S. Bremet.at. 297 Pferdeheilkunde 8 (1992) 5 (September/Oktober) 297-301 Zusammenfassung Leptospireninfektion(L.ptospira grippotyphosa)als LJrsache einer hämolytischen Anämie bei einemPferd'} S. Brem|., A. Grabnef , T. Hänicben3,H. Koppr und P. Mqerl I Landesuntersuchungsamtfür das GesundheitswesenSüdbayern, Oberschleißheim. 2 Medizinische Tierklinik und 3 Institut für Tierpathologie der Ludwig-Maximilians-Universität München In einem Fallbericht werden der klinische Verlauf, die hämatologischen, klinisch-chemischen und serologischen Befunde bei einem vierjährigen Ponyhengst im Zustand einer hämolytischen Krise sowie die morphologischen Veränderungen nach Euthanasie des Tieres beschrieben.Das klinische Bild war durch Anämie, Ikterus, Hämoglobinurie und Bilirubinurie gekennzeichnet. Die Mikroagglutinationsreaktion (MAR) auf Antikörper gegen Leptospira grippotyphosa ergab eine Titerhöhe von 1:51200 am ersten und von 1:12800 am 13. Tag des Klinikaufenthaltes.Als auffallendsterhistopathologischer Befund war die nahezu isolierte hochgradige Speicherung von eisehhaltigemPigment in den Nieren zu werten. In der Kupfferschen Sternzellen der Leber konnte Eisen nur geringgradig mittels der Turnbull-Blau-Reaktion nachgewiesenwerden. Atiologisch ließ sich eine Infektion mit L. grippotyphosa als kausales Agens nach kultureller Isolierung aus Urin und serologischerGruppierung bestätigen. Hemolytic anemia caused by infection with Leptospira grippotyphosa Einführung SerologischeBefunde beweisendie Existenz von subklinischen Infektionen mit verschiedenenSerovarenvon Leptospira interrogans bei Pferden in Europa, den USA und anderenTeilen der Welt. Dagegenwurden im Verlauf der Jahrzehntebei Pferden nur relativ wenige akute Infektionen und Erkrankungsausbrüchebeschrieben.Bei den Isolaten handelt es sich nach Faine (1982)um L. pomona (l.rgoslawien, LJngarn,Rumänien, Sowjetunion und USA), L. (Frankreich),L. sejroe(Ungarn, J.rgoicterohaemorrhagiae slawien) und L. canicola (Sowjetunion). Aus abortierten Pferdefetenwurden Stämme der SerogruppenAustralis, Pomona, Hebdomadis und Icterohaemorrhagiaeisoliert (Ellis et al., 1983). In der Literatur werden klinisch perakute,akute, subakute, atypische, chronische und subklinische Verlaufsformen unterschieden. In der älteren Literatur werden bei bestimmten Organmanifestationendie meningoenzephalitische Verlaufsform und das Abortgeschehenabgegrenzt (Kathe und MochnlAnn, t967). Die Periodische Augenentzündung wird heute nicht mehr als Leptospireninfektion im engerenSinne,sondernals polyätiologischesGeschehen angesehen.Eine durch Leptospireninfektion oder andere ätiologischeNoxen bedingte Uveitis löst möglicherweise eine Autoimmunreaktion auf zerstörtesGewebe der Uvea aus(Slatter, 7990). Die Infektionen können bei Pferden bei klinisch manifester Erkrankung je nach den oben aufgeführten Verlaufsformen zu Ikterus, Hämoglobinurie, Anämie, Hämorrhagien, Inappetenz, Abmagerung, Exzitationen, Krämpfen, Nachhandparese, Myalgien und Koliken führen. Beim atypischen Verlauf sind Ikterus und Hämorrhagien selten, dagegenwird haufig eine Anämie festgestellt.Todesfällebei Leptospireninfekten wurden zuerst in der Sowjetunion beschrieben.Auch rumänische Autoren berichten über schwere Krankheitsverläufe (zit. nach Kathe und Moch'r Herrn Prof. Dr. J. von Sanderslebenzum 70. Geburtstag gewidmet The clinical course and the hematological,blood biochemical and serological data in the condition of hemolytic crisis as weil as the morphological findings in a four years old pony stallion are described. The clinical picture was characterized by anemia, jaundice, hemoglobinuria and bilirubinuria. Antibody reciprocal titres by microagglutination test related to Leptospira grippotyphosa were highly increasedand ranged between 51200 at the first day and 12 800 at the thirteenth day after hospitalization. Extreme iron pigment accumulation in the kidneys was the most striking histopathological finding. Iron pigment in Kupffer cells was only detected by Turnbull blue reaction. Successfulcultural isolation from urine and serologicalclassificationproved L. grippotyphosa to be the causative agent of this disease. nlann t967). Die Erkrankungen treten als Enzootien, bei kleineren Gruppen und als Einzelfälle auf. Als Infektionsquellen gelten infizierte Nager oder andere Haustierebei gemeinsamerStallungoder Weide. So stellten z. B. Bokari et al. (zit. nach Kathe und Mochmann) durch serologischeLJntersuchungenfest, daß in Gestüten, in denenLeptospireninfektionenauftraten,Schweinezu 9Q7o und Rinder zu 35 % mit L. pomona und L. hyos infiziert waren. Nagetiere waren zt 10% mit L. saxkoebing infiziert. Soaa (1964) beschreibt die klinischen und serologischen Befunde bei neun Pferden mit Leptospirose durch Infektion rnit L. grippotyphosa. Alle Pferde waren hochfieberhaft erkrankt und wiesen eine Hyperbilirubinämie (bis 15 mg o/o)auf. Die Diagnose basierte ausschließlichauf den Ergebnissender serologischenUntersuchungen.Zwischen dem 5. und 11. Tag der Erkrankungen war es zu einem Titeranstiegmit L. grippotyphosavon ursprünglich negativen oder niedrig positiven Werten (bis 1:200)auf 1:IZOObis 1:50000 gekommen. Leptospiren konnten in keinem Fall isoliert werden. Eine Hämoglobinurie wurde bei keinem der Pferde diagnostiziert. Nachfolgend werden klinische Beobachtungensowie die morphologischen und mikrobiologischen Befunde bei einer ungewöhnlichen Leptospirose eines Pferdes mitgeteilt. In der uns zugänglichenLiteratur ist eine derartige Verlaufsform für Pferde nicht beschrieben.Dagegengibt es zwei Berichte über hämolytischeAnämie bei Nashörnern, Pferdeheilkunde B 298 Leptospireninfektion bei denen die Leptospireninfektionen zwarrletztlich nicht bewiesenwurden, die aber Parallelenzu der von uns beobachteten Erkrankung beim Pferd aufweisen(Douglaset al., 1980;Miller tnd Boever, t982). Eigene Beobachtung Ein bei der Tötung vierjähriger Ponyhengst wurde erstmalig M Monate vorher klinisch auffällig. Aufgrund einer hochgradigen schwarzroten Verfärbung des Harns nach mäßiger Belastung wurde eine Myoglobinurie diagnostizierr. Auf Therapie (Aderlaß, Dexamethason, Kalziuminfusion, Vitamin E/Selen, Vitamin B-Komplex, Metamizol) erfolgte Besserung.Rezidive der klinischen Symptomatik traten mit zwischenzeitlicherBesserungnach 4, 7, 15, 39 und 80 Tagen auf. Das Pferd wurde im Herbst von der Weide genommen und schien die folgenden zehn Monate gesund. Nahezu ein Jahr nach der erstenErkrankung trat erneut im Sommer bei \üeidegang eine wiederum als Myoglobinurie gedeutete braunrote Verfärbung des Harnes auf. Die Stammuskulatur schien betroffen. Das Tier konnte nur mit Mühe stehen. Eine Behandlung - wie oben angegebenbrachte erneut kurzfristige Besserung. Am darauffolgenden,dritten Tag erlitt dasTier ein Rezidiv und wurde mit dem Verdacht auf eine Pflanzenintoxikation in die MedizinischeTierklinik eingewiesen. Klinische Befundeder Eingangsuntersuchung Das Pony zeigceein mittelgradig gestörtesAilgemeinbefinden bei apathischemVerhalten und gesenkterHalsstellung. Die Futteraufnahme sistierte, und der Ernährungszustand war reduziert. Die rektale Körpertemperatur betrug 38,8 Grad Celsius, die Pulsfrequenz war auf 96/Min. angestiegen, die Atemfrequenz bei 18/Min. nur gering erhöht. Die kapillare \Wiederfüllungszeitwar mit vier Sekunden deutlich verzögert. Besondersauffallend war die sehr blasseund gelbliche Verfärbung der Schleimhäute.Bei der Herzauskultation wurde als weiteres Zeichen der Kreislaufinsuffizienz eine erheblich verstärkte Tonintensität bei regelmäßigertachykarder Herzaktion festgestellt. Als Nebenbefund war eine Anschwellung des linken Hodens zu werten. Kl in i sche Lab or untersucbungen Der klinischen Symptomatik entsprechend,waren erhebliche Veränderungen der hämatologischen Parameter gegeTab.l: Hämatologische Befunde Tag der klin.Untersuchung 1 4 Hämatokrit1ole1 (g/dl) Hämoglobin (106/pl) Erythrozyten (103/pl) Leukozyten 9, 0 11, 0 3, 0 3. 2 1, 5 21,0 9, 5 Segm.neutr.Gran.(o/e) stabk. neutr.Gran.(o/o) Monozyten(o/o) Lymphozyten(o/o) 75, 0 8, 0 2, 0 15 0 Pferdeheilkunde 8 6 10, 0 2, 6 1, 1 14, 7 I 12 10, 0 9, 0 12,O 2, 9 24 3 , 6 1, 3 1, 1 I,O 22, O 16, 0 1e ? 67, 0 75, 0 93, 0 79,0 3, 0 1, 0 2, 0 5, 0 3, 0 1, 0 1, 0 1, 0 27, 0 24, 0 5, 0 15, 0 69,0 z,u 6,0 23,0 ben, die in ihrem Verlauf während des Klinikaufenthaltes in Tabelle I aufgeführt sind. Das mimlere Erythrozytenvolumen (MCV) und der mittlere Hämoglobingehalt des Einzelerythrozyten (MCH) lagenmit ihren Mittelwerten (x t s : 76,8 + 11,0fl) bzw. (22,0 t 3,1 pg) erheblich über ihren Referenzbereichen. Das Blutplasma wies eine höhergradige Gelbfärbung auf, wodurch die Erkennung einer intravasalen Hämolyse verhindert wurde. Die Gerinnungsglobalwerte Prothrombinzeit, partielle Thromboplastinzeit, Thrombinzeit und Thrombozytenzahl zeigtenim Untersuchungszeitraum keine Abweichungen von der Norm. Von den klinisch-chemischenParameternseienin Tabelle II nur jene angegeben, bei denen- dem klinischen Bild entsprechend- auch erheblicheVeränderungenim Serum vorlagen. Tab.ll: Klinisch-chemische Serumbefunde Tagd. klin,Untersuchung Bilirubinges.(mg/dl) Bilirubindir.(mg/dl) (g/dl) Totalprotein (g/dl) Gammaglobuline Laktat(mmol/l) LDH (U/r) ASr(U/r) cK(uir) (U/r) ALK.Ph. GLDH(U/r) (U/l) Gamma-GT 1 4 10,7 1,9 10,0 8,6 3,3 7,0 2,5 o 10,7 6,2 'l o 8 12 15 8,6 5,4 0,5 4 ,7 6,0 1,8 4 ,7 .t? 6,7 n? <A I'n 1,8 3,5 1820 1120 1045 1458 1520 1280 934 585 506 564 397 360 197 41 49 49 113 74 421 596 583 821 645 643 400 131 7 34 25 5 31 24 37 22 26 25 Die Harnstoff- und Kreatininbestimmung ergabenim gleichen Zeitraum keine von der Norm abweichenden Befunde. Die am ersten und zwölften Tag des stationären Klinikaufenthalts durchgeführten Harnuntersuchungen waren durch eine erheblicheHämoglobinurie und eine Bilirubinurie gekennzeichnet. Der pH-\üert des Harns war zwischen 8 und 9 im Bereich der physiologischen Norm. Die Harndichte bewegte sich zwischen1,013und 1,020. Im Harnsediment wurden neben einer erhöhten Anzahl an Leukozyten nur relativ wenige Erythrozyten festgestellt. Erheblich erhöht waren das Vorkommen von Bilirubin, von granulierten Zylindern und das massenhafteVorhandenseinvon lJraten. Befunde Serologiscbe Ztr ätiologischen Klärung der klinisch diagnostizierten hämolytischen Anämie wurden verschiedeneserologische Unterstrchungen eingeleitet. Der Immunfluoreszenztest und die Komplementbindungsreaktion bezüglich Babesia equi- und B. caballi- Antikörpern waren negativ; der Coggins-Testzum Nachweis einer infektiösen Anämie und der Coombs-Test zur Feststellung antiery thr ozytärer Autoantikörper zeigcenebenfallsnegative Ergebnisse. S.aren et. at. 299 Dagegen verlief die Mikroagglutinationsreaktion (MAR) zur Feststellungvon Antikörpern gegenLeptospiren zweimal hochgradig positiv. Tab.lll: Ergebnisse derMikroaggluatinationsreaktion aufLeptospi renantikörper Tag der klin.Untersuchung 1. Tag '13.Tag L. grippotyphosa L. bratislava L. icterohaemorrhagiae L. pomona L. sejroe L. saxkoebing 1: 51200 1: 3200 1: 800 1: 800 1: 400 1: 100 1:12800 1: 2O O 1: 10 0 1: 10 0 1: 10 0 1: 10 0 Therapeutisches Vorgehen und Kran kheitsverlauf Die initiale anämische Schocksituation des Patienten konnte nach intravenöser Applikation von Plasmaexpandern, Glukose, Prednisolon und Roborantia behoben und das Allgemeinbefinden gebessertwerden. Der Zustand der hämolytischen Anämie wurde jedoch durch die Behandlung nicht beeinflußt. Aufgrund des fieberhaften Krankheitsverlaufs wurde von Beginn an eine Antibiose mit Ampicillin (50 mglkg KM pro die) vorgenommen, die nach Bekanntwerden des serologischenBefundesmit Tetracyclin (20 mg/kg KM pro die) weitergeführt wurde. Ab dem 7. Tag nach Einweisung in die Klinik war das Pony fieberfrei. Nach einer Voche intensiver Behandlungstabilisiertesich der Allgemeinzustand des Tieres. Die Pulsfrequenz bewegtesich zwischen 60 bis 68/Min. Die Futteraufnahme bessertesich, und das Pony wurde munter. Am 15. Tag nach Einweisung in die Klinik mußte der Patient auf '$Tunschdes Besitzers vorzeitig und ungeheilt entlassenwerden. Vier Vochen später wurde das Pony bei erneuter Verschlechterung des Allgemeinbefindens zur Tötung wegen 3 s.\ 2 .1 0 ( 2 8 .\ p 1 6 .O Y 3 8 .1 .t o o . o aussichtsloser Prognosewieder in die MedizinischeTierklinik eingewiesen. Patbolo giscb-anatomiscbeBefunde Reduzierter Ernährungszustand;Anämie, Hydrämie; allgemeiner Ikterus; Leber bei erhöhter Konsisrenz braun-grün verfärbt; Nieren dunkelbraun verfärbt; Befall von Kolon und Zäkum mit Strongylusspec.und Anoplocephalaspec.; übrige Organe bis auf tötungsbedingte Hyperämie ohne besonderenBefund. HistologiscbeBefunde Leber: hochgradige intrahepatische Cholestaseund Gallepigmentspeicherung in den Hepatozyten, herdförmige Infiltration mit Lymphozyten und eosinophilen Granulozyten im Bereich der Lebertrias, geringgradigeLipofuszinspeicherung in den Hepatozyten, einzelne eisenpositive Kupffersche Sternzellen Niere: extreme Speicherungvon eisenhaltigemPigmenr in den Hauptstückepithelien (Abb. 2), keine Anzeichen für Entzündung, bei Silberimprägnation nach Leaaditi Leptospiren nicht nachweisbar. Peripherer Lymphknoten: allgemeine Aktivierung mit Hyperplasie der Lymphfollikel, vereinzelte Siderozyten. Milz: ohne besonderen Befund, wenig eisenhaltigesPigment. Lunge: einzelne kleinere lympho- und histiozytäre sowie plasmazelluläreInfiltrate um kleine Blutgefäße,kein eisenhaltigesPigment nachweisbar. Pankreas:ohne besonderenBefund. Knochenmark (Röhrenknochen und Sternum): hochaktive Hämatopoesein der roten und der weißen Reihe, zahlreiche Siderozyten. Zum Nachweis des eisenhaltigen Pigmentes ist noch folgendeszu bemerken:außerin der Niere, wo auch die Berli ner-Blau-Reaktionhochgradig positiv ausfällt, ist das eisenhaltige Pigment in den Organen nur bei der Turnbull-BlauReaktion nachweisbar. A t.o h O.1 8 o .7 2 1 .3 8 3 .2 8 8. 60 A q t o/o g ldL 3. ?7 0.17 o.77 't.02 0.97 6.20 : o lto I ta a /d,( ql ft- (ULINE 52.8 2.8 12. r 16.5 r5.5 100.0 q o(z ß GLOBU LI .-{- Abb. 1: Elektropherogramme (links)und einesgesundenPferdeszum Vergleich(rechts), des Patienten Pferdeheilkunde 8 300 Leptospireninfektion LEtospirenisolation Zum Zeitpunkt der zweiten serologischenUntersuchung (sieheTabelle III) nach der EuthanasiedesPferdeswurden Kulturen von lJrin und Nierengewebe für den direkten Leptospirennachweis angelegt.Mit der angewandten Kulturtechnik gelang bereits beim Rind die Isolierung von Serovar hardjo aus Urin (Brem et al., 1988).Die halbfesten Nährböden wurden jedoch diesmal mit dem gereinigten Agar (Nr. 1l 852)der Fa. Becton Dickinson angesetzr. Nach viermonatiger Bebrütungsdauer konnten in der ,,Llrinkultur" Leptospiren nachgewiesenwerden, jedoch nicht in den mit Nierengewebe beimpften Medien. Die BeobachtungszeitdieserKulturen war über ein halbesJahr ausgedehntworden. Eine vorläufige Einordnung der isolierten Serovarin eine Serogruppeerfolgte mit Hilfe von Hochimmunserenin der Mikroagglutination. Die Zugehörigkeit des Isolates z:ur SerogruppeGrippotyphosa wurde von der WHO-Zentrale für Leptospirosein Amsterdam bestätigt. felung und Normoblasten nur selten gesehen.Es ist zu betonen, daß alle obigen Hinweise auf eine regenerarive Situation im vorliegendenFall fehlten. Der hohe Bilirubingehalt im Blut ist per se kein Beweisfür eine vorliegende Hämolyse. Er dürfte bei diesem Pferd zumindest anfangsdurch Inanition bedingt gewesensein, die eine verzögertehepatischeClearancevon Bilirubin verursacht. Der Verlauf und die Höhe der SerumbilirubinKonzentrationen zeigen dennoch die progrediente Hämolyse an. Als weiterer Hinweis auf die Hämolyse ist die permanente Erhöhung der LDH-Aktivität zu nennen. Die erhöhte Aktivität der alkalischen Phosphataesesteht in Einklang mit der morphologisch verifizierten intrahepatischenCholestase. Der erheblich erhöhte Anteil der Gammaglobulinfraktion (x ts = 32,9 + 3,9ol o) anS erumtotal protei n(si ehe Abb. 1) läßt eine länger andauerndeParenchymschädigungmit Bildung entsprechenderAntikörper vermuten. Die anfänglicherhöhte und im weiteren Verlauf durch die TherapiebeeinflußteLaktatkonzenrrarion,ist als Indikator der rnitialen Schocksituation zu werten, die durch eine hämolytische Krise ausgelöstwurde. Die Ergebnisseder Harnstoff- und Kreatininbestimmung entsprechen den morphologischenBefunden. Klinisch sowie pathologischanatomisch und histologisch fehlen Anzeichen für eine Niereninsuffizienz. Durch die spezifischenHarnbefunde Hämoglobin- und Bilirubinurie erfährt die Diagnose einer hämolytischen Anämie ihre Bestätigung.Das Vorliegen von Bilirubin im Harn kann jedoch zweifelsfreinur durch die Sedimenruntersuchungbestimmt werden, da dasPferd Hydrobilirubin ausscheidetund deshalbeine Teststreifenbestimmungvon Bilirubin falschpositive Resultateliefern kann. Die histologisch ganz vordergründige Hämosiderose der Hauptstückepithelienin den Nieren steht im Einklang mit Abb.2: Hochgradige Hämosiderinspeicherung in den Hauptstück- einer stattgehabtenHämoglobinurie. Eine Hämoglobinuepithelien der Niere,Turnbull-Blau-Reaktion, Vergrößerung: mittleres rie entsteht gewöhnlich als Folge einer Hämoglobinämie Trockensystem. bei intravasaler Hämolyse in der sogenannten hämolytischen Krise (Cottier, 1980).Bei hämolytischen Anämien, insbesondereextravasalenHämolysen, kann man auch in Diskussion den Kupfferzellen und in der Milz eisenpositivesPigment Die hämolytische Anämie beim Pferd ist durch Regenera- erwarten. Auffällig ist im vorliegenden Fall, daß in der tion und Ikterus gekennzeichnet.Die hämatologischenund Leber nur Pigment mit zweiwertigem Eisen (Turnbullklinisch-chemischenBefunde lassenan der Diagnoseeiner Blau) und in der Milz nur wenig eisenpositivesPigment hämolytischen Anämie nicht zweifeln. Die im vorliegennachweisbarwaren. Dieser Befund ähnelt den Verhältnisden Fall erheblich erhöhten Erythrozytenindices mittleres sen bei chronischem Verlauf der infektiösen Anämie der Erythrozytenvolumen (MCV) und mittlerer HämoglobinEquiden, bei der der Hämosideringehaltder Milz zumingehalt (MCH) weisen auf eine makrozytäre hyperchrome dest sehr abnimmt (Dahme und \Veiss,l99L). Anämie als Erkennungszeicheneiner regenerativenhämoNach Valli (1955) beruht die Pathogenität einiger Serovare lytischen Anämie hin. Ein erhöhtes MCV tritt eher bei von Leptospira interrogans zumindest teilweise auf der einer hämolytischen Anämie als bei anderen AnämieforAktivität von Hämolysinen. Leptospirainterrogansprodumen auf. Ein ebenso erhöhter MCH des Erythrozyten ziert Lecithinasen, die die Erythrozytenmembran zerstözeigt die Anwesenheit von freiem Hämoglobin an, die auf ren (Henr1, 1992).Aufgrund der Beobachtungen von Bhaeine Hämolyse folgt. Da beim Pferd die Erythrozyten bis sin et al. (1971) bei experimenteller Leptospirose mit L. zur vollen Ausreifung im Knochenmark verweilen, kann pomona muß auch Kälteagglutinin als partiell ursächlich im peripheren Blut die Erythropoese nur mangelhaft überfür die Hämolyse in Betracht gezogenwerden. prüft werden. So werden auch die Indikatoren der gestei- lm untersuchtenFall fehlen in den Nieren völlig die Anzeigerten Erythrozytenregeneration wie Retikulozytose, chen einer chronischenentzündlichen Reaktion als Folge Makrozytose, Aniso zytose,Polychromasie, basophileTüpdes Übertrittes von Erregern aus der Blutbahn in die NiePferdeheilkunde B S. Bremet.at. 301 rentubuli. Die Passageder Nieren wird jedoch durch den kulturellen Nachweis aus dem Harn bewiesen.Insgesamt ist wohl an der ätiologischenDeutung der hämolytischen Anämie als Ausdruck der Grippotyphosa-Infektion nicht zu zweifeln. Klinische, serologischeund morphologischeBefundelassen dabei aber nicht erkennen, ob es sich um eine chronische persistierendeInfektion, eine Superinfektion oder um wiederholte Infektionen handelt. Die serologischenBefunde weiseneher in Richtung einer frischen Infektion bei einem zweiten Erkrankungsschub.Dafür sprechenauch die Titerhöhen und die Titerverläufe für Leptospira grippotyphosa und die in der Mikroagglutination anfangs stark, später schwach mitreagierenden ftinf anderen Serovare. Die lassendagegen Ergebnisseder Serumproteinelektrophorese eher an ein persistierendesInfektionsgeschehendenken. Das gilt um so mehr, weil Hinweise auf chronischeParenchymschäden oder länger andauernde purulente Krankheitsprozesse als andereLJrsacheneiner Gammaglobulinerhöhung fehlen. Pathologisch-anatomisch ist aber keine ausgesprocheneChron izität erkennbar. Differentialdiagnostischin Frage kommende hämolytische Anämien anderer Genesewie die autoimmun induzierte hämolytische Anämie, konnten durch den Coombs-Test, die Equine infektiöse Anämie durch den Serum-AgargelImmunodiffusions-Test (Coggins-Test),eine durch Oxydantien induzierte hämolytischeAnämie durch dasFehlen einer Methämoglobinämieund von HeinzschenInnenkörpern, die durch Blutparasiten hervorgerufenenAnämien durch entsprechende Blutausstriche und serologische lJntersuchungenund das Vorliegen einer durch disseminierte intravasaleGerinnung entstandenenmikroangiopathischenhämolytischenAnämie konnte durch hämostaseowerden. logischeLlntersuchungenausgeschlossen Literatur Bbasin, J.L., Freeman H.J. und Morter R.L. (I97I): Properties of a cold hemagglutinin associatedwith Leptospiral anemia of sheep. Infect. I m mun . 3 . 3 9 8 - 4 0 4 . Brem, 5., Kopp, H., Meyer, P. und Hollmann, P. (1988): Erste Isolation von Leptospira Serovar hardjo in der Bundesrepublik Deutschland. Berl. Münchn. 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Fisber JAVMA199,1177-tr78 Eine 9jährigeVollblutstute wurde wegen Pollakurie, intermittierender Hämaturie und Gewichtsverlust über einen Zeirraum von 3 Wochen in die Klinik eingeliefert. Bei der rektalen untersuchung konnte man im Beckenkanaleine feste, diffuse Gewebemasseertasten, die eine genauere untersuchung der Blase und des LJterus unmöglich machte.Die Vaginalschleimhautwar aufgerauht;der Körper der Gewebemasse lag ventral der Vagina. Die endoskopische LJntersuchungder Blaseergab eine verdickte Blasenwand, eine aufgerauhtegraueSchleimhautmit lokalisierten Blutungen. Bei der Untersuchung der Vagina und des Uterus fand man auch grau-weißliche Beläge auf der Schleimhautoberfläche. Bei der transabdominalen Ultraschalluntersuchungzeigcesich, daß die rechteNiere vergrößert und gelapptwar, während die linke Niere normal erschien.Die transrektale lJntersuchung der Umfangsvermehrung im Beckenraumließ ein homogenes\Teichgewebesowie eine verdickte Blasen- und Vaginalwand erkennen. Das Tier wurde euthanasiert.Mikroskopisch konnte man neoplastischeInfiltrationen in der Blase,Uterus, Herz und Lendenmuskulatur erkennen. Es ließen sich viele große unreife Lymphozyte n, viele Mitosestadien,bizarr geformte Zellen, zum Teil mit mehreren Kernen und ausgedehntenNekrosen, erkennen. Obwohl die Lunge makroskopisch noch keine Anzeichen von Metastasenerkennen ließ, waren bereitsneoplastischeZellen im Lumen einiger Lungenblutgefäße sichtbar. Die Niere war nicht infiltriert, aber es bestand eine leichte tubuläre Nephrose und interstitielle Fibrose.Die Autoren wiesenabschließendauf die differentialdiagnostischeBedeutungdes Lymphosarkoms bei Verdacht auf Neoplasiender Blasehin. 8 Pferdeheilkunde