Im Jahr 1984 feierte die architektonische Postmoderne in Deutschland eine Art Höhepunkt. In diesem Jahr wurde in Frankfurt das Deutsche Architekturmuseum eröffnet und Heinrich Klotz, Gründungsdirektor des DAM, rief zur Revision der Moderne auf. Gleichzeitig wurde in Stuttgart die Staatsgalerie von James Sterling fertiggestellt, der wahrscheinlich bis heute wichtigste postmoderne Bau auf deutschem Boden. Und in Berlin begann unter dem Motto „Kritische Rekonstruktion“ eine Internationale Bauausstellung, die sich explizit vom Städtebau der Moderne abwandte und eine Rückkehr zum Blockrand und zur „europäischen Stadt“ propagierte. So fand die Revision der Moderne sowohl in der Architektur als auch im Städtebau statt. lich, die für ihn ein Tableau ist, in dem das Verschiedene nebeneinander steht, ineinander übergeht und zusammengeschaut werden kann. Als einer der bedeutendsten Komponisten der Gegenwart hat Alfred Schnittke wichtige Jahre seines Leben in Hamburg verbracht. Er war hier Ehrenmitglied und Träger der Plakette der Freien Akademie der Künste. Als Professor für Komposition hat er an der Hochschule für Musik und Theater gelehrt, und viele bedeutende Werke sind in Hamburg entstanden. Unvergessen sind die Zusammenarbeit zwischen Alfred Schnittke und John Neumeier sowie die Uraufführung des Peer Gynt-Balletts. So verbindet die Festveranstaltung einen inhaltlich-musikalischen Beitrag zu unserer Reihe „1984“ mit einer Ehrung des großen Komponisten Alfred Schnittke. Programm: · Preludio im memoriam Dmitri Schostakowitsch – für Violine und Tonband, 1975, 5‘ · Hommage à Strawinski, Prokofjew und Schostakowitsch für Klavier zu 6 Händen – 1978, 10‘ · A Paganini – für Violine solo, 1982, 12’ · Prof. Elmar Lampson „Geschichtliche Polyphonie – Alfred Schnittke und das Jahr 1984“ Wir wollen nun fragen: Wurde diese Strömung im Hamburg der 80er Jahre überhaupt wahrgenommen und fand sie einen baulich nachweisbaren Niederschlag? Gibt es postmoderne Architektur in Hamburg? Aber abgesehen von Stilfragen: Hielten Hamburger Architekten eine Revision der Moderne denn überhaupt für nötig? Oder war Hamburg mit Fritz Schumacher eigentlich immer schon postmodern? Darüber wollen wir diskutieren. Pause Montag, 1. Dezember 2014, 19 Uhr Allgemeines „Geschichtliche Polyphonie“ 1984 - als Alfred Schnittke 50 wurde... Eintritt zu den Veranstaltungen ( außer der Ausstellungseröffnung): 10,– Euro; ermäßigt 8,– Euro Ein Festkonzert zu seinem 80. Geburtstag Irina Schnittke, Stepan Simonian und Iwan Rudin- Klavier Moderation: Elmar Lampson Vieles, was wir mit dem Jahr 1984 verbinden, konzentriert sich im Werk Alfred Schnittkes. Zunächst ist es ein sympolisches Spiel mit Zahlen: am 24. November 2014 wäre er 80 Jahre alt geworden, vor dreißig Jahren, also 1984, feierte er seinen 50. Geburtstag. Damals stand er in der Mitte seines schöpferischen Lebens und hat in diesem Jahr seine vierte Symphonie geschrieben, in der er nicht nur verschiedene musikalische Stilepochen zusammenschaut sondern auch vier große Glaubensströmungen (orthodox, katholisch, protestantisch, jüdisch) aufeinander bezieht. Bereits im Jahr 1984 wird sein besonderes Verhältnis zur Musikgeschichte deut- · Moz-Art – Duo a la Haydn (nach dem Fragment KV 416d) Version für 8 Flöten und Harfe, 1990, 14‘ · Epilog zu „Peer Gynt“ - Fassung für Violoncello, Klavier und Tonband, 1993, 25‘ In Kooperation mit der Hochschule für Musik und Theater Hamburg Ausstellung: Geöffnet bis 9. November 2014, dienstags bis sonntags, 11 bis 18 Uhr Eintritt zur Eröffnung frei, danach 5,– Euro / erm. 3,- Euro Die Ausstellung wird unterstützt durch avt plus media service Veranstaltungsort: Klosterwall 23, 20095 Hamburg U1-Steinstraße, Ausgang Markthalle www.fadk.de Die Reihe wird gefördert durch die Kulturbehörde Hamburg Veranstaltungsreihe der Freien Akademie der Künste Hamburg Die Architektur durfte sich jetzt wieder ihrer eigenen Geschichte zuwenden und sich im formalen Repertoire der Vergangenheit bedienen, ohne sich sofort dem Verdacht auszusetzen, rückwärtsgewandt oder nostalgisch zu sein – eben unmodern. Das Verhältnis von alt und neu wurde nun anders bewertet. Überhaupt wurden die Konzepte der Moderne nicht mehr automatisch mit dem Fortschrittlichen identifiziert. Die Postmoderne fand nämlich keineswegs nur in der Architektur oder den Künsten statt. Das postmoderne Denken verstand sich in einem umfassenden soziokulturellen Sinn als eine Zäsur, die der französische Philosoph Francois Lyotard auf die bekannte Formel brachte: das Ende der großen Erzählungen. 1984 – Das Jahr, in dem die Zukunft begann Donnerstag, 16. Oktober 2014, 19 Uhr Wir blicken 30 Jahre zurück und sehen, wie die Erinnerung trügt. Waren die Achtziger nicht Jahre der Windstille, waren es nicht (bevor das annus mirabilis 1989 alles veränderte) Jahre eines verspielten Ausprobierens? Heute sehen wir, dass damals Vieles begann, was unsere Kultur noch heute bestimmt. Die erschöpfte Moderne. Deutschsprachige Literatur nach 1984 1984 war das Jahr, in dem die Stuttgarter Staatsgalerie von James Stirling Furore machte. Kurz zuvor hatte Umberto Ecos Roman „Der Name der Rose“ die literarische Szene verändert. Kurz danach waren „Das Parfüm“ von Patrick Süskind erschienen, die „Risikogesellschaft“ von Ulrich Beck und die „Neue Unübersichtlichkeit“ von Jürgen Habermas. Es hatte die legendäre Ausstellung über dekonstruktivistische Architektur in New York stattgefunden. Es war die Zeit, in der das Hamburger Filmbüro auf dem Höhepunkt seiner Arbeit war, und namhafte Filmemacher zu produzieren begannen. Es war die Zeit, in der die Mediengesellschaft, wie wir sie kennen, ihren Ursprung nahm: 1984 startete das deutsche Privatfernsehen. ‚Erschöpfung‘ ist ein doppeldeutiges Wort. Es bezeichnet erstens einen Zustand bedrohlicher Ermüdung, aber zweitens auch den Umstand, dass alle kombinatorischen Möglichkeiten eines Systems ausgeschöpft worden sind. Die deutschsprachige Literatur der letzten dreißig Jahre ist auf eine reizvolle Weise erschöpft. Sie hat sehr viel anzubieten, sie hat alle Möglichkeiten ausprobiert. Es dürfte kaum möglich sein, sie unter einem Epochenoberbegriff wie Klassik, Romantik oder Expressionismus zu fassen. Die spezifisch spätmoderne Literaturkonstellation um das Jahr 2000 herum ist aber auch deshalb so komplex, weil sich die alte Buchliteratur den Herausforderungen neuer Kommunikationstechnologien und neuer Internet-Medienkonkurrenz ausgesetzt sieht. Zur Diskussion steht deshalb auch, wie zeitgemäß das alte Medium der schönen Buch-Literatur überhaupt noch sein kann. In ihrer Veranstaltungsreihe blickt die Freie Akademie zurück und fragt, was aus den damaligen Anfängen geworden ist. Und sie gedenkt ihres Mitglieds, des großen Komponisten Alfred Schnittke, der am 24. November 80 Jahre alt geworden wäre: Auch er ein Künstler, dessen Werk die klassische Trennung zwischen „les anciens et les modernes“ aufgehoben hat. Ein Vortrag von Jochen Hörisch Donnerstag, 23. Oktober 2014, 18 Uhr Eröffnung der Ausstellung Filmkunst Kabinett. Filmischer Aufbruch in Hamburg. Mittwoch, 8. Oktober 2014, 19 Uhr Zehn Werkinterviews mit Hamburger Filmemacher_innen. „Trend oder Epoche? – Was Sie in der Vergangenheit schon immer über die Zukunft wissen wollten“ Zehn Werkinterviews mit bekannten und weniger bekannten, legendären und aufregenden Filmemacher_innen, die das künstlerische Filmgeschehen in Hamburg seit den siebziger Jahren maßgeblich beeinflusst haben, stehen im Mittelpunkt der Ausstellung FILMKUNST-KABINETT. Die Werkinterviews entstanden im Rahmen eines Ausbildungsprojektes des Communitysenders TIDE. Die Fernsehsendereihe ist seit März 2014 auf TIDE.tv und im Metropolis-Kino mit einem ausgewählten filmischen Begleitprogramm der Filmemacher_innen zu sehen. Aufgrund der besonderen Förder- und Produktionsbedingungen in Hamburg Anfang der 70er bis Mitte der 80er Jahre konnte sich die Hansestadt neben Oberhausen zum wichtigsten kreativen Biotop für Filmemacher_innen aller Genres entwickeln. Das Filmkunst Kabinett wird alle Werkinterviews sowie ausgewählte Werke der Filmemacher gebündelt präsentieren, sie mit einer ausführlichen Begleitbroschüre zeitgeschichtlich und ästhetisch verorten und damit einen wichtigen, wenn auch lange nicht vollständigen Einblick in diese Zeit des filmisch-künstlerischen Aufbruchs geben. Ein Vortrag von Frank Otto Frank Otto wird in seinem Vortrag anhand von Beispielen aus der Science-Fiction Literatur, dem Kunststreit der bildenden Künstler sowie den vielfältigen musikalischen Innovationen, der Mode und des Designs sowie der neuen Medien, aufzeigen, dass die Dinge nicht immer als das erscheinen, was sie sind. Was einst revolutionär anmutete, entpuppt sich heute als eine harmlose Zeiterscheinung und hinter einem lediglich unterschwellig wahrgenommenen Trend verbirgt sich vielleicht eine epochale Veränderung. Ohne zu verschleiern, dass „Big Brother“ eben nicht nur eine TV-Unterhaltungsshow ist, sondern ganz reale Entsprechungen hatte und haben wird, muss auch kurz Globales angesprochen werden. Aber vor allem aus seiner ganz persönlichen Hamburger Sicht wird Frank Otto überraschende Erkenntnisse präsentieren und versuchen, Sie mit kritischem Verstand auf eine lebens- und liebenswerte Zukunft einzustimmen. Was auch immer Sie persönlich mit dem Jahr 1984 verbinden, in diesem Vortrag erfahren Sie Zusammenhänge, die Ihren eigenen Eindrücken eine besondere Bedeutung geben können und darüber hinaus jenes Jahr unvergesslich machen kann. In Kooperation mit dem Lokalsender TIDE und der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein Montag, 24. November 2014, 19 Uhr 1984: Architektur in Hamburg – Resistenz oder Ignoranz? Hanseatische Antworten auf die Revision der Moderne. Alles Revisionisten? Der K(r)ampf um die postmoderne Architektur in Deutschland Oliver Elser, Kurator am Deutschen Architekturmuseum, Frankfurt Kam die Postmoderne nur bis Lüneburg? Ein Rückblick auf das Hamburger Architekturgeschehen Mitte der 80er Jahre Gert Kähler, Architekturhistoriker, Hamburg Revision der Moderne: In den 6oer Jahren wurde die Kritik an der klassischen Architekturmoderne nicht nur in den Fachkreisen der Planer selbst schärfer, sondern sie entwickelte sich mehr und mehr zu einem öffentlichen Diskussionsthema. Autoren wie Jane Jacobs in den USA oder Alexander Mitscherlich in Deutschland geißelten die „Unwirtlichkeit der Städte“ und der einst so gepriesene Internationale Stil wurde nun als geradezu stadtzerstörerische Plage des sogenannten Bauwirtschaftsfunktionalismus wahrgenommen, der überall nur die gleichen banalen Kisten absetzte, ohne Rücksicht auf gewachsene Stadtstrukturen. Das Neue war nämlich aus dieser altmodernen Sicht prinzipiell immer besser als das Alte, so dass es im Sinne einer tabula-rasa -Mentalität auch keinerlei Hemmungen gab, ganze historische Stadtviertel dem Boden gleichzumachen, um eine „Totalsanierung“ durchzuführen. Das wurde natürlich als Akt des Fortschritts gesehen. Doch die gesellschaftliche Stimmung schlug um. Der Massenwohnungsbau mit seinen „Wohnmaschinen“ wurde zunehmend als steril und anti-urban abgelehnt. Und ab Ende der 6oer Jahre nahmen die Proteste gegen den Abriss vorhandener Gebäude immer mehr zu. Angesichts gewaltiger Verkehrsinfrastrukturprojekte wurde von der Ermordung der Stadt gesprochen. Das Glücksversprechen der Moderne schien gebrochen. Im Jahre 1977 sprach dann der Architekturtheoretiker Charles Jencks vom Tod der modernen Architektur und er konnte diesen Tod sogar auf den Tag genau datieren: am 15.Juli 1972 wurden nämlich in St.Louis mehrere Wohnhochhäuser aus den 50er Jahren in die Luft gesprengt, weil sie technisch und sozial nichts anderes als nur noch Ruinen darstellten. Für Jencks war dies zur gleichen Zeit die Geburt der Postmoderne in der Architektur, die sich in den 70er und 8oer Jahren sowohl zu einer Haltung, aber auch zu einem Stil entwickelte. Dabei ging es nicht zuletzt um eine Aufhebung der modernen Tabuisierung alles dessen, was historisch vor der Moderne lag, allgemeiner: nicht-modern war. Das verband sich grundsätzlich mit der Infragestellung des geistigen Monopolanspruchs der Moderne. So machte nun der Begriff des Pluralismus die Runde. Es war auch die Rede von Komplexität und Mischung, von Collage und sogar der Zulassung von Widersprüchen und Heterogenitäten anstelle von Purismus und Einheitlichkeit. Stilistisch prägte sich das in einer Durchmischung von Formen aus, die auch verschiedenen historischen Architektursprachen Zitate entnahm und diese spielerisch zusammenstellte – häufig auch mit einem gehörigen Schuß Ironie.