu entscheiden habe, dabei
ebenso öffentliche Gewalt ausübe und somit aufgrund
von Art. 1 Abs. 3 GG den Grundrechten unterworfen
sei.158 Danach sei die „Grundrechtsorientierung des
Privatrechts über die Grundrechtsbindung der öffentlichen Gewalt“, nämlich den Gerichten, zu begründen.
Eine mittelbare Geltung der Grundrechte sei deshalb
gar nicht zu diskutieren.159
Als Anhänger der Theorie von der unmittelbaren Drittwirkung der Grundrechte gelten unter anderem Nipperdey160 und das Bundesarbeitsgericht161, das in früheren
Entscheidungen mehrfach sowohl die Diskriminierungsverbote des Art. 3 GG als auch eine Reihe von Freiheitsrechten als gesetzliche Verbote im Sinne von
§ 134 BGB qualifizierte.162 Die Vertreter dieser Theorie verweisen jedoch darauf, daß eine absolute Wir-
156
So Enneccerus/ Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen
Rechts, 1. Halbband, 1959, IV, § 15, 4. a), S. 92; BAGE 1, 193ff.;
BAGE 4, 243ff. (276); BAGE 13, 174ff.; anders aber jetzt BAG AP § 87
BetrVG 1972 „Überwachung“ Nr. 15.
157
Schwabe AcP 185 (1985), 1ff. (1f.).
158
Schwabe AcP 185 (1985), 1ff. (4).
159
Schwabe AcP 185 (1985), 1ff. (8).
160
Nipperdey war Präsident des BAG.
161
Das BAG wand die Grundrechte erstmals unmittelbar an in seiner
Entscheidung vom 03.12.1954, abgedruckt in JZ 1955, 117ff. Mittlerweile folgt das BAG in der Praxis der Gegenansicht, der Theorie von
der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte, vgl. hierzu BAGE 48,
122ff. (138); BAGE 47, 363ff. (374); zuletzt BAG JZ 1993, 908ff.
(909).
162
BAGE 1, 185ff.; BAGE 4, 274ff.; BAGE 24, 438ff. (441); ferner BAG
AP Nr. 4, 6, 77, 87, 110 zu Art. 3 GG; BAG AP Nr. 25 zu Art. 12 GG;
BAG AP Nr. 2 zu § 134 BGB.
60
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
kung der Grundrechte nur dem Grundsatz nach bestehe.
Die
Wirkung
gelte
nicht
ohne
weiteres
für
jedes
Grundrecht. Vielmehr müsse die Frage der unmittelbaren Wirkung für jede Grundrechtsnorm gesondert geprüft werden.163
Zwar ist richtig, daß auch der Zivilrichter bei der
Ausübung seiner öffentlichen Gewalt unmittelbar an
die Grundrechte gebunden ist, die z. B. der Beweiserhebung und der Beweisverwertung Grenzen ziehen können.164 Daraus läßt sich jedoch nicht auf eine unmittelbare Drittwirkung der Grundrechte im allgemeinen
schließen. Der Theorie der unmittelbaren Drittwirkung
muß entgegengehalten werden, daß bezüglich der Grundrechtsbindung nicht das Verhältnis eines Richters zum
Privatrechtssubjekt, sondern ausschließlich das materiell-rechtliche Verhältnis der Parteien untereinander entscheidend sein darf.165 Die Grundrechte richten
sich schon nach dem Wortlaut, der Systematik, der Geschichte
und
der
teleologischen
Funktion
an
die
„staatliche Gewalt“ (Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG) bzw. an
die „Gesetzgebung, die vollziehende Gewalt und die
Rechtsprechung“ (Art. 1 Abs. 3 GG) und nicht an die
Privatpersonen selbst.166
Im deliktischen Bereich wird auch nach der Rechtsprechung des BGH teilweise eine unmittelbare Drittwir-
163
Eckold-Schmidt, Legitimation durch Begründung, 1974, S. 80; Enneccerus/ Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 1. Halbband, 1959, IV, § 15, 4. c), S. 93ff.; ders., Grundrechte und Privatrecht, 1961, S. 12, 20; Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, 1988,
Rn. 353; Hermes NJW 1990, 1764ff. (1764); Laufke in FS für Lehmann,
Band 1, 1956, S. 145ff. (155).
164
BVerfGE 5, 13ff - „Blutentnahme“; BGHZ 27, 284ff. - „Tonbandaufnahme“; BGH JZ 1971, 387ff. - „Spitzel“.
165
Vgl. auch von Mangoldt/ Klein/ Starck, Das Bonner Grundgesetz,
Kommentar, Band 1, 1999, Art. 1 Abs. 3, Rn. 208.
166
Vgl. auch Canaris AcP 184 (1984), 201 ff. (203-207); ders. AcP 185
(1985), 9ff. (9).
61
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
kung
von
Grundrechten
anerkannt,
allerdings
aus-
schließlich im Rahmen der die Freiheitsrechte betreffenden Grundrechten. So ist nach ständiger Rechtsprechung dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht gemäß Art.
2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG in
verfassungskonformer Anwendung und Auslegung der Generalklauseln der Schutz der absoluten Rechte im Rahmen des § 823 Abs. 1 BGB zuerkannt worden, soweit
nicht bereits eine speziellere Norm Anwendung findet.167 Danach wird das allgemeine Persönlichkeitsrecht als einheitliches und umfassendes subjektives
Recht auf Achtung und Entfaltung der Persönlichkeit
verstanden.168 In solchen Ausnahmefällen kommt ein unmittelbarer Durchgriff auf die Grundrechte auch in
Betracht.169 Die unmittelbare Drittwirkung der Grundrechte hat sich jedoch lediglich im Rahmen des Deliktsrechts
durchgesetzt,
wonach
alle
personalen
Freiheitsrechte als absolute Rechte anerkannt sind
und einen solchen Schutz genießen.170
Wollte man der Theorie der unmittelbaren Drittwirkung
nicht folgen, dann würde dies schon dem geschichtlichen
Hintergrund
denn
die
des
gesamte
Grundgesetzes
geschichtliche
zuwiderlaufen,
Entwicklung
des
Grundrechtssystems verneint eine absolute Wirkung der
Grundrechte
auf
den
Privatrechtsverkehr.171
In
der
Entstehungsgeschichte der Grundrechte stand zunächst
das Bemühen im Vordergrund, Übergriffe der Staatsge-
167
BGHZ 13, 334ff. - „Veröffentlichung von Briefen“; BGHZ 24, 72ff. „Ärztliches Gesundheitszeugnis“; BGHZ 26, 349ff. - „Herrenreiter“;
BGHZ 27, 284ff. – „Tonbandaufnahme“.
168
BGHZ 13, 334ff. - „Veröffentlichung von Briefen“.
169
Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band III/1,
Allgemeine Lehren und Grundrechte, 1988, § 76 III 3., S. 1556.
170
Canaris AcP 184 (1984), 201ff. (208).
171
Isensee/ Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts der BRD, Band V, Allgemeine Grundrechtslehren, 1992, § 109, S. 45ff.
62
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
walt in private Bereiche abzuwehren, eine Sphäre privater Freiheit abzuschirmen. Zwar wurden auch zur
Zeit der Weimarer Verfassung in einzelnen Vorschriften Grundrechtsgehalte auf Privatrechtsnormen angewendet.172 Diese galten jedoch als Ausnahme, die die
grundsätzliche
nicht
Staatsgerichtetheit
antastete.
Diese
der
Grundrechte
geschichtliche
Entwicklung
wurde in Art. 1 Abs. 3 GG fortgeführt, der als Grundrechtsadressaten
lediglich
die
öffentliche
Gewalt
nennt.173 Die staatlichen Aufgaben, Freiheiten einander
zuzuordnen
und
voneinander
abzugrenzen,
ließe
sich nicht mehr verwirklichen, wenn die Privaten in
Rechtsstreitigkeiten im Verhältnis zueinander unmittelbar an die Grundrechte gebunden wäre.
Die Kritik an dieser Theorie zeigt sich insbesondere
im rechtsgeschäftlichen Bereich. Dort führt eine unmittelbare Drittwirkung der Grundrechte zur Aushöhlung der Privatrechtsautonomie.174 Das Problem stellt
sich
bereits
bei
der
unmittelbaren
Anwendung
des
Gleichheitsgrundsatzes gemäß Art. 3 GG; diese würde
zu einem Kontrahierungszwang führen, welcher der Vertragsfreiheit
zuwiderlaufen
würde,
da
diese
dann
nicht mehr gewährleistet wäre.
Die Freiheitsrechte stehen grundsätzlich nicht zur
Disposition. Sie können lediglich in einem zulässigen
Ausmaß eingeschränkt werden. Im Rahmen der unmittelbaren Drittwirkung würde dies als Konsequenz bedeuten, die zulässige Einschränkung richte sich nach dem
172
So fand gemäß Art. 118 Abs. 1 Satz 2 WRV die Meinungsfreiheit im
Rahmen von Arbeits- und Wirtschaftsverhältnissen Anwendung und gemäß
Art. 159 Satz 2 WRV genoß die Koalitionsfreiheit auch gegenüber von
privatrechtlichen Einschränkungen Schutz.
173
Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band III/1,
Allgemeine Lehren und Grundrechte, 1988, § 76 III 2, S. 1553.
174
Canaris AcP 184 (1984), 201ff. (208f.).
63
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
verfassungsrechtlichem Übermaßverbot. Die Prinzipien
der Eignung, der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit würden zu schärferen Kontrollen führen und
damit § 138 BGB außer Kraft setzen.
Der Einfluß grundrechtlicher Wertmaßstäbe muß zwar
Berücksichtigung finden und wird auch von der Rechtsprechung durch die Auslegung der Generalklauseln unter
verfassungsrechtlichen
Gesichtspunkten
reali-
siert.175 Dabei wird die Auslegung des Begriffs der
guten Sitten der Generalklauseln nicht an dem verfassungsrechtlichem Übermaßverbot gemessen, sondern ausschlaggebend für die Auslegung sind die Grundrechte
als Auslegungsrichtlinien und Konkretisierungsmaßstäbe. Eine unmittelbare Verpflichtung der Privatrechtssubjekte begründen sie jedoch nicht.176 Das BVerfG hat
damit
die
Generalklauseln
als
Einbruchstelle
der
Grundrechte in das bürgerliche Recht bezeichnet und
eine mittelbare Drittwirkung der Grundrechte durch
Anwendung der Generalklauseln befürwortet.177
2. Mittelbare Drittwirkung von Grundrechten
Nach der Theorie der mittelbaren Drittwirkung verpflichten die Grundrechte aufgrund ihrer öffentlichrechtlichen Herkunft nicht die Subjekte des Privatrechts,
sondern
lediglich
den
Staat
selbst.
Ver-
175
Zum Teil wird vertreten, die Grundrechtswirkung dürfe sich nicht
ausschließlich auf Generalklauseln beschränken, vielmehr müsse die
Bedeutung der Grundrechte auf die wertausfüllungsfähigen und wertausfülllungsbedürftigen Begriffe ausgedehnt werden, um der Bedeutung der
Grundrechte auf die Privatrechtsautonomie gerecht zu werden. So Dürig
in Maunz/ Dürig, Grundgesetzkommentar, Band 1, Präambel bis Art. 5
GG, Stand Juni 1998, Art. 1 III, Rn. 132; hingegen widersprüchlich in
FS für Nawiasky, 1956, S. 157ff. (176f.), wo er teils nur von der
„wertausfüllungsfähigen und wertausfüllungsbedürftigen Generalklauseln“ spricht.
176
Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band III/1,
Allgemeine Lehren und Grundrechte, 1988, § 76 III 3., S. 1556.
64
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
pflichtete hinsichtlich der grundgesetzlichen Werteordnung sind insbesondere der Gesetzgeber und der
Richter.178
Die Ableitung und der Anwendungsbereich des Rechtsinstituts der mittelbaren Drittwirkung von Grundrechten
ist bislang unscharf geblieben. Das BVerfG verneint
zwar eine unmittelbare Grundrechtsbindung des Richters bei privatrechtlichen Streitigkeiten.179 Dennoch
spricht es den Grundrechtsnormen in ständiger Rechtsprechung neben der Gewährleistung als Abwehrrechte
gegen Eingriffe der öffentlichen Gewalt auch die Elemente einer objektiven Werteordnung zu, die über dem
Privatrecht
schwebt
und
als
verfassungsrechtliche
Grundentscheidung für alle Bereiche des Rechts gilt
und somit auch auf das Privatrecht mittelbar einwirkt.180 Ein solcher Vorrang der Verfassung ergibt
sich schon aus dem Grundgesetz selbst in Art. 20 Abs.
3 GG und wird für die Grundrechte in Art. 1 Abs. 3 GG
noch einmal speziell betont.181 Aus diesem Grunde empfangen
Gesetzgebung,
Verwaltung
und
Rechtsprechung
von den Grundrechten Richtlinien und Impulse.182 So
wird das bürgerliche Recht von diesem Wertesystem beeinflußt, denn keine bürgerlich-rechtliche Vorschrift
darf in Widerspruch zu ihnen stehen, ebensowenig die
177
BVerfGE 7, 198ff. (206) - „Lüth“.
Vgl. Canaris AcP 184 (1984), 201ff. (210); Dürig, in FS für Nawiaky, 1956, S. 157ff.; Hesse, Verfassungsrecht und Privatrecht,
1988, III, S. 20ff.; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik
Deutschland, Band III/ 1, Allgemeine Lehren und Grundrechte, 1988, §
76 III 2, S. 1552ff.
179
Zuletzt zusammenfassend BVerfGE 73, 261ff. (269) - „Bergwerksgesellschaft“.
180
Ständige Rechtsprechung seit BVerfGE 7, 198ff. (205) - „Lüth“;
BVerfGE 35, 79ff. (114) - „Hochschule“; BVerfGE 42, 143ff. (148) „Deutschland-Magazin“; BVerfGE 73, 261ff. (269) - „Bergwerksgesellschaft“ mit weiteren Nachweisen; Hesse, Verfassungsrecht und Privatrecht, 1988, S. 23f.
181
Dazu Hesse, Verfassungsrecht und Privatrecht, 1988, S. 20f.; Wahl
NVwZ 1984, 401ff.
178
65
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
Auslegung und Anwendung der bürgerlichen Normen im
Einzelfall. Jede muß in ihrem Geiste ausgelegt werden.183 Dabei wirken die Grundrechte nicht unmittelbar
als gesetzliche Verbote oder Schutzgesetze auf das
Privatrecht ein, sondern es bedarf gewisser Einbruchstellen der Grundrechte in das Zivilrecht.184 Diese
werden durch die privatrechtlichen Vorschriften bzw.
über das Medium der dieses Rechtsgebiet unmittelbar
beherrschenden Vorschriften, insbesondere der Generalklauseln
und
an
sonstigen
auslegungsbedürftigen
Begriffen, manifestiert.185 Der Rechtsprechung bieten
sich zur Realisierung dieses Einflusses gerade die
Generalklauseln, da diese zur Beurteilung menschlichen Verhaltens auf Maßstäbe wie die „guten Sitten“
verweisen,
so
daß
alle
wertausfüllungsfähigen
und
wertausfüllungsbedürftigen Normen, wie beispielsweise
§§ 138, 242, 315 und 826 BGB, von Bedeutung sind.186
Der Einfluß grundrechtlicher Wertmaßstäbe macht sich
vor allem bei denjenigen Vorschriften des Privatrechts geltend machen, die zwingendes Recht enthalten
und so einen Teil des ordre public - im weitesten
Sinne - bilden, das heißt der Prinzipien, die aus
Gründen des gemeinen Wohls auch für die Gestaltung
der Rechtsbeziehungen zwischen den einzelnen verbindlich sein sollen und deshalb der Herrschaft des Privatwillens entzogen wird.187 Zwar besteht grundsätzlich die Möglichkeit, einem Grundrecht unmittelbare
Wirkung als Nichtigkeitsgrund im Sinne von § 134 BGB
182
BVerfGE 7, 198ff. (205) - „Lüth“; BVerfG ZIP 1993, 1775ff. (1779).
BVerfGE 7, 198ff (205) - „Lüth“.
184
Dürig in FS für Nawiasky, 1956, S. 157ff. (162).
185
BVerfGE 7, 198ff. (Leitsatz 2 und S. 205) - „Lüth“.
186
BVerfGE 7, 198ff. - „Lüth“; BVerfG NJW 1990, 1469ff. - „Handelsvertreter“; Wiedemann JZ 1990, 695ff.
187
BVerfGE 7, 198ff. (206) - „Lüth“.
183
66
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
zuzusprechen, allerdings nur dann, wenn dies verfassungsrechtlich ausdrücklich angeordnet sei.188
Erstmals hat sich das BVerfG mit der Frage der Wirkung von Grundrechten auf das Privatrecht in seinem
Urteil vom 15.01.1958 auseinandergesetzt.189 In dem
sogenannten
Lüth-Urteil
wird
den
Grundrechten
die
Wirkung einer Leitlinie im Privatrecht zuerkannt.190
Zwar wird in diesem Urteil zunächst betont, es bestehe kein Anlaß, die Streitfrage der Drittwirkung in
vollem Umfang zu erörtern.191 Allerdings wird dennoch
erstmals ausgeführt, das Grundgesetz entfalte eine
objektive Werteordnung, mit der in allen Bereichen
des Rechts Richtlinien und Impulse ausgesendet würden.192 Damit hat es sich der Theorie der mittelbaren
Drittwirkung
von
Grundrechten
angeschlossen.193
Das
BVerfG spricht den Grundrechten eine Ausstrahlungswirkung zu, die sich über die Generalklauseln im Privatrecht verwirklichen läßt.
Die Theorie der mittelbaren Drittwirkung ist ebenfalls geeignet, Probleme aufkommen zu lassen. Denn
durch die mittelbare Anwendung der Grundrechte auf
zivilrechtliche Streitigkeiten kann die Rechtsklarheit und Rechtssicherheit in Mitleidenschaft gezogen
werden. Die grundgesetzliche Ordnung besteht lediglich aus wenigen sehr weit auszulegenden und oft unbestimmten Rechtssätzen. Dennoch hat sie Vorrang vor
den
zivilrechtlichen
Gesetzen.
Gerade
die
unter-
schiedlichen Auslegungsmöglichkeiten der Grundrechte
188
189
190
191
192
193
Dürig in FS für Nawiasky, 1956, S. 157ff. (162).
BVerfGE 7, 198ff. - „Lüth“.
BVerfGE 7, 198ff. (204f.)- „Lüth“.
BVerfGE 7, 198ff. (204) - „Lüth“.
BVerfGE 7, 198ff. (205) - „Lüth“.
BVerfGE 7, 198ff. (205) - „Lüth“.
67
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
können dazu führen, daß die Privatautonomie ihre Eigenständigkeit verliert. Hinzu kommt, daß die Besonderheiten der Grundrechtskonstellationen für alle Beteiligten gelten, da alle Beteiligten am Schutz der
Grundrechte teilhaben. Dies könnte dazu führen, daß
Privatrechtssubjekte in ihrem Verhältnis zueinander
nicht von den Grundrechtssätzen abweichen dürfen, obwohl dies grundsätzlich aufgrund der im Privatrecht
vorherrschenden Vertragsfreiheit
gewährleistet
sein
sollte.
Dieses Problem kann jedoch bewältigt werden, indem
die in Betracht kommenden Grundrechtspositionen beider Seiten berücksichtigt, und sollten diese kollidieren, einander verhältnismäßig zugeordnet werden.
Dies führt zu einem angemessenen Schutz der Grundrechte gegen Beeinträchtigungen und Gefährdungen aus
dem nicht-staatlichen Bereich. Auch ist dem Aspekt
Bedeutung zu schenken, daß keine Schranke für Verfassungsbeschwerden gegen zivilrechtliche Entscheidungen
bestünde und somit das BVerfG zum obersten Gericht
zivilrechtlicher Streitigkeiten würde.194
Die Ansicht des BVerfG findet in der Literatur mittlerweile großen Anklang.195 Entgegen der Lehre von der
unmittelbaren
Drittwirkung
seien
die
Grundrechte
nicht unmittelbar auf das Verhalten der Privatrechtssubjekte untereinander anzuwenden. Normadressat der
Grundrechte sei allein der Staat. Dennoch entfalteten
die Grundrechte eine mittelbare Wirkung, indem sie im
194
Hesse, Verfassungsrecht und Privatrecht, 1988, S. 25f.
Hermes NJW 1990, 1764ff.; Hesse, Verfassungsrecht und Privatrecht,
1988, 25f.; vgl. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutsch-
195
68
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
Wege von Richtlinien und Impulsen für die Auslegung
der Generalklauseln und unbestimmten Rechtsbegriffen
von Bedeutung seien.
Allerdings wird vereinzelt vertreten, entgegen der
Ansicht des BVerfG entwickelten die Grundrechte nicht
nur eine Ausstrahlungswirkung auf das Privatrecht,
sondern sie müßten in ihrer herkömmlichen Funktion
als Eingriffsverbote und Abwehrrechte gelten.196 Denn
auch der Privatrechtsgesetzgeber sei Gesetzgeber und
daher nach Art. 1 Abs. 3 GG unmittelbar und nicht nur
auf eine mittelbare Weise an die Grundrechte gebunden.197 Grundrechte dürften ihren Charakter als Eingriffsverbote für das Privatrecht nicht verlieren.
Dabei ergebe die Güter- und Interessenabwägung, daß
eine Verletzung des betreffenden Grundrechtes unmittelbar gegeben sei. Die „Mittelbarkeit“ der Grundrechte sei insoweit abzulehnen, als sie die Grundrechtsgeltung für das Privatrecht schlechthin behaupte, als auch für dessen Normen, denn diese würden der
unmittelbaren Bindung unterliegen.198
3. Stellungnahme des BGH
Der BGH hatte zu dem Theorienstreit zunächst nicht
ausdrücklich Stellung genommen. Anfänglich sah er der
von dem BVerfG vertretenen Meinung mit Skepsis entgegen. Er sah hierin zunächst eine Gefahr für die Eigenständigkeit
des
Zivilrechts.199
Seine
Rechtspre-
land, Band III/ 1, Allgemeine Lehren und Grundrechte, 1988, § 76 I.
5., S. 1532ff.
196
Canaris AcP 184 (1984), 201ff. (245); ders. JuS 1989, 161ff.
197
Canaris AcP 184 (1984), 201ff. (212); ders. JuS 1989, 161ff.
198
Canaris AcP 184 (1984), 201ff. (222); ders. JuS 1989, 161ff.
199
Bydlinski ÖZöR 1962/ 1963, Band XII, n. F., S. 423ff.
69
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
chung zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht200 und zum
Recht auf freie Meinungsäußerung201 ging ohne weiteres
von einer Drittwirkung der Grundrechte aus, ohne daß
dies näher begründet worden wäre. Er machte dabei
geltend, daß das Grundgesetz das Recht des Menschen
auf Achtung seiner Würde (Art. 1 GG) und das Recht
auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit auch als
privates, von jedermann zu achtendes Recht anerkennt,
soweit dieses Recht nicht die Rechte anderer verletzt
oder gegen die verfassungsgemäße Ordnung oder das
Sittengesetz verstößt (Art. 2 GG). Folglich wird das
Persönlichkeitsrecht
verfassungsmäßig
gewährlei-
stet.202 Es gab allerdings Entscheidungen, in denen
diese Frage offen blieb.203
Mittlerweile hat sich der BGH ausdrücklich zu der
Lehre von der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte bekannt.204 Er geht in ständiger Rechtsprechung
davon aus, daß der Werteordnung des Grundgesetzes,
wie sie insbesondere in den Grundrechten niedergelegt
sei,
bei
der
Auslegung
einfachrechtlicher
Normen,
insbesondere der Generalklauseln, wesentliche Bedeutung zukomme.205 Der Zivilrichter habe bei der Anwen200
BGHZ 13, 334ff. (338) - „Veröffentlichung von Briefen“; BGHZ 15,
249ff. (258) - „Tagebücher“; BGHZ 26, 349ff. (354) - „Herrenreiter“.
201
BGHZ 31, 308ff. (313) - „Nachrichtenblatt der Bonner Studentenschaft“; BGHZ 45, 296ff. (308) - „Höllenfeuer“.
202
BGHZ 13, 334ff. (338) - „Veröffentlichung von Briefen“.
203
BGHZ 36, 91ff. (95) - „Belieferung von AOK-Mitgliedern“.
204
BGHZ 13, 334ff. (338) - „Veröffentlichung von Briefen“; BGHZ 20,
345ff. (351) - „Motorroller“; BGHZ 24, 72ff. (76ff.) - „Ärztliches
Gesundheitszeugnis“; BGHZ 26, 349ff. (353) - „Herrenreiter“; BGHZ 70,
313ff. (324ff.) - „Ehegattenstiftung“; BGH NJW 1972, 1414f. (1415);
BGH NJW 1986, 2944f. - „Übernahme einer Rechtsanwaltspraxis“.
205
BGHZ 13, 334ff. (338) - „Veröffentlichung von Briefen“, BGHZ 20,
345ff. (351f.) - „Motorroller“; BGHZ 24, 72ff. (76ff.) - „Ärztliches
Gesundheitszeugnis“; BGHZ 26, 349ff. (353) - „Herrenreiter“; BGHZ 70,
313ff. (324) - „Ehegattenstiftung“; BGH NJW 1986, 2944f. (2944) „Übernahme einer Rechtsanwaltspraxis“; BGHZ 130, 5ff. (8) - „Busengrapscher“; BGHZ 130, 196ff. (203) - „Ölverschmutzte Ente“; BGH NJW
1995, 2490ff. (2491) - „Kinderarbeit“; BGH NJW 1995, 2492f. (2493) „H.I.V.-Positive“.
70
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
dung eines unbestimmten Rechtsbegriffs eine rechtliche Wertung vorzunehmen, die er zum Ausdruck bringt
durch Abwägung der schutzwürdigen Interessen und Güter
der
Verkehrsbeteiligten
unter
Berücksichtigung
der vorhandenen Sozialnormen aufgrund der Rechtsordnung,
sung.
insbesondere
206
der
Wertprinzipien
der
Verfas-
Diese Normen stehen unter dem Gebot der Aus-
legung im Lichte der verfassungsrechtlichen Grundrechte.207
III. Fazit
Würde bei der Beurteilung sittenwidriger und diskriminierender Werbebilder der Theorie der unmittelbaren
Drittwirkung der Grundrechte gefolgt, so wären die
werbenden Unternehmen direkt an die Grundrechte gebunden. Denn dann würden die Grundrechtsgehalte im
Privatrechtsverkehr gegen jedermann gelten. Die werbenden Unternehmen wären in ihrer Handlungsfreiheit
erheblich beschränkt, da sie keine Handlungen vornehmen könnten, die den Grundrechtssätzen der Verfassung
widerstreiten.208 Die einzelnen Werbebilder müßten unter
unmittelbarer
Beachtung
der
einzelnen
Grund-
rechtsgehalte kreiert werden. Dies würde im Ergebnis
den Grundrechtsträger und damit den werbenden Unternehmen mit den Mitteln, die der Stärkung ihrer Position
dienen
sollen,
Beschränkungen
auferlegen.
Es
würde den Grundrechtsträgern die individuelle Frei-
206
BGHZ 130, 5ff. (8) - „Busengrapscher“; BGHZ 130, 196ff. (203) „Ölverschmutzte Ente“; BGH NJW 1995, 2490ff. (2491) - „Kinderarbeit“;
BGH NJW 1995, 2492f. (2493) - „H.I.V.-Positive“.
207
BGHZ 130, 196ff. (203) - „Ölverschmutzte Ente“.
208
Vgl. hierzu Dürig in FS für Nawiasky, 1956, S. 157ff. (159).
71
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
heit zur Gestaltung des rechtlichen Miteinander nehmen.209
Würde
hingegen
der
Beurteilung
sittenwidriger
und
diskriminierender Werbebilder die Theorie der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte zugrunde gelegt,
so würden die Regelungsgehalte der Grundrechte lediglich als Leitsätze und Auslegungsdirektiven wirken.
Danach käme den Grundrechten eine Ausstrahlungswirkung zu, die auf die im Grundgesetz enthaltene objektive Werteordnung zurückzuführen wäre und auf alle
Bereiche des Privatrechts Anwendung fände. Diese objektive Werteordnung würde die Auslegung der wertausfüllungsbedürftigen
Begriffe
des
Privatrechts,
wie
die „guten Sitten“ in § 1 UWG beeinflussen. Werbende
Unternehmen müßten bei der Kreierung der Werbemaßnahmen mittelbar die Werteordnung der Grundrechte beachten, damit ihre Werbung nicht aufgrund gemäß § 1 UWG
untersagt werden kann.
Im Ergebnis ist der Theorienstreit um die Frage der
mittelbaren
oder
unmittelbaren
Drittwirkung
von
Grundrechten zugunsten der mittelbaren Drittwirkung
entschieden worden.210 Eine unmittelbare Drittwirkung
der Grundrechte widerspricht den Bindungstrias des
Art. 1 Abs. 3 GG, der als Grundrechtsadressaten nur
die öffentliche Gewalt nennt und würde die geschichtliche Entwicklung des Grundrechtssystems umgehen.211
Das BVerfG hat zu Recht angenommen, daß der Staat
verpflichtet ist, die Inhalte der Grundrechte zu gewährleisten, auch wenn es um die Rechtsbeziehungen
der Privaten untereinander geht. Dieses Wertesystem
209
Dürig in FS für Nawiasky, 1956, S. 157ff. (158f.).
BVerfGE 7, 198ff. (206) - „Lüth“; BVerfGE 73, 261ff. (269) „Bergwerksgesellschaft“; Hager JZ 1994, 373ff.
211
Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band III/
1, Allgemeine Lehren und Grundrechte, 1988, § 76 III 2, S. 1553; vgl.
auch in Kapitel 3 A. 1.
210
72
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
strahlt Richtlinien und Impulse für alle Bereiche des
Rechts aus.212 Durch das Einbringen von Generalklauseln und unbestimmten Rechtsbegriffen bietet der Gesetzgeber
die
Möglichkeit,
Wertungsspielräume
des
Richters und damit die Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Regelungsgehalte der Grundrechte in
die Regelungen des Zivilrechts einzubringen. Der unbestimmte Rechtsbegriff der Sittenwidrigkeit ist demnach verstärkt mit den verfassungsrechtlichen Inhalten der Grundrechte auszulegen und nach Abwägung der
schutzwürdigen Interessen und Güter der Verkehrsbeteiligten zu konkretisieren und einzuschränken, so
daß es zu einer verfassungskonformen Auslegung des
Wettbewerbsrechts kommt.213 Damit bietet die mittelbare Drittwirkung der Grundrechte den werbenden Unternehmen einen größeren Spielraum bei der Gestaltung
ihrer Werbung.
Dementsprechend müssen werbende Unternehmen bei ihrer
wirtschaftlichen Betätigung - so z. B. im Rahmen von
Veröffentlichungen ihrer Werbemaßnahmen - für die Gewährleistung der Marktfreiheit die objektive Werteordnung des Grundgesetzes beachten. Die Grundrechte
sollen
in
Form
wirtschaftliche
von
Ausstrahlungswirkung
Betätigung
des
einzelnen
die
freie
auf
dem
Markt ermöglichen und sichern. Die einzelnen Werbemaßnahmen unterliegen bei der wettbewerbsrechtlichen
Beurteilung
aufgrund
des
auslegungsbedürftigen
Be-
griffs der Sittenwidrigkeit dieser Ausstrahlungswirkung, bei der die Grundrechte zur Auslegung als Direktiven herangezogen werden.
212
BVerfGE 7, 198ff. (205) - „Lüth“.
BVerfGE 7, 198ff. (206, 215) - „Lüth“; BGHZ 130, 196ff. (203) „Ölverschmutzte Ente“; Grigoleit/ Kersten DVBl. 1996, 596ff. (598);
Hoffmann-Riem ZUM 1996, 1ff. (6); Sevecke AfP 1994, 196ff. (198).
213
73
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
B. Einzelne Grundrechte
Nach der Theorie der mittelbaren Drittwirkung gehört
es zur judikativen Rhetorik, auf die Grundrechtsnormen Bezug zu nehmen. Damit sich die werbenden Unternehmen wirtschaftlich frei betätigen und ihre Werbebilder anstandslos veröffentlichen können, bedarf es
der mittelbaren Beachtung der einzelnen Grundrechtsgehalte. Denn werden Werbemaßnahmen von Unternehmen
veröffentlicht, die geeignet sind, einzelne Gruppierungen zu diskriminieren, so beurteilt sich die Zulässigkeit
der
Werbemaßnahmen
wettbewerbsrechtlich
nach § 1 UWG. Danach ist eine Werbemaßnahme unzulässig, wenn sie sittenwidrig ist. Der Begriff der Sittenwidrigkeit unterliegt wiederum der objektiven Werteordnung
der
Grundrechte.
Welche
Grundrechte
die
freie wirtschaftliche Betätigung des einzelnen auf
dem Markt ermöglichen und sichern sollen, ist Frage
des Einzelfalls. Gerade diese Frage hat große Bedeutung für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung und
Auslegung des Begriffs der Sittenwidrigkeit. Denn das
Verfassungsrecht ist als wertvolle Orientierung bei
der Konkretisierung des Begriffs der Sittenwidrigkeit
zu werten.
Folgende verfassungsrechtlichen Inhalte sind vornehmlich bedeutsam: die Kommunikationsfreiheiten (Art. 5
GG), das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 I GG
iVm. Art 1 Abs. 1 GG) und die Unantastbarkeit der
Menschenwürde (Art. 1 I GG).
Im
folgenden
ist
der
Schutzbereich
der
einzelnen
Grundrechte zu bestimmen, um prüfen zu können, welche
Grundrechte im Einzelfall normative Wirkung gegenüber
§ 1 UWG entfalten.
74
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
I. Kommunikationsgrundrechte
Seit den Urteilen des BGH zur „Benetton-Werbung“214
ist die Frage des Schutzes der Kommunikationsfreiheiten im Rahmen kommerzieller Werbung erneut aufgeworfen worden. Im folgenden ist zunächst allgemein zu
klären, ob und wie Kommunikationsgrundrechte in das
Wettbewerbsrecht hineinwirken.
Der
Begriff
der
Kommunikationsfreiheiten
faßt
als
Oberbegriff die darin enthaltenen einzelnen Grundrechte zusammen. Er hat keine normative Bedeutung,
die über die Garantien der einzelnen Grundrechte hinausgeht.215 Art. 5 Abs. 1 GG enthält mehrere Grundrechte; dazu zählen die Meinungsäußerungs- und Meinungsverbreitungsfreiheit, die Informationsfreiheit,
die
Pressefreiheit,
Filmfreiheit.
216
die
Rundfunkfreiheit
und
die
In Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG findet die
Kunstfreiheit ihren Schutz, die ebenfalls als Ausfluß
der Kommunikationsfreiheiten gilt.217 Diese verschiedenen Grundrechte stehen in einem inneren Zusammenhang und überschneiden sich zum Teil.218
Die Meinungs- und Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1
GG, aber auch die Kunstfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 3
GG
sind
für
die
verfassungsrechtliche
Beurteilung
kommerzieller Werbung bedeutsam. Das werbende Unternehmen kann sich möglicherweise auf seine Meinungsäu-
214
BGHZ 130, 196ff. - „Ölverschmutzte Ente“; BGH NJW 1995, 2490ff. „Kinderarbeit“; BGH NJW 1995, 2492f. - „H.I.V.-Positive“; siehe auch
BGHZ 130, 5ff. – „Busengrapscher“.
215
Vgl. Ossenbühl JZ 1995, 633ff. (635); Pieroth/ Schlink, Staatsrecht II, Die Grundrechte, 1998, Rn. 547.
Daneben kann auch die Versammlungsfreiheit aus Art. 8 GG [BVerfGE 69,
315ff. (344) - „Brokdorf“] zu den Kommunikationsgrundrechten gezählt
werden.
216
Bleckmann, Staatsrecht II, Die Grundrechte, 1997, § 26, Rn. 8; von
Mangoldt/ Klein/ Starck, Das Bonner Grundgesetz, Kommentar, 1999,
Art. 5 Abs. 1, 2, Rn. 23 – 155.
217
BVerfGE 77, 240ff. (251) - „Herrnburger Bericht“.
218
Vgl. Degenhart in: Bonner Grundgesetz, Kommentar, Stand März 1998,
Art. 5 Abs. 1 und Abs. 2, Rn. 8f.
75
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
ßerungsfreiheit berufen. Für den Verleger könnte die
Pressefreiheit
und
auch
die
Meinungsfreiheit
eine
rechtliche Relevanz aufweisen. Zumindest ist der verfassungsrechtliche
Schutz
der
Meinungsfreiheit
für
den Verleger dann von Bedeutung, wenn er sich den Inhalt der Veröffentlichung zu eigen macht und hinter
der Anzeige steht. Schließlich können sich beide unter Umständen auf die Kunstfreiheit berufen, sollte
die Anzeige ein Kunstwerk enthalten.219
Zunächst
gilt
es,
Klarheit
zu
erlangen,
ob
der
Schutzbereich der Kommunikationsgrundrechte eröffnet
ist, wenn es sich um kommerzielle Werbung handelt,
das heißt, wenn mit der Werbung wirtschaftliche Zwekke verfolgt werden oder die Äußerung im wirtschaftlichen Kontext erfolgt. Denn gälte der Schutzbereich
der
Kommunikationsgrundrechte
nicht
für
die
Wirt-
schaftswerbung, so würden vielfältige Meinungsäußerungen aus diesem Schutzbereich herausgenommen und
seinen Wirkungskreis äußerst beschränken.
1. Der Grundrechtsschutz der Wirtschaftswerbung
Durch kommerzielle Werbung wird eine wirtschaftliche
Betätigung ausgedrückt, die mit wirtschaftlichen Interessen verfolgt wird, dem Wettbewerb zu dienen bestimmt und von einer Wettbewerbsabsicht getragen ist;
damit unterliegt die kommerzielle Werbung der rechtlichen Beurteilung nach der Wirtschaftsordnung, insbesondere dem Wettbewerbsrecht.
Anfänglich wurde der kommerziellen Wirtschaftswerbung
der
Schutz
der
Kommunikationsgrundrechte
von
der
überwiegenden Lehre und Rechtsprechung mit der Begründung versagt, werbliche Äußerungen könnten als
219
Sevecke AfP 1994, 196ff. (199).
76
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
kommerzielle Meinung nicht unter den Begriff der verfassungsgeschützten Meinung fallen.220 Es wurde argumentiert,
der
verfassungsgeschützte
Meinungsbegriff
stelle qualitativ ein mehr dar, er sei geistig ausgelegt, das heißt Werturteile umfassend und nicht bloße
Tatsachenbehauptungen einschließend. Ziel des Schutzbereiches sei, die Freiheit des Geistes zu wahren;
nur solche Äußerungen seien geschützt, mit denen dieses Ziel verfolgt werde.221 Werbeäußerungen hingegen
drückten keine persönliche Überzeugung des Werbenden
aus, vielmehr hätten sie eine Beeinflussung des Käufers zum Ziel. Lediglich die Kaufbereitschaft werde
durch die Werbung
ausgelöst.222
Der
Meinungsbegriff
sei hingegen darauf ausgerichtet, rational zu überzeugen und nicht – wie etwa die Wirtschaftswerbung –
emotional anzuregen. Nach dieser Ansicht wurde die
reine Wirtschaftswerbung dem Schutzbereich des Art.
12 GG zugerechnet.223
Das BVerfG entschied zunächst in diesem Sinne, allerdings nur, wenn die Meinungsäußerung ihren Grund allein in eigenen Interessen wirtschaftlicher Art fand
und nicht in der Sorge um politische, wirtschaftliche, soziale oder kulturelle Belange der Allgemein220
Vgl. hierzu – wenn auch zum Teil mit unterschiedlicher Begründung
BVerwG NJW 1954, 1133f. (1134); BVerwGE 2, 172ff. (178f.) - „Reklame“; BVerwG DVBl. 1954, 362ff.; BGH GRUR 1984, 461 - „Kundenboykott“;
BGHSt 5, 12ff. (22); BGHSt 8, 360ff. (379) - „HeilmittelWerbeverordnung“; BayVerfGH VGHE n.F. 4 (II) S. 63ff. (76ff.);
BayVerfGH VGHE n. F. 11 (II) S. 23ff. (34); OVG Berlin OVGE 3, 8ff.
(14); OLG Braunschweig NJW 1956, 839f. (840); Neumann-Duesberg JR
1954, 82ff.; Rauschenbach MA 1955, 677ff. (683); Seubert BB 1960,
965f. (966).
221
Vgl. Ausführungen von Wacke in FS für Schack, 1966, S. 197ff.
(197).
222
BVerwG NJW 1954, 1133ff. (1134); BVerwGE 2, 172ff. (178f.) - „Reklame“; OVG Berlin OVGE 3, 8ff. (19); BGHSt 5, 12ff. (22).
223
Vgl. Wendt in von Münch/ Kunig, Grundgesetzkommentar, 1992, Art.
5, Rn. 11. Dies führte aber zu unlösbaren Abgrenzungsschwierigkeiten,
wenn z.B. ideale und wirtschaftliche Ziele oder politische und wirtschaftliche Ziele miteinander verknüpft sind. Siehe hierzu BVerfGE
30, 336ff. (352) - „FKK“; BVerfGE 11, 234ff. (238) - „Jugendgefähr-
77
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
heit. Denn im letzteren Falle diene die Meinungsäußerung der Einwirkung auf die öffentliche Meinung, so
daß die Äußerung durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt sei.224
Mittlerweile
besteht
jedoch
Einigkeit,225
daß
auch
kommerzielle Wirtschaftswerbung den Grundrechtsschutz
der
Kommunikationsfreiheiten
genießt.226
Damit
ten-
diert die Rechtsprechung zu einer weiten Auslegung
des Begriffs der Meinungsfreiheit.227 Denn grundsätzlich werde jedem Bürger das Recht auf wirtschaftliche
Freiheit zugesprochen. Eine derartige Unterscheidung
zwischen
Meinung
und
kommerziellen
Werbung
konnte
nicht überzeugen und wäre mit dem Gewicht und der Bedeutung der Kommunikationsgrundrechte unvereinbar.228
dende Schriften“. Z.B. bei einer Firmenanzeige: Investiert und kauft,
damit die Wirtschaft angekurbelt wird!
224
BVerfGE 62, 230ff. (244) – „Boykott“.
225
In der Entscheidung des BVerfG vom 27.5.1994 ist die Frage, ob die
Wirtschaftswerbung in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG
fällt, offen gelassen worden (BVerfG NJW 1994, 3342f. – „MarsKondom“). Das BVerfG bezweifelte dabei nicht die Eröffnung des
Schutzbereichs der Kommunikationsgrundrechte auf die Wirtschaftswerbung, vielmehr sei der Schutzbereich des Kommunikationsgrundrechts in
diesem Fall gar nicht betroffen, da eine Meinung über das betreffende
Erzeugnis (Mars-Kondom) nicht verbreitet werden sollte, sondern vielmehr sollte eine fremde angesehene Marke zu rein kommerziellen Zwekken genutzt werden, ein sonst nicht verkäufliches eigenes Produkt auf
den Markt zu bringen. So auch Braun WRP 1982, 510ff.; Degenhart in FS
für Lukes, 1989, S. 287ff. (292f.); Drettmann, Wirtschaftswerbung und
Meinungsfreiheit, 1984; Friauf/ Höfling AfP 1985, 249ff; von Köller,
Meinungsfreiheit und unternehmensschädigende Äußerung, 1971, S.
117ff.; Lerche, Werbung und Verfassung, 1971, S. 77ff.
226
BVerfGE 21, 271ff. (278f.) - „Südkurier“; BVerfGE 64, 108ff. (114)
- „Chiffreanzeige“; BVerfGE 71, 162ff. (175) - „berufswidrige Werbung
durch Ärzte“; BVerfGE 95, 220ff. (229ff.) - „Sendemitschnitte“; so
auch Braun WRP 1982, 510ff. (512); Degenhart in FS für Lukes, 1989,
S. 287ff. (300ff.); Fezer JZ 1998, 265ff. (269); Friauf/ Höfling AfP
1985, 249ff. (254); Lerche, Werbung und Verfassung, 1967, S. 76ff.,
S. 197ff. (201ff.); Isensee/ Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts der
BRD, Band VI, Freiheitsrechte, 1989, § 141, Rn. 21 mit weiteren Nachweisen; Wacke in Festschrift für Schack, 1966; Weides WRP 1976,
585ff. (587); kritisch dazu Oppermann in FS für Wacke, 1972, S.
393ff. (395ff.).
227
BVerfG NJW 1992, 1153ff. - „Rundschreiben“.
228
Vgl. Lerche, Werbung und Verfassung, 1967, S. 77 mit weiteren
Nachweisen; ständige RS BVerfGE 7, 198ff. (208ff.) - „Lüth“; BVerfGE
30, 336ff. (352f.) - „FKK“; BVerfGE 68, 226ff. (232f.) - „Privates
Bewachungsunternehmen“; BVerfGE 71, 162ff. (175) - „berufswidrige
Werbung durch Ärzte“; BVerfG NJW 1992, 1153f. - „Rundschreiben"; OLG
München NJW-RR 1994, 731ff. (732) - „Togal“.
78
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
Die kommerzielle Wirtschaftswerbung enthält eine Meinung, mit der auf andere eingewirkt wird, damit sie
das jeweilig angebotene Produkt kaufen oder von der
angepriesenen Dienstleistung Gebrauch machen.229 Mit
der Werbung sollen Werturteile und Überzeugungen hinsichtlich des betreffenden Produkts vermittelt werden. Dies wird dadurch dokumentiert, daß die Werbung
sich heute weitgehend auf die Ergebnisse der Verhaltensforschung und Meinungsforschung stützt. Die Meinungsforschung ist wirklich um die Erkundung der Meinungen der Produktabnehmer bemüht. Mit der Äußerung
einer Meinung wird dem Grundsatz nach auch immer ein
Zweck verfolgt, den Werbeempfänger zu einem bestimmten Verhalten zu bewegen. Der Werbung wird immer mehr
die Funktion der Produkt- und Verbraucherinformation
eingeräumt.230 Wirtschaftliche Gegenstände sind auch
Gegenstände, über die Meinungen gebildet und geäußert
werden. Soweit also Werbung meinungshaltig ist, fällt
sie unter den Begriff der Meinung.231 Der Umstand der
wirtschaftlichen Vorteile ändert an dem Charakter der
Meinung
nichts.232
Die
Kundgabe
einer
Meinung
ist
grundsätzlich auch dann von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG
geschützt, wenn sie wirtschaftliche Vorteile bringen
soll.233 Das Vorliegen einer Wettbewerbsabsicht kann
von Verfassungs wegen kein geeignetes Kriterium für
die Beurteilung der Frage sein, ob eine Meinungsäußerung im konkreten Einzelfall dem Schutzbereich des
Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG unterfällt. Wird jedem Bürger
das Recht auf wirtschaftliche Freiheit garantiert,
229
Von Mangoldt/ Starck/ Klein, Das Bonner Grundgesetz, Kommentar,
1999, Art. 5 Abs. 1, 2, Rn. 25.
230
Braun WRP 1982, 510ff. (512).
231
Enger noch BVerfGE 71, 162ff. (175) - „berufswidrige Werbung durch
Ärzte“.
232
Von Mangoldt/ Starck/ Klein, Das Bonner Grundgesetz, Kommentar,
1999, Art. 5 Abs. 1, 2, Rn. 25.
233
Vgl. BVerfGE 30, 336ff. (352) - „FKK“; BVerfGE 68, 226ff. (230) „Privates Bewachungsunternehmen“.
79
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
dann ergibt sich schon daraus mittelbar die Garantie
eines Mindestmaßes wettbewerblicher Konkurrenz.234
Zu keinem anderen Ergebnis führt der Vergleich von
Wahlpropaganda und wirtschaftlicher Werbung. Während
die Wahlpropaganda zweifelsohne in den Schutzbereich
der Meinungsfreiheit fällt, kann nichts anderes für
die Wirtschaftswerbung gelten. Denn die politischen
und wirtschaftlichen Gehalte sind praktisch kaum voneinander trennbar.235 Zudem würde die Nichteinbeziehung von Äußerungen mit wirtschaftswerbendem Charakter im Widerspruch zum Verbot staatlicher Bewertung
von Meinungsäußerungen im weitesten Sinne nach Motivation, Gegenstand, Inhalt und Form stehen.236
Allerdings hat das BVerfG entschieden, das Grundrecht
der Meinungsfreiheit könne für die Wirtschaftswerbung
nur dann in Anspruch genommen werden, wenn die Werbung einen wertenden, meinungsbildenden Inhalt hat
oder Angaben enthält, die der Meinungsbildung dienen,
also dann, wenn die Äußerungen zwar in Wettbewerbsabsicht erfolgt ist, aber wirtschaftliche, politische,
soziale und kulturelle Probleme zum Gegenstand hat
und daher wesentliche Belange der Allgemeinheit berührt.237
Nicht nur das Grundrecht der Meinungsfreiheit bietet
der Wirtschaftswerbung verfassungsrechtlichen Schutz.
Ebenso verhält es sich mit der verfassungsrechtlich
geschützten Pressefreiheit und der Kunstfreiheit.
234
Vgl. hierzu Lerche, Werbung und Verfassung, 1967, S. 71 mit weiteren Nachweisen dort in Fn. 7.
235
Braun WRP 1982, 510ff. (513); Wacke in FS für Schack, 1966, S.
197ff. (206).
236
Vgl. hierzu BVerfGE 71, 162ff (175) - „berufswidrige Werbung durch
Ärzte“.
237
BVerfGE 71, 162ff. (175) - „berufswidrige Werbung durch Ärzte“;
BVerfGE 95, 173ff. (182) - „Tabakerzeugnisse“; anders noch BVerfGE
40, 371ff. (382) - „Werbefahrten“; BVerfGE 60, 215ff. (229ff.) „Steuerberater“, in diesen Entscheidungen wurde der Wirtschaftswerbung nicht der Schutzbereich des Art. 5 GG eröffnet .
80
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
Dem Grundsatz nach wird der Wirtschaftswerbung verfassungsrechtlicher Schutz geboten. Ob sich werbende
Unternehmen im Einzelfall mit ihren Werbemaßnahmen
auf diesen Schutz berufen können, soll im weiteren
Verlauf dieser Arbeit erörtert werden.
2. Der Begriff der Meinung in Art. 5 Abs. 1 Satz 1,
1. Halbsatz GG
Inwieweit der Aussagegehalt einer Werbemaßnahme begrifflich eine Meinung enthält, hängt zunächst vom
Umfang des Schutzbereichs der Meinungsfreiheit ab.
Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG schützt den individuellen
Meinungsbildungsprozeß,
freiheit
umfaßt.
Die
der
die
Meinungsäußerungs-
Meinungsfreiheit
sichert
den
Prozeß der geistigen Auseinandersetzung. Es soll gewährleistet werden, eine Meinung zu äußern, um daraus
die Möglichkeit zu verwirklichen, geistige Wirkungen
auf andere zu bezwecken und damit überzeugend auf die
Gesamtheit zu wirken.238 Das BVerfG hat daher bereits
in dem Lüth-Urteil auf die Unmöglichkeit einer Trennung zwischen Äußerung und bezweckter Wirkung hingewiesen.239
Unter den Begriff Meinung fallen nach einhelliger Ansicht die Elemente der Stellungnahmen, der Ansichten,
der Auffassungen, der Überzeugungen, der Urteile und
der Einschätzungen zu allen möglichen sachlichen Gegenständen und Personen.240 Der Schutz des Grundrechts
wird
unabhängig
von
dem
Wert
der
Äußerung,
ihrer
238
Weides WRP 1976, 585ff. (587).
BVerfGE 7, 198ff. (210) — „Lüth“.
240
Bleckmann, Staatsrecht II, Die Grundrechte, 1997, § 26, Rn. 14;
Badura, Staatsrecht, 1996, C 62; von Mangoldt/ Klein/ Starck, Das
Bonner Grundgesetz, Kommentar, Band 1, 1999, Art. 5 Abs. 1, 2, Rn.
23ff. mit weiteren Nachweisen; BVerfGE 65, 1ff. (41) — „Volkszählung“
239
81
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
Richtigkeit, ihrer rationalen Begründetheit oder ihrer Emotionalität gewährleistet.241
Früher wurde die Werbung nicht in den Schutzbereich
der Meinungsfreiheit einbezogen, weil zwischen Überredung und Überzeugung differenziert wurde. Die Werbung wurde lediglich als Überredung deklariert, weil
der
Werbende
nur
darauf
abziele,
den
potentiellen
Käufer zu beeinflussen, was vorwiegend durch das Ansprechen des emotionalen Bereichs erfolge. Diese Form
der Überredung sei nicht mitteilungswürdig und falle
demnach nicht in den Schutzbereich.242 Die durch eine
Werbemaßnahme
ausgedrückte
Überredung
unterscheide
sich von der eine Meinung ausdrückenden Überzeugung,
da diese der Vernunft der Angesprochenen zugänglich
sei. Damit wurde der Bereich der Beeinflussung aus
dem Begriff der Meinungsfreiheit ausgeklammert. Der
Begriff der Meinungsfreiheit wurde definiert als das
Ergebnis rationaler Denkvorgänge, das im Gegenteil
zum Emotionalen der geistigen Auseinandersetzung diene.243
Eine solche Differenzierung führte zu einer sehr engen
Auslegung
des
Meinungsbegriffs
und
war
wenig
praktikabel. Die daraus resultierende Ausklammerung
der Werbung aus dem Schutzbereich der Meinungsfreiheit führte zu untragbaren Ergebnissen und konnte der
Bedeutung der Kommunikationsgrundrechte nicht gerecht
werden. Denn zum Teil wird Werbung genau strukturiert
nach lerntheoretischen Gesichtspunkten vermittelt, so
daß sich der Werbende sehr wohl mit der Resonanz der
241
BVerfGE 33, 1ff. (14) — „Strafgefangener“; BVerfGE 61, 1ff. (7) —
„Wahlkampf“; BVerfGE 65, 1ff. (41) — „Volkszählung“.
242
Neumann-Duesberg Jura 1954, 82ff. (84); Rauschenbach MA 1955,
677ff. (683); Schmidt-Tophoff, Das Recht der Außenwerbung, 1965, S.
58; Strodthoff, Werbung in Wirtschaft und Recht, 1964, S. 69; Wacke
in FS für Schack, 1966, S. 197ff. (198ff.).
82
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
Allgemeinheit und dem Meinungsbildungsprozeß auseinandersetzt. Dies zeigt, daß die Werbung dann selbst
nicht mehr als marktschreierische Reklame zu werten
ist, sondern die Funktion einer Produkt- und Verbraucherinformation hat.244 Auch die Reaktionen der Allgemeinheit auf die einzelnen Werbemaßnahmen zeigen den
Beitrag zur Kommunikation. Es gibt zahlreiche Beispiele, bei denen gerade die Beeinflussungsabsicht
für die Gewährleistung des Grundrechtsschutzes ohne
Belang ist. So wird die Wahlwerbung politischer Parteien unabhängig von ihrer überzeugenden oder gar beeinflussenden Wirkung dem Schutz der Meinungsfreiheit
unterstellt.245 So sind bei einer politischen Wahlwerbung
die
politischen
und
wirtschaftlichen
Gehalte
praktisch kaum noch voneinander trennbar, da sich die
politische Werbung im wesentlichen mit wirtschaftlichen Inhalten befaßt und diese unter anderem in plakativer Form vermittelt.246 Demnach kann die Absicht
der Beeinflussung als Kriterium nicht herangezogen
werden.
Zudem muß eine Werbeanzeige als Nachricht gewertet
werden.247 Denn schließlich wird bei einer Anzeige eine Ansicht geäußert, die in der Regel das umworbene
Produkt betrifft. Wird eine Werbeaussage ohne Produktbezug
gestaltet,
so
ist
deshalb
dem
Werbenden
nicht abzusprechen, daß er eine eigene Meinung ver243
Von Mangoldt/ Klein, Das Bonner Grundgesetz, 1966, Art. 5 Abs. 3,
Rn. 1.
244
Braun WRP 1982, 510ff. (512).
245
BVerfGE 7, 230ff. (234) - „Lüth“; BVerfGE 47, 198ff. (232ff.) „Wahlwerbespots“; BVerwGE 56, 56ff. (58ff.) - „Plakatständer“; BVerwGE 56, 63ff. (66ff.) - „Plakatträger“; BGH NJW 1979, 435ff. (436);
BGH NJW 1979, 1610ff. (1611); OVG Bremen NJW 1968, 2078; OVG Berlin
NJW 1973, 2044ff. (2046); vgl. Jarass NJW 1981, 193ff. (197) mit weiteren Nachweisen.
246
Braun WRP 1982, 510ff. (513); Wacke in FS für Schack, 1966, S.
197ff. (206); vgl. auch ZAW-Studie: Werbung über Satelliten; Rechtsfragen der Ausstrahlung und des Empfangs von Werbesendungen ausländischer Satelliten, edition ZAW, Bonn, 1981, S. 20.
247
BVerfGE 21, 271ff. (279) - „Südkurier“.
83
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
breiten will.248 Werbeaussagen ohne Produktbezug müssen ebenso in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit
einbezogen werden.249 Dazu führte das BVerfG bereits
im Jahre 1967 aus: „So bedienen sich politische Parteien, wirtschaftliche und kulturelle Vereinigungen
sowie
Einzelpersonen
häufig
des
Anzeigenteils
von
Zeitungen, um ihren Standpunkt der Allgemeinheit gegenüber zu vertreten und für ihre Bestrebungen zu
werben.“250 Der Werbende wiederum macht sich die Anzeige zu eigen und steht hinter der inhaltlichen Aussage.
Mittlerweile ist die Differenzierung zwischen Überredung und Überzeugung aufgegeben und der Schutzbereich
der Meinungsfreiheit damit erheblich erweitert worden. Ohne ausdrücklich zwischen „Werturteilen“ und
„Tatsachenbehauptungen“ zu unterscheiden, soll jedermann das Recht gewährt werden, seine Meinung frei zu
äußern: Jeder soll frei sagen können, was er denkt,
auch wenn er keine nachprüfbaren Gründe für sein Urteil angibt oder angeben kann.251 Die Tatsache, daß
ein Gewerbetreibender in Wettbewerb zu anderen steht,
nimmt ihm nicht das Recht, zu gesellschaftspolitisch
relevanten
Themen,
die
auch
außerhalb
seines
ge-
schäftlichen Bereichs liegen können, öffentlich Stellung zu nehmen.252 Auch bloße Bilder sind als Meinungsäußerung zu verstehen, wenn in diesen ein Wert-
248
Vgl. hierzu BGHZ 130, 198ff. (204) - „Ölverschmutzte Ente“; ebenso
BGH NJW 1995, 2490ff. (2491) - „Kinderarbeit“; BGH NJW 1995, 2492f.
(2493) - „H.I.V.-Positive“.
249
Toscani will mit seinen kreierten Werbebilder für die Firma Benetton Botschaften offenbaren. Toscani, Die Werbung ist ein lächelndes
Aas, 1997.
250
BVerfGE 21, 271ff. (279) - „Südkurier“.
251
BVerfGE 42, 163ff. (170f.) – „Deutschland–Magazin“; BVerfGE 61,
1ff. (7) — „Wahlkampf“.
252
BGHZ 130, 198ff. (204) - „Ölverschmutzte Ente“.
84
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
urteil, eine Ansicht oder eine Anschauung zum Ausdruck kommt.253
Die Mitteilung einer Tatsache hingegen ist im engen
Sinne keine Äußerung einer „Meinung“, weil ihr jenes
Element fehlt. Geschützt ist sie allerdings insoweit,
als
sie
vorhandene
Meinungen
bestätigt,
bestärkt,
bzw. das Entstehen von Meinung fördert oder beeinflußt und damit die Voraussetzung von Bildung der
Meinungen ist.254
Unter Zugrundelegung dieses umfassenden Meinungsbegriffs stellt die Werbung im allgemeinen die Äußerung
einer Meinung dar und fällt in den Schutzbereich des
Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG.255 Mit dieser wird typischerweise das Ziel verfolgt, den Adressaten zu beeinflussen und zu überzeugen.256 Natürlich soll die Werbung
potentielle Verbraucher über das Vorhandensein einer
Ware informieren und darüber hinaus die Eigenschaften
und Vorzüge des
jeweiligen
Produkts
herausheben.257
Damit sollen potentielle Käufer bzw. Abnehmer eines
Produkts oder einer Leistung zum Kauf oder aber zur
Abnahme veranlaßt werden.258 So wird zum Teil sogar
mit den Forschungsergebnissen des betreffenden Produkts
geworben.
durchgeführten
Diese
beruhen
entweder
Forschungsergebnissen
auf
oder
eigens
solchen,
253
BVerfGE 30, 336ff. (352) – „FKK“.
BVerfGE 65, 1ff. (41) — „Volkszählung“.
255
Grundlegend Lerche, Werbung und Verfassung, 1967, S. 72ff.; Bethge
in Sachs, Grundgesetz, Kommentar, 1999, Art. 5, Rn. 25a; Braun WRP
1982, 510ff; Drettmann, Wirtschaftswerbung und Meinungsfreiheit,
1984; Fezer, JZ 1998, 265ff.; Friauf/ Höfling, AfP 1985, 249ff.;
Hoffmann-Riem ZUM 1996, 1ff.; Jarass NJW 1982, 1834; Ullmann GRUR
1996, 948ff.; Weides WRP 1976, 585ff.; Wendt in von Münch/ Künig,
Grundgesetzkommentar, Band 1, 1992, Art. 5, Rn. 11; aus der neueren
Rechtsprechung BGHZ 130, 205ff. — „Feuer, Eis & Dynamit“; BGHZ 132,
13ff. — „Pressemäßige Sorgfalt“; BGH AfP 1997, 905ff. — „Politikerschelte“.
256
Braun WRP 1982, 510ff. (512).
257
Vgl. Wacke in FS für Schack, 1966, S. 197ff. (202).
258
Friauf/ Höfling AfP 1995, 249ff.; Lerche, Grundrechtsfragen eines
gemeinschaftsrechtichen Verbots mittelbarer Werbung, 1990, S. 55f.
(53f.).
254
85
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
die an wirtschaftlichen Einrichtungen vergeben wurden.259 Der Wiedergabe solcher naturwissenschaftlich
gefundenen Ergebnisse kann wohl kaum der Charakter
geistiger Erkenntnisse abgesprochen werden.
Aber auch ein Werbender, dessen Werbemaßnahmen keinen
Produktbezug aufweisen, kann sich grundsätzlich auf
das Recht der Meinungsfreiheit berufen. Denn einem
Unternehmen, dem es in seiner Werbung lediglich um
die
Steigerung
seiner
namentlichen
Bekanntheit
im
Verkehr geht, kann sich auch solcher Werbemethoden
oder Werbegags bedienen, die keinerlei Bezug zum Gegenstand des Unternehmens oder zu dessen Leistungsfähigkeit haben.260 Diese unterschiedlichen Möglichkeiten,
Aufmerksamkeit
zu
erwecken,
ändern
daran
nichts.261 Es steht jedem frei, seine Meinung zu allgemein interessierenden politischen oder anderen Themen mit der Werbung für sein Unternehmen zu verbinden.262 Auch mit produktfremder Werbung kann demnach
eine geistige Auseinandersetzung mit dem potentiellen
Käufer stattfinden. Dies zeigen die von diesen geäußerten kritischen Äußerungen der Verbraucher gegen
Form und Inhalt der jeweiligen Werbung, die bis hin
zum Aufruf des Boykotts bestimmter Firmen oder Produkte führen kann.263
Die in Anzeigen, Prospekten, Plakaten, Werbefilmen
und ähnlichem veröffentlichte Werbung ist ohne die
Äußerung von Meinungen und Überzeugungen kaum denk-
259
Wacke in FS für Schack, 1966, S. 197ff. (202).
BGHZ 130, 196ff. (200) — „Ölverschmutzte Ente“; BGH
905ff. (906) — „Politikerschelte“.
261
Vgl. BGHZ 130, 196ff. (199, 203f.) - „Ölverschmutzte
NJW 1995, 2490ff. (2491f.) - „Kinderarbeit“.
262
BGHZ 130, 196ff. (204) — „Ölverschmutzte Ente“; BGH
905ff. (906) — „Politikerschelte“.
263
Von Mangoldt/ Starck/ Klein, Das Bonner Grundgesetz,
Band 1, 1999, Art. 5 Abs. 1, 2, Rn. 25.
260
AfP 1997,
Ente“; BGH
AfP 1997,
Kommentar,
86
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
bar.264 Denn die Aussage der Werbemaßnahme — produktbezogen oder nicht — macht sich der Werbende durch
deren Produktion zu eigen.
Demnach ist Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG für die Beurteilung der wettbewerbsrechtlichen Sittenwidrigkeit gemäß § 1 UWG von Bedeutung. In einigen Urteilen hat
der BGH diese Problematik abgehandelt.265 Die darin
ausgeführten Argumentationen lassen Zweifel an der
hinreichenden Würdigung der Kommunikationsgrundrechte
unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten aufkommen.
a) Einzelne Urteile des BGH
In dem „Busengrapscher-Urteil“ wird der Eindruck erweckt, der Inhalt einer Werbeaussage sei nun doch
nicht
uneingeschränkt
schlossen.
Dem
vom
Vertreiber
Grundrechtsschutz
von
einge-
Likörfläschchen
mit
Etiketten, auf denen die Bezeichnungen „Busengrapscher“ und „Schlüpferstürmer“ mit sexuell anzüglichen
Bilddarstellungen von Frauen verbunden waren, wurde
der Vertrieb aufgrund eines Verstoßes gegen § 1 UWG
untersagt. Es vermittele den Eindruck der sexuellen
Verfügbarkeit der Frau als mögliche Folge des Genusses des angepriesenen
alkoholischen
Getränks.266
In
seinen Entscheidungsgründen führt der BGH aus, grundsätzlich sei zwar der verfassungsrechtliche Schutz
von Kommunikationsfreiheiten für kommerzielle Werbeaussagen gewährleistet. In diesem Fall könne der Vertreiber einen solchen Schutz für seine Bezeichnungen
264
Braun WRP 1982, 510ff. (512).
So z.B. BGHZ 130, 5ff. - „Busengrapscher“; BGHZ 130, 198ff. - „Ölverschmutzte Ente“; BGH NJW 1995, 2490ff. - „Kinderarbeit“; BGH NJW
1995, 2492f. - „H.I.V.-Positive“; BGH AfP 1997, 905ff. - „Politikerschelte“.
266
BGHZ 130, 5ff. (Leitsatz) - „Busengrapscher“.
265
87
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
jedoch nicht in Anspruch nehmen.267 Ein solcher Schutz
setze voraus, daß der Werbung jedenfalls auch der
Charakter
einer
Meinungsaussage
zuzubilligen
wäre,
für den das Element der Stellungnahme, des Dafürhaltens, des Meinens im Rahmen geistiger Auseinandersetzung konstitutiv ist. An diesem Element fehle es, da
die Werbung keinerlei Aussagebedürfnisse befriedige,
sondern allein der Förderung des Absatzes der Ware
diene. Der Schutzbereich der Meinungsfreiheit wird
also
den
Likörfläschchen
vorenthalten.
Dann
-
und
zwar obwohl der Schutzbereich dem Umfang nach bereits
abgelehnt wird - wertet der BGH die Werbung aus und
stellt fest, daß „beide Etiketten durch Wort- und
Bilddarstellungen
geprägt
werden,
die
in
obszöner
Weise den Eindruck der freien Verfügbarkeit der Frau
in
sexueller
Hinsicht
vermitteln
und
zugleich
die
Vorstellung fördern sollen, die so bezeichneten alkoholischen Getränke seien geeignet, solcher Verfügbarkeit für die angesprochenen sexuellen Handlungen Vorschub zu leisten. Der angesprochene Verkehr werde daher zu großen Teilen obszöne Andeutungen dieser Art
als ernstgemeint ansehen, wenn sie - wie hier - zur
Förderung des Absatzes eines alkoholischen Getränks
eingesetzt werden. Denn bei Berücksichtigung einerseits der in starkem Maße anzüglichen Schlagworte und
Abbildungen,
andererseits
der
allgemein
bekannten
enthemmenden Wirkung von Alkohol sei die Feststellung
des Berufungsgerichts, das Publikum werde die Etikettierung nicht mindestens auch als Propagierung eines
Mittels zur Überwindung sexueller Widerstände verstehen, mit der Lebenserfahrung nicht in Einklang zu
bringen.“268 Die Darstellung der sexuell freien Verfügbarkeit der Frau infolge Genusses alkoholischer
267
BGHZ 130, 5ff. (11) - „Busengrapscher“.
88
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
Getränke
sei
mit
der
„Herabsetzung
eines
Bevölke-
rungsteils“ verbunden und müsse als Diskriminierung
der Frau gewertet werden.269
Muß daraus geschlossen werden, daß die mit den Likörfläschchen verbundenen Etiketten doch einen Aussagegehalt haben? Auch vermag nicht zu überzeugen, daß
sich der BGH nach seiner vorangegangenen Argumentation auf die Ebene der Interessenabwägung begibt und
ausführt, ein ausschließlich kommerzielles Interesse
habe bei der gebotenen Güterabwägung an Bedeutung und
Gewicht zurückzutreten, wenn ihm ein schützenswertes
Interesse anderer gegenüberstehe.270 Wenn doch schon
der Schutzbereich abgelehnt wird, dann kommt es gar
nicht mehr zu einer solchen Abwägung! Deshalb trägt
diese Entscheidung der Bedeutung und dem Ausmaß der
Meinungsfreiheit
nicht
ausreichend
Rechnung.
Diese
Entscheidung wird einer verfassungsrechtlichen Überprüfung kaum standhalten können.
Zudem hat das BVerfG verschiedentlich festgestellt,
daß der Einfluß dieses Grundrechts bereits verkannt
wird, wenn die Gerichte ihrer Beurteilung eine Äußerung zugrunde legen, die so nicht gefallen ist, wenn
sie dieser einen Sinn geben, den sie nach dem gestellten Wortlaut objektiv nicht hat, oder wenn sie
sich unter mehreren möglichen Deutungen für die zur
Verurteilung führende entscheiden, ohne die anderen
unter Angabe überzeugender Gründe auszuschließen.271
Die Etiketten lassen noch eine andere Deutung zu als
die von dem Gericht getroffene. Das Gericht legt seiner Beurteilung zwar die mögliche Doppeldeutigkeit
268
269
270
BGHZ 130, 5ff. (9) - „Busengrapscher“.
Vgl. auch Wehlau DZWir 1996, 142ff. (143).
BGHZ 130, 5ff. (11f.) – „Busengrapscher“.
89
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
der Etiketten zugrunde: es werde der Gedanke an Enthemmung nicht allein der Frau geweckt, sondern auch
des Mannes, um ihm Mut zu sexuellem Vorgehen zu machen.272 Diese bildlichen
Darstellungen
führten
zur
Herabsetzung und Diskriminierung des weiblichen Bevölkerungsteils. Dabei verkennt das Gericht allerdings,
daß
mit
den
„Schlüpferstürmer“
Begriffen
die
„Busengrapscher“
männliche
Bevölkerung
und
ange-
sprochen wird und zwar nicht in Bezug darauf, diesen
Mut zur sexuellen Vorgehensweise zu machen.273 Auch
wenn kein „Busengrapscher“ dargestellt ist, sondern
ein
harmonierendes
Pärchen,
spricht
der
Begriff
selbst doch die männliche Bevölkerung in diskriminierender Weise an.274 Und auch die Abbildung eines harmonierenden Pärchens mit der Überschrift „Busengrapscher“ läßt nicht notwendig den Schluß auf die Herabsetzung der weiblichen Bevölkerung zu. Diese andere
Deutungsmöglichkeit hätte der BGH in seinen Entscheidungsgründen zumindest erwähnen und im Ergebnis mit
überzeugender Begründung ablehnen müssen.
Auch die Argumentation des BGH bezüglich der Benetton-Werbekampagne vermag nicht zu überzeugen.275 Zwar
erkennt er an, die Meinungsäußerung eines Gewerbetreibenden liege nicht außerhalb des Schutzbereichs
von
Art.
5
werbszwecken
Abs.
im
1
Satz
Sinne
von
1
GG,
§
1
weil
UWG
sie
Wettbe-
diene.276
Der
Schutzbereich sei nur dann eröffnet, wenn der Aussagegehalt einer Werbemaßnahme neben Wettbewerbszwecken
271
BVerfGE 43, 130ff. (136) - „Flugblatt“; BVerfGE 82, 43ff. (50f.) „Anti-Strauß-Komitee“; BVerfGE 82, 272ff. (280f.) - „Ministerpräsident Strauß“.
272
BGHZ 130, 5ff. (9) - „Busengrapscher“.
273
Vgl. Oellers BGH EWiR § 1 UWG 13/95, 811f. (812).
274
Hoffmann-Riem ZUM 1996, 1ff. (2).
275
BGHZ 130, 198ff. - „Ölverschmutzte Ente“; BGH NJW 1995, 2490ff. „Kinderarbeit“; BGH NJW 1995, 2492f. - „H.I.V.-Positive“.
276
Vgl. Kapitel 3 A. I 1. a); BGHZ 130, 196ff. (203) — „Ölverschmutzte Ente“.
90
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
auch Belange der Allgemeinheit betreffe.277 Wenn sie
wirtschaftliche, politische, soziale und kulturelle
Probleme zum Gegenstand habe, denen innerhalb der öffentlichen Auseinandersetzung ein nicht unerheblicher
Stellenwert zugemessen wird, die Meinungskundgabe der
Werbemaßnahme also das Mittel zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden — auch wirtschaftspolitische — Frage darstellt
und es dem Werbenden um eine argumentative Auseinandersetzung
der
interessierten
Öffentlichkeit
geht,
dann sei in die Abwägung der wechselseitigen Rechtsgüter
—
Lauterkeit
des
Meinungsäußerungsfreiheit
ten.
Wettbewerbs
einerseits
andererseits
—
und
einzutre-
278
Eine solche an die Öffentlichkeit gerichtete Äußerung
müsse vom Grundrecht der freien Meinungsäußerung gedeckt sein, so daß ein daneben auftretendes Handeln
zum
Zwecke
sei.279
„Der
des
Wettbewerbs
vernachlässigungswürdig
verfassungsrechtliche
Schutz
der
Mei-
nungsäußerungsfreiheit und das Interesse der Öffentlichkeit, in den Meinungsbildungsprozeß wichtiger öffentlicher und wirtschaftlicher Fragen eingebunden zu
werden, lassen es nicht zu, hinter jeder im Meinungskampf getroffenen Äußerung mit wettbewerbsrechtlichem
Bezug ein entsprechendes zielgerichtetes absichtliches Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs zu sehen.“280
Nur wenn die Absicht, den eigenen oder fremden Wettbewerb zu fördern, hinter den anderen Beweggründen
der öffentlichen Meinungsäußerung zurücktrete, könne
277
Vgl. auch BGHZ 130, 196ff. (203) — „Ölverschmutzte Ente“; ferner
auch BGH GRUR 1992, 707ff. (708f.) — „Erdgassteuer“.
278
BGH NJW 1992, 3304f. (3304) — „Erdgassteuer“; BGHZ 130, 196ff.
(203f.) - „Ölverschmutzte Ente“.
279
BGH NJW 1992, 3304f. (3304) - „Erdgassteuer“; BGH AfP 1986, 219ff.
(220) - „Gastrokritiker“.
91
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
die Sittenwidrigkeit gemäß § 1 UWG nicht begründet
werden. Ebenfalls wird der Schutzbereich verwehrt,
wenn solche Äußerungen über eine bloße Meinungskundgabe hinaus dazu dienten, in den individuellen Bereich
des
wirtschaftlichen
Wettbewerbs
bestimmter
Marktkonkurrenten einzugreifen und wenn das Recht auf
freie
Meinungsäußerung
der
Allgemeinheit
lediglich
als Mittel zum Zweck der Förderung privater Wettbewerbsinteressen eingesetzt werde.281
Der BGH trifft auch hier bereits auf der Ebene der
Bestimmung des Schutzbereichs eine Einschränkung der
Meinungsfreiheit
für
den
Werbenden.
Er
führt
aus,
würde es im Falle der Benetton-Werbung zu einer Interessenabwägung von Meinungsäußerungsfreiheit einerseits und dem Schutz des unlauteren Wettbewerbs andererseits kommen, sei die in dieser Werbekampagne betriebende Image-Werbung nicht zu beanstanden.282 Allerdings kommt er gar nicht erst zu einer solchen Interessenabwägung. Vielmehr beurteilt er die öffentlichen Äußerungen der Firma Benetton dahingehend, daß
mit
den
unterschiedlichen
Werbebildern,
bei
denen
sich das Unternehmen jeweils auf das Elend der Welt
bezieht, eine solidarisierende Gefühlslage mit dem
werbenden Unternehmen geschaffen werde. Das Unternehmen spreche die Gefühle des Mitleids des Verbrauchers
an und stelle sich gleichermaßen als betroffen dar.
Damit solle eine Solidarität von sozialem Engagement
und den Gefühlen des Mitleides des Verbrauchers mit
dem Namen und der Geschäftstätigkeit des Unternehmens
ohne
eine
sachliche
Veranlassung
hergestellt
wer-
280
BVerfG NJW 1992, 1153f. (1154) — „Rundschreiben“; BGHZ 130, 196ff.
(204) — „Ölverschmutzte Ente“.
281
BGH GRUR 1984, 357ff. (359) - „Kundenboykott“.
282
BGHZ 130, 196ff. (204) — „Ölverschmutzte Ente; BGH NJW 1995,
2490ff. - „Kinderarbeit“; BGH NJW 1995, 2492f. - „H.I.V.-Positive“.
92
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
den.283 Zwar wird nicht ausgeschlossen, daß die Abbildungen über das aufgezeigte Elend möglicherweise eine
Äußerung als öffentliche Stellungnahme zu den unsere
Gesellschaft berührenden Ereignissen darstellen könnten. Der Grundrechtsschutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 1
GG sei dennoch versagt, da diese Äußerungen nichts
wesentliches zur Auseinandersetzung zu öffentlichen
und
wirtschaftlichen
Fragen
Elend unserer Gesellschaft
über
das
beitrügen.
284
aufgezeigte
Dabei
ver-
kennt der BGH, daß sich das Grundrecht des Art. 5
Abs. 1 Satz 1 GG nicht im Schutz einzelner Äußerungen
erschöpft, sondern die freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung insgesamt sichern will.285 Indem
Aufmerksamkeit auf Probleme gelenkt wird und dadurch
Antworten hervorgerufen werden, wird zur Bildung von
Meinungen beigetragen, da diese Antworten wieder in
den Prozeß der Kommunikation einfließen.286 Die Frage
der Kommerzialisierung einer Äußerung ist kein geeignetes
Abgrenzungskriterium
für
die
Bestimmung
des
Schutzbereichs. Der BGH nimmt bereits auf der Schutzbereichsebene eine Beurteilung vor, die erst auf der
Schrankenebene stattfinden dürfte.
Denn die grundsätzliche Einbeziehung der kommerziellen Werbung in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit
verlagert
die
notwendigen
Abgrenzungsaufgaben
zur
Feststellung der endgültigen Schutzgewährung in die
Bestimmung der Grundrechtsschranken des Art. 5 Abs. 2
GG.287 Der Gesetzgeber kann die Werbeaussagen nur nach
dieser Maßgabe verbieten oder beschränken. Gemäß Art.
283
BGHZ 130, 196ff. (200f.) - „Ölverschmutzte Ente“ mit weiteren
Nachweisen.
284
BGHZ 130, 198ff. - „Ölverschmutze Ente“; BGH NJW 1995, 2490ff. „Kinderarbeit“.
285
BVerfGE 57, 295ff. (319) – „Rundfunksendung“; BVerfGE 85, 23ff.
(31) – „Rhetorische Fragen“.
286
BVerfGE 85, 23ff. (31) – „Rhetorische Fragen“.
93
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
5 Abs. 2 GG wird die Meinungsfreiheit nicht vorbehaltlos
gewährleistet.
Sie
findet
ihre
Schranken
vielmehr in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze.288 Allgemeine Gesetze sind nach dem BVerfG solche,
die „nicht eine Meinung als solche verbreiten, die
sich nicht gegen die Äußerungen der Meinung als solche richten,“ die vielmehr „dem Schutz des Gemeinschaftswertes, der gegenüber der Betätigung der Meinungsfreiheit Vorrang hat.“289 Im Bereich der Wirtschaftswerbung hat § 1 UWG als schrankenkonkretisierende Norm erhebliche Bedeutung.290 Die Meinungsfreiheit
entbindet
den
Werbenden
nicht
von
seiner
Pflicht, die Gesetze zum Schutz des unlauteren Wettbewerbs zu beachten.291 Soweit er sich im geschäftlichen
Verkehr
zu
Wettbewerbszwecken
äußert,
ist
er
eingebunden in die Ordnungsregeln des Wettbewerbsrechts.292 Diese Normen stehen - wie gerade bei der
Generalklausel des § 1 UWG mit ihrem unbestimmten
Rechtsbegriff der guten Sitten deutlich wird, ihrerseits unter dem Gebot der Auslegung im Lichte der
verfassungsrechtlichen Grundrechte, damit dessen wertersetzende Bedeutung für das Privatrecht auch auf
der Rechtsanwendungsebene zur Geltung kommen kann.293
Findet eine Einschränkung statt, dann muß die Vorschrift des § 1 UWG als allgemeines Gesetz in ihrer
das Grundrecht beschränkenden Wirkung ihrerseits im
287
So jetzt die RS, vgl. z.B. BGH AfP 1997, 905ff. (907) — „Politikerschelte“.
288
Auf die gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz der Jugend und der
persönlichen Ehre wird in dieser Arbeit nicht eingegangen.
289
So grundlegend - unter Kombination verschiedener Ansichten der
Weimarer Staatsrechtslehre: BVerfGE 7, 198ff. (209) - „Lüth“; BVerfGE
50, 234ff. (240f.) - „Kölner Volksblatt“; BVerfGE 62, 230ff. (243f.)
- „Boykott“; BVerfGE 71, 206ff. (214) - „Flick-Spendenaffäre“;
BVerfGE 95, 220ff. (235f.) - „Sendezeitmitschnitte“.
290
Vgl. BVerfGE 62, 230ff. (248) - „Boykott“; BGHZ 130, 196ff.
(203f.) - „Ölverschmutzte Ente“.
291
BGHZ 130, 196ff. (203) — „Ölverschmutzte Ente“.
292
BGHZ 130, 196ff. (203) — „Ölverschmutzte Ente“.
94
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
Lichte der Bedeutung dieses Grundrechts auf Meinungsfreiheit gesehen und so interpretiert werden, daß der
besondere Wertgehalt dieses Rechts auf jeden Fall gewahrt bleibt.294 Das heißt, es findet eine Wechselwirkung zwischen dem Grundrecht der Meinungsfreiheit und
§ 1 UWG als allgemeines Gesetz statt.295 Und im Rahmen
dieser Abwägung gewinnt die Frage nach der Kommerzialisierung an Bedeutung.296
Schon
terminologisch
gesehen
ist
es
geboten,
eine
strikte Trennung zwischen der Grundrechtsgewährleistung, das heißt der Bestimmung des Schutzbereichs
der Grundrechte und die Feststellung des Vorliegens
eines Eingriffs in den Schutzbereich einerseits und
der Grundrechtsbeschränkung, das heißt der verfassungsrechtlichen
Rechtfertigung
eines
Eingriffs
in
die Grundrechte anhand einer Interessenabwägung andererseits, vorzunehmen.297 Diese systematische Grundrechtsprüfung wird vom BVerfG und der Literatur verwendet,
damit
eine
Rationalisierung
der
grund-
rechtstheoretischen Argumentation möglich wird. Die
logische Konsequenz bei der Einhaltung dieser Trennung ist, daß sowohl der Werbende als auch der Adressat an jenem Prozeß der öffentlichen Kommunikation
teilnehmen und den Grundrechtsschutz der Kommunikati-
293
BVerfGE 7, 198ff. (208) - „Lüth“; BVerfGE 82, 272ff. (280) - „Ministerpräsident Strauß“.
294
BVerfGE 7, 198ff. (208f.) - „Lüth“; BVerfGE 82, 43ff. (50) - „Anti-Strauß-Komitee“; BVerfG NJW 1992, 1153f. (1154) - „Rundschreiben“;
BGHZ 130, 196ff. (203f.) - „Ölverschmutzte Ente“; BGH NJW 1995,
2490f. (2491) - „Kinderarbeit“; BGH NJW 1995, 2492f. (2493) „H.I.V.-Positive“.
295
Wechselwirkungslehre des BVerfG, BVerfGE 7, 198ff. (208f.) „Lüth“; BVerfGE 71, 206ff. (214) - „Flick-Spendenaffäre“; vgl. auch
Pieroth/ Schlink, Staatsrecht II, Grundrechte, 1998, Rn. 595ff.;
Bleckmann, Staatsrecht II, Die Grundrechte, 1997, § 12, Rn. 79f.
296
BVerfGE 61, 1ff. (7f.) – „Wahlkampf“; BVerfG NJW 1992, 1153f. –
„Rundschreiben“; Grimm NJW 1995, 1697ff. (1698); Grigoleit/ Kersten
DVBl. 1996, 596ff. (601).
297
Fezer JZ 1998, 265ff. (269); Pieroth/ Schlink, Staatsrecht II,
Grundrechte, § 6, Rn. 195ff.
95
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
onsfreiheiten
genießen.298
Durch
das
unter
wettbe-
werbsrechtlichen Gesichtspunkten gesehene gerichtlich
ausgesprochene Verbot wird in den Grundrechtsschutz
des Werbenden eingegriffen. Unerheblich ist dabei zunächst der Kontext des Kommunikationsaktes. Relevant
wird dieser erst im Rahmen der Rechtmäßigkeit des
Eingriffs und der damit verbundenen Interessenabwägung.299
In den Benetton-Urteilen des BGH ist aus den Entscheidungsgründen nicht klar erkennbar, ob die Werbeaussagen in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz
1 GG fallen und die gerichtliche Untersagung der Verbreitung dieser als Eingriff darin gewertet wird.300
Vielmehr
vermischen
sich
in
der
Argumentation
die
Frage nach dem Umfang des Schutzbereichs mit der der
Rechtmäßigkeit
des
Eingriffs.
Dabei
bleiben
die
Grundsätze des BVerfG unbeachtet, wonach die Motive,
und damit zusammenhängend das Ziel und der Zweck der
Werbeaussagen, im Rahmen der Schutzbereichsbestimmung
ohne jede Bedeutung sind.301 Erst in der Interessenabwägung, also bei der Frage nach der Rechtmäßigkeit
der Untersagung einer Werbeaussage sind die Grundsätze wesentlich.302 Finden die Werbeaussagen ihren Grund
nicht
in
eigenen
Interessen
wirtschaftlicher
Art,
sondern in der Sorge um politische, wirtschaftliche,
soziale oder kulturelle Belange der Allgemeinheit,
298
Ahrens JZ 1995, 1096ff. (1100).
Vgl. Ahrens JZ 1995, 1096ff. (1100), der allerdings im Ergebnis
verkennt, daß der BGH die notwendigen Abgrenzungsaufgaben zur Feststellung der endgültigen Schutzgewährung nicht in die Grundrechtsschranken des Art. 5 Abs. 2 GG verlagert, sondern diese Problematik
bereits auf der Schutzbereichsebene erörtert, indem der Grundrechtsschutz verwehrt wird und dennoch eine pro forma Abwägung stattfindet.
300
Vgl. Fezer JZ 1998, 265ff. (269); Hoffmann-Riem ZUM 1996, 1ff.
(2).
301
BVerfGE 7, 198ff. (212, 215) - „Lüth“; BVerfGE 25, 256ff. (264) „Blinkfüer“; BVerfGE 62, 230ff. (244) - „Boykott“; BVerfG NJW 1992,
1153f. (1154) - „Rundschreiben“.
302
BVerfGE 62, 230ff. (244) - „Boykott“; BVerfG NJW 1992, 1153f.
(1154) - „Rundschreiben“.
299
96
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
dient sie der Einwirkung auf die öffentliche Meinung,
dann ist die Aufforderung durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1
GG geschützt, auch wenn dadurch private und namentlich wirtschaftliche Interessen beeinträchtigt werden.303
Unter Beachtung der Grundsätze des BVerfG stellt sich
auch
bei
den
Entscheidungen
zur
Benetton-
Werbekampagne die Frage, ob der BGH dem Aussagegehalt
der Werbebilder die richtige Beurteilung zugrunde gelegt hat. Andernfalls wäre der Einfluß des Grundrechts
auf
Meinungsfreiheit
verkannt,
insbesondere
wenn eine andere mögliche Deutungen nicht hinreichend
gewürdigt wurde.304
Zwar steht die Feststellung und Würdigung des Tatbestandes, die Auslegung des einfachen Rechts und seine
Anwendung auf den Einzelfall prinzipiell dem zuständigen Fachgericht zu. Allerdings muß dies insoweit
einer Überprüfung standhalten, daß der Bedeutung und
Tragweite des betroffenen Rechts ausreichend Rechnung
getragen wird.305 Bei Eingriffen in die Meinungsfreiheit kann sich die Überprüfung nicht auf die Frage
beschränken, ob die angegriffenen Entscheidungen Fehler erkennen lassen, die auf einer grundsätzlich unrichtigen
rechts,
Anschauung
insbesondere
von
vom
der
Bedeutung
Umfang
seines
des
Grund-
Schutzbe-
reichs, beruhen.306 Vielmehr muß geprüft werden, ob
jene Entscheidungen bei Feststellung und Würdigung
des Tatbestandes sowie der Auslegung und Anwendung
einfachen Rechts die verfassungsrechtlich gewährlei303
BVerfGE 7, 198ff. (219) - „Lüth“.
Vgl. BVerfGE 43, 130ff. (136) - „Flugblatt“; BVerfGE 82, 43ff.
(52f.) - „Anti-Strauß-Komitee“; BVerfGE 82, 272ff. (280f.) - „Ministerpräsident Strauß“.
305
BVerfGE 18, 85ff. (92) - „Bräunungsmittel“; BVerfGE 68, 226ff.
(230) - „Privates Bewachungsunternehmen“; BVerfGE 82, 272ff. (280) „Ministerpräsident Strauß“.
304
97
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
stete Meinungsfreiheit verletzt haben.307 Denn je mehr
eine
zivilrechtliche
Entscheidung
grundrechtsge-
schützte Voraussetzungen freiheitlicher Existenz und
Betätigung verkürzt, desto eingehender muß die verfassungsrechtliche Prüfung sein, ob eine solche Verkürzung
verfassungsrechtlich
gerechtfertigt
ist.308
Eine Verletzung von Verfassungsrecht kommt dann in
Betracht, wenn für die Beurteilung der in § 1 UWG
vorausgesetzten
Sittenwidrigkeit
der
Einfluß
des
Grundrechts aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG von Bedeutung
ist.309
In seiner Argumentation ist der BGH in die Interessenabwägung der verschiedenen Güter eingetreten. Eine
solche findet regelmäßig im Rahmen der Rechtmäßigkeit
eines Eingriffs statt. Der BGH beurteilte die mit der
Image-Werbung der Firma Benetton getätigten öffentlichen Äußerungen als nichts Wesentliches zur Auseinandersetzung
über
das
aufgezeigte
Elend
beitragend.
Vielmehr werde darauf abgezielt, beim Verbraucher eine mit dem werbenden Unternehmen solidarisierende Gefühlslage zu schaffen, die der Steigerung des Ansehens des solchermaßen werbenden Unternehmens diene
und damit letztlich zu kommerziellen Zwecken eingesetzt werde. Es solle bei dem Verbraucher über dessen
Gefühle des Mitleids und der Ohnmacht eine Solidarisierung mit dem Namen des Unternehmens bewirken, welches dieses Elend aufspüre.310 Diese Beurteilung weist
jedoch Defizite auf.
Die Benetton-Werbekampagne wird durch die Thematisierung
von
politisch-sozialen
Problemen,
wie
Krieg,
306
BVerfGE 18, 85ff. (93) - „Bräunungsmittel“.
BVerfGE 43, 130ff. (36) - „Flugblatt“.
308
BVerfGE 54, 129ff. (135) – „Kunstkritik“; BVerfGE 61, 1ff. (6) –
„Wahlkampf“.
309
BVerfG NJW 1992, 1153f. - „Rundschreiben“.
307
98
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
Aids, Rassismus und die Probleme unserer heutigen Umwelt charakterisiert.311 Die Werbebilder sind losgelöst von dem umworbenen Produkt und verbunden mit Gefühlen, Stimmungen und Befindlichkeiten, mit denen
keine Produktinformationen mehr bezweckt werden. Mit
dieser Werbekampagne vollzieht die herkömmlich produktbezogene und in dieser Hinsicht informative Werbung einen Wandel hin zur Lifestyle-Werbung. Die Werbekampagne begann mit der Abbildung einer Farbigen,
die ein weißes Baby stillt. Mit dieser Abbildung wurde die Problematik der Rassendiskriminierung angesprochen.
Durch
diese
Abbildung
fühlte
sich
eine
Gruppe von Farbigen diskriminiert, da diese Abbildung
das frühere Klischee von der farbigen Frau, die als
„Amme“ fungiert, aufwarf.312 Auch das in diesem Rahmen
veröffentlichte Bild von zwei Kleinkindern auf Nachttöpfen sitzend – ein weißes und ein farbiges – erinnert an die Entwicklung der Rassenzusammengehörigkeit. Im Verlauf dieser Werbekampagne wurden Photographien von existentieller und bedrückender Not der
Menschen unserer Zeit veröffentlicht. Es wurden unter
anderem ein Aids-Toter, der von seinen verzweifelten
Angehörigen
betrauert
Menschenknochen
und
wird,
ein
ein
mit
Kämpfer
Menschen
mit
einem
überfülltes
Flüchtlingsschiff dargestellt. So sind Farbige abgebildet, die sich gedrängt in einem roten TransportContainer befinden, und viele weitere Farbige, die
versuchen, mit ihren Kindern und ihrer geringen Habe
den Container noch zu erreichen. Daneben wird ein
Kleinstkind auf den Container gezerrt, und zwei Soldaten, von denen einer mit einem Maschinengewehr be-
310
BGHZ 130, 198ff. (205) - „Ölverschmutzte Ente“.
Vgl. Hoffmann-Riem ZUM 1996, 1ff. (2f.); Kassebohm, Grenzen schokkierender Werbung, 1995, 2. Kapitel, Abschnitt 3.3.2, S. 108ff.
312
Siehe hierzu konkrete Angaben in Kapitel 4 B. II.
311
99
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
waffnet
ist,
stehen
dicht
beim
Container.313
Diese
Bilder problematisierten die Flüchtlingswelle, da sie
in einem Zeitpunkt veröffentlicht wurden, in dem aus
der Tagespresse und dem Fernsehen Flucht- und Bürgerkriegssituationen
in
Afrika
allgemein
bekannt
wa-
ren.314 Dann folgte die Abbildung eines Soldatenfriedhofes zum Zeitpunkt des Golfkrieges, kurz später die
eines blutverschmierten T-Shirts und der Uniformhose
eines bei Mostar gefallenen bosnischen Studenten.
Die Werbekampagne schloß ab mit der Abbildung eines
H.I.V.-Positiven, umgeben von seiner Familie; einer
ölverschmutzten
Ente,
die
auf
einem
Ölteppich
schwimmt und Kleinkindern aus der Dritten Welt, die
bei
einem
Hausbau
helfen
und
schwere
Ziegelsteine
verladen und stapeln.315 Damit wurden die Themen der
Stigmatisierung von H.I.V.-Positiven in unserer Gesellschaft, der Umweltverschmutzung verbunden mit der
Gefährdung der natürlichen Lebenswelt und die Ausbeutung von Kindern problematisiert.
Bei den meisten Abbildungen handelt es sich um Photographien
mit
realem
Geschehen,
die
im
Rahmen
von
Nachrichten bereits veröffentlicht wurden. Aus diesem
Grunde hat die Anzeigenkampagne enorme Aufmerksamkeit
gefunden. Vielfach wurden bei dem Betrachter Emotionen des Mitleides und des Mitgefühls mit den betroffenen Menschen ausgelöst.
Anstoß nahm der BGH an den Werbebildern, da sie mit
dem Werbelogo der Firma Benetton316 versehen waren.
Die Abbildungen zeigen allesamt einen graphisch zurückhaltend angebrachten Hinweis auf das Unternehmen
313
Vgl. zur Entwicklung der Werbekampagne der Firma Benetton auch die
unter Kapitel 2 B. I. dargestellten Abbildungen.
314
Vgl. OLG Frankfurt a. M. AfP 1992, 378f. – „Transportcontainer“.
315
BGHZ 130, 196ff. – „Ölverschmutzte Ente“; BGH NJW 1995, 2490ff. –
„Kinderarbeit“; BGH NJW 1995, 2492f. – „H.I.V.-Positive“.
100
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
Benetton.
Dieses
entsprechenden
Firmenlogo
Abbildungen
in
Verbindung
erfordert
die
mit
den
Darlegung
der einzelnen Interpretationsmöglichkeiten, um zu einer gleichgewichtigen Interessenabwägung gelangen zu
können.317 Das Ziel und der Zweck der Meinungsäußerung
einerseits und die Absicht, den eigenen Wettbewerb zu
fördern andererseits, hätten zunächst einer Feststellung bedurft, um später zu einer Abwägung gelangen zu
können.
Der BGH würdigt in seinen Entscheidungsgründen nicht,
daß durch den Werbeslogan auf den Abbildungen alleine
nicht
ein
möglicher
politisch-sozialer
Gehalt
und
dessen Eignung, die Meinungsbildung zu beeinflussen,
entfällt. Es hätte einer eingehenden Begründung bedurft, ob der werbende oder der politisch-soziale Gehalt im Vordergrund steht. Der BGH ist damit den entwickelten Grundsätzen des BVerfG nicht gerecht geworden, da er die einzelnen Bedeutungsgehalte der Werbebilder nicht hinreichend dargelegt und miteinander
abgewogen hat. Somit fehlt es an Angaben überzeugender Gründe, warum sich der BGH vorrangig für den werbenden
Gehalt
der
Werbebilder
entschied.
Zwar
schließt er nicht aus, daß die Äußerung eines Unternehmens in einer Werbemaßnahme zugleich eine öffentliche Stellungnahme zu die Gesellschaft berührenden
Ereignisse sein könne. Die Werbebilder der Firma Benetton würden jedoch nichts wesentliches zur öffentlichen Auseinandersetzung beitragen, so daß ein informatorischer Gehalt der Anzeigenkampagne abgelehnt
wird. Dabei wird verkannt, daß aufgrund der Thematisierung
aktueller
politisch-sozialer
Probleme
den
316
„United Colors of Benetton“.
So führt Hoffmann-Riem aus, da auf ein bestimmtes Produkt in den
Werbebildern nicht verwiesen werde, werde derjenige, der die Firma
317
101
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
Werbebildern in jedem Fall auch ein informatorischer
Gehalt zuzusprechen ist. Denn das dezent angebrachte
Werbelogo ohne jedweden Produktbezug weist nicht notwendig auf einen rein werbenden Charakter hin. Zwar
wurde sowohl von dem OLG Frankfurt als auch von dem
BGH entschieden, daß die Werbebilder der Firma Benetton in sittenwidriger Weise der Umsatzsteigerung mittels „emotionaler Ansprache“ dienten und damit außerhalb des Leistungswettbewerbs stünden.318 Der BGH hätte zumindest eingehend darlegen und begründen müssen,
warum der werbende Gehalt der Werbebilder dem informatorischen gegenüber vorrangig ist.319 Denn die Kommerzialisierung einer Werbemaßnahme darf nicht zur
zensorischen Beurteilung des Schutzbereichs der Meinungsfreiheit herangezogen werden.320 Auch diese Entscheidungen des BGH genügen deshalb in ihrer Argumentation den Ansprüchen des BVerfG nicht, da in den
Werbebildern auch eine Äußerung informatorischen Charakters zu sehen war und diese mögliche Deutung der
Äußerungen ohne Angaben von überzeugenden Gründen abgelehnt bzw. gar nicht erst gesehen wurde.321
Zwar ist im Ergebnis sicherlich richtig, daß die Firma Benetton mit den Ausschnitten realer Not- und Katastrophensituationen
vorrangig
die
Durchsetzung
wirtschaftlicher und ökonomischer Interessen bezweckte, der Weg zu diesem Ergebnis ist jedoch unzurei-
Benetton nicht kennt, keinen werbenden Gehalt erkennen können; in ZUM
1996, 1ff. (2).
318
OLG Frankfurt AfP 1992, 378f. (378) – „Transportcontainer“; BGHZ
130, 196ff. (200f.) - „Ölverschmutzte Ente“; BGH NJW 1995, 2490ff.
(2491) - „Kinderarbeit“; BGH NJW 1995, 2492f. (2493) - „H.I.V.Positive“.
319
Hoffmann-Riem ZUM 1996, 1ff. (2f.).
320
Fezer JZ 1998, 265ff. (269).
321
Vgl. BVerfGE 82, 43ff. (50f.) – „Anti-Strauß-Komitee“; BVerfGE 82,
272ff. (280f.) –„Ministerpräsident Strauß“.
102
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
chend.322 Es weisen viele Indizien auf eine solche Interpretation. So äußerte der Firmeninhaber Luciano
Benetton während eines Interviews, das Ziel seiner
Werbekampagne
sei,
den
Wettbewerb
nicht den Kopf zu verlieren.
323
zu
gewinnen
und
Weiterhin wies Luciano
Benetton darauf hin, die von der Bevölkerung aufgrund
der
geschalteten
Werbemaßnahmen
erfolgten
Proteste
seien von dem Unternehmen eingeplant worden und gehörten zu Teilen der Werbestrategien.324 Durch diese
Äußerung wird ein rücksichtsloses Streben nach Gewinn
zum Ausdruck gebracht.325 Folgende Worte wurden von
der Presse vielfach zitiert: „Unsere Werbekampagne
soll zeigen, daß es in unserem Betrieb nicht nur um
Geld geht, sondern daß auch der Wille da ist, über
bestimmte
Probleme
der
Gesellschaft
zu
diskutie-
ren.“326 Auch Oliviero Toscani ließ sich über den Sinn
der Werbekampagne aus: „Wenn über eine Firma so gesprochen wird, dann werden auch deren Produkte, vielleicht nicht für intelligenter, aber auch jeden Fall
für
interessanter
gehalten,
als
die
der
Konkur-
renz.“327 Diese Worte zeigen, daß es der Firma zumindest in erster Linie um das Geld geht und damit der
werbende Charakter der Anzeigen vorrangig ist.
322
Vertreten wird diese Ansicht von Kassebohm, Grenzen schockierender
Werbung, 1995, Kapitel 2, 3.3.2, S. 108ff.; Henning-Bodewig WRP 1992,
533ff. (539); dieselbe GRUR 1993, 950ff. (952).
Sevecke hält diese Ansicht zumindest genauso gut vertretbar wie die
mögliche Interpretation, Benetton sei es um eine Einwirkung auf die
öffentliche Meinung zu den betreffenden Themen gegangen, in AfP 1994,
193ff. (203).
In Frage gestellt wird dies zumindest aufgrund der ungenügenden Argumentation des BGH von Hoffman-Riem ZUM 1996, 1ff. (2f.); Grigoleit/
Kersten vertreten die Ansicht, der Meinungsfreiheit hätte Vorrang vor
der Lauterkeit des Wettbewerbs gebührt, da die Image-Werbung nicht
ausschließlich wettbewerbsrechtlichen Zwecken diene, in DVBl. 1996,
596ff. (602).
323
So wiedergegeben von Glabus, in FAZ vom 12.9.1994, S. 18.
324
Ohne Verfasser, Artikel in der FAZ vom 17.2.1994, S. 9.
325
Kassebohm, Grenzen schockierender Werbung, 1995, Kapitel 2, Abschnitt 3.3.2, S. 113f.
326
So z.B. wiedergegeben in W + V Background 10/1994, S. 61.
327
Siehe Süddeutsche Zeitung/ Magazin, Nr. 41 vom 9.10.1992, S. 38ff.
(45).
103
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
Die vom BGH in seinem Urteil vom 15.5.1997 abgehandelten Werbekampagne der Firma Togal weist dogmatisch
gesehen in seinen Entscheidungsgründen ebenfalls Fehler auf.328 Die Firma schaltete in dem Nachrichtenmagazin Spiegel folgende Anzeigen:
Ausgabe Spiegel 24/93
Wenn ein leitender Angestellter...
•
wichtige Sachverhalte verschweigt,
•
mehr Geld ausgibt als in der Kasse ist,
•
Fehlinvestitionen in Millionenhöhe vornimmt,
•
auf Geschäftskosten Privatreisen durchführt,
dann wird er zur Verantwortung gezogen und gefeuert.
Wenn gewisse leitende Staatsdiener ähnlich verfahren...
•
bleiben sie im Amt und Würden oder
•
werden sie befördert,
•
treten sie aus gesundheitlichen Gründen zurück,
•
werden sie vorzeitig in den Ruhestand versetzt
Bei hohen Pensionsansprüchen und 3 Monaten Gehaltsfortzahlung.
Wir fordern gleiches Recht für alle!
(Unterschrift)
Togal Werk München
Ausgabe Spiegel 25/93
Wenn wir...
•
den Hund des Nachbarn beißen,
•
Firmengelder veruntreuen,
•
verbindliche Zusagen nicht einhalten,
•
vor Gericht unter Eid falsch aussagen,
328
BGH AfP 1997, 905ff. - „Politikerschelte“; die Entscheidung des
Berufungsgericht abgedruckt in OLG München WRP 1994, 413ff. - „Togal“
mit Anm. von Sosnitza.
104
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
•
Steuern hinterziehen,
•
einen Verkehrsunfall verursachen,
•
gesundheitsschädliche Produkte vertreiben,
dann sind wir...
haftbar und werden bestraft, sogar mit Gefängnis.
Gewisse Politiker dagegen...
•
machen falsche Versprechungen/Aussagen,
•
verschwenden unsere Steuergelder,
•
bereichern sich am Staat,
•
reisen auf Kosten der Steuerzahler.
Haften
die
Vertreter
des
Volkes
für
gar
nichts
und
mit
welchem
Recht???
(Unterschrift)
Togal Werk München
Ausgabe Spiegel 28/93
An alle Abgeordneten des Deutschen Bundestages...
Innerhalb von nur 7 Tagen ist der Deutsche Bundestag zweimal nicht
beschlußfähig gewesen, weil nicht genügend Abgeordnete anwesend waren!
Mit welcher Legitimation sprechen Sie dann über die Wiedereinführung
der 40-Stunden-Woche und die Karenztage bei der Pflegeversicherung,
wenn Sie den Auftrag Ihrer Wähler nicht erfüllen?
Wir fordern von Ihnen mehr
Fleiß, Pünktlichkeit und Verantwortungsgefühl,
... das Gleiche, was für meine Mitarbeiter eine Selbstverständlichkeit ist.
(Unterschrift)
Togal Werk München
Ausgabe Spiegel 30/93
An die Parlamentarier!
Mit DM 500.000,- kann man einiges machen, z.B.
105
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
•
12 Pflegeplätze im Altenheim bezahlen oder
•
10 Arbeitsplätze in der Wirtschaft schaffen oder
•
3 kleine Sozialwohnungen finanzieren oder
•
1 Kindergarten bauen
Wie aber gehen Sie mit unseren Steuergeldern um?
Sie bauen die neue Bar des Bundestages jetzt schon wieder um: für DM
500.000,Das ist in unserer heutigen Zeit instinktlos, unfaß-bar.
Gegen diese Art von Schmerzverursachung helfen mir nicht einmal mehr
meine Tabletten.
Gute Besserung wünscht Ihnen Ihr
(Unterschrift)
P.S.: Was kostet denn die Bar demnächst in Berlin?
Togal Werk München
Die Anzeigen 24/93, 26/93 und 28/93 blieben vom Berufungsgericht wie auch vom BGH unbeanstandet. Lediglich in der Anzeige im Spiegel in der Ausgabe 30/93
wurde ein Verstoß gegen § 1 UWG gesehen.
Der BGH prüfte hier zunächst ausgiebig, daß ein Handeln
zu
Wettbewerbszwecken
mit
der
erforderlichen
Wettbewerbsabsicht vorhanden sei. Begründet wird dies
insbesondere durch die jeweiligen Hinweise auf Mitarbeiter und das Firmen-Logo.329
Auch reine Aufmerksam-
keitswerbung, welche geeignet sei, den Namen des werbenden Unternehmens im Verkehr bekanntzumachen oder
dessen Verkehrsbekanntheit zu steigern, rechne zu den
Wettbewerbshandlungen
im
geschäftlichen
Verkehr
im
Sinne des § 1 UWG.330 Der fehlende Sachbezug zum Produkt habe rechtlich keine Auswirkungen und führe damit allein nicht zur Wettbewerbswidrigkeit. Zu Recht,
329
330
BGH AfP 1997, 905ff. (907) - „Politikerschelte“.
BGH NJW 1995, 2490ff. (2491) - „Kinderarbeit“.
106
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
denn dies liegt in einer freiheitlichen Rechts- und
Wirtschaftsordnung begründet, mit der nicht zu vereinbaren wäre, Werbung nur auf produktbezogene Werbemaßnahmen zu beschränken.331 Aufgrund des Wandels der
Werbung muß es einem Unternehmen möglich sein, lediglich Image-Werbung für das Unternehmen zu betreiben
und sich mit politischen und sozialen Themen zu beschäftigen.332 Die Image-Werbung muß keinerlei Bezug
zum Waren- oder Dienstleistungsangebot des Unternehmens aufweisen.333 Einem Unternehmen, dem es in seiner
Werbung lediglich darum geht, seine namentliche Bekanntheit im Verkehr zu steigern, bleibt es unbenommen, sich dabei auch solcher Werbemethoden oder Werbegags zu bedienen, die keinerlei Bezug zum Gegenstand des Unternehmens oder zu dessen Leistungsfähigkeit haben.334 Solche Werbemaßnahmen können der Anwendung des UWG unterfallen, eine Image-Werbung allein
begründe noch keine Sittenwidrigkeit im wettbewerbsrechtlichen Sinne.335 Deshalb konnte das Unternehmen
ohne Arzneimittelwerbung lediglich für sich selbst
werben.
Bezüglich
der
ersten
drei
beanstandeten
stimmt der BGH mit der rechtlichen
Anzeigen
Beurteilung des
Berufungsgericht überein, welches sich exakt im Rahmen der vom BVerfG entwickelten Grundrechtsprüfung
hält. Das Berufungsgericht unterstellte die Anzeigen
dem Schutz der Meinungsfreiheit. Da es sich bei den
Inseraten um wettbewerbliche Äußerungen handele, könne der Schutz auf Meinungsäußerungen durch das allge331
Vgl. auch Sosnitza in Anm. zum Urteil des OLG München vom 3.2.1994
- „Togal“, WRP 1994, 417ff. (418).
332
BGH AfP 1997, 905ff. (906) - „Politikerschelte“; so auch schon das
Berufungsgericht, OLG München WRP 1994, 413ff. (415) - „Togal“, in
dem auf das Urteil des BVerfG verwiesen wird, abgedruckt in NJW 1992,
1153f. – „Rundschreiben“
333
BGHZ 130, 196ff. (200) - „Ölverschmutzte Ente“.
334
BGHZ 130, 196ff. (202) - „Ölverschmutzte Ente“.
107
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
meine Gesetz des UWG eingeschränkt werden. § 1 UWG
als allgemeines Gesetz sei indessen im Lichte der Bedeutung des Grundrechts der Meinungsäußerungsfreiheit
auszulegen und so in seiner das Grundrecht beschränkenden Wirkung selbst wieder einzuschränken. Es wird
eine Abwägung der wechselseitigen Rechtsgüter und Interessen vorgenommen, da möglicherweise in den Anzeigen
eine
beeinträchtigende
Meinungsäußerung
liege.
Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung seien auf
der einen Seite Ziel und Zweck der Meinungsäußerung
zu berücksichtigen und auf der anderen Seite die Absicht, eine Verbesserung der eigenen Wettbewerbsposition zu erreichen, wobei auch das zur Zielerreichung
eingesetzte Mittel einbezogen werden müsse. Das Berufungsgericht führt aus: „In den Anzeigentexten bringt
der Vorstand der Arzneimittelherstellerin seine Sorge
um politische, wirtschaftliche und gesellschaftspolitische
Belange
der
Allgemeinheit
zum
Ausdruck.
Er
versucht dadurch auf die öffentliche Meinung einzuwirken, indem er z. B. eine sparsame Verwendung von
Steuergeldern, eine Haftung von leitenden Staatsdienern für Fehler, oder Fleiß, Pünktlichkeit und Verantwortungsgefühl
von
Politikern
und
Abgeordneten
fordert. Demgegenüber tritt die Werbeabsicht deutlich
zurück. Lediglich der Abdruck des Firmenlogos weist
auf die Arzneimittelherstellerin hin. Es werden weder
der Produktionszweig genannt noch konkrete einzelne
Erzeugnisse beworben, so daß ein Leser, der die Arzneimittelherstellerin nicht kennt, sich aufgrund dieser Art von Werbung gar nicht für deren Produkte entscheiden könnte. Hinzu kommt, daß die Arzneimittelherstellerin bei allen Lesern, die ihre Ansicht nicht
teilen, eher eine Negativwerbung betreibt. Eine er-
335
BGH AfP 1997, 905ff. (907) - „Politikerschelte“.
108
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
hebliche Verbesserung ihrer eigenen Wettbewerbsposition erreicht sie mit den drei restlichen Anzeigen
nicht.“336
Die von der Arzneimittelherstellerin geäußerte Kritik
halte sich nach Maß und Art noch im Rahmen des Erforderlichen, auch wenn sie grob verallgemeinert und lediglich
„holzschnittartig“
darstelle.
Weder
würden
konkrete Einzelpersonen angegriffen noch pauschal alle Staatsdiener, Politiker und Abgeordnete. Der Vorstand der Arzneimittelherstellerin bringe nur seine
Sorgen und sein Unbehagen über gewisse Unregelmäßigkeiten im öffentlichen Leben zum Ausdruck. Auch wenn
diese Kritik wenig differenziert geäußert werde, sie
scharf und unter Umständen „auffällig“ sei, enthalte
sie noch keine Schmähkritik oder gar Verletzungen.337
Der BGH beschäftigt sich an dieser Stelle mit der
Frage der pauschalen Diskriminierung der Staatsdiener
jeglicher Art. Der Vorwurf der pauschalen Diskriminierung trage im Streitfall das wettbewerbsrechtliche
Verbot nicht. Die Arzneimittelherstellerin nutze zwar
eine beifallheischende Politikerschelte als Vorspann
für die Werbung ihres Unternehmens. Eine auch unter
Wettbewerbsgesichtspunkten verwerfliche Diskriminierung einer bestimmten Bevölkerungsgruppe sei damit
allerdings nicht verbunden. Es liege im Wesen eines
Politikers verankert, sich der Kritik der Öffentlichkeit zu stellen.338 Anders läge es, würden bei Teilen
des Verkehrs vorhandene herabsetzende Vorurteile beispielsweise gegenüber durch Religion oder Herkunft
verbundenen Bevölkerungsgruppen zu Zwecken des Wettbewerbs ausgebeutet. Denn ein solches Geschäftsgeba-
336
337
338
OLG München WRP 1994, 413ff. (417) - „Togal“.
OLG München WRP 1994, 413ff. (417) - „Togal“.
BGH AfP 1997, 905ff. (908) - „Politikerschelte“.
109
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
ren würde den „ethischen Minimalkonsens“ verletzen
und zur Sittenwidrigkeit führen.339
Zutreffend
erkennt
der
BGH,
der
Schutzbereich
des
Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG sei in diesem Fall vorrangig.
Dabei läßt das Gericht offen, ob die Sittenwidrigkeit
auf diesen Fall überhaupt Anwendung gefunden hätte.
Damit
folgt
der
BGH
der
schulbuchmäßigen
Grund-
rechtsprüfung des Berufungsgerichts dieser drei Anzeigen.
Hinsichtlich der Anzeige in der Ausgabe des Spiegels
30/93 weisen die Entscheidungsgründe jedoch Defizite
auf. Es wird ausgeführt, da es sich aufgrund des Zusatzes „Gegen diese Art der Schmerzverursachung helfen mir nicht einmal mehr meine Tabletten“ um eine
Werbung
Fall
für
die
Arzneimittel
gemäß
§
4
handele,
Abs.
1
HWG
seien
in
diesem
vorgeschriebenen
Pflichtangaben erforderlich. Einbezogen in den Anwendungsbereich des Heilmittelgesetzes sei nur die produktbezogene Werbung, nicht aber eine allgemeine Unternehmensimage-Werbung, die ohne Bezugnahme auf bestimmte Präparate dem Ansehen oder der Leistungsfähigkeit des Unternehmens allgemein diene.340 Dabei sei
ohne Bedeutung, daß die Werbung scherzhaft formuliert
sei. Gerade solche scherzhaften mit negativer Abgrenzung
versehenen
Formulierungen
erregen
durch
ihre
gaghafte Fassung eine besondere Aufmerksamkeit und
entfalten
somit
eine
besondere
Werbewirksamkeit.341
Von den bei einer Werbung für Arzneimittel erforderlichen Pflichtangaben war nur die gemäß § 4 Abs. 1
Nr. 1 HWG vorhanden.342 Schon aus diesem Grunde sei
339
BGH AfP 1997, 905ff. (908) - „Politikerschelte“; Reichold WRP
1994, 219ff. (224).
340
BGH WRP 1994, 310ff. - „Pharma-Hörfunkwerbung“.
341
OLG München WRP 1994, 413ff. (415) - „Togal“.
342
In deutlich abgesetzter und erkennbarer Weise (§ 4 IV HWG) hätte
es einer Aufführung der genauen Bezeichnung der Tabletten, der Anwen-
110
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
die Werbung sittenwidrig und die Firma Togal könne
sich insoweit nicht auf das Recht zur freien Meinungsäußerung gemäß Art. 5 Abs. 1 GG berufen. Das aus
dem HWG hergeleitete Verbot schränke die Arzneimittelherstellerin nicht in ihrer Freiheit ein, zu ihrer
Meinung nach brisant erscheinenden politischen Themen
in der Öffentlichkeit Stellung zu nehmen. Ihr werde
mit dem ausgesprochenen Verbot lediglich die Bezugnahme auf das von ihr vertriebene Schmerzmittel untersagt. Eine Beeinträchtigung des Grundrechts auf
freie Meinungsäußerung sei damit nicht verbunden.343
Mit dieser Argumentation verkennt der BGH die vom
BVerfG
entwickelte
Grundrechtsdogmatik.
Denn
auch
wenn die Entscheidung im Ergebnis richtig ist, so
hätte doch zunächst geprüft werden müssen, ob der
Schutzbereich der Meinungsfreiheit eröffnet ist, um
dann einen Eingriff in dieses Grundrecht durch die
gerichtliche Untersagung der Werbung festzustellen.
Dann - und zwar im Rahmen der Rechtmäßigkeit des Eingriffs – wäre eine Abwägung erforderlich gewesen, innerhalb derer die Wirkungskraft des § 1 UWG zu diskutieren gewesen wäre. Dabei hätte festgestellt werden
müssen, daß eine Sittenwidrigkeit schon aufgrund der
fehlenden Pflichtangaben gemäß § 4 Abs. 1 HWG gegeben
sei und es hätte argumentativ dargelegt werden müssen, warum vorliegend die Sittenwidrigkeit dem Recht
auf freie Meinungsäußerung gegenüber überwiegt. Es
geht jedoch fehl, einen Eingriff in die Meinungsfreiheit zu verneinen, obwohl die getätigte Äußerung des
Unternehmens in der Werbeanzeige - erschienen in der
Spiegelausgabe 30/93 - gerichtlich untersagt wird.
dungsgebiete, der Gegenreaktionen, Nebenwirkungen
bedurft.
343
BGH AfP 1997, 905ff. (909) - „Politikerschelte“.
und
Warnhinweise
111
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
Wird diese Werbung mit der von Benetton verglichen,
so ist bemerkenswert, daß im Fall „Togal“ ein Zurücktreten der Werbeabsicht bejaht wird, „da lediglich
der Abdruck des Firmenlogos auf die Arzneimittelherstellerin hinweise.“ Zwar wird mit dem Urteil ausgeführt, es handele sich bei der Togal-Werbung - anders
als bei der Benetton-Werbung - nicht um eine unzulässige gefühlsbetonte Image-Werbung mit der Darstellung
des Elends der Welt, die das soziale Gewissen oder
das Mitgefühl des Verbrauchers wecke, bei diesem eine
mit dem Werbenden solidarisierende Gefühlslage schaffe, die der Steigerung des Ansehens eines solchermaßen werbenden Unternehmens und damit letztlich dessen
kommerziellen Zwecken diene und die öffentliche Äußerung zur Auseinandersetzung mit dem aufgezeigten Mißstand
nichts
Wesentliches
beitrüge.
Dennoch
wurde
aufgrund des Firmenlogos der Firma Benetton die Werbeabsicht bejaht, obwohl dieses ebenfalls graphisch
zurückhaltend angebracht war. Gerade das Zusammenwirken von aufgezeigtem Elend und dem Werbehinweis wurde
als wettbewerbswidrig beurteilt. Die in dem TogalUrteil aufgeführte Begründung ist aber exakt auf den
Fall
Benetton
anzuwenden.
Die
Firma
Benetton
hat
ebenfalls weder mit einem Produktionszweig noch mit
konkreten
trifft
zu,
einzelnen
daß
Erzeugnissen
derjenige,
der
geworben.
die
Firma
Ebenso
Benetton
nicht kennt, sich aufgrund der Art der Werbung gar
nicht für deren Produkte entscheiden kann. Und auch
hier muß der Umstand der Negativwerbung in Betracht
gezogen werden. Denn durch die Werbekampagne der Firma Benetton kam doch ein extremer Umsatzrückgang zustande.
112
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
In einer frühen Entscheidung des BGH344 ging es um den
Bericht eines Gastrokritikers. Der Gastrokritiker war
selbst Geschäftsführer einer Weinkellerei, die auch
einen Weinhandel betrieb. Er berichtete in verschiedenen Zeitschriften über seine Eindrücke und Erfahrungen im Bereich der Gastronomie, insbesondere verfaßte er einen Artikel über ein bestimmtes Weinlokal
mit der Überschrift „Ein totaler Reinfall“. Dem Gastrokritiker, der das besagte Weinlokal in negativer,
überzeichneter Weise beschrieb, wurde dabei vorgeworfen, er habe mit dieser „Schmähkritik“ für den eigenen Weinhandel, an dem er wirtschaftlich beteiligt
war, werben wollen.
Auch in diesem Fall verwehrte der BGH dem Gastrokritiker bereits den Schutz des Grundrechts der Meinungsfreiheit
mit
der
Begründung,
in
diesem
Fall
dienten solche Äußerungen über eine bloße Meinungskundgabe hinaus dazu, in den individuellen Bereich
des wirtschaftlichen Wettbewerbs bestimmter Marktkonkurrenten einzugreifen, und das Recht auf freie Meinungsäußerung und das Informationsinteresse werde lediglich als Mittel zum Zweck der Förderung privater
Wettbewerbsinteressen
eingesetzt.
Eine
Pressebe-
richterstattung könne im Falle einer Beurteilung eines gewerblichen Angebots durch das Grundrecht der
freien Meinungsäußerung nur gedeckt sein, wenn die
ihr zugrundeliegende Meinungskundgabe das Mittel zum
geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit
wesentlich berührenden Frage sei, wenn es also dem
Handelnden um eine argumentative Auseinandersetzung
z.B. über politische, soziale, kulturelle oder wirt-
344
BGH AfP 1986, 219ff. - „Gastrokritiker“.
113
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
schaftliche Belange der interessierten Öffentlichkeit
gehe.345
Demzufolge wird bereits in dieser frühen Entscheidung
des BGH eine Inhaltskontrolle zur Schutzbereichsbestimmung vorgenommen, obwohl diese eine rechtliche
Relevanz erst im Rahmen einer Interessenabwägung erhalten durfte.
b) Fazit
Im Ergebnis führt die Argumentation des BGH zu einer
restriktiven Auslegung der Schutzfunktion des Art. 5
Abs. 1 Satz 1 GG. Einerseits verwehrt der BGH kommerzieller Werbung den Grundrechtsschutz der Meinungsfreiheit,
obwohl
das
Kommerzialisierungsinteresse
kein geeignetes Abgrenzungskriterium für die Bestimmung des Schutzbereichs ist, andererseits tritt er
dann in eine Abwägung zwischen der Meinungsäußerung
und der Wettbewerbswirkung ein, obwohl grundrechtsdogmatisch die Prüfung bereits beendet wäre. Es handelt sich bei der getroffenen Interessenabwägung um
eine pro forma Abwägung. Im Rahmen dieser „Abwägung“
findet keine Darlegung und Gewichtung der möglicherweise kollidierenden Interessen statt, vielmehr führt
der
BGH
eine
Inhaltskontrolle
bei
der
Benetton-
Werbekampagne und den anderen oben aufgeführten Urteilen durch. Letztendlich findet doch eine Unterscheidung zwischen kommerziellen und nicht kommerziellen Meinungsäußerungen statt, wobei der kommerziellen der Grundrechtsschutz der kommerziellen dann
im Ergebnis vorenthalten wird. Diese Schlußfolgerungen
lassen
Zweifel
schaftswerbung
345
am
Grundrechtsschutz
aufkommen.
Denn
der
Wirt-
Meinungsäußerungen
BGH AfP 1986, 219ff. (220) - „Gastrokritiker“.
114
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
sollen doch gerade unabhängig von ihrem Inhalt und
ihren Gründen geschützt werden.346 Der Charakter einer
Meinungsäußerung
entfällt
auch
nicht
aufgrund
der
Kommerzialisierung einer Äußerung, wie dies bei Werbekampagnen in der Regel der Fall ist.347 Das Vorliegen einer Wettbewerbsabsicht kann unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten kein geeignetes Kriterium
für den Beurteilungsmaßstab sein, ob eine Meinungsäußerung im konkreten Einzelfall dem Schutzbereich des
Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG unterfällt.348
Bei der Frage nach dem Umfang des Schutzbereichs der
Meinungsfreiheit darf nicht auf die Kommerzialisierung der Werbung abgestellt werden. Die Äußerung in
einer Werbung mit kommunikativem Gehalt muß per se in
den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG fallen.
Erst auf der Ebene der Rechtmäßigkeit und der in diesem Rahmen erforderlichen Erörterung über kollidierende Schutzgüter kann das Kommerzialisierungsinteresse des Werbenden bei der Konkretisierung der wettbewerbsrechtlichen
tung erlangen.
349
Generalklausel
rechtliche
Bedeu-
Solche Kollisionslagen werden dahin-
gehend gelöst, daß die verschiedenen grundrechtlichen
Interessen im Wege der Herstellung der praktischen
Konkordanz ausgeglichen werden.350
Nach
dem
Prinzip
der Einheit der Verfassung müssen beiden geschützten,
miteinander
kollidierenden
Gütern
Grenzen
gesetzt
werden, damit beide zu einer optimalen Wirksamkeit
346
BVerfGE 12, 113ff. (126, 130) – „Pressefehde“; BVerfGE 30, 336ff.
(347) - „FKK“; BVerfGE 33, 1ff. (15) – „Strafgefangener“; BVerfGE 54,
129ff. (139) – „Kunstkritik“; BVerfGE 61, 1ff. (7) – „Wahlkampf“;
BVerfGE 85, 23ff. (31f.) – „Rhetorische Fragen“; Grimm NJW 1995,
1697ff. (1698); Schmidt-Jortzig in Isensee/ Kirchhof, Handbuch des
Staatsrechts, Band VI, Freiheitsrechts, 1989, § 141, Rn. 22; Wendt in
Münch/ Kunig, Grundgesetzkommentar, Band 1, 1992, Art. 5, Rn. 8.
347
Vgl. BVerfGE 21, 271ff. (279) - „Südkurier“.
348
BVerfG NJW 1992, 1153f. (1153) - „Rundschreiben“.
349
Fezer JZ 1998, 265ff. (269); Hoffmann-Riem ZUM 1996, 1ff. (5ff.).
115
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
gelangen können und zwar durch verhältnismäßige Zuordnung der Meinungsfreiheit einerseits und der durch
allgemeine Gesetze geschützten Rechtsgüter andererseits. Die Entscheidungsgründe des BGH sind äußerst
dürftig und lassen in weiten Bereichen der verfassungsrechtlichen Beurteilung zu wünschen übrig. Denn
diese
dem
entscheiden
Wettbewerb
das
und
Spannungsverhältnis
den
zwischen
Kommunikationsgrundrechten
einseitig zugunsten des Wettbewerbs. Zudem verkennt
der BGH die Grundsätze des BVerfG, weil die Entscheidungen Auslegungsfehler erkennen lassen, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Auffassung von der Bedeutung des in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleisteten
Grundrechts,
insbesondere
vom
Umfang
seines
Schutzbereichs beruhen und bereits damit die Schwelle
eines Verstoßes gegen objektives Verfassungsrecht erreicht haben.351 Ob die Entscheidungen des BGH einer
verfassungsrechtlicher Überprüfung durch das BVerfG
standhalten,
werden
die
Entscheidungen
des
BVerfG
über die Verfassungsbeschwerden der Firma Benetton
zeigen, die voraussichtlich am Ende des Jahres 2000
erwartet werden.352
3. Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG
Alle wesentlichen Werbemaßnahmen werden über die Medien verbreitet. Die Verbreitungsformen fallen unter
den Oberbegriff „Massenmedien“ bzw. „Massenkommunikationsmittel“.353 Bedeutsam ist die Frage, inwieweit in
die Beurteilung sittenwidriger und diskriminierender
350
Hesse, Grundzüge des Staatsrechts der BRD, 1995, Rn. 317; Manssen,
Staatsrecht, Grundrechtsdogmatik, 1995, Rn. 608.
Vgl. auch BVerfGE 18, 85ff. (93) – „Bräunungsmittel“.
352
Die anhängigen Verfassungsbeschwerden vor dem BVerfG der Firma
Benetton tragen die Az: 1 BvR 1762/95 und 1 BvR 1787/95.
351
116
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
Werbebilder im Sinne des § 1 UWG der verfassungsrechtliche
Schutz
der
Pressefreiheit
gemäß
Art.
5
Abs. 1 Satz 2 GG einbezogen werden muß.
Die Pressefreiheit ist nicht nur ein Unterfall der
Meinungsfreiheit.354 Vielmehr kommt ihr eine selbständige Bedeutung zu. Zwar bleibt es dann bei der Maßgabe nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, wenn die Meinungsäußerungsfreiheit mit der der Pressefreiheit konkurriert.
Folglich
ist
die
Meinungsäußerungsfreiheit
dann vorrangig, wenn eine Meinung in der Presse publiziert wird. Die Pressefreiheit ist weder ein Spezialgrundrecht für drucktechnisch verbreitete Meinungen noch eine auf die Presse gemünzte verstärkende
Wiederholung der Meinungsfreiheit. Gedruckte Äußerungen sind demnach nicht aus dem Schutzbereich der Meinungsfreiheit
auszuschließen
und
statt
dessen
Schutzbereich der Pressefreiheit zuzuweisen.
355
dem
Eine
selbständige Bedeutung kommt der Pressefreiheit zu,
wenn es um die Gewährleistung der institutionellen
Eigenständigkeit der Presse geht.356 Dabei wird der
Begriff der Presse vom BVerfG weit und formal ausgelegt.357 Der Schutzbereich der Pressefreiheit beginnt
nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG bereits mit
der Beschaffung der Information und deren Verbreitung, nicht erst mit der pressemäßigen Verbreitung
einer eigenen Meinung.358 Nach der ‘Südkurier’- Ent-
353
Herzog in Maunz/ Dürig, Grundgesetzkommentar, Band 1, Stand Juni
1998, Art. 5 I, II, Rn. 119; Oppermann in FS für Wacke, 1972, S.
393ff. (402).
354
BVerfGE 62, 230ff. (243) - „Boykott“.
355
BVerfGE 85, 1ff. (11f.) - „Kritische Bayer-Aktionäre“.
356
BVerfGE 85, 1ff. (12) - „Kritische Bayer-Aktionäre“.
357
BVerfGE 34, 269ff. (283) - „Die Welt“; BVerfGE 66, 116ff. (134) „Wallraff“; BVerfGE 95, 28ff. (35) - „Werkszeitungen“.
358
BVerfGE 10, 118ff. (121) - „Redakteursgesetz“; BVerfGE 12, 205ff.
(260) - „Bundespost“;
BVerfGE 20, 162ff. (176) - „Der Spiegel“;
BVerfGE 21, 271ff. (279) - „Südkurier“; BVerfGE 36, 193ff. (204) „Frankfurter Tageszeitung“; BVerfGE 64, 108ff. (115) - „Chiffreanzeige“; BVerfGE 85, 1ff. (12) - „Kritische Bayer-Aktionäre“; BVerfGE 86,
117
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
scheidung ist es „Aufgabe der Presse, nicht nur eigene
Meinung
gleichzeitig
zu
bilden
die
und
zu
gewissermaßen
verbreiten,
sondern
‘medienspezifische’
Pflicht, im informierenden Sinne Träger reiner Nachrichtenvermittlung
ohne
eigene
Stellungnahme
zu
sein.“359
Bei der Bestimmung des Begriffs der Pressefreiheit
dürfen keine inhaltlichen Kriterien herangezogen werden.360 Vielmehr ist dieser von der Herstellungs- und
Vervielfältigungsmethode her zu definieren.361 Begründet wird dies zum einen mit der Vorbeugung einer inhaltlichen Kontrolle durch den Staat, die unweigerlich zu einer staatlichen Zensur führen würde.362 Auf
der Eigenart der Institution einer freien Presse beruhend bedarf es bestimmter Sicherungen, um der Presse die Möglichkeit zu geben, ihre Aufgaben wahrzunehmen.363 Es müssen für Presseunternehmen die erforderlichen Voraussetzungen geschaffen werden, sich im gesellschaftlichen Raum frei entfalten zu können. Sie
arbeiten nach privatwirtschaftlichen Grundsätze und
in privatrechtlichen Organisationsformen; sie stehen
miteinander in geistiger und wirtschaftlicher Konkurrenz, in welche die öffentliche Gewalt grundsätzlich
nicht eingreifen darf.364 Zudem würde eine staatliche
Zensur die erforderliche Vertraulichkeitssphäre der
122ff. (128) - „Auszubildende“; so auch Herzog in Maunz/ Dürig,
Grundgesetzkommentar, Stand Juni 1998, Band 1, Art. 5 I, II, Rn.
133f.
359
Oppermann in FS für Wacke, 1972, S. 393ff. (403).
360
BGH NJW 1963, 665ff. (667); Starck in von Mangoldt/ Klein/ Starck,
Bonner Grundgesetz, Kommentar, Band 1, 1999, Art. 5 Abs. 1, 2, Rn.
60; von Münch AfP 1974, 601ff.
361
BVerfGE 34, 269ff. (283) - „Die Welt“; BVerfGE 66, 116ff. (134) „Wallraff“; BVerfGE 85, 28ff. (35) - Werkszeitungen“; Herzog in
Maunz/ Dürig, Grundgesetzkommentar, Stand Juni 1998, Art. 5 I, II,
Rn. 129; so auch Jarass, Die Freiheit der Massenmedien, 1978, S.
175f. mit weiteren Literaturhinweisen.
362
So auch Friauf/ Höfling AfP 1985, 249ff. (252).
363
BVerfGE 64, 108ff. (114) - „Chiffreanzeige“.
118
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
Presse zerstören, welche als wesentliche Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit einer Presse gilt.
Auch
ergibt
sich
dies
aus
dem
Begriff
„Presse“
selbst. Dieses Wort leitet sich von pressen = drücken
= drucken ab.365
Des weiteren wird das Recht der im Pressewesen tätigen Personen miteingeschlossen, ihre Meinung in der
ihnen geeignet erscheinenden Form ebenso frei und ungehindert zu äußern wie jeder andere Bürger.366 Vom
Grundrecht
der
Pressefreiheit
werden
gemäß
Art.
5
Abs. 1 Satz 2 GG die im Pressewesen tätigen Personen
in der Ausübung ihrer jeweiligen Funktion, Presseerzeugnisse mit ihren institutionell–organisatorischen
Voraussetzungen und Rahmenbedingungen sowie schlechthin die Einrichtung der freien Presse erfaßt.367 Dazu
gehören unter anderem sowohl die publizistische Verbreitung von Meinungen368 als auch die Akquisition und
Veröffentlichung von Werbung.369
Bei der publizistischen Verbreitung äußert der Verlag
grundsätzlich keine eigene Meinung. Zu ihrem Inhalt
verhält er sich neutral, er will dabei keine Verantwortung für seine Richtigkeit übernehmen und sie sich
nicht
zu
eigen
machen.370
Damit
ist
dem
Verleger
selbst nicht der Schutzbereich der Meinungsfreiheit
eröffnet, wohl aber der der Pressefreiheit.
364
BVerfGE 20, 162ff. (175) – „Der Spiegel“; BVerfGE 66, 116ff. (133)
– „Wallraff“.
365
Grimm, Deutsches Wörterbuch, 7. Band, Buchstaben N - Q, 1889, S.
2103; Wahrig, Deutsches Wörterbuch, Band 2, Buchstaben J - Z, 1997,
S. 981.
366
BVerfGE 85, 1ff. (12) - „Kritische Bayer-Aktionäre“; BVerfGE 86,
122ff. (128) - „Auszubildende“.
367
BVerfGE 85, 1ff. (12f.) - „Kritische Bayer-Aktionäre“.
368
BVerfGE 10, 118ff. (121) - „Redakteursgesetz“.
369
BVerfGE 21, 271ff. (278f.) – „Südkurier“; BVerfGE 85, 1ff. (12f.)
- „Kritische Bayer-Aktionäre“.
370
Vgl. BVerfGE 21, 271ff. (278) - „Südkurier“.
119
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
Es stellte sich lange Zeit die Frage, ob der Anzeigenteil überhaupt von der Pressefreiheit umfaßt ist
und der Verleger im Falle einer Veröffentlichung von
z.B. Werbemaßnahmen oder sonstige Anzeigen den verfassungsrechtlichen
Schutz
der
Pressefreiheit
ge-
nießt. Dieses Problem gewann im Zusammenhang mit gesetzlichen Beschränkungen bei Veröffentlichungen von
Werbeanzeigen an Bedeutung.371 Früher wurde die Ansicht vertreten, Werbeanzeigen beträfen nicht den Begriff der Pressefreiheit. Zwar sei die Presse in diesen Fällen insofern betroffen, als sie keine Anzeigen
aufnehmen dürfe, die dem Werbenden untersagt seien.
Das berühre jedoch nicht den Begriff der Pressefreiheit. Denn von der Pressefreiheit sei nur die Freiheit der Berichterstattung und der Meinungsäußerung
in der Presse umfaßt, nicht jedoch die völlige Freiheit
zur
Veröffentlichung
von
Werbeanzeigen
Drit-
ter.372 Dies war logische Konsequenz der damals vertretenen Auffassung, Werbeaussagen würden nicht in
den Begriff der Meinungsfreiheit fallen. Da nunmehr
nach einhelliger Auffassung die Werbung grundsätzlich
in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit fällt, kann
dieser Ansicht nicht mehr gefolgt werden. Seit dem
„Südkurier“-Urteil sieht das BVerfG auch den Anzeigenteil einer Zeitung als von der Pressefreiheit erfaßt an; dieser sei allgemein geeignet, die Anliegen
der inserierenden Stellen zu offenbaren.373 In der Regel gibt die Anzeige keine Meinung des Anzeigenden
wieder, sondern fordert lediglich nicht bekannte mögliche Leser auf, ihm ein Angebot zum Abschluß eines
Vertrages über den in der Anzeige bezeichneten Gegen371
Siehe hierzu insbesondere BVerfGE 21, 271ff. - „Südkurier“.
Bay VerfGHE 4 II, S. 63ff. (76ff.); BGHSt 8, 360ff. (379) - „Heilmittel-Werbeverordnung“; OLG Braunschweig NJW 1956, 839f.
373
BVerfGE 21, 271ff. (278) - „Südkurier“; so auch BVerfGE 64, 108ff.
(114f.) – „Chiffreanzeige“.
372
120
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
stand zu machen.374 Auch wenn es vorkommt, daß der Anzeigende sich gerade einer Anzeige bedient, um seine
Meinung zu verbreiten; so verhält es sich bei politischen Parteien, wirtschaftlich und kulturellen Vereinigungen sowie Einzelpersonen, die den Anzeigenteil
von Zeitungen nutzen, um ihren Standpunkt der Allgemeinheit gegenüber zu vertreten und für ihre Bestrebungen zu werben.375 Trotzdem bringt die Presse die
Anzeige, ebenso wie Nachrichten, im redaktionellen
Teil
ihren
Lesern
ohne
eigene
Stellungnahme
zur
Kenntnis und informiert sie lediglich über die in den
Anzeigen
enthaltenen
wirtschaftlichen
Möglichkeiten
oder über die ihnen etwa enthaltenen, von anderen geäußerten Meinungen.376 Demnach liegt in der Veröffentlichung von Anzeigen die Verbreitung von Nachrichten.
Schon deshalb muß der Anzeigenteil von dem Schutzbereich der Pressefreiheit umfaßt sein.377
Auch wenn der Schutzbereich der Pressefreiheit eröffnet ist, gilt Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nicht uneingeschränkt. Die Pressefreiheit findet ihre Grenzen unter anderem in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze (Art. 5 Abs. 2 GG), also solcher Gesetze, die
sich nicht gegen die Äußerung einer Meinung als solche richten, vielmehr dem Schutz eines schlechthin,
ohne Rücksicht auf eine bestimmte Meinung zu schützenden Rechtsgutes dienen.378 § 1 UWG ist als schrankenkonkretisierende Norm ausdrücklich anerkannt wor-
374
BVerfGE 21, 271ff. (279) - „Südkurier“; Schmitt Glaeser NJW 1971,
2012ff. (2014).
375
BVerfGE 21, 271ff. (279) - „Südkurier“.
376
BVerfGE 21, 271ff. (279) - „Südkurier“; BVerfGE 64, 108ff. (114) „Chiffreanzeige“.
377
BVerfGE 64, 108ff. (115) - „Chiffreanzeige“; BGH GRUR 1990,
1012ff. (1014) - „Pressehaftung I“; von Münch/ Kunig, Grundgesetzkommentar, 1992, Art. 5, Rn. 5; Schmitt Glaeser NJW 1971, 2012ff.
(2014).
378
BVerfGE 7, 198ff. (209f.) – „Lüth“; BVerfGE 50, 234ff. (240f.) –
„Kölner Volksblatt“; BVerfGE 62, 230ff. (243f.) – „Boykott“.
121
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
den.379 Dementsprechend ergibt sich die konkrete Tragweite des Grundrechts erst aus der Zuordnung der geschützten Rechtsgüter, der Pressefreiheit einerseits
und der Lauterkeit des Wettbewerbs andererseits. § 1
UWG als grundrechtsbeschränkende Vorschrift des einfachen Rechts muß im Rahmen der verfassungsrechtlichen Beurteilung herangezogen werden. Dabei muß § 1
UWG wiederum im Lichte der Bedeutung des Grundrechts
aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ausgelegt werden, damit
dessen wertsetzende Bedeutung für das einfache Recht
auch auf der Rechtsanwendungsebene zur Geltung kommt
und § 1 UWG in seiner das Grundrecht einschränkenden
Wirkung selbst wieder eingeschränkt wird.380
In den Präzedenzfällen - den Entscheidungen des BGH
betreffend die Werbebilder der Firma Benetton - fand
der verfassungsrechtliche Schutz der Pressefreiheit
seine Bedeutung. Denn die Beurteilung der in § 1 UWG
vorausgesetzten Sittenwidrigkeit wurde im Lichte der
Tragweite des Grundrechts der Pressefreiheit gesehen.
In einem der drei Fälle wurde
die
Firma
Benetton
selbst verklagt, da sie das Photo einer ölverschmutzten Ente auf einem Ölteppich schwimmend auf den Umschlagseiten der von ihr herausgegebenen Zeitschrift
„Colors“ abbildete mit dem auf sie hinweisenden Zusatz dort auf der Rückseite. In dieser Werbung wurde
ein Verstoß gegen die guten Sitten im Wettbewerb angenommen, weil sie das Gefühl des Mitleids des Verbrauchers
anspreche,
das
werbende
Unternehmen
als
gleichermaßen betroffen darstelle und damit eine Solidarisierung der Einstellung solchermaßen berührter
379
BVerfGE 62, 230ff. (248) - „Boykott“; BVerfG NJW 1992, 1153f.
(1154) - „Rundschreiben“.
380
BVerfGE 7, 198ff. (208) – „Lüth“; BVerfGE 60, 234ff. (240) – „Kredithai“; BVerfGE 62, 230ff. (245) – „Boykott“; BVerfGE 85, 1ff. (16)
– „Kritische Bayer – Aktionäre“.
122
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
Verbraucher mit dem Namen und zugleich mit der Geschäftstätigkeit dieses Unternehmens herbeiführe. Der
BGH geht richtigerweise in seiner Entscheidungsbegründung mit keinem Wort auf die verfassungsrechtlich
geschützte Pressefreiheit ein. Dies begründet sich
mit
dem
Konkurrenzverhältnis
zur
Meinungsfreiheit.
Denn das Unternehmen hatte in diesem Fall eine doppelte Funktion: es trat als Werbender und auch als
Werbeträger auf, da es Herausgeber der die Werbemaßnahme veröffentlichten Zeitschrift ist. Die in einem
Presseerzeugnis enthaltene Meinungsäußerung ist bereits durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt, so daß
dem Presseprivileg keine selbständige Bedeutung mehr
zukommt.381
In den anderen beiden Fällen wurde die Herausgeberin
der Zeitschrift Stern verklagt. Die Klage richtete
sich gegen die Veröffentlichung von Photographien in
der Größe einer Doppelseite, die ebenfalls die ölverschmutzte Ente auf einem Ölteppich schwimmend bzw.
schwer arbeitende Kleinkinder der Dritten Welt beim
Hausbau zeigte mit dem jeweiligen Hinweis auf die
Firma Benetton.382 Die andere betraf die Veröffentlichung eines doppelseitigen Farbphotos, welches ein
nacktes menschliches Körperteil mit dem Stempelaufdruck „H.I.V.-Positive“ zeigt wiederum mit entsprechenden Hinweis auf die Firma Benetton.
In dem Fall „Kinderarbeit“ warf der BGH dem Presseunternehmen
die
Förderung
sittenwidrigen
Wettbewerbs
vor, weil es im Rechtsstreit die besagte – als sittenwidrig beurteilte – Image-Werbung als rechtlich
zulässig ohne Vorbehalt verteidigte und mit diesem
381
BVerfGE 20, 162ff. (175f.) – „Der Spiegel“; BVerfGE 85, 1ff. (12)
– „Kritische Bayer-Aktionäre“.
382
Vgl. Abbildung der Werbung beigefügt als Anlagen 8 und 9.
123
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
Verhalten die Gefahr begründe, weitere solcher Werbeanzeigen zu veröffentlichen.383
Das Verhalten des Presseunternehmens sei auch unter
Berücksichtigung des Presseprivilegs nicht zu rechtfertigen.384
Zwar
sei
scheidungen
des
BVerfG
Schutzbereich
der
entsprechend
das
mehrfachen
Anzeigengeschäft
Pressefreiheit
umfaßt,
385
so
Entvom
daß
hier der verfassungsrechtliche Schutz zugunsten des
Presseunternehmens eingreife. Im Rahmen der verfassungsrechtlichen Beurteilung sei § 1 UWG als Einschränkung gem. Art. 5 Abs. 2 GG zu berücksichtigen.
Denn mit der Veröffentlichung der beanstandeten Anzeige handele das Presseunternehmen zu Zwecken des
Wettbewerbs. Das Anzeigengeschäft dient objektiv nach
ständiger Rechtsprechung – neben der Förderung des
eigenen Wettbewerbs – stets auch dem Zweck der Unterstützung des Wettbewerbs des Anzeigenkunden. Damit
ist das Anzeigengeschäft eine typische wettbewerbsfördernde Maßnahme, bei welcher aus der Wettbewerbshandlung auf die Vermutung geschlossen werden darf,
der Herausgeber des Werbemediums handele in der Absicht, die wettbewerbliche Stellung des Werbeträgers
zu fördern.386 Grundsätzlich unterliegen Verleger und
die für diese handelnden Redakteure der wettbewerbsrechtlichen Haftung, so daß § 1 UWG als Schranke des
Schutzbereichs der Pressefreiheit eingreift. Allerdings haften diese nicht dem Umfang nach wie die Wer383
BGH NJW 1995, 2490ff. (2492) – „Kinderarbeit“; BGH NJW 1995,
2492f. (2493) – „H.I.V.-Positive“.
384
BGH NJW 1995, 2490ff. (2492) - „Kinderarbeit“; BGH NJW 1995,
2492f. (2493) - „H.I.V.-Positive“.
385
BVerfGE 21, 271ff. (278) - „Südkurier“; BVerfGE 64, 108ff. (114f.)
– „Chiffreanzeige“; so auch BGH GRUR 1990, 1012ff. (1014) - „Pressehaftung I“; BGH NJW 1995, 2490ff. (2492) - „Kinderarbeit“; BGH NJW
1995, 2492f. (2493) - „H.I.V.-Positive“.
386
BGH GRUR 1990, 1012ff. (1013) – „Pressehaftung I“; BGH NJW 1992,
3093ff. (3094) – „Ausländischer Inserent“; BGH NJW 1994, 2827ff.
(2828) – „Suchwort (Bosch)“; BGH NJW 1995, 2490ff. (2491) – „Kinderarbeit“.
124
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
beträgerin selbst. Die wettbewerbsrechtliche Haftung
eines Presseunternehmens gebietet für wettbewerbswidrige Anzeigen seiner Inserenten eine Einschränkung.387
Verleger und Redakteure sind zwar angehalten, bei der
Entgegennahme von Anzeigenaufträgen die Anzeige der
Prüfung zu unterziehen, ob die Veröffentlichung gegen
gesetzliche Vorschriften verstößt.388
Im
Fall
eines
Verstoßes sind Anzeigen mit gesetzwidrigem Inhalt abzulehnen.389 Die Anforderungen an das Ausmaß der Prüfung dürfen jedoch entsprechend den praktischen Notwendigkeiten des Pressewesens nicht überspannt werden. Besonders bei der Anzeigenwerbung ist die Prüfungspflicht in der Regel auf grobe und eindeutige
Verstöße zu beschränken. Eine darüber hinausgehende
wettbewerbsrechtliche Überprüfung ist den Verantwortlichen nicht zumutbar, da dies einschlägige wettbewerbsrechtliche Kenntnisse voraussetzt und damit den
Aufgabenbereich eines Presseunternehmens überspannen
würde.390 Wird die häufig gegebene Vielzahl von Anzeigen berücksichtigt, ist eine weitergehende Prüfungspflicht schon aus Zeitgründen wenig praktikabel. Das
würde zu einer untragbaren Erschwerung der Arbeit eines Presseunternehmens führen.391
Denn
der
Verleger
bzw. der Redakteur arbeitet unter dem Gebot der raschen Entscheidung.392 Außerdem mangelt es an der Erforderlichkeit, das Presseunternehmen selbst in vollem Umfang haften zu lassen. Zum einen sind in erster
Linie für ihre Anzeigen bereits die Werbenden selbst
387
BGH NJW 1972, 2302ff. (2303) – „Badische Rundschau“; BGH NJW 1992,
3093ff. (3094) – „Ausländischer Inserent“; BGH NJW 1994, 2827ff.
(2828) – „Suchwort (Bosch)“.
388
BGH NJW 1972, 2302ff. (2303) – „Badische Rundschau“; BGHZ 50,
76ff. (78ff.) – „Poropan“.
389
BGH NJW 1972, 1658f. – „Baumaschinen“.
390
BGH NJW 1972, 2302ff. (2303) - „Badische Rundschau“; BGH NJW 1992,
3093ff. (3094) – „Ausländischer Inserent“.
391
BGH NJW 1972, 2302ff. (2303) – „Badische Rundschau“; BGH GRUR
1990, 1012ff. (1014) – „Pressehaftung I“.
392
BGH NJW 1992, 3093ff. (3094) – „Ausländischer Inserent“.
125
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
zur Verantwortung zu ziehen, zum anderen macht sich
das Presseunternehmen in der Regel die Anzeigen nicht
zu eigen, sondern tritt lediglich als Vermittler auf.
Dementsprechend kommt für das Presseunternehmen lediglich
eine
eingeschränkte
wettbewerbsrechtliche
Haftung in Betracht.
Unter Berücksichtigung dieser Kriterien und unter Abwägung der wechselseitigen Wirkungen der Rechtsgüter
– der Pressefreiheit einerseits und der eingeschränkten
wettbewerbsrechtlichen
Haftung
andererseits
-
konnte durch die Veröffentlichung der Werbemaßnahmen
ein wettbewerbswidriges Verhalten des Presseunternehmens nicht begründet werden. Das wettbewerbswidrige
Verhalten des Werbeträgers selbst war schon nicht ohne
weiteres
erkennbar.
Die
sog.
Image-Werbebilder
wiesen zum Zeitpunkt der Klage keinen Präzedenzfall
in der Rechtsprechung auf. Die Literatur beurteilte
diese
Werbung
sehr
unterschiedlich
und
stufte
sie
vielfach als nicht wettbewerbswidrig ein.393 Diese unterschiedlichen Einschätzungen zeigen, daß es für das
Presseunternehmen
pflicht
ohne
eine
bei
Einhaltung
eingehende
seiner
Prüfungs-
wettbewerbsrechtliche
Prüfung ein grober und eindeutiger Verstoß der Werbemaßnahmen nicht erkennbar war. Aus diesem Grunde kann
allein aufgrund der Veröffentlichung dieser Werbemaßnahme das Presseunternehmen nicht zur Verantwortung
gezogen werden. Der Schutz der Pressefreiheit überwog
hier folglich und konnte nicht durch § 1 UWG eingeschränkt werden.
393
Mit unterschiedlichster rechtlicher Begründung und intensiver Abwägung der einzelnen Interessen wird eine Sittenwidrigkeit bejaht
von: Henning-Bodewig WRP 1992, 533ff.; dieselbe GRUR 1993, 950ff.
Hingegen wird die Sittenwidrigkeit verneint von: Grigoleit/ Kersten
DVBl. 1996, 596ff.; Löffler AfP 1993, 535ff.; Reichold WRP 1994,
219ff.; Schnorbus GRUR 1994, 18ff.; Sevecke AfP 1994, 196ff.; Sosnitza GRUR 1993, 540ff.
126
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
Grund einer wettbewerbsrechtlichen Haftung des Presseunternehmens war ein anderer. Der BGH begründete
eine
fahr.
solche
394
mit
der
sogenannten
Erstbegehungsge-
Diese bestehe, wenn sich das Presseunterneh-
men des Rechts berühmt, zu einer bestimmten Handlung
- beispielsweise der Veröffentlichung einer Werbemaßnahme - berechtigt zu sein. Es werde dadurch der Eindruck erweckt, das Presseunternehmen werde auch im
Falle des gerichtlichen Untersagens der Werbemaßnahme
diesen
Standpunkt
vertreten.395
Dabei
entstehe
die
ernsthafte und greifbare Besorgnis, bei nächster Gelegenheit erneut Inserate der beanstandeten Art abdrucken
zu
lassen.396
Das
gelte
insbesondere,
wenn
sich der Beklagte im Unterlassungsprozeß darauf berufe, zu seinem beanstandeten Verhalten berechtigt zu
sein.397 Es ist nicht erforderlich, daß eine solche
„Rechtsberühmung“ ausdrücklich erklärt wird, sondern
auch bei entsprechendem konkludenten Verhalten kann
eine solche angenommen werden.398 Die Lebenserfahrung
spreche dafür, daß die Verteidigung einer bestimmten
Handlungsweise jedenfalls auch den Weg zu ihrer beabsichtigten künftigen Fortsetzung eröffnen soll.399 Ei-
394
BGH NJW 1995, 2490ff. (2492) - „Kinderarbeit“; BGH NJW 1995,
2492f. (2493) - „H.I.V.-Positive“.
395
RGZ 151, 239ff. (246)- „Reverssystem“; BGHZ 3, 270ff. (276) –
„Constanza I“; BGH GRUR 1957, 342ff. (345) - „Underberg“; BGH GRUR
1963, 218ff. (220) - „Mampe Halb und Halb II“; BGH GRUR 1987, 45ff.
(46) – „Sommerpreiswerbung“; BGH GRUR 1987, 125f. (126) – „Berühmung“; BGH GRUR 1988, 313f. (313) – „Auto F. GmbH“; BGH GRUR 1990,
678ff. (679) – „Herstellerkennzeichen auf Unfallwagen“; BGH GRUR
1992, 404f. (405) – „Systemunterschiede“; BGH NJW 1992, 2765f. „Pressehaftung II“; OLG Düsseldorf WRP 1978, 727f. – „Lockvogelangebot“; OLG Stuttgart WRP 1982, 115f. (116) – „Grundstücksmaklergeschäft“.
396
BGH NJW 1992, 3093ff. (3095) – „Ausländischer Inserent“.
397
Melullis, Handbuch des Wettbewerbsprozesses, 1995, Rn. 599; Ullmann WRP 1996, 1007ff. (1010).
398
BGH GRUR 1988, 313f. (313) – „Auto F. GmbH“; BGH GRUR 1990, 678ff.
(679) – „Herstellerkennzeichen auf Unfallwagen“; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 1997, Kap. 10, Rn. 9f.; Ullmann WRP 1984,
1007ff. (1008).
399
BGH GRUR 1963, 218ff. (220) – „Mampe Halb und Halb II“; BGH GRUR
1987, 125f. (126) – „Berühmung“; BGH GRUR 1992, 404f. (405) – „Syste-
127
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
ne
Erstbegehungsgefahr
könne
jedoch
ausgeschlossen
werden, wenn der Beklagte eindeutig klarstellt, sich
des Rechts ausschließlich zum Zwecke der Durchsetzung
bzw. der Verteidigung im anhängigen Prozeß zu berühmen und dieses nicht erneut in der Praxis umsetzen
wird.400 Nach insoweit gefestigter Rechtsprechung des
BGH ist es Sache des Verletzers, diese ausschließliche Zielsetzung zweifelsfrei
deutlich
machen.401
zu
Wisse ein Presseunternehmen oder müsse es davon ausgehen, daß die Werbeanzeigen wettbewerbswidrig seien,
so könne es sich nicht darauf
berufen,
daß
seine
Pflicht zur Überprüfung sich nur auf grobe, leicht
erkennbare Wettbewerbsverstöße beschränke.402
Nachdem in erster Instanz einstweilige Verfügungen
erlassen wurden, die auf Unterlassung der Veröffentlichung der Werbemaßnahmen gerichtet waren, habe das
Presseunternehmen nicht mehr die Möglichkeit verneinen dürfen, daß die Werbemaßnahmen als wettbewerbswidrig eingestuft werden könnten. Das Presseunternehmen verteidigte sich jedoch mit dem Einwand, daß in
der abgedruckten Anzeige kein oder jedenfalls kein
grober, leicht erkennbarer Wettbewerbsverstoß liege,
ohne zugleich deutlich zu machen, daß es ihm damit
ausschließlich um die Wahrung seiner Rechte im anhängigen Rechtsstreit ging. Zur Vermeidung der Begründung der Erstbegehungsgefahr hätte das Presseunternehmen zweifelsfrei deutlich machen müssen, daß die
munterschiede“; BGH GRUR 1992, 612ff. (614) – „Nicola“; BGH NJW 1995,
868ff. (870) – „Cliff Richard II“.
400
BGH GRUR 1987, 125f. (125f.) - „Berühmung“; BGH GRUR 1988, 313f.
(313) ; BGH NVwZ 1991, 300ff. (301) – „Kreishandwerkerschaft II“; BGH
GRUR 1992, 404ff. (405) – „Systemunterschiede“; OLG Stuttgart WRP
1997, 358ff. (361f.) - „Blickfangwerbung“; OLG Stuttgart WRP 1997,
1219ff. (1223).
401
BGH NJW 1972, 2302ff. (2303) – „Badische Rundschau“; BGH GRUR
1992, 404ff. (405) – „Systemunterschiede“; BGH NJW 1992, 3093ff.
(3095) – „Ausländischer Inserent“; BGH NJW 1992, 2765f. (2766) –
„Pressehaftung II“.
402
BGH GRUR 1992, 612ff. (614f.) – „Nicola“.
128
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
Verteidigung - das frühere Verhalten sei rechtmäßig ausschließlich
zur
Wahrung
seiner
Rechte
und
zum
Zwecke des Obsiegens im Prozeß selbst diene. Werde
hingegen ein solcher Ausschließlichkeitszweck nicht
geltend gemacht, so ließe daraus auf eine ernsthafte
und greifbare Besorgnis schließen, daß das Presseunternehmen bei nächster Gelegenheit erneut Inserate
der beanstandeten Art veröffentliche. Alleine damit
wurde eine wettbewerbsrechtliche Haftung begründet,
bei der auch die Berücksichtigung der Pressefreiheit
nichts zu ändern vermag.
Kritisch
wird
die
Annahme
der
Erstbegehungsgefahr
hingegen von Teilen der Literatur gesehen.403 Dem beklagten Presseunternehmen werde auferlegt, entgegen
seiner eigenen Überzeugung im Wirtschaftsleben von
der Wettbewerbswidrigkeit der Anzeige auszugehen und
sich nur im Interesse der Rechtsverteidigung auf die
Wettbewerbsmäßigkeit der Anzeige berufen. Dies gelte
auch für den Fall, in dem erstinstanzlich bereits die
Werbemaßnahme als nicht zu beanstanden beurteilt wurde. Andernfalls werde durch das Verhalten des Presseunternehmens die Erstbegehungsgefahr begründet mit
der Folge, daß das zunächst gewährte Haftungsprivileg
der Presse aufgehoben wird. In diesem Fall werde dem
Presseunternehmen auferlegt, sich dem Umfang nach den
Prüfungspflichten eines Werbeträgers zu unterziehen.
Dies widerspreche schon den allgemeinen Grundsätzen
der Prozeßführung. Gemäß dem Satz „iura novit curia“
müßten Rechtsausführungen im Prozeß nicht vorgetragen
werden, da sie kein Element des Lebenssachverhaltes
bilden.404 Mit der Begründung der Erstbegehungsgefahr
403
Hoffmann–Riem ZUM 1996, 1ff. (15f.); Traumann DB 1986, 262f.;
Traub WRP 1979, 186ff.
404
Traumann DB 1986, 262f. (262).
129
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
werde jedoch der Vortrag einer Rechtsansicht gewertet
und eine Bedeutung beigemessen.
Problematisch ist bei der Annahme der Erstbegehungsgefahr, daß dem beklagten Presseunternehmen auferlegt
wird, sich zunächst dem Begehren des Klägers zu stellen und sein eigenes Verhalten einzuschränken. Sich
dem Ansinnen seiner Konkurrenten zu beugen, ist zwar
im Ergebnis nicht wünschenswert für das jeweilig beklagte Presseunternehmen. Denn es führt zu dem Ergebnis, daß sich das Presseunternehmen für die nächsten
Jahre, genau gesagt bis zum letztinstanzlichen Urteil
verbindlich festlegt, diese Anzeigen nicht mehr zu
veröffentlichen. Auch bleibt zu befürchten, durch das
Nachgeben
etwaige
Schadensersatzansprüche
bzw.
die
spätere Kostenforderung zu präjudizieren. Ein allzu
bereitwilliges Nachgeben könnte auch weitere Unterlassungsklagen
nach
sich
ziehen.
Dennoch
ist
aus
Gründen der Rechtssicherheit eine solche Einschränkung der Handlungsfreiheit des Presseunternehmens zumutbar. Beruft sich das Presseunternehmen darauf, es
handele sich um eine wettbewerbsmäßige Anzeige ausschließlich zum Zwecke der Verteidigung, so wird der
vertretene
Standpunkt
des
Unternehmens
hinreichend
deutlich. In diesem Fall ist eine Kürzung des Presseprivilegs nicht zu befürchten. Auch muß dem Kläger
die Sicherheit geboten werden, weiteren möglicherweise wettbewerbswidrigen Maßnahmen vorbeugen zu können.
Dieses Ziel ließe sich nicht verwirklichen, würde dem
Kläger zugemutet, bis zum Ausgang des Prozesses mit
der Veröffentlichung wettbewerbswidriger Werbemaßnahmen rechnen zu müssen. Dies würde der Möglichkeit eines vorbeugenden Rechtsschutz zuwiderlaufen.
Eine Abwägung der gegenseitigen Interessen zeigt, daß
mit der Begründung der Erstbegehungsgefahr eine er-
130
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
forderliche und angemessene Lösung gefunden wurde,
beiden Interessen gerecht zu werden.405
Nach den Ausführungen des BGH in dem vorherigen Urteil verwundert insbesondere seine Argumentation in
den
Entscheidungsgründen
zu
dem
„H.I.V.-Positive“-
Urteil,406 in dem es heißt: „Angesichts der aufgezeig-
ten Tragweite des Wettbewerbsverstoßes der ... ImageWerbung, deren grob wettbewerbswidriger Charakter im
Rahmen einer dem Presseunternehmen zumutbaren Prüfung
ohne
weiteres
erkennbar
gewesen
wäre,
ist
es
aus
Rechtsgründen nicht zu beanstanden, daß ... die Haftung ... aus der Mißachtung der Verpflichtung, die
Werbeanzeige
hat.“
nicht
zu
veröffentlichen,
hergeleitet
407
Nicht schlüssig ist, warum diese Werbemaßnahme für
das Presseunternehmen nach zumutbarer Prüfung ohne
weiteres erkennbar sein muß. Ebenso wie in dem Urteil
zur Werbemaßnahme „Kinderarbeit“ wurde auch dieser
Fall unterschiedlich von der Literatur beurteilt und
zum Teil als nicht zu beanstandend eingeschätzt.408
Auch hier wies die Rechtsprechung keinen Präzedenzfall auf, auf den das Presseunternehmen bei seiner
Prüfung, ob ein grober und eindeutiger Verstoß vorliegt, hätte zurückgreifen können. Nicht zuletzt wurde gerade in dieser Sache in erster Instanz durch das
LG Frankfurt a. M. entschieden, daß die Werbemaßnahme
unter keinem Gesichtspunkt als wettbewerbswidrig im
405
A.A. Hoffmann–Riem ZUM 1996, 1ff. (15f.).
BGH NJW 1995, 2492f. - „H.I.V.-Positive“.
407
BGH NJW 1994, 2492f. (2493) – „H.I.V.-Positive“.
408
Löffler AfP 1993, 536ff.; Reichold WRP 1994, 219ff.; Schnorbus
GRUR 1994, 18ff.; Sevecke AfP 1994, 196ff.; Sosnitza GRUR 1993,
540ff.
406
131
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
Sinne der §§ 1, 3 UWG zu beanstanden sei.409 Erst
durch das OLG Frankfurt a. M. wurde eine gegenteilige
Ansicht vertreten.410
Es bleibt festzuhalten, daß der Pressefreiheit neben
der Meinungsfreiheit eine eigenständige Bedeutung zukommt. Der Schutzbereich ist für das Presseunternehmen eröffnet, weil es mit der Veröffentlichung von
Werbebildern grundsätzlich keine eigene Meinung abgeben will. Jedoch gilt Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nicht
uneingeschränkt.
Die
Pressefreiheit
ist
durch
die
allgemeine Vorschrift des § 1 UWG einzuschränken, so
daß auch das Presseunternehmen der Einhaltung wettbewerbsrechtlichen Vorschriften unterliegt. Allerdings
kommt dem Presseunternehmen die Haftungsprivilegierung der Erstbegehungsgefahr zugute, es sei denn, es
verteidigt die Werbemaßnahme im Rechtsstreit vorbehaltlos.
4. Kunstfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 3 GG
In zwei der drei Benetton-Urteile wurde noch im Rahmen der verfassungsrechtlichen Prüfung die Kunstfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG erörtert.411
Sowohl die Firma Benetton selbst412 als auch das Presseunternehmen Stern413 stellten sich auf den Standpunkt, die in der Werbung eingesetzten Photographien
stellten Kunst dar, so daß das Grundrecht der Kunstfreiheit einschlägig sei, welches nicht durch Gesetze
409
LG Frankfurt a. M. AfP 1994, 242f. - „H.I.V.-Positive“.
OLG Frankfurt a. M. NJW-RR 1994, 945f. - „H.I.V.-Positive“.
411
BGHZ 130, 196ff. (202f.) – „Ölverschmutzte Ente“; BGH NJW 1995,
2490ff. (2491) – „Kinderarbeit“.
412
In dem Urteil BGHZ 130, 196ff. – „Ölverschmutzte Ente“ wurde die
Firma Benetton selbst verklagt.
413
In dem Urteil BGH NJW 1995, 2490ff. – „Kinderarbeit“ wurde das
Presseunternehmen „Stern“ aufgrund der Veröffentlichung der Werbemaßnahmen der Firma Benetton verklagt.
410
132
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
eingeschränkt werden könne. Die Werbemaßnahmen seien
mit Mitteln der Kunst verwirklicht worden, so daß
sich diese im wettbewerbsfreien Raum befinde.
Es ist sehr schwierig, den Kunstbegriff zu definieren. Denn es ist gerade das Merkmal der Kunst, daß es
keine gemeinsame Meinungen der Künstler, Kunstkritiker und der Philosophen über Kunst gibt.414 Das BVerfG
hat einzelne Definitionsversuche vorgenommen und dabei drei Kunstbegriffe entwickelt: den materiellen,
den formalen und den kommunikationstheoretischen.415
Wie weit die Verfassungsgarantie der Kunstfreiheit
reicht und was sie im einzelnen bedeutet, läßt sich
nicht ohne tieferes Eingehen auf die sehr verschiedenen
Äußerungsformen
darstellen.416
schöpfend
betrifft
künstlerischer
in
gleicher
Die
Weise
Betätigung
er-
Kunstfreiheitsgarantie
den
„Werkbereich“,
die
künstlerische Betätigung als solche und den „Wirkbereich“
des
künstlerischen
Schaffens
einschließlich
der Tätigkeit derjenigen Personen, die eine unentbehrliche Mittlerfunktion zwischen Kunstwerk und Publikum ausüben.417 Geschützt ist damit nicht nur die
künstlerische Betätigung selbst, sondern auch der damit verbundene Kommunikationsprozeß mit der gesellschaftlichen Außenwelt, die für die Begegnung mit dem
Werk als einem kunstspezifischen Vorgang sachnotwendig ist.418
In den Entscheidungen zu den Benetton–Werbemaßnahmen
hat der BGH offen gelassen, ob diese überhaupt in den
414
Starck in von Mangoldt/ Klein/ Starck, Bonner Grundgesetz, Kommentar, 1999, Band 1, Art. 5 Abs. 3, Rn. 276.
415
BVerfGE 67, 213ff. (226f.) – „Anachronistischer Zug“.
416
BVerfGE 30, 173ff. (188f.) – „Mephisto“; BVerfGE 67, 213ff.
(226ff.) – „Anachronistischer Zug“; BVerfGE 81, 278ff. (291ff.) „Bundesflagge“.
417
BVerfGE 30, 173ff. (189, 191) – „Mephisto“; BGH NJW 1985, 263f.
(263) – „Hessenlöwe“; s. auch BVerfGE 36, 321ff. (331) – „Schallplatten“.
133
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
Anwendungsbereich der Kunstfreiheit fallen.419 Auf die
Reichweite des Schutzbereichs der Kunstfreiheit ist
an nicht näher einzugehen. Denn für das Problem, ob
ein Werbebild diskriminierend und damit wettbewerbsrechtlich zu untersagen ist, hat dies keine Relevanz.
Beanstandet werden nicht die Photographien als solche,
sondern
die
Verwendung
der
Photographien
zu
wettbewerbsrechtlichen Zwecken. Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG ist die wirtschaftliche Verwertung
des
Kunstwerks,
also
die
Einnahmeerzielung,
nicht geschützt, da diese weder in den Schaffensprozeß noch in den der Kommunikation fällt.420 Auch ist
die Nutzung eines Kunstwerks durch Dritte nicht vom
Schutzbereich umfaßt.421
Auch der BGH erörtert nicht, ob die streitgegenständlichen Photographien überhaupt in den Schutzbereich
der Kunstfreiheit fallen.422 Die Kunstfreiheit schütze
nicht den zweckwidrigen Einsatz von Kunst zur Mißachtung von gesetzlichen Ordnungsvorschriften in der Absicht, daraus einen Wettbewerbsvorteil zu ziehen. In
diesem Zusammenhang sei sie nicht in rechtlich unzulässiger Weise eingeschränkt. Denn in diesen Fällen
könne das UWG Anwendung finden, ohne in das Grundrecht der Kunstfreiheit einzugreifen. Die Anwendung
des UWG gebe eine Antwort auf die Frage, ob es gestattet sei, ein – unterstellt künstlerisch wertvol418
BVerfGE 36, 321ff. (331) – „Schallplatten“.
BGHZ 130, 196ff. (202f.) - „Ölverschmutzte Ente“; BGH NJW 1995,
2490ff. (2491) – „Kinderarbeit“.
420
Vgl. BVerfGE 31, 229ff. (238f.) – „Schulbuchprivileg“; BVerfGE 49,
382ff. (392) – „Kirchenmusik“; BVerfGE 71, 162ff. (176) – „berufswidrige Werbung durch Ärzte“; vgl. auch BGHZ 130, 205ff. (208) – „Feuer,
Eis & Dynamit“; so auch Grigoleit/ Kersten DVBl. 1996, 596ff. (600);
Jarass in Jarass/ Pieroth, Grundgesetz, Kommentar, 1997, Art. 5, Rn.
68; Oppermann in FS für Wacke, 1972, S. 393ff. (408); Scholz in
Maunz/ Dürig, Grundgesetz, Kommentar, Band 1, Stand Juni 1998, Art. 5
Abs. 3, Rn. 18; Sevecke AfP 1994, 196ff. (204).
421
BVerfG NJW 1985, 263f. – „Hessenlöwe“.
419
134
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
les – Medium in wettbewerbswidriger Weise zu eigenem
geschäftlichen Vorteil einzusetzen.
Diese Ausführungen sind rechtlich nicht zu beanstanden. Denn dem Unternehmen bleibt es unbenommen, die
Photographien ohne den auf sie hinweisenden Zusatz
„United Colors of Benetton“ zu veröffentlichen. Daran
wird das Unternehmen indes kein Interesse haben, was
wiederum die vorrangig wettbewerbsrechtliche Ausrichtung der Veröffentlichungen bestätigt.
In der Literatur wird zum Teil vertreten, Werbung
grundsätzlich in den Schutzbereich des Kunstbegriffs
aufzunehmen.423 Es kann dahingestellt bleiben, ob ein
solcher Grundsatz überhaupt besteht. Auf den Fall Benetton angewandt bleibt diese Sichtweise schon deshalb verschlossen, weil sich die Firma Benetton mit
Ausnahme der Photographie „H.I.V.-Positive“ Photographien bediente, die bereits zuvor als Pressephotos
veröffentlicht wurden.424 Damit bediente sich die Firma Benetton allenfalls der künstlerischen Betätigung
Dritter, welche ohnehin nicht in den Schutzbereich
der Kunstfreiheit fällt. Die Firma Benetton übte mit
der
Veröffentlichung
keine
unentbehrliche
Mittler-
funktion zwischen Kunstwerk und Publikum aus. Auch
selbst unter dem Gesichtspunkt der Verwendung
der
Photographien zum Zwecke der Werbung ist der Bereich
der
Kunstfreiheit
nicht
betroffen,
da
weder
die
künstlerische Betätigung des Werbenden noch irgend-
422
BGHZ 130, 196ff. (203) – „Ölverschmutzte Ente“; ebenso in BGH NJW
1995, 2490ff. (2491) – „Kinderarbeit“.
423
Grigoleit/ Kersten DVBl. 1996, 596ff. (601); Sevecke AfP 1994,
196ff. (204f.); Wünnenberg, Schockierende Werbung – Verstoß gegen § 1
UWG, 1993, S. 141ff., die eine solche Annahme jedoch im Ergebnis verneint.
424
So bei folgenden Photographien: ölverschmutzte Ente, Kinderarbeit,
blutverschmiertes Neugeborenes, Transportcontainer und vielen anderen.
135
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
welche kunstspezifischen Verbreitungsformen betroffen
sind.
Die
vorangegangenen
Ausführungen
zeigen,
daß
das
Grundrecht der Kunstfreiheit für die Beurteilung der
wettbewerbsrechtlichen
Zulässigkeit
einer
Werbemaß-
nahme keine Bedeutung hat.
II. Schutz der Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG
Der BGH hat sowohl in dem Urteil „H.I.V.-Positive“
als auch in dem „Busengrapscher- und Schlüpferstürmer-Urteil“ die Sittenwidrigkeit der Werbemaßnahmen
vor allem mit dem Verstoß gegen die Achtung der Menschenwürde begründet.425
In dem Urteil zu Benetton´s Werbemaßnahme „H.I.V.Positive“ geht der BGH davon aus, daß die Werbeanzeige nicht nur das Gefühl des Mitleides in starkem Maße
anspreche, sondern in grober Weise gegen die Grundsätze der Wahrung der Menschenwürde verstoße. Durch
die Abbildung eines menschlichen Körperteils mit dem
Stempelaufdruck
„H.I.V.-Positive“
werde
der
Aids-
Kranke abgestempelt und damit als aus der menschlichen Gesellschaft ausgegrenzt dargestellt.426 Denn dem
abgebildeten Körperteil sei, wie den Opfern des Holocaust die Häftlingsnummer oder wie den Teilen eines
geschlachteten Tieres der Beschaustempel, der stigmatisierte Stempel „H.I.V.-Positive“ in die Haut eingebrannt.427
Ohne
eine
Geschmackszensur
vorzunehmen,
müsse die Werbung zumindest von H.I.V.-Erkrankten als
grob anstößig und ihre Menschenwürde verletzend angesehen werden. Damit habe die Werbung eine Wirkung,
425
BGH
(10f.)
426
BGH
427
OLG
NJW 1995, 2492f. (2493)- „H.I.V.-Positive“; BGHZ 130, 5ff.
– „Busengrapscher“.
NJW 1995, 2492f. (2493) - „H.I.V.-Positive“.
Frankfurt a. M. NJW-RR 1994, 945f. (946) - „H.I.V.-Positive“.
136
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
der sich auch ein Betrachter, der weder selbst noch
durch persönliche Beziehungen zu Aids-Kranken unmittelbar mit dem lebensbedrohenden Aids-Virus konfrontiert worden sei, nicht entziehen könne. Der BGH wertete dies insbesondere aufgrund einer in einer französischen Tageszeitung erschienene Werbung der Firma
Benetton, in der das Gesicht eines Aids-Kranken, gezeichnet
von
dessen
Krankheit,
mit
dem
Untertitel
„pendant l´agonie, la vente continue“ (während des
Todeskampfes,
der
Verkauf
geht
weiter)
abgebildet
wurde. Es sei ein deutliches Zeichen dafür, wie zynisch und menschenverachtend die Darstellung menschlichen Leids in dieser Werbemaßnahme der Firma Benetton von Betroffenen empfunden werden müsse.428
In Teilen der Literatur hingegen wird diese Werbemaßnahme lediglich als überspitzte Darstellung angesehen, die Kritik an unserer Gesellschaft übe. Dies sei
insbesondere aufgrund der gestellten Situation anzunehmen. Mit der Werbemaßnahme würden gesellschaftliche
Phänomene
iert.
429
thematisiert
und
kritisch
akzentu-
Deshalb überzeuge die Entscheidungsbegründung
des BGH nicht, der allein die Darstellung eines AidsKranken als gesellschaftlich stigmatisiert und sittenwidrig werte.430 Es wird jedoch offensichtlich verkannt, daß der BGH in seinen Entscheidungsgründen die
Sittenwidrigkeit der Werbemaßnahme nicht alleine mit
der Abbildung selbst begründet, sondern auf seine im
vorherigen
Absatz
getätigten
Ausführungen
Bezug
nimmt, in denen er bereits auf Nutzung zu Werbezwekken eingeht.
428
BGH NJW 1995, 2492f. (2493) - „H.I.V.-Positive“.
Fezer JZ 1998, 265ff. (274); Wehlau DZWir 1996, 142ff. (144); anders Marly LM H 11/1995, § 1 UWG, Anm. zu Nr. 691 (Blatt 2) „H.I.V.-Positive“.
430
Henning-Bodewig WRP 1992, 533ff. (538); Reichold EWiR 1995, 813f.
(814); Ring DZWir 1995, 474ff. (476).
429
137
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
Die
kommerzielle
Ausnutzung,
welche
insbesondere
durch das Anbringen des Firmenlogos am Rande der Abbildung deutlich wird,431 in Verbindung mit dem im
wahrsten
Kranker
Sinne
ist
des
nicht
Wortes
nur
„Abstempeln“
unheilbar
menschenverachtend,
sondern
darüber hinaus von einem kaum zu überbietendem Zynismus.432
Die
Argumentation
der
Firma
Benetton,
die
Werbung
wende sich in erster Linie an die heutige jüngere Generation, bei der der Vergleich der Werbung mit den
Holocaust-Opfern
nicht
ernsthaft
naheliege,
verschließt sich der Präsenz der Geschehnisse während
des zweiten Weltkrieges in unserer heutigen Gesellschaft.
Ähnlich argumentiert der BGH in dem BusengrapscherUrteil. Er stellt bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit
auf
die
Wertvorstellungen
der
beteiligten
Verkehrskreise ab, deren Gewicht und Relevanz für die
Beurteilung des in Frage stehenden Verhaltens jeweils
aufgrund einer umfassenden Abwägung auch der einander
gegenübertretenden Interessen zu erfolgen hat, wobei
auch verfassungsrechtliche Bewertungen solcher Interessen eine Rolle spielen können.433 Nachdem der BGH
die Absatzförderung des Etiketts in den Vordergrund
stellt, trifft er eine detaillierte Beurteilung hinsichtlich der Wort- und Bilddarstellungen. Er wertet
sie nicht als Scherz,434 sondern mißt diesen einen
prägenden
Charakter
zu.
Mit
dem
Genuß
des
Li-
431
Vgl. hierzu auch Oechsler EWiR § 1 UWG, 20/94, S. 821f. (822).
So auch Marly LM H 11/1995, § 1 UWG, Anm. zu Nr. 691 (Blatt 2) „H.I.V.-Positive“.
433
BGHZ 130, 5ff. (8) – „Busengrapscher“.
434
Diese Ansicht wurde noch von dem Berufungsgericht (Kammergericht
Berlin) und der ersten Instanz (Landgericht Berlin) vertreten. Eine
solche geschmacklose Werbung verletze noch nicht schamlos anstößig
das sittliche Befinden und das Publikum habe sich an frivole Texte
und sexbetonte Bilder gewöhnt.
432
138
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
körfläschchens würden die Frauen zum frei verfügbarem
Objekt. So bezeichnete alkoholische Getränke würden
einer Verfügbarkeit für die angesprochenen sexuellen
Handlungen Vorschub zu leisten.
Der angesprochene Verkehr werde daher zu großen Teilen obszöne Andeutungen dieser Art als ernstgemeint
ansehen, wenn sie zur Förderung des Absatzes eines
alkoholhaltigen Getränks eingesetzt werden. Denn bei
Berücksichtigung einerseits der in starkem Maße anzüglichen Schlagworte und Abbildungen und andererseits der allgemein bekannten enthemmenden Wirkung
von Alkohol sei die Feststellung, das Publikum werde
die Etikettierung nicht mindestens auch als Propagieren eines Mittels zur Überwindung sexueller Widerstände verstehen, mit der Lebenserfahrung nicht in
Einklang zu bringen. Ein solches Verständnis liege im
Gegenteil nahe und werde mit den verwendeten Etiketten auch bewußt angesprochen, und zwar in doppelter
Hinsicht: durch Weckung des Gedankens an Enthemmung
nicht allein der Frau, sondern auch des Mannes, um
ihm Mut zu sexuellem Vorgehen zu machen.435
Unter Zugrundelegung dieses Verständnisses der Werbeaussage bedeute diese eine Herabsetzung und Diskriminierung der Frau allein zum Zweck der Förderung des
Absatzes eines bestimmten Produkts, welche eine Verletzung der Menschenwürde darstelle.436
In der Literatur wurde diese Betrachtungsweise des
BGH wiederum vielfach kritisiert. Scherzartikel mit
sexuellem Bezug seien massenhaft im („normalen“) Handel erhältlich.437 Auch sei die Betrachtungsweise des
BGH einseitig. Schließlich ließen die Bild- und Wort-
435
436
437
BGHZ 130, 5ff. (9) – „Busengrapscher“.
BGHZ 130, 5ff. (10) – „Busengrapscher“.
Oellers EWiR § 1 UWG 13/95, S. 811f. (812).
139
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
darstellungen noch andere Interpretationen zu, bei
denen nicht der weibliche Bevölkerungsteil, sondern
der männliche diskriminiert würde. Denn der Begriff
„Busengrapscher“ bzw. „Schlüpferstürmer“ richte sich
an die männliche Bevölkerung. Somit ergebe sich die
Herabsetzung
der
Frau
nicht
von
selbst.
Auch
sei
nicht vertretbar, der angesprochene Verkehr werde zu
große
Teilen
die
Wort-
und
Bilddarstellungen
als
ernstgemeint ansehen. Damit würde der im Volk verbreitete
Wunderglauben
überschätzt.
Aufgrund
des
Überflusses der heutigen Medien sei die Bevölkerung
in breiter Hinsicht abgehärtet, so daß eine solche
Betrachtungsweise abwegig sei.438
Eine solche Beurteilung führt jedoch zu sach- und lebensfremden Erwägungen. Abgestellt werden darf nicht
allein auf die Bezeichnung, vielmehr muß diese im Zusammenhang mit der Bilddarstellung gesehen werden. Es
ist klar zu erkennen, daß Frauen dabei als bloße Objekte
männlicher
Lust
dargestellt
werden,
deren
Standhaftigkeit und Willenskraft durch die Einnahme
des Getränks verbunden mit dessen Wirkung ohne weiteres abgeschaltet werden kann.
Auch
vermag
die
Argumentation,
aufgrund
des
viel-
schichtigen Angebots in der heutigen Werbung sei eine
Herabsetzung des Maßstabes bei der Beurteilung der
Sittenwidrigkeit anzunehmen, nicht überzeugen.439
Die
Vielschichtigkeit der Werbemaßnahmen unserer heutigen
Zeit und die damit verbundene Ausreizung der Werbemittel darf nicht dazu führen, daß im Kampf um das
Überleben auf dem Markt die eigenen Produkte durch
derart
drastische
Mittel
angepriesen
werden.
Dies
438
Oellers EWiR § 1 UWG 13/95, S. 811f. (812).
So Oellers EWiR § 1 UWG 13/95, S. 811f. (812); a.A. Gaedertz/
Steinbeck WRP 1996, 978ff. (980).
439
140
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
würde den Weg zu weiteren herabwürdigenden und diskriminierenden Werbekampagnen eröffnen und es ließe
sich dann kaum noch Einhalt gebieten. Die Grenzen der
Sittenwidrigkeit sind hier bei weitem überschritten,
so daß die Werbemaßnahme nicht als Ausgangspunkt neuer sittenwidriger Verstöße verwendet werden darf.440
Vielmehr müssen hier Maßstäbe durch die Rechtsprechung gesetzt werden, die als vorbeugend für weitere
Wettbewerbsverstöße gelten soll.441
Auch an dieser Stelle bestätigt sich wieder, daß den
Grundrechten im Rahmen der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung der Sittenwidrigkeit eine nicht zu unterschätzende
Bedeutung
zukommt.
Zentraler
Wert
des
Grundgesetzes und mithin inhaltsbestimmend für den
Begriff der guten Sitten ist die Verpflichtung zum
Schutz und zur Achtung der Menschenwürde. Den Kern
des somit maßgeblichen sozialethischen Ordnungsgefüges bilden die wertethischen Prinzipien, über deren
Verbindlichkeit
die
Rechtsgemeinschaft
im
Verfas-
sungskonsens befunden hat. Die Wertordnung des Grundgesetzes
mit.
teilt
sich
dem
Inhalt
der
guten
Sitten
442
Die Würde des Menschen stellt den obersten Wert im
grundrechtlichen
Wertsystem
dar
und
tragenden Konstitutionsprinzipien.
443
gehört
zu
den
Das BVerfG ver-
bindet mit dem Begriff der Menschenwürde den sozialen
Wert- und Achtungsanspruch des Menschen, der es verbietet, den Menschen zum bloßen Objekt des Staates zu
440
Im Ergebnis so auch Fezer JZ 265ff. (268); vgl. hierzu auch Kur
WRP 1995, 790ff. (791); Wehlau DZWir 1996, 142ff. (145).
441
So auch Kur WRP 1995, 790ff. (791).
442
BVerfGE 7, 198ff. (215)- „Lüth“.
443
BVerfGE 6, 32ff. (41) – „Bund der Deutschen“; BVerfGE 27, 1ff. (6)
– „Urlaubs- und Erholungsreisen“; BVerfGE 30, 173ff. (193) – „Mephisto“; BVerfGE 32, 98ff. (108) – „Religiöse Vereinigung des evangelischen Brüdervereins“; BVerfGE 45, 187ff. (227) – „Heimtückischer
141
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
machen
oder
ihn
einer
Behandlung
auszusetzen,
die
seine Subjektqualität prinzipiell in Frage stellt.444
Die Menschenwürde schützt den personalen Eigenwert
des Menschen und ist verletzt, wenn die einzelnen
Personen zum Objekt
herabgewürdigt
werden.445
Nicht
erforderlich ist, daß der verletzte Angriff vom Staat
ausgeht. Vielmehr kann ein solcher auch von Privatpersonen – wie beispielsweise einer Firma oder einem
Presseunternehmen ausgehen.446 Die Menschenwürde ist
zudem betroffen, wenn die prinzipielle Freiheit und
Gleichheit eines Menschen mit allen anderen Menschen
in Zweifel gezogen wird.447 Die Vorschrift enthält eine Verhaltensnorm für jedermann, niemandes Menschenwürde zu verletzen.448 Diese beschränkt sich nicht auf
das Verfassungsrecht, sondern gilt für alle Rechtsgebiete.
Bei der Beurteilung wettbewerbsrechtlicher Sittenwidrigkeit wird die Werteordnung der Verfassung hinzugezogen, insbesondere das Gebot zum Schutz der Menschenwürde als Leitlinie verwendet. Die Menschenwürde
ist dabei als Mindeststandard zu verstehen, dessen
Mißachtung niemandem gestattet ist.
Natürlich besteht auch bei den Gerichten nicht immer
Einigkeit bei der Beurteilung geschlechterdiskrimi-
Mord“; BVerfGE 50, 166ff. (175) – „Ausweisung“; BVerfGE 87, 209ff.
(228) – „Horrorfilm“.
444
BVerfGE 27, 1ff. (6) - „Urlaubs- und Erholungsreisen“; BVerfGE 28,
386ff. (391); BVerfGE 30, 1ff. (26) - „Briefgeheimnis“; BVerfGE 45,
187ff. (227) - „Heimtückischer Mord“; BVerfGE 50, 166ff. (175) „Ausweisung“; BVerfGE 87, 209ff. (228) – „Horrorfilm“.
445
Vgl. BVerwG NJW 1982, 664f. (664) - „Peep-Show“; VG Neustadt NVwZ
1993, 98ff. (99) – „Zwergenweitwurf“; vgl. hierzu auch Höfling/ Gern
NJW 1983, 1582ff.
446
Vgl. hierzu BVerwG NJW 1982, 664f. (664) – „Peep-Show“.
447
Kirchhof in Isensee/ Kirchhoff, Handbuch des Staatsrechts der BRD,
Band V, 1992, § 124, Rn. 100; Jarass in Jarass/ Pieroth, Grundgesetz
für die BRD, 1997, Art. 1, Rn. 4.
448
Schmidt-Bleibtreu/ Klein, Kommentar zum Grundgesetz, 1999, Art. 1
Rn. 5; Podlech in Azzola u.a., Kommentar zum Grundgesetz für die BRD,
Alternativkommentar, Band 1, 1989, Art. 1, Rn. 18; Wintrich, Zur Problematik der Grundrechte, S. 12.
142
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
nierender
Werbebilder.
Es
gibt
vergleichbare
Ent-
scheidungen der Instanzengerichte zu obszönen Produkten, die zum Teil sehr unterschiedlich ausfallen. So
hat das LG Hamburg in seiner Entscheidung „Kleiner
Bengel“ entschieden, daß der Vertrieb einer Spirituosenflasche mit einer gleichlautenden Bezeichnung, an
deren Flaschenhals ein Kondom befestigt war, ebenfalls als sittenwidrig einzustufen sei. Eine solche
Werbemaßnahme
sei
weder
üblich
noch
erforderlich.
Auch unter Berücksichtigung der vorherrschenden Liberalisierung und der zunehmenden Normalität bei der
Verwendung von Kondomen wirke dies auf den Verbraucher störend, lästig und für nicht zu vernachlässigende Teile des Verkehrs auch anstößig.449
Eine
andere
Beurteilung
ließ
das
LG
Bayreuth
zu.
Streitgegenstand war ein Likörfläschchen mit einem
Etikett, auf dem comic-artig eine rekelnde, nackte
Frau innerhalb einer Gedankenblase eines nackten Mannes mit der Bezeichnung „Scharfer Hüpfer“ abgebildet
war.450 Auch das OLG München ließ eine sexistische
Werbemaßnahme unbeanstandet, in der das Photo einer
Frau in einem schulterfreien Latexkostüm, bei dem auf
der Vorderseite über die gesamte Länge ein Reißverschluß
angebracht
und
das
der
Gestalt
einer
Nixe
nachempfunden, abgebildet war. Neben der Frau steht
eine Flasche Wodka. Die Werbeanzeige ist betitelt mit
den Worten: “Hätten Sie nicht Lust, sie gleich zu
öffnen?“451
449
Urteil des LG Hamburg vom 13.9.1995, Az.: 315 O 387/95 – „Kleiner
Bengel“, nicht veröffentlicht.
450
Urteil des LG Bayreuth vom 29.3.1996, Az.: KH O 19/96 – „Scharfer
Hüpfer“, nicht veröffentlicht.
451
Urteil des OLG München vom 13.5.1996, Az.: 29 W 1587/96, nicht
veröffentlicht; vgl. hierzu auch Fezer JZ 1998, 265ff. (274).
143
Kapitel 3 B. - Einzelne Grundrechte
Der Phantasie der Werbefachleute sind natürlich keine
Grenzen gesetzt.452 Solche mit der Achtung der Menschenwürde kollidierenden Fälle treten immer häufiger
auf, so daß diese an Bedeutung erheblich zunehmen.
Dieser Form der Werbung muß Einhalt geboten werden.
Werbebilder, die geeignet sind, andere Menschen in
ihrer Würde zu verletzten, sind zu untersagen. Ein
solcher Fall liegt vor, wenn in einer Werbung einzelne Bevölkerungsteile diskriminiert werden.
Diese Ausführungen zeigen, daß es notwendig ist, die
mögliche Verletzung der Menschenwürde zu berücksichtigen. Zu kritisieren ist, daß in der Literatur zum
Teil die Kommunikationsgrundrechte detailliert analysiert und auf die Fälle Benetton für anwendbar erklärt werden, aber mit keinem Wort die Verletzung der
Menschenwürde angesprochen wird.453
452
Vgl. hierzu dargestellte Werbemaßnahmen ohne weitere Angaben einer
Fundstelle von Gaedertz/ Steinbeck WRP 1996, 978ff. (979): Es wurde
ein Produkt auf den Markt gebracht, eine kleine Plastikflasche gefüllt mit Likör, die an einer Seite aufgerissen und so der Alkohol
direkt an den Mund gespritzt werden kann. Das Produkt trägt den Namen
„Flotter Rammler“ und zeigt zwei kopulierende Hasen. Darüber hinaus
befindet sich auf der Plastiktüte der Spruch „Spritz Dir einen“.
453
So z.B. Heselhaus JA 1995, 863ff.; Löffler AfP 1993, 536ff.;
Schnorbus GRUR 1994, 15ff.; Sevecke AfP 1994, 196; Sosnitza WRP 1995,
786ff.; Teichmann/ van Krüchten WRP 1994, 704ff.; Ullmann GRUR 1996,
948ff.
144
Kapitel 4 A. - Allgemeine Grundsätze zur diskriminierenden Werbung
Kapitel 4: Rechtliche Beurteilung diskriminierender
Darstellungen
A. Allgemeine Grundsätze zur diskriminierenden Werbung
Die Entwicklung der Werbung in den letzten Jahrzehnten zeigt deutlich den Trend zu Werbemaßnahmen mit
politischem, gesellschaftspolitischem, wirtschaftlichem, religiösem, sozialem oder kulturellem Bezug.
Die herkömmliche Werbung geht in dem Fluß der Massenmedien unter und die zunehmende Informationsüberlastung des Konsumenten läßt die Aufmerksamkeit des Betrachters schwinden.454 Das Publikum stumpft ab. Es
gilt, durch besondere Effekte die eigene Werbung hervorzuheben, um Ansehen zu erhaschen. Dabei sind den
Phantasien der Werbefachleute keine Grenzen gesetzt
und zur Verwirklichung ihrer Ziele keine Mittel zu
schade.
Im Rahmen dieser Entwicklung nimmt die sog. ImageWerbung an Häufigkeit zu. Es wird nicht mehr ein unmittelbarer Bezug zu dem Produkt hergestellt, sondern
der Name des jeweiligen Unternehmens wird hervorgehoben, um dessen Bekanntheitsgrad zu steigern und dadurch den Absatz zu fördern. Es wurden aufgrund dieser Werbestrategien Werbebilder veröffentlicht, deren
Bezeichnung von geschmacklos über schockierend bis
hin zur Diskriminierung reichen. Der Image-Werbung
kommt dabei eine sehr weitläufige Werbewirkung zu, da
die auf diese Werbestrategie empört reagierenden Verbraucher mit ihrer Kritik natürlich einen besonders
einprägenden Charakter der Werbebilder bewirken.
Im weiteren Verlauf dieser Arbeit soll vertieft auf
die mit der Image-Werbung auftretende diskriminieren-
145
Kapitel 4 A. - Allgemeine Grundsätze zur diskriminierenden Werbung
de Werbung eingegangen werden. Es wurden immer wieder
Versuche
unternommen,
den
Hefermehl
von
diese
besonderen
entwickelten
Kategorien
darin enthaltenen Fallgruppen zuzuordnen.
gend
wurden
die
Fallgruppen
Werbebilder
der
455
und
den
Überwie-
gefühlsbetonten,
schockierenden oder auch anstößigen Werbeformen bevorzugt. Die Zuordnung in eine derartige Fallgruppe
ist schwierig, denn diese verschiedenen Fallgruppen
sind jede für sich gesehen nicht geeignet bzw. ausreichend, den Tatbestand der diskriminierenden Werbung auszufüllen.
Bei der Frage der Zuordnung gilt es zunächst allgemeine wettbewerbsrechtliche Grundsätze zu beachten.
I. Keine Geschmackszensur
Werbemaßnahmen im Rahmen der neuartigen Image-Werbung
werden von vielen Verbrauchern als geschmacklos empfunden. Andere werden sie als einfallsreich und originell bezeichnen, da ihr subjektiv geprägtes Empfinden ein anderes ist. Es bleibt immer eine Frage des
„Geschmacks“, wie diese Werbemaßnahmen zu beurteilen
sind.
Eine
Bestimmung
des
sogenannten
guten
Ge-
schmacks ist von subjektiven Empfindungen geprägt,
für die es keine einheitliche Definition gibt, denn
das menschliche Empfinden ist individuell. Über Geschmack läßt sich bekanntlich nicht streiten!456
Bereits im Jahre 1970 entschied der BGH, daß § 1 UWG
nicht den Zwecken einer Geschmackszensur dient.457 Er
hatte einen Werbeslogan für ein Buch, in dem für die
454
Vgl. hierzu Ausführungen in Kapitel 1 B.
Vgl. hierzu Ausführungen in Kapitel 2 A. 2.-3.
456
Fezer JZ 1998, 265ff. (268); Gaedertz/ Steinbeck WRP 1996, 978ff.
(979).
457
BGH GRUR 1970, 557f. (558) – „Erotik in der Ehe“.
455
146
Kapitel 4 A. - Allgemeine Grundsätze zur diskriminierenden Werbung
erotische Liebesvollendung in der Ehe geworben wurde,
wettbewerbsrechtlich zu beurteilen.458 Der Slogan wurde zwar als taktlos eingestuft, blieb aber unbeanstandet, da die Geschmacklosigkeit nicht als taugliches Kriterium zur Bestimmung der Sittenwidrigkeit
einer
Aufmerksamkeitswerbung
verwendet
werden
kön-
ne.459
Die Ausgrenzung der Geschmacklosigkeit aus dem Beurteilungsmaßstab
der
Sittenwidrigkeit
wurde
in
der
Rechtsprechung und auch in der Literatur immer wieder
bestätigt.460 Es ist nicht Aufgabe des Wettbewerbsrichters, die Werbung einer Geschmackszensur zu unterziehen.461 Eine geschmack-
oder
taktlose
Werbung
ist nicht auf der Grundlage des § 1 UWG zu beurteilen.462
Auch der Umstand, daß sich Werbende dabei sexueller
Motive bedienen, reicht für sich alleine noch nicht
zur Begründung der Sittenwidrigkeit aus.463 Hier zeigt
sich
besonders
deutlich
die
Grenze
zwischen
Ge-
schmacklosigkeit und Sittenwidrigkeit. Bei derartigen
458
Es wurde dabei für ein Buch mit dem Titel „Die erotische Liebesvollendung in der Ehe“ mit einem Werbezettel geworben, der folgenden
Inhalt enthielt: „Die erotische Liebesvollendung in der Ehe. Das
Glück in der Ehe hängt nicht nur von der gegenseitigen Liebe ab. In
mancher Ehe ist eine Gleichgültigkeit eingetreten, weil beide Partner
über die intimsten Geheimnisse nicht unterrichtet waren. Der Autor
dieses Buches gibt eine bis ins Einzelne gehende Anleitung und
spricht über die geheimsten Wünsche des Verlangens so offen und frei,
wie es noch vor kurzer Zeit undenkbar erschien. Wer in seiner Ehe
glücklich leben will, muß dieses Buch gelesen haben!“ Entscheidung
abgedruckt in BGH GRUR 1970, 557f. – „Erotik in der Ehe“.
459
BGH GRUR 1970, 557f. (558) – „Erotik in de Ehe“.
460
BGHZ 130, 5ff. (8) – „Busengrapscher“; BGHZ 130, 196ff. (202) –
„Ölverschmutzte Ente“; BGH NJW 1995, 2490ff. (2491) – „Kinderarbeit“;
BGH NJW 1995, 2492f. (2493) – „H.I.V.-Positive“; so auch Baumbach/
Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 1999, § 1, Rn. 84; Fezer JZ 1998, 265ff.
(268), Henning-Bodewig GRUR 1997, 180ff. (186); dies. WRP 1992,
533ff. (535, 538); Schramm GRUR 1970, 558; Wehlau DZWir 1996, 142ff.
(145).
461
BGHZ 130, 196ff. (202) „Ölverschmutzte Ente“.
462
Vgl. hierzu LG Hamburg NJW-RR 1989, 488f. (488) – „Werbung eines
Bestattungsinstituts“; so auch Baumbach/ Hefermehl, Wettbewerbsrecht,
1999, § 1, Rn. 84; Fezer JZ 1998, 265ff. (269).
463
Gaedertz/ Steinbeck WRP 1996, 978ff. (980).
147
Kapitel 4 A. - Allgemeine Grundsätze zur diskriminierenden Werbung
Werbebildern ist auf Wertvorstellungen der beteiligten Verkehrskreise abzustellen, deren Gewicht und Relevanz für die Beurteilung des in Frage stehenden
Verhaltens jeweils aufgrund einer umfassenden Abwägung auch der einander gegenüberstehenden Interessen
sowie unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb zu erfolgen
hat,
wobei
auch
verfassungsrechtliche
Bewertungen
solcher Interessen eine Rolle spielen können.464
In dem Fall „Busengrapscher“ hat das Berufungsgericht
die Bilder und den dazugehörigen Text auf den Likörfläschchen als noch wettbewerbskonform eingestuft,
da
eine
solche
geschmacklose
Werbung
noch
nicht
schamlos anstößig das sittliche Befinden verletze.
Das Publikum habe sich an frivole Texte und sexbetonte Bilder gewöhnt.
Der BGH hingegen vertritt die Auffassung, die Likörfläschchen könnten eben nicht mehr als Scherz eingestuft werden, sondern würden in obszöner Weise den
Eindruck der freien Verfügbarkeit der Frau in sexueller Hinsicht vermitteln und zugleich die Vorstellung
fördern, die so bezeichneten Getränke seien geeignet,
solcher Verfügbarkeit für die angesprochenen sexuellen Handlungen Vorschub zu leisten.465
Hier zeigt sich, wie schwierig es im einzelnen ist,
geschmacksbestimmende Kriterien nicht in die wettbewerbsrechtliche Beurteilung einfließen zu lassen und
vor allem diese von diskriminierender Entwürdigung zu
differenzieren.
In den Benetton–Urteilen führt der BGH aus, die Werbemaßnahmen seien nicht mehr als eine nur geschmack-
464
465
Vgl. hierzu Ausführungen in Kapitel 4.
BGHZ 130, 5ff. (9) - „Busengrapscher“.
148
Kapitel 4 A. - Allgemeine Grundsätze zur diskriminierenden Werbung
lose Werbung zu klassifizieren, die als solche keiner
Zensur durch die Wettbewerbsgerichte unterliegt. Der
Bereich des bloß schlechten Geschmacks sei hier bei
weitem überschritten.466 Entscheidendes Kriterium sei,
daß die Firma Benetton bei ihrer Werbung das Mitleidsgefühl der Verbraucher anspreche und sich zunutze mache.
Eine Geschmackszensur ist mit den wettbewerbsrechtlichen Beurteilungsmaßstäben unvereinbar. Diese Sichtweise überzeugt insbesondere unter dem Aspekt, daß
eine einheitliche Definition des Geschmacks de facto
nicht möglich ist. Die Auffassungen über Geschmack
sind aufgrund der individuell subjektiven Prägung zum
Teil derart konträr, daß eine Richtlinie zur Bestimmung des Begriffs „Geschmack“ durch Auseinanderlegung
und Erklärung seines Inhalts kaum möglich ist. Sie
obliegt allein der persönlichen Ansicht und Einschätzung. Außerdem kann sich die individuelle Auffassung
von Geschmack laufend ändern. Was heute noch gefällt,
gehört morgen vielleicht schon der Vergangenheit an.
Mit der Entwicklung des einzelnen und der Ausprägung
seines Charakters ändert sich unweigerlich auch dessen persönliches Geschmacksempfinden. Dies wird beeinflußt und gefördert durch Faktoren wie die Umwelt,
das gesellschaftliche Umfeld, die einzelnen Kulturen,
die individuelle Reife und vieles mehr. So wie sich
die Zeiten ändern, ändern sich auch die Geschmäcker.
Mit dem Wandel der Zeit vollzieht sich eine rasante
Entwicklung.
Besonders deutlich zeigt sich dieser Wandel an dem
Fall „Erotik in der Ehe“. Während noch im Jahre 1970
466
BGHZ 130, 196ff. (202) – „Ölverschmutzte Ente“; BGH NJW 1995,
2490ff. (2491) – „Kinderarbeit“; BGH NJW 1995, 2492f. (2493) –
„H.I.V.-Positive“.
149
Kapitel 4 A. - Allgemeine Grundsätze zur diskriminierenden Werbung
das
Aufklärungsbuch
erhebliches
Aufsehen
erregen
konnte, würde es in der jetzigen Zeit kaum Beachtung
finden. Denn in der heutigen Zeit gehören sexuelle
Themen zur Tagesordnung unserer Gesellschaft.
Eine sittenwidrige Werbemaßnahme kann demnach erst
dann angenommen werden, wenn eine Werbung nach der
Auffassung der betroffenen Verkehrskreise das sittliche Empfinden verletzt, insbesondere in grobem Maße
gegen Pietät und Takt verstößt, und dadurch ärgerniserregend und belästigend wirkt.467
II. Sachlichkeitsgrundsatz
Für die Image-Werbung ist charakteristisch, daß entgegen herkömmlichen Werbestrategien keinerlei sachlicher
Bezug
zu
dem
umworbenen
Produkt
hergestellt
wird. Vielmehr soll mittels drastischer Schlagworte,
frivoler Texte und sexbetonter, obszöner Bilder die
Aufmerksamkeit des Publikums geweckt werden.468 Dabei
werden
von
den
Werbenden
Themen
aufgegriffen,
die
bislang als Tabu in unserer heutige Gesellschaft gelten.469
Die Tendenz geht weg von der produktbezogenen Werbung
und hin zu einer das Ansehen und die Verkehrsbekanntheit des Namens eines Unternehmens steigernde Werbung. Diese ist nicht auf die Darstellung der von dem
Unternehmen
Vielmehr
hergestellten
soll
das
Image
Produkte
des
ausgerichtet.
Unternehmens
„aufge-
frischt“ werden.
467
So auch Baumbach/ Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 1999, § 1, Rn. 84.
So auch Baumbach/ Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 1999, § 1, Rn. 84.
469
So bezeichnet Ahrens die Werbemaßnahmen der Firma Benetton als in
den „Tabu-Bereich eindringend“, JZ 1995, 1097ff. (1098).
468
150
Kapitel 4 A. - Allgemeine Grundsätze zur diskriminierenden Werbung
Es fragt sich, ob dieser einer Werbemaßnahme fehlende
sachliche Bezug zum Produkt für die Beurteilung der
Werbemaßnahme unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten eine Rolle spielt. Dabei erörterte die Rechtsprechung zunächst, ob diese Werbemaßnahmen überhaupt
als Wettbewerbshandlungen zu bezeichnen sind. Nach
der
herkömmlichen
Definition
liegt
ein
Handeln
zu
Zwecken des Wettbewerbs in jedem Verhalten, daß äußerlich geeignet ist, den Absatz oder Bezug einer
Person
zum
Nachteil
einer
anderen
Person
zu
för-
dern.470 Die in Rede stehenden Werbemaßnahmen setzen
sich vorzugsweise zum Teil in drastischer Weise mit
Themen auseinander, die politischer, gesellschaftspolitischer, wirtschaftlicher, religiöser, sozialer und
kultureller Natur sind. Sie sind dabei ohne sachlichen Bezug zum Produkt lediglich mit einem Hinweis
auf das Unternehmen versehen.
Durch diese Art von Werbung, die vielfach schockartige Wirkung auf den Betrachter ausübt, wird die Aufmerksamkeit des Betrachters ohne Zweifel erregt und
damit zumindest der Bekanntheitsgrad des Unternehmens
gesteigert.471 Aus diesem Grund kann der Anwendung des
§ 1 UWG nicht entgegenstehen, daß die Gestaltung einer Werbung nicht auf das Warenangebot des Werbenden
gerichtet ist. Auch eine reine Aufmerksamkeitswerbung, welche geeignet ist, den Namen des werbenden
Unternehmens im Verkehr bekanntzumachen oder dessen
Verkehrsbekanntheit zu steigern, muß den Wettbewerbshandlungen im geschäftlichen Verkehr zugerechnet werden.472 Schließlich darf nicht außer acht bleiben, daß
mit der Image-Werbung zumindest auch mittelbar der
Absatz der jeweiligen Produkte gefördert werden soll.
470
471
Marly in LM H 11/1995, § 1 UWG, Nr. 692 und Nr. 693.
Siehe hierzu Oechsler BGH EWiR § 1 UWG 20/94, 821f. (822).
151
Kapitel 4 A. - Allgemeine Grundsätze zur diskriminierenden Werbung
Dem Verbraucher soll eine positive Einstellung zu dem
Unternehmen vermittelt werden, mit der er sich solidarisiert und sich aus diesem Grunde vorzugsweise für
dessen Produkte entscheidet.
Dies bedeutet jedoch nicht, daß sich der Umworbene
mit den bestimmten Wertvorstellungen identifiziert,
die die Produkte des jeweiligen Unternehmens zu verkörpern vorgeben.473 Eine
insbesondere
im
solche
Hinblick
Interpretation
auf
die
ist
Benetton-
Werbekampagne kaum vertretbar. Ein Pullover verkörpert
sicherlich
schmutzung
bzw.
keine
zur
Einstellung
zur
Stigmatisierung
von
Umweltver„H.I.V.-
Positive“ in unserer heutigen Gesellschaft. Es kann
lediglich davon ausgegangen werden, daß sich der Verbraucher möglicherweise mit der Unternehmensphilosophie identifiziert. Kassebohm dehnt die Kaufmotivation des Verbrauchers und die damit verbundene Einstellung zum Produkt noch weiter aus: „Diejenigen Personen, die Benetton´s Ware kauften, konnten hierüber
wiederum das Gefühl erhalten, selbst nicht als langweilig zu gelten, sondern ebenso Gegenstand aktueller
Auseinandersetzungen
und
allgemeiner
Beachtung
zu
sein. Das starke Prestigestreben, das hinter der Motivation zum Kauf von Kleidung steckt, wurde insofern
wegen der sozialen Auffälligkeit gerade der BenettonKleidung
geschickt
ausgenutzt.“474
Diese
Überlegung
scheint als Kaufmotivation höchst abwegig und wird
schon durch den eklatanten Umsatzrückgang der Firma
Benetton widerlegt. Dieser zeigt, daß sich der Verbraucher keineswegs mit der Abnahme des Produkts in
472
BGHZ 130, 196ff. (199) – „Ölverschmutzte Ente“.
So versteht Hartwig die Image-Werbung, WRP 1997, 825ff. (827).
474
Kassebohm, Grenzen schockierender Werbung, 1995, 2. Kapitel,
1.1.3, S. 59.
473
152
Kapitel 4 A. - Allgemeine Grundsätze zur diskriminierenden Werbung
den gesellschaftlichen Mittelpunkt stellen will, sondern sich im Gegenteil von der Marke absondert.
Des weiteren gilt zu klären, ob der Sachlichkeitsgrundsatz als Auslegungsdirektive und Wertungskriterium zur Begründung einer wettbewerbswidrigen Maßnahmen fungieren kann.475 Ansatzpunkt dieser Überlegung
ist,
daß
der
Sachlichkeitsgrundsatz
aus
dem
Lei-
stungsprinzip (auch unter den Begriff Leistungswettbewerb
zu
fassen)
resultiert.476
Nach
diesem
Lei-
stungsprinzip ist der wirtschaftliche Wettbewerb ausgerichtet.477 Ziel des
Leistungswettbewerbs
ist
die
Verbesserung von Qualität und Preis der Ware sowie
die damit verbundene Serviceleistung.478 Der Wettbewerb soll in der Förderung der Absatztätigkeit des
eigenen Unternehmens mit den Mitteln der eigenen Leistung bestehen.479
Dagegen liegt ein Nichtleistungswettbewerb vor, wenn
Mittel
angewandt
werden,
die
geeignet
sind,
einen
echten Vergleich der Leistungen der einzelnen Wettbewerber durch die Marktgegenseite auszuschließen. Dazu
gehört der Bereich der Wertreklame wie Werbegeschenke, Gewinnspiele, Zugaben und Vergünstigungen.480 Der
Nichtleistungswettbewerb unterliegt einem strengeren
Beurteilungsmaßstab als der Leistungswettbewerb, da
der Begriff des Nichtleistungswettbewerbs den spezifischen Unrechtsgehalt einer Wettbewerbshandlung impliziert.481
475
Vgl. Fezer JZ 1998, 265ff. (270); Henning-Bodewig GRUR 1997,
180ff. (188); Teichmann/ van Krüchten WRP 1994, 704ff.
476
Siehe hierzu Fezer JZ 1998, 265ff. (270).
477
Baumbach/ Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 1999, Rn. 96.
478
Kassebohm, Grenzen schockierender Werbung, 1995, 2. Kapitel, 3.2.,
S. 97.
479
Baumbach/ Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 1999, Einl. UWG, Rn. 96.
480
Fezer JZ 1998, 265ff. (270); Baumbach/ Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 1999, § 1 , Rn. 85ff.
481
Vgl. hierzu Rittner, Wettbewerbs- und Kartellrecht, 1999, § 1, Rn.
24.
153
Kapitel 4 A. - Allgemeine Grundsätze zur diskriminierenden Werbung
Das Leitbild des Leistungswettbewerbs entspricht der
erstrebenswerten und damit auch schutzwürdigen Form
des Wettbewerbs und wird deshalb als materieller Beurteilungsmaßstab von lauteren und unlauteren Wettbewerbshandlungen herangezogen.482
Eine Werbemaßnahme, in der eine sachliche Information
das Produkt bzw. die Dienstleistung betreffend wiedergegeben wird, die dem Interesse des Verbrauchers
dient und nicht seine Entscheidungsfreiheit unangemessen beeinträchtigt, ist wettbewerbskonform.483 Damit besteht der allgemeine Grundsatz, daß eine Werbung sachlich sein soll.484 An die Sachlichkeit selbst
werden
keine
großen
Erwartungen
gestellt.
Diesem
Grundsatz wird gerecht, wer in seiner Werbung mit
seinen Produkten in irgendeiner Weise die Qualität,
den Preis und bzw. oder die Serviceleistung betreffend wirbt.485 Ausreichend für die Herstellung eines
solchen sachlichen Bezuges ist schon die bildliche
Darstellung des umworbenen Produkts.486
Eine weitläufige Diskussion in der Rechtsprechung und
der Literatur wurde bei der Frage entfacht, ob Werbemaßnahmen ohne Sachbezug die Interessen der Allgemeinheit gefährden.487 Der fehlende Sachbezug kann al-
482
Baumbach/ Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 1999, Einl. UWG, Rn. 96.
Baumbach/ Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 1999, § 1 UWG, Rn. 176a und
UWG vor §§ 3-8, Rn. 6; BGH GRUR 1969, 283ff. – „Schornsteinauskleidung“; kritisch dazu Spengler WuW 1956, 721ff.
484
BGH GRUR 1969, 283ff. – „Schornsteinauskleidung“; Baumbach/ Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 1999, UWG vor §§ 3-8, Rn. 6; kritisch dazu
Spengler WuW 1956, 721ff.
485
Kassebohm, Grenzen der schockierenden Werbung, 1995, 2. Kapitel,
3.2.1., S. 97.
486
OLG Frankfurt a.M. NJW-RR 1994, 734 – „Paradise now“; in der Entscheidung wurden von dem Modehersteller Otto Kern Photographien veröffentlicht, in denen die darin agierenden Personen die Mode des Werbeträgers präsentieren.
487
Vgl. hierzu Fezer JZ 1998, 265ff. (270); Fischer GRUR 1995, 641ff.
(646); Gaedertz/ Steinbeck WRP 1996, 978ff.; Henning-Bodewig GRUR
1997, 180ff. (188); dies. GRUR 1993, 950ff. (951); dies. WRP 1992,
533ff. (536); Kassebohm, Grenzen der schockierenden Werbung, 1995, 2.
Kapitel, 3.2.1., S. 97; Menke GRUR 1995, 534ff. (536); Sosnitza GRUR
483
154
Kapitel 4 A. - Allgemeine Grundsätze zur diskriminierenden Werbung
leine als Kriterium zur Begründung einer sittenwidrigen Werbemaßnahme kaum ausreichen. Dies würde zu einer eklatanten Einschränkung des Anwendungsbereichs
des
Leistungswettbewerbs
führen.
Eine
sachbezogene
Werbung kann zwar den Leistungswettbewerb als solchen
begründen, ist jedoch als Kriterium für die Abgrenzung zum Nichtleistungswettbewerb gänzlich ungeeignet.488
Noch die Instanzenrechtsprechung stellte entscheidend
auf den erforderlichen Sachbezug zwischen Produkt und
Werbung ab und ließ den fehlenden sachlichen Bezug
für sich alleine schon zur Begründung der Sittenwidrigkeit ausreichen.489 Dieser gehe zu der angebotenen
Leistung verloren oder aber es werde damit gezielt
auf eine unsachliche Kundenbeeinflussung hingewirkt.
Eine Werbung mit dem Leid von Menschen und Tieren ohne jeden Sachbezug wirke den wettbewerbsrechtlichen
Grundsätzen entgegen.490
Diese Sichtweise verwirft der BGH. Er führt in den
Benetton-Urteilen aus, daß „die Schwelle sittenwidriger Aufmerksamkeitswerbung nicht schon dann als überschritten
angesehen
werden
könne,
wenn
die
Image-
Werbung keinerlei Bezug zum Waren- oder Dienstlei-
1993, 540ff. (542); Teichmann/ van Krüchten WRP 1994, 704ff.; Wünnenberg, Schockierende Werbung – Verstoß gegen § 1 UWG?, 1993, 4. Kapitel, III. 2. c), S. 110.
BGHZ 130, 196ff. – „Ölverschmutzte Ente“; BGH NJW 1995, 2490ff. –
„Kinderarbeit“; BGH NJW 1995, 2492f. – „H.I.V.-Positive“.
488
Wünnenberg, Schockierende Werbung – Verstoß gegen § 1 UWG?, 1993,
4. Kapitel, III. 2. c), S. 114.
489
Das OLG Frankfurt a.M. führt aus, daß zwischen der Abbildung des
verölten Wasservogels und der von der Firma Benetton vertriebenen
modischen Kleidung eine so große Kluft liege, daß man geradezu von
einem makabren Gegenteil des Leistungswettbewerbs sprechen könne.
Siehe OLG Frankfurt a.M. WRP 1994, 405ff. (406f.) - „Verölter Wasservogel“.
490
So OLG Frankfurt a.M. AfP 1992, 378f. – „Transportcontainer“; OLG
Frankfurt a.M. WRP 1994, 405ff. – „Verölter Wasservogel“; OLG Frankfurt a.M. NJW-RR 1994, 945f. – „H.I.V.-Positive“, auch OLG Saarbrükken WRP 1992, 510ff. (511) – „Umweltwerbung“; LG München GRUR 1993,
985ff. (986) – „Togal-Werbung“.
155
Kapitel 4 A. - Allgemeine Grundsätze zur diskriminierenden Werbung
stungsangebot des Unternehmens aufweist.“491 Zutreffend wird dargelegt, ohne das Hinzutreten besonderer
Umstände sei ohnehin schon kein Anlaß gegeben, von
einer
unlauteren
Werbemaßnahme
zu
sprechen.492
Die
Image-Werbung alleine kann die Sittenwidrigkeit nicht
begründen.493
Das folgt aus dem Wandel der Zeit, denn durch diesen
ändern
sich
auch
grundlegend
die
Marktstrategien.
Während früher von dem sachlich orientierten Verbraucher die Rede war, der erst nach ordnungsgemäßer Prüfung der Ware sich als Ergebnis rationaler Überlegungen für ein Produkt entschied,494 sind diese Überlegungen nach heutigen Maßstäben nicht mehr kaufentscheidend. Der Verbraucher steht der Werbung skeptisch
gegenüber.495
Die
Werbung
gilt
allgemein
als
nicht besonders glaubhaft. Der Verbraucher wird mit
einer Vielzahl von Produkten überflutet, so daß er
sein Augenmerk nicht mehr auf sachlich orientierte
Gesichtspunkte richtet, sondern auf andere Faktoren,
wie z.B. das Prestige einer Marke, die Verkehrsbe491
BGHZ 130, 196ff. (200) – „Ölverschmutzte Ente“; BGH NJW 1995,
2490ff. (2491) – „Kinderarbeit“; BGH NJW 1995, 2492f. (2493) –
„H.I.V.-Positive“.
492
Während das OLG Frankfurt a.M. noch in dem Fall „verölter Wasservogel“ entscheidend auf den die Sittenwidrigkeit begründenden fehlenden Sachbezug abstellte, hat derselbe Senat die Werbemaßnahme von
Otto Kern „Paradise Now“ wettbewerbsrechtlich als nicht zu beanstanden angesehen. In seiner Begründung weist er zwar darauf hin, daß der
Inhalt der Werbefotos nicht völlig leistungsfremd ist. Ein fehlender
Sachbezug reiche ohnehin allein nicht aus, um die Werbemaßnahme wettbewerbsrechtlich zu beanstanden. Zwar erkennt er an, daß die werbemäßige Benutzung religiöser Themen durchaus geeignet sein können, Irritationen und Empörung bei einem Teil der Bevölkerung auszulösen, der
seine religiösen Glaubensinhalte nicht in Verbindung gebracht sehen
will mit einer auf eigennützige Gewinnerzielung gerichteten Wirtschaftswerbung. Vorliegend sei dies nicht zu befürchten, da die biblischen Motive bewußt zurückhaltend und ohne Pervertierung der eigentlichen Inhalte verwendet würden. OLG Frankfurt a.M. NJW-RR 1994,
734 – „Paradise Now“
493
So auch BGH AfP 1997, 905ff. – „Politikerschelte“.
494
Baudenbacher, Suggestivwerbung und Lauterkeitsrecht, 1978, 2. Kapitel, § 1, S. 12ff.; vgl. auch Baumbach/ Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 1999, § 1 UWG, Rn. 176a; Wünnenberg, Schockierend Werbung –
Verstoß gegen § 1 UWG?, 1993, 4. Kapitel, III. 2. c), S. 110ff.
495
Dies zeigen empirische Untersuchungen, siehe hierzu Mähling, Werbung, Wettbewerb und Verbraucherpolitik, 1983.
156
Kapitel 4 A. - Allgemeine Grundsätze zur diskriminierenden Werbung
kanntheit eines Unternehmens und deren Gesinnung. Damit gewinnt das Image eines Unternehmens einen nicht
zu unterschätzenden Stellenwert. Ihm kommt die Aufgabe zu, das Angebot an Gütern und Dienstleistungen sowie das werbliche Angebot durch Vereinfachung und Reduzierung auf die als charakteristisch empfundenen
Details psychologisch zu bewältigen.496 Mit der ImageWerbung wird einerseits erreicht, Aufmerksamkeit beim
Verbraucher zu erregen und andererseits diesen nicht
unnötig mit Informationen zu belasten. Die Unternehmen müssen deshalb in ihren Gestaltungsmöglichkeiten
frei sein, damit eine kreative Auseinandersetzung gewährleistet ist.
Die Werbebilder – wenn auch ohne sachlichen Bezug zu
Bekleidungstextilien – waren allesamt versehen mit
dem Firmenemblem. Dies ermöglichte dem Verbraucher,
die Werbemaßnahmen sowohl dem Unternehmen Benetton
als auch der dazugehörigen Ware zuzuordnen.497 Durch
diese Werbekampagne hat die Firma Benetton einen Bekanntheitsgrad
erlangt,
woraus
geschlossen
werden
kann, daß der Verbraucher das Image eines Unternehmens als Leistung anerkennt.498
Weitgehende Einigkeit besteht darüber, daß der fehlende sachliche Bezug einer Werbemaßnahme allein ohne
das Hinzutreten besonderer, die Sittenwidrigkeit be496
Baudenbacher, Suggestivwerbung und Lauterkeitsrecht, 1978, 1. Kapitel, § 4 III. 2. C., S. 37.
497
Kassebohm, Grenzen der schockierenden Werbung, 1995, 2. Kapitel,
3.2.3, S. 105.
498
Wünnenberg, Schockierende Werbung – Verstoß gegen § 1 UWG?, 1993,
4. Kapitel, III. 2. c), S. 114; vgl. auch Sosnitza WRP 1995, 786ff.
(788). Allerdings ist dies nicht notwendig in Zusammenhang mit einer
Absatzsteigerung zu sehen. Aufgrund der diskriminierenden und auch
schockierenden Werbemaßnahmen erlitt das Unternehmen erhebliche Umsatzrückgang, wie spätere Klagen der Einzelhändler auf Schadenersatz
zeigen. Vgl. hierzu die von den Händlern geführten Prozesse gegen die
Firma Benetton aufgrund der erheblichen Umsatzeinbußen nach Veröffentlichung der Werbekampagne, BGH NJW 1997, 3304ff. – „Benetton I“
und BGH NJW 1997, 3309ff. – „Benetton II“. Siehe hierzu auch Artikel
157
Kapitel 4 A. - Allgemeine Grundsätze zur diskriminierenden Werbung
gründender Umstände nicht Anlaß gibt, von einer unlauteren Werbemaßnahme zu sprechen.499 Es ist unzeitgemäß, bei der Wettbewerbsmäßigkeit einer Werbemaßnahme ausschließlich auf eine sachlich informative
Werbeform abzustellen.
Stimmen in der Literatur fordern sogar, gänzlich auf
das Kriterium des sachlichen Bezugs im Wettbewerb zu
verzichten.500 Denn dieses sei an wettbewerbsrechtliche Anforderungen einer tradierten Werbeform verankert, die weder der heutigen Funktionsweise und Aufgabe des Wettbewerbs allgemein noch der aufgrund neu
entwickelter Werbestrategien zur Image-Werbung speziell gerecht werde.501 Tatsächlich bestimmen zunehmend
unternehmensorientierte Argumente in der Konsumgüterwerbung das Marktverhalten des Verbrauchers und weniger sachbezogene Kriterien. Die Zeiten, in denen ausschließlich die Werbung darauf abzielte, dem Verbraucher Produktinformationen zukommen zu lassen, sind
vorbei. So stehen sich die informative und die suggestive Werbeform nicht gegenüber, sondern die suggestive Werbeform hat sich aus der sachlich informativen entfaltet. Durch die Überflutung der Werbelandschaft soll mit der Imagepflege bezweckt werden, angeregt durch Gefühle, Stimmungen und Befindlichkeiten
Aufmerksamkeit zu erhalten, so daß der Verbraucher
in der Süddeutschen Zeitung vom 14./15.1.1995, S. 34, „Aufstand gegen
Benetton: Händler wehren sich“.
499
BGHZ 130, 196ff. – „Ölverschmutzte Ente“; BGH NJW 1995, 2490ff. –
„Kinderarbeit“; BGH NJW 1995, 2492f. – „H.I.V.-Positive“; BGHZ 130,
5ff. (10) – „Busengrapscher“; OLG Frankurt a.M. NJW-RR 1994, 734 „Paradise now“; Artmann WBL 1998, 474ff.; Fezer JZ 1998, 265ff.
(270); Gaedertz/ Steinbeck WRP 1996, 978ff. (978); Harrer WBl. 1996,
465ff. (466ff.); Hartwig ZUM 1998, 782ff. (789); Henning-Bodewig GRUR
1997, 180ff. (188f.); dies. GRUR 1993, 950ff. (951); dies. WRP 1992,
533ff. (536); Menke GRUR 1995, 534ff. (537); Keßler WRP 1999, 146ff.
(150ff.); Sosnitza WRP 1995, 786ff. (788, 790); ders. GRUR 1993,
540ff. (542f.); Teichmann/ van Krüchten WRP 1994, 704ff.
500
Hartwig ZUM 1998, 782ff. (789f.); Menke GRUR 1995, 534ff. (535f.,
538); Sosnitza GRUR 1993, 540ff. (542); vgl. auch Bülow, ZIP 1995,
1289ff. (1290); Henning-Bodewig GRUR 1997, 180ff. (188f.).
158
Kapitel 4 A. - Allgemeine Grundsätze zur diskriminierenden Werbung
seine Blickrichtung auf das Unternehmen richtet und
dadurch selbst die Assoziation zum vertriebenen Produkt herstellt. Es ist unzeitgemäß, am Sachlichkeitsgrundsatz festzuhalten. Aus dem Fehlen eines sachlichen
Zusammenhangs
können
sich
keine
lauterkeits-
rechtlichen Grenzen ergeben.
Der BGH hingegen bleibt dem Sachlichkeitsgrundsatz
treu. Interessanterweise führt er in den BenettonUrteilen aus, daß bei einem Sachbezug des dargestellten Elends eine andere wettbewerbsrechtliche Beurteilung gerechtfertigt sein könnte.502 Dies sei im Fall
„Ölverschmutzte Ente“ ohne weiteres einsichtig, stelle man sich vor, ein chemisches Unternehmen, das ölfressende bakterielle Substanzen herstellt, bediene
sich dieser Photographie zu Werbezwecken.503 Diese Argumentation findet sich auch wieder bei dem BenettonWerbebild eines bosnischen Soldaten. Dieses Werbebild
wäre
wettbewerbsrechtlich
unbeanstandet
geblieben,
würde es von einer Hilfsorganisation zu Zwecken der
Bosnien-Hilfe verwendet worden sein.504
Einen ähnlichen Vergleich bringt der BGH in dem Fall
„Busengrapscher“. Dort argumentiert er, es müßten andere Maßstäbe angelegt und im Wettbewerb als unanstößig (noch) zu tolerieren angesehen werden, würde sich
die sexistische Werbung auf Ware beziehen, deren besonderer Charakter sich schon aus ihrer spezifischen
Zwecksetzung – wie etwa bei unmittelbar zur sexuellen
Verwendung bestimmten oder bei pornographischen Arti-
501
Vgl. Teichmann/ van Krüchten WRP 1994, 704ff. (704).
BGHZ 130, 196ff. (200) – „Ölverschmutzte Ente“.
503
BGHZ 130, 196ff. (200) - „Ölverschmutzte Ente“.
504
Vgl. hierzu Nordemann, Wettbewerbs- und Markenrecht, 1995, Rn.
176.
502
159
Kapitel 4 A. - Allgemeine Grundsätze zur diskriminierenden Werbung
keln – und ihrem entsprechenden besonderen Vertriebsstätten wie Sex-Shops ergibt.505
Dies führt zu dem Schluß, daß eine Werbemaßnahme ohne
Sachbezug schneller die Schwelle zur Sittenwidrigkeit
überschreitet als eine mit Sachbezug. Der Werbende
muß sich bei derartiger Vorgehensweise einer genauen
Betrachtung unterziehen.506 Damit wird bereits im Vorfeld ein Richtungsweiser gesetzt, der einer Vorabentscheidung gleich kommt und jeglichen marktstrategischen Entwicklungen zuwiderläuft. Bei einer produktbezogenen Werbemaßnahme hingegen müssen die Umstände
schon sehr viel gewichtiger sein, um die Unlauterkeit
zu begründen.
Trotz alledem bleibt es auch nach Ansicht der Rechtsprechung bei dem im Ergebnis, daß zur Begründung einer
sittenwidrigen
Werbemaßnahme
–
mit
oder
ohne
Sachbezug - weitere Umstände hinzukommen müssen. Allein der fehlende Sachbezug genügt nicht. Dabei ist
auf solche Umstände abzustellen, die dem Ziel einer
Werbemaßnahme, welches in der Verbesserung der Qualität und des Preises der Ware sowie der damit verbundenen Serviceleistung liegt, zuwiderläuft.507
So verhält es sich in den von dem BGH entschiedenen
Benetton-Werbebildern.508 In drei Urteilen wurden Werbemaßnahmen der Firma Benetton als sittenwidrig beurteilt, weil die durch die photographische Darstellungen mit dem Elend der Welt – sei es mit der Kreatur
im allgemeinen, sei es des Menschen im besonderen beim Betrachter ausgelösten Wirkungen wie Mitleid,
505
BGHZ 130, 5ff. (10) – „Busengrapscher“.
Vgl. hierzu auch Henning-Bodewig GRUR 1993, 950 (951); Gaedertz/
Steinbeck WRP 1996, 978ff. (978).
507
Vgl. hierzu Kassebohm, Grenzen der schockierenden Werbung, 1995,
2. Kapitel, 3.2.2, S. 99.
508
BGHZ 130, 196ff. – „Ölverschmutzte Ente“; BGH NJW 1995, 2490ff. –
„Kinderarbeit“; BGH NJW 1995, 2492f. – „H.I.V.-Positive“.
506
160
Kapitel 4 A. - Allgemeine Grundsätze zur diskriminierenden Werbung
Ohnmacht und Enttäuschung über die eigene Hilflosigkeit vom Werbenden als Vehikel zur eigenen Umsatzsteigerung oder - was bereits ausreiche - zur Steigerung der Verkehrsbekanntheit seines Namens eingesetzt
werde.509 In dem Fall „H.I.V.-Positive“ führte der BGH
darüber hinaus aus, daß die Werbeanzeige nicht nur
das Gefühl des Mitleids in starkem Maße anspreche,
sondern in grober Weise gegen die Grundsätze der Wahrung der menschlichen Würde verstoße, indem sie den
Aids-Kranken als „abgestempelt“ und damit als aus der
menschlichen Gesellschaft ausgegrenzt darstelle.510
Die Etikettierung der Likörfläschchen führte neben
dem fehlenden Sachbezug zu einer Verletzung der Menschenwürde sowie zur Herabsetzung und Diskriminierung
eines Bevölkerungsteils zu dem Zweck, den Absatz eines bestimmten Produkts zu fördern. Denn die Bezeichnung
Busengrapscher
und
Schlüpferstürmer
verbunden
mit sexuell anzüglichen Bilddarstellungen von Frauen
vermittele den Eindruck der sexuellen Verfügbarkeit
der Frau als mögliche Folge des Genusses des angepriesenen alkoholischen Getränks.511
In anderen Werbemaßnahmen der Firma Benetton fehlt
zwar
ebenfalls
der
sachliche
Bezug
zum
umworbenen
Produkt, jedoch konnte mangels Vorliegen weiterer unlauterer Umstände eine sittenwidrige Maßnahme nicht
begründet werden. So verhält es sich mit den Werbebildern des Soldatenfriedhofs, des blutverschmierten
Neugeborenen und dem Bild eines eine Nonne küssenden
Priesters.512
509
BGHZ 130, 196ff. (200) - „Ölverschmutzte Ente“; BGH NJW 1995,
2490ff. (2491) - „Kinderarbeit“.
510
BGH NJW 1995, 2492f. (2493) - „H.I.V.-Positive“.
511
BGHZ 130, 5ff. (10) – „Busengrapscher“.
512
In Italien hingegen wurde die Werbung mit einem Priester, der eine
Nonne küsst und das Werbebild des Soldatenfriedhofs verboten, da ein
sachlicher Bezug gänzlich fehlt.
161
Kapitel 4 A. - Allgemeine Grundsätze zur diskriminierenden Werbung
III. Zuordnung einer Fallgruppe
1. Gefühlsbetonte Werbung
Der BGH versucht die Fälle der Image-Werbung513 der
etablierten
Fallgruppe
der
gefühlsbetonten
Werbung
zuzuordnen.514 Diese umfaßt Werbemaßnahmen, die an Gefühle des Umworbenen wie Mitleid, Hilfsbereitschaft,
Gerechtigkeitssinn,
Mildtätigkeit,
Spendenfreudig-
keit, Eitelkeit, soziale Verantwortung, Vaterlandsliebe, Frömmigkeit und Trauer appelliert.515 Ursprünglich fand diese Fallgruppe Anwendung auf die Fälle
des Türverkaufs von Artikeln, die in Behindertenwerkstätten hergestellt worden sind (z.B. Seife, Grußkarten ect.). Die gefühlsbetonte Werbung gilt als beliebtes Mittel der Verkaufsförderung und wird mittlerweile in einer Vielzahl von Fällen angewandt.
Für sich alleine genommen ist gefühlsbetonte Werbung
noch nicht sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG.516 Nicht
jeder werbemäßige Appell an ein Gefühl ist unzulässig. Denn es gehört zum Bild der modernen Werbung,
auch den emotionalen Bereich des umworbenen Verbrauchers anzusprechen, um diesen zum Erwerb der angebotenen Ware oder Leistung zu veranlassen. Es kann daher nicht jedes bloße Ansprechen von Gefühlsregungen
der Umworbenen als wettbewerbswidrig angesehen wer513
Insbesondere die Benetton-Fälle sowie den Busengrapscher-Fall.
Schricker EWiR § 1 UWG 18/95, 919f. (919).
515
Es handelt sich hierbei nicht um eine abschließende Aufzählung.
Vgl. hierzu Baumbach/ Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 1999, § 1 UWG, Rn.
185ff.; Gloy, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 1986, § 49, Rn. 22;
Nordemann, Wettbewerbs- und Markenrecht, 1995, Rn. 191ff.; Schramm
GRUR 1976, 689ff. (689).
516
BGH GRUR 1995, 742ff. (743) – „Arbeitsplätze bei uns“; BGH GRUR
1991, 545f. (545) – „Tageseinnahmen für Mitarbeiter“; BGHZ 112,
311ff. (313, 315) – „Biowerbung mit Fahrpreiserstattung“; BGH NJW-RR
1987, 991f. – „McHappy-Tag“; BGH NJW 1976, 753f. – „UNICEFGrußkarten“; so auch Baumbach/ Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 1999, § 1
UWG, Rn. 185ff.; Fezer JZ 1998, 265ff. (269f.); Schramm GRUR 1976,
689ff. (689).
514
162
Kapitel 4 A. - Allgemeine Grundsätze zur diskriminierenden Werbung
den. Vielmehr begründen erst zusätzliche unzulässige
Tatumstände
zumindest
518
men.
Wettbewerbswidrigkeit.517
die
für
eigennützig
tätige
Dies
gilt
Erwerbsunterneh-
Solche Tatumstände liegen beispielsweise vor,
wenn über die karitative Stellung des Werbenden getäuscht wird oder sich der karitative Zweck als unwahr herausstellt.519
Dazu hat der BGH mehrfach ausgeführt, daß bei der Erweckung des Kaufinteresses aus sozialem Verantwortungsgefühl, Hilfsbereitschaft oder Mitleid die Wettbewerbswidrigkeit
eines
wettbewerblichen
Vorgehens
anzunehmen ist, wenn ein sachlicher Zusammenhang zwischen dem sozialen Engagement und der Ware oder Leistung nicht besteht, die Gegenstand der Werbung ist;
wenn vielmehr zielbewußt und planmäßig an die soziale
Hilfsbereitschaft appelliert wird, um diese im eigenen
wirtschaftlichen
Interesse
Kaufmotivation auszunutzen.
als
entscheidende
520
Es überzeugt, wenn eine unmittelbare Kausalität zwischen der Gefühlsregung des Verbrauchers und seiner
Kaufentscheidung liegt, der Verbraucher folglich „unsachlich“ beeinflußt wird.521 Bei der Benetton-Werbung
liegt der Fall hingegen anders. Zwar handelt es sich
517
BGH GRUR 1965, 485ff. – „Versehrtenbetrieb“; vgl. auch Schramm
GRUR 1976, 689ff. (689).
518
Anders liegt der Fall, wenn es sich bei dem werbenden Unternehmen
um eine gemeinnützige Organisation mit karitativer Tätigkeit handelt,
so bereits BGH NJW 1976, 753f. – „UNICEF-Grußkarten“. Vgl. hierzu
auch Schott EWiR § 1 UWG 17/95, S. 917f. (917).
519
Schramm GRUR 1976, 689ff. (690).
520
BGH GRUR 1995, 742ff. (743) – „Arbeitsplätze bei uns“; BGH GRUR
1991, 545f. (545) – „Tageseinnahmen für Mitarbeiter“; BGHZ 112,
311ff. (313, 315) – „Biowerbung mit Fahrpreiserstattung“; BGH NJW-RR
1987, 991f. – „McHappy-Tag“; BGH NJW 1976, 753f. – „UNICEFGrußkarten“.
521
Anderes muß natürlich gelten, wenn ein sachlicher Zusammenhang
zwischen dem in der Werbung angesprochenen sozialem Engagement und
der umworbenen Ware besteht. So wurde eine in einer Informationsbroschüre eines Krankenhauses veröffentlichte Anzeige, in der für die
Durchführung von Erd-, Feuer- und Seebestattungen durch ein Unternehmen nebst Preisen geworben wurde, als wettbewerbsmäßig beurteilt. LG
Hamburg NJW-RR 1989, 488f. – „Werbung eines Bestattungsinstituts“.
163
Kapitel 4 A. - Allgemeine Grundsätze zur diskriminierenden Werbung
um Werbebilder, die die Gefühle der Verbraucher ansprechen. Dieser Appell an die Gefühle ist aber gerade nicht mit dem Absatz der von Benetton vertriebenen
Produkte verbunden. Mit den Werbebildern der Firma
Benetton soll der Verbraucher nicht unmittelbar zum
Kauf eines Pullovers angeregt werden. Ein direkter
Bezug zum umworbenen Produkt existiert nicht. Die Benetton-Kampagne zeichnet sich vielmehr durch progressive Werbung aus, die ausschließlich dazu dient, den
Bekanntheitsgrad der Firma Benetton zu erhöhen. Der
Verbraucher kauft nicht einen Pullover, um einen Beitrag für den Umweltschutz oder die Armut und das Leid
in Teilen der Bevölkerung zu leisten. Auch ist die
Annahme
nicht
überzeugend,
die
Kaufmotivation
des
Verbrauchers liege darin, mit dem Kaufentschluß das
Gefühl zu erhalten, ebenso wie die Benetton-Werbung
nicht als langweilig zu gelten und damit Gegenstand
aktueller Diskussion zu sein.522 Es liegt eben kein
unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Gefühlsregung
des Verbrauchers und seiner Kaufentscheidung.
Dennoch sieht der BGH den Vorwurf des sittenwidrigen
Werbeverhaltens der Firma Benetton im Kern darin begründet, daß sie mit der lediglich auf sie als publizierendes
Unternehmen
hinweisenden
Darstellung
des
Elends geschundener Kreatur bei einem nicht unerheblichen Teil der Verbraucher starke Gefühle des Mitleids und der Ohnmacht über die Umweltzerstörung wekke, sich dabei als gleichermaßen betroffen darstelle
und damit eine Solidarisierung der Einstellung solchermaßen berührter Verbraucher mit dem Namen und zugleich mit der Geschäftstätigkeit ihres Unternehmens
herbeiführe. Wer im geschäftlichen Verkehr Gefühle
522
Kassebohm,
1.1.3, S. 59.
Grenzen
schockierender
Werbung,
1995,
2.
Kapitel,
164
Kapitel 4 A. - Allgemeine Grundsätze zur diskriminierenden Werbung
des Mitleids oder der Solidarität mit sozialem Engagement
ohne
sachliche
Veranlassung
zu
Wettbe-
werbszwecken ausnutze, setze sich dem Vorwurf sittenwidrigen Handelns im Wettbewerb aus. Eine solcherart
gefühlsbetonte
Werbung
sei
nicht
nur
dann
wettbe-
werbswidrig im Sinne des § 1 UWG, wenn sie unmittelbar oder mittelbar im Zusammenhang mit dem Warenoder Dienstleistungsangebot des werbenden Unternehmens stehe.523 Diese Begründung vermag nicht überzeugen. Es liegt schon ein Wertungswiderspruch darin,
daß einerseits Image-Werbung, die keinerlei Bezug zum
Waren-
oder
Dienstleistungsangebot
des
Unternehmen
aufweist, für sich alleine genommen noch keine Sittenwidrigkeit begründet. Nach Ausführungen des BGH
kann
dann
die
Schwelle
sittenwidriger
Aufmerksam-
keitswerbung noch nicht als überschritten angesehen
werden.524 Andererseits aber soll eben diese ImageWerbung als sittenwidrig gelten, wenn die Gefühle des
Verbrauchers ohne sachliche Veranlassung ausgenutzt
werden.525 Der BGH verwendet zwar den Begriff „sachliche Veranlassung“ und nicht den sonst üblichen Ausdruck „sachlichen Bezug“, dem Inhalt nach dürfte es
jedoch keinen Unterschied machen.526 Denn es ist äu-
523
BGHZ 130, 196ff. (200f.) –„Ölverschmutzte Ente“ mit weiteren Nachweisen; BGH NJW 1995, 2490ff. (2491) – „Kinderarbeit“; mit ähnlicher
Begründung BGH NJW 1995, 2492f. (2493) – „H.I.V.-Positive“.
524
Siehe so BGHZ 130, 196ff. (200) –„Ölverschmutzte Ente“; BGH NJW
1995, 2490ff. (2491) – „Kinderarbeit“; BGH NJW 1995, 2492f. (2493) –
„H.I.V.-Positive“.
525
BGHZ 130, 196ff. (201) –„Ölverschmutzte Ente“; BGH NJW 1995,
2490ff. (2491) – „Kinderarbeit“; BGH NJW 1995, 2492f. (2493) –
„H.I.V.-Positive“.
526
Im Ergebnis so auch Henning-Bodewig GRUR 1997, 180ff. (188); Sosnitza WRP 1995, 186ff. (188). Schramm hingegen will allein auf die
Sachlichkeit der Werbung abstellen. Das Fehlen eines Sachzusammenhangs der Werbung mit der angebotenen Ware bzw. Leistung führe noch
nicht zur Unsachlichkeit. Andererseits führt er aus, die Unsachlichkeit könne auch darin liegen, daß die Werbung so in den Vordergrund
geschoben würde, daß sie von Qualität und Preiswürdigkeit der Ware
und Leistung ablenke. Siehe hierzu Schramm GRUR 1976, 689ff. (690).
Dies ist in sich schon ein Wertungswiderspruch und vermag zudem nicht
überzeugen. Selbst wenn diese Ansicht als Beurteilungsmaßstab für die
Benetton-Werbung zugrunde gelegt würde, ließe sich eine Sittenwidrig-
165
Kapitel 4 A. - Allgemeine Grundsätze zur diskriminierenden Werbung
ßerst
problematisch,
die
Benetton-Werbung
in
die
Fallgruppe der gefühlsbetonten Werbung einzuordnen.
Die
Fallgruppe
der
gefühlsbetonten
Werbung
umfaßt
nicht den Charakter der neuartigen Image-Werbung.527
Der BGH selbst weist darauf hin, daß derartige Werbeformen keinen Präzedenzfall bieten.528 Schon dies läßt
den Schluß zu, daß die Einordnung in eine herkömmliche Fallgruppe wie die gefühlsbetonte Werbung nicht
zutreffend ist. Vielmehr hätte es der Ausarbeitung
einer neuen Fallgruppe bedurft. Denn die gefühlsbetonte Werbung ist im Kern nicht betroffen. Es soll
keineswegs der Altruismus des Verbrauchers angesprochen werden oder eine tiefgreifende emotionale Einwirkung erreicht werden. Die Firma Benetton will bewußt mit Abscheu und Entsetzen auf sich aufmerksam
machen. Es werden dabei allenfalls negative Gefühle
des Verbrauchers angeregt. Natürlich steht dahinter
die Intention, den Bekanntheitsgrad des Unternehmens
zu steigern. Dieser wird auch wirkungsvoll nachgegangen, denn es zeigt sich immer wieder, daß negative
Kritik den Bekanntheitsgrad des Unternehmens enorm
steigert. Aber dies wird doch nicht mit Mitteln der
herkömmlichen Gefühlsanregung verwirklicht. Eine solche regt typischerweise den Verbraucher an, zur Befriedigung der durch die Werbung angeregten Gefühle
die Produkte des werbenden Unternehmens zu kaufen.
Die hier zu beurteilende gesellschaftskritische Werbung zielt gerade darauf nicht ab. Denn der Verbrau-
keit unter dem Aspekt nicht begründen. Denn die Benetton-Werbebilder
zeigen realistische, aus dem Leben gegriffene Szenen (mit Ausnahme
des gestellten Bildes „H.I.V.-Positive“), denen es an Sachlichkeit
nicht mangelt.
527
So auch Bülow Anm. ZIP 1995, 1289ff. (1290); Fezer JZ 1998, 265ff.
(269f.); Henning-Bodewig GRUR 1997, 180ff. (188); Reichold WRP 1994,
219ff. (222); Sosnitza WRP 1995, 786ff. (789).
528
Wenn dies auch in einem anderen Zusammenhang erwähnt wird. BGH NJW
1995, 2490ff. (2492) – „Kinderarbeit“; nicht ganz aussagekräftig dazu
Rittner, Wettbewerbsrecht - & Kartellrecht, 1999, Rn. 104.
166
Kapitel 4 A. - Allgemeine Grundsätze zur diskriminierenden Werbung
cher wird die Produkte der Firma Benetton (z.B. einen
Pullover, eine Hose oder ähnliches) nicht kaufen, um
damit z.B. einen Beitrag zugunsten des Umweltschutzes
zu leisten. Dementsprechend fehlt es an der erforderlichen Kausalität zwischen Gefühlsregung des Verbrauchers und seinem Kaufentschluß. Die Werbekampagne der
Firma Benetton ist nicht geeignet, den Verbraucher
unsachlich zu beeinflussen. Gerade die Umsatzeinbußen
der Firma Benetton zeigen, daß Werbemaßnahmen mit gesellschaftskritischem
Inhalt
den
Verbraucher
nicht
vermehrt zur Kaufentscheidung anregen.529
Auch
die
Solidarisierung
des
Verbrauchers
mit
dem
werbenden Unternehmen kann kaum zur Begründung der
Sittenwidrigkeit ausreichen. Diese muß als zulässiges
Werbemittel
gelten.
Schließlich
ist
es
gerade
der
Sinn und Zweck der neuartigen Image-Werbung, aufgrund
der
Bekanntheit
des
Namens
eines
Unternehmens
die
Produkte auf den Markt zu bringen. Letztendlich sind
Markenprodukte gegenüber unbekannten Produkten diesen
absatztechnisch gesehen immer einen kleinen Schritt
voraus.
Nach Ansicht des BGH liegt die Sittenwidrigkeit trotz
des Gesichtspunktes verfassungsrechtlicher Rechtfertigung vor. Die öffentliche Äußerung zur Auseinandersetzung über das aufgezeigt Elend trage nichts Wesentliches bei, sondern ziele darauf ab, beim Verbraucher eine mit dem werbenden Unternehmen solidarisierende Gefühlslage zu schaffen, die der Steigerung
des Ansehens des solchermaßen werbenden Unternehmens
diene und damit letztlich zu kommerziellen Zwecken
529
Siehe hierzu die Klagen der Einzelhändler, BGH NJW 1997, 3304ff. –
„Benetton I“; BGH NJW 1997, 3309ff. – „Benetton II“. Siehe auch in
Fn. 497.
167
Kapitel 4 A. - Allgemeine Grundsätze zur diskriminierenden Werbung
eingesetzt werde.530 Diese Argumentation vermag nicht
zu überzeugen, denn es ist nicht Aufgabe des Wettbewerbsrichters, gesellschaftskritische Themen im Rahmen einer Werbemaßnahme auf ihre Essenz hin zu überprüfen.531
Die Fallgruppe der gefühlsbetonten Werbung ist nicht
geeignet, diskriminierende Werbebilder rechtlich zu
erfassen. Es fehlt schon der für das Eingreifen dieser Fallgruppe erforderliche sachliche Zusammenhang
zwischen der Gefühlsregung durch die Werbemaßnahme
und dem Kaufentschluß des Verbrauchers.
2. Belästigende Werbung
Die Fallgruppe der belästigenden Werbung erweist sich
ebenfalls als ungeeignet zur Einordnung der vorliegenden Fälle. Bei der belästigenden soll durch aufdringliche Werbung der Verbraucher derart unter psychischen Druck gesetzt werden, daß er sich nicht aus
sachlichen Gründen, sondern vornehmlich deshalb zum
Kauf entschließt, um der Belästigung und der mit ihr
verbundenen Zwangslage zu entgehen.532 Der Verbraucher
will seinen „lästigen und aufdringlichen Werber“ loswerden. Diese Werbung wird als in die Intimsphäre des
Verbrauchers eindringend empfunden.
Dieser Fallgruppe werden z.B. die Hausbesuche533, das
direkte Ansprechen des Verbrauchers auf der Straße,534
530
BGHZ 130, 196ff. (205) –„Ölverschmutzte Ente; BGH NJW 1995,
2490ff. (2491) – „Kinderarbeit“.
531
So auch Fezer JZ 1998, 265ff. (270).
532
Baumbach/ Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 1999, § 1 UWG, Rn. 50.
533
Natürlich ist nicht jede Art von Hausbesuchen wettbewerbswidrig,
sondern nur solche, bei denen sich der Verbraucher genötigt fühlt.
534
BGH GRUR 1960, 431ff. - „Kfz-Nummernschild“.
168
Kapitel 4 A. - Allgemeine Grundsätze zur diskriminierenden Werbung
Telefon- und Telefaxwerbung535 oder das Zustellen von
unbestellter Ware536 zugeordnet. So entschied der BGH,
daß Haustürbesuche zur Erlangung von Aufträgen für
Grabsteine insbesondere im Hinblick auf die Privatsphäre der Hinterbliebenen per se wettbewerbswidrig
seien.537 Auch seien typischerweise Fälle erfaßt, in
denen Verkehrsunfallbeteiligte vor Ort zum Abschluß
eines Reparaturvertrages oder Automietvertrages angeregt werden.538
Einer
vertieften
Ausführung
des
Anwendungsbereichs
dieser Fallgruppe bedarf es nicht, denn schon die
Aufzählung der typischerweise auftretenden Fälle belästigender Werbung zeigt, daß die hier zu erörternden Werbemaßnahmen nicht in diese Kategorie fallen.
Bei den zu erörternden Anzeigenkampagnen läuft der
Verbraucher sicherlich nicht Gefahr, zu einem Kaufentschluß genötigt zu werden. Mag auch der eine oder
andere die Werbebilder belästigend oder auch anstößig
empfinden, so wird der Verbraucher keineswegs durch
die Werbung derart unter psychischen Druck gesetzt,
daß er sich aus unsachlichen Gründen zum Kauf entschließt.
3. Schockierende Werbung
Ein Großteil der Literatur kategorisiert die ImageWerbung in die Fallgruppen der schockierenden Werbung.539 Bei der schockierenden Werbung würden die Mo535
BGHZ 54, 188ff. – „Fernsprechwerbung“; BGHZ 59, 317ff. – „Telexwerbung“; BGHZ 103, 203ff. – „Bildschirmtextwerbung“; BGHZ 113,
282ff. – „Telefonwerbung IV“.
536
BGH GRUR 1977, 157ff. (158) - „Filmzusendung“.
537
BGHZ 56, 18ff. – „Grabsteinaufträge II“.
538
BGH NJW 1975, 689ff. – „Werbung am Unfallort I“; BGH NJW 1975, 691
– „Werbung am Unfallort II“; BGH NJW 1980, 1690f. – „Werbung am Unfallort III“.
539
Baumbach/ Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 1999, § 1 UWG, Rn. 187aff.;
Gröning WRP 1995, 278ff. (280); Henning-Bodewig GRUR 1993, 950ff.;
169
Kapitel 4 A. - Allgemeine Grundsätze zur diskriminierenden Werbung
tive inhaltlich so gewählt, daß sie den Verbraucher
unvorbereitet vor den Kopf schlagen und dadurch eine
psychische
Beeinträchtigung
darstellt.
Die
Werbung
dringe in die geistige und emotionale Privatsphäre
ein.540 Eine solche grobe psychische Beeinträchtigung
sei mit dem körperlichen Eindringen in die Privatsphäre gleichzusetzen.541 Die schockierende Werbung für
sich genommen sei noch nicht wettbewerbswidrig. Vielmehr liege die Begründung der Sittenwidrigkeit in dem
Zusammentreffen
durch
zweier
menschliches
Komponenten,
oder
zum
tierisches
Leid
einen
der
erregten
Schockeffekt der beanstandeten Werbemaßnahmen und zum
anderen der diesen Werbemaßnahmen fehlende Sachbezug
zur unternehmerischen Tätigkeit.542 Diese Kombination
widerspreche
werbs.
den
Grundsätzen
Letztendlich
führe
des
eine
LeistungswettbeInteressenabwägung
zwischen denen der Werbenden, der Verbraucher und der
Allgemeinheit zu dem Ergebnis der Sittenwidrigkeit.
Zwar kann das Ergebnis, jedoch nicht die Begründung
überzeugen. Denn die Begründung setzt voraus, daß eine Werbemaßnahme einen sachlichen Bezug zum Produkt,
z.B. den Preis, die Qualität oder die Dienstleistungen
betreffend
aufweisen
muß.
Die
Image-Werbung
zeichnet sich aber gerade durch diesen fehlenden Produktbezug aus. Diese Form der Werbung befaßt sich
nicht wie herkömmliche Werbemaßnahmen mit positiven
Aspekten des Lebens, sondern mit dem Elend unserer
heutigen Zeit. Soweit der Verbraucher durch die Bil-
dies. WRP 1992, 533ff.; Kassebohm, Grenzen der schockierenden Werbung, 1995, 2. Kapitel, 3.1.3., S. 95ff.; Nordemann, Wettbewerbs- und
Markenrecht, 1995, Rn. 176a; Oechsler EWiR § 1 UWG 20/94, 821f.;
Rittner, Wettbewerbs- und Kartellrecht, 1999, § 2, Rn. 104; Sevecke
AfP 1994, 196ff. (202f.); Reichardt WRP 1995, 796ff. (797); Wünnenberg, Schockierende Werbung – Verstoß gegen § 1 UWG, 1993, S. 64ff.
540
Henning-Bodewig WRP 1992, 533ff. (535).
541
Henning-Bodewig WRP 1992, 533ff. (539).
542
Oechsler EWiR § 1 UWG 20/94, 821f.
170
Kapitel 4 A. - Allgemeine Grundsätze zur diskriminierenden Werbung
der des Elends der Welt behelligt wird und sich dadurch belästigt fühlt, ist es ein Leichtes, sich den
Werbebildern durch Wegschauen oder Umblättern zu entziehen.543 Auch wenn sich der Verbraucher nicht ohne
weiteres
einer
Plakatwerbung
im
öffentlichen
Raum
entziehen kann, so darf eine liberale und tolerante
Gestaltung von Plakatwänden nicht zum wettbewerbsrechtlichen Problem werden. Zutreffend weist Fezer
darauf hin, daß dies Gegenstand demokratischer Entscheidungen über die Gestaltung öffentlicher Plätze
und Straßen ist.544
Die Begründung, die Werbung dringe in die Privatsphäre ein, ist ebenfalls mit Skepsis zu betrachten. Dem
Grundsatz nach ist richtig, soweit Henning-Bodewig
geltend macht, der Verbraucher müsse intensiver geschützt sein, je mehr die räumliche Privatsphäre betroffen sei.545 Dieser Grundsatz ist nur nicht auf die
vorliegenden Werbebilder anzuwenden. Denn eine Verletzung des Verbraucherpersönlichkeitsrechts546 ist im
Ansatz nicht zu erkennen.
Der
Verbraucher
wird
konfrontiert
mit
Bildern
der
Realität. Ähnlich wie beispielsweise in den Tagesthemen wird dem Verbraucher das Elend der Welt präsentiert. Dabei ist schon äußerst fragwürdig, ob dem
Verbraucher eine „geistige oder emotionale“ Privatsphäre gebührt, wenn er in einen kommunikativen Kontakt mit seiner Umwelt tritt.547 Zudem bleibt es den
543
So im Ergebnis auch Sosnitza GRUR 1993, 540ff. (544). Teichmann/
van Krüchten hingegen vertreten die Ansicht, ein „Wegsehen“ komme zu
spät, es gebe keine angemessene Abwehr gegen die Einwirkung der Werbebilder, WRP 1994, 704ff. (708f.).
544
Fezer JZ 1998, 265ff. (275).
545
Henning-Bodewig WRP 1992, 533ff. (535f.); dies. GRUR 1993, 959ff.
(952).
546
So bezeichnet es Wehlau DZWiR 1996, 142ff. (146).
547
Sosnitza GRUR 1993, 540ff. (545).
171
Kapitel 4 A. - Allgemeine Grundsätze zur diskriminierenden Werbung
betroffenen Verbrauchern auch hier unbenommen, sich
den Werbebildern zu entziehen.
Die Parallele zur belästigenden Werbung geht schon
aus dem Grunde fehl, da der Verbraucher durch das Erscheinen der Werbebilder in den Zeitschriften oder
auf Plakatwänden wohl kaum zum Kaufentschluß aufgrund
psychologischen Zwangs genötigt wird.548 Schon der immense Umsatzrückgang der Firma Benetton nach Erscheinen der progressiven Werbekampagne widerlegt diese
Argumentation.549 Der Verbraucher reagiert auf Werbemaßnahmen, die ihm nicht zusagen. Es kommt zu einer
Selbstregulierung
des
Marktes.
Demnach
müssen
die
Werbenden grundsätzlich die Möglichkeit haben, auch
progressive Werbestrategien auf den Markt zu bringen,
um der Entwicklung von Marktwirtschaft und Wettbewerbsfreiheit
ungehinderten
Fortgang
zu
gewährlei-
sten.
Die rasante Entwicklung unserer Gesellschaft und damit auch das veränderte Konsumverhalten der Verbraucher erfordern es, auf den Sachbezug gänzlich zu verzichten.550 Und alleine der Schockeffekt ist nach vorherrschender Ansicht nicht ausreichend zur Begründung
der Sittenwidrigkeit.551 Dem Werbenden muß es unbenommen bleiben, mit dem Image seines Unternehmens werben
548
Henning-Bodewig will die schockierende Werbung der Kategorie der
belästigenden Werbung zuordnen, da diese Parallelen zur unerwünschten
Telefon- und Briefwerbung sowie aufdringlichen Haustürvertretern aufweise. WRP 1992, 533ff. (535f.); dies. auch GRUR 1993, 950ff.(952).
Im Ergebnis so auch Wünnenberg, Schockierende Werbung – Verstoß gegen
§ 1 UWG, 1993, S. 76ff., S. 161f.
549
Siehe hierzu die Klagen der Einzelhändler auf Schadensersatz wegen
Umsatzeinbußen BGH NJW 1997, 3304ff. – „Benetton I“; BGH NJW 1997,
3309ff. – „Benetton II“.
550
So auch Löffler AfP 1993, 536ff. (539); Sosnitza GRUR 1993, 540ff.
(544f.); ders. WRP 1995, 786ff.
551
Hierzu führt der BGH aus, daß mit schockierenden Werbebildern lediglich in gesteigerten Form auf das Unternehmen aufmerksam gemacht
wird, BGHZ 130, 196ff. (200) – „Ölverschmutzte Ente“; BGH NJW 1995,
2490ff. (2491) – „Kinderarbeit“; BGH NJW 1995, 2492f. (2493) –
„H.I.V.-Positive“. Reichardt hingegen vertritt die Ansicht, schockie-
172
Kapitel 4 A. - Allgemeine Grundsätze zur diskriminierenden Werbung
zu
dürfen.
Dieser
schaftlichen
nicht
in
Gefüge
der
Werbekampagne.
552
Grundsatz
weithin
drastischen
findet
im
Akzeptanz,
Form
der
marktwirtwenn
auch
Benetton-
Auf eine solche Werbekampagne rea-
giert natürlich der Verbraucher.
Diese Erkenntnisse sollen aber nicht zu dem Ergebnis
führen, daß die Werbenden unter dem Deckmantel der
Image-Werbung uneingeschränkt ihre Werbemaßnahmen dem
Verbraucher offenbaren können. Die Image-Werbung unterliegt der wettbewerbsrechtlichen Untersagung, wenn
die Schwelle zur Sittenwidrigkeit überschritten ist.
Die aufgeführten Erkenntnisse zeigen lediglich, daß
die Begründung der Annahme einer Sittenwidrigkeit im
Kern fehlschlägt. Denn auch die schockierende Werbung
erweist sich nicht als geeignete Fallgruppe, um die
Unlauterkeit rechtlich zu fundieren.
4. Diskriminierende Werbung
Die vorgenannten Ausführungen zeigen deutlich, daß
die Werbebilder nicht ohne weiteres einer der obigen
Fallgruppen zugeordnet werden können, vielmehr erhebliche Schwierigkeiten bestehen bei der rechtlichen
Erfassung der neuartigen Image-Werbung. Die bisher
angewandten Maßstäbe und Fallgruppen reichen zur Begründung der Sittenwidrigkeit nicht aus. Die Werbebilder werden in die anerkannten Fallgruppen von Hefermehl gezwängt, ohne daß ihre Eigenständigkeit akzeptiert wird. Im Ergebnis paßt eine derartige Zuordnung nicht. Denn es kann bei der Image-Werbung nicht
davon ausgegangen werden, daß der Verbraucher durch
rende Werbung sei für sich genommen bereits sittenwidrig, WRP 1995,
796ff. (797).
552
Vgl. hierzu die Ausführungen von Teichmann/ van Krüchten WRP 1994,
704ff. (708).
173
Kapitel 4 A. - Allgemeine Grundsätze zur diskriminierenden Werbung
Ausnutzung unsachlicher Beeinflussung zum Kauf motiviert oder gar durch psychologische Einwirkung zum
Kauf genötigt wird. Schon der vehemente Umsatzrückgang nach der Schaltung der progressiven Werbekampagne der Firma Benetton widerlegt dies. Die bislang
angewandten Maßstäbe beruhen auf der herkömmlichen
Absatzförderung, bei der noch mit dem Produkt, deren
Preis, deren Qualität oder aber mit den Dienstleistungen selbst geworben wurde. Durch den Wandel der
Zeit haben sich die Werbestrategien aber grundlegend
geändert. Die Image-Werbung ist gerade nicht auf die
herkömmliche Absatzförderung gerichtet, sondern soll
bei dem Verbraucher das Image eines Unternehmens nahebringen. Die Werbung geht weg vom Produkt und hin
zur Darstellung des Unternehmens selbst.
Es bietet sich folglich an, für die neuartig entstandene Werbeform eine neue und eigenständige Fallgruppe
zu bilden. Die neue Werbeform beinhaltet vorwiegend
Werbebilder, die in die Tabu-Zone eindringen. Das Unlauterkeitsmoment liegt im Kern in den Werbemaßnahmen
begründet, in denen die Ausgrenzung von Bevölkerungsteilen aufgezeigt wird, die zugleich auch Adressaten
der Werbung sind. Dementsprechend bietet es sich an,
eine eigenständige Fallgruppe der diskriminierenden
Werbung zu bilden, da vorwiegend Werbemaßnahmen mit
diskriminierendem Inhalt zu beanstanden sind.
Bereits im Busengrapscher-Urteil führt der BGH aus,
die Etikettierungen, auf denen die Bezeichnungen „Busengrapscher“ oder „Schlüpferstürmer“ mit sexuell anzüglichen Bilddarstellungen von Frauen verbunden seien, verstoße gegen § 1 UWG, weil dadurch ein diskriminierender und die Menschenwürde verletzender Ein-
174
Kapitel 4 A. - Allgemeine Grundsätze zur diskriminierenden Werbung
druck entstehe.553 Denn es werde in obszöner Weise der
Konsum alkoholischer Getränke in Verbindung mit der
freien Verfügbarkeit der Frau in sexueller Hinsicht
gesetzt.
Die Abbildung eines menschlichen Körperteils mit dem
Stempelaufdruck „H.I.V.-Positive“ erweist sich ebenfalls als geeignet, die mit dieser Krankheit befallene Bevölkerungsgruppe zu diskriminieren. Denn es signalisiert
eine
Stigmatisierung
der
Kranken,
die
durch das Aufstempeln eines „Beschaustempels“ gekennzeichnet sind.
553
BGHZ 130, 5ff. (9 und Leitsatz).
175
Kapitel 4 B. - Arten der diskriminierenden Werbung
B. Arten diskriminierender Werbung
I. Ausgangspunkt
Bei
der
Beurteilung
diskriminierender
Werbebilder
verbietet sich eine schematische Lösung. Die Werbebilder
unterliegen
vielmehr
der
Einzelfallbetrach-
tung, bei der lediglich die allgemeinen wettbewerbsrechtlich
gewonnenen
Kriterien
herangezogen
werden
können.
Im weiteren Verlauf sollen weniger nochmals die möglicherweise
diskriminierenden
Werbebilder
aufge-
zeigt,554 sondern sollen anhand einiger Beispiele Kriterien gefunden werden, die als Eckpfeiler die Fallgruppe der diskriminierenden Werbung stützen und damit eine Sittenwidrigkeit begründen.
II. Rassendiskriminierende Werbung
Mit der Rassendiskriminierung ist die Ausgrenzung eines vererblichen und typenhaft körperlichen Erscheinungsbildes gemeint, in dem sich die Abstammung vergegenständlichen kann, während die Ausländerdiskriminierung auf der Stigmatisierung aufgrund der Staatsangehörigkeit beruht.555 Eine Absonderung, die auf das
Rassenmerkmal zurückzuführen ist, hat ihren Ursprung
oft darin, daß verschiedene Rassen unterschiedliche
Religionen ausüben, wegen derer sie eine Ab- und Aussonderung erleiden.
Bedeutsam sind die Diskriminierungen der Juden während
des
Nationalsozialismus.556
So
galt
es
unter
554
Eine Aufzählung diskriminierender Werbebilder wurde bereits in
Kapitel 2 B. vorgenommen.
555
Siehe hierzu Ausführungen in Kapitel 2 A I.
556
Interessant sind hierzu die Ausführungen von Fezer über die Vergemeinschaftung des subjektiven Rechts in rechtlichen Handelnsordnungen
totalitärer Gesellschaften, die marxistisch-leninistische Rechtstheo-
176
Kapitel 4 B. - Arten der diskriminierenden Werbung
wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten im Jahre 1939
als zulässig, wenn ein deutscher Kaufmann bei der
Werbung für seine Waren einen Volksgenossen, der sich
bei einem Lieferanten bereits eingedeckt hat und ihm
dies entgegenhält, darauf aufmerksam macht, daß der
andere Lieferant Jude sei. Die öffentliche Ankündigung des Geschäftsinhabers, er sei Mitglied der Deutschen Arbeitsfront, sei dahin aufzufassen, daß in dem
Geschäft Waren jüdischer Herkunft nicht feilgehalten
werden.557 Es wurde argumentiert, der deutsche Kaufmann wolle darüber aufgeklärt sein, wenn er etwa aus
Irrtum eine Geschäftsverbindung mit einem jüdischen
Warenhersteller eingegangen ist oder aufrechterhalten
hat.558 Als wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden
galt selbst die Äußerung eines der Deutschen Arbeiterfront angehörigen Reisenden559, er werde der Partei
melden, daß der Kaufmann Geschäfte mit Juden mache.
In dieser Zeit gab es eine Vielzahl an Diskriminierungen. Eine solche Werbung ist nach heutigen Beurteilungsmaßstäben
als
rassendiskriminierend
anzuse-
hen, da die Rasse der Juden durch diese Form der Werbung erheblich benachteiligt wird und dies zu einer
Ausgrenzung führt.
Als Beispiel neueren Datums für die Thematisierung
der Rassenzusammengehörigkeit gilt die Werbekampagne
der Firma Benetton. Dort wurden zwei Kleinkinder auf
Nachttöpfen sitzend gezeigt, ein weißes und ein farbiges.560 Dieses Werbebild ist nicht geeignet, eine
rie im Zivilrecht der ehemaligen DDR mit dem völkischen Rechtsdenken
zur Zeit des Nationalsozialismus. Fezer, Teilhabe und Verantwortung –
Die personale Funktionsweise des subjektiven Privatrechts, 1986, § 6
B. I., S. 281ff. und § 6 B. II., S. 301ff.
557
RG JW 1939, 429ff. (429).
558
RG JW 1939, 429ff. (430).
559
Der damalige Beruf des „Reisenden“ umfaßt den Tätigkeitsbereich
des heutigen Handelsvertreters.
560
Die Abbildung der Werbung ist als Anlage 4 beigefügt.
177
Kapitel 4 B. - Arten der diskriminierenden Werbung
der beiden Rassen zu benachteiligen und damit auszugrenzen.561 Das wiederum zeigt, daß nicht jedes Werbebild, welches sich mit dem Problem der Rassenzusammengehörigkeit beschäftigt, zugleich wettbewerbswidrig ist.
Einer anderen Beurteilung bedarf allerdings das ebenfalls von Toscani kreierte Werbebild, welches ein als
Engelchen aufgemachtes weißes und ein als Teufelchen
dargestelltes
schwarzes
Kind
zeigt.562
Dieses
Bild
gibt den Anstoß, das schwarze Kind sei ein Teufel und
damit
eine
niedere
Kreatur.
Diese
Darstellung
des
Teufels reicht bereits zur Begründung einer rassendiskriminierenden Werbung aus. Dies wird zusätzlich
unterstrichen, indem ein weißes Kind als Engel dargestellt wird. Ein solches Bild ist geeignet, die Rasse
der Schwarzen in der Gesellschaft auszugrenzen.
Ein Grenzfall in diesem Bereich ist das Werbebild von
Toscani, welches eine schwarze Frau darstellt, die
ein weißes Baby stillt.563 Dieses Werbebild hat in den
USA großen Anklang gefunden. Allerdings hat eine dort
ansässige schwarze Minderheitsbewegung Anstoß an dem
Bild genommen, da sie in dem Bild die Aufrechterhaltung des Klischees von der schwarzen Amme zu kolonistischen
Zeiten
sah.564
Diese
ist
aus
europäischer
Sicht nicht naheliegend. Vielmehr ist dieses Bild als
ästhetischer Beitrag für die Rassenzusammengehörigkeit zu werten. Anders kann die Beurteilung ausfallen, wenn dem Bild die amerikanische Historie zugrunde gelegt wird.
561
Toscani gibt an, dieses Werbeplakat sei einerseits in der USA ausgezeichnet worden und andererseits sei es von einer sozialistischen
Rathausmehrheit in Mailand zu plakatieren verboten worden, siehe
hierzu Toscani, die Werbung ist ein lächelndes Aas, 1997, S. 47ff.
562
Die Abbildung der Werbung ist als Anlage 7 beigefügt.
563
Die Abbildung der Werbung ist als Anlage 3 beigefügt.
564
Siehe dazu Toscani, Die Werbung ist ein lächelndes Aas, 1997, S.
44ff.
178
Kapitel 4 B. - Arten der diskriminierenden Werbung
Im Ergebnis bleibt festzuhalten, daß nicht jedes das
Thema „Rassen“ aufgreifende Werbebild als diskriminierend einzustufen ist. Vielmehr liegt eine rassendiskriminierende Werbung erst dann vor – und ist in
diesem Fall auch wettbewerbsrechtlich zu beanstanden,
wenn diese einen Beitrag zur Rassendiskriminierung
leisten.565 Ein Beitrag in der Werbung, der unter dem
Gesichtspunkt ethischer und gesellschaftlicher Werte
als negativ eingestuft werden muß, da er geeignet
ist, rassistische Einstellungen entstehen zu lassen
oder aber zu verhärten und zu vertiefen, muß als sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG beurteilt werden.
III. Ausländerdiskriminierende Werbung
Vergleichbare Kriterien sind bei der ausländerdiskriminierenden Werbung heranzuziehen. Eine Werbung, welche geeignet ist, Menschen aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit zu benachteiligen und damit auszugrenzen,
ist wettbewerbswidrig. Denn ein Werbebild, welches
Menschen aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit herabzusetzen geeignet ist und damit diese als minderwertig
darstellt, entspricht nicht den ethischen und gesellschaftlichen Wertvorstellungen.
So verhält es sich beispielsweise mit der Werbemaßnahme der Firma Sixt.566 Das Werbebild zeigt ein neues
Mercedes-Modell versehen mit einem Satz in osteuropäischer Sprache, welcher kleingedruckt in deutsch
mit den Worten übersetzt wurde „Bei unseren Mietpreisen lohnt sich das Klauen nicht.“ Das suggeriert, daß
Osteuropäer strafrechtlich in Erscheinung treten und
es deshalb eines solchen Hinweises bedürfe.
565
566
So auch Fezer JZ 1998, 265ff. (273).
Die Abbildung der Werbung ist als Anlage 42 beigefügt.
179
Kapitel 4 B. - Arten der diskriminierenden Werbung
Ebenso ist die Werbung der Unternehmensgruppe Tengelmann
zu
beurteilen,
in
denen
es
heißt
„Ausländer
herzlich willkommen. Wir akzeptieren selbstverständlich die Wertgutscheine der Sozialbehörde als Zahlungsmittel.“
Diese
Aussage
erweckt
den
Anschein,
Ausländer seien Sozialhilfeempfänger.
IV. Religionsdiskriminierende Werbung
Immer wieder sind biblische und andere religiöse Motive Gegenstand werblicher Äußerungen. Es gilt auch
in diesen Fällen zu beurteilen und Kriterien aufzustellen, wann diese geeignet sind, einzelne Gruppierungen aufgrund ihrer Glaubensrichtung zu diskriminieren.
In
der
Entscheidung
„Paradise
now“
führt
das
OLG
Frankfurt a.M. zutreffend aus, die biblischen Motive
der Otto Kern Werbung würden bewußt zurückhaltend und
ohne Pervertierung der eigentlichen Inhalte verwendet.567 Gezeigt wurden dabei Adam und Eva im Paradies,
jeweils eine Jeans tragend. Diese Zurückhaltung lasse
lediglich die beiden Abendmahl-Szenen vermissen, in
denen zwölf Frauen mit unbekleidetem Oberkörper die
zwölf Apostel verkörpern bzw. ein Mann die Gestalt
von Jesus angenommen hat.568 Diese Werbebilder waren
jedoch nicht Gegenstand des Verfahrens, so daß eine
weitere Beurteilung nicht vorgenommen wurde.
Als entscheidendes Kriterium muß die Verächtlichmachung einer Glaubensrichtung durch werbliche Maßnahmen gelten. Wird eine Glaubensrichtung in negativer
Weise dargestellt und dadurch die gebotene Achtung
der Religiosität Andersgläubiger nicht mehr gewähr-
567
568
OLG Frankfurt a.M. NJW-RR 1994, 734 - „Paradise now“.
Die Abbildung der Werbung ist als Anlage 34 beigefügt.
180
Kapitel 4 B. - Arten der diskriminierenden Werbung
leistet, dann ist die Darstellung verletzend, benachteiligend und zugleich diskriminierend für die betroffenen Gläubigen. Auch bei der Verwendung von biblischen Motiven oder biblischen Worten ist eine gewisse
Zurückhaltung
geboten,
deren
Nichteinhaltung
zur Begründung der wettbewerbsrechtlichen Sittenwidrigkeit führen kann.569
Ein Beispiel für das Vorliegen einer Religionsdiskriminierung bietet das Werbebild des Jeansherstellers
Levi´s.570
Es
zeigt
den
Papst,
der
auf
dem
Boden
kniend den Boden küßt mit dem Untertitel: „Do it with
a 517. The 501 that comes with more legroom.“ Übersetzt bedeutet das: „Mach es mit einer 517. Diese hat
einen ähnlichen Schnitt wie die 501, aber mehr Beinfreiheit.“ Diese Werbemaßnahme läßt eine gewisse Zurückhaltung nicht mehr erkennen. Sie stellt eine Respektlosigkeit gegenüber den Gläubigen dar, weil der
Papst im Zusammenhang mit dieser Werbung ins Lächerliche gezogen wird. Durch diese Infamie wird die Achtung der Gläubigen nicht gewahrt. Diese Verächtlichmachung
diskriminiert
die
betroffenen
Religionsge-
meinschaften.
Um eine Diffamierung besonderer Art handelt es sich
bei der Werbung des Verlags Sybille. Dieser warb mit
der Abbildung eines gekreuzigten jungen Mannes, der
ein Tuch um die Hüften geschwungen hat und den zusätzlichen Worten : „Nicht alles was wir zeigen, ist
schön und bequem.“571 Diese Werbemaßnahme ist ihrem
Charakter nach in höchstem Maße verletzend für die
569
Vgl. hierzu das Urteil des dänischen See- und Handelsgericht, das
die Anzeige für Sportschuhe als wettbewerbswidrig beurteilte, in der
ein als Double von Papst Johannes Paul II auftretender Darsteller auf
dem Rollfeld eines Flughafen kniend gezeigt und in deren Text u.a.
erklärt wird, der Glaube allein sei manchmal nicht ausreichend. GRUR
Int. 1993, 553ff. - „Papstwerbung“ mit Anm. von Kur GRUR Int. 1993,
555f.
570
Eine Abbildung der Werbung ist als Anlage 36 beigefügt.
181
Kapitel 4 B. - Arten der diskriminierenden Werbung
Gläubigen und gewährleistet nicht mehr die gebotene
Achtung einer Glaubensrichtung.
Ebenso verhält es sich mit der Werbung der London
STYLE
shoes´n´clothing.572
Dabei
ist
das
Bildnis
selbst noch ohne religiösen Bezug. Es werden Schlangenlederstiefel auf einer Toilettenschüssel plaziert
gezeigt. Allerdings sind diese mit folgenden Bibelworten versehen: „Wachet, steht im Glauben, seid mutig und seid stark!“573
V. Behinderten- und krankendiskriminierende Werbung
Wird ein Werbebild derart gestaltet, daß die Behinderung eines Menschen z.B. scherzhaft für kommerzielle
Zwecke verwendet wird oder die Behinderung in die
Werbebotschaft aufgenommen wird, so ist die Reflexion
einer möglichen Diskriminierung besonders hoch. Es
ist besondere Feinfühligkeit geboten. Fezer nennt es
zutreffend die Verantwortung gegenüber den Behinderungen der Menschen.574 Deshalb ist das Thema Behinderung mit Samthandschuhen anzufassen.
Die VHV Versicherung warb mit einer Schachtel, in denen sich mehrere Glasaugen befinden und dem zusätzlichen Worten: Zu Beitragsrechnungen, die schwummerig
machen, fragen sie ihren Arzt ... oder die VHV. Glasauge sei wachsam...“575 Diese Werbung ist geeignet,
sehbehinderte Menschen zu verhöhnen und damit eine
Diskriminierung zu begründen. Denn die Bevölkerungs571
Die Abbildung der Werbung ist als Anlage 39 beigefügt.
Die Abbildung der Werbung ist als Anlage 37 beigefügt.
573
Vgl. auch die anschaulich von Fezer beurteilten Werbebilder: Der
einen Priester küssende Nonne (die Abbildung der Werbung ist als Anlage 5 beigefügt), die Darstellung des reisenden Papstes für die Fuji-Software (die Abbildung der Werbung ist als Anlage 35 beigefügt)
und die Werbung der Firma Media-Markt mit den Worten „Ihr sollt keine
Anzeigen lesen neben dieser hier.“ Fezer JZ 1998, 265ff. (273).
574
Fezer JZ 1998, 265ff. (273).
575
Die Abbildung der Werbung ist als Anlage 45 beigefügt.
572
182
Kapitel 4 B. - Arten der diskriminierenden Werbung
gruppe der sehbehinderten Menschen wird in einer besonders schändlichen Weise dargestellt. Denn insbesondere aufgrund des Vermerks wird die Botschaft vermittelt, ein Glasauge bedürfe einer besonderen Aufmerksamkeit. Dies deutet auf eine bestehende Minderwertigkeit
hin,
womit
eine
Ausgrenzung
erreicht
wird.576
Zwar stellt eine schwere Krankheit keine Behinderung
dar, dennoch sei diese Problematik aufgrund des vergleichbaren Leids der betroffenen Personen an dieser
Stelle erwähnt. Das von Toscani kreierte Werbebild
„H.I.V.-Positive“ ist ein Paradebeispiel für die Ausgrenzung daran erkrankter Menschen.577 Diese Werbung
mit der Abbildung eines menschlichen Körperteils mit
dem
Stempelaufdruck
„H.I.V.-Positive“
mißachtet
in
grober Weise die Grundsätze der Menschenwürde eines
H.I.V.-infizierten Menschen. Zutreffend führt der BGH
aus, mit dieser Werbung würden Aids-Kranke als „abgestempelt“ und damit als aus der menschlichen Gesellschaft ausgegrenzt dargestellt.578 Denn in der Zeit,
in der die Krankheit Aids bekannt wurde, also zu Beginn der 90er Jahre, kam es häufig zu einer Ausgrenzung von gesellschaftlichen Gruppen, bei denen aufgrund ihrer Lebensführung die Krankheit häufig auftrat. Dieses Werbebild ist geeignet, entweder eine
solche Voreingenommenheit zu begründen oder aber eine
bereits bestehende zu verhärten.
576
Vgl. auch die anschaulich von Fezer beurteilten Werbebilder: Die
Anzeige der Westdeutschen Zeitung, die einen bettelnden Blinden zeigt
(die Abbildung der Werbung ist als Anlage 46) und die Werbung für
einen Radiosender mit dem Text „Lieber ein Vogel in der Anzeige als
ein Tauber vor dem Radio“ (die Abbildung der Werbung ist als Anlage
44 beigefügt). Fezer JZ 1998, 265ff. (273).
577
BGH NJW 1995, 2492f. – „H.I.V.-Positive“.
578
BGH NJW 1995, 2492f. (2493) – „H.I.V.-Positive“.
183
Kapitel 4 B. - Arten der diskriminierenden Werbung
VI. Geschlechterdiskriminierende Werbung
Brisant ist auch die Problematik der geschlechterdiskriminierenden
Werbung.
Gehäuft
treten
frauendiskriminierenden Werbung auf,
579
Fälle
der
Männer dagegen
werden nur selten in dieser Form dargestellt. Obwohl
das Bild der Frau in der Werbung bereits jahrzehntelang unter soziologischen und populärwissenschaftlichen Gesichtspunkten erörtert wurde,580 erlangt diese
Thematik in rechtlicher Hinsicht erst mit den Werbebildern Toscanis und dem Busengrapscher-Fall Bedeutung.
Kisseler setzt sich vertieft mit dem Bild der Frau in
der
Werbung
auseinander.581
Als
geschäftsführendes
Vorstandsmitglied der Wettbewerbszentrale beschäftigte
er
sich
mit
einer
Vielzahl
von
Werbemaßnahmen
frauendiskriminierender Art, die der Deutsche Werberat zu beurteilen hatte.582 Im Laufe der Zeit habe
sich der sozial-ethische Gehalt der Rechtsordnung geändert und damit die Beurteilung frauendiskriminierender Werbung an Bedeutung gewonnen.583 Werbemaßnahmen über herabsetzende und diskriminierende Behandlung von Frauen, und zwar auch durch Darstellung in
der Werbung, habe in der Meinungsbildung erheblichen
579
Vgl hierzu frauenfeindliche Werbebilder dargestellt in Kapitel 2
B. III; siehe auch die Beschwerdebilanzen des Deutschen Werberates,
abgedruckt in Kapitel 1 C.
580
Blum/ Nesseler, Weibsbilder – Das neue Bild der Frau in der Gesellschaft und Politik, 1994; Kotelmann/ Mikos, Frühjahrsputz und
Südseezauber, 1981; Lautmann, Die Gleichheit der Geschlechter und die
Wirklichkeit des Rechts, 1990; Pross, Moral der Massenmedien, Prolegomena zu einer Theorie der Publizistik, 1967; Pross, Gleichberechtigung im Beruf? Eine Untersuchung mit 7000 Arbeitnehmerinnen in der
EWG, 1973; Scheffczyk u.a., Veränderungen im Menschenbild - Differgenzen der modernen Anthropologie, 1987; Schmerl, Frauenzoo der Werbung, 1992; dies., Frauenfeindliche Werbung, 1987; dies., Das Frauenund Mädchenbild in den Medien, 1984.
581
Kisseler in FS für Gaedertz, 1992, 283ff.
582
Eine entsprechende Aufzählung in Kisseler in FS für Gaedertz,
1992, 283ff (288ff.).
583
Kisseler in FS für Gaedertz, 1992, 283ff (283).
184
Kapitel 4 B. - Arten der diskriminierenden Werbung
Niederschlag gefunden. Erst dadurch sei ganz allgemein eine besondere Sensibilität entstanden.584
Tatsächlich findet sich eine Begründung in dem gewandelten Verständnis unserer Gesellschaft und auch in
der immer stärker werdenden Reizüberflutung der Konsumenten. Der Werbende will sich von seinen Konkurrenten durch besonders auffällige Werbung absetzen.
Aufgrund
dieses
erhöhten
Werbedrucks
werden
immer
provokantere und freizügigere Themenbereiche in die
Werbebilder eingebracht. Als beliebtes Thema gilt natürlich das sexistische.585
Diese beiden Faktoren, das gewandelte Verständnis und
die Reizüberflutung gaben den Anstoß, geschlechterbzw. im konkreten frauendiskriminierende Werbung unter juristischen Gesichtspunkten zu beurteilen. Bereits im Jahre 1978 hatte das LG Hamburg einen solchen Fall zu beurteilen, in dem es um das Bild der
Frau in den Medien ging.586 Eine Gruppe von Frauen
klagte gegen den Herausgeber und Chefredakteur des
Magazins „Stern“. Anlaß der Klage war die Gestaltung
einiger
Titelseiten.
Auf
diesen
würden
Frauen
als
bloßes Lust- und Sexualobjekt dargestellt und es werde dadurch beim männlichen Betrachtern der Eindruck
erweckt, der Mann könne über die Frau beliebig verfügen und sie beherrschen. Zumindest aber sollte verboten werden, auf den Titelseiten der Zeitschrift Frauen als beliebig verfügbares und beherrschbares Objekt
darzustellen. Als Zweck der Klage galt das gemeinsame
Anliegen der Frauen, die Diskriminierung der Frauen
584
Kisseler in FS für Gaedertz, 1992, 283ff (296).
Auch wenn viele Werbeschaffenden davor warnen, derartige Werbebilder auf den Markt zu bringen. So vertritt der Direktor des Genfer
Instituts für Markentechnik - Klaus Brandmeyer - die Ansicht, der
Betrachter empfinde Geschlechtsverkehr zu Verkaufszwecken als anstößig und eine Sensationshascherei. Im übrigen schade Sex der Marke.
Siehe hierzu Schröter W & V 45/1999, 104ff. (104).
586
LG Hamburg NJW 1980, 56ff. - „Frauen gegen Stern“.
585
185
Kapitel 4 B. - Arten der diskriminierenden Werbung
zu beseitigen, ihrer Erniedrigung Einhalt zu bieten
und den Anspruch auf Menschenwürde auch für Frauen zu
verwirklichen, da sie sich durch die Darstellungen
von Frauen auf den Titelbildern persönlich beleidigt
fühlten. Dem Betrachter werde suggeriert, Frauen seien verfügbar, benutzbar, ausgeliefert, minderwertige
Wesen. Durch die Darstellung der Frau als bloßes Sexualobjekt werde sie völlig entpersönlicht und reduziert auf geschlechtliche Benutzbarkeit. Auch wenn
die Klage erfolglos blieb, so gilt dieser Prozeß doch
als Vorreiter, den ersten Schritt gegen die Bekämpfung diskriminierender Werbebilder zu gehen und diesbezüglich eine gesellschaftliche Dynamik auszulösen.
Als
einschneidende
Wende
in
juristischer
Hinsicht
gilt der Fall „Busengrapscher“.587 Denn er wurde in
allen Instanzen durchgefochten und bietet nunmehr den
Frauen die rechtliche Möglichkeit, gegen diskriminierende Werbebilder vorzugehen. Entscheidend war die
Frage, ob die Abbildung auf den Fläschchen noch dem
Maß des Ertragbarem entsprach, mit dem sich die heutige Gesellschaft täglich konfrontieren lassen müsse
oder ob dies eine nicht hinnehmbare Diskriminierung
darstelle.588 Der BGH führt aus, die Herabsetzung und
Diskriminierung der Frau lägen darin begründet, daß
„die beiden Etiketten durch Wort- und Bilddarstellungen geprägt seien, die in obszöner Weise den Eindruck
der
sexuellen
Verfügbarkeit
der
Frau
in
sexueller
Hinsicht vermitteln und zugleich die Vorstellung fördern sollten, die so bezeichneten alkoholischen Getränke geeignet seien, solcher Verfügbarkeit für die
angesprochenen sexuellen Handlungen Vorschub zu lei-
587
588
BGHZ 130, 5ff. – „Busengrapscher“.
Gaedertz/ Steinbeck WRP 1995, 978ff. (978).
186
Kapitel 4 B. - Arten der diskriminierenden Werbung
sten.“589 „Die Verletzung der hier betroffenen menschlichen Würde sowie die hier in Rede stehende Diskriminierung eines Bevölkerungsteils allein zum Zwecke,
den Absatz eines bestimmten Produkts zu fördern, entspricht nicht den Anschauungen der großen Mehrheit
des Publikums und der Wettbewerbsteilnehmer von einem
grundsätzlich einzuhaltenden Mindeststandard dessen,
was im Wettbewerb als unanstößig (noch) zu tolerieren
ist.“590
Mit welcher Diskrepanz ein solcher Fall allerdings
beurteilt werden kann, zeigt das erstinstanzliche Urteil in dieser Sache.591 Das Landgericht Berlin vertrat noch die Ansicht, die Etiketten seien wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden. Mit einem Vergleich auf die Freizügigkeit in Filmen und an deutschen Bühnen hat das Gericht angenommen, die Darstellung des weiblichen Körpers (nackt/ spärlich bekleidet) sei in der Werbung üblich. Das sittliche Empfinden
der
betroffenen
Verkehrskreise
sei
hierdurch
nicht verletzt. Das Gericht verweist darauf, es sei
eine Frage der Lebensphilosophie, die Auffassung zu
beurteilen,
Frauen
schlechtsverkehr
würden
einwilligen
erst
oder
dann
sich
in
den
die
GeBrust
liebkosen lassen, wenn sie vorher mit Alkohol „abgefüllt“ worden seien. Es sei nicht Aufgabe der staatlichen Gerichte, diese Problematik zu beurteilen.
Das Landgericht hat die Auffassung der betroffenen
Verkehrskreise nicht zutreffend gewürdigt. Die Frage
nach der Herabwürdigung des Bildes der Frau in der
Werbung als eine Frage der Lebensphilosophie abzuhandeln, geht im Ergebnis fehl. Auch Ahrens verkennt bei
589
BGHZ 130, 5ff. (9) – „Busengrapscher“.
BGHZ 130, 5ff. (10) – „Busengrapscher“.
591
Urteil des LG Berlin vom 18.1.1991, Az. 91 O 78/90 - „Busengrapscher“.
590
187
Kapitel 4 B. - Arten der diskriminierenden Werbung
seiner Ansicht, das Wettbewerbsrecht sei kein rechtliches Instrument zur Erhebung des kulturellen Niveaus oder zur gesellschaftlichen Förderung der Emanzipation der Frau,592 daß es doch von erheblicher Bedeutung
ist,
rechtlichen
Wirkungsgrad
diese
Problematik
Gesichtspunkten
der
Werbung
zu
auf
unter
wettbewerbs-
erörtern.
den
Denn
Verbraucher
der
darf
keinesfalls unterschätzt werden. „Die Werbung soll
Spiegelbild der vorherrschenden Kultur und damit Ausdruck des Zeitgefühls sein.“593 Würde aber die rechtliche Beurteilung diskriminierender Bilder außen vor
bleiben, so widerspräche dies den Bemühungen in unserer Gesellschaft, Diskriminierungen in jeder Form zu
vermeiden bzw. gegen bestehende vorzugehen. Diskriminierende Werbebilder sind damit ein gesellschaftliches Thema, von ökonomischer, ästhetischer, moralischer, psychologischer und nicht zuletzt normativer
und auch wettbewerbsrechtlicher Bedeutung.594 Die Beurteilung sexistischer Werbebilder ist auch in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht relevant. Nicht zuletzt
sind für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung eben
diese sittlichen Wertvorstellungen der Allgemeinheit
relevant.
Zwar mag grundsätzlich die Beurteilung sexistischer
Werbebilder von der persönlichen Anschauung des einzelnen Betrachters abhängen.595 Aber das subjektiv geprägte Empfinden darf der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung nicht zugrunde gelegt werden. Das von unserer verfaßten Wirtschaftsordnung gewollte sittliche
Verhalten steckt die Grenzen ab, innerhalb derer das
592
Ahrens JZ 1096ff. (1100).
Gaedertz/ Steinbeck WRP 1996, 978ff. (982).
594
So auch Hartwig in der Buchbesprechung von Toscanis „Die Werbung
ist ein lächelndes Aas, WRP 1997, 1224f. (1224).
595
Gaedertz/ Steinbeck WRP 1996, 978ff. (981).
593
188
Kapitel 4 B. - Arten der diskriminierenden Werbung
Wettbewerbsverhalten
unbeanstandet
bleibt.596
Dies
richtet sich nach der sittlich-rechtlichen Wertvorstellung nach Maßgabe des Empfindens eines normalen
Durchschnittsbürgers und nach Maßgabe der Auffassung
und des sittlichen Bewußtseins der Allgemeinheit.597
Demnach fragt es sich, wie das Rollenbild der Frau
nach diesen Maßgaben aussieht und wann die Schwelle
zur Diskriminierung überschritten ist. Es lassen sich
nur Anhaltspunkte festlegen, die als Kriterien für
die Beurteilung einer frauendiskriminierenden Werbung
herangezogen werden können.
Eine solche ist begründet, wenn ein Widerspruch im
Spannungsgefälle zwischen Fortschritt und Rückständigkeit die Darstellung der Frau betreffend besteht.
Ein Widerspruch liegt regelmäßig vor, wenn sich das
Bild der Frau in der Werbung von dem tatsächlichen
Selbstverständnis der Frauen von heute unterscheidet
und damit noch vorhandene Vorurteile verstärkt oder
zumindest aufrecht erhalten werden.598 Wird die Frau
beispielsweise
lediglich
als
Objekt599
dargestellt,
wird dadurch ihre Persönlichkeit unterdrückt. Dies
begründet eine Veränderung der Gesellschaftsstruktur,
die sich nicht mehr mit den heutigen Vorstellungen
von Emanzipation der Frau im weitesten Sinne decken.
Wird die Frau in der Werbung verdinglicht und wird
zugunsten
des
Objektcharakters
ihre
Persönlichkeit
aufgeben und gehen damit alle Züge ihrer Individualität verloren, dann ist die Schwelle zur Diskriminierung überschritten.
596
Ullmann GRUR 1991, 789ff. (791).
Von Gamm, Wettbewerbsrecht, 1. Halbband, 1987, Kapitel 18, Rn. 2.
598
So auch Gaedertz/ Steinbeck WRP 1996, 978ff. (981).
599
Damit ist nicht nur die Darstellung der Frau als Lustobjekt des
Mannes gemeint.
597
189
Kapitel 4 B. - Arten der diskriminierenden Werbung
Das ist regelmäßig der Fall, wenn die Frau in besonders herabwürdigender Weise dargestellt wird und als
reines Sex- oder Lustobjekt fungiert, welches allzeit
für den Mann verfügbar erscheint. Wenn sich also die
Darstellung der Frau auf die geschlechtliche Benutzbarkeit
reduziert.
Nicht
ausschlaggebend
für
eine
solche Beurteilung sollte der Umstand sein, daß etwa
eine Frau nackt bzw. nur leicht bekleidet dargestellt
wird. Vielmehr gilt als Maßstab der Zusammenhang der
Darstellung beispielsweise mit einem besonders frivolen Text, die Perspektive des Betrachters, der Gesichtsausdruck der Frau, u.a.600
Demnach entspricht eine Werbung nicht den Wertvorstellungen der beteiligten Verkehrskreise, wenn sie
geschlechterdiskriminierenden Charakter aufweist. Das
sittliche Bewußtsein ist dort verletzt, wo der Mensch
lediglich als frei verfügbares Sexualobjekt dargestellt und damit seine soziale, wirtschaftliche oder
kulturelle
Gleichwertigkeit
aufgehoben
wird.601
Die
Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung muß hier ihre Grenzen finden.
Als diskriminierend ist deshalb das Titelblatts des
Werbeprospekts des Unternehmens B & T Bautechnik Tkalex GmbH zu beurteilen, das in einem kreisrunden Ausschnitt die Rückenansicht einer Frau mit leicht gespreizten Beinen zeigt versehen mit der Überschrift
„Die heißeste Versuchung“. In ihrem Tangaslip steckt
eine beim Hausbau eingesetzte metallene Kombi-Hülse,
das umworbene Objekt.602 Diese Abbildung ist schon für
sich genommen als diskriminierend zu werten. Denn sie
600
Fezer JZ 1998, 265ff. (273); Gaedertz/ Steinbeck WRP 1996, 978ff.
(981); Kur WRP 1995, 790ff. (792).
601
Vgl. hierzu insbesondere Fezer JZ 1998, 265ff. (273f.).
602
Siehe hierzu die Abbildung der Werbemaßnahme beigefügt als Anlage
1.
190
Kapitel 4 B. - Arten der diskriminierenden Werbung
vermittelt den Eindruck, die Frau diene lediglich dem
Verwendungszweck, ebenso wie eine Kombi-Hülse „gebraucht zu werden“. Untermauert wird dies noch durch
die entsprechende Überschrift, in der die Frau ebenso
wie eine Kombi-Hülse als Objekt besonders angepriesen
wird. Diese Darstellung ist keineswegs mit dem heutigen Rollenverständnis der Frau zu vereinbaren. Ihre
Persönlichkeit
wird
unterdrückt,
insbesondere
auf-
grund der gewählten Perspektive. Zu sehen ist nicht
etwa das Gesicht der Frau, sondern lediglich ihr Gesäß, welches durch die bückende Haltung der Frau noch
besonders in den Vordergrund gehoben wird und damit
den herabwürdigenden Charakter verstärkt.
Wie weit der Werbende geht, um Aufmerksamkeit zu erlangen, zeigt auch der Werbegag von der Herforder
Pils Brauerei. In einer unter anderem von der Firma
Herforder Pils veranstalteten Weihnachtsfeier in der
Osnabrücker Stadthalle wurden drei Frauen angeworben,
die lediglich mit schwarzen Stiefel und einem Stringtanga bekleidet waren. Im übrigen wurde ihnen ein rotes Nikolauskostüm mittels
body-painting603
auf
den
Körper gemalt. Versehen war dieses gemalte Kostüm mit
weißen Rüschen am Arm und an den Oberschenkeln. Des
weiteren war ein schwarzer Gürtel um die Taille gemalt. Der einen Frau wurden ihre nackten Brüste mit
die Worte „Herforder Weihnacht“ beschriftet, die anderen hatten dieselbe Aufschrift auf dem Rücken.604
Sie wurden den gesamten Abend über lediglich „zur
Schau gestellt“. Für die Herren der Gesellschaft bestand die Möglichkeit, sich mit diesen auf einem Photo zu verewigen, wobei bei der Anfertigung der Photos
603
Die Farbe wird hierbei unmittelbar auf die Haut aufgetragen und
soll als Kleidungsersatz fungieren.
Abbildung der Werbemaßnahme beigefügt als Anlage 49.
604
191
Kapitel 4 B. - Arten der diskriminierenden Werbung
ein direkter Körperkontakt seitens der Herren nicht
ausgeschlossen war.
Diese Art der Werbung verletzt nicht nur schamlos anstößig das sittliche Empfinden, sondern auch die Menschenwürde und ist damit diskriminierend. Hier ist
eine Parallele zum Fall „Busengrapscher“ deutlich. Es
wird der Eindruck vermittelt, mit dem Genuß eines
Herforder Pils könne der Abend mittels einer mit einem Nikolauskostüm bemalten nackten Frau verschönert
werden. Es muß als sexuelle Anspielung gewertet werden, daß direkt über den Brüsten der Frau die Worte
„Herforder Weihnacht“ aufgemalt wurden. Damit wird
der Frau die Rolle eines Weihnachtspräsentes zugewiesen,
welches
im
Zusammenhang
mit
dem
Genuß
eines
Biers der Marke Herforder vergeben wird. Dies stellt
eine untragbare Verletzung der Menschenwürde sowie
die Diskriminierung von Frauen dar.605
Diese Argumentation ist auch auf das Werbebild der
Agentur Trend übertragbar. In dieser Plakatwerbung
für Diskotheken werden Frauen als Sklavinnen dargestellt, die vor einem römischen Soldaten verängstigt
knien
und
mittels
einer
Peitsche
und
angebrachten
Halsketten von ihm „in Schach gehalten“ werden. Mit
diesem Werbebild werden Frauen zur bloßen käuflichen
Handelsware degradiert.606
VII. Tabuzonen der Werbung
Letztendlich stellt sich die sachlich schwierig zu
beantwortende gesellschafts-politische Frage, ob es
605
Vgl. auch die anschaulich von Fezer beurteilten Werbebilder: Die
Schaufenstergestaltung eines Kölner Optikers (die Abbildung der Werbung ist als Anlage 26 beigefügt) und die Prospektwerbung des Schraubenmutterherstellers FRESA (die Abbildung der Werbung ist als Anlage
22 beigefügt). Fezer JZ 1998, 265ff. (273f.).
606
Die Abbildung der Werbung ist als Anlage 25 beigefügt.
192
Kapitel 4 B. - Arten der diskriminierenden Werbung
überhaupt Grenzen in der Werbung gibt bzw. geben muß.
Existieren Lebens- und Themenbereiche, deren Kommerzialisierung durch die Werbung aufgrund gesellschaftlicher Vorgaben oder aber durch die Herstellung praktischer Konkordanz miteinander kollidierender Grundrechte versagt bleibt?607
Die Liberalisierung unserer Gesellschaft ist auf dem
fortschreitenden Ast. Themen wie das Sexualverhalten
des
Menschen
bis
hin
zu
sexistischen
Werbebildern
sind heute quasi an der Tagesordnung. Die Reizüberflutung der Konsumenten läßt die Bildsprache immer
härter, voyeuristischer und pornographischer werden.
Nur
in
Ausnahmefällen
stört
sich
die
Gesellschaft
daran.
Bereits im Jahre 1957 nahm der Große Strafsenat Stellung zu diesem Themenbereich.608 Er hatte darüber zu
entscheiden, ob die Zusendung einer unaufgeforderten
Werbeschrift für Mittel sexueller Reizsteigerung als
Beleidigung gelte. In den Entscheidungsgründen führte
er aus, die bisherige Tabuisierung des Sexuallebens
sei nahezu völlig abgebaut worden, so daß Fragen der
Sexualität nunmehr (im Jahre 1957) in aller Offenheit
erörtert
würden.
Selbst
unter
der
wenig
liberalen
Sichtweise der damaligen Zeit zeigen diese Überlegungen deutlich die Änderung der Einstellung zu Sexualfragen.
Noch im Jahre 1970 hat sich der BGH in seinem Urteil
„Erotik in der Ehe“ mit der Überlegung auseinandergesetzt, ob die Werbung mit einem Werbeslogan für ein
Aufklärungsbuch wettbewerbswidrig sei, da es sich zur
Durchsetzung eigener wirtschaftlicher Interessen über
607
Vgl. hierzu Fezer JZ 1998, 265ff. (274f.)
BGHSt 11, 67ff. – „Werbeschrift für Mittel sexueller Reizsteigerung“.
608
193
Kapitel 4 B. - Arten der diskriminierenden Werbung
das durch § 185 StGB geschützte Rechtsgut der Ehre
und Würde anderer hinwegsetze. Der BGH schloß sich
bei seiner Urteilsfindung den Ausführungen des Großen
Strafsenats an.609
Heute würde so nicht mehr argumentiert. In unserer
Gesellschaft ist weitgehend anerkannt, daß Sexualität
in aller Offenheit erörtert wird. Unsere Gesellschaft
stört sich aufgrund ihrer gewandelten Moralvorstellung nicht mehr an der Erörterung sexueller Fragen
oder deren bildlichen Darstellungen. Die Erwägung eines Tabu hinsichtlich sexistischer Werbebilder erweist sich daher als gänzlich ungeeignet.
Anders könnte es sich allerdings mit den Themen in
der Werbung über Gewalt, Tod, Krieg oder schwerster
Krankheit verhalten. Die Frage nach einem Tabu ist
die Frage nach einer gesellschaftlichen Zensur. Tabuthemen sind auch in unserer heutigen Zeit sicherlich
immer noch stark verankert, wenn diese auch mit der
Zeit vermehrt abgebaut werden. So wird es einem Großteil der Verbraucher beispielsweise mißfallen, wenn
ein Stromerzeuger für sein Produkt mit der Abbildung
eines auf einem elektrischen Stuhl verendeten Menschens werben würde.
Für die Problematik „Tod und Krankheit“ bietet es
sich geradezu an, die Werbebilder von Toscani das
Thema Aids betreffend
anzusprechen.610
Immer
wieder
bezieht sich Toscani darauf, er mache keine Werbung
im
klassischen
Sinne.
Er
verkaufe
keine
Pullover.
Diese sprächen für sich, da sie von guter Qualität
609
BGH GRUR 1970, 557f. (557) – „Erotik in der Ehe“.
Beachtung finden sollte hier insbesondere die Abbildung eines
menschlichen Körperteil mit dem Stempelaufdruck „H.I.V.-Positive“ und
der an Aids Sterbende in den Armen seines Vaters umgeben von seiner
Familie, siehe hierzu Anlagen 10 und 13.
610
194
Kapitel 4 B. - Arten der diskriminierenden Werbung
seien und sich somit gut verkaufen ließen.611 Er versteht seine Werbung als Anregung. Es bleibe dem Betrachter überlassen, dem Passanten, der auf die Werbung stößt, der mit seinem Nachbarn oder Arbeitskollegen darüber diskutiere, Stellung zu beziehen und
deshalb über das Problem nachzudenken, sich eine Meinung zu bilden und aktiv in den Kommunikationsprozeß
einzutreten.612
Der BGH legt die Abbildung eines nackten menschlichen
Körperteils mit dem Stempelaufdruck „H.I.V.-Positive“
dergestalt aus, daß die Aids-Kranken als „abgestempelt“ und damit aus der Gesellschaft ausgegrenzt gelten würden.613 Durch das Werbebild werde bewußt und
gezielt eben eine Ausgrenzung bezweckt. Diese Sichtweise wird insbesondere mit einer zuvor erschienenen
Anzeige der Firma Benetton mit der Abbildung eines
Aidskranken mit dem Untertitel „pendant l´agonie, la
vente continue“ (während des Todeskampfes, der Verkauf geht weiter) begründet. Diese Anzeige sei ein
deutliches Zeichen dafür, wie zynisch und menschenverachtend die Darstellung menschlichen Leids in der
Werbung der Firma Benetton von Betroffenen empfunden
werden müsse.
Natürlich ist auch eine andere Interpretation möglich. Fezer beispielsweise faßt den kommunikativen
Inhalt der Benetton-Werbung zur Aids-Problematik als
Aussage gegen die Ausgrenzung Aids-Kranker aus der
Gesellschaft an. Das Motiv stelle als plakative Metapher ein Plädoyer zur Hilfe für Aids-Kranke und zum
611
612
613
Toscani, Die Werbung ist ein lächelndes Aas, 1997, S. 44.
Toscani, Die Werbung ist ein lächelndes Aas, 1997, S. 86.
BGH NJW 1995, 2492f. (2493) – „H.I.V.-Positive“.
195
Kapitel 4 B. - Arten der diskriminierenden Werbung
Kampf gegen den Aidsvirus dar. So will auch Toscani
selbst sein Werbebild verstanden wissen.614
Welcher Interpretation auch immer gefolgt wird, so
besteht doch Einigkeit, daß das Thema „Aids“ in unserer Gesellschaft nach wie vor als äußerst „heikel“
angesehen wird. Ob sich daraus bereits ein Tabu für
die Werbelandschaft ergeben sollte, ist äußerst fragwürdig.
Zunächst stellt sich aber doch die Frage, ob das Setzen von Tabus in der Werbung überhaupt erforderlich
ist. Dem Verbraucher steht grundsätzlich kein Schutz
vor
plakativen
Abbildungen
der
Werbenden
von
dem
Elend der Welt zu. Und den Phantasien der Werbenden
sollten grundsätzlich keine Grenzen gesetzt werden.
Wer
vermag
zu
entscheiden,
ob
die
Werbelandschaft
nach den Prinzipien der Schönheit, der Freude oder
ähnlich positiven Aspekten kreiert werden sollte. Die
Werbestrategien sind nicht mehr nach diesen Prinzipien
ausgerichtet.
Im
Rahmen
des
gesellschaftlichen
Wandels bietet die herkömmliche Werbung nicht genügend Möglichkeiten zur freien Entfaltung der einzelnen
Werbestrategien.
Das
Werbekonzept
von
Toscani
geht gerade dahin, Tabus zu brechen und damit Diskussionen in der Gesellschaft anzuregen.
Fezer hält die Anerkennung solcher der Werbung entzogener Tabuzonen der Kommunikation nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten, sondern eher als
verfassungsrechtlich
unzulässig.615
Werbebilder,
die
sich am Rande oder auch inmitten eines Tabubereichs
befinden, wecken bei der Allgemeinheit natürlich reges Interesse. Nicht zuletzt auch wegen der Sensationslust der Menschen. Und ein solches Interesse birgt
614
Toscani, Die Werbung ist ein lächelndes Aas, 1997, S. 75ff.
196
Kapitel 4 B. - Arten der diskriminierenden Werbung
natürlich auch Reaktionen. Mit welcher Empfindlichkeit der Verbraucher auf die Werbung reagiert, spürt
die
werbetreibende
Wirtschaft
unmittelbar.616
Diese
Reaktionen des Verbrauchers bei Werbemaßnahmen gehen
von negativer Kritik bis hin zur Aufruhr und zum Boykott des werbenden Unternehmens. Andererseits sind
Werbemaßnahmen, die positiv bei dem Verbraucher ankommen, als Sympathieträger für das Unternehmen oder
dessen
Produkte
zu
werten.
Die
Markttransparenz
zeigt, daß eine Selbstregulierung des Marktes durch
den Verbraucher bei Werbebildern erfolgt, die mögliche Tabubereiche anschneiden.
Besonders deutlich zeigt sich dies bei der Werbekampagne von Benetton, aufgrund dessen das Unternehmen
eine erhebliche Umsatzeinbuße verzeichnen mußte. Insofern ist das Aufstellen von Tabus von vornherein
nicht erforderlich.617 Eine Regulierung nimmt der Verbraucher selbst vor.
Einer Tabuzone bedarf es demnach nicht, zumal dem
kommunikativen Prozeß nicht von vornherein Grenzen
gesetzt werden sollten. Die vorgenannten Ausführungen
zeigen, daß der Verbraucher durch seine Reaktionen
eine Selbstregulierung des Marktes vornimmt. Zudem
ist
die
Wirtschaftswerbung
einem
derart
strengen
wettbewerbsrechtlichen Beurteilungsmaßstab unterworfen, daß ein umfassender Verbraucherschutz gewährleistet wird.
Denn unberührt von dieser Frage bleibt natürlich, ob
sich der Werbende aufgrund seiner Werbemaßnahmen nach
615
Fezer JZ 1998, 265ff. (275).
Siehe hierzu auch Kisseler in FS für Gaedertz, 1992, 283ff.
(294f.).
617
Anders Ahrens JZ 1995, 1096ff. (1097); Gaedertz/ Steinbeck WRP
1996, 978ff. (978f.).
616
197
Kapitel 4 B. - Arten der diskriminierenden Werbung
wettbewerbsrechtlichen
Kriterien
zu
verantworten
hat.618
VIII. Fazit
Eine Werbemaßnahme ist diskriminierend, wenn aufgrund
einer Zugehörigkeit Personengruppen stigmatisiert und
aus der Gesellschaft ausgegrenzt werden oder in sonstiger Weise eine Aus- und Absonderung erfahren. Eine
solche Ausgrenzung kann aufgrund der Zugehörigkeit
einer Rasse, einer Religion, einer Staatsangehörigkeit, einer Behinderung, einer Krankheit oder aufgrund eines Geschlechts erfolgen. Werbebilder, die
ihrem
Inhalt
nach
geeignet
sind,
diskriminierende
Einstellungen entstehen zu lassen oder bereits vorhandene zu verhärten und zu vertiefen, sind wettbewerbsrechtlich zu untersagen.
Die Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung muß dort
seine Grenzen finden, wo die soziale, wirtschaftliche
oder kulturelle Gleichwertigkeit von Personengruppen
aufgehoben wird.
618
Ohne tatsächliche Stellungnahme, ob ein Tabu-Bereich vorliegen
sollte, führt Hartwig aus „Der Hinweis auf das Eindringen in Tabubereiche“ allein dürfte kaum als Grundlage für ein Verbot der BenettonWerbung dienen“ BB 1999, 1775ff. (1777).
198
Kapitel 4 C. - Antidiskriminierungsgesetz
C. Antidiskriminierungsgesetz
Das Thema Diskriminierung ist schon jahrzehntelang
Gegenstand öffentlicher Diskussionen. In diesem Zusammenhang wird das Problem der Darstellung der Frau
in der Werbung diskutiert. Immer wieder wurden Stimmen nach einem Antidiskriminierungsgesetz laut.619 So
wurde Anfang 1982 durch das Bundesinnenministerium
und das Bundesfamilienministerium die Frage erörtert,
ob u.a. ein generelles, für den gesamten Rechtsbereich geltendes Diskriminierungsverbot in Form einer
Generalklausel oder als Alternative die Normierung
einzelner Verbotstatbestände für bestimmte Lebensbereiche
wie
Arbeitsmarkt,
Geschäftsverkehr,
Werbung
und Medien dienlich wäre. Auch Anfang Mai 1998 wurde
beispielsweise
der
Entwurf
eines
Antidiskriminie-
rungsgesetzes vorgelegt.620 Ziel dieses Gesetzes sollte
sein,
die
durchzusetzen,
Gleichberechtigung
das
heißt
einzelne
zu
sichern
bzw.
benachteiligende
und willkürliche Ungleichbehandlungen zu vermeiden,
die mit der Zugehörigkeit einer bestimmten sozialen
Gruppe oder zu sonstigen sozialen Kategorien zusammenhängen.621
Hinsichtlich der Verwirklichung eines solchen Gesetzes wurde aber Zurückhaltung geübt, da es in verfassungsrechtlicher wie auch in tatsächlicher Hinsicht
619
Vgl. hierzu Ahrens JZ 1995, 1096ff. (1100); Coester-Waltjen ZRP
1982, 217ff.; Fezer JZ 1998, 265ff. (271); Gitter NJW 1982, 1567ff.;
Kaegi-Diener AJP/PJA 1994, 1127ff.; Kokott NJW 1995, 1049ff.; Kraft
in FS für Kummer, 1980, S. 389ff.; von Münch NJW 1999, 260ff.; Pfarr/
Bertelsmann, Gleichbehandlungsgesetz – Zum Verbot der unmittelbaren
und der mittelbaren Diskriminierung von Frauen im Erwerbsleben, 1985;
Schmitt Glaeser DÖV 1982, 382ff.
620
Siehe hierzu näher ausführend von Münch NJW 1999, 260ff. (260f.),
der berichtet, der Brandenburger Justizminister, Hans Otto Bräutigam,
habe einen solchen Entwurf ohne vorherige Abstimmung mit den anderen
Mitgliedern der Landesregierung vorgelegt.
621
Diskriminierungen können in vielfältiger Weise auftreten, vgl.
hierzu beispielhaft BVerfGE 88, 87ff. – „Transsexueller“.
199
Kapitel 4 C. - Antidiskriminierungsgesetz
erhebliche
Probleme
birgt.622
Auf
diese
soll
hier
nicht näher eingegangen werden, weil die nachfolgenden Ausführungen in Kapitel 4 D. zeigen werden, daß
ein Antidiskriminierungsgesetz letztendlich für die
wettbewerbsrechtliche
Beurteilung
diskriminierender
Werbebilder nicht erforderlich ist.
622
Auf die Probleme bei der Verwirklichung eines Antidiskriminierungsgesetzes soll an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden.
Siehe hierzu aber Coester-Waltjen ZRP 1982, 217ff.; Gitter NJW 1982,
1567ff.; von Münch NJW 1999, 260ff.; Roellecke NJW 1996, 3261f.;
Schmitt Glaeser DÖV 1982, 381ff.
200
Kapitel 4 D. - Rechtsvergleich mit nordischen Ländern
D. Rechtsvergleich mit nordischen Ländern
Die Benetton-Werbekampagne hat international unterschiedlichste Reaktionen in der Gesellschaft und der
Justiz hervorgerufen.
Während Japan und die Niederlande den Werbebildern
positive gegenüber standen,623 - Japan zeichnete das
Bild der ölverschmutzten Ente sogar mit einem Werbepreis aus -,624 waren Deutschland, Frankreich625 und
Norwegen626 weniger erbaut über diese Art von Werbekampagnen. In Großbritannien wurde beispielsweise das
Bild der ölverschmutzten Ente für rechtlich zulässig
erachtet,627 während Brasilien bereits das Bild der
den Priester küssenden Nonne als unzulässig ansah.628
Die Niederlande nahmen Anstoß an dem Werbebild des
als Engelchen verkleideten weißen Kindes und des als
Teufelchen verkleideten schwarzen Kindes und untersagten dieses gerichtlich.629 In den USA und Österreich hingegen wurde die Benetton-Werbung zu keinem
Zeitpunkt rechtlich beanstandet.630
Die unterschiedliche Behandlung der Werbebilder läßt
die Frage aufkommen, welche Bedeutung diskriminierenden Werbebildern in Deutschland zukommt. Reicht es
623
Siehe hierzu Toscani, Die Werbung ist ein lächelndes Aas, 1997, S.
80f.
624
So Paehler Betrifft JUSTIZ 1995, Nr. 43, 127ff. (127).
625
In Frankreich wurde das Werbebild „H.I.V.-Positive“ untersagt,
Tribunal de grande instance de Paris, Urteil vom 1.2.1995.
626
In Norwegen wurden die Werbebilder des blutigen T-Shirts und der
Hose eines toten Soldaten untersagt, Marktrat GRUR Int. 1996, 256ff.
– „Benetton“
627
Advertising Standards Authority (ASA), ASA´s Monthly Report Nr. 23
vom 14.4.1993, S. 23.
628
Die Entscheidungen der Conselho Nacional de Auto-Regulamentacao
Publicitaria (CONAR) können im Internet unter http://www.conar.org.br
abgerufen werden.
629
Entscheidung vom 16.10.1991, abgedruckt in Tijdschrift voor Consumentenrecht 1992, S. 93.
630
Dem Österreichischen Werberat (ÖWR) lagen lediglich die Motive der
den Priester küssenden Nonne und das blutverschmierte T-Shirt eines
getöteten Bosnier-Soldaten vor. Der ÖWR kam zu dem Ergebnis, daß ein
Einschreiten nicht erforderlich sei, hierzu Extradienst Nr. 10 vom
4.6.1999, 44ff. (50).
201
Kapitel 4 D. - Rechtsvergleich mit nordischen Ländern
aus, die von Hefermehl gefundenen Fallgruppe lediglich um eine weitere, die der diskriminierenden Werbung zu ergänzen oder bedarf es einer Novelle des
UWG, in dem eine eigene Regelung zur Bekämpfung der
Diskriminierung eingeführt werden sollte.631 Zur abschließenden Beantwortung dieser Frage soll zunächst
ein Rechtsvergleich mit nordischen Ländern herangezogen werden. Denn in den nordischen Ländern hat zumindest die geschlechterdiskriminierende Werbung einen
besonderen Stellenwert. Norwegen hat beispielsweise
als einziges europäisches Land eine Regelung gegen
geschlechterdiskriminierende Werbung.
I. Rechtslage in Norwegen
In Norwegen beurteilt sich das Wettbewerbsrecht nach
den sogenannten Markt(vertriebs)gesetzen.632 Zur Einhaltung der dortigen Regelungen ist ein höherer Beamte berufen, der sog. Forbrukerombud. Dieser wird in
seinem Tätigkeitsbereich von einer staatlichen Behörde unterstützt. Verstöße werden entweder von dem Forbrukerombud selbst festgestellt oder aber Verbraucher
u.a. weisen ihn auf solche hin. Ist der Werbende uneinsichtig, ahndet der Forbrukerombud den Verstoß zunächst mit einer Unterlassungsverfügung, bei deren
Zuwiderhandlung ein Bußgeld angedroht wird. Meist ist
zur Durchsetzung einer Untersagung der Werbemaßnahme
jedoch Klage bei der Verwaltungsbehörde mit gerichtlichen Befugnissen erforderlich, dem sog. Marktrat
(Markedsrådet). Klagebefugt sind neben dem Forbru-
631
632
Z.B. gekennzeichnet als Antidiskriminierungsgesetz.
Im folgenden abgekürzt als MFL.
202
Kapitel 4 D. - Rechtsvergleich mit nordischen Ländern
kerombud auch Gewerbetreibende, Verbraucher und Verbände.633
Die Rechtslage in Norwegen hat in diesem Zusammenhang
eine besondere Bedeutung, da bereits seit 1978 eine
gesetzliche
Regelung
gegen
geschlechterdiskriminie-
rende Werbung existiert, § 1 Abs. 2 MFL. Eingefügt
wurde
diese
Vorschrift
durch
das
Gesetz
über
die
Gleichberechtigung der Geschlechter. Dabei wurde in
Erwägung gezogen, bereits in dieses Gesetz eine entsprechende
Vorschrift
einzuführen.
Diese
Erwägung
wurde jedoch aus Gründen der Zweckmäßigkeit verworfen, da andernfalls nicht die zuständigen Werbeorgane
(Marktrat und Forbrukerombud) deren Überprüfung unterlägen.634 § 1 Abs. 2 MFL verbietet Verstöße gegen
den Grundsatz der Gleichberechtigung der Geschlechter, insbesondere die herabsetzende Beurteilung und
die kränkende Darstellung. Als Grundsatz der Gleichberechtigung gilt die aktive Förderung der Stellung
der Frau. Von der herabsetzende Beurteilung werden
Darstellungen und Aussagen erfaßt, in denen Frauen
oder Männer in klischeehafter Weise bestimmte negative Eigenschaften zugeschrieben
werden.635
Als
Fälle
der kränkenden Darstellung haben sich solche herauskristallisiert, in denen durch die starke Betonung
von
Geschlechtsmerkmalen
der
weibliche
Blickfang in der Werbung eingesetzt wird.
Körper
636
als
Adressat
sind Werbende, zu denen auch Werbebüros und Werbeagenturen gezählt werden, sowie alle Personen, die
633
Der Eingehung auf die einzelnen Verfahrensstrukturen bedarf es an
dieser Stelle nicht, siehe hierzu aber Kur, Recht der Werbung in Norwegen, in Schricker (Hrsg.), Recht der Werbung in Europa, Band II,
Loseblattsammlung Stand März 1997; dies. GRUR 1995, 790ff.; dies.
GRUR Int. 1996, 38ff.
634
So Kur WRP 1995, 790ff. (791).
635
Kur GRUR 1995, 790ff. (793).
636
Marktrat GRUR Int. 1980, 683f. mit Anm. Kur GRUR Int. 1980, 684;
siehe auch Kur GRUR 1995, 790ff. (792).
203
Kapitel 4 D. - Rechtsvergleich mit nordischen Ländern
für die Gestaltung der Werbemaßnahme verantwortlich
sind.
Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist es, grundsätzlich
geschlechterdiskriminierende
Werbung
gegenüber
dem Verbraucher als wettbewerbswidrig zu erklären, so
daß es einer Erörterung, ob diskriminierende Werbung
überhaupt rechtlich erfaßt wird und unter welche Vorschrift diese subsumiert werden kann, nicht mehr bedarf.
So beurteilte der Marktrat als diskriminierend eine
Annonce, in der Bademäntel, Sweater und T-Shirts mit
Reklameaufdruck in einer Zeitschrift angeboten wurde.
Der Bademantel wurde von einem Mann vorgeführt, während die übrige Kleidungsstücke von drei Frauen vorgeführt
wurden.
Eine
Frau
war
in
einem
hautengen
schwarzen T-Shirt mit schwarzer enger Hose abgebildet, die ein wenig im Hohlkreuz stehend die Brüste
nach vorne streckte. Die anderen beiden Bilder zeigten Frauen, die lediglich mit einem weißen T-Shirt
bekleidet waren und aufreizend stehend das T-Shirt
mit den Händen in den Schoß zogen.637 Der Marktrat
führte dazu aus, der Mann sei mit seinem Bademantel
sehr natürlich dargestellt, die Frauen hingegen seien
in einer unnatürlichen und konstruiert wirkenden Körperhaltung abgebildet, sie würden einen herausfordernden
Gesichtsausdruck
zeigen
und
betonten
die
Blickfangfunktion ihres Körpers. Es bestehe ein auffallender Unterschied in der Art und Weise, in der
die Kleidungsstücke von dem Mann bzw. von den Frauen
getragen werde. Die Abbildung der Frauen betone den
Körper
und
hebe
dabei
die
äußerlichen
weiblichen
Merkmale in einer Weise hervor, die eindeutig den
Körper der Fotomodelle und nicht das Produkt und sei-
204
Kapitel 4 D. - Rechtsvergleich mit nordischen Ländern
ne Verwendung als wesentlichen Inhalt der Anzeige erscheinen ließe. Darin werde eine Ausnutzung des weiblichen Körpers zum Zwecke der Absatzförderung charakterisiert.
Dies
erscheint
als
Beurteilungsmaßstab
besonders
streng. Denn dieses Bild wirkt verglichen mit anderen
in dieser Arbeit aufgezeigten geschlechterdiskriminierenden Werbebildern eher harmlos. Dies zeigt allerdings, welche Bedeutung der geschlechterdiskriminierenden Werbung in Norwegen beigemessen wird.
II. Rechtslage in Schweden
Die Rechtslage in Schweden ist mit der in Norwegen
vergleichbar.638
Das
Kontrollorgan
wird
nicht
ge-
schlechtsneutral Forbrukerombud genannt, sondern Verbraucherombudsmann. Allerdings ist bei Nichteinhaltung einer Unterlassungsverfügung nicht die Verwaltungsbehörde zuständig, sondern es wird vor Gericht
geklagt.639
In Schweden gibt es keine dem norwegischen § 1 Abs. 2
MFL vergleichbare Vorschrift. Das Marktgericht hat
bereits
in
einer
festgestellt,
daß
Entscheidung
die
aus
rechtliche
schlechterdiskriminierender
dem
Jahre
Beurteilung
Werbebilder
nicht
1976
geunter
die Generalklausel (§ 2 des schwedischen MFL) subsumiert werden könne.640 Die Generalklausel biete keine
Handhabe dafür, einzelne Bevölkerungsgruppen als solche gegen Diskriminierungen zu schützen. Aus dieser
637
Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 50.
Siehe im einzelnen zum Werberecht in Schweden Kur GRUR Int. 1996,
38ff.; dies., Recht der Werbung in Schweden, in Schricker (Hrsg.),
Recht der Werbung in Europa, Band II, Loseblattsammlung Stand 1995;
auch dies. GRUR 1995, 790ff.; auch Levin GRUR Int. 1987, 207ff.
639
Zuständig ist Stadtgericht Stockholm. Das Marktgericht fungiert
als Berufungsgericht.
640
Entscheidung des Marktgerichts aus dem Jahr 1976, Az.: 1976:8.
638
205
Kapitel 4 D. - Rechtsvergleich mit nordischen Ländern
grundlegenden Entscheidung wurden jedoch bislang keine Konsequenzen gezogen. Das schwedische Recht läßt
einen eigenständigen Tatbestand der diskriminierenden
Werbung vermissen. Die Folge davon ist, daß eine gerichtliche Vorgehensweise gegen diskriminierende Werbung zwecklos ist und dementsprechend dem Kontrollorgan entscheidende Bedeutung zukommt. Der Verbraucherombudsmann kann aber nur auf die Einhaltung hinwirken. Bei Uneinsichtigkeit des Werbenden ist die Untersagung der Werbung gerichtlich nicht durchsetzbar
und damit nicht erzwingbar.
III. Rechtslage in Dänemark
Das dänische Recht des unlauteren Wettbewerbs641 unterscheidet sich nicht von dem schwedischen. Das Kontrollorgan nennt sich auch hier Verbraucherombudsmann. Bei Zuwiderhandlungen der von diesem erlassenen
Verfügung schreitet ebenfalls das Gericht ein.642
Allerdings kommen die Länder bei der Auslegung ihrer
unbestimmten Rechtsbegriffe zu unterschiedlichen Ergebnissen. Während nach schwedischer Rechtsprechung
diskriminierende Werbebilder nicht in den Anwendungsbereich der Generalklausel fallen, erfaßt das dänische Gericht die geschlechterdiskriminierenden Werbebilder rechtlich, indem es diese den Vorschriften des
dänischen MFL zuordnet.643
641
Siehe im einzelnen zum Werberecht in Dänemark Kur, Recht der Werbung in Dänemark, in Schricker (Hrsg.), Recht der Werbung in Europa,
Band I, Loseblattsammlung Stand 1998; Reinel WRP 1990, 92ff.; siehe
auch Kur GRUR 1995, 790ff.
642
Zuständig ist das See- und Handelsgericht in Kopenhagen (sø –og
handelsret).
643
Dies war das Resultat einer mit diesem Thema von dem Verbraucherombudsmann beauftragen Arbeitsgruppe aus den siebziger Jahren. Siehe
hierzu Kur, Recht der Werbung in Dänemark, in Schricker (Hrsg.),
Recht der Werbung in Europa, Band I, Loseblattsammlung Stand 1998.
206
Kapitel 4 D. - Rechtsvergleich mit nordischen Ländern
In der Praxis kam der Beurteilung geschlechterdiskriminierender Werbung bisher keine rechtlichen Bedeutung zu. Im Jahre 1993 wurden vom dänischen Verbraucherombudsmann Richtlinien für die Beurteilung geschlechterdiskriminierender Werbung erlassen.644 Diese
Richtlinien werden von den Werbenden weitgehend auch
ohne formelle Rechtskraft eingehalten.645
IV. Rechtslage in Finnland
Auch das finnische Werberecht646 unterscheidet sich im
Ergebnis nur unwesentlich von dem der anderen nordischen Länder. Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb nennt sich hier, je nachdem welches Schutzobjekt
betroffen
ist,
Verbraucherschutzgesetz
(VSG)
oder
aber Gesetz gegen unlauteres Verhalten im Geschäftsbetrieb (UVG). Auch hier schreitet bei Zuwiderhandlung gegen die Verfügung des Verbraucherombudsmanns
das Gericht ein.647
Erstmals
urteilte
das
finnische
Marktgericht
1994
über eine Werbemaßnahme geschlechterdiskriminierenden
Inhalts.648 Dabei galt es, eine Werbung für eine Maler-Farbe namens Panu zu beurteilen. Übermittler der
Werbebotschaft
war
eine
Frau,
die
lediglich
mit
Shorts und einem trägerlosen Top bekleidet war. Das
Gericht hatte bei der Auslegung der Generalklausel649
keine Schwierigkeiten und erachtete diese Werbung als
unzulässig,
da
Blickfang
zur
eine
spärlich
Übermittlung
bekleidete
einer
Frau
als
suggestiv-
644
Siehe zur detaillierten Auflistung der Richtlinien: Kur GRUR 1995,
790ff. (795).
645
Kur GRUR 1995, 790ff. (795).
646
Siehe im einzelnen zum Werberecht in Finnland Kur GRUR Int. 1996,
38ff. (42ff.); dies. GRUR 1995, 790ff. (791, 795).
647
Zuständig ist das Marktgericht (Marknadsdomstol).
648
Finnisches Marktgericht GRUR Int. 1995, 722ff. – „Panu“.
207
Kapitel 4 D. - Rechtsvergleich mit nordischen Ländern
zweideutigen Werbebotschaft gezeigt werde. Zwar gebe
es derzeit in Finnland keine spezielle Vorschrift betreffend die Diskriminierung aufgrund des Geschlechts
in der Werbung. Nach den internationalen Verhaltensregeln für die Werbepraxis sei aber u.a. auch die
Diskriminierung
aufgrund
des
Geschlechts
verboten.
Eine solche könne nicht akzeptiert werden.650 Dabei
verglich das Gericht diese Werbung mit Werbebildern
von Gewalt, die ebenfalls mehrfach als unzulässig erklärt wurden.651
V. Fazit
Der Rechtsvergleich mit den nordischen Ländern zeigt,
daß die Bedeutung diskriminierender Werbung erheblich
und damit die rechtliche Beurteilung notwendig ist,
um solchen Ausgrenzungen Einhalt zu gebieten. Unerheblich ist dabei, ob die Verwirklichung mittels einer eigenständigen Vorschrift, der Subsumtion unter
die Generalklausel oder aber lediglich aufgrund von
ohne formelle Rechtskraft bestehenden Richtlinien erfolgt. Hauptsache ist doch, daß solche Fälle im Ergebnis rechtlich erfaßt sind. Dies läßt den Schluß
zu, daß es einer gesonderten Vorschrift zur Regelung
diskriminierender Werbung im deutschen Wettbewerbsrecht dann nicht bedarf, wenn sie dem Anwendungsbereich der Generalklausel nach § 1 UWG zuzuordnen ist.
Denn während lediglich Norwegen eine derartige Vorschrift aufzuweisen hat, ist die Vorgehensweise zur
Bekämpfung diskriminierender Werbung in Dänemark wie
649
Anwendung fand hier insoweit Kap. 2 § 1 des finnischen Verbraucherschutzgesetz.
650
Finnisches Marktgericht GRUR Int. 1995, 722ff. (725) – „Panu“.
651
Die Entscheidung des finnischen Marktgerichts GRUR Int. 1995,
722ff. (725) – „Panu“ verweist auf die Entscheidung des finnischen
Marktgerichts GRUR Int. 1992, 297ff. – „G.I.Joe“; mit Anm. von Kur
GRUR Int. 1992, 301ff.
208
Kapitel 4 D. - Rechtsvergleich mit nordischen Ländern
auch in Finnland zumindest ebenso durchgreifend, bei
der geschlechterdiskriminierendes Werbeverhalten unter die Generalklausel subsumiert wird. Norwegen erweist sich hinsichtlich seines Beurteilungsmaßstabes
als besonders streng. Aus diesem Grund sollte dieser
Beurteilungsmaßstab zwar richtungsweisend sein, aber
seinem Umfang nach nicht als Grundlage dienen. Nicht
unbeachtet darf bleiben, daß der wettbewerbsrechtlichen
Generalklausel
nach
deutschem
Recht
ein
sehr
viel umfassenderer Anwendungsbereich zukommt als der
der nordischen Länder.
Auch wenn die von Hefermehl zu § 1 UWG entwickelten
Fallgruppen den Kern der diskriminierenden Werbung
nicht treffen,652 so steht doch außer Frage, daß es
sich dem Grunde nach bei der diskriminierenden Werbung um einen Fall sittenwidrigen Wettbewerbsverhaltens handelt. Damit bedarf das UWG keiner Novelle.
Ausreichend ist, die bislang bestehenden Fallgruppen
um eine weitere, die der diskriminierenden Werbung,
zu erweitern.
652
Siehe hierzu Kapitel 4 A.
209
Kapitel 5 - Resümee
Kapitel 5: Resümee
Mit
dem
Fall
„Busengrapscher“
und
auch
mit
der
Benetton-
Werbekampagne hat die diskriminierende Werbung an rechtlicher
Bedeutung erheblich gewonnen. Aufgrund zunehmender Reizüberflutung der Konsumenten und dem Versuch der Werbenden, die Aufmerksamkeit des Betrachters zu erlangen, kommt es immer häufiger zu dergleichen Überschreitungen.
Es ist erforderlich, solche Verstöße zu ahnden und sowohl Werbende wie auch Werbeträger rechtlich in ihre Schranken zu weisen. Eine derartige Einschränkung darf allerdings nicht dazu
führen, dem Werbenden Äußerungen innerhalb einer Image-Werbung
über
gesellschafts-politische
Themen
gänzlich
zu
verbieten.
Solche Äußerungen müssen weiterhin gestattet bleiben. Denn andernfalls würden im vorhinein Tabus aufgestellt. Solche Tabubereiche sollten im Zuge der Liberalisierung unserer Gesellschaft
nicht aufgestellt werden. Allerdings muß die Werbung dort ihre
Grenzen finden, wo sie geeignet ist, einzelne Bevölkerungsgruppen zu stigmatisieren.
Bei der rechtlichen Beurteilung diskriminierender Werbebilder
zeigt sich, daß die in diesem Rahmen bedeutsamen Kommunikationsgrundrechte gemäß Art. 5 GG den Werbenden wie auch den Werbeträger nicht rechtfertigen können. Im Rahmen einer verfassungsrechtlichen Interessenabwägung überwiegt der Schutz der
Allgemeinheit.
Die rechtliche Zuordnung diskriminierender Werbebilder erweist
sich zunächst als schwierig, da die von Hefermehl zu § 1 UWG
entwickelten
Fallgruppen
den
Kern
der
Diskriminierung
nicht
treffen. Insbesondere bei dem Rechtsvergleich mit nordischen
Ländern wird deutlich, daß die Überlegungen der Einführung eines Antidiskriminierungsgesetzes nicht erforderlich sind. Auch
braucht das UWG selbst nicht novelliert bzw. um einen eigenständigen Tatbestand der Diskriminierung ergänzt werden. Die
Generalklausel des UWG bietet für die vorliegenden Fälle ausreichend Rechtsschutz. Allerdings ist die Gründung und Einführung einer neuen Fallgruppe, die der diskriminierenden Werbung,
210
Kapitel 5 - Resümee
zur abschließenden rechtlichen Beurteilung dieser Fälle unerläßlich. Die Fallgruppe der diskriminierenden Werbung soll solches Werbeverhalten erfassen, bei dem einzelne Personengruppen
aufgrund ihrer Zugehörigkeit stigmatisiert werden. Denn dort
muß die Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung ihre Grenzen
haben.
211
Anlagenverzeichnis
Anlage 1
212
Anlagenverzeichnis
Anlage 2
213
Anlagenverzeichnis
Anlage 3
Anlage 4
214
Anlagenverzeichnis
Anlage 5
Anlage 6
215
Anlagenverzeichnis
Anlage 7
Anlage 8
216
Anlagenverzeichnis
Anlage 9
Anlage 10
217
Anlagenverzeichnis
Anlage 11
Anlage 12
218
Anlagenverzeichnis
Anlage 13
Anlage 14
219
Anlagenverzeichnis
Anlage 15
Anlage 16
220
Anlagenverzeichnis
Anlage 17
221
Anlagenverzeichnis
Anlage 18
Anlage 19
222
Anlagenverzeichnis
Anlage 20
223
Anlagenverzeichnis
Anlage 21
224
Anlagenverzeichnis
Anlage 22
225
Anlagenverzeichnis
Anlage 23
226
Anlagenverzeichnis
Anlage 24
227
Anlagenverzeichnis
Anlage 25
228
Anlagenverzeichnis
Anlage 26
229
Anlagenverzeichnis
Anlage 27
230
Anlagenverzeichnis
Anlage 28
231
Anlagenverzeichnis
Anlage 29
232
Anlagenverzeichnis
Anlage 30
Anlage 31
233
Anlagenverzeichnis
Anlage 32
234
Anlagenverzeichnis
Anlage 33
235
Anlagenverzeichnis
Anlage 34
236
Anlagenverzeichnis
Anlage 35
237
Anlagenverzeichnis
Anlage 36
238
Anlagenverzeichnis
Anlage 37
239
Anlagenverzeichnis
Anlage 38
240
Anlagenverzeichnis
Anlage 39
241
Anlagenverzeichnis
Anlage 40
242
Anlagenverzeichnis
Anlage 41
243
Anlagenverzeichnis
Anlage 42
244
Anlagenverzeichnis
Anlage 43
245
Anlagenverzeichnis
Anlage 44
246
Anlagenverzeichnis
Anlage 45
247
Anlagenverzeichnis
Anlage 46
248
Anlagenverzeichnis
Anlage 47
249
Anlagenverzeichnis
Anlage 48
250
Anlagenverzeichnis
Anlage 49
Anlage 50
251
Lebenslauf
Lebenslauf
Am 03.01.1971 wurde ich als viertes Kind der Apothekerin Heide
Wassermeyer, geb. Brandau und ihres Ehemannes Richter am Bundesfinanzhof Prof. Dr. Franz Wassermeyer, in Bonn geboren.
Meine Schulzeit verbrachte ich von 1977-1981 auf der Grundschule in St. Augustin, in der Zeit von 1982-1991 auf dem AlbertEinstein Gymnasium in St. Augustin, wo ich 1991 die allgemeine
Hochschulreife erlangte.
Vom Wintersemester 1991/1992 bis zum Wintersemester 1995/1996
studierte ich an der Universität in Konstanz. Im Februar 1996
legte ich in Konstanz meine erste juristische Staatsprüfung ab.
Nach einem Wechsel nach Münster/Westfalen und der zwischenzeitlichen Referendarausbildung legte ich im November 1998 meine
zweite juristische Staatsprüfung ab.
In der Zeit von Januar 1999 bis Dezember 1999 schrieb ich an
meiner Dissertation.
Zum 03.01.2000 habe ich in Essen meine Tätigkeit als Rechtsanwältin in Essen begonnen.
252
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