Universität Stuttgart Masterarbeit Nichttriviale topologische Phasen in quantenmechanischen Vielteilchensystemen mit Gewinn- und Verlusteffekten Eingereicht von: Marcel Klett 6. Oktober 2016 Hauptberichter: PD Dr. Holger Cartarius Mitberichter: Prof. Dr. Udo Seifert 1. Institut für Theoretische Physik Universität Stuttgart Pfaffenwaldring 57, 70550 Stuttgart Inhaltsverzeichnis I. Einleitung 1. Motivation und Einführung in das Thema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Aufbau der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Grundlagen 1. Nichthermitesche Quantenmechanik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wahrscheinlichkeitsentwicklung in nichthermiteschen Quantensystemen 3. Topologische Isolatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1. Randzustände und Volumenzustände . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Zak-Phase als topologische Invariante . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1. Die Berry-Phase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2. Berry-Phase in Blochbändern Die Zak-Phase . . . . . . . . . . . . . . 5. Das Kitaev-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Das SSH-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Mastergleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1. Die Dichtematrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2. Umgebungseffekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3. Superoperatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4. Quanten-Monte-Carlo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhalten topologischer Phasen in Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten 1. Die Potentiale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Spektren in verschiedenen Parameterbereichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1. Das Potential U1 für kleine Gewinn- und Verlusteffekte . . . . . . . . . . 2.2. Das Potential U1 für große Gewinn- und Verlusteffekte . . . . . . . . . . . 3. Diskussion des Potentials U2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Diskussion des Potentials U4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Methoden zur Bestimmung des topologischen Phasenübergangs . . . . . . . . 5.1. Überlegungen zu einfache Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2. Topologische Invariante im nichthermiteschen Fall . . . . . . . . . . . . . 5.3. Fouriertransformation der Potentiale U2 und U4 . . . . . . . . . . . . . . . 6. Die Zak-Phase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1. Das SSH-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2. Numerische Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3. Kitaev-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4. Vergleich der Invarianten mit den einfachen Kriterien . . . . . . . . . . . 7. Der topologische Phasenübergang als exzeptioneller Punkt . . . . . . . . . . . IV. Mastergleichungen für das SSH-Modell 1 1 2 . . . . . . . . . . . . . . 3 3 4 5 5 7 7 8 9 12 13 14 15 15 16 . . . . . . . . . . . . . . . . 19 19 20 21 24 25 28 30 30 33 33 35 35 40 48 58 58 63 iii Inhaltsverzeichnis 1. 2. 3. 4. Matrixaufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lösen der Mastergleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auswertung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das SSH-Modell ohne Potential . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1. Topologische Phasendiagramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Das SSH-Modell unter Einfluss von Ein- und Auskoppelstellen . . . . . . 5.1. Unterschiede zum isolierten System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2. Dynamische Zeitentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3. Phasendiagramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Vielteilchenzustände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Vergleich von Mastergleichung und nichthermitescher Quantenmechanik V. Zusammenfassung und Ausblick Literatur iv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 66 67 69 71 74 74 75 81 83 86 89 93 I. Einleitung 1. Motivation und Einführung in das Thema In der Quantenmechanik lassen sich physikalische Observablen immer als hermitesche Operatoren darstellen. Dies ist eine direkte Konsequenz der Forderung nach reellen Eigenwerten der Observablen, die messbare Größen beschreiben. Ein Hamiltonoperator, der die Hermitizität erfüllt, besitzt reelle Eigenwerte. Um offene Quantensysteme zu beschreiben, kann im Rahmen der nichthermiteschen Quantenmechanik auf imaginäre Potentiale zurückgegriffen werden, die effektiv einen Gewinn- und Verlusteffekt beschreiben. Besitzt der nichthermitesche Hamiltonoperator die Eigenschaft der sogenannten P T -Symmetrie, vertauscht dieser also mit dem Paritäts-Zeitumkehr-Operator [ H, P T ] = 0, so kann das System weiterhin ein rein reelles Eigenwertspektrum besitzen [1]. In dieser Arbeit soll das Prinzip P T -symmetrischer Potentiale zur Beschreibung von Gewinnund Verlusteffekten in speziellen Vielteilchensystemen, die unterschiedliche topologische Phasen besitzen, angewendet werden. Genauer werden topologische Isolatoren untersucht. Sie besitzen die Eigenschaften eines herkömmlichen Isolators, in dem die leeren Leitungsbänder stets durch eine Energielücke – auch Bandlücke genannt – von den besetzten Valenzbändern energetisch getrennt sind. Im topologischen Isolator existiert jedoch eine topologisch nichttriviale Phase, in der Zustände auftreten, die an der Oberfläche des Systems lokalisiert sind und die energetisch in der Bandlücke liegen. Ein bekanntes Beispiel eines solchen topologischen Effektes bietet der ganzzahlige Quantenhalleffekt [2], in dem sich Elektronen in Randkanälen fortbewegen können. Zur Untersuchung nichthermitescher Potentiale in topologische Isolatoren werden zwei eindimensionale, spinlose Systeme, das Kitaev-Modell [3] und das SSH-Modell [4], herangezogen. Für die beiden Modelle existieren bereits Arbeiten [5, 6], bei denen die Betrachtung beider Systeme in Verbindung mit demselben Verlust- und Gewinnpotential auf ein unterschiedliches Verhalten führt. Im SSH-Modell hat die topologische Phase erheblichen Einfluss auf die P T Symmetrie, wohingegen im Kitaev-Modell der P T -Bruch unabhängig von der topologischen Phase ist. Ausgehend von den Arbeiten [5, 6] wird der Frage nachgegangen, ob die Effekte, die in einem topologischen System mit Gewinn- und Verlusteffekt auftreten, unter Zuhilfenahme der stationären Schrödingergleichung eines P T -symmetrischen Systems, erklärbar bleiben. Die Untersuchung weiterer, auf beide Modelle anwendbarer P T -symmetrischer Potentiale wirft die Frage nach einer allgemein gültigen Definition zur Unterscheidung der topologischen Phasen auf. Für eindimensionale hermitesche Systeme bietet der Ansatz der Zak-Phase [7] eine Möglichkeit, die unterschiedlichen topologischen Phasen durch eine Invarianten zu charakterisieren. Eine zentrale Fragestellung dieser Arbeit bezieht sich daher darauf, eine eindeutige Definition einer topologischen Invarianten für nichthermitesche Systeme zu finden. Neben der Möglichkeit, Gewinn- und Verlusteffekte durch P T -symmetrische Potentiale einzuführen, gibt es auch den Weg der Vielteilchenbeschreibung. Mit Hilfe dynamischer Mastergleichungen können Ein- und Auskoppelstellen für Teilchen eines Systems simuliert werden. Für das SSH-Modell erfolgt in dieser Arbeit das Lösen der Mastergleichungen unter Verwendung der Potentiale, die auch im nichthermiteschen Fall untersucht werden, um die Ergebnisse der nichthermiteschen Berechnungen vergleichen zu können. Für die Beschreibung von Bose-Einstein- 1 2. Aufbau der Arbeit Kondensaten mit Gewinn- und Verlusteffekten zeigte sich bereits eine exzellente Übereinstimmung zwischen der Berechnung beruhend auf nichthermiteschen Potentialen und der Lösung einer dynamischen Gleichung [8]. Dies soll in dieser Arbeit für die betrachteten fermionischen Systeme überprüft werden. 2. Aufbau der Arbeit Alle benötigten Grundlagen zu topologischen Isolatoren, die Beschreibung von Gewinn- und Verlusteffekten durch P T -symmetrische Potentiale, als auch das Aufstellen von dynamischen Mastergleichungen sind in Kapitel II vermerkt. Um auf die ursprüngliche Fragestellung einzugehen, wieso ein unterschiedliches Verhalten der beiden Systeme des Kitaev- und des SSH-Modells in Verbindung mit einem P T symmetrischen Potential auftritt [5, 6], werden im ersten Teil des Kapitels III drei unterschiedliche P T -symmetrischen Potentiale eingeführt und deren Auswirkungen auf die Modelle diskutiert. Neben der Betrachtung der P T -Phasendiagramme werden auch einzelne Zustände aufgezeigt und analysiert. Im nächsten Abschnitt des Kapitels III werden modellspezifische Kriterien diskutiert, welche eine Unterscheidung der unterschiedlichen topologischen Phasen ermöglichen und die Motivation zu einer allgemein gültigen Definition der topologischen Invarianten im nichthermiteschen Fall liefern. Für die beiden Modelle werden zuerst im isolierten Fall die topologischen Invarianten berechnet. Unter Berücksichtigung der Gewinn- und Verlustpotentiale wird dann eine verallgemeinerte Definition der topologischen Invarianten für die nichthermiteschen Modelle angegeben und mit Ergebnissen verglichen, die aus der Betrachtung der Energiespektren gewonnen werden. Als letzter Punkt wird in Kapitel III eine weitere Methode vorgestellt, mit der man den topologischen Phasenübergangspunkt für die isolierten Modelle, als auch für bestimmte Gewinn- und Verlustpotentiale beschreiben kann. Dies ist die Methode der exzeptionellen Punkte [9]. Sie wird mit den zuvor gefundenen Resultaten verglichen. Das Kapitel IV beinhaltet die Lösung der Mastergleichungen des SSH-Modells mit Umgebungseffekten, welche ein Analogon zu den zuvor besprochenen P T -symmetrischen Potentialen darstellen. Um die Ergebnisse der Mastergleichungen mit denen der nichthermiteschen Berechnungen vergleichen zu können, wird ein Weg aufgezeigt, um aus der Dichtematrix $ die gewünschten physikalischen Informationen des Systems zu extrahieren. Anschließend wird die Zeitentwicklung verschiedener Anfangszustände numerisch berechnet und es werden die entstehenden Endzustände im Rahmen ihrer Bedeutung für das Auftreten verschiedener topologischer Phasen diskutiert. 2 II. Grundlagen In diesem Abschnitt sollen die Grundlagen zur Beschreibung von Gewinn- und Verlusteffekte durch nichthermitesche Potentiale aufgeführt werden. Weiterhin werden neben einiger notwendigen Grundlagen topologischer Systeme auch das Aufstellen und das Lösen dynamischer Mastergleichungen besprochen. 1. Nichthermitesche Quantenmechanik In der hermiteschen Quantenmechanik existiert zu jedem Eigenwert λi ein Eigenzustand |i i, der die Orthonormalitätsbedingung hi | ji = δi,j (2.1) erfüllt. In der nichthermiteschen Quantenmechanik wird das System durch einen Hamiltonoperator beschrieben, der keine Hermitizität aufweist. Die Forderung H (t) = H † (t) (2.2) ist damit hinfällig. Im Allgemeinen besitzt ein nichthermitescher Operator Eigenwerte, die komplex sind. Die nichthermitesche Quantenmechanik ist eine gute Möglichkeit, in einem effektiven Ansatz zerfallende Resonanzen in offenen Quantensystemen zu beschreiben. Um dies zu ermöglichen, ergreift man den einfachsten Ansatz zur Beschreibung einer Wellenfunktion, welche einen exponentiellen Abfall enthält, ψ(t) = e−iE t/h̄ ψ(t0 ) (2.3) mit der Energie E , die nun jedoch einen Real- und einen Imaginärteil enthalten kann, also die folgende Form annimmt E = E− iΓ . 2 (2.4) Der Realteil spiegelt dabei die Energie E wider, der Imaginärteil hingegen eine Zerfallsrate Γ. Einsetzen von (2.4) in (2.3) ergibt für die Wellenfunktion Γ |ψ(t)i = e−iEt/h̄ · e− 2h̄ t |ψ(t0 )i . (2.5) Die Zeitentwicklung aus (2.5) ist nicht normerhaltend und spiegelt den Zerfall wieder, | |ψ(t)i |2 = e−Γt/h̄ | |ψ(t0 )i |2 . (2.6) Ist der Imaginärteil der Energie größer Null, so ergibt sich ein exponentieller Anstieg der Wahrscheinlichkeitsdichte in (2.6). Ein negativer Imaginärteil der Energie führt hingegen auf einen exponentiellen Abfall der Wahrscheinlichkeitsdichte. 3 2. Wahrscheinlichkeitsentwicklung in nichthermiteschen Quantensystemen Da bei nichthermiteschen Operatoren keine Orthonormalbasis der Eigenzustände garantiert ist und zwischen links- und rechtsseitigen Eigenvektoren unterschieden werden muss, wird im Folgenden das Messwahrscheinlichkeitspostulat der hermiteschen Quantenmechanik überarbeitet. Das Postulat besagt, dass die Wahrscheinlichkeit P, eine Wellenfunktion |ψi im Zustand |ni vorzufinden, gleich dem Betragsquadrat der Projektion der Wellenfunktion auf den Eigenzustand n ist, P = |hn | ψi|2 . (2.7) In [10] ist ein Ausdruck für die Wahrscheinlichkeit, ein nichthermitesches System im Zustand n anzutreffen, gegeben durch Pn = hχn | ψi hψ̃ | ξ n i . hψ̃ | ψi hχn | ξ n i (2.8) Vorausgesetzt wurde dabei, dass hχn | der linksseitige Eigenvektor zum Eigenwert n ist und analog |ξ n i der rechtsseitige. Ist die Relation hψ(t = 0) | ψ(t = 0)i = 1 erfüllt und bilden die hξ n | und |χn i eine Biorthonormalsbasis, gilt also hχn |ξ m i = δnm , so vereinfacht sich die Wahrscheinlichkeitsbestimmung zu Pn = hξ n | ψi hψ̃ | χn i . (2.9) Ist der Zustand |ψi in seiner Entwicklung nach den Basiszuständen |χn i bekannt |ψi = ∑ cn |χn i , (2.10) n so lautet nach [10] der dazu duale Zustand hψ̃| = ∑ c∗n hξ n | (2.11) n und man erhält für die Wahrscheinlichkeit Pn = hξ n | ψi hψ̃ | χn i = ∑ ck c∗` hξ n | χk i hξ ` | χn i k,` (2.12) = | c n |2 . Das entspricht damit dem Messwahrscheinlichkeitspostulat (2.7) aus der hermiteschen Quantenmechanik. 2. Wahrscheinlichkeitsentwicklung in nichthermiteschen Quantensystemen Mit Hilfe der Kontinuitätsgleichung lässt sich direkt aus der Forderung eines nichthermiteschen Hamiltonoperators ein dissipativer Effekt herauslesen. Dazu betrachtet man zuerst die dimensionslose Schrödingergleichung i∂t |ψi = H |ψi (2.13) und erhält nach der Anwendung auf einen Vektor links des Operators und anschließender hermitescher Konjugation −i∂t hφ| = hφ| H , 4 (2.14) II. Grundlagen i∂t |φi = H † |φi . (2.15) Für nichthermitesche Hamiltonoperatoren ergibt sich damit eine Schrödingergleichung für rechtsseitige Eigenvektoren |ψi und eine für linksseitigen Eigenvektoren |φi. Es wird nun die Zeitentwicklung der Wahrscheinlichkeit betrachtet. Dazu berechnet man die Zeitableitung des Dichteoperators ∂t $ = ∂t (|ψi hψ|) = |∂t ψi hψ| + |ψi h∂t ψ| = −i H | ψ i h ψ | + i | ψ i h ψ | H † (2.16) ∗ = i( E − E ) | ψ i h ψ | = 2 Im( E) |ψi hψ| . Es ergibt sich eine Differentialgleichung erster Ordnung für die Wahrscheinlichkeit, $̇ = 2 Im( E) $ , (2.17) die sich unter der Annahme eines zeitunabhängigen Energieeigenwertes E trivial lösen lässt, $(t) = $0 e2 Im(E) t . (2.18) Für physikalische Systeme, die einen Zerfall beschreiben, ergibt sich stets ein negativer Imaginärteil der Energie. Unter dieser Voraussetzung ergibt sich in (2.18) ein exponentieller Abfall der Wahrscheinlichkeit. 3. Topologische Isolatoren Als Topologie bezeichnet man in der Mathematik die Eigenschaft einer Struktur, welche unter stetigen Verformungen erhalten bleibt. In der Physik macht sich die Topologie unter anderem durch die sogenannten topologischen Isolatoren einen Namen. Topologische Isolatoren sind elektronische Materialien, die sich im Inneren wie ein herkömmlicher Isolator verhalten, auf der Oberfläche jedoch leitende Fähigkeiten aufzeigen können. Ein Isolator ist ein Material, welches eine Energielücke besitzt. Diese Energielücke separiert die besetzten Valenzbänder von den unbesetzten Leitungsbändern. Die Oberfläche, bzw. der Rand in einem eindimensionalen Fall, eines topologischen Isolators weist Zustände auf, welche innerhalb der Energielücke liegen. Diese Zustände nennt man auch Randzustände. Sie unterscheiden sich durch mindestens eine topologische Invariante von allen anderen Zuständen, können also aus rein topologischen Gründen niemals in diese Zerfallen. Daher bezeichnet man sie auch oft als topologisch geschützte oder topologisch nichttriviale Zustände. Ein bekannter Fall, in dem Randzustände auftreten, ist der ganzzahlige Quanten-Hall-Effekt [2], was erst kürzlich mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde. 3.1. Randzustände und Volumenzustände Bereits in den Anfängen der Quantenmechanik setzte Bloch noch heute gültige Maßstäbe zur Beschreibung periodischer Potentiale und schaffte damit die Möglichkeit, Festkörper, wie zum Beispiel einen Isolator, zu verstehen. Mit Hilfe des Blochtheorems lassen sich die physikalischen Vorgänge in periodischen Potentialen stets auf die erste Brillouin-Zone zurückführen. Im eindimensionalen Fall erstreckt sich diese zwischen − π π <k≤ a a (2.19) 5 3. Topologische Isolatoren E(k) Leitungsband Energielücke Valenzband k −π/a π/a Abbildung 2.1.: Energiespektrum eines Isolators. Beispielhaft wurde das letzte besetzte Valenzband und das erste leere Leitungsband dargestellt. Die Energielücke überstreicht dabei die gesamte Brillouin-Zone −π/a < k < π/a für den Kristallimpuls k, sofern man annimmt, dass das Potential die Periodizität V ( x ) = V ( x + a) (2.20) aufzeigt. Die Zustände eines Systems mit periodischem Potential nennt man auch Blochfunktionen. Diese lauten im eindimensionalen ψ( x ) = eikx u( x ) mit u( x + a) = u( x ) . (2.21) Setzt man (2.21) in die stationäre Schrödingergleichung H |ψi = E |ψi (2.22) ein, so erhält man eine Gleichung für die Funktionen u( x ). Jeder Eigenfunktion uν (k, x ) kann ein Energieeigenwert Eν (k ) zugeordnet werden. Da der Kristallimpuls auf die erste Brillouin-Zone beschränkt ist, überstreicht jeder Energieeigenwert Eν (k ) nur einen endlichen Bereich. Die Eν (k) zu allen k aus der ersten Brillouin-Zone bilden das ν-te Energieband. Für einen Isolator ergibt sich im Bändermodell ein Energiespektrum wie in Abbildung 2.1, wobei in diesem Fall nur das energetisch höchst besetzte Valenzband sowie das energetisch tiefst gelegene freie Leitungsband abgebildet wurde. Die Energielücke erstreckt sich dabei über die gesamte Brillouin-Zone und wird nie geschlossen. Ein Zustand uν ( x, k ), der zu einer Energie eines Valenz- bzw. Leitungsbands gehört, wird auch Volumenzustand genannt. Ein Volumenzustand erstreckt sich dabei im Orstraum über das gesamte System, ist also nicht an einer bestimmten Stelle lokalisiert. Dies steht im vollkommenen Kontrast zu einem Randzustand, welcher ausschließlich am Rand des Systems lokalisiert ist. In Abbildung 2.2 ist neben einem typischen Volumenzustand auch ein Randzustand abgebildet. Ein weiteres Merkmal eines Randzustandes ist, dass dieser energetisch innerhalb der Bandlücke liegt. In jedem topologischen Isolator existieren unterschiedliche topologische Phasen. Für die in dieser Arbeit betrachteten Modell können diese Phasen anhand des Auftretens von Randzuständen klassifiziert werden. Im Allgemeinen sind Randzustände eine Folge, aber keine Voraussetzung für topologische Phasen. Treten jedoch Randzustände auf, so spricht man von der topologisch 6 II. Grundlagen Offene Randbedingungen Periodische Randbedingungen 0.03 0.02 0.4 hni hni 0.6 0.2 0.01 0 0 0 25 50 75 100 125 150 175 200 n 0 25 50 75 100 125 150 175 200 n A b b i l du n g 2 . 2 . : Links: Ein typischer Randzustand eines topologischen Isolators. Rechts: Ein Volumenzustand für eines Isolators, der auch im topologischen Isolator auftritt. Die Lokalisierung der Zustände wird durch den Erwartungswert jedes einzelnen Gitterplatzes darstellbar. nichttrivialen Phase, alle anderen Gebiete nennt man topologisch trivial. Randzustände liegen energetisch innerhalb der Bandlücke und können dadurch identifiziert werden. Sie können nur auftreten, wenn das System einen Rand hat, also offene Randbedingungen vorliegen. Berechnet man das Spektrum im Impulsraum, treten die Randzustände typischerweise nicht auf, weil für die Transformation periodische Randbedingungen angenommen wurden. Jedoch kann man für periodische Randbedingungen auch Anhand der Volumenzustände den topologischen Phasenübergang bestimmen. Spektren mit Energielücken können topologisch klassifiziert werden, indem man Äquivalenzklassen des fouriertransformierten Hamiltonoperators H(k, P) betrachtet, die durch Änderung des Parameters P kontinuierlich ineinander überführt werden können, ohne dabei die Energielücke zu schließen. Jede dieser Äquivalenzklassen können durch eine topologische Invariante eindeutig identifiziert werden [11, 12]. 4. Die Zak-Phase als topologische Invariante 4.1. Die Berry-Phase Die Berry-Phase [13], auch geometrische Phase genannt, ist eine Invariante, die auf dem adiabatischen Effekt beruht, dass eine quantenmechanische Wellenfunktion eine Phase aufnimmt, sofern ein Parameter im Parameterraum adiabatisch auf einem geschlossenen Pfad variiert wird. Der ursprüngliche Zustand und der Zustand nach der Umkreisung im Parameterraum unterscheiden sich dann genau um die Berry-Phase. Sei ein Hamiltonoperator H gegeben, der von einem Satz an Parametern abhängt, R = ( X, Y, . . .). Im Allgemeinen sind die Parameter zeitabhängig, das heißt für den Hamiltonoperator folgt H → H ( R(t)) . Gilt für die Parameter die Beziehung R ( t = 0) = R ( t = T ) , (2.23) so durchlaufen diese in der Zeit T einen geschlossenen Weg im Parameterraum. Man betrachtet einen Zustand des Systems |ψ(t)i, dessen Zeitentwicklung durch die Schrödingergleichung gegeben ist, ih̄∂t |ψ(t)i = H ( R(t)) |ψ(t)i . (2.24) 7 4. Die Zak-Phase als topologische Invariante Ist der Hamiltonoperator bis auf die zeitliche Veränderung des Parameters R(t) nicht explizit zeitabhängig und erfolgt diese Variation langsam gegenüber typischen Zeitskalen E/h̄ des Systems, so bietet die stationäre Schrödingergleichung H ( R) |n( R)i = En ( R) |n( R)i (2.25) mit der Eigenenergie En ( R), die im Allgemeinen noch von den Parametern R abhängt, eine gute Basis. In der Eigenwertgleichung (2.25) ist die Phasenwahl des Eigenzustandes |n( R)i frei. Ist das System anfangs in einem Eigenzustand |n( R(t = 0))i präpariert und entwickelt es sich adiabatisch, dann kann der zeitabhängige Zustand geschrieben werden als i |ψ(t)i = e− h̄ Rt 0 dt0 En ( R(t0 )) iΓn (t) e |n( R(t))i (2.26) mit der Berry-Phase Γn (t) [13]. Ein Ausdruck für die Berry-Phase ergibt sich durch die Forderung, dass der Zustand (2.26) zu jedem Zeitpunkt die Schrödingergleichung (2.24) erfüllt. Man berechnet H ( R(t)) |ψ(t)i = ih̄∂t |ψ(t)i i En ( R(t)) |ψ(t)i = En ( R(t)) |ψ(t)i − h̄Γ̇n |ψ(t)i + ih̄e− h̄ Rt 0 dt0 En ( R(t0 )) iΓn (t) e Ṙ∇ R |n( R(t))i das Multiplizieren mit hψ(t)| liefert Γ̇ = i hn( R(t) | ∇ R | n( R(t)i Ṙ , oder Γ=i I hn( R(t)) | ∇ R | n( R(t))i dR . (2.27) Die Berry-Phase wird also über ein geschlossenes Wegintegral im Parameterraum berechnet. Dabei wird der Integrand aus (2.27), also i hn( R(t) | ∇ R | n( R(t)i dR , (2.28) auch Berrypotential genannt. Die Berry-Phase kann in Experimenten gemessen werden, unter anderem in Spinrotationen von Neutronen oder in elektronischen Zuständen eines Jahn-TellerSystems. 4.2. Berry-Phase in Blochbändern Die Zak-Phase Im Folgenden soll das Konzept der Berry-Phase auf Festkörper übertragen werden. Hierbei wird der Kristallimpuls k als Parameter angesehen. Speziell soll die Berry-Phase in eindimensionalen Festkörpern betrachtet werden. Dort können alle physikalischen Ereignisse im Impulsraum auf die erste Brillouin-Zone k = −π/a . . . π/a beschränkt werden, wobei a der Abstand der einzelnen Gitterpunkte des eindimensionalen Körpers ist und im weiteren auf a = 1 gesetzt wird. Nach Zak [7] lautet die Berry-Phase in einem eindimensionalen Festkörper damit Γ=i 8 I BZ hn(k) | ∇k | n(k)i dk . (2.29) II. Grundlagen 5. Das Kitaev-Modell Das Kitaev-Modell wurde erstmals von Kitaev [3] vorgeschlagen und beschreibt ein sehr einfaches Modell, für das bereits theoretische Vorhersagen experimentell bestätigt wurden [14]. Eine schematische Skizze des Modells findet sich in Abbildung 2.3. Das Kitaev-Modell enthält zwei topologisch unterschiedliche Phasen. Diese können dahingehend unterschieden werden, dass in der nichttrivialen Phase Randzustände existieren, welche energetisch innerhalb der Bandlücke liegen und die in der trivialen Phase nicht auftreten. Im Allgemeinen kann das Kitaev-Modell als spinloser p-Wellen-Supraleiter angesehen werden. Der Hamiltonoperator des Kitaev-Modells lautet [3]: HK = N N N n =1 n =1 n =1 ∑ µc†n cn + ∑ t(c†n cn+1 + c†n+1 cn ) − ∑ 2i∆(cn cn+1 − c†n+1 c†n ) . (2.30) Dabei sind c†n und cn die fermionischen Erzeugungs- bzw. Vernichtungsoperatoren eines Elektrons am Gitterplatz n, welche die Vertauschungsrelationen n o n o cn , c†m = δn,m , c†n , c†m = 0 (2.31) {cn , cm } = 0 , mit dem Antikommutator { A, B} = AB + BA (2.32) erfüllen. N gibt die Gesamtanzahl an Gitterplätzen an, µ ist das chemische Potential, t die Hüpfamplitude von einem Gitterplatz zu einem benachbarten und ∆ die p-Wellen Paarungsamplitude. Um die Eigenenergien des Hamiltonoperators (2.30) zu berechnen, nutzt man die Vertauschungsrelationen der Fermionen (2.31) aus und schreibt den Hamiltonoperator um in: HK = µ N † t N (cn cn − cn c†n ) + ∑ (c†n cn+1 − cn+1 c†n + c†n+1 cn − cn c†n+1 ) ∑ 2 n =1 2 n =1 N − ∑ n =1 2i∆(cn cn+1 − c†n+1 c†n ) − (2.33) µ N . 2 Dabei tritt durch die Anwendung der Relation (2.31) eine Energieverschiebung um Nµ/2 auf, die im Folgenden vernachlässigt wird, da es sich lediglich um eine Verschiebung des Energienullpunktes handelt, HK = µ N † t N † † ( c c − c c ) + n n ∑ (cn cn+1 − cn+1 c†n + c†n+1 cn − cn c†n+1 ) n n 2 n∑ 2 =1 n =1 N − ∑ n =1 2i∆(cn cn+1 − c†n+1 c†n ) (2.34) . Der Vorteil der Schreibweise (2.34) im Vergleich zu (2.30) liegt darin, dass es nun möglich ist, den Hamiltonoperator als Matrix im Nambu-Spinorraum darzustellen. Der Nambu-Spinor ist dabei definiert als: c ψ= (2.35) c† mit dem Vektor c = (c0 , c1 . . . , c N )T der Vernichter an allen Gitterplätzen. In dieser Schreibweise ergibt sich für den Hamiltonoperator HK = ψ† HK ψ (2.36) 9 5. Das Kitaev-Modell i∆ t Abbildung 2.3.: Schematische Darstellung des Hamiltonoperators aus (2.34). Rot gekennzeichnet ist der Paarungsterm i∆ und blau die Hüpfamplitude t. mit der 2N × 2N-Matrix HK , die wie folgt aufgebaut ist T D HK = , D† −T wobei die jeweiligen haben µ/2 t/2 t/2 . . . 0 t/2 T= .. . 0 .. . 0 ... (2.37) Matrizen T und D selbst N × N-Matrizen sind und die folgende Gestalt 0 ... t/2 .. . 0 .. . .. .. . 0 ... .. . . 0 ... 0 .. . .. . t/2 0 .. . .. . 0 t/2 µ/2 0 i∆ 0 † D = .. . .. . 0 −i∆ 0 i∆ .. . .. . ... 0 ... ... −i∆ 0 .. .. . . .. .. . . .. . 0 ... ... 0 .. . .. . i∆ 0 .. . .. . . 0 −i∆ 0 (2.38) Dadurch, dass der Hilbertraum nun die Dimension 2N hat, bedarf es einer Interpretation der hinzukommenden Eigenenergien und Eigenzustände. Diese ist jedoch bereits in der der Beschreibung des Modells als p-Wellen Supraleiter aufzufinden und als Elektronen-Loch Beschreibung identifizierbar, wobei für den jeweiligen Anzahloperator gilt: ne = c† c , nh = cc† . (2.39) Der Index e steht für das Elektron und h für das Loch (englisch “hole”). Ein Eigenzustand des Systems (2.36) enthält somit im n-ten Eintrag (n ≤ N) Informationen des Elektrons am Gitterplatz n und im n + N-ten Eintrag Informationen des Loches am Gitterplatz n. Es sei angemerkt, dass die Elektron-Loch Beschreibung nur erforderlich ist, da im Hamiltonoperator ein p-Wellen-Paarungsterm auftritt, der zur supraleitenden Eigenschaft (Bandlücke der Energie) des Systems führt und in dem sich gepaarte Löcher anders verhalten als gepaarte Elektronen (vergleiche (2.30)). Für spätere Betrachtungen wird es wichtig sein, das Kitaev-Modell in den Impulsraum mit periodischen Randbedingungen zu transformieren. Als Ausgangspunkt dient der Hamiltonoperator aus (2.34), HK = µ N † t N (cn cn − cn c†n ) + ∑ (c†n cn+1 − cn+1 c†n + c†n+1 cn − cn c†n+1 ) ∑ 2 n =0 2 n =0 N − ∑ i∆(cn cn+1 − cn+1 cn − c†n+1 c†n + c†n c†n+1 ) . n =0 Der nächste Schritt besteht darin, die Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren in den Fourierraum zu transformieren, π/a 1 cn = √ bk e−inka (2.40) ∑ N k=−π/a 10 II. Grundlagen mit dem Gitterplatzabstand a = 1. Da das System translationsinvariant unter der Verschiebung x → x + a ist, kann man den Impuls (auch Kristallimpuls) nach dem Bloch-Theorem auf die erste Brillouin-Zone beschränken, diese erstreckt sich von −π . . . π. Um die Rechnung übersichtlicher zu gestalten, transformiert man alle Terme aus (2.34) getrennt: µ 2 µ = 2 µ ∑(c†n cn − cn c†n ) = 2N ∑ ∑(bk† bq ein(k−q) − bk bq† ein(q−k) ) n n k,q ∑(bk† bq δk,q − bk bq† δk,q ) = k,q µ 2 (2.41) ∑(bk† bk − bk bk† ) , k t (c†n cn+1 − cn+1 c†n + c†n+1 cn − cn c†n+1 ) 2∑ n t = ∑ bk† bq (eink e−inq e−iq + e−inq eink eik ) 2N ∑ n k,q t − 2N ∑∑ bk bq† (einq e−ink e−iq +e (2.42) −ink inq ik e e ) n k,q = t ∑ cos(k)(bk† bk − bk bk† ) , k − N π n =0 k =0 ∑ i2∆(cn cn+1 − c†n+1 c†n ) = 2∆ ∑ sin(k)(b−† k bk† + b−k bk ) . (2.43) Auch im Impulsraum ist zu sehen, dass der p-Wellen-Paarungsterm eine Beschreibung im Nambu-Spinorraum voraussetzt. Hier lautet dieser † bk ψk = (2.44) b− k und verdeutlicht noch einmal die Elektron-Loch-Beziehung in diesem Modell. Denn betrachtet man ein Elektron mit dem Impuls k in einem Festkörper mit Bandstruktur, so besitzt sein Lochpartner den Impuls −k. Um den Hamiltonoperator mit Hilfe des Nambu-Spinors aus (2.44) ausdrücken zu können, muss beachtet werden, dass die Summe der Impulse in (2.43) nur über die halbe Brillouin-Zone (k = 0 . . . π) läuft, sodass die Terme (2.41) und (2.42) dementsprechend umgeschrieben werden müssen. Es ergibt sich π 2∆ sin(k ) † t cos( k ) + µ/2 HK (k ) = ∑ ψk ψk . (2.45) 2∆ sin(k ) −t cos(k) − µ/2 k =0 Nun sollen für den Fall der offenen Randbedingung im Realraum und im Falle periodischer Randbedingungen im Impulsraum die beiden Energiespektren betrachtet und verglichen werden. In Abbildung 2.4 wurden N = 150 Gitterpunkte und die Parameterwerte t = 1 und ∆ = 0.5 verwendet. Für den Impulsraum wurden zusätzlich die diskreten k-Werte von k= π n, N n = 0, 1, 2 . . . , N herangezogen, um das Energiespektrum zu erhalten. Auffallend ist, dass sich die beiden Randbedingungen dahingehen unterscheiden, dass bei offenen Randbedingungen Energien E = 0 in der Bandlücke auftreten. Dieser Bereich beschreibt gerade die nichttriviale topologische Phase des Systems. Im Impulsraum können die unterschiedlichen topologischen Phasen dahingehend gekennzeichnet werden, indem an den Übergangspunkt lokal die Bandlücke geschlossen wird. Es treten jedoch keine ganzen Gebiete auf, in denen Zustände energetisch in der Bandlücke liegen. 11 6. Das SSH-Modell Periodische Randbedingungen 3 3 1.5 1.5 0 0 E E Offene Randbedingungen -1.5 -1.5 -3 -4 -2 0 µ 2 4 -3 -4 -2 0 µ 2 4 Abbildung 2.4.: Das Energiespektrum für offene Randbedingungen aus (2.34) und für periodische Randbedingungen (2.45). Es wurden jeweils die Parameter N = 150, t = 1 und ∆ = 0.5 verwendet. Deutlich erkennbar unterscheiden sich die beiden Energiespektren durch das Auftreten einer Nullenergie im Falle der offenen Randbedingung. Für das hier betrachtete Kitaev-Modell kann diese verschwindende Energie als nichttriviale topologische Phase identifiziert werden, indem zwei Zustände die Bandlücke energetisch schließen. 6. Das SSH-Modell Das Su-Schrieffer-Heeger-Modell (SSH-Modell) ist ein Tight-Binding-Modell mit spontaner Dimerisation, welches sich zur Beschreibung von eindimensionalem Polyacetylen eignet [4]. Das SSH-Modell besitzt, trotz dessen Einfachheit, komplexe Eigenschaften, wie zum Beispiel das Auftreten verschiedener topologischer Phasen und damit verbunden die Existenz von Randzuständen. Der Hamiltonoperator des SSH-Modells lautet [6] N HSSH = ∑ t(1 − ∆ cos Θ) n =1 h i h i † † † † c2n −1 c2n + c2n c2n−1 + t (1 + ∆ cos Θ ) c2n c2n+1 + c2n+1 c2n (2.46) mit der Gesamtanzahl an Gitterplätzen 2N, der Dimerisationsstärke ∆, der Hüpfamplitude t und dem Kontrollparameter Θ. Bei den Operatoren c† , c in (2.46) handelt es sich um fermionische Erzeugungs- bzw. Vernichtungsoperatoren, welche die Antikommutatorrelationen (2.31) erfüllen. Es bietet sich an, den Hamiltonoperator in einer etwas übersichtlicheren Form zu schreiben, N HSSH = ∑ n =1 i h i h † † † † t− c2n c + c c + t c c + c c + 2n 2n−1 2n 2n+1 −1 2n 2n+1 2n (2.47) mit t± = t(1 ± ∆ cos Θ). Führt man nun noch die Ersetzungen c2n−1 → c A,n , c2n → c B,n , n = 1, 2, . . . , N (2.48) durch, so lässt sich eine Basis der Form ψ = c A,B (2.49) wählen mit c A,B = (c A0 , c B0 , c A1 c B1 , . . . , c AN c BN )T , in welcher der Hamiltonoperator N HSSH = ∑ t− h i h i c†A,n c B,n + c†B,n c A,n + t+ c†B,n c A,n+1 + c†A,n+1 c B,n (2.50) n =1 einfach zu diagonalisieren ist. Dabei gilt HSSH = ψ† HSSH ψ 12 (2.51) II. Grundlagen A1 t− A2 A3 A4 A5 A6 t+ B1 B2 B3 B4 B5 Abbildung 2.5.: Schematische Darstellung des Hamiltonoperators aus (2.50). Die farbliche Markierung der Gitterplätze soll die Basiswahl (2.49) veranschaulichen. Die alternierenden Hüpfamplituden t− bzw. t+ sind durch blaue respektive schwarze Linien gekennzeichnet. mit der Matrix HSSH t+ 0 0 t− 0 t+ 0 t− . . . = .. .. . . 0 .. . 0 0 ... ... ... ... 0 .. . .. 0 .. . .. . t− . .. . 0 0 .. . .. . 0 t+ 0 . (2.52) Eine schematische Skizze des Modells in der neuen Basiswahl (2.49) ist in Abbildung 2.5 aufgezeigt. Als nächstes soll der Hamiltonoperator aus (2.50) in den Impulsraum transformiert werden. Dazu werden die Operatoren einzeln Transformiert: 1 c A,n = √ N 1 c B,n = √ N ∑ b A,k e−ikna , k ∑ bB,k e−ikna , (2.53) k wobei der Gitterabstand a wiederum auf a = 1 gesetzt wird. Einsetzen von (2.53) in (2.50) liefert i 1 h † † t− b A,k bB,q ein(k−q) + bB,k HSSH = ∑ ∑ b A,q ein(k−q) N k,q n i 1 h † −ik in(k−q) † ik in(k −q) + t+ bB,k b A,q e e + b A,k bB,q e e N h i h i † † = ∑ t− b†A,k bB,k + bB,k b A,k + t+ bB,k b A,k e−ik + b†A,k bB,k eik k oder in Matrixschreibweise π HSSH = ∑ ψ†k k =−π 0 t− + t+ eik ψk t− + t+ e−ik 0 mit ψk = b A,k bB,k (2.54) . (2.55) 7. Mastergleichungen Als Ausgangspunkt betrachtet man die zeitabhängige Schrödingergleichung i∂t |ψi = H |ψi , (2.56) 13 7. Mastergleichungen wobei das reduzierte Plancksche Wirkungsquantum h̄ = 1 gesetzt wurde. Analog zur Schrödingergleichung (2.56) existiert eine weitere Formulierung, welche die Dichtematrix $ enthält. Die Gleichung wird von Neumann-Gleichung genannt und lautet wie folgt ∂t $ = −i[ H, $] . (2.57) Da in der von Neumann-Gleichung (2.57) die Dichtematrix auftritt, wird im Folgenden eine kurze Auflistung der Eigenschaften und Vorteile der Dichtematrixformulierung der Quantenmechanik aufgezeigt. 7.1. Die Dichtematrix Die Dichtematrix (auch statistischer Operator genannt) ist ein linearer Operator, der innerhalb eines Hilbertraums H operiert, das heißt eine Operation der Dichtematrix bildet von H→H $ : ab. Die Dichtematrix erfüllt dabei die folgenden Eigenschaften • $ = $† , • tr$ = 1 . Der statistische Operator ist vor allem für quantale Gemische eine sinnvolle Beschreibung. Dabei enthält ein quantales Gemisch die klassischen Wahrscheinlichkeiten pi , einen reinen Zustand |ψi i vorzufinden, für die gilt ∑ pi = 1 . i Die Orthogonalitätsbedingung ψi ψj = δji (2.58) muss dabei nicht zwangsweise für die reinen Zustände erfüllt sein. Ein quantales Gemisch wird durch die Dichtematrix $ = ∑ pi |ψi i hψi | (2.59) i beschrieben. Ist die Dichtematrix $ mit Hilfe der von Neumann-Gleichung aus (2.57) bestimmt, so lassen sich die Erwartungswerte einzelner Observablen wie folgt berechnen: hOi = tr($O) . (2.60) Für die Dichtematrix gelten die folgenden Postulate: • Jedes quantenmechanische System kann durch einen statistischen Operator $ beschrieben werden. • Jeder Observablen O kann ein hermitescher Operator zugeordnet werden, wobei deren Erwartungswert im Bild der Dichtematrix nach (2.60) berechnet wird. • Unmittelbar nach der Messung des Messwertes aµ ist das System im Gemisch $= Pµ $Pµ , || Pµ $Pµ || wobei Pµ der Projektionsoperator zum Messwert aµ ist. • Nach einer Messung (bzw. der Präparation) entwickelt sich die Dichtematrix nach der von Neumann-Gleichung (2.57). 14 II. Grundlagen 7.2. Umgebungseffekte Die Formulierung der von Neumann-Gleichung (2.57) ermöglicht es, Umgebungseffekte zu beschreiben. Zumeist entsprechen diese Umgebungseffekte thermischen Bädern, welche an das System gekoppelt werden. In einer Näherung, die die Umgebung auf ihren Einfluss, den sie auf das System hat, beschränkt und ansonsten ignoriert, geschieht das im Rahmen der Mastergleichungen. Die allgemeinste Mastergleichung, die Umgebungseffekte berücksichtigt, ist die Lindbladgleichung, sie lautet wie folgt: o 1n † † ∂t $ = −i[ H, $] + ∑ K̃ij L̃i $ L̃ j − L̃ j L̃i , $ . (2.61) 2 ij Gemäß der typischen Situation eines Quantensystems, welches in Kontakt mit seiner Umgebung steht, wird das komplette System mit Hilfe der Dichtematrix $ges ∈ H = Hs ⊗ H B (2.62) beschrieben. Diese wirkt auf den Hilbertraum, der durch das Tensorprodukt der Hilberträume des Systems Hs und der Umgebung H B aufgespannt wird. Der Index B steht dabei für den Ausdruck bath (deutsch Bad). Da man sich zumeist nur für das Verhalten des eigentlichen Systems interessiert, tritt in Gleichung (2.61) ein reduzierter Dichteoperator auf, welcher wie folgt definiert ist $ = trB $ges . (2.63) Der Ausdruck trB bedeutet dabei die Ausspurung über alle Freiheitsgrade der Umgebung. Der erste Teil der in der Lindbladgleichung (2.61) auftritt, entspricht gerade der von NeumannGleichung aus (2.57). Die Umgebungseffekte kommen in der Lindbladgleichung durch die sogenannten Superoperatoren (im englischen auch jump-operators genannt) L̃, L̃† zum Tragen. Die Matrix K̃ beschreibt das dissipative Verhalten des Systems. Dabei ist (2.61) die allgemeinste Form der Lindbladgleichung. Es kann stets eine unitäre Transformation gefunden werden, sodass Gleichung (2.61) geschrieben werden kann als o 1n † † Li Li , $ . (2.64) ∂t $ = −i[ H, $] + ∑ Ki Li $Li − 2 i Die Superoperatoren L̃ sind dabei durch eine unitäre Transformation mit den Superoperatoren L verbunden. 7.3. Superoperatoren In dieser Arbeit werden ausschließlich eindimensionale Quantensysteme betrachtet, welche durch eine lineare Kette beschrieben werden. Ein offenes Quantensystem entsteht durch die Kopplung einzelner Gitterplätze an die Umgebung. Dabei kann der Austausch von Elektronen zwischen System und Umgebung wie folgt stattfinden: • Spinlose Elektronen können von einem Reservoir in das System eintreten. Dies kann nur geschehen, sofern der Gitterplatz unbesetzt ist, sonst verhindert das fermionische Ausschlussprinzip diesen Vorgang. Im Laufe der Arbeit wird oft in einer Einteilchenbasis gerechnet, was bedeutet, dass die Gesamtanzahl an Teilchen im System nicht den Wert 1 überschreiten kann. Diese Beschränkung der Basis führt auf eine weitere Bedingung, wann ein Elektron in das System eingekoppelt werden kann. Eine Einkoppelstelle in das 15 7. Mastergleichungen System kann dabei prinzipiell durch ein zweites System realisiert werden. Dieses System wird nahe dem eigentlichen System platziert und dessen Elektronen besitzen eine endliche Tunnelwahrscheinlichkeit, in das ursprüngliche System überzugehen und den Gitterplatz zu besetzen. Die Amplitude der Tunnelwahrscheinlichkeit bestimmt dann die Stärke der Wechselwirkung des Systems mit seiner Umgebung. • Elektronen können das System verlassen. Ein Auskoppeln von Teilchen ist nicht durch das fermionische Ausschlussprinzip oder der Begrenzung von einer maximalen Anzahl an Teilchen im System abhängig und kann daher zu jeder Zeit stattfinden. Ein Gitterplatz, der eine Auskopplung ermöglicht, kann in kalten Quantengasen experimentell durch einen Laser realisiert werden, der einzelne Gitterplätze gezielt ansteuert und das Emittieren von Elektronen ermöglicht. Im Falle des Kitaev-Modells lassen sich Gewinn und Verlusteffekt experimentell durch Kohlenstoff-Nanodrähte auf dem System realisieren. Diese Drähte erlauben es Elektronen, aus dem Substrat in das System (Gewinn), bzw. aus dem System in das Substrat (Verlust) zu tunneln. Die Wechselwirkung des Systems mit der Umgebung geht durch die Superoperatoren L aus (2.64) in die Lindbladgleichung ein. Für die beiden Möglichkeiten des Systems mit seiner Umgebung Elektronen auszutauschen lautet der Superoperator L = γa†n , (2.65) für den Fall, dass ein Elektron am Gitterplatz n mit der Wahrscheinlichkeit γ eingekoppelt wird und L = γan , (2.66) für den Fall einer Auskopplung am Gitterplatz n mit der Wahrscheinlichkeit γ. Die gesamte Mastergleichung für den Fall eines anliegenden Potentials lautet dann ∂t $ = −i[ H, $] + L+ ($) + L− ($) , (2.67) mit L+ ($) = − γ 2 L− ($) = − γ 2 # ∑ an a†n $ + $an a†n − 2a†n an , (2.68) ∑ a†n an $ + $a†n an − 2an a†n . (2.69) n # n Die Summe in den Gleichungen (2.68) und (2.69) läuft dabei über alle Gitterplätze n, welche eine Einkopplung bzw. Auskopplung ermöglichen. Es wurde dabei angenommen, dass die Wahrscheinlichkeit, Teilchen mit der Umgebung auszutauschen, an jedem Gitterplatz gleich groß ist. 7.4. Quanten-Monte-Carlo In Vielteilchensystemen wird oft auf die Methode der Quanten-Monte-Carlo-Integration (QMC) zurückgegriffen. In dieser Arbeit werden alle Vielteilchensimulationen mit Hilfe dieser Methode durchgeführt. Das heißt, das Lösen des N × N-dimensionalen Differentialgleichungssystems (2.67) wird durch die Quanten-Monte-Carlo-Methode ersetzt. Ein großer Vorteil der QMC-Methode liegt in der numerischen Berechnungszeit. Sind in der Lösung des Differentialgleichungssystems (2.64) 16 II. Grundlagen ≈ N 2 Rechenschritte notwendig, liegt die QMC-Methode mit ≈ N Rechenschritten eine Größenordnung darunter. Im Folgenden soll der Lindblad-Anteil der von Neumann-Gleichung (2.67) die allgemeine Form 1 † † † L = − ∑ Cm Cm $ + $Cm Cm + ∑ Cm $Cm (2.70) 2 m m annehmen. Die gesamte Zeitentwicklung der Dichtematrix lautet somit ∂t $ = −i[ H, $] + L . (2.71) † /C Der Anteil (2.70) ist dabei für eine Vielzahl an Umgebungseffekten darstellbar. Die Terme Cm m aus (2.70) beschreiben lineare Operatoren, die auf den Hilbertraum des eigentlichen Systems wirken. Nach Einführung dieser Notation soll nun eine schematische Skizze der einzelnen Schritte der QMC-Integration aufgelistet werden. Die QMC-Integration bietet dabei einen Zugang über die Wellenfunktionen des Systems. Gewinn- und Verlusteffekte entstehen dabei durch Quantensprünge des Systems, das heißt der Übergang eines quantenmechanischen Zustandes in einen anderen, der zufällig während der Zeitentwicklung auftreten kann. Da die Quantensprünge durch eine Zufallszahlenberechnung erfolgen, wird das gesamte folgende Szenario für eine Anzahl an Durchläufen wiederholt. Jeder einzelne Durchlauf wird auch als eine Quantentrajektorie bezeichnet. Die Endergebnisse ergeben sich dann als Mittelung über alle Quantentrajektorien. Um eine dieser Trajektorien zu berechnen, werden folgende Schritte durchlaufen. • Man berechnet die Zeitentwicklung für den Zeitschritt t + δt ausgehend vom ursprünglichen Zustand |Φ(t)i. Dabei wird die Zeitentwicklung von |Φ(t)i mit dem nichthermiteschen Hamiltonoperator i † Cm (2.72) H = H − ∑ Cm 2 m vorangetrieben. Für kleine Zeitschritte δt lässt sich die nicht unitäre Zeitentwicklung |Φ(t + δt)i = e−i R δt H(t0 ) dt0 |Φ(t)i (2.73) |Φ(t + δt)i = (1 − iH δt) |Φ(t)i . (2.74) t entwickeln, es ergibt sich Da der Hamiltonoperator H nichthermitesch ist, bleibt die Norm des Skalarproduktes im Allgemeinen nicht erhalten, vielmehr lautet das Skalarprodukt D E hΦ(t + δt) | Φ(t + δt)i = Φ(t) 1 + iH† δt (1 − iH δt) Φ(t) = 1 − δp , mit D E δp = iδt Φ(t) H − H † Φ(t) = D E † δt Φ ( t ) C C Φ ( t ) ≥0. ∑ m m (2.75) m Der Zeitschritt δt wird dabei so gewählt, dass δp 1 gilt. • Der nächste Schritt besteht darin zu untersuchen, ob ein Quantensprung zwischen dem Zeitpunkt t und δt stattfand. Dazu wird eine Zufallszahl e gewählt, welche alle Werte zwischen 0 und 1 annehmen kann. Gilt e > δp , so fand kein Quantensprung statt. Dies ist in den meisten Fällen gewährleistet, da δp 1. Die neue, normierte Wellenfunktion lautet dann |Φ(t + δt)i |ψ(t + δt)i = p . (2.76) 1 − δp 17 7. Mastergleichungen Für den Fall, dass ein Quantensprung stattfand (e < δp ), ergibt sich die neue, normierte Wellenfunktion Cm |Φ(t)i |ψ(t + δt)i = p . (2.77) δp /δt • Es kann gezeigt werden [15], dass dieses Vorgehen analog zur Berechnung der Lindbladgleichung aus (2.71) ist. 18 III. Verhalten topologischer Phasen in Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten Im Folgenden sollen sowohl im Kitaev- als auch im SSH-Modell die verschiedenen topologischen und P T -symmetrischen Phasen für verschiedene Gewinn- und Verlusteffekte untersucht werden. Dies geschieht auf der Basis der effektiven Beschreibung der Gewinn- und Verlusteffekte mit nichthermiteschen Potentialen und folgt dem Vorgehen aus [5] und [6] 1. Die Potentiale Es werden nun die Potentiale angesprochen, die in dieser Arbeit auftreten. Die Potentiale werden so angebracht, dass an bestimmten Bereichen der eindimensionalen Systeme ein Gewinn- bzw. Verlusteffekt entsteht. Im Bild der nichthermiteschen Quantenmechanik bedeutet ein Gitterplatz mit negativem Imaginärwert im Potential eine Abflussmöglichkeit der Wahrscheinlichkeit an diesem Ort, wohingegen ein Potential mit positivem Imaginärteil zu einem Wahrscheinlichkeitsgewinn der Wellenfunktion führt. Für eine lineare Kette lassen sich verschiedene Möglichkeiten finden, die Gewinn- und Verlusteffekte so über das System zu verteilen, das ein P T -symmetrisches System entsteht. Ein Potential erhält dabei die P T -Symmetrie, sofern sich das System unter Mittelpunktsspiegelung und Umkehrung des Imaginärteils, N−n → n , i → −i , (3.1) nicht ändert. Abbildung 3.1 zeigt eine schematische Darstellung der drei in dieser Arbeit auftretenden Potentiale. Das Potential U1 besteht dabei aus einem Potential, welches einen negativen Imaginärteil, also einen Verlusteffekt am ersten Gitterpunkt besitzt und einen positive Imaginärteil am letzten Gitterplatz, was einen Gewinneffekt beschreibt. An allen anderen Gitterplätzen liegt kein imaginäres Potential an. Mathematisch kann dieses Potential für ein eindimensionales System mit N Gitterplätzen beschrieben werden durch U1 = −iγc1† c1 + iγc†N c N . (3.2) Der Wert γ legt die Stärke der Ein- und Auskoppeleffekte fest. Die Wahl des Potentials U1 ist für die Untersuchung des Verhalten von topologischen Isolatoren bei vorhandenen Gewinn- und Verlusteffekten dahingehend interessant, da es nur an den beiden Enden eine Kopplung des Systems an die Umgebung zulässt, also genau an den Stellen, welche eine starke Lokalisation der Randzustände aufweist. Das Potential U2 besteht aus einem alternierenden Gewinn- bzw. Verlusteffekt. Es wird beschrieben durch γ N U2 = i ∑ (−1)n c†n cn . (3.3) 2 n =1 19 2. Spektren in verschiedenen Parameterbereichen Potential U1 - + Potential U2 - + - - + + - + - + + + + + Potential U4 - - - - - + A b b i l du n g 3 . 1 . : Schematische Darstellung der Potentiale U1 , U2 und U4 für ein System mit 10 Gitterplätzen. Die blauen Kugeln entsprechen dabei Gitterplätzen, welche einen negativen Imaginärteil und damit einen Abfluss aus dem System aufzeigen. Die mit einem Plus gekennzeichneten roten Kugeln sollen Gitterplätze darstellen, die einen positiven Imaginärteil und somit einen Gewinneffekt aufzeigen. Die weißen Kugeln im Falle des Potentials U1 sollen diejenigen Gitterplätze darstellen, an denen kein Potential anliegt. Das Potential U4 U4 = −i γ 2 N/2 ∑ n =1 c†n cn + i N γ ∑ c†n cn 2 n= N/2 +1 (3.4) bietet eine weitere Möglichkeit, die Gewinn- und Verlusteffekte so anzuordnen, das es sich um ein P T -symmetrisches Potential handelt. Es weist zwei gleich große Bereiche auf, in denen sich das Potential jeweils nicht verändert. 2. Spektren in verschiedenen Parameterbereichen Im Folgenden wird das Verhalten des Kitaev- und des SSH-Modells untersucht, sofern man am ersten Gitterplatz Verlust und am letzten Gitterplatz Gewinn einkoppelt. Dieses Verhalten wird durch das nichthermitesche, P T -symmetrische Potential U1 aus Gleichung (3.2) beschrieben. Sowohl für das Kitaev-Modell [5] als auch für das SSH-Modell [6] wurde dieses nichthermitesche Potential bereits untersucht, jedoch zeigte sich, dass sich die Gewinn- und Verlusteffekte verschieden auf die beiden Systeme auswirken. Das unterschiedliche Verhalten lässt sich gut erkennen, sofern man den Imaginärteil der Energien über die Stärke des Gewinn- und Verlustparameters γ aufträgt. Sinnvoll ist es hierbei, ein P T -Phasendiagramm für jede topologische Phase aufzuzeichnen. Dies ist in Abbildung 3.2 zu sehen. Zu erkennen ist, dass es einen qualitativen Unterschied zwischen dem SSH-Modell und dem Kitaev-Modell in der nichttrivialen Phase gibt. So findet man in der nichttrivialen topologischen Phase im SSH-Modell keinen kritischen Parameter γc , bei dem ein P T -Bruch vorliegt, vielmehr zeigt das System schon bei kleinen, aber nichtverschwindenden Werten von γ zwei zueinander komplex konjugierte Energien. In der trivialen topologischen Phase existieren zwei nichtverschwindende kritische Parameter. Der erste Wert γc , bei dem ein komplex konjugiertes Paar an Energien entsteht und der zweite Wert γc2 , bei dem ein weiteres komplex konjugiertes Paar an Energien hinzu kommt. Im Kitaev-Modell verhalten sich beide topologischen Phasen qualitativ gleich. So gibt es jeweils einen kritischen Parameter γc , an dem ein P T -Bruch stattfindet. Abschließend muss noch erwähnt werden, dass die Phasendiagramme 20 III. Verhalten topologischer Phasen in Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten SSH-Modell nichttriviale Phase 3 2 Im(E) Im(E) SSH-Modell triviale Phase 2.5 2 1.5 1 0.5 0 -0.5 -1 -1.5 -2 -2.5 γc = 0.8 0 1 1.5 γ 2 0 -1 -2 γc2 = 2.14 0.5 1 2.5 -3 3 0 3 2 2 1 1 0 -1 -2 -3 γc = 0.5 0 0.5 1 2 1.5 γ 2 2.5 3 0 -1 -2 1.5 γ 1 Kitaev-Modell nichttriviale Phase 3 Im(E) Im(E) Kitaev-Modell triviale Phase 0.5 2.5 3 -3 γc = 0.46 0 0.5 1 1.5 γ 2 2.5 3 A b b i l du n g 3 . 2 . : P T Phasendiagramme. Oben: SSH-Modell mit den Parametern Θ = 3/4π für die topologisch triviale Phase und Θ = π/4 für die nichttriviale Phase. Es wurden dabei die Parameter N = 200, t = 1, ∆ = 0.3 verwendet. Erkennbar ist, dass in der trivialen Phase ein kritischer Parameter γc auftritt, bei dem ein P T -Bruch stattfindet, wohingegen die nichttriviale Phase für alle γ bereits P T -gebrochen ist. Es findet sich zudem ein zweiter kritischer Parameter γc2 in der topologisch trivialen Phase, in dem zwei zueinander komplex konjugierte Energien auftreten. Unten: Kitaev-Modell mit dem chemischen Potential µ = 2.5 in der topologisch trivialen Phase und µ = 1.0 in der topologisch nichttrivialen Phase. In beiden topologischen Phasen wurden zudem die Parameter N = 100, t = 1 und ∆ = 0.5 verwendet. Erkennbar ist, dass es in beiden Phasen einen kritischen Parameter γc gibt, bei dem ein P T -Bruch stattfindet. Die beiden topologischen Phasen unterscheiden sich damit qualitativ nicht. in Abbildung 3.2 sich qualitativ nicht unterscheiden, sofern man andere Parameterwerte (µ im Kitaev-Modell, Θ im SSH-Modell) in der jeweiligen topologischen Phase betrachtet. 2.1. Das Potential U1 für kleine Gewinn- und Verlusteffekte Betrachtet man die Energiespektren der beiden Modelle, so fällt auf, dass bei sehr kleinen Gewinnund Verlusteffekten im SSH-Modell zwei zueinander komplex konjugierte Energien in der nichttrivialen Phase auftreten, während im Kitaev-Modell alle Energien reell bleiben und somit beide topologischen Phasen sich gleich verhalten, siehe dazu Abbildung 3.3. Um dieses unterschiedliche Verhalten erklären zu können, werden die Eigenzustände der komplexen Energien betrachtet. Für ein verschwindendes Gewinn- und Verlustpotential (γ = 0) sind die korrespondierenden Eigenzustände die topologisch nichttrivialen Randzustände. Da das Potential U1 und somit auch der Hamiltonoperator H P T -symmetrisch ist, hat ein Auftreten komplexer Energien zur Folge, dass die zugehörigen Eigenzustände die P T -Symmetrie brechen. Im SSH-Modell lässt sich dies leicht nachweisen, denn der Randzustand im Fall γ = 0 bricht bereits die P T -Symmetrie, siehe dazu Abbildung 3.4. Dabei ist eine graphische Untersuchung dieser Symmetrie für einen Zustand |ψi möglich, sofern man die Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Elektrons entlang der Gitterplätze betrachtet. Dies geschieht durch die Berechnung des Erwartungswertes für den Operator des 21 2. Spektren in verschiedenen Parameterbereichen SSH γ = 0.0001 6e-05 Im (E) Re (E) SSH γ = 0.0001 2 1.5 1 0.5 0 -0.5 -1 -1.5 -2 0 -6e-05 -1 -0.5 0 Θ[π] 0.5 1 -1 -0.5 Kitaev γ = 0.0001 0 Θ[π] 0.5 1 Kitaev γ = 0.0001 3 6e-05 1 Im (E) Re (E) 2 0 -1 -2 -3 0 -6e-05 -4 -3 -2 -1 0 µ 1 2 3 4 -4 -3 -2 -1 0 µ 1 2 3 4 Abbildung 3.3.: Real- und Imaginärteil der Energien für kleine Gewinn- und Verlusteffekte γ = 0.0001 und N = 100 Gitterplätzen. Obere Reihe: SSH-Modell mit t = 1.0 und ∆ = 0.3. Untere Reihe: Kitaev-Modell mit t = 1.0 und ∆ = 0.5. Die grau gefärbten Bereiche identifizieren die nichttriviale topologische Phase. Zwei zueinander komplex konjugierte Eigenwerte sind dort im SSH-Modell zusehen. i-ten Gitterplatzes ni h n ii = h ψ | ni | ψ i . (3.5) Die Zeitumkehrsymmetrie T in einem System/Zustand wird dadurch erhalten, wenn sich das System, bzw. der Zustand, invariant unter der Ersetzung i → −i verhält. Im Fall des Potentials U1 liegt ein Verlust am ersten Gitterplatz und ein Gewinn am letzten Gitterplatz vor. Wendet man den Zeitumkehroperator T darauf an, so wird aus dem Gewinn ein Verlusteffekt und vice versa. Die Paritätssymmetrie P ist genau dann erhalten, sofern man das eindimensionale Gitter an der Hälfte trennt, zurückfaltet und der Zustand sich invariant unter dieser Transformation verhält. Damit ein Zustand für das nichthermitesche Gewinn- und Verlustpotential U1 die P T Symmetrie erhält, müssen die Aufenthaltswahrscheinlichkeiten folgende Bedingung erfüllen: Die Aufenthaltswahrscheinlichkeit am Gitterplatz n, muss gleich der Aufenthaltswahrscheinlichkeit am Gitterplatz N − i sein, wobei N die Gesamtanzahl der Gitterplätze ist und n = 0, 1, 2 . . . N/2. In Abbildung 3.4 sind in der oberen Zeile neben den beiden Randzuständen auch zwei Volumenzustände des SSH-Modells für γ = 0.0001 aufgezeigt. Durch Spiegeln der Aufenthaltswahrscheinlichkeit der Zustände an der Mitte der Gitterplätze kann man leicht erkennen, dass beide Randzustände P T -gebrochen, die Volumenzustände jedoch P T -symmetrisch sind. Im Kitaev-Modell ist die Identifikation der P T -Symmetrie eines Zustandes etwas aufwendiger als im SSH-Modell. Hier kommt zusätzlich die Aufenthaltswahrscheinlichkeitsbeziehung zwischen Elektron und Loch zum Tragen. Jeder Gewinn γ eines Elektrons auf einem Gitterplatz entspricht dem gleichen Verlust γ eines Lochs auf demselben Gitterplatz und vice versa. Dies folgt direkt aus den fermionischen Kommutatorrelationen, c†n cn = 1 − cn c†n e = 1−h 22 , (3.6) III. Verhalten topologischer Phasen in Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten γ = 0.0001 0.6 Randzustand 1 Randzustand 2 0.5 0.4 Amplitude Amplitude γ = 0.0001 0.02 0.3 0.2 0.1 0 0 50 100 n 150 0.015 0.01 0.005 0 200 Volumenzustand 1 Volumenzustand 2 0 50 100 n γ = 0.0001 0.6 Amplitude Amplitude hei hhi 0.02 0.4 0.3 0.2 0.015 0.01 0.005 0.1 0 200 γ = 0.0001 0.025 hei hhi 0.5 150 0 25 50 75 n 100 125 150 0 0 25 50 75 n 100 125 150 A b b i l du n g 3 . 4 . : Obere Reihe: Beide Randzustände des SSH-Modells (links) und zwei zufällig gewählte Volumenzustände (rechts). Für alle Rechnungen wurden die Parameter Θ = π/4, t = 1.0, ∆ = 0.3, N = 200 und γ = 0.0001 gesetzt. Beide Randzustände brechen die P T -Symmetrie, wohingegen die Volumenzustände P T ungebrochene Zustände sind. Untere Reihe: Einer der beiden Randzustände im Kitaev-Modell sowie ein zufällig ausgewählter Volumenzustand. Für alle Rechnungen wurden die Parameter µ = 1, t = 1.0, ∆ = 0.5, N = 150 und γ = 0.0001 gesetzt. Sowohl der abgebildete Randzustand als auch der Volumenzustand erhalten die P T -Symmetrie, wobei im Randzustand die Elektron-Loch-Symmetrie einen P T -Bruch verhindert. mit den fermionischen Erzeugungs-/Vernichtungsoperatoren c† /c, dem elektronischen Anzahloperator e und dem Anzahloperator eines Loches h. Gilt hein = hhin , so heben sich Gewinnund Verlusteffekt am Gitterplatz n gerade auf und es existiert kein Nettoeffekt für den Wahrscheinlichkeitsstrom an diesem Gitterplatz. Betrachtet man einen der beiden Randzustände des Kitaev-Modells für γ = 0.0001, siehe dazu Abbildung 3.4, so erkennt man, dass die Wahrscheinlichkeit, ein Elektron an einem Gitterplatz n zu finden, exakt dieselbe ist wie die für ein Loch am selbigen Gitterplatz n. Es gilt damit hein = h hin für n = 1, 2, 3 . . . N . (3.7) Da für den gewählten Gewinn- und Verlusteffekt keine komplexen Energien im Kitaev-Modell auftreten, müssen auch die Randzustände die P T -Symmetrie bewahren. Dass dies der Fall ist, folgt sofort aus der Bedingung (3.7), da sich der Nettoeffekt von Gewinn und Verlust gerade zu Null addiert. Für den Volumenzustand aus Abbildung 3.4 muss man zuerst beide Amplituden von einander abziehen und dann an der Mitte der Gitterplätze spiegeln. Wie man leicht sieht, ist damit der Volumenzustand ebenfalls P T -symmetrisch. Das unterschiedliche Verhalten der beiden Modelle auf kleine Gewinn- bzw. Verlusteffekte kann somit auf die P T -Symmetrie der topologischen Randzustände zurückgeführt werden. Im SSH-Modell sind diese topologischen Zustände P T -gebrochen, wohingegen die Randzustände im Kitaev-Modell die P T -Symmetrie erhalten. Dabei spielt die Elektron-Loch-Symmetrie im Kitaev-Modell eine große Rolle, da diese zu einem Nettoeffekt des Wahrscheinlichkeitsstromes von Null über das ganze Gitter führt. Diese Elektron-Loch-Symmetrie ist auch verantwortlich 23 Im(E) 2. Spektren in verschiedenen Parameterbereichen 2.5 2 1.5 1 0.5 0 -0.5 -1 -1.5 -2 -2.5 0 0.5 1 γc 1.5 γ 2 5.8 5.6 5.4 5.2 5 4.8 4.6 4.4 4.2 3 γ = 1.2 0.3 0.25 Amplitude Amplitude in 10−3 γ = 0.7 2.5 0.2 0.15 0.1 0.05 0 50 100 n 150 200 0 0 50 100 n 150 200 A b b i l du n g 3 . 5 . : P T -Phasendiagramm für das SSH-Modell in der trivialen topologischen Phase (Θ = 3/4π) mit den Parametern N = 200, t = 1.0 und ∆ = 0.3. Markiert sind zwei Punkte, für deren γ-Wert jeweils ein Eigenzustand dargestellt ist. In der P T -gebrochenen (γ > γc ) Phase wird der Volumenzustand zu einem Randzustand, dieser ist jedoch immer noch topologisch trivial, da er nicht die Eigenschaften eines topologischen Randzustandes besitzt. Der zugehörige Energieeigenwert besitzt einen Realteil ungleich Null. In der P T -ungebrochenen Phase (γ > γc ) zeigt der Volumenzustand eine über das gesamte Gitter verteilte Wahrscheinlichkeitsamplitude. für die Erhaltung der P T -Symmetrie der Randzustände bei hohen Gewinn- und Verlusteffekten γ, wohingegen die Volumenzustände im Kitaev-Modell bei immer größer werdendem γ die P T -Symmetrie nicht erhalten, da diese Zustände die Bedingung (3.7) nicht erfüllen und somit nicht vor einem P T -Bruch geschützt sind. 2.2. Das Potential U1 für große Gewinn- und Verlusteffekte Für große Werte von γ existiert für beide Modelle in jeweils beiden topologischen Phasen ein P T -Bruch, siehe dazu Abbildung 3.2. Da Energien mit einem nichtverschwindenden Imaginärteil immer als komplex konjugierte Paare auftreten, müssen mindestens zwei P T -gebrochene Eigenzustände existieren. Im SSH-Modell treten in der topologisch trivialen Phase ab einem kritischen Parameterwert γc2 vier P T -gebrochene Zustände auf. In der nichttrivialen Phase des SSH-Modells sind die topologischen Randzustände für den P T -Bruch verantwortlich. Eine Diskussion dieser Zustände und deren P T -Bruch fand bereits in Abschnitt 2.1 statt. Da in der topologisch trivialen Phase keine topologischen Randzustände auftreten, es jedoch trotzdem zu Energien mit nichtverschwindenden Imaginärteil ab einem kritischen Wert γc kommt, müssen auch Volumenzustände ab einer gewissen Potentialstärke γ die P T -Symmetrie brechen. Um den P T -Bruch des Volumenzustandes zu diskutieren, betrachtet man einen Volumenzustand vor dem P T -Bruch und einen der beiden Zustände, die im P T -gebrochenen Bereich einen nichtverschwindenden Imaginärteil besitzen. Beide Zustände, bzw. deren Aufenthaltswahrscheinlichkeiten, sind in Abbildung 3.5 über den Gitterplätzen n aufgetragen. Betrachtet man einen der Volumenzustände, die im P T -gebrochenen Bereich (γ > γc ) liegen, so zeigt sich, dass 24 III. Verhalten topologischer Phasen in Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten 3 1 0 -1 -2 -3 γc 0 0.5 1 Amplitude in 10−2 25 1.5 γ hei hhi 20 Amplitude in 10−2 Im(E) 2 15 10 5 0 0 25 50 75 n 100 125 150 2 2.5 3 hei hhi 1 0.8 0.6 0.4 0.2 0 0 25 50 75 n 100 125 150 A b b i l du n g 3 . 6 . : P T -Phasendiagramm für das Kitaev-Modell in der nichttrivialen topologischen Phase (µ = 1) mit den Parametern N = 150, t = 1.0 und ∆ = 0.5. Markiert ist ein Punkt für die P T -gebrochene Phase (γ > γc ). In der unteren Reihe sind der Randzustand (links) sowie der P T -gebrochene Volumenzustand (rechts) abgebildet. Im Volumenzustand ist die Wahrscheinlichkeitsamplitude auch im P T -gebrochenem Zustand weiterhin über das ganze Gitter verteilt. dieser Zustand eine Lokalisierung am Rand aufzeigen kann. Energetisch betrachtet liegen diese Randzustände jedoch nicht innerhalb der Bandlücke. Zustände mit vermehrter Lokalisierung an einem der beiden Enden des Systems brechen die P T -Symmetrie wie es bereits für den Fall der topologisch interessanten Randzustände in der nichttrivialen Phase diskutiert wurde. Im Kitaev-Modell ist das Verhalten der beiden unterschiedlichen topologischen Phasen im Bezug auf das P T -Phasendiagramm qualitativ gleich. Dies liegt daran, dass in beiden Phasen die Volumenzustände für den P T -Bruch verantwortlich sind. Betrachtet man einen der beiden topologischen Randzustände in der nichttrivialen topologischen Phase sowie einen der beiden Zustände, die für den Parameterbereich γ > γc die P T -Symmetrie brechen, vergleiche Abbildung 3.6, so erkennt man, dass für den P T -gebrochenen Zustand weiterhin gilt, dass dieser eine Wahrscheinlichkeitsamplitudenverteilung über das ganze Gitter besitzt. Er ist also weiterhin als Volumenzustand anzusehen. Da die topologischen Randzustände des Kitaev-Modells immer die Elektron-Loch-Symmetrie bewahren, sind diese stets vor einem P T -Bruch geschützt und somit nicht involviert in der P T -symmetrischen Eigenschaft des Systems, was die Erklärung für das qualitativ gleiche Verhalten der beiden topologischen Phasen im Kitaev-Modell ist. 3. Diskussion des Potentials U2 Das Potential (3.3) beschreibt ein Szenario, in dem Gewinn- und Verlusteffekte alternierend auftreten. 25 3. Diskussion des Potentials U2 3 a) 1 0 -1 -2 -3 0.5 1 Θ = 0.9π 1 0 -1 -2 γc = 0.58 0 b) 2 Im(E) Im(E) 2 3 Θ = 0.1π 1.5 γ 2 2.5 -3 3 γc = 0.58 0 0.5 1 1.5 γ 2 2.5 3 0.02 Amplitude Amplitude 0.6 0.4 0.2 0.015 0.01 0.005 0 0 0 25 50 75 100 125 150 175 200 hnii 0 25 50 75 100 125 150 175 200 hnii A b b i l du n g 3 . 7 . : P T -Phasendiagramme für das Potential U2 im SSH-Modell für die beiden Winkel Θ = 0.1π und Θ = 0.9π. Dabei wurden die Winkel so gewählt, dass im Falle eines geschlossenen Systems γ = 0 der Fall a) die topologisch nichttriviale Phase und b) die topologisch triviale Phase beschreibt. Unter den jeweiligen P T Phasendiagramm ist jeweils ein Eigenzustand abgebildet, welcher zum markierten Energieeigenwert gehört. Im Fall a) sind diejenigen Imaginärteile schwarz gekennzeichnet, die auch im Falle des Potentials U1 auftreten. Für alle Berechnungen wurden die Parameter N = 200, ∆ = 0.3 und t = 1.0 verwendet. Das SSH-Modell Im Folgenden soll das SSH-Modell mit anliegendem Potential U2 untersucht werden. Da es sich bei dem Potential U2 um ein nichthermitesches, jedoch P T -symmetrisches, Potential handelt, ist wie bei U1 nicht klar, ob und bei welchen Parameterwerten der Hamiltonoperator komplexe Energien vorweist. Trägt man den Imaginärwert der Energie über den Gewinnund Verlustparameter γ auf, so lässt sich erneut ein P T -Phasendiagramm erstellen. Zwei solcher P T -Phasendiagramme sind in Abbildung 3.7 zu sehen. Dabei werden für den Winkel Θ zwei Werte gewählt, welche im Falle eines isolierten Systems γ = 0 die beiden verschiedenen topologischen Phasen repräsentieren: Θ = 0.1π (links) für die topologisch nichttriviale Phase und Θ = 0.9π (rechts) für die topologisch triviale Phase. Im Allgemeinen ist vor der Berechnung nicht klar, ob diese Winkel ausreichen, um die beiden topologischen Phasen auch im Potential U2 zu repräsentieren, oder ob überhaupt zwei verschiedene topologische Phasen auftreten. Durch die Betrachtung des Energiespektrums wird angenommen, dass auch für das Potential U2 die verschiedenen topologischen Phasen auftreten und die gewählten Werte von Θ jeweils eine dieser Phasen zugeordnet werden können. Für beide Phasendiagramme existiert der gleiche kritische Parameter γc = 0.58, an dem eine Vielzahl an Zuständen die P T -Symmetrie brechen. Im Falle der nichttrivialen Phase Abbildung 3.7 a) tritt jedoch für jeden beliebig kleinen nichtverschwindenden Wert γ > 0 ein komplex konjugiertes Paar an Energien auf, die ebenfalls für das Potential U1 existieren, vergleiche hierzu Abbildung 3.2. Im Gegensatz zum Potential U1 brechen nicht nur die Randzustände für den Parameter Θ = 0.1π die P T -Symmetrie. Durch Auftragen der einzelnen Zustände für jeden Wert γ lässt sich zeigen, dass lediglich die in Abbildung 3.7 schwarz markierten und bereits für das Potential U1 auftretenden Energien die Eigenschaft erfüllen, eine starke Lokalisierung am Rand 26 III. Verhalten topologischer Phasen in Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten 3 Im(E) 2 µ = 0.5 1 0 -1 -2 -3 γc 0 0.5 1 1.5 γ 2 2.5 3 1.5 γ 2 2.5 3 3 Im(E) 2 µ = 2.5 1 0 -1 -2 -3 γc 0 0.5 1 Abbildung 3.8.: P T -Phasendiagramme für das Kitaev-Modell in Verbindung mit dem Potential U2 . Zur jeweiligen Berechnung wurden die Parameter 2t = ∆ = 1.0 bei einer Systemgröße von N = 200 verwendet. Beide Phasendiagramme zeigen einen P T -Bruch aller Zustände für einen kritischen Parameter, der für beide chemischen Potentiale µ = 0.5 (topologisch nichttrivial, oben) µ = 2.0 (topologisch trivial, unten) den Wert γc = 1.0 besitzt. zu besitzen. Alle anderen Zustände, welche die P T -Symmetrie brechen, sind sowohl für den Wert Θ = 0.1π, als auch für den Wert Θ = 0.9π Volumenzustände. Betrachtet man nur die Randzustände des Systems, so ist das Verhalten der beiden Potentiale U1 und U2 gleich. Es existieren dabei jeweils zwei Randzustände in der topologisch nichttrivialen Phase, welche die P T -Symmetrie schon ab einem geringen nichtverschwindenden Wert γ = 0 brechen. Das Verhalten der Volumenzustände ist jedoch verschieden für die beiden Potentiale. Sind im Potential U1 für den Parameterwert Θ = 0.1π lediglich die beiden Randzustände P T -gebrochen, so erfahren auch Volumenzustände P T -Brüche im Falle des Potentials U2 . Der P T -Bruch dieser Volumenzustände findet dabei ab einem endlichen Wert γc statt. Dieser kritische Wert scheint unabhängig von der topologischen Phase zu sein, da das exakt gleiche Verhalten der Volumenzustände ebenfalls für den Parameterwert Θ = 0.9π vorliegt. Das Kitaev-Modell Im Kitaev-Modell zeigte das Potential U1 in Abbildung 3.2 ein gleiches Verhalten der P T -Symmetrie für die beiden topologischen Phasen. Im Falle des Kitaev-Modells liegt im isolierten Fall ein topologischer Phasenübergang bei |µ| = 2 vor. Trägt man das P T Phasendiagramm für das Potential U2 für die beiden chemischen Potentiale µ = 0.5 und µ = 2.5 auf, so erkennt man bei Betrachtung der Abbildung 3.8, dass die beiden Phasendiagramme sich sehr ähnlich sehen. Dies ist in Übereinstimmung mit dem Potential U1 , denn auch dort ergaben sich zwei Phasendiagramme, die sich im Verhalten ähnlich zeigten. Im Vergleich zum Potential U1 existiert im Kitaev-Modell in Verbindung mit dem Potential U2 jedoch ein kritischer Wert, ab dem alle Energien komplex und somit alle Zustände P T -gebrochen sind. 27 4. Diskussion des Potentials U4 γ = 0.5 hei hhi 0.2 hei hhi b) Amplitude a) Amplitude γ = 2.5 0.1 0 0.02 0.01 0 0 50 100 n 150 200 0 50 100 n 150 200 A b b i l du n g 3 . 9 . : a) Ein Randzustand im Kitaev-Modell für das anliegende Potential U2 . Das chemische Potential liegt mit dem Wert µ = 0.5 in der topologisch nichttrivialen Phase für ein isoliertes System. Die übrigen Parameter für die Berechnung waren N = 200, t = 1.0 und ∆ = 0.5. Ab einem Wert von γ > γc = 1 existieren keine Randzustände mehr, vielmehr brechen alle Zustände sowohl die Elektron-Loch-Symmetrie als auch die P T -Symmetrie. Exemplarisch ist ein solcher Zustand in Abbildung b) dargestellt. Da die Randzustände sowohl im isolierten Falle als auch im Falles des Potentials U1 durch die Elektronen-Loch-Symmetrie vor einem P T -Bruch geschützt waren, liegt es nahe, dass ab dem kritischen Wert γc in Abbildung 3.8 keine Randzustände mehr existieren und dies unabhängig vom gewählten Wert des chemischen Potentials µ ist. Betrachtet man die Eigenzustände des Systems für ein chemisches Potential µ = 0.5 für einen Wert des Gewinn- und Verlusteffektes vor dem vollständigen P T -Bruch γ < γc so erkennt man, dass Randzustände auftreten (Abbildung 3.9 a) ), im Parameterbereich γ ≥ γc existieren jedoch nur noch Volumenzustände, welche die Elektron-Loch-Symmetrie und damit auch die P T -Symmetrie brechen. Exemplarisch ist einer dieser Volumenzustände in Abbildung 3.9 b) aufgezeigt. 4. Diskussion des Potentials U4 In diesem Abschnitt soll das Potential U4 diskutiert werden. Dem System kann über das Potential U4 in der ersten Hälfte Gewinn und in der zweiten Hälfte Verlust zugeführt werden. In einer Teilchenbeschreibung würde dies bedeuten, dass Elektronen in der ersten Hälfte das System verlassen, in der zweiten Hälfte betreten können. Für den Grenzfall eines Systems mit der Größe N = 2 beschreiben die Potentiale U4 , U2 und U1 dieselbe Situation. Das Potential U4 im SSH-Modell In den zuvor besprochenen Potentialen U1 und U2 verhielt sich das SSH-Modell gleich, sofern man sich in einem Parameterbereich befindet, welcher einer topologisch nichttrivialen Phase für das isolierte System (Θ < π/2) entspricht. In beiden Potentialen traten schon für nichtverschwindende Werte der Gewinn- und Verluststärke γ ein komplex konjugiertes Paar an Eigenwerten auf. Diese Eigenwerte gehörten jeweils zu den zwei auftretenden topologisch stabilen Randzuständen, welche in beiden Fällen auch für große Potentialstärken γ erhalten bleiben. Betrachtet man das P T -Phasendiagramm 3.10 für das Potential U4 , so erkennt man, dass für einen Wert von Θ = 0.1π sich ein komplex konjugiertes Paar an Eigenwerten über den gesamten Bereich erstreckt. Ab einem gewissen Punkt tritt neben den linear verlaufenden komplexen Energien ein weiteres Paar an komplex konjugierten Eigenwerten auf. Gleichzeitig 28 III. Verhalten topologischer Phasen in Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten 3 a) Amplitude Im(E) 2 1 0 -1 -2 -3 γc 0 0.5 1 0.01 0 1.5 γ 2 2.5 3 0 0.2 20 40 60 0.5 b) 0.15 Re(E) = 1.03 Im(E) = 0.00 0.1 0.05 c) 0.4 Amplitude Amplitude 0.02 80 100 120 140 160 180 200 hnii Re(E) = 0.00 Im(E) = −0.26 0.3 0.2 0.1 0 0 0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 hnii 0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 hnii Abbildung 3.10.: P T -Phasendiagramm des SSH-Modells für das Potential U4 . Für eine Systemgröße von N = 200, den Parametern ∆ = 0.3 und t = 1.0 sind neben dem Phasendiagramm für den Wert Θ = 0.1π auch drei Zustände dargestellt. Dies sind die Eigenzustände der markierten Imaginärwerte. Der Strich in den Eigenzuständen soll die zwei Hälften des Potentials unterscheiden. Ab einem kritischen Wert γc = 1.07 existieren keine rein reellen Eigenwerte mehr und alle Zustände sind P T -gebrochen. verschwinden alle reellen Energien. Der Punkt, an dem alle Zustände die P T -Symmetrie brechen, liegt bei einem endlichen kritischen Wert γc = 1.07. In Abbildung 3.10 sind drei Eigenzustände aufgetragen, die im Fall a) vor, b) am und c) nach dem kritischen Wert γc liegen. Aus dem P T -Phasendiagramm 3.10 wird nicht ersichtlich, dass es sich bei dem komplex konjugierten Paar, das für jeden Wert von γ existiert, nicht um zwei Eigenwerte handelt, sondern um N − 2 Werte, welche nahezu den gleichen Betrag des Imaginärteils besitzen. Ein komplex konjugiertes Paar an Eigenwerten gehört dabei zu den Randzuständen, die schon von den Potentialen U2 und U4 bekannt sind. Im Bild b) aus 3.10 handelt es sich um einen der zwei Zustände, welche eine rein reelle Energie vorweisen. Erkennbar ist, dass dieser durch Spiegelung an der eingetragenen schwarzen Linie invariant ist und somit die P T -Symmetrie erhält. An dem kritischen Parameterwert γc wird auch dieser Zustand P T -gebrochen, wobei die korrespondierende Energie von einem rein reellen Wert zu einem rein imaginären Wert übergeht. Betrachtet man den Übergang von Gewinnzu Verlusteffekten im Potential U4 als Rand, so lässt sich der Zustand c) in Abbildung 3.10 als Randzustand einordnen, denn dieser erfüllt sowohl die Lokalisierung in der Mitte des Systems, also am Rand des Gewinn- und Verlustüberganges, als auch die Bedingung, dass der Zustand einen verschwindenden Realteil der Energie besitzt. Ob der Zustand jedoch topologisch nichttrivial ist lässt sich nur durch die Bestimmung einer topologischen Invariante bestimmen. Ein Zustand, der nicht zu den gerade besprochenen Randzuständen gehört, ist in Abbildung 3.10 a) abgebildet. Er steht dabei beispielhaft für alle anderen Volumenzustände. Jeder Zustand, der die P T -Symmetrie bricht und keine Lokalisierung am Rand, bzw. in der Mitte des Systems aufweist, ist ausschließlich auf einer Hälfte des Systems lokalisiert und bricht somit die P T -Symmetrie. Nimmt der Parameter der Dimerisationsstärke Θ den Wert Θ = 0.9π an, so unterscheidet sich das P T -Phasendiagramm in Abbildung 3.11 merklich vom vorhergehend diskutierten Fall aus Abbildung 3.10. Für den Wert Θ = 0.9π liegt im isolierten System die 29 5. Methoden zur Bestimmung des topologischen Phasenübergangs 3 Θ = 0.9π 2 Im(E) 1 0.005 0.0025 0 0 -0.0025 -1 -0.005 0 0.005 0.01 0.015 -2 -3 0 0.5 1 1.5 γ 2 2.5 3 Abbildung 3.11.: P T -Phasendiagramm des SSH-Modells für das Potential U4 für eine Systemgröße von N = 200, den Parametern ∆ = 0.3, t = 1.0 und Θ = 0.9π. Der vollständige P T -Bruch des Systems findet bei einem endlichen Wert von γ statt. triviale topologische Phase vor. Schon für kleine Werte des Gewinn- und Verlusteffektes zeigt das System einen kompletten P T -Bruch auf. Wie für den Parameter Θ = 0.1π besitzen alle Zustände denselben Betrag des Energieimaginärteils und zeigen wie der Volumenzustand aus Abbildung 3.10 a) eine Lokalisierung in einer Hälfte des Systems. Das Kitaev-Modell Betrachtet man das P T -Phasendiagramm des Kitaev-Modells für verschiedene Werte des chemischen Potentials, so fällt auf, dass das Potential U4 auch im Kitaev-Modell ab einer bestimmten Stärke γc zu einem vollständigen P T -Bruch führt. Dabei ist der kritische Punkt jedoch anders als im SSH-Modell eine Funktion des chemischen Potentials γc (µ). Im isolierten Fall erstreckt sich die topologisch nichttriviale Phase über den Bereich |µ| < 2. Abbildung 3.12 zeigt das P T -Phasendiagramm für zwei verschiedene Werte µ, die im isolierten Fall in der topologisch nichttrivialen Phase liegen. Der kritische Wert, ab dem alle Zustände einen P T -Bruch vorweisen, wandert zu immer kleineren Werten γc , wenn man das chemische Potential erhöht. Erinnert man sich daran, dass die Randzustände im Potential U1 durch die Elektron-Loch-Symmetrie vor einem P T -Bruch geschützt sind, so können diese Randzustände für beide Fälle in Abbildung 3.12 ab dem Wertebereich γ > γc nicht mehr auftreten. 5. Methoden zur Bestimmung des topologischen Phasenübergangs 5.1. Überlegungen zu einfache Kriterien Bisher fand die Unterscheidung der topologischen Phasen in beiden Modellen nur qualitativ statt. Dabei wird die Frage nach einer genauen Definition einer topologische Phase aufgeworfen. Für die isolierten Systeme lassen sich sowohl im SSH-Modell als auch im Kitaev-Modell die topologischen Phasen dadurch unterscheiden, dass Randzustände auftreten. Diese Randzustände sind dabei durch eine sichtbare Lokalisierung am Rand und einer verschwindenden Energie ausgezeichnet. Der erste und einfachste Ansatz einer Unterscheidung der topologischen Phasen 30 III. Verhalten topologischer Phasen in Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten 3 3 µ = 0.5 2 2 1 1 Im(E) Im(E) µ = 0.2 0 -1 0 -1 -2 -2 γc = 0.99 -3 0 0.5 1 1.5 γ γc = 0.83 2 2.5 3 -3 0 0.5 1 1.5 γ 2 2.5 3 Abbildung 3.12.: P T -Phasendiagramm für das Kitaev-Modell unter Verwendung der Parameter N = 200, t = 1.0 und ∆ = 0.5 und zwei unterschiedlicher Werte des chemischen Potentials µ. Markiert ist der jeweilige kritische Parameter γc , an dem ein vollständiger P T -Bruch stattfindet und alle Energien komplex werden. Der kritische Punkt ist vom chemischen Potential abhängig. ist das Auftreten einer Nullenergie. Dieser Ansatz führt für beide Systeme im isolierten Fall zum Erfolg. Es ist jedoch nicht klar, ob dies auch im Falle eines nichthermiteschen Hamiltonoperators, der im Allgemeinen komplexe Energieeigenwerte besitzt, anwendbar ist. Die nächste Überlegung besteht darin, die topologischen Phasen im nichthermiteschen Fall an Hand der Real- und Imaginärteile der Energie zu unterscheiden. Dies führt jedoch für alle der zuvor analysierten Potentiale U1 , U2 und U4 zu Widersprüchen zwischen den beiden Systemen. Für das SSH-Modell brechen die Randzustände die P T -Symmetrie, besitzen somit eine komplexe Energie, im Falle des Kitaev-Modells sind die Randzustände durch die Elektron-Loch-Symmetrie vor einem P T -Bruch geschützt und weisen daher rein reelle Energien auf. Als weitere Unterscheidungsmöglichkeit der topologischen Phasen dient die Lokalisierung eines Zustandes. Dies basiert jedoch auf einer sehr qualitativen Aussage, denn eine genaue Definition, wie groß der Rand bzw. die Lokalisierung an diesem sein muss, um von einem Randzustand zu sprechen, ist nicht vorgegeben. Ein weiteres Problem besteht darin, dass im Falle des SSH-Modells P T -gebrochene Zustände auftreten, welche am Rand lokalisiert sind, jedoch einen Realteil der Energie besitzen der nichtverschwindend ist, siehe dazu Abbildung 3.5. Um dennoch eine Aussage der einzelnen topologischen Phasen der Systeme im Falle eines Gewinn- und Verlusteffektes machen zu können, gibt es die Möglichkeit, beide Systeme getrennt zu betrachten und eine spezifische Definition der topologischen Randzustände anzugeben. Für den Fall des SSH-Modells wäre diese Definition dadurch gegeben, dass die Energien der Zustände rein imaginär sind. Es gilt damit die Bedingung Re( Ei ) = 0 und |Im( Ei )| > 0 , (3.8) wobei die Energie Ei dem Eigenwert des i-ten Zustandes entspricht. Für die Potentiale U1 , U2 und U4 sind in Abbildung 3.13 die topologischen Phasendiagramme für ein System der Größe N = 200 und den Parametern t = 1.0, ∆ = 0.3 nach der Bedingung (3.8) aufgetragen. Dabei wurde für ein festgehaltenen Wert von γ der Parameter Θ so lange von 0 → π variiert, bis die Bedingung (3.8) nicht mehr erfüllt ist. Abbildung 3.13 zeigt auf, dass sich das SSH-Modell in Verbindung mit den Potentialen U1 , U2 und U4 unter der Bedingung (3.8) gleich verhält. Der Wert Θ = 0.5π ist dabei unabhängig vom Potential und Stärke des Gewinn- und Verlusteffektes der kleinste Wert, welcher die Bedingung (3.8) erfüllt. Reicht diese Bedingung aus, um die topologischen Phasen im 31 5. Methoden zur Bestimmung des topologischen Phasenübergangs 1 U1 U2 U4 Θ[π] 0.8 0.6 0.4 0.2 0 0 0.5 1 γ 1.5 2 A b b i l du n g 3 . 1 3 . : Topologisches Phasendiagramm für das SSH-Modell in Verbindung mit den nichthermiteschen Potentialen U1 , U2 und U4 . Für jedes Potential wurden die Systemparameter N = 200, ∆ = 0.3 und t = 1.0 verwendet. Für jeden Wert γ wurde derjenige kleinste Wert von Θ gesucht, welcher die Bedingung (3.8) nicht erfüllt. SSH-Modell zu unterscheiden, so bleiben die topologischen Phasen unabhängig vom Potential und deren Stärken. Für das Kitaev-Modell gilt sowohl für das im Potential U1 , als auch im isolierten Fall, dass die Randzustände durch eine Elektron-Loch-Symmetrie und damit verbunden eine P T -Symmetrie charakterisiert sind. Die Energie dieser Zustände ist damit rein reell. Da im isolierten Falle diese Zustände einen verschwindenden Realteil besitzen, lautet die mögliche Bedingung im Kitaev-Modell |Re( Ei )| + |Im( Ei )| = 0 . (3.9) In Abbildung 3.14 wurde die Bedingung (3.9) für die Potentiale U1 , U2 und U4 aufgetragen. Dabei wurde für einen festgehaltenen Wert von γ das chemische Potential, ausgehend vom Wert µ = 0, so lange erhöht, bis (3.9) für keinen Energieeigenwert mehr erfüllt wird. Im Unterschied zum SSH-Modell treten für die Potentiale unterschiedliche Übergangspunkte γ(µ) auf, die einen Wechsel zwischen der Erfüllung und Nichterfüllung von Bedingung (3.9) einläuten. Bleiben die Eigenschaften der Zustände bestehen, die im isolierten Fall die topologisch nichttriviale Phase charakterisieren, so ändert sich für die Potentiale U2 und U4 die Grenze zwischen den topologischen Phasen, während für das Potential U1 die topologischen Phasen unverändert zum isolierten Fall bleiben. Ausgehend vom Standpunkt, dass im isolierten Kitaev-Modell zwei Randzustände in der topologisch nichttrivialen Phase auftreten und somit nach der Bedingung (3.9) den gleichen Energieeigenwert besitzen, liegt eine Entartung der Energie vor. Berechnet man die Eigenzustände des Systems im Impulsraum, in dem periodische Randbedingungen gelten, so existieren dort keine Randzustände. Das Energiespektrum der Volumenzustände im Impulsraum schließt dennoch an gewissen Stellen die Bandlücke. Diese Punkte sind gleichzusetzen mit dem topologischen Phasenübergang und können durch einen exzeptionellen Punkt beschrieben werden [9]. Dieses Verfahren zur Unterscheidung der topologischen Phasen wird später ebenfalls untersucht. Letztendlich helfen diese einfachen Überlegungen aber nicht weiter. Es wird ein eindeutiges Kriterium in Form einer topologischen Invarianten benötigt, die nicht eine reine Übertragung des Wissens aus dem hermiteschen Fall darstellt. 32 III. Verhalten topologischer Phasen in Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten 2 µ 1.5 1 U1 U2 U4 0.5 0 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 γ Abbildung 3.14.: Topologisches Phasendiagramm für das Kitaev-Modell in Verbindung mit den nichthermiteschen Potentialen U1 , U2 und U4 . Für jedes Potential wurden die Systemparameter N = 200, ∆ = 0.5 und t = 1.0 verwendet. Für jeden Wert γ wurde derjenige kleinste Wert von µ gesucht, welcher die Bedingung (3.9) nicht erfüllt. 5.2. Topologische Invariante im nichthermiteschen Fall In diesem Abschnitt soll eine physikalische Formulierung einer topologischen Invarianten vorgestellt werden, die für alle Systeme mit nichthermiteschen Potential gültig ist. Wie die vorherigen Ergebnisse aufgezeigt haben, ist es dringend notwendig, eine Definition einer topologischen Invarianten für nichthermitesche Systeme zu finden. Eine Unterscheidung der topologischen Phase in nichthermiteschen Systemen allein durch Betrachtung der Energiespektren und Eigenzustände ist kein Verfahren, welches erfolgversprechend ist. Allein für die zwei in dieser Arbeit betrachteten Modelle existieren unterschiedliche Bedingungen (3.8), (3.9) die erfüllt werden müssen, um die Parameterbereiche zu unterscheiden, an denen Randzustände auftreten können, die dasselbe Verhalten aufzeigen wie die topologischen Randzustände im isolierten Fall. Im hermiteschen Fall existiert in eindimensionalen Systemen die topologische Invariante der Zak-Phase (2.29). Es ist jedoch nicht klar, ob diese Definition der topologischen Invarianten direkt auf ein nichthermitesches Problem übertragen werden kann, oder ob eine derartige topologische Invariante überhaupt noch existiert. Da zur Berechnung der in (2.29) definierten Zak-Phase die Zustände des Systems im Impulsraum benötigt werden, wird im Folgenden die Fouriertransformation der Potentiale U2 und U4 präsentiert. Für das Gewinn- und Verlustpotential U1 liegt dabei keine analytische Transformation in den Impulsraum vor, sodass sich dieses Potential zur Diskussion einer allgemein gültigen topologischen Invariante in nichthermiteschen Systemen nicht eignet. 5.3. Fouriertransformation der Potentiale U2 und U4 In einem ersten Schritt sollen die Potentiale U2 und U4 für das Kitaev-Modell fouriertransformiert werden. Dies ist später für die Berechnung der Zak-Phase notwendig. Fouriertransformation von U2 Es soll das Potential U2 in den Fourierraum transformiert werden. Das Potential (3.3) lässt sich mit Hilfe der Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren aus (2.40) im k-Raum schreiben als U2 = i γ 2 ∑ bk† bq k,q N ∑ n =0 1 (−1)n ein(k−q) N 33 5. Methoden zur Bestimmung des topologischen Phasenübergangs =i =i N 1 iπn in(k−q) e e N γ 2 ∑ bk† bq ∑ γ 2 ∑ bk† bq δq,k+π = i 2 ∑ bk† bk+π . n =0 k,q γ k,q k Es ergibt sich somit für das Potential U2 im Fourierraum U2 = i γ π † ∑ bk bk + π . 2 k=− π (3.10) Da der Vernichtungsoperator bk+π auftritt, ist die Verwendung der Nambu-Spinoren nach (2.44), ψk = bk† b− k , nicht mehr möglich. Es bietet sich an, einen neuen vierdimensionalen Spinor der Form bk† b− k Φ= bπ − k bk†−π (3.11) einzuführen. Dabei muss beachtet werden, dass die Summe aller Impulse in der ersten BrillouinZone nun über das Intervall π ∑ k =−π π/2 → ∑ (3.12) k =0 gebildet werden muss. Die Einführung der neuen Basisspinoren aus (3.11) macht eine neue Betrachtung des ungestörten Anteils des Kitaev-Hamiltonoperators aus (2.34) notwendig. Die einzelnen Terme des Hamiltonoperators wurden bereits in den Gleichungen (2.41) - (2.43) Fourier-transformiert. Der gesamte Hamiltonoperator, inklusive des Potentials U2 , lässt sich dann im k-Raum schreiben als π HK = ∑ k =−π † ik e . (µ/2 + t cos(k)) bk† bk + iγbk† bk+π + i∆ bk b−k eik − bk† b− k (3.13) In der Basis der Spinoren Φ aus (3.11) ergibt sich dann µ/2 + t cos(k ) 2∆ sin(k ) 0 −iγ π/2 2∆ sin(k ) −µ/2 − t cos(k) iγ 0 Φ . (3.14) Hk = ∑ Φ† 0 iγ −µ/2 + t cos(k) −2∆ sin(k) k =0 −iγ 0 −2∆ sin(k) µ/2 − t cos(k ) Fouriertransformation von U4 In diesem Abschnitt soll das Potential U4 aus (3.4) fourriertransformiert werden. Dazu schreibt man U4 = − iγ 2 N/2−1 ∑ n =0 N/2 = 34 c†n cn + iγ N iγ −1 iγ † c c = − c†n cn + n ∑ ∑ n 2 n= N/2 2 n=− N/2 2 iγ iγ c†n cn sign(n) = ∑ 2 n=− N/2 2N N/2 ∑ π ∑ n=− N/2 k,q=−π N/2 ∑ c†n cn n =0 ein(k−q) bk† bq sign(n) III. Verhalten topologischer Phasen in Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten = bk† bq i iγ π γ π † b b = − . k q 2 k,q∑ k−q 2 k,q∑ k−q =−π =−π (3.15) Offensichtlich ist das Potential (3.15) nicht diagonal im Impulsraum. Die analytische Berechnung der Eigenzustände des Potentials (3.15) in Verbindung mit dem Hamiltonoperator (2.45) bleibt damit verwehrt. Fouriertransformationen der Potentiale U2 und U4 im SSH-Modell Das Potential U2 lautet in der Basisdarstellung (2.49) U2 = i γ N † γ N † c c − i c B,n c B,n A,n A,n 2 n∑ 2 n∑ =0 =0 und damit im Impulsraum U2 = i γ π † γ π † b A,k b A,k − i ∑ ∑ bB,k bB,k . 2 k=−π 2 k=− π (3.16) Für das Potential U4 ergibt sich dasselbe Problem wie für das Kitaev-Modell. Auch im SSH-Modell ist das Potential U4 nicht diagonal in der Basisdarstellung (2.49) und somit nicht weiter geeignet für analytische Untersuchungen. 6. Die Zak-Phase Das Ziel dieses Abschnittes ist es, einen analytischen Ausdruck zur Unterscheidung der einzelnen topologischen Phasen zu untersuchen. Explizit soll hier die Zak-Phase aus Gleichung (2.29) bestimmt werden. Dafür ist zunächst eine Erweiterung dieser auf nichthermitesche Systeme notwendig. Im recht einfachen Fall des SSH-Modells mit dem Potential U2 gelingt die Auswertung rein analytisch, wie bereits in [16] gezeigt wurde. Damit auch Fälle zugänglich sind, die sich nicht mehr analytisch berechnen lassen wird anschließend ein numerisches Verfahren entwickelt, vorgestellt und seine Richtigkeit durch den Vergleich mit der analytischen Lösung nachgewiesen. Auch wenn das wesentliche Thema dieser Arbeit die Betrachtung von P T -Symmetrie und topologisch nichttrivialen Phasen ist, soll anschließend gezeigt werden, dass der gewonnene Weg zur Bestimmung der topologischen Invarianten nicht auf P T -symmetrische Potentiale beschränkt ist, sondern auch für reine Verlustpotentiale verwendet werden kann. Das wird am Kitaev-Modell gezeigt. Hier kann ebenfalls durch eine gründliche Betrachtung ein analytischer Weg gefunden werden. 6.1. Das SSH-Modell In diesem Abschnitt soll die Zak-Phase (2.29) für das Potential U2 in den beiden Fällen γ = 0 und γ 6= 0 berechnet werden. Dabei wird zuerst das SSH-Modell betrachtet, da in diesem Fall bereits eine analytische Lösung vorliegt [16], an der man sich orientieren kann. Um die Zak-Phase berechnen zu können, benötigt man die Eigenzustände im Impulsraum. Als Ausgangspunkt dient daher das fouriertransformierte SSH-Modell aus Gleichung (2.54) für den Fall γ = 0, π HSSH = ∑ k =−π ψ† 0 t− + t+ eik ψ t− + t+ e−ik 0 (3.17) 35 6. Die Zak-Phase mit t± = t (1 ± ∆ cos(Θ)). Im Folgenden soll die Zak-Phase für diesen Fall analytisch berechnet werden. Dazu wird die Matrixdarstellung H des Hamiltonoperators mit Hilfe der Pauli-Matrizen σx = 0 1 1 0 σy = 0 −i i 0 σz = 1 0 0 −1 (3.18) umgeschrieben: H(k) = (t− + t+ cos(k))σx − t+ sin(k)σy . (3.19) Da es sich dabei um eine 2 × 2-Matrix handelt, ist es immer möglich, diese in eine Linearkombination der Einheitsmatrix, 1 0 1= , (3.20) 0 1 und der Pauli-Matrizen (3.18) zu zerlegen. Die Matrix lässt sich somit schreiben als HK (k ) = σ · N + a · 1 , (3.21) wobei der Vektor σ = (σx , σy , σz )T alle Pauli-Matrizen enthält und N = ( x, y, z)T ein dreidimensionaler Vektor ist. Im Falle der Matrix H(k ) aus (3.19) ergibt sich damit explizit t− + t+ cos(k ) N = −t+ sin(k ) . 0 HK (k ) = σ · N mit (3.22) Allgemein kann gezeigt werden, dass jede 2 × 2-Matrix A der Form r sin(ϑ ) cos( ϕ) α = r sin(ϑ ) sin( ϕ) r cos(ϑ ) A = σ·α mit (3.23) die beiden Eigenvektoren |n+i = e−iϕ cos(ϑ/2) sin(ϑ/2) , |n−i = −e−iϕ sin(ϑ/2) cos(ϑ/2) (3.24) besitzt. Um die Eigenzustände der Matrix (3.22) direkt mit (3.24) vergleichen zu können, muss der Vektor N wie folgt transformiert werden, x t− + t+ cos(k ) r sin(ϑ ) cos( ϕ) ! N = y = −t+ sin(k ) = r sin(ϑ ) sin( ϕ) . r cos(ϑ ) z 0 (3.25) Offensichtlich handelt es sich hierbei um ein Analogon des Übergangs von dreidimensionalen kartesischen Koordinaten hin zu sphärischen Kugelkoordinaten. Dieser Übergang ist bekannt und lautet ! q z r = x 2 + y2 + z2 , ϕ = arctan(y/x ) , ϑ = arccos p , (3.26) x 2 + y2 + z2 sowie speziell für den Fall (3.25) r (k) = 36 q t2− + t2+ + 2t+ t− cos(k) , (3.27) III. Verhalten topologischer Phasen in Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten t+ sin(k ) ϕ(k) = arctan − t− + t+ cos(k ) , (3.28) ϑ = arccos(0) = π/2 . (3.29) Damit ergeben sich die Eigenzustände √1 e−iϕ(k) 2 √1 2 |n+i = − √12 eiϕ(k) ! |n−i = , ! √1 2 (3.30) mit ϕ(k ) aus (3.28). Da nun die Eigenvektoren vorliegen, kann die Zak-Phase (2.29) Γ=i I BZ hn(k)|∂k |n(k)i bestimmt werden. Man berechnet i hn+ |∂k |n+ i = − ∂k ϕ(k ) , 2 I Γ=i = BZ Z 1 π 2 1 π ∂ ϕ(k ) dk 2 −π k 1 t+ (t+ + t− cos(k)) 2 2 dk = π 1 + sign [ t − t ] + − 2 t2+ + t2− + 2t+ t− cos(k ) Z hn+ |∂k |n+ i = −π (3.31) und somit als Endergebnis Γ= π, t2+ > t2− , π/2, 0, t2+ = t2− , t2+ < t2− (3.32) . Setzt man t± = t(1 ± ∆ cos(Θ)) explizit in (3.32) ein, so ergibt sich |Θ| < π/2 , π, Γ = π/2, Θ = π/2 , 0, |Θ| > π/2 . (3.33) Mit Hilfe von (3.33) lassen sich somit die beiden Bereiche der topologisch verschiedenen Phasen ablesen. So befindet sich das SSH-Modell für |Θ| < π/2 in der topologisch nichttrivialen Phase und für |Θ| > π/2 in der topologisch trivialen Phase. Zak-Phase für das Potential U2 Ausgangspunkt ist wieder die Matrix (3.17), jedoch wird in diesem Fall zusätzlich das Gewinn- und Verlustpotential U2 dazugeschaltet. Dabei lautet das Potential U2 für den Fall des SSH-Modells (3.16) und damit in der Basis (2.49) iγ/2 t− + t+ eik H(k) = (3.34) t− + t+ e−ik −iγ/2 oder H(k) = ic a + ib a − ib −ic (3.35) mit den Abkürzungen a = t− + t+ cos(k) , b = t+ sin(k ) , c = γ/2 . 37 6. Die Zak-Phase Die Eigenvektoren der Matrix (3.35) lauten |r1 (k)i = −ic − √ a2 + b2 − c2 a − ib |r2 (k)i = , −ic + √ a2 + b2 − c2 a − ib . (3.36) Da der Hamiltonoperator nicht hermitesch ist, H 6= H† , reicht die euklidische Normierungsbedingung (3.37) hr1 (k) | r1 (k)i = 1 nicht mehr aus, viel mehr müssen zusätzlich zu den rechtsseitigen Eigenvektoren (3.36) auch die dazugehörigen linksseitigen Eigenvektoren berechnet werden, um dem in Abschnitt 1 besprochenen Wahrscheinlichkeitspostulat der nichthermiteschen Quantenmechanik gerecht zu werden. Das heißt, es müssen die Eigenvektoren der Matrix H† berechnet werden, † H (k) = −ic a(k ) + ib(k ) a(k ) − ib(k) ic , (3.38) woraus die linksseitigen Eigenvektoren |`1 (k)i = ic − p a2 + b2 − γ2 a − ib , |`2 (k)i = ic + p a2 + b2 − γ2 a − ib (3.39) folgen. Die Orthonormierungsbedingung lautet dann `i (k) r j (k) = δij , i, j = 1, 2 . (3.40) Die Berechnung der normierten Eigenzustände im dualen Raum |ri i , |`i i ist möglich, jedoch sehr unübersichtlich, sodass auf eine Angabe dieses Zwischenergebnisses hier verzichtet wird. Da es sich bei dem Hamiltonoperator (3.35) um eine nichthermitesche Matrix handelt, kann es neben der Entartung der Eigenwerte auch zu einer Entartung der zugehörigen Eigenzustände kommen. Man spricht dann von einem exzeptionellen Punkt, oft mit den Buchstaben EP abgekürzt. An einem exzeptionellen Punkt ist die Matrix (3.35) nicht invertierbar, was dem Wert einer Determinante von 0 entspricht. Die Determinante der Matrix (3.35) lässt sich leicht berechnen und lautet det H = c2 − a2 − b2 . (3.41) Gilt c2 = a2 + b2 , so verschwindet die Determinante und es liegt ein exzeptioneller Punkt vor. Da die einzelnen Parameter noch vom Impuls k abhängen, kann eine Bedingung für den exzeptionellen Punkt in Abhängigkeit von k gefunden werden, c2 = a2 + b2 , γ2 = t2+ + t2− − 2t+ t− cos(k) , 4 2 t+ + t2− − γ2 . kep = arccos 8t+ t− (3.42) Je nach Parameterwerten von ∆, Θ und γ kann kep auf der reellen Achse zwischen 0 . . . 2π, also in der Brillouin-Zone liegen. Dies ist dahingehend problematisch, da am exzeptionellen Punkt die Eigenvektoren zu sich selbst orthogonal werden, das heißt, am exzeptionellen Punkt gilt h`i | ri i = 0 , 38 (3.43) III. Verhalten topologischer Phasen in Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten sodass die Normierungsbedingung (3.40) nicht mehr erfüllbar ist. Das Problem der Selbstorthogonalität ist vor allem numerisch eine Herausforderung, siehe dazu auch Abschnitt 6.2. In der folgenden analytischen Betrachtung spielt es keine große Rolle. Die Zak-Phase lässt sich für das SSH-Modell zusammen mit dem Gewinn- und Verlustpotential U2 immer noch analytisch angeben, jedoch nur unter sehr großem Aufwand. Dabei muss zusätzlich beachtet werden, dass die Normierung gemäß der Bedingung (3.40) in die Berechnung der Zak-Phase eingebunden werden muss, Γi = i I BZ h`i |∂k |ri i dk . (3.44) Normiert man die Eigenvektoren aus (3.36) und (3.39) gemäß (3.40) ergibt sich Γ1 = Γ2 = I BZ 2(t2− + t2+ − γ2 4 2(t2− + t2+ − γ2 I BZ 4 t+ (t+ + t− cos(k )) q + 2t− t+ cos(k)) − i γ2 t2− + t2+ − t+ (t+ + t− cos(k )) q + 2t− t+ cos(k)) + i γ2 t2− + t2+ − γ2 4 + 2t− t+ cos(k) γ2 4 + 2t− t+ cos(k) dk , (3.45a) dk . (3.45b) Dabei ist erkennbar, dass für nichtverschwindendes γ die Zak-Phase im Allgemeinen nicht rein reell ist, sondern auch einen Imaginärteil besitzt. In der Definition (2.29) der Zak-Phase kann dieser Imaginärteil durch die Normierungsbedingung der hermiteschen Quantenmechanik nicht auftreten. Interpretieren lässt sich der Imaginärteil der Zak-Phase als dissipativer Effekt, der durch das geometrische Potential induziert wird [16]. Die beiden Integrale aus (3.45a) und (3.45b) besitzen jedoch ein weiteres grundlegendes Problem. Sie divergieren, sobald ein exzeptioneller Punkt vorliegt, das heißt sobald die Bedingung k = kep aus (3.42) erfüllt ist. Folgt man dem Vorschlag aus [16] und führt eine globale Zak-Phase ein, Γges = Γ1 + Γ2 , 2 (3.46) so treten beide Probleme nicht auf. Die Definition (3.46) liefert aber immer noch die gesuchte topologische Invariante [16]. Man erhält Γges = I BZ t2 − t+ (t+ + t− cos(k )) + t2+ − γ2 4 + 2t− t+ cos(k) dk . (3.47) Da der Integrand sowohl für die einzelnen Zak-Phasen Γ1 , Γ2 als auch für die globale Zak-Phase Γges analytisch vorliegt, kann das Ergebnis sehr einfach mithilfe einer numerischen Integration bestimmt werden. Dazu wird für die Integration die Trapezregel ! Z x2 N −1 1 1 b−a f ( x ) dx = h f ( a) + f (b) + ∑ f ( a + jh) mit h = (3.48) 2 2 N x1 j =1 verwendet. Neben der analytischen Angabe des Integrals und der numerischen Auswertung lassen sich die Integrale und damit die Zak-Phasen mit einer aufwendigen Rechnung auch formal analytisch angeben. Dabei wird sich hierbei auf die Angabe der Lösung aus [16] beschränkt, η√ q−1 Γ1/2 = πΘ(q − 1) ± i yq K (y) + Π( x, y) (3.49) 2 q+1 mit den Abkürzungen q= t+ , t− η= γ , 2t− 39 6. Die Zak-Phase x= 4q , ( q + 1)2 y= 4q , ( q + 1)2 − η 2 dem elliptischen Integral erster Art K (y) = dk Z π/2 q 0 1 − y sin2 (k ) und dem elliptischen Integral dritter Art Π( x, y) = Z π/2 0 dk q . 2 (1 − x sin (k)) 1 − y sin2 (k) Die Auswertung der elliptischen Integrale gelingt dabei numerisch nicht schneller als die direkte numerische Berechnung des vollständigen Integrals (3.48). In Abbildung 3.15 sind neben der numerischen Integration von (3.45b), (3.45b) und (3.47) auch einzelne Punkte der analytischen Lösung aus (3.49) aufgezeigt. Die Abweichung zwischen den numerisch berechneten Werten und der analytischen Lösung ist dabei vernachlässigbar klein. Der analytische Ausdruck (3.49) hat den Vorteil, dass man einen sehr einfachen Ausdruck für die globale Zak-Phase erhält, der unabhängig vom Gewinn- und Verlustparameter γ ist, Γges = Γ1 + Γ2 = πΘ(q − 1) (3.50) und nur von der Heaviside-Funktion Θ(q − 1) abhängt. 6.2. Numerische Lösung Im Folgenden soll die Zak-Phase numerisch berechnet werden. Dies ist dann erforderlich, wenn die Normierung und/oder das Berrypotential h`i |∂k |ri i (3.51) nicht oder nur unter großem Aufwand analytisch darstellbar sind. Neben einer Ableitung und Integration gehen in der Zak-Phase (3.44) auch die Normierung und somit die Bedingung (3.40) in die Berechnung ein. Der erste Schritt besteht darin, die Eigenvektoren der Matrizen H (3.35) und H† (3.38) zu berechnen und dann das Skalarprodukt h`i |ri i auszuwerten. Dabei ist a priori nicht klar, ob die numerisch berechneten Eigenvektoren zueinander kompatibel sind, das heißt die Zuordnung |`1 i → |r1 i muss nicht gewährleistet sein. Um dieses Problem zu umgehen, werden die Beträge der Skalarprodukte verglichen und |r1 i wird mit |r2 i ausgetauscht, sofern die Bedingung | h`1 |r1 i | < | h`1 |r2 i | (3.52) erfüllt ist. Die numerische Normierung erfolgt dann durch |ri i = p 1 h`i |ri i |ri i , |`i i = 1 p h`i |ri i !∗ |`i i , (3.53) wobei für den linksseitigen Eigenvektor beachtet werden muss, dass die Norm im Allgemeinen komplex ist und somit die komplex konjugierte Wurzel des Skalarproduktes als Norm verwendet wird, denn h`i | ri i = (|`i i)† |ri i 40 III. Verhalten topologischer Phasen in Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten 1.2 0.5 0.8 ImΓ1 /π ReΓ1 /π a) 0.4 0 -0.5 0 Θ/π -1.5 0.5 1 1.8 b) -0.5 0 Θ/π 0.5 1 -1 -0.5 0 Θ/π 0.5 1 0 Θ/π 0.5 1 1 ImΓ2 /π ReΓ2 /π -1 1.5 1.2 0.6 0 0.5 0 -0.5 -0.6 -1 -0.5 0 Θ/π 0.5 1 0.1 c) ImΓges /π 1 ReΓges /π -0.5 -1 numerisch analytisch -1 0 0.5 0 -1 -0.5 0 Θ/π 0.5 1 0.05 0 -0.05 -0.1 -1 -0.5 A b b i l du n g 3 . 1 5 . : Links: Realteil der Zak-Phasen: a) (3.45a), b) (3.45b) und c) (3.47). Rechts: Die dazugehörigen Imaginärteile. Die analytischen Werte wurden aus Gleichung (3.49) gewonnen. Erkennbar ist die exzellente Übereinstimmung der numerischen Ergebnisse mit der analytischen Form und das eindeutige Ergebnis zur Charakterisierung der topologisch verschiedenen Phasen mit der globalen Zak-Phase nach (3.47) in c). 41 6. Die Zak-Phase =p 1 !∗ !∗ 1 p h`i |ri i h`i |ri i 1 h` |r i = 1 . = h`i |ri i i i h`i | |ri i Da am exzeptionellen Punkt der Eigenzustand Selbstorthogonalität aufzeigt, gilt für die Norm in der Umgebung des exzeptionellen Punktes h`i | ri i → 0 , N= p 1 h`i | ri i →∞, (3.54) sodass die Norm und damit auch die Zak-Phase in diesem Gebiet divergieren. Da jedoch sowohl die komplett analytische Lösung der Zak-Phase (3.49) als auch die numerische Integration des analytischen Berrypotentials (3.51) (siehe Abbildung 3.15) keinerlei Divergenzen aufzeigen, muss die Integration über die gesamte Brillouin-Zone, welche den exzeptionellen Punkt einschließt, die Divergenz aufheben. Das Vorgehen einer numerischen Integration besteht jedoch daraus, einzelne Punkte, die nach (3.54) bereits unendlich groß sind, aufzusummieren, wodurch sich eine divergierende Zak-Phase ergibt, sobald ein exzeptioneller Punkt für reelles k auftritt. In einer numerischen Rechnung kann man sich jedoch zu Nutze machen, dass man das Verhalten der Divergenz am exzeptionellen Punkt analytisch kennt. Um den exzeptionellen Punkt zu umgehen, betrachtet man daher zuerst das analytische Berrypotential der Zak-Phase aus (3.45a). Dieses lautet Vberry = 2(t2− + t2+ − γ2 4 t+ (t+ + t− cos(k )) q + 2t− t+ cos(k)) − iγ t2− + t2+ − γ2 4 (3.55) + 2t− t+ cos(k) und divergiert am exzeptionellen Punkt, also nach (3.42) bei 2 t+ + t2− − γ2 kep = arccos . 8t+ t− Entwickelt man das Berrypotential nahe des exzeptionellen Punktes in eine fraktionale Potenzreihe, so ergibt sich q sign(k − kep ) + c sign(k − kep ) |k − kep | + d(k − kep ) + O |k − kep |3/2 , Vberry = a + b q |k − kep | (3.56) wobei a, b, c, d komplexe Parameter sind. Das Verhalten der Reihenentwicklung (3.56) ist typisch für eine Norm/Funktion eines nichthermiteschen Systems, welches nahe am exzeptionellen Punkt ausgewertet wird. q Das Berrypotential divergiert mit der Ordnung 1/ |k − kep |. Da dies die typische Divergenz an einem exzeptionellen Punkt ist, kann man grundsätzlich immer den Ansatz der Form (3.56) wählen. Erinnert man sich jedoch daran, dass das Berrypotential noch über die gesamte BrillouinZone integriert werden muss, so stellt man fest, dass eine Divergenz dieses Typs integrabel ist. Dies ist leicht einzusehen, sofern man die Entwicklung des Berrypotentials aus (3.56) nahe am exzeptionellen Punkt integriert. Dabei wird das Integrationsgebiet so aufgeteilt, dass von links bis zum exzeptionellen Punkt integriert wird und dann vom exzeptionellen Punkt bis zu einer Grenze rechts davon. Zur Veranschaulichung dient Abbildung 3.16. Die Aufteilung lautet Z k2 k1 42 Vberry dk = Z kep k1 Vberry dk + Z k2 kep Vberry dk , (3.57) III. Verhalten topologischer Phasen in Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten kep k1 k2 Abbildung 3.16.: Schematische Darstellung des Integrationsweges, sofern ein exzeptioneller Punkt in der BrillouinZone liegt. Dabei sind die Bereiche links und rechts vom exzeptionellen Punkt getrennt anzusehen, sodass das Integral über den exzeptionellen Punkt effektiv in zwei Teilintegrale zerfällt. wobei k1 und k2 Punkte links respektive rechts vom exzeptionellen Punkt sind. Ausführung der Integrale (3.57) führt auf Z kep Z kep q sign(k − kep ) a ` + b` q Vberry dk = + c` sign(k − kep ) |k − kep | + d` (k − kep ) dk k1 k1 |k − kep | " # Z kep q 1 − c` kep − k + d` (k − kep ) dk = a ` − b` p kep − k k1 2 kep q 2 k 3/2 = a` k + 2b` kep − k + (kep − k) + d` − kep k 3 2 k1 ! q k2ep k21 2 3/2 = a` (kep − k1 ) − 2b` kep − k1 − c` (kep − k1 ) + d` kep k1 − − . 3 2 2 Außerdem Z k2 kep sign(k − kep ) ar + br q + cr sign(k − kep ) |k − kep | + dr (k − kep ) dk k1 |k − kep | # " Z kep q 1 + cr k − kep + dr (k − kep ) dk = ar + br p k − kep k1 2 k2 q 2 k 3/2 = ar k + 2br k − kep + cr (k − kep ) + dr − kep k 3 2 kep ! 2 q 2 k k 2 ep = ar (k2 − kep ) + 2br k2 − kep + cr (k2 − kep )3/2 + dr −k2 kep + 2 + . 3 2 2 Vberry dk = Z kep q Damit ergibt sich das Endresultat Z k2 k1 Vberry dk = a` (kep − k1 ) − 2b` + ar (k2 − kep ) + br q q 2 kep − k1 − c` (kep − k1 )3/2 + d` 3 2 k2 − kep + cr (k2 − kep )3/2 + dr 3 k2 kep k1 − − 1 2 2 ! k2ep k2 −k2 kep + 2 + 2 2 ! k2ep . (3.58) Die Parameter a`,r , b`,r , c`,r , d`,r sind bis zu diesem Zeitpunkt unbekannte Konstanten. Da es sich links und rechts vom exzeptionellen Punkt um jeweils vier unbekannte Konstanten handelt, benötigt man jeweils vier Punkte nahe am exzeptionellen Punkt, um einen vollständigen Satz an Bestimmungsfunktionen zu erhalten. Im Bereich des exzeptionellen Punktes treten bereits numerische Ungenauigkeiten der Norm auf, sodass diese vier Bestimmungspunkte nicht die numerisch nächstliegenden vier Punkte links bzw. rechts vom exzeptionellen Punkt sein können. Jedoch dürfen diese Bestimmungspunkte auch nicht zu weit entfernt vom exzeptionellen Punkt 43 6. Die Zak-Phase liegen, da sonst die Reihenentwicklung (3.56) nicht mehr gilt. In der numerischen Berechnung hat sich bewährt, die Brillouin-Zone in 20.000 äquidistante Punkte zu unterteilen und k1 bzw. k2 so zu wählen, dass diese jeweils 100 Punkte vom exzeptionellen Punkt entfernt liegen. Abfolge der numerischen Berechnung Im Folgenden soll ein schematischer Ablauf der numerischen Berechnung der Zak-Phase angegeben werden, die in Kurzform auch in Abbildung 3.17 zu sehen ist. 1. Schritt 1 ist das Unterteilen der Brillouin-Zone in 20.000 äquidistante k-Schritte. Das heißt, ein Schritt i hat die Länge 2π . (3.59) L= 20.000 Der erste Impulswert liegt bei k = 0, sodass eine endliche Anzahl (hier 20.000) an Punkten zwischen k = 0 . . . 2π zur Berechnung der Zak-Phase hinzugezogen werden. 2. Da die numerischen Ergebnisse zum Testen für das vorliegende Modell mit den analytischen aus Abbildung 3.15 verglichen werden sollen, wird der Winkel Θ als variabler Parameter angesehen und das Ergebnis der Zak-Phase folglich über diesen Winkel aufgetragen. Für jedes Θ wird erst überprüft, ob ein exzeptioneller Punkt in der Brillouin-Zone vorliegt, d.h. ob die Determinante aus (3.41) Null ist. Da der exzeptionelle Punkt bei einer endlichen Anzahl an Schritten innerhalb der Brillouin-Zone nie exakt getroffen wird, wird auch die Determinante (3.41) nie exakt Null, vielmehr zeigt diese einen Nulldurchgang und damit ein Vorzeichenwechsel, welcher sich leicht numerisch bestimmen lässt, indem man den Wert der Determinante des aktuellen Schrittes i mit dem des vorherigen Schrittes i − 1 multipliziert, det Hi · det Hi−1 ≶ 0 . (3.60) Ist der Wert aus (3.60) kleiner als 0, so liegt ein exzeptioneller Punkt zwischen den Schritten i und i − 1 vor und wird weiter approximiert, indem man annimmt, dass dieser genau zwischen dem Schritt i und i − 1 auftritt, sodass der Wert des exzeptionellen Punktes als kep = L(i − 1/2) bzw. icrit = i (3.61) abgeschätzt wird, wobei L aus Gleichung (3.59) verwendet wird. Da mehrere exzeptionelle Punkte innerhalb der Brillouin-Zone liegen können, werden alle Werte des exzeptionellen Punktes in einem Vektor gespeichert. 3. Da nun alle exzeptionellen Punkte innerhalb der Brillouin-Zone berechnet wurden, kann die eigentliche Berechnung der Zak-Phase angegangen werden. Dabei muss zuerst unterschieden werden, ob man den kritischen Abstand zum exzeptionellen Punkt unterschritten hat, oder nicht. Der kritische Abstand an einem exzeptionellen Punkt liegt dabei bei dcrit = 100 (3.62) für eine Gesamtanzahl von 20.000 Schritten. Je nachdem, ob die Bedingung |i − icrit | < dcrit (3.63) erfüllt ist oder nicht, befindet man sich in unterschiedlichen Bereichen. Dabei wird die Brillouin-Zone mit Hilfe der Bedingung (3.63) in verschiedene Bereiche unterteilt. Diejenigen 44 III. Verhalten topologischer Phasen in Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten EPs suchen BZ unterteilen i+1 überprüfe Schritt i kritischer Bereich linksseitige Fitparameter bestimmen unkritischer Bereich rechtsseitige Fitparameter bestimmen analytisch integrieren rechtsseitige & linksseitige Eigenvektoren berechnen rechtsseitige Eigenvektoren sortieren: hlij |rij i ≈ 1 normieren: hlij |rij i = 1 Berrypotential berechnen hlij |∂k |rij i numerisch integrieren + Endergebnis A b b i l du n g 3 . 1 7 . : Schematischer Ablauf zur numerischen Berechnung der Zak-Phase für den nichthermiteschen Fall. 45 6. Die Zak-Phase Bereiche, welche die Bedingung (3.63) nicht erfüllen, heißen unkritische Bereiche, alle anderen werden als kritische Bereiche bezeichnet. Als Beispiel betrachtet man Abbildung 3.16, in der sich der kritische Bereich zwischen k1 und k2 erstreckt. Liegen n exzeptionelle Punkte in der Brillouin-Zone, so existieren n kritische Bereiche und n + 1 unkritische Bereiche. Für den Fall, dass man sich in einem kritischen Bereich befindet, werden einige der nächsten Schritte übersprungen und die Vorgehensweise wird ab Punkt 8 fortgesetzt. 4. Zunächst werden für jeden Schritt i die rechtsseitigen Eigenvektoren |r1/2,i i der Matrix, sowie die zugehörigen linksseitigen Eigenvektoren |`1/2,i i der Matrix Hi berechnet. Die Eigenvektoren werden nach (3.52) gegebenenfalls korrigiert und daraufhin nach der Normierungsbedingung (3.40) normiert. 5. Um das Berrypotential zu berechnen, muss die Ableitung ∂k |r i numerisch berechnet werden. Da die Ableitung innerhalb einer kritischen Zone, also in der Nähe des exzeptionellen Punktes, sehr sensitiv von k abhängt, wurde eine finite Differenzenableitung mit 8. Ordnung Genauigkeit gewählt, d.h. 1 − 280 f ( x + 4h) + f ( x + 3h) − 15 f ( x + 2h) + 54 f ( x + 1h) h 4 1 4 1 5 f ( x − 1h ) + 5 f ( x − 2h ) − 105 f ( x − 3h ) + 280 f ( x − 4h ) , − h 4 1 1 | r i i −4 − | r i i +4 + | r i i +3 − | r i i −3 ∂ k |r ii ≈ L 280 105 4 1 + | r i i −2 − | r i i +2 + | r i i +1 − | r i i −1 5 5 f 0 (x) = 4 105 (3.64) 6. Der nächste Schritt besteht darin, die numerisch berechnete Ableitung (3.64) mit dem zugehörigen linksseitigen Eigenvektor zu multiplizieren, um das Berrypotential zu erhalten, VBerry,i = h`i |∂k |ri i . (3.65) 7. Befindet man sich nicht im kritischen Bereich, so wird in jedem Schritt das Berrypotential im Sinne der Trapezregel aufaddiert. Dabei ist es wichtig, die Länge und die Anzahl an Schritte zu kennen, die man benötigt, um einen unkritischen Bereich zu durchqueren. Da jedoch die kritischen Stellen icrit bekannt sind, lassen sich die Länge und Schrittanzahl der einzelnen Intervalle leicht berechnen. Als Beispiel betrachtet man zwei exzeptionelle Punkte innerhalb der Brillouin-Zone und die beiden kritischen Punkte sind gegeben durch 1 und i2 . Weiterhin soll der kritische Abstand zum exzeptionellen Punkt d icrit crit sein. Der crit 1 erste unkritische Bereich erstreckt sich dann von i = 0 . . . icrit − dcrit und besitzt die Länge 1 −d L · (icrit crit ) mit L aus (3.59). Der nächste unkritische Bereich erstreckt sich zwischen 1 2 −d 2 i = icrit + dcrit . . . icrit crit und der dritte und letzte Bereich lautet i > icrit + dcrit . Damit lässt sich für jeden Schritt i innerhalb eines unkritischen Bereichs das Berrypotential wie folgt aufsummieren, T j = T j −1 + Länge des unkritischen Bereichs j Anzahl der Schritte im unkritischen Bereich j VBerry,i , (3.66) wobei der Index j als Nummerierung der einzelnen Bereiche anzusehen ist. 8. 46 Innerhalb des kritischen Bereiches erfolgt die Berechnung des Berrypotentials mit Hilfe der Taylorentwicklung (3.56) und die Zak-Phase ergibt sich dann dementsprechend nach III. Verhalten topologischer Phasen in Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten Gleichung (3.58). Dazu müssen zunächst die unbekannten Konstanten a, b, c, d in (3.56) rechts und links des exzeptionellen Punktes getrennt berechnet werden. Um diese zu erhalten, werden die ersten vier (links vom exzeptionellen Punkt) bzw. letzten vier (rechts vom exzeptionellen Punkt) Punkte des kritischen Bereichs verwendet. Die Berechnung des Berrypotentials (3.65) für jeden der genannten Punkte führt dann auf ein Gleichungssystem q sign(k α − kep ) + c sign(k α − kep ) |k α − kep | + d(k α − kep ) = VBerry (k α ) a+b q |k α − kep | (3.67) für vier Datenpunkte α. Das Gleichungssystem wird numerisch gelöst und die Parameter a, b, c, d werden in die Gleichung (3.58) eingesetzt, wobei die Grenzen k1 und k2 wie folgt berechnet werden, j j j j k1 = icrit − dcrit , k2 = icrit + dcrit (3.68) mit dem Index j, der wiederum für den j-ten exzeptionellen Punkt steht. Für den gesamten kritischen Bereich in der Brillouin-Zone ergibt sich dann die Zak-Phase Γ= ∑ j Z kj 2 j k1 j VBerry ( a, b, c, d) . (3.69) Für jedes Integral müssen die rechts- und linksseitigen Koeffizienten a, b, c, d getrennt nach (3.67) berechnet werden. Das Ergebnis jedes einzelnen Integrals ist bereits bekannt, siehe Gleichung (3.58). 9. Als letzter Schritt wird die numerische Zak-Phase aller kritischen und unkritischen Bereiche aufaddiert. Es ergibt sich so das Endresultat als Addition von (3.69) und (3.66). Numerische Ergebnisse In diesem Abschnitt sollen die numerischen Ergebnisse der Zak-Phase mit der analytischen Lösung aus (3.49) verglichen werden. Das heißt der topologische Phasenübergang sollte unabhängig von der Gewinn- und Verluststärke γ bei Θ = π/2 liegen. Ein Vergleich mit Abbildung 3.18 bestätigt das numerische Vorgehen aus dem vorherigen Abschnitt, sodass nach numerischen Berechnungen der globalen Zak-Phase ein topologischer Phasenübergang Γges : 0→π am Punkt Θ = π/2 auftritt, wobei die globale Zak-Phase auf dem Phasenübergang den Wert Γglob = π/2 annimmt, was der analytischen Berechnung (3.50) entspricht. Dass die besondere numerische Behandlung der exzeptionellen Punkte innerhalb der BrillouinZone eine wichtige Rolle spielt, ist gut erkennbar, sofern man den exzeptionellen Punkt als normalen Punkt behandelt, denn dann divergiert das Berrypotential in seiner Nähe, vergleiche hierzu Abbildung 3.19. Dort wurden die Parameterwerte so gewählt, dass zwei exzeptionelle Punkte in der Brillouin-Zone auftreten. Erkennbar ist das divergierende Verhalten des Berrypotentials am exzeptionellen Punkt, was eine Integration über die gesamte Brillouin-Zone nur mit großen Ungenauigkeiten ermöglicht. Das Divergieren ist ausschließlich dem Auftreten von exzeptionellen Punkten zuzuschreiben. Um diese Aussage zu bestätigen, ist in Abbildung 3.20 ein Fall aufgetragen, für den die Determinante der Matrix H aus (3.34) keinen Nulldurchgang aufzeigt und somit kein exzeptioneller Punkt in der Brillouin-Zone auftaucht und damit auch das Berrypotential nicht divergent ist. Dabei liegt das Berrypotential in der gesamten Brillouin-Zone bei Größenordnungen von etwa 1. 47 6. Die Zak-Phase γ = 0.25 1 0.8 0.6 0.4 0.2 0 ReΓges ReΓges γ = 0.0 -1 -0.5 0 Θ/π 0.5 1 0.8 0.6 0.4 0.2 0 1 -1 -0.5 1 0.8 0.6 0.4 0.2 0 -1 -0.5 0 Θ/π 0.5 1 -1 -0.5 ReΓges ReΓges 0 Θ/π 0.5 1 0.5 1 γ = 3.0 1 0.8 0.6 0.4 0.2 0 -0.5 1 1 0.8 0.6 0.4 0.2 0 γ = 2.0 -1 0.5 γ = 1.0 ReΓges ReΓges γ = 0.5 0 Θ/π 0 Θ/π 0.5 1 1 0.8 0.6 0.4 0.2 0 -1 -0.5 0 Θ/π Abbildung 3.18.: Numerische Ergebnisse der globalen Zak-Phase (3.46) in Einheiten von π für die Potentialstärken γ = 0, 0.25, 0.5, 1, 2, 3. Deutlich zu erkennen ist, dass der Phasenübergang jeweils bei Θ = π/2 auftritt und durch den Wert der globalen Zak-Phase von π/2 gekennzeichnet wird. Alle korrespondierenden Imaginärteile der aufgezeigten Realteile sind über den gesamten Θ-Bereich Null. 6.3. Kitaev-Modell Im Folgenden sollen mit Hilfe der Zak-Phase (2.29) die beiden topologischen Phasen des KitaevModells unterschieden werden. Analytische Lösung für γ = 0 Zunächst soll die Zak-Phase im Kitaev-Modell für den Fall, dass kein Gewinn- und Verlustpotential anliegt, also γ = 0, berechnet werden. Da zur Bestimmung der Zak-Phase (2.29) die Eigenzustände im Impulsraum eingehen, dient als Ausgangspunkt der fouriertransformierte Hamiltonoperator des Kitaev-Modells aus Gleichung (2.45), π HK = ∑ k =0 ψ†k t cos(k ) + µ/2 2∆ sin(k ) ψk . 2∆ sin(k ) −t cos(k) − µ/2 Wiederum lässt sich der Hamiltonoperator als Produkt eines Vektors N und des Vektors der σ-Matrizen schreiben, HK (k ) = N · σ 48 (3.70) III. Verhalten topologischer Phasen in Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten 0.5 0 -0.5 -1 -1.5 -2 -2.5 -3 -3.5 -4 det(H) 0 0.5 1 k/π 1.5 2 1000 100 10 Re(VBerry ) Im(VBerry ) 1 0.1 0.01 0.001 0 0.5 1 k/π 1.5 2 A b b i l du n g 3 . 1 9 . : Oben: Determinante der Matrix H aus (3.34) für die Parameterwerte t = 1, ∆ = 0.3, Θ = 0.57π und γ = 0.8. Markiert sind die Nulldurchgänge der Determinante, welche als exzeptionelle Punkte identifiziert werden können. Unten: Berrypotential (3.51) in logarithmischer y-Skala für die gleichen Parameterwerte wie im oberen Bild. Die Linien symbolisieren die exzeptionellen Punkte. Erkennbar ist, dass in der Nähe der exzeptionellen Punkte das Berrypotential divergiert. mit x 2∆ sin(k ) , N = y = 0 z t cos(k ) + µ/2 σx σ = σy , σz (3.71) wobei die zugehörigen Eigenvektoren der Matrix (3.70) bereits aus (3.24) bekannt sind und wie folgt lauten: −iφ(k) −iφ(k) −e sin(Θ/2) e cos(Θ/2) |n+i = , |n−i = (3.72) cos(Θ/2) sin(Θ/2) mit 0 φ(k ) = arctan(y/x ) = arctan , t cos(k ) + µ/2 ! ! z t cos(k ) + µ/2 Θ(k ) = arccos p = arccos p . x 2 + y2 + z2 (2∆ sin(k))2 + (t cos(k) + µ/2)2 (3.73) (3.74) Für die Zak-Phase wird die Ableitung der Zustände nach dem Impuls k benötigt. Im Folgenden wird die Zak-Phase für den Eigenzustand |n+i betrachtet und o.B.d.A. 2∆ = t gesetzt, −iφ(k) ie sin(Θ/2)∂k φ(k ) − 21 e−iφ(k) cos(Θ/2)∂k Θ(k ) ∂k |n+i = (3.75) − 12 sin(Θ/2)∂k Θ(k) 49 6. Die Zak-Phase 0 det(H) -0.5 -1 -1.5 -2 -2.5 -3 -3.5 -4 0 0.5 1 k/π 1.5 2 0.7 0.6 0.5 0.4 Re(VBerry ) 0.3 Im(VBerry ) 0.2 0.1 0 0 0.5 1 k/π 1.5 2 Abbildung 3.20.: Oben: Determinante der Matrix H aus (3.34) für die Parameterwerte t = 1, ∆ = 0.3, Θ = 0.9π und γ = 0.8. Es existieren keine Schnittpunkte der Determinante mit der x-Achse und damit keine Nulldurchgänge, welche als exzeptionelle Punkte identifiziert werden könnten. Unten: Berrypotential (3.51) für die gleichen Parameterwerte wie im oberen Bild. und somit Γ= I BZ i hn + |∂k |n+i dk = Z 2π 0 sin2 (Θ/2)∂k φ(k ) dk . Für den Winkel φ gilt dabei nach (3.73) ( φ(k ) = arctan(y/x ) = arctan(0/x ) = 0, x>0 π, x<0 . (3.76) Da x = t sin(k ), folgt φ(k ) = πΘ(k − π ) mit der Heaviside-Funktion ( Θ( x ) = 0, x<0 1, x≥0 (3.77) . (3.78) Damit ergibt sich für die Zak-Phase Γ= Z 2π 0 π = 2 50 π sin (Θ/2)∂k φ(k ) dk = 2 Z 2π 0 2 Z 2π 0 (1 − cos(Θ))∂k Θ(k − π ) dk π (1 − cos(Θ))δ(k − π ) dk = 2 Z 2π 0 1− p t cos(k ) + µ/2 t2 + µ2 /4 + tµ cos(k ) ! δ(k − π ) dk , III. Verhalten topologischer Phasen in Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten wobei im letzten Schritt Gleichung (3.74) eingesetzt wurde. Das Integral lässt sich einfach auswerten ! 0, |µ| > 2|t| π µ/2 − t π µ/2 − t Γ= 1− p = 1− = π/2, µ = 2|t| . (3.79) 2 2 |µ/2 − t| t2 + µ2 /4 − tµ π, µ < 2|t| Nebendiagonalgestalt Die Berechnung der Zak-Phase (3.79) war nur durch die strikte Unterteilung (3.76) so einfach analytisch möglich. Sie lässt sich auf einem anderen Weg auch für Systeme, in denen eine solche Struktur nicht vorliegt, mit geringem Aufwand berechnen, falls der Hamiltonoperator Nebendiagonalgestalt besitzt. Betrachtet man also die Matrix H= z x − x −z x σx = 0 · σy , z σz (3.80) so befindet sich die Matrix H in Blochkugeldarstellung auf der x-z-Ebene, also auf der Schnittebene durch y = 0. Eine Kugel lässt sich immer so rotieren, dass die x-Achse auf die y-Achse und die z-Achse auf die x-Achse fällt. Da eine Rotation auf der Blochkugel stets durch die Gruppe der unitären SU(2)-Matrizen beschrieben wird, sollte es auch in diesem Fall möglich sein, die Matrix (3.80) auf Nebendiagonalgestalt zu bringen. Dabei kann jede 2 × 2-Matrix Ad mit Nebendiagonalgestalt durch die Pauli-Matrizen σx und σy ausgedrückt werden, sodass gilt Ad = a1 σx + a2 σy , a1 , a2 ∈ C . (3.81) Für die Matrix aus (3.80) erhält man die Nebendiagonalgestalt H̃ = 0 z − ix z + ix 0 . (3.82) Um diese Aussagen zu bestätigen, sucht man eine unitäre Matrix U aus SU(2), für die gilt U HU † = H̃ . (3.83) Als Ansatz für die unitäre Matrix U benutzt man die Erzeugenden der Gruppe SU(2) i U = e− 2 n · σ , (3.84) wobei n ein normierter Einheitsvektor ist. Da diese Normierung eingehalten werden muss, sind nur zwei der drei komplexen Komponenten dieses Vektors frei wählbar. Zusammen mit der Tatsache, dass eine Phase von U wirkungslos ist, ergeben sich drei reelle frei wählbare Parameter n1 , n2 , α, ein Kennzeichen der SU(2). Gleichung (3.84) lässt sich auch als Matrix darstellen U= cos(α/2) + in3 sin(α/2) (in1 + n2 ) sin(α/2) (in1 − n2 ) sin(α/2) cos(α/2) − in3 sin(α/2) . (3.85) Einsetzen von (3.85) in (3.83) ergibt ein Gleichungssystem, welches sich analytisch lösen lässt. Es ergibt sich 2 1 α= π, n1 = n2 = n3 = √ (3.86) 3 3 51 6. Die Zak-Phase und eingesetzt in (3.85) 1 U= 2 1 − i −(1 + i) 1−i 1+i . (3.87) Als nächstes soll die Auswirkung einer unitären Transformation des Hamiltonoperators auf die Zak-Phase untersucht werden. Dazu betrachten wir zunächst die stationäre Schrödingergleichung H |ψi = E |ψi , U † UHU † U |ψi = EU † U |ψi , U † H̃ |ψ˜ i = EU † |ψ˜ i , H̃ |ψ˜ i = E|ψ˜ i . Damit lautet die Zak-Phase nach der unitären Transformation I Γ= BZ hψ̃|∂k |ψ̃i dk = I † BZ hψ|U ∂k U |ψi dk = I BZ hψ|∂k |ψi dk . (3.88) Dabei wurde im letzten Schritt verwendet, dass die unitäre Matrix U aus (3.87) unabhängig von jeglichen Parametern ist. Damit steht auch fest, dass die Berechnung der Zak-Phase unabhängig von einer unitären Transformation des Hamiltonoperators ist, solange die Transformationsmatrix U nicht von k abhängt. Berechnung der Zak-Phase für die Nebendiagonalgestalt Die Erkenntnisse aus dem vorherigen Abschnitt können direkt auf die Matrix HK aus (2.45) übertragen werden. Das heißt, mit Hilfe der unitären Matrix (3.87) folgt t cos(k ) + µ/2 2∆ sin(k ) U U† 2∆ sin(k ) −t cos(k) − µ/2 0 t cos(k ) + µ/2 − i2∆ sin(k ) = t cos(k ) + µ/2 + i2∆ sin(k ) 0 und für den Spezialfall t = 2∆ H̃ = 0 t cos(k ) + µ/2 − it sin(k ) t cos(k ) + µ/2 + it sin(k ) 0 . (3.89) Die Eigenzustände von (3.89) lauten somit |n+i = −e−iφ(k) sin(Θ/2) cos(Θ/2) |n−i = , e−iφ(k) cos(Θ/2) sin(Θ/2) (3.90) mit den Winkeln φ(k ) = arctan(y/x ) = arctan t sin(k ) t cos(k ) + µ/2 Θ(k ) = arccos(0) = π/2 . Man berechnet die Zak-Phase 1 Γ=i hn + |∂k |n+i dk = 2 BZ I 52 Z 2π 0 ∂k φ(k ) dk , (3.91) (3.92) III. Verhalten topologischer Phasen in Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten 2π Z 1 2π 2t(2t + µ cos(k )) 1 (2t + µ) dk = k − 2 arctan cot ( k/2 ) 2 0 4t2 + µ2 + 4µt cos(k) 4 (2t − µ) 0 (2t + µ) (2t + µ) 1 π + arctan . cot(0) − arctan cot(π ) = 2 (2t − µ) (2t − µ) = (3.93) Um Gleichung (3.93) auszuwerten, betrachtet man zuerst die Werte des Kotangens cot(0) → ∞ , cot(π ) → −∞ . (3.94) Das Vorzeichen innerhalb des Arkustangens in (3.93) wird vom Term (2t + µ) (2t − µ) bestimmt, es müssen also die zwei Fälle (2t + µ) <0, (2t − µ) (2t + µ) >0 (2t − µ) unterschieden werden, was analog ist zu 2t < µ , 2t > µ . Das Ergebnis der Zak-Phase (3.93) lautet dann 0, Γ = π/2, π, (3.95) µ > 2t µ = 2t . (3.96) µ < 2t Wie zu erwarten war, unterscheidet sich das Ergebnis (3.96) nicht mit dem Ergebnis des unrotierten Falles (3.79). Die Zak-Phase für ein nichthermitesches P T -unsymmetrisches Potential Im Folgenden soll die Zak-Phase für ein Potential berechnet werden, das einen reinen Verlusteffekt beschreibt, also nicht P T -symmetrisch ist. Die Vorgehensweise ist dabei analog zur Berechnung für ein P T -symmetrischen Potential. Für den Fall, dass an jedem Gitterplatz des Systems der gleiche Verlusteffekt γ anliegt, lautet das Potential N − iγ ∑ c†n cn , (3.97) n =0 bzw. Fouriertransformiert π − iγ ∑ bk† bk . (3.98) k=−π Der Hamiltonoperator des Kitaev-Modells in Verbindung mit dem Potential (3.98) lautet somit π 2∆ sin(k ) † t cos( k ) + µ/2 − iγ ψk . HK = ∑ ψk 2∆ sin(k ) −t cos(k) − µ/2 + iγ k =0 Da es sich um einen nichthermiteschen Hamiltonoperator handelt, müssen wiederum die linksund rechtsseitigen Eigenvektoren getrennt berechnet werden, um der Forderung der nichthermiteschen Normierung nach (2.12) gerecht zu werden. Analytisch lässt sich die Berechnung 53 6. Die Zak-Phase der Eigenvektoren des Kitaev-Modells in Verbindung mit dem Verlustpotential aus (3.97) vereinfachen, indem man sie mit Hilfe der unitären Matrix (3.87) auf eine Nebendiagonalgestalt bringt. † H̃K = U HK U = 0 t cos(k) + µ/2 − iγ − it sin(k ) t cos(k ) + µ/2 − iγ + it sin(k ) 0 , (3.99) wobei t = 2∆ gesetzt wurde. Für den hermitesch konjugierten Hamiltonoperator ergibt sich auf gleiche Weise H̃K† = U HK† U † = 0 t cos(k ) + µ/2 − iγ − it sin(k) t cos(k ) + µ/2 − iγ + it sin(k ) 0 . (3.100) Unter Verwendung der Abkürzungen x = t sin(k ) und z = t cos(k) + µ/2 lauten die rechts- bzw. linksseitigen Eigenvektoren der Matrizen (3.99) und (3.100) p p 2 1 − − x2 − (z + iγ)2 1 − x − (z + iγ)2 , |r2 i = √ , |r1 i = √ x − iz + γ x − iz + γ 2 2 (3.101) 1 1 x + iz + γ x + iz + γ p , |`2 i = √ p 2 . |`1 i = √ − x − (z − iγ)2 2 − − x2 − (z − iγ)2 2 Mit Hilfe der Zustände (3.101) lässt sich berechnen: h`1 | ∂k | r1 i = h`2 | ∂k | r2 i = − i t(2t + (2iγ + µ) cos(k )) . 2 2 4t − (2γ − iµ)2 + 4t(2iγ + µ) cos(k ) Für die Zak-Phase (2.29) ergibt sich somit 1 Γ=i h`1 |∂k |r1 i dk = 2 BZ I Z 2π 0 4t2 2t(2t + (2iγ + µ) cos(k )) dk . − (2γ − iµ)2 + 4t(2iγ + µ) cos(k) Dieses Integral lässt sich wiederum analytisch lösen 1 1 Γ= k 2 2 1 2γ cos(k/2) + (2t − µ) sin(k/2) + arctan 2 (2t + µ) cos(k/2) + 2γ sin(k/2) 1 2γ cos(k/2) − (2t − µ) sin(k/2) − arctan 2 (2t + µ) cos(k/2) − 2γ sin(k/2) i + log 4(t2 + γ2 ) + µ2 + 4tµ cos(k) − 8tγ sin(k) 4 2π i 2 2 2 − log 4(t + γ ) + µ + 4tµ cos(k) + 8tγ sin(k) . 4 0 (3.102) Einsetzen der Grenzen k = 0 und k = 2π in (3.102) ergibt Γ=π. (3.103) Dies ist jedoch nicht das erwartete Ergebnis, denn die Betrachtung der Energiespektren zeigt, dass die topologische Phase und damit Verbunden auch der Wert der Zak-Phase abhängig von 54 III. Verhalten topologischer Phasen in Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten 3π 2 π arctan(x) tan(x) 6 0 π 2 0 − π2 -6 −π − 3π 2 −π − π2 0 x π 2 −3π 2 3π 2 π -6 0 x 6 A b b i l dung 3.21.: Die Tangens- und Arkustangens-Funktion und ihre verschiedene Zweige. den Parametern γ, µ und t ist. Um diesen Widerspruch aufzulösen, werden alle Terme aus Gleichung (3.102) getrennt betrachtet und genauer untersucht. Der Term 1 k 2 2π =π 0 ist dabei trivial auszuwerten. Auch die beiden Logarithmus-Terme liefern zusammen keinen Beitrag, i log 4(t2 + γ2 ) + µ2 + 4tµ cos(k ) − 8tγ sin(k) 4 2π i 2 2 2 − log 4(t + γ ) + µ + 4tµ cos(k) + 8tγ sin(k) =0. 4 0 Entscheidend für die Fallunterscheidung in (3.102) sind demnach die beiden ArkustangensTerme, wobei man beachten muss, dass man in der Auswertung die Integration entlang des korrekten Zweigs durchführt, was beim einfachen Einsetzen, wie für das Ergebnis (3.103) nicht berücksichtigt wurde. Die verschiedenen Zweige sind in Abbildung 3.21 veranschaulicht. Von nun an soll gelten f 1 (k ) = arctan( g1 (k )) mit f 2 (k ) = arctan( g2 (k )) mit 2γ cos(k/2) + (2t − µ) sin(k/2) , (2t + µ) cos(k/2) + 2γ sin(k/2) 2γ cos(k/2) − (2t − µ) sin(k/2) g2 = . (2t + µ) cos(k/2) − 2γ sin(k/2) g1 = Die vorhergehende Disskussion führt auf ein Endergebnis der Zak-Phase 1 1 1 Γ= π + f1 − f2 . 2 2 2 (3.104) (3.105) (3.106) Die Funktionen f 1 (k) und f 2 (k ) sind für einen Fall der topologischen trivialen/nichttrivialen Phase in Abbildung 3.22 respektive 3.23 aufgezeigt. Für die richtige Auswertung der Zak- 55 6. Die Zak-Phase g1 (k) 0 f1 k −π g2 (k) g1 f2 +π 0 k g2 A b b i l du n g 3 . 2 2 . : Links: Funktionen g1 und g2 aus den Gleichungen (3.104) und (3.105). Rechts: Anschauliche Darstellung des Arkustangenszweiges, auf dem man sich während des Integrationsweges k = 0 . . . 2π befindet. Dabei wurden die Parameter µ = 2.5, t = 1, ∆ = 2t und γ = 0.5 gewählt, was der topologisch trivialen Phase entspricht. Phase (3.106) ist der Integrationsweg ausschlaggebend. Als Beispiel wird von nun an der Fall der topologisch trivialen Phase ausgewählt, alle Bemerkungen beziehen sich damit auf die Abbildung 3.22. In der topologisch trivialen Phase erwartet man den Wert der Zak-Phase von Γ = 0. Für den Fall der topologisch trivialen Phase startet die Funktion f 1 (k ) bei einem positiven Wert für k = 0 und besitzt eine Nullstelle, welche vor der Polstelle liegt, betrachte dazu Abbildung 3.22 oben links. Für f 1 führt das auf den Startpunkt, der im Bild oben rechts durch das rote Rechteck markiert ist. Da sowohl f 1 als auch f 2 aus einem Arkustangens bestehen, ist die Polstelle des jeweiligen Arguments g1 (k ) bzw. g2 (k) ausgezeichnet durch einen Sprung. Folgt man der Funktion f 1 in Abbildung 3.22 oben links entlang der k-Achse und vergleicht für jeden Schritt k im zugehörigen Bild oben rechts den Zweig des Arkustangens von g1 , auf den man sich befindet, so findet man an der Polstelle einen Sprung von einem Zweig des Arkustangens zu einem anderen. Ein Übergang auf einen anderen Zweig ist dabei notwendig, um eine stetige Fortsetzung des Integranden über den Integrationsweg möglich zu machen. Anschließend folgt man dem Zweig bis zur Stelle k = 2π, was durch den roten Punkt im Bild oben rechts markiert ist und vergleicht den Abstand des jetzigen Zweiges des Arkustangens zum Zweig, auf dem man seinen Integrationsweg gestartet hat (blauer Pfeil). Wendet man die gleiche Vorgehensweise auch für die Funktion f 2 und den Fall der topologisch nichttrivialen Phasen an, vergleiche dazu Abbildung 3.23, so fallen zwei Dinge auf: 1. Die Nullstellen der Funktionen g1 und g2 liegen niemals beide vor bzw. nach der Polstelle. 2. Je nachdem, ob die Funktion f 1 oder f 2 entlang der Integration einen Sprung von π macht, ist das Ergebnis [ f 1/2 ]2π 0 = ±π . Da die Funktionen f 1 und f 2 niemals den gleichen Sprung vollziehen, ergibt sich für die Differenz der Funktionen, ausgewertet in den Grenzen 0 und 2π [ f 1 − f 2 ]2π 0 = ±2π 56 (3.107) III. Verhalten topologischer Phasen in Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten g1 (k) f1 +π 0 k g1 g2 (k) f2 0 k −π g2 A b b i l du n g 3 . 2 3 . : Links: Funktionen g1 und g2 aus den Gleichungen (3.104) und (3.105). Rechts: Anschauliche Darstellung des Arkustangenszweiges, auf dem man sich während des Integrationsweges k = 0 . . . 2π befindet. Dabei wurden die Parameter µ = 1, t = 1, ∆ = 2t und γ = 0.5 gewählt, was der topologisch nichttrivialen Phase entspricht. und damit für die Zak-Phase (3.106) 1 Γ = (π ± π ) = 2 ( 0 . (3.108) π Die Verhaltensweisen der Funktionen g1 und g2 an ihrer Polstelle erlauben also eine Fallunterscheidung nach (3.108). Dabei ist bis zu diesem Punkt noch nicht klar, inwiefern die Parameter t, µ und γ involviert sind. Um diese Unklarheit aufzulösen, ist es notwendig, die Funktionen f 1 und f 2 für die beiden Fälle der topologisch trivialen bzw. nichttrivialen Phase zu vergleichen. Für die Nullstelle der Funktion f 1 gilt dabei: • Triviale Phase: die Nullstelle liegt vor der Polstelle. • Nichttriviale Phase: die Nullstelle liegt nach der Polstelle. Für die Funktion f 2 gilt genau das entgegengesetzte Verhalten: • Triviale Phase: die Nullstelle liegt nach der Polstelle. • Nichttriviale Phase: die Nullstelle liegt vor der Polstelle. Der topologische Phasenübergang sollte daher an jenem Punkt liegen, an dem die Polstelle der jeweiligen Funktion f 1/2 mit ihrer Nullstelle zusammenfällt. Diese Bedingung lässt sich leicht berechnen, indem man das Argument des jeweiligen Arkustangens untersucht. Beispielhaft wird hier die Funktion f 1 betrachtet, 2γ cos(k/2) + (2t − µ) sin(k/2) . f 1 = arctan (2t + µ) cos(k/2) + 2γ sin(k/2) Die Aussage, dass sowohl Nullstelle, als auch Polstelle auf einem Punkt liegen, ist analog zu den Bedingungen 2γ cos(k/2) + (2t − µ) sin(k/2) = 0 , (3.109a) 57 7. Der topologische Phasenübergang als exzeptioneller Punkt (2t + µ) cos(k/2) + 2γ sin(k/2) = 0 . (3.109b) Aus Gleichung (3.109a) folgt cos(k/2) = µ − 2t sin(k/2) . 2γ (3.110) Einsetzen von (3.110) in (3.109b) führt zu sin(k/2) 1 µ2 − 4t2 + 4γ2 = 0 . 2 γ (3.111) Dabei ist Gleichung (3.111) nur dann erfüllt, wenn der Ausdruck in der Klammer verschwindet, denn es existiert kein k, für welches gilt cos(k/2) = sin(k/2) = 0. Auflösen der Gleichung (3.111) nach dem Parameter µ führt letztendlich auf die Bedingung q µ = ±2 t2 − γ2 (3.112) des topologischen Phasenüberganges. 6.4. Vergleich der Invarianten mit den einfachen Kriterien In diesem Abschnitt sollen die zuvor analytisch gefundenen Ergebnisse der topologischen Phasenübergänge für das Kitaev-Modell als auch für das SSH-Modell in Verbindung mit den nichthermiteschen Potentialen mit den Bedingungen (3.8) und (3.9) verglichen werden. Im Falle des SSH-Modells bestätigt die Berechnung der Zak-Phase für das Potential U2 das in Abbildung 3.13 dargestellte Verhalten. Die topologische Phase ist dabei unabhängig von der Stärke des Ein- und Auskoppeleffektes γ und der berechnete topologische Phasenübergang liegt bei |Θ| = 0.5π. Damit die Fouriertransformationen der einzelnen Potentiale analytisch gelingen konnte, wurde immer auf die Annahme der unendlich langen Kette, also N → ∞, gesetzt. Im Falle des KitaevModells mit reinem Verlustpotential ist der topologische Phasenübergangspunkt keine Konstante mehr, vielmehr zeigt dieser die Abhängigkeit µ(γ) aus Gleichung (3.112). In Abbildung 3.24 ist erkennbar, dass die Bedingung (3.9) erst für Systeme mit großer Gitterplatzanzahl gegen die analytische Lösung (3.112) konvergiert. Im Nachhinein lässt sich damit die Bedingung (3.9) begründen, jedoch ist das Aufstellen einer solchen Bedingung nur durch extensives Studieren des jeweiligen nichthermiteschen Systems und dessen Eigenzustände bzw. Eigenenergien möglich. Um die Lösung (3.112) zu erhalten, war es nur nötig, den Hamiltonoperator einer Fouriertransformation zu unterziehen und die zugehörigen Eigenzustände im Impulsraum zu berechnen. Im Allgemeinen ist die Bestimmung der topologischen Invariante nicht auf analytisch lösbare Probleme beschränkt. 7. Der topologische Phasenübergang als exzeptioneller Punkt Um den topologischen Phasenübergang in einem System zu bestimmen, existiert neben der zuvor aufgezeigten Berechnung einer Invarianten auch der Weg, den topologischen Phasenübergang durch das Auftreten eines exzeptionellen Punktes zu bestimmen. Für den Fall des isolierten KitaevModells wurde diese Methode bereits in [9] erfolgreich angewandt. Im folgenden Abschnitt soll das Verfahren aus [9] genauer erläutert werden und dann sowohl auf das reine Verlustpotential in Verbindung mit dem Kitaev-Modell, als auch auf das SSH-Modell mit und ohne Potential U2 , angewandt und auf Erfolg überprüft werden. 58 III. Verhalten topologischer Phasen in Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten N = 1000 N = 500 N = 200 N = 100 analytisch 2 µ 1.5 1 0.5 0 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 γ A b b i l du n g 3 . 2 4 . : Vergleich zwischen dem analytischen Ergebnis des Phasenübergangs aus (3.112) und der numerischen Berechnung nach (3.9) für verschiedene Systemgrößen N. Dabei wurde sowohl für die analytische als auch für die numerische Berechnung die Parameter t = 1 und 2∆ = t verwendet. Erkennbar ist, dass die numerischen Berechnungen für eine große Anzahl an Gitterplätzen gegen die analytische Lösung konvergiert. Im Falle der in dieser Arbeit betrachteten, isolierten Systeme, sind die Energien der topologisch stabilen Randzustände stets dadurch gekennzeichnet, dass sie energetisch innerhalb der Bandlücke liegen. Solche Randzustände treten nur dann auf, sofern offene Randbedingungen vorliegen. Bei der Fouriertransformation der Systeme in den Impulsraum impliziert man explizit durch kontinuierlich gewählte Impulse k das Vorliegen von periodischen Randbedingungen. Im fouriertransformierten Energiespektrum ist die topologisch nichttriviale Phase nicht durch eine durchgehende Nullenergie gekennzeichnet, dennoch lassen sich die topologischen Phasenübergänge mit Hilfe der Volumenzustände im Impulsraum identifizieren. Alle Parameter eines Bereichs, für den sich das Energiespektrum ohne Schließen der Energielücke ineinander überführen lassen, gehören zu einer Äquivalenzklasse die einer topologischen Invarianten zugeordnet werden kann. Anders ausgedrückt bedeutet dies, dass ein Schließen der Bandlücke im Impulsraum den topologischen Phasenübergang markiert. Für den Fall des isolierten Kitaev-Modells (2.45) ist das Energiespektrum für periodische Randbedingungen in Abbildung 3.25 aufgetragen. Erkennbar sind zwei Punkte, an denen die Bandlücke energetisch geschlossen wird. Diese liegen bei den Werten des chemischen Potentials |µ| = 2 und entsprechen den bereits bekannten topologischen Phasenübergängen für den Fall, dass kein Gewinn- und Verlusteffekt auftritt. Unter Ausnutzung der Tatsache, dass die Eigenzustände im Kitaev-Modell (unabhängig von den Randbedingungen) zu jeder positiven Energie E+ auch einen negativen Partner E− haben, für den gilt E+ = − E− , (3.113) verschmelzen am topologischen Phasenübergang zwei Energien, denn dort gilt E+ = E− = 0. Für hermitesche Operatoren können Entartungen der Eigenwerte auftreten, jedoch bilden alle Eigenzustände eine Orthogonalbasis im Hilbertraum, was dazu führt, dass es zu keinen Entartungen für die Zustände kommt. Für ein nichthermitesches System kann es an speziellen Punkten – exzeptionelle Punkte genannt – dazu kommen, dass sowohl n Eigenwerte als auch deren Eigenzustände verschmelzen und identisch werden. Verschmelzen n Energien und die korrespondierenden Eigenzustände an einem Punkt im Parameterraum, so spricht man von einem exzeptionellen Punkt n-ter Ordnung. Um den topologischen Phasenübergang mit Hilfe 59 7. Der topologische Phasenübergang als exzeptioneller Punkt 3 2 Re(E) 1 0 -1 -2 -3 -4 -3 -2 -1 0 µ 1 2 3 4 Abbildung 3.25.: Spektrum des isolierten Kitaev-Modells für die Parameter t = 2∆ = 1 für periodische Randbedingungen. An den Punkten |µ| = 2 schließt sich dabei die Energielücke und es existieren zwei entartete Eigenenergien für die gilt: Re( E) = 0. eines exzeptionellen Punktes zu identifizieren, wird ein mathematischer Trick angewandt, der darin liegt, die isolierten Systeme nichthermitesch zu machen und somit ein Auftreten eines exzeptionellen Punktes zu ermöglichen. Dazu wird der Kristallimpuls k in die imaginäre Ebene kontinuierlich fortgesetzt, k → κ + iη , (3.114) was zu einer Nichthermitizität führt, gleichgültig ob ein Gewinn- und Verlustpotential anliegt. Exzeptionelle Punkte sind im Allgemeinen abhängig von den Parametern κ und η aus Gleichung (3.114). Nach [9] ist genau dann der topologische Phasenübergang erreicht, wenn der Parameter η verschwindet, der exzeptionelle Punkt auf die reelle Achse konvergiert und gerade seine Eigenschaften als exzeptioneller Punkt verliert. Kitaev-Modell Im Kitaev-Modell wird überprüft, ob das Verfahren der exzeptionellen PunktMethode aus [9] (EP-Methode) auch auf ein P T -unsymmetrisches Potential anwendbar ist. Dazu betrachtet man das Verlustpotential (3.98) bzw. den Hamiltonoperator für den Fall t = 2∆, t cos(k ) + µ/2 + iγ t sin(k ) HK = . (3.115) t sin(k ) −t cos(k) − µ/2 − iγ Die Eigenenergien aus (3.115) berechnen sich zu q E± (k ) = ± (t cos(k ) + µ/2 + iγ)2 + t2 sin(k )2 . (3.116) Damit ein exzeptioneller Punkt gefunden werden kann, müssen die beiden Energien aus (3.116) zusammenfallen. Dies ist nur dann der Fall, falls die Wurzel verschwindet, man erhält die Bedingung q 0= (t cos(k) + µ/2 + iγ)2 + t2 sin(k)2 und damit (t cos(k) + µ/2 + iγ)2 + t2 sin(k)2 = 0 , 60 (3.117) III. Verhalten topologischer Phasen in Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten (t cos(k) + µ/2 + iγ)2 = −t2 sin(k)2 , t cos(k ) + µ/2 + iγ = ±it sin(k ) , t(cos(k ) ∓ i sin(k )) + µ/2 + iγ = 0 . Als nächstes wird die Ersetzung (3.114) durchgeführt und Real- und Imaginärteil werden getrennt betrachtet. Dazu sind zwei Relationen nützlich: sin(κ + iη ) = sin(κ ) cosh(η ) + i cos(κ ) sinh(η ) , (3.118) cos(κ + iη ) = cos(κ ) cosh(η ) − i sin(κ ) sinh(η ) . (3.119) Es ergeben sich dann die zwei Gleichungen t cos(κ )(cosh(η ) + sinh(η )) = −µ/2 , t sin(κ )(cosh(η ) + sinh(η )) = γ (3.120a) (3.120b) mit denen die Parameter κ und η bestimmt werden können. Auflösen der Gleichung (3.120a) ergibt 1 µ κ = arccos − 2t cosh(η ) + sinh(η ) und Einsetzen in (3.120b) liefert s γ=t γ= q µ2 1 1− 2 4t (sinh(η ) + cosh(η ))2 ! (cosh(η ) + sinh(η )) , t2 (cosh(η ) + sinh(η ))2 − µ2 , µ2 γ2 + 2 = (cosh(η ) + sinh(η ))2 , 2 4t t 2 µ γ2 + = e2η , 4t2 t2 2 γ2 1 µ + 2 . η = log 2 4t2 t Damit der komplexe Anteil des Impulses verschwindet, muss gelten ! 0=η, µ2 γ2 0 = log + 4t2 t2 µ2 γ2 1= 2+ 2 , 4t q t µ = ±2 , t2 − γ2 . Es ist also möglich, die Abhängigkeit des topologischen Phasenübergangs vom Gewinn- und Verlusteffekt γ für den Spezialfall 2t = ∆ analytisch zu berechnen. Das Ergebnis q µ = ±2 t2 − γ2 (3.121) ist für γ = 0 genau der Fall, der bereits in Abschnitt 6.3 besprochen und verifiziert wurde. Außerdem stimmt der analytische Ausdruck des topologischen Phasenübergangs (3.121) mit der analytischen Lösung (3.112) überein. Eine Disskussion der analytischen Lösung (3.112) und der numerischen Lösung des topologischen Phasenüberganges ist bereits in Abschnitt 6.4 erfolgt. 61 7. Der topologische Phasenübergang als exzeptioneller Punkt SSH-Modell Es soll nun auf die Frage eingegangen werden, ob die Methode [9] den topologischen Phasenübergang mit Hilfe von exzeptionellen Punkten zu identifizieren Modell spezifisch ist, oder ob die Methode auch auf das SSH-Modell anwendbar ist. Dazu wird zuerst der isolierte Fall betrachtet und dann das System in Verbindung mit dem Potential U2 untersucht. Ausgehend von der Formel (3.19) lautet der fouriertransformierte Hamiltonoperator des isolierten Systems 0 t− + t+ cos(k ) + it+ sin(k ) H(k) = , t− + t+ cos(k ) − it+ sin(k ) 0 mit den Parametern t± = t(1 ± ∆ cos(Θ)). Die Energieeigenwerte von H(k ) lauten q E1/2 = ± t2− + t2+ + 2t+ t− cos(k ) (3.122) und sind offensichtlich für den Fall t2− + t2+ + 2t+ t− cos(k ) = 0 (3.123) entartet. Befolgt man den Ansatz (3.114), so ergeben sich mit Hilfe von (3.123) zwei Gleichungen der Form t2− + t2+ + 2t+ t− cos(κ ) cosh(η ) = 0 , 2t+ t− sin(κ ) sinh(η ) = 0 . (3.124a) (3.124b) Gleichung (3.124b) wird offensichtlich für den Fall κ = π gelöst. Einsetzen von kappa = π in (3.124a) liefert die Bedingung 0 = t2− + t2+ − 2t+ t− cosh(η ) , 2 t− + t2+ η = arcosh . 2t+ t− Aus der Forderung, dass der Imaginärteil verschwinden soll, folgt 2 t− + t2+ , η = 0 = arcosh 2t+ t− t2 + t2+ 1= − , 2t+ t− 1 1 2= + . 1 − ∆ cos(Θ) 1 + ∆ cos(Θ) (3.125) (3.126) Für nichtverschwindendes ∆ ist die Bedingung η = 0 nur für den Fall Θ = 0.5π erfüllt. Der berechnete Phasenübergangspunkt der exzeptionellen Punkt-Methode stimmt also auch im isolierten SSH-Modell mit der Berechnung der Zak-Phase überein. Für das Gewinn- und Verlustpotential U2 führt die Vorgehensweise der exzeptionellen PunktMethode zu einem Widerspruch. Berechnet man den topologischen Phasenübergangspunkt für das Potential U2 analog zum isolierten Fall aus, so stellt man fest, dass der Übergangspunkt die Abhängigkeit Θc (γ) besitzt. Die exzeptionelle Punkt-Methode zeigt damit keinerlei Übereinstimmung mit der Berechnung der Zak-Phase aus (3.50). Ein Grund für das Versagen der Methode im Falle des Potentials U2 könnte sein, dass die topologischen Randzustände im SSH-Modell stets ein komplex konjugiertes Paar an Energien aufweisen. Anders als im Kitaev-Modell ist damit nicht die Verschmelzung der Energien am topologischen Phasenübergangspunkt gewährleistet. Gilt am ∗ = 0 nicht, so liegt kein exzeptioneller topologischen Phasenübergang die Bedingung E+ = E− Punkt innerhalb der Brillouin-Zone vor. 62 IV. Mastergleichungen für das SSH-Modell In diesem Kapitel sollen die Gewinn- und Verlusteffekte mit Hilfe von Mastergleichungen behandelt werden, um zu einer realistischeren Beschreibung zu gelangen. Da die topologisch stabilen Randzustände im Kitaev-Modell bereits in [17] wurden, konzentriert sich diese Arbeit auf die Behandlung des SSH-Modells. Da in der Mastergleichung die Zeitentwicklung der Dichtematrix auftritt, müssen die physikalisch relevanten Größen aus diesem Operator gewonnen werden. Es wird zunächst auf einen Umgebungseffekt verzichtet, um das allgemeine Vorgehen zur Analyse der Daten zu erläutern und im späteren Verlauf werden die Ein- und Auskoppeleffekte hinzugefügt. 1. Matrixaufbau In der zeitlichen Entwicklung der Dichtematrix gemäß Gleichung (2.64) geht neben den Superoperatoren Li der Hamiltonoperator H ein. Da zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Umgebungseffekte berücksichtigt werden, sind alle Superoperatoren Li = 0. Es bleibt damit die von NeumannGleichung (2.57), ∂t $ = −i[ H, $] , zu berechnen. Um die Gleichung numerisch lösen zu können, wird die Matrixdarstellung des Hamiltonoperators bestimmt. Da die Dimension des Hilbertraums eines Vielteilchen-Hamiltonoperators schnell anwächst, wird hier eine Methode aufgezeigt, um den Hamiltonoperator mit möglichst geringem numerischen Aufwand als Matrix darzustellen. Allgemein wird die Matrix nach dem quantenmechanischen Skalarprodukt Hji = ∑ ψj H ψi ji aufgebaut. Dabei sind ψj respektive ψi zwei Basiszustände wobei gilt ψj ψi = δj,i . Als einfachste Methode wählt man einen Zustand |ψj i, wendet den Hamiltonoperator auf diesen Zustand an und rechnet alle Skalarprodukte der Form ∑ ψi Hψj i,j aus. Numerisch ist dieses Verfahren einfach zu implementieren, jedoch ist das Erstellen des Hamiltonoperators für eine große Anzahl an Basiszuständen sehr zeitaufwendig. Für diese Arbeit werden alle Basiszustände wie folgt aufgebaut: Ist ein Elektron am Gitterplatz n so steht im n-ten Eintrag des Vektors eine 1, ist kein Elektron vorhanden, so wird eine 0 am korrespondierenden Eintrag des Vektors geschrieben. Dies kann als eine Darstellung des Fockraums für spinlose Fermionen interpretiert werden. Für eine Gesamtgröße N des Systems ergibt sich eine Vektorgröße 63 1. Matrixaufbau von N. Als Beispiel betrachtet man ein eindimensionales System der Gesamtgröße 4 und einer maximalen Befüllung von 1. Damit ergeben sich die 5 Basiszustände in der Vektordarstellung 0 1 0 0 0 1 |ψ0 i = |ψ1 i = |ψ2 i = 0 , 0 , 0 0 0 0 (4.1) 0 0 0 0 , . |ψ3 i = | ψ i = 4 1 0 0 1 Dabei ist der Vakuumszustand |ψ0 i (kein Elektron im System) später für die Berechnung der Zeitentwicklung wichtig. Ersichtlich ist, dass für längere Vektoren (was größeren Systemen N entspricht) die numerische Multiplikation von Vektoren ebenfalls längere Zeit benötigen. Da der Hamiltonoperator in zweiter Quantisierung angegeben ist, können die Wirkungen der Operatoren einfach für die Basiszustände der Form (4.1) angegeben werden. Im SSH-Modell liegt nur ein kinetischer Anteil vor, der es einem Elektron erlaubt, vom Gitterplatz n zu n + 1 bzw. n − 1 zu gelangen. In der Gestalt der Vektoren aus (4.1) heißt dies, dass eine 1 um einen Platz nach oben/unten verschoben werden muss. Dabei muss zusätzlich beachtet werden, dass es sich bei Elektronen um Fermionen handelt. Da in dieser Arbeit ausschließlich Systeme aus spinlosen Elektronen betrachtet werden, kann sich jeweils nur ein Elektron an einem Gitterplatz n befinden. In der Basis aus (4.1) ist dies bereits gewährleistet, da man maximal ein Elektron im ganzen System erlaubt. Folgt man jedoch der Vorgehensweise und erlaubt mehrere Elektronen gleichzeitig im System, so muss man bei der Anwendung der kinetischen Operatoren des SSH-Modells c†n cn+1 + c†n+1 cn (4.2) beachten, ob das fermionische Ausschlussprinzip nicht verletzt wird. Weiterhin muss beachtet werden, dass das Vektor-Skalarprodukt der Vektoren nach (4.1) nicht mehr das Skalarprodukt im Hilbertraum darstellt. Für den Fall der kinetischen Operatoren bedeutet dies, dass man untersucht, ob am Gitterplatz n + 1 ein Elektron zu finden ist und an der Stelle n ein freier Platz besteht, d.h. der Basiszustandsvektor muss die Bedingungen |ψi = v , v [ n + 1] = 1 , v[n] = 0 erfüllen, wobei der Eigenzustandsvektor sich unter der Anwendung der kinetischen Operatoren (4.2) wie folgt ändert v [ n + 1] = 1 → 0 , v[n] = 0 → 1 . (4.3) Es ist für die Matrixdarstellung des Hamiltonoperators nur notwendig, die Auswirkung des ersten Terms aus (4.2) auf einen Zustand zu betrachten. Da der Hamiltonoperator hermitesch ist, muss nämlich gelten: Hji = Hij∗ Um die numerische Berechnung der Matrixform zu beschleunigen, werden für die Berechnung der Matrixelemente nicht die Vektoren miteinander multipliziert, sondern es wird jedem Eigenzustand eine eindeutige Zahl zugeordnet, |ψi = v → Z . 64 IV. Mastergleichungen für das SSH-Modell Anstatt eines vollständigen Satzes orthogonaler Vektoren erhält man damit einen Satz eindeutiger Zahlen. Da jedem Vektor eine eindeutige Zahl zugeordnet werden muss, greift man auf eine Linearkombination von Primzahlen zurück. Es sind dabei verschiedene Vorgehensweisen denkbar. In diesem Fall werden die Wurzeln verschiedener Primzahlen aufaddiert. Die mathematische Formel der Zuordnung eindeutigen Zahlen lautet dabei Z= ∑ v [i ] √ pi , (4.4) i wobei v[i ] der i-te Eintrag des Vektors (dabei sind nur die Werte 0 und 1 möglich) und pi die i-te Primzahl ist. Es ist wichtig zu erwähnen, dass es einfach ist, jedem Basiszustandsvektor eine eindeutige Zahl zuzuordnen, es jedoch unmöglich ist, alleine aus einer Zahl den korrespondierenden Vektor zu extrahieren. Dies wird unter anderem bei der Primzahlverschlüsselung angewandt. Das Verfahren wird erneut mit den Eigenzuständen aus (4.1) erklärt: √ √ |ψ0 i = Z0 = 0 , |ψ1 i = Z1 = p1 , |ψ2 i = p2 , √ √ |ψ3 i = Z3 = p3 , |ψ4 i = Z4 = p4 . (4.5) Damit ergeben sich 5 Zahlen, die in einer Liste gespeichert werden, L = [ Z0 , Z1 , Z2 , Z3 , Z4 ] . (4.6) Der Vorteil besteht nun darin, den Operator auf einen Basiszustand anzuwenden, den Endzustand in eine Linearkombination von Primzahlen Z nach Gleichung (4.4) zu transformieren und diese Zahl in der Liste L zu suchen. Der Index i der Zahl Z aus der Liste L (d.h. es muss gelten L[i ] = Z) gibt dann das Matrixelement vor. Am besten wird das Vorgehen an einem konkreten Beispiel klar. • Berechne die korrespondierende Primzahllinearkombination eines Basiszustandes |ψi i → Zi . • Suche die Zahl Zi in der Liste L aller möglichen Primzahllinearkombinationen der Basiszustände. • Speichere den Index k, für den gilt L[k ] = Zi . • Wende den Hamiltonoperator H auf den Zustand |ψi i an. Es ergibt sich als Ergebnis ein weiterer Zustandsvektor (evtl. auch der ursprüngliche Zustandsvektor), H |ψi i = |ψj i . • Berechne die korrespondierende Primzahllinearkombination des Zustandes |ψj i → Zj . • Suche die Zahl Zj in der Liste L. • Speichere den Index `, für den gilt L[`] = Zj . • Das Matrixelement H`,k wurde berechnet und da der Hamiltonoperator hermitesch ist, auch das Element Hk,` . Neben der Methode der Primzahlen lässt sich auch das Anwenden der Operatoren auf die einzelnen Zustände verbessern. Anstatt (4.3) explizit auszurechnen, d.h. die Summe ∑ v[n] n 65 2. Lösen der Mastergleichung auszuführen und zu überprüfen, ob die Bedingung (4.3) erfüllbar ist, wird ein anderer Weg verfolgt. Dabei wird jeder Zustandsvektor vor der Anwendung der Operatoren durchlaufen und die Position der 1-Einträge der Vektoren in einer Liste gespeichert. Als Beispiel betrachtet man den Vektor 0 1 v= (4.7) 0 , 1 dessen Indizes der 1 Einträge in eine Liste L = [1, 3] (4.8) geschrieben werden. Wichtig ist es hierbei zu erwähnen, dass der erste Eintrag eines Vektors v dem Index 0 zugesprochen wird. Da für die Berechnung der korrespondierenden Primzahlen nur die Position der 1-Einträge im Vektor wichtig sind (alle anderen Summanden sind Null), lassen sich mit den Informationen, welche in Liste L aus (4.8) enthalten sind, die Primzahlen direkt berechnen √ Z = ∑ v[α] pα . α Der Index α läuft dabei über alle Listeneinträge aus (4.8). Mit Hilfe der Liste (4.8) lassen sich auch die Operatoren (4.2) direkt anwenden. Dabei muss nur überprüft werden, ob der Index α + 1 in der Liste enthalten ist und der Index α nicht. Ist dies der Fall, so wird die Liste dahingehend verändert, dass der Index α + 1 aus der Liste entfernt wird und der Index α dessen Platz übernimmt. Als Beispiel dient wiederum der Vektor (4.7). Vor der Anwendung der kinetischen Operatoren ergibt sich die Liste L = [1, 3] , und nach der Anwendung L = [0, 2] . 2. Lösen der Mastergleichung Um die von Neumann-Gleichung (2.57) numerisch zu lösen, wird die Open-Source-Software QuTiP verwendet. QuTiP ist ein Programmpaket für die Programmiersprache Python, welches neben den Pythonpaketen Numpy, Scipy und Cython [18] auch auf die Softwarebibliothek LAPACK [19] zurückgreift. Um die zeitliche Entwicklung der Dichtematrix zu erhalten, wird innerhalb von QuTiP ein Quanten-Monte-Carlo-Löser aufgerufen, welcher neben der Matrixdarstellung des Hamiltonoperators auch alle Superoperatoren und die Matrixdarstellung derjenigen Operatoren, für die man den Erwartungswert berechnen möchte verwendet. Die Ausgabe des Funktionsaufrufes beinhaltet somit nicht die volle Dichtematrix, sondern vielmehr den Erwartungswert tr ( A$(t)) (4.9) der Observablen A, die als Matrixdarstellung beim Aufruf des Quanten-Monte-Carlo-Lösers als Eingabe erlangt wurde. In dieser Arbeit werden die wichtigen physikalischen Observablen die Besetzungen der Gitterplätze sein. Das heißt, es wird mit Hilfe der Dichtematrix der Erwartungswert tr (ni $(t)) = tr ci† ci $(t) (4.10) 66 IV. Mastergleichungen für das SSH-Modell berechnet, was ein Maß für die Wahrscheinlichkeit angibt, ein Elektron am Gitterplatz i zum Zeitpunkt t aufzufinden. Der Matrixaufbau der einzelnen Observablen wird dabei nach dem Schema des Aufbaus des Hamiltonoperators durchgeführt. Neben dem Hamiltonoperator und den Observablen können noch einige andere Größen in der Berechnung der Mastergleichung bestimmt werden. Diese sollen nun kurz aufgelistet werden: • Die Gesamtzeit T, für die die Mastergleichung gelöst werden soll. • Die Schrittanzahl s unterteilt die Gesamtzeit T in s gleich große Zeitschritte. Für jeden Zeitschritt werden die Erwartungswerte gemäß der Vorschrift (4.9) berechnet. • Die Anzahl ntraj der einzelnen Trajektorien, über die die Quanten-Monte-Carlo-Methode gemittelt wird. Da die Quanten-Monte-Carlo-Methode eine Zufallsmethode ist, wird die Mastergleichung ntraj-mal gelöst und anschließend wird über alle Lösungen gemittelt. • Die Liste der Superoperatoren collapse operators, welche die Umgebungseffekte beschreiben. • Der Startwert |ψi i zum Zeitpunkt t = 0. 3. Auswertung der Ergebnisse Im Folgenden werden Ergebnisse aufgezeigt, die aus der Berechnung des SSH-Modells ohne Umgebungseffekte stammen. Diese Ergebnisse dienen als Leitfaden zur Auswertung der Daten, welche der Monte-Carlo Löser von QuTiP ausgibt. Der Hamiltonoperator des SSH-Modells ohne Umgebungseffekte lautet N HSSH = ∑ t (1 − cos Θ) n =1 h i h i † † † † c2n −1 c2n + c2n c2n−1 + t (1 + cos Θ ) c2n c2n+1 + c2n+1 c2n . (4.11) Zunächst betrachtet man den Erwartungswert eines Operators aufgetragen über der Zeit t, siehe dazu Abbildung 4.1. Als Beispiel dient hier das System aus (4.11) mit N = 100 Gitterplätzen, t = 1 und ∆ = 0.3. Die Daten aus Abbildung 4.1 sehen einem Rauschen sehr ähnlich und enthalten in dieser Form wenig Aussagekraft über die relevanten physikalischen Observablen. Dabei soll angemerkt sein, dass der hier gewählte Erwartungswert der Besetzung des 10. Gitterplatzes willkürlich ist und analog jeder andere Gitterplatz als Beispiel dienen könnte. Da es sich bei der von Neumann-Gleichung (2.57) um die Dynamik eines Systems handelt, ist es nicht verwunderlich, dass der Erwartungswert eines Gitterplatzes Fluktuationen aufzeigt. Um die bisherige trübe Sicht auf die physikalischen Observablen aufzuklären, wird fortan der zeitliche Mittelwert sämtlicher Erwartungswerte benutzt. Der zeitliche Mittelwert wird dabei wie folgt berechnet h Ait = 1 s h A(t(i ))i . s i∑ =0 (4.12) Der Index hit identifiziert im weiteren Verlauf stets den zeitlichen Mittelwert eines Erwartungswertes. Der Parameter s beschreibt die Gesamtanzahl an Schritten, die für den Durchlauf der Gesamtzeit T verwendet wurde. Der in der Summe auftretende Term t(i ) bedeutet hierbei die Zeit t, die von der Schrittweite abhängt. Für das Beispiel des Erwartungswertes aus Abbildung 4.1 ist der zeitliche Mittelwert in Abbildung 4.2 aufgezeigt. Erkennbar ist, dass der zeitliche Mittelwert sich ab einer bestimmten Zeit nur noch marginal ändert, dies ist der Gleichgewichtszustand, das System befindet sich dann im Equilibrium. Da die Ergebnisse im späteren Verlauf mit den Lösungen der stationären Schrödingergleichung aus Kapitel III verglichen werden sollen, ist es 67 3. Auswertung der Ergebnisse 0.3 hN10 i 0.2 0.1 0 0 2500 5000 t 7500 10000 Abbildung 4.1.: Erwartungswert, ein Teilchen auf dem 10. Gitterplatz aufzufinden, aufgetragen über der Zeit t. Das System wird durch den Hamiltonoperator aus Gleichung (4.11) beschrieben. Dabei wurden die Parameter N = 100, t = 1, ∆ = 0.3 und Θ = π verwendet. Als Ausgangszustand wurde die vollständige Lokalisierung des Elektrones am 11. Gitterplatz gewählt. Die Wahl des 10. Gitterplatzes ist hier willkürlich als Beispiel ausgewählt. wichtig, dass die Zeit so gewählt wird, dass ein Equilibrium erreicht ist. Trägt man den zeitlichen Mittelwert des 10. Gitterplatzes auf, so lässt sich erkennen, dass die Wahl T = 2500 ausreicht, um ein Gleichgewichtszustand zu erreichen, vergleiche hierzu Abbildung 4.2. Im Folgenden soll die Schrittweite der Integration untersucht werden. Dabei stellt sich der Erwartungswert der Energie h H i = tr ($H ) (4.13) als gut geeignete Eichgröße der Schrittweite zur Verfügung, denn für den zeitunabhängigen Hamiltonoperator aus (4.11) gilt Energieerhaltung, sofern ein abgeschlossenes System vorliegt. Besitzt der Anfangszustand |ψi i die Energie E , so sollte während der gesamten Zeitentwicklung das System diese Energie beibehalten. Für ein System mit N = 100 Gitterplätzen ist in Abbildung 4.3 der zeitliche Verlauf des Energieerwartungswertes (4.13) für zwei verschiedene Integrationsschrittweiten s aufgetragen. Erkennbar ist, dass sich die Abweichung in beiden Fällen in einem vernachlässigbar kleinen Rahmen aufhält, jedoch wird diese Abweichung kleiner, je mehr Integrationsschritte man verwendet. Wird die Schrittanzahl s im Folgenden nicht explizit erwähnt, so wird diese so gewählt, dass s = 2T (4.14) gilt. Das Ziel der Auswertung der Mastergleichung besteht darin, herauszufinden, ob die verschiedenen topologischen Phasen im SSH-Modell mit dieser Methode immer noch sichtbar sind. Da die topologische Quantenzahl – die Zak-Phase – durch Eigenzustände berechnet wird, bleibt eine direkte Berechnung dieser Größe mit Hilfe der Mastergleichung verwehrt, denn aus den Mastergleichungen lassen sich lediglich die Dichtematrix und damit verbunden die Erwartungswerte von physikalischen Observablen berechnen. Eigenzustände existieren nicht mehr in dem dynamischen System. Es kann jedoch überprüft werden, ob die Effekte wie zum Beispiel das Auftreten von Randzuständen noch existieren. Um die verschiedenen Phasen zu unterscheiden, wird auf das Auftreten von Randzuständen zurückgegriffen. Diese waren im stationären System 68 IV. Mastergleichungen für das SSH-Modell 0.07 0.06 hN10 it 0.05 0.04 0.03 0.02 0.01 0 0 2500 5000 t 7500 10000 Abbildung 4.2.: Zeitlicher Mittelwert für den Erwartungswert des 10. Gitterplatzes aus Abbildung 4.1. Dabei wurde die Gesamtzeit T = 10000 in s = 10000 Zeitschritten durchlaufen. Die Berechnung des zeitlichen Mittelwerts wurde nach Gleichung (4.12) berechnet. der topologisch nichttrivialen Phase zugeordnet. Um diese Randzustände sichtbar zu machen, wird ein Diagramm erstellt, welches die zeitlichen Mittelwerte aller Gitterplätze h ni it= T i = 0, 1 . . . N (4.15) für den Endzeitpunkt der Berechnung t = T enthält. 4. Das SSH-Modell ohne Potential Das SSH-Modell ohne externes Potential gleicht einem abgeschlossenen System. Neben der Energieerhaltung, die aus der Zeitunabhängigkeit des korrespondierenden Hamiltonoperators (4.11) folgt, ist auch die Teilchenzahl eine Erhaltungsgröße, denn es gilt [ HSSH , N ] = 0 , wobei N = N N i =0 i =0 ∑ ni = ∑ ci† ci (4.16) (4.17) den Gesamtteilchenanzahloperator widerspiegelt. In Abbildung 4.3 wurde bereits gezeigt, dass die Energie in der Tat eine Erhaltungsgröße ist. In Abbildung 4.4 ist der Erwartungswert der Gesamtteilchenanzahl N über der Zeit aufgetragen, auch dieser bleibt über die gesamte Zeit konstant. Die beiden Erhaltungsgrößen Energie und Teilchenzahl dienen zusätzlich als gute Größen, um Erkenntnisse zu sammeln, ob die Simulationen fehlerhaft sind. Eine weitere Überprüfung der Ergebnisse ist das Auftreten von Randzuständen. Aus dem vorherigen Kapitel III ist bekannt, dass für die Systemparameter t = 1.0 und ∆ = 0.3, der topologische Phasenübergang bei Θ = 0.5π liegt. Für einen Wert von Θ < 0.5π sollten daher Randzustände auftreten, wohingegen für Θ > 0.5π nur Volumenzustände existieren sollten. 69 4. Das SSH-Modell ohne Potential 1.7942 1.7942 s = 500 1.7941 1.794 1.794 hHi hHi 1.7938 1.7936 1.7934 1.7939 1.7938 1.7937 1.7932 1.793 s = 20000 1.7936 0 2500 5000 t 7500 10000 1.7935 0 2500 5000 t 7500 10000 A b b i l du n g 4 . 3 . : Erwartungswert der Energie aufgetragen über der Zeit t. Es handelt sich hierbei um ein System mit N = 100 Gitterplätzen. Für die Schrittweite s wurden die zwei verschiedene Werte s = 500 links und s = 20000 rechts gewählt. Um diesen Unterschied aufdecken zu können, ist es jedoch wichtig, den Anfangszustand korrekt zu wählen. Dies lässt sich schon mit der Energieerhaltung begründen, denn ein Randzustand besitzt die Energie E = 0. Startet man jedoch mit einem Volumenzustand, dessen Energie E 6= 0 ist, so kann sich kein Randzustand einstellen. Um einen Anfangszustand zu erzeugen, welcher nahe an einem Eigenzustand des SSHModells liegt, wird auf die numerische Diagonalisierung des isolierten Hamiltonoperators aus Gleichung (2.51) zurückgegriffen. Dort wurden neben den Energieeigenwerten auch die korrespondierenden Eigenzustände berechnet. Diese Eigenzustände dienen als Ausgangszustand für das Lösen der Mastergleichung. Die Erwartungshaltung ist dann, dass für einen Randzustand mit Energie E = 0 als Anfangszustand ein unterschiedliches Verhalten der Zeitentwicklung auftritt, abhängig davon, in welcher topologischen Phase man sich befindet. Betrachtet man Abbildungen 4.5 und 4.6, so werden die Erwartungen bestätigt. Dort sind jeweils drei unterschiedliche Anfangszustände |ψi i für die Parameterwerte N = 200, t = 1.0 und ∆ = 0.3 zu sehen. Die Berechnungen unterscheiden sich lediglich in dem Winkel Θ = 0.1π für die topologisch nichttriviale Phase, respektive Θ = 0.9π für die topologisch triviale Phase. Neben den zwei Randzuständen wurde auch ein zufällig ausgewählter Volumenzustand als Ausgangspunkt der Zeitentwicklung ausgewählt. Ersichtlich ist, dass die ursprünglichen Randzustände in der topologisch nichttrivialen Phase ihre Form beibehalten, auch wenn sich die Amplitude der Randpunkte etwas verändert. Dies ist dahingehend nachvollziehbar, da für den Fall der dynamischen Beschreibung keine Eigenzustände mehr existieren. Die Wahl, Anfangszustände zu wählen die Eigenzustände der stationären Schrödingergleichung sind, ist jedoch dahingehend unproblematisch, da diese nur zwei unterschiedliche Ausgangssituationen simulieren sollen, zum einen eine vermehrte Lokalisierung am Rand, zum anderen einen Volumenzustand. Für den Fall der topologisch trivialen Phase in Abbildung 4.6 ist die Erhaltung der Randzustände am Ende der Zeitentwicklung nicht erkennbar. Zwar scheint es so, dass die an einem Ende lokalisierten Randzustände sich in Zustände entwickeln, die an beiden Enden vergrößerte Amplituden aufzeigen, jedoch ist der Wert der Amplitude direkt am Randpunkt vernachlässigbar klein. Vielmehr besitzt jeder Gitterplatz (ausgenommen die zwei Endpunkte des Systems) die 70 IV. Mastergleichungen für das SSH-Modell 1 hN i 0.75 0.5 0.25 0 0 2500 5000 t 7500 10000 A b b i l du n g 4 . 4 . : Erwartungswert für den Gesamtteilchenanzahloperator aus (4.17). Die Systemgrößen sind dabei N = 100, t = 1.0, ∆ = 0.3 und Θ = 0.1π. Die maximale Anzahl an erlaubten Teilchen im System wurde auf m = 2 gesetzt. gleiche Amplitude. Der Zustand ist also nicht am Rand lokalisiert, sondern gleichverteilt über das Innere der linearen Kette. Vergleicht man die Zeitentwicklung des Volumenzustands, so erkennt man keinen Unterschied zwischen topologisch nichttrivialer und trivialer Phase in den Abbildungen 4.5 und 4.6. Damit ist auch gezeigt, dass sich die topologischen Phasen qualitativ durch Betrachtung des zeitlichen Mittelwerts aller Gitterplätze hniT zum Endzeitpunkt t = T beschreiben lassen. 4.1. Topologische Phasendiagramme Um die verschiedenen topologischen Regime in Abhängigkeit eines Parameters aufzuzeigen, bietet es sich zumeist an, ein topologisches Phasendiagramm zu erstellen. Im Abschnitt III wurden neben dem Nachweis der topologischen Phase durch Auftreten einer Nullenergie auch die Berechnung der Zak-Phase vollzogen und damit topologische Phasendiagramme erstellt. Die Erstellung eines Phasendiagramms mit Hilfe der Mastergleichungen schließt die Verwendung der Zak-Phase aus, da diese aus den Eigenzuständen berechnet werden, welche bei einer Kopplung an die Umgebung nicht mehr existieren. Auch die Unterscheidung der topologischen Phase durch das Auftreten einer Nullenergie ist, zumindest im Falle eines isolierten Systems nicht zielführend, denn dort ist die Energie eine Erhaltungsgröße, sodass sie lediglich vom Anfangszustand abhängt. Zuvor wurde jedoch gezeigt, dass sich die beiden topologischen Phasen durch das Auftragen der zeitlichen Mittelwerte der Erwartungswerte jedes einzelnen Gitterplatzes zum Endzeitpunkt t = T als qualitatives Unterscheidungsmerkmal der beiden topologischen Phasen eignet. Wählt man also einen bestimmten Anfangszustand, im Falle eines isolierten Systems sollte dies immer einer der beiden Randzustände sein, variiert den Winkel Θ und trägt am Ende der Zeitentwicklung die Amplitude der letzten a Gitterplätze über den Winkel auf, so sollten die beiden topologischen Phasen sichtbar werden. Für die System Größen t = 1.0, ∆ = 0.3 und N = 200 respektive N = 1000 mit m = 1 Teilchen sind die so gewonnen Phasendiagramme in den Abbildungen 4.7 und 4.8 zu sehen. In beiden Systemgrößen sind zwei verschiedene Verhalten vorzufinden. Der Bereich Θ 0.5π zeigt eine 71 0.4 1 0.8 0.6 0.4 0.2 0 a) 50 100 n 150 0.1 200 0 50 100 n 150 200 0.4 1 0.8 0.6 0.4 0.2 0 b) 0.3 Anfangszustand hniT hni0 0.2 0 0 Endzustand 0.2 0.1 0 0 50 100 n 150 0 200 0.04 50 100 n 150 200 0.04 0.03 c) Anfangszustand 0.03 0.02 hniT hni0 Endzustand 0.3 Anfangszustand hniT hni0 4. Das SSH-Modell ohne Potential 0.01 0 Endzustand 0.02 0.01 0 0 50 100 n 150 200 0 50 100 n 150 200 1 0.8 0.6 0.4 0.2 0 a) 0.006 1 0.8 0.6 0.4 0.2 0 50 b) 100 n 150 200 0 Anfangszustand 50 150 200 Endzustand hniT 0.006 100 n 0.004 0 50 100 n 150 200 0 0.04 50 100 n 150 200 0.04 0.03 c) Anfangszustand 0.03 0.02 hniT hni0 Endzustand 0.004 0 hni0 Anfangszustand hniT hni0 Abbildung 4.5.: Anfangs- und Endzustände für drei verschiedene Ausgangssituationen in der topologisch nichttrivialen Phase. Es wurden jeweils die Parameter N = 200, t = 1.0, ∆ = 0.3 und Θ = 0.1π verwendet. 0.01 0 Endzustand 0.02 0.01 0 0 50 100 n 150 200 0 50 100 n 150 200 Abbildung 4.6.: Anfangs- und Endzustände für drei verschiedene Ausgangssituationen in der topologisch trivialen Phase. Es wurden jeweils die Parameter N = 200, t = 1.0, ∆ = 0.3 und Θ = 0.9π verwendet. 72 IV. Mastergleichungen für das SSH-Modell a=1 0.5 0.4 Amplitude Amplitude 0.4 0.3 0.2 0.1 0 0 0.25 0.5 Θ [π] 0.75 0.2 0 1 a=5 0 0.25 0.5 Θ [π] 0.75 1 a = 20 0.5 0.4 Amplitude 0.4 Amplitude 0.3 0.1 0.5 0.3 0.2 0.1 0 a=3 0.5 0.3 0.2 0.1 0 0.25 0.5 Θ [π] 0.75 0 1 0 0.25 0.5 Θ [π] 0.75 1 A b b i l du n g 4 . 7 . : Topologische Phasendiagramme für ein System mit N = 200 Gitterplätzen für die Werte t = 1.0 und ∆ = 0.3. Als Anfangszustand wurde ein Randzustand gewählt. Aufgetragen sind die addierten Amplituden der letzten a Gitterplätze für die zeitlichen Mittelwerte der Erwartungswerte und eine Gesamtzeit T = 1000. a=1 0.5 0.4 Amplitude Amplitude 0.4 0.3 0.2 0.1 0 0 0.25 0.5 Θ [π] 0.75 0.2 0 1 a=5 0 0.25 0.5 Θ [π] 0.75 1 a = 20 0.5 0.4 Amplitude 0.4 Amplitude 0.3 0.1 0.5 0.3 0.2 0.1 0 a=3 0.5 0.3 0.2 0.1 0 0.25 0.5 Θ [π] 0.75 1 0 0 0.25 0.5 Θ [π] 0.75 1 Abb i l du n g 4 . 8 . : Topologische Phasendiagramme für ein System mit N = 1000 Gitterplätzen für die Werte t = 1.0 und ∆ = 0.3. Als Anfangszustand wurde ein Randzustand gewählt. Aufgetragen sind die addierten Amplituden der letzten a Gitterplätze für die zeitlichen Mittelwerte der Erwartungswerte und eine Gesamtzeit T = 1000. 73 5. Das SSH-Modell unter Einfluss von Ein- und Auskoppelstellen erhöhte Amplitude am Rand des Systems auf. Betrachtet man den Fall a = 3, so liegt die maximale Amplitude bei etwas über 0.4, da es sich hierbei immer noch um ein isoliertes System handelt und daher die Teilchenzahlerhaltung gilt, addieren sich alle Amplituden der Gitterplätze zu 1 auf. Das heißt, die Wahrscheinlichkeit ein Elektron an einem der letzten drei Gitterplätze vorzufinden, liegt knapp unter 50%. Im Bereich Θ < 0.5π können damit Zustände existieren, welche merklich am Rand lokalisiert sind. Qualitativ kann man diese als Randzustände identifizieren. Die merklich erhöhte Amplitude am Rand für den Bereich Θ 0.5π ist jedoch nicht das einzig auffällige, vielmehr lässt sich ein anderes Verhalten des Systems für den Fall Θ > 0.5π feststellen. Ab einem kritischen Punkt, der für die beiden Abbildungen 4.7 und 4.8 bei etwa Θ = 0.5π liegt, verhält sich das System für die letzten a Gitterplätze unabhängig vom Wert Θ. Vielmehr lässt sich erkennen, dass die Amplitude nahe bei Null liegt. Somit kann es sich um keinen Zustand handeln, welcher am Rand lokalisiert ist. Im Gegensatz zu den topologischen Phasendiagrammen, welche durch die Betrachtung der Nullenergie oder der Zak-Phase erstellt wurden, ist jedoch kein abrupter Übergang der beiden Phasen zu erkennen, sondern ein kontinuierliches Abklingen der Amplitude, welche dann am kritischen Punkt in einen konstanten Wert mündet. Die Anzahl a der betrachteten Randgitterplätze spielt dabei keine große Rolle, um die topologischen Phasen zu unterscheiden, jedoch ist ein merklicher Anstieg der Amplitude für den Fall Θ = 0.0 zu sehen, sofern man a von 1 zu 3 erhöht. Im Falle eines endlichen Systems wird dieses Verhalten dadurch erklärt, dass nie die gesamte Aufenthaltswahrscheinlichkeit an einem Gitterplatz lokalisiert ist, vielmehr ist anzunehmen, dass die Amplitude der Randzustände, ähnlich wie im Kitaev-Modell [17], exponentiell mit der Gesamtlänge L des Systems abfällt. Eine Änderung der Systemgröße N = 200 zu N = 1000 wirkt sich dabei nicht merkbar auf das topologische Phasendiagramm aus. Die beiden Beispiele aus den Abbildungen 4.7 respektive 4.8 zeigen, dass eine Unterscheidung der beiden topologischen Phasen zumindest qualitativ darstellbar sind, wenn die Amplitude für die Randpunkte des Systems betrachtet wird. 5. Das SSH-Modell unter Einfluss von Ein- und Auskoppelstellen In diesem Abschnitt soll das SSH-Modell mit Hilfe der Mastergleichungen untersucht werden. Zusätzlich soll das System im Folgenden nicht mehr isoliert sein. Dabei werden die zwei verschiedenen Potentiale verwendet, welche bereits im Abschnitt 7.3 diskutiert wurden. Die Auswertungsmethoden der Mastergleichungen mit Umgebungspotentialen unterscheiden sich nicht von denen, welche für das isolierte System in Abschnitt 3 ausführlich geschildert wurden. 5.1. Unterschiede zum isolierten System Es soll nun ausführlich auf die Unterschiede zwischen isoliertem System und System mit Umgebungspotential eingegangen werden. Die zwei Erhaltungsgrößen des isolierten Systems – die Energie und die Teilchenzahl – verlieren ihren Status als Erhaltungsgrößen für ein System mit Ein- und Auskopplung. Die Nichterhaltung der Teilchenzahl ist relativ trivial zu verstehen, da die imaginären Potentiale U1 und U2 gerade Teilchen in das System ein- bzw. auskoppeln. Dies führt unwiderruflich auf die Frage, wie viele Teilchen sich maximal während der Zeitentwicklung im System befinden. Eine Einteilchenbasis wie für das isolierte System scheint daher nicht die optimale Lösung des Problems zu sein. Jedoch wächst der Hilbertraum exponentiell mit der maximal erlaubten Anzahlen von Teilchen im System, sodass allein für ein System mit N = 20 Gitterplätzen, welches maximal halb gefüllt sein darf, die Matrix des Hamiltonoperators bereits die Dimension 616666 × 616666 besitzt. Eine Simulation für relativ lange Kette und damit N ≥ 100 74 IV. Mastergleichungen für das SSH-Modell N = 20 m = 1 0.05 ntraj = 1000 ntraj = 100 ntraj = 10 0.04 0.03 0.3 0.02 0.2 0.1 0.01 0 ntraj = 1000 ntraj = 100 ntraj = 10 0.4 hnit hnit N = 20 m = 5 0 250 500 t 750 0 1000 0 N = 200 m = 1 0.4 0.2 0.1 0 750 1000 ntraj = 1000 ntraj = 100 ntraj = 10 0.3 hnit hnit 0.3 500 t N = 200 m = 2 ntraj = 1000 ntraj = 100 ntraj = 10 0.4 250 0.2 0.1 0 250 500 t 750 1000 0 250 500 t 750 1000 Abbildung 4.9.: Zeitlicher Mittelwert eines zufällig gewählten Erwartungswertes hnit für m = 1 und das Potential U1 . Dabei wurden in allen Berechnungen die Parameter t = 1.0, ∆ = 0.3, γ = 0.1 verwendet. Gitterplätzen lässt sich somit nur für Fälle simulieren, in denen man die maximale Anzahl an Teilchen im System m gering hält. Es stellt sich dann jedoch die Frage, ob die Physik in einer reduzierten Basisdarstellung noch richtig wiedergegeben wird. Da nun äußere Umgebungseffekte in die Berechnung einfließen, ist es wichtig, die Anzahl der Quantentrajektorien der Simulation richtig zu wählen. Die korrekte Anzahl an Trajektorien ntraj ist dann erreicht, sofern sich keine Änderungen in den Erwartungswerten für verschiedene Werte von ntraj ergibt. In Abbildung 4.9 ist für das Potential U1 ein zeitlicher Mittelwert eines zufällig gewählten Erwartungswertes aufgezeigt. Neben den zwei unterschiedlichen Systemgrößen von N = 20 und N = 200 sind auch jeweils zwei unterschiedliche Anzahlen an erlaubten Elektronen im System abgebildet. Dabei ist zu erkennen, dass in allen Fällen aus Abbildung 4.9 die Berechnung für eine Anzahl ntraj = 100 konvergiert. Dieselben Berechnungen für das Potential U2 sind in Abbildung 4.10 aufgezeigt. Dabei fällt auf, dass die Anzahl der Trajektorien ntraj, die benötigt werden, um ein Konvergieren zu gewährleisten, sich je nach Potential unterscheiden. Für alle folgenden Berechnungen gelten die Standardwerte: • Potential U1 : ntraj = 100 • Potential 2: ntraj = 250 5.2. Dynamische Zeitentwicklung Im Folgenden soll die zeitliche Entwicklung verschiedener Anfangszustände für die beiden Potentiale 1 und 2 diskutiert werden. Im Gegensatz zum isolieren System kann es in diesem Falle Elektronen mit der Umgebung austauschen. Da damit die Energie keine Erhaltungsgröße mehr ist, ist anfänglich nicht klar, wie die Zeitentwicklung sich auf einen Zustand auswirkt. In 75 5. Das SSH-Modell unter Einfluss von Ein- und Auskoppelstellen N = 20 m = 1 0.05 0.5 ntraj = 1000 ntraj = 250 ntraj = 100 0.04 0.03 0.02 0.01 0 ntraj = 1000 ntraj = 250 ntraj = 100 0.4 hnit hnit N = 20 m = 5 0.3 0.2 0.1 0 250 500 t 750 0 1000 0 N = 200 m = 1 0.5 0.4 0.2 0.1 0 750 1000 ntraj = 1000 ntraj = 250 ntraj = 100 0.3 hnit hnit 0.3 500 t N = 200 m = 2 ntraj = 1000 ntraj = 250 ntraj = 100 0.4 250 0.2 0.1 0 250 500 t 750 1000 0 250 500 t 750 1000 Abbildung 4.10.: Zeitlicher Mittelwert eines zufällig gewählten Erwartungswertes hnit für m = 1 und das Potential U2 . Dabei wurden in allen Berechnungen die Parameter t = 1.0, ∆ = 0.3, γ = 0.1 verwendet. Abbildung 4.11 sind die Endzustände hniT für drei verschiedene Anfangszustände aufgezeigt. Das benutzte Potential U1 erlaubt dabei das Abfließen von Elektronen am ersten Gitterplatz und das Aufnehmen von Elektronen in das System am letzten Gitterplatz. Zwei der drei Anfangszustände sind dabei die topologisch stabilen Randzustände, wobei der dritte Anfangszustand ein zufällig ausgewählter Volumenzustand ist. Für alle drei Anfangszustände ergibt sich ein Endzustand, welcher hauptsächlich am Ende der atomaren Kette lokalisiert ist. Für den Randzustand in Abbildung 4.11 a), der bereits anfänglich am Ende der linearen Kette lokalisiert ist, spiegelt der Endzustand die Erwartungen wieder und entspricht dem Ergebnis des isolierten Systems. Für den Randzustand, der eine Lokalisierung am Anfang der linearen Kette besitzt, ergibt sich jedoch eine Zeitentwicklung, welche den Zustand nicht aufrechterhält, vielmehr findet ein Wechsel T Randzustand 1 −−−−→ Randzustand 2 statt. Auch der anfängliche Volumenzustand entwickelt sich zu einem Randzustand, der hauptsächlich am Ende der Kette lokalisiert ist. Vergleicht man den Wert der Amplitude des letzten Gitterplatzes hn200 iT der drei unterschiedlichen Fälle, so zeigt der anfängliche Volumenzustand am Ende eine deutlich geringe absolute Lokalisierung des letzten Gitterplatzes auf. Dies lässt sich damit begründen, dass alle drei Rechnungen in der Einteilchenbasis, also einer Gesamtteilchenanzahl m = 1, vollzogen wurden. Da jeder Anfangszustand einer Teilchenzahl von N = 1 entspricht, ist klar, dass zuerst ein Elektron am ersten Gitterplatz das System verlassen muss, damit ein Elektron von außen in das System fließen kann. Im Falle des Randzustandes 1 liegt eine hohe Wahrscheinlichkeit vor, das Teilchen am ersten Gitterplatz aufzufinden, damit ist auch die Wahrscheinlichkeit groß, dass das ursprüngliche Elektron das System verlässt und somit die Möglichkeit eröffnet, dass ein Elektron am Ende der Kette in das System einfließt. Tritt der Fall 76 1 0.8 0.6 0.4 0.2 0 a) 1 0.8 0.6 0.4 0.2 0 50 b) 0.2 100 n 150 200 0 50 0.6 hniT Anfangszustand 100 n 150 200 Endzustand 0.4 0.2 0 0 50 100 n 150 0 200 0.04 50 100 n 150 200 0.2 0.03 c) Anfangszustand 0.15 0.02 hniT hniT Endzustand 0.4 0 0 hniT 0.6 Anfangszustand hniT hniT IV. Mastergleichungen für das SSH-Modell 0.01 Endzustand 0.1 0.05 0 0 0 50 100 n 150 200 0 50 100 n 150 200 A b b i l du n g 4 . 11 . : Zeitentwicklung eines Systems, bestehend aus N = 200 Gitterplätzen, für das Potential U1 in der Einteilchenbasis m = 1. In jeder der drei Zeitentwicklungen wurden die Parameter ∆ = 0.3, t = 1.0, T = 25000, ntraj = 30 verwendet. Die Stärke des äußeren Potentials beträgt γ = 0.1 und das System befindet sich in der topologisch nichttrivialen Phase Θ = 0.1. Als Anfangszustände dienen dabei die beiden topologisch stabilen Randzustände a) respektive b) und ein Volumenzustand c). Erkennbar ist, dass sich unabhängig vom Anfangszustand ein Endzustand einstellt, welcher am Ende der linearen Kette lokalisiert ist. ein, dass ein Elektron in das System eingekoppelt wird, so ist die gesamte Lokalisierung dieses Elektrons am letzten Gitterplatz, was wiederum dem Randzustand 2 ähnelt. Dabei ist dies nicht exakt der Randzustand, da dieser eine weitere kleine Lokalisierung am drittletzten Gitterplatz besitzt (siehe auch Anfangszustand a) aus Abbildung 4.11). Dies liegt an der Endlichkeit des Systems. Die Situation nach der Einkopplung des Elektrons ist dann dieselbe wie für den Anfangszustand a) in Abbildung 4.11. In diesem Fall besetzt das Elektron den Randzustand 2 und ist daher nur am Ende der linearen Kette lokalisiert. Da die Wahrscheinlichkeit verschwindend ist, das Elektron im Randzustand 2 am ersten Gitterplatz aufzufinden, kann das Elektron das System nicht verlassen. Neben der Beschränkung durch die Einteilchenbasis gilt auch das fermionische Ausschlussprinzip und somit kann kein Elektron mehr in das System von außen eingekoppelt werden, sodass das äußere Potential keine Einwirkungen auf die Zeitentwicklung nimmt. Für den anfänglichen Volumenzustand ist die Wahrscheinlichkeit, das Elektron am Anfang der Kette aufzufinden, gleich der Wahrscheinlichkeit, das Elektron am Ende zu finden. Es gibt somit zwei Wege den Randzustand 2 zu erreichen. Zum einen eine direkte Lokalisierung des ursprünglichen Elektrons am Ende der Kette, oder zum anderen das Abfließen des ursprünglichen Elektrons aus dem System am ersten Gitterplatz, gefolgt von einer Einkopplung eines Elektrones am letzten Gitterplatz. Betitelt man die ersten 10 bzw. letzten 10 Gitterplätze als Anfang respektive Ende der Kette, so liegt die Lokalisierung des Anfangszustandes zwischen Anfang und Ende, sodass die Wahrscheinlichkeit im nächsten Zeitschritt deutlich größer ist, das Teilchen im mittleren Bereich aufzufinden, als am Anfang respektive Ende. Befindet sich das Elektron im mittleren Bereich des Systems, so schränkt der Hamiltonoperator, welcher nur Sprünge auf benachbarte 77 5. Das SSH-Modell unter Einfluss von Ein- und Auskoppelstellen hniT 0.3 T = 25000 T = 100000 0.2 0.1 0 0 50 100 n 150 200 A b b i l du n g 4 . 1 2 . : Endzustand eines Systems der Größe N = 200 in der Einteilchenbasis m = 1 mit dem Potential U1 der Stärke γ = 0.1 in der topologisch nichttrivialen Phase Θ = 0.1π. Als Anfangszustand beider Zeitentwicklungen diente der Volumenzustand c) aus Abbildung 4.11. Erkennbar ist das Anwachsen der Amplitude im Bereich der letzten Gitterplätze für größere Gesamtlaufzeiten T. Gitterplätze erlaubt die Wahrscheinlichkeit, das Elektron im nächsten Zeitschritt an einen der beiden Enden aufzufinden ein. Nach endlicher Zeit befindet sich jedoch auch im Falle des anfänglichen Volumenzustandes das Elektron an einem der beiden Enden, sodass einer der beiden zuvor beschriebenen Fälle eintritt. Die Erwartungshaltung im Falle des Volumenzustandes ist dann, dass eine längere Zeitentwicklung eine größere Amplitude am Ende des Systems aufzeigt. Dieses Verhalten bestätigt Abbildung 4.12, in der sich die beiden Gesamtlaufzeiten T = 25000 und T = 1000000 gegenüberstehen. Eine Gesamtlaufzeit T → ∞ würde dazu führen, dass alle drei Anfangszustände aus Abbildung 4.11 gegen den gleichen Endzustand konvergieren, nämlich den topologisch nichttrivialen Randzustand 2. Das Potential U1 liefert, zumindest in der bisher betrachteten Einteilchenbasis, ein System, welches unabhängig vom Anfangszustand immer in einem Randzustand endet. Durch die Positionswahl der Einkoppel- bzw. Auskoppelstelle lässt sich zudem die Lokalisierung des Endzustandes bestimmen. Dass der bisher besprochene Fall neben der Eigenschaft, am Rand lokalisiert zu sein, auch die Energielücke schließt, lässt sich durch Auftragen des Energieerwartungswertes überprüfen. Für die Anfangszustände aus Abbildung 4.11 ist dies in Abbildung 4.13 aufgezeigt. Für beide anfänglichen Randzustände a) und b) ist erkennbar, dass die Energie sich über die Zeit nicht ändert und immer einer verschwindenden Energie entspricht. Dies bedeutet auch, dass eine Transformation der beiden Randzustände im Potential U1 ohne Energiezufuhr möglich ist. Für den anfänglichen Volumenzustand c) lässt Abbildung 4.13 erkennen, dass dieser gegen den Wert 0 für lange Zeiten t → ∞ konvergiert. Der Endzustand aus dem Fall c) der Abbildung 4.11 erfüllt damit die überprüfbaren Eigenschaften eines topologisch geschützten Randzustandes aus der Betrachtung der stationären Gleichung mit einem effektiven imaginären Potential. Verändert man den Parameter Θ, so sollte nach Kapitel III ab einem Wert von Θ > 0.5π das Auftreten von topologisch stabilen Randzuständen nicht stattfinden. Für die drei gleichen Anfangszustände wie im Falle der topologisch nichttrivialen Phase (Θ = 0.1π) sind die Zeitentwicklungen in Abbildung 4.14 für den Winkel Θ = 0.9π aufgezeigt. Deutlich erkennbar zeigt das System in keinem der drei Fälle eine verstärkte Lokalisierung am Rand des Systems. Vielmehr ist die Wahrscheinlichkeitsverteilung des Elektrons am Ende der Zeitentwicklung gleichmäßig über alle Gitterplätze verteilt. Ein Auftreten eines stark am Rand lokalisierten Endzustandes ist damit ein Kennzeichen für die topologisch nichttriviale Phase des Systems, welches im Kontakt mit der 78 IV. Mastergleichungen für das SSH-Modell 2 a) b) c) hHi 1.5 1 0.5 0 0 100 200 300 t[103 ] Abbildung 4.13.: Erwartungswert der Energie aufgetragen über der Zeit. Die aufgezeigten Werte besitzen dieselben Anfangszustände wie sie in Abbildung 4.11 zu sehen sind. Als Parameter wurden die Werte N = 200, ∆ = 0.3, t = 1.0, Θ = 0.1π und γ = 1.0. Erkennbar ist, dass die anfänglichen Randzustände a) und b) für alle Zeiten eine Nullenergie besitzen, der Volumenzustand c) hingegen konvergiert für große Zeiten gegen einen topologischen Randzustand und somit gegen eine verschwindende Energie. Umgebung steht. Wird das System mit dem Potential U2 gekoppelt, so ist es möglich, an jedem Gitterplatz entweder Elektronen ein- oder auszukoppeln. Die numerischen Berechnungen für dieses Potential unter Zuhilfenahme der nichthermiteschen Quantenmechanik ergaben, dass auch für dieses Potential topologische Randzustände auftreten können. Wiederum werden die drei selben Anfangszustände wie bereits in Abbildung 4.11 zeitlich entwickelt. Die Zeitentwicklungen für die topologisch nichttriviale Phase Θ = 0.1π für das Potential U2 in der Einteilchenbasis ist in Abbildung 4.15 aufzufinden. Da nun der Austausch von Elektronen an jedem Gitterplatz erlaubt ist, ist anders als beim Potential U1 keine Einfluss- respektive Ausflussrichtung ausgezeichnet. Für den Fall eines anfänglichen Randzustandes ist die Erwartung, dass in der topologisch nichttrivialen Phase wiederum ein Randzustand als Endzustand vorliegt, jedoch ist nicht von Vorhinein klar, an welcher Seite dieser lokalisiert ist. Es zeigt sich, dass sich das Potential U2 gleich verhält wie das bereits besprochene Potential U1 . Jeder der beiden anfänglichen Randzustände, als auch der Volumenzustand besitzen den gleichen Endzustand. Dieser Endzustand ist wiederum der Randzustand 2. Auch dieses Verhalten lässt sich in der Einteilchenbasis bildlich erklären. Das System besitzt zwar an jedem Gitterplatz eine Möglichkeit, Elektronen auszutauschen, jedoch ist aufgrund der P T -Symmetrie vorausgesetzt, dass, sofern am ersten Gitterplatz Elektronen das System verlassen können, am letzten Gitterplatz Elektronen in das System eingekoppelt werden können. Außerdem sind die Wahrscheinlichkeiten ein Elektron, aus- respektive einzukoppeln, an jedem Gitterplatz gleich groß. Zusätzlich sind die Randzustände des isolierten endlichen Systems nicht nur am ersten bzw. letzten Gitterplatz lokalisiert, sondern zeigen auch am dritten bzw. drittletzten kleinere Wahrscheinlichkeiten auf (siehe dazu auch Abbildung 4.5). Das heißt, die größten Amplituden der Randzustände liegen jeweils auf denjenigen Gitterplätzen, welche denselben Elektronenaustauschstrom besitzen. Für den Fall, dass der Randzustand 2 dem Anfangszustand ähnelt, ist die Zeitentwicklung trivial, da das Elektron vorwiegend auf den beiden Gitterplätzen am Ende der linearen Kette 79 1 0.8 0.6 0.4 0.2 0 a) 0 1 0.8 0.6 0.4 0.2 0 50 b) 100 n 150 200 Anfangszustand hniT hniT Anfangszustand hniT hniT 5. Das SSH-Modell unter Einfluss von Ein- und Auskoppelstellen 0 50 100 n 150 200 0.04 0.01 0.008 0.006 0.004 0.002 0 Endzustand 0 50 100 n 150 200 Endzustand 0 50 100 n 150 200 0.012 0.03 c) Anfangszustand Endzustand 0.009 0.02 hniT hniT 0.01 0.008 0.006 0.004 0.002 0 0.01 0.006 0.003 0 0 50 100 n 150 200 0 0 50 100 n 150 200 Abbildung 4.14.: Zeitentwicklung der gleichen Anfangszustände mit den gleichen Systemparametern wie in 4.11 für die topologisch triviale Phase Θ = 0.9π. Für alle drei Anfangszustände ergibt sich ein nahezu gleichverteilter Endzustand. lokalisiert ist, an denen Elektronen in das System fließen können. Die Umgebung spielt keine Rolle, denn die Einteilchenbasis verhindert ein weiteres Einkoppeln in das System. Im Gegensatz zum Potential U1 verhindert jedoch allein die Reduzierung der Basis ein weiteres Einkoppeln von Elektronen und nicht das fermionische Ausschlussprinzip. Sofern der Anfangszustand dem Randzustand 1 ähnelt, dreht sich das Verhalten um. Die Wahrscheinlichkeit, dass das ursprüngliche Elektron relativ schnell aus dem System abfließt, ist sehr hoch, da der Zustand lediglich an Gitterplätzen lokalisiert ist, an denen Elektronen das System verlassen können. Hat das ursprüngliche Elektron das System verlassen, so liegt im Grunde der gleiche Fall vor wie für den anfänglichen Volumenzustand, denn ist das System leer, so ist die Wahrscheinlichkeit, ein Elektron in das System einzukoppeln, an jedem zweiten Gitterplatz gleich groß. Nun gibt es zwei verschiedene Möglichkeiten: 1. Das Elektron wird am Ende der linearen Kette eingekoppelt, was den Gitterplätzen ≈ N − 10 . . . N entspricht. Dort nimmt das Elektron mit großer Wahrscheinlichkeit den Randzustand an. 2. Das Elektron wird in einen der anderen Gitterplätze eingekoppelt. Durch den kinetischen Anteil des Hamiltonoperators kann sich das Elektron um jeweils einen Gitterplatz nach vorne respektive hinten bewegen. Dies geschieht solange, bis entweder das Elektron aus dem System ausgekoppelt wurde und das Vorgehen von vorne beginnt oder das Elektron das Ende der linearen Kette erreicht, wo es in den topologisch stabilen Randzustand übergeht. Auch für dieses Potential lässt sich der Endzustand als stabiler Randzustand neben der Lokalisierung am Ende der Kette auch an der Nullenergie ablesen, siehe dazu Abbildung 4.16. In Abbildung 4.17 sind die Zeitentwicklungen für den Bereich der topologisch trivialen Phase 80 1 0.8 0.6 0.4 0.2 0 a) 1 0.8 0.6 0.4 0.2 0 50 b) 0.2 100 n 150 200 0 50 0.6 hniT Anfangszustand 100 n 150 200 Endzustand 0.4 0.2 0 0 50 100 n 150 200 0 0.04 0.03 c) 50 0.6 Anfangszustand 0.02 hniT hniT Endzustand 0.4 0 0 hniT 0.6 Anfangszustand hniT hniT IV. Mastergleichungen für das SSH-Modell 0.01 100 n 150 200 Endzustand 0.4 0.2 0 0 0 50 100 n 150 200 0 50 100 n 150 200 A b b i l du n g 4 . 1 5 . : Zeitentwicklung eines Systems, bestehend aus N = 200 Gitterplätzen, für das Potential U2 in der Einteilchenbasis m = 1. In jeder der drei Zeitentwicklungen wurden die Parameter ∆ = 0.3, t = 1.0, T = 25000, ntraj = 30 verwendet. Die Stärke des äußeren Potentials beträgt γ = 0.1 und das System befindet sich in der topologisch nichttrivialen Phase Θ = 0.1. Als Anfangszustände dienen dabei die beiden topologisch stabilen Randzustände a) respektive b) und ein Volumenzustand c). Erkennbar ist, dass sich unabhängig vom Anfangszustand der gleiche Endzustand einstellt, welcher am Ende der linearen Kette lokalisiert ist. (Θ = 0.9π) aufgezeigt. In allen der drei dargestellten Fälle ist der Endzustand kein Randzustand, sondern ein Zustand, welcher gleichverteilt über alle Gitterplätze ist. 5.3. Phasendiagramm Im Folgenden wird die Fragestellung diskutiert, ob man unter Zuhilfenahme der Mastergleichungen ein Phasendiagramm analog zu dem in Abbildung 4.18 erstellen kann, sobald ein äußeres Potential anliegt. Anders als im Fall eines isolierten Systems, hängt der Endzustand in der Einteilchenbasis für lange Zeiten T → ∞ nicht vom Anfangszustand ab. Wie in Abschnitt 5.2 bereits geschildert, ergeben sich sowohl für das Potential U1 , als auch für das Potential U2 Endzustände, welche einem am Ende lokalisierten topologischen Randzustand entsprechen, sofern man sich in der topologisch nichttrivialen Phase befindet. Eine Änderung des Endzustandes durch die Variation des Winkels Θ bedeutet dann einen Phasenübergang. Um dies sichtbar zu machen, wird der Winkel Θ variiert und die letzten a = 10 Gitterplatzamplituden des Endzustandes addiert und über den Winkel Θ aufgetragen. Für zwei verschiedene Anfangszustände sind in Abbildung 4.18 die Phasendiagramme zusehen. Beide Phasendiagramme zeigen dabei einen erheblichen Sprung am Punkt Θ = 0.5π auf, was mit der numerischen Berechnung übereinstimmt, die mit Hilfe der nichthermiteschen Quantenmechanik in Abschnitt III vollzogen wurde. Nach dem kritischen Wert Θc = 0.5π zeigt das Phasendiagramm einen konstanten Wert, der nicht bei Null liegt, sondern bei etwa 0.05. Dieser Wert lässt sich erklären, indem man die Abbildung 4.14 aus dem vorigen Abschnitt zu Hilfe zieht. In dieser Abbildung sind die Endzustände für den Fall der topologisch trivialen Phase zu sehen. 81 5. Das SSH-Modell unter Einfluss von Ein- und Auskoppelstellen 2 a) b) c) hHi 1.5 1 0.5 0 0 100 200 300 t Abbildung 4.16.: Erwartungswert der Energie aufgetragen über der Zeit. Die aufgezeigten Werte besitzen dieselben Anfangszustände wie sie in Abbildung 4.15 zu sehen sind. Als Parameter wurden die Werte N = 200, ∆ = 0.3, t = 1.0, Θ = 0.1π und γ = 0.1 verwendet. Erkennbar ist, dass die anfänglichen Randzustände a) und b) für alle Zeiten eine Nullenergie besitzen, der Volumenzustand c) hingegen konvergiert für große Zeiten gegen einen Randzustand mit verschwindender Energie. Diese sind jeweils Zustände, die in guter Näherung gleichverteilt über das ganze System sind. Im Falle der Einteilchenbasis ist die Annahme, zu jeder Zeit ein Teilchen im System aufzufinden eine gute Näherung. Für einen gleichverteilten Zustand eines Systems mit N = 200 Gitterplätzen müssen sich alle Amplituden zu 1 addieren 200 ∑ hni iT = 200 hni iT = 1 . (4.18) i =1 Jeder Gitterplatz trägt also etwa die Amplitude 1/200 = 0.005 bei. Addiert man nun die letzten a = 10 Gitterplatzamplituden des Endzustandes, so ergibt sich der Wert 0.05, welcher gut mit den in Abbildung 4.18 dargestellten Phasendiagrammen übereinstimmt. Für das Potential U2 ist für einen anfänglichen Volumenzustand das Phasendiagramm für drei verschiedene Werte von γ in 4.19 abgebildet. Erneut lässt sich für jeden der drei γ-Werte ein Phasensprung am kritischen Punkt Θc = 0.5π erkennen. Das Potential U2 zeigt somit ein Phasenspektrum, welches unabhängig von der Stärke des Ein- bzw. Auskoppeleffektes γ an den einzelnen Gitterplätzen ist. Dies ist wiederum eine Bestätigung der Ergebnisse der topologischen Betrachtung im Rahmen der nichthermiteschen Quantenmechanik. Für große Werte von γ ist erkennbar, dass für geringere Zeiten das System vollständig in einen Randzustand übergeht. Diese Aussage wird dadurch bekräftigt, dass die addierten Amplituden der letzten 10 Gitterplätze den Wert 1 ergeben. Das heißt, das Elektron im Endzustand ist nur in den letzten 5% der linearen Kette aufzufinden. Für kleinere Werte von γ benötigt das System eine längere Laufzeit T, um auch vollständig in einen Randzustand überzugehen. Für den Fall von γ = 0.1 ist dieses Verhalten in Abbildung 4.20 dargestellt. Ab einer Zeit von T = 50000 und dem Winkel Θ < 0.5π ist das Elektron des Endzustandes vollständig in den letzten 5% der linearen Kette lokalisiert. In allen betrachteten Phasendiagrammen mit äußerem Potential fällt auf, dass ein Phasenübergang analog dem topologischen aus der stationären Betrachtung zwar mit bloßem Auge auffindbar gemacht werden kann, dieser jedoch nicht durch einen Phasensprung gekennzeichnet 82 1 0.8 0.6 0.4 0.2 0 a) Endzustand 0.005 0.004 0 1 0.8 0.6 0.4 0.2 0 50 b) 100 n 150 200 0 50 100 n 150 200 0.006 Anfangszustand hniT hniT 0.006 Anfangszustand hniT hniT IV. Mastergleichungen für das SSH-Modell Endzustand 0.005 0.004 0 50 100 n 150 0 200 50 100 n 150 200 0.04 c) 0.006 Anfangszustand 0.02 hniT hniT 0.03 0.01 Endzustand 0.005 0.004 0 0 50 100 n 150 200 0 50 100 n 150 200 A b b i l du n g 4 . 1 7 . : Zeitentwicklung der gleichen Anfangszustände mit den gleichen Systemparametern wie in Abbildung 4.15 für die topologisch triviale Phase bei Θ = 0.9π. Für alle drei Ausgangszustände ergibt sich ein nahezu gleichverteilter Endzustand. ist, sondern vielmehr stetig abläuft. Dieses Verhalten lässt sich zum einen durch die Endlichkeit der Schritte erklären, mit denen der Parameter Θ variiert wird (in jedem der Phasendiagramme wurden die Berechnungen mit einem Raster von Θ = 0.01 durchgeführt), zum anderen werden in dieser Darstellung der Phasendiagramme zeitliche Mittelwerte von Erwartungswerten betrachtet, die an sich selbst keine topologische Invariante darstellen, sondern nur ein Maß der überprüfbaren Auswirkungen sind. Man spricht also nicht mehr zwangsweise von einem topologischen Phasenübergang. Vielmehr stellt man fest, dass auch das dynamische System die wesentlichen Effekte enthält. Dies muss jedoch nicht mehr sprunghaft geschehen und tut es auch nicht. 6. Vielteilchenzustände In diesem Abschnitt sollen die Vielteilchenzustände im SSH-Modell diskutiert werden. Vielteilchenzustände liegen dann vor, sofern für die maximale Füllung des Systems m > 1 gilt. Wie viele Teilchen sich maximal gleichzeitig im System befinden, ist anfänglich nicht klar. Eine Rechnung für ein Beispielsystem der Größe N = 20 und m = 10 im Potential U1 zeigt, dass die Anzahl an Teilchen nie den Wert 9 überschreitet. Abbildung 4.21 zeigt dabei den zeitlichen Mittelwert der Gesamtteilchenanzahl hN it . Erkennbar ist, dass das System bereits für kurze Zeiten eine Sättigung der Gesamtteilchenanzahl aufzeigt. Für ein System mit Vielteilchenzuständen stellt sich die Frage, ob die topologischen Eigenschaften erhalten bleiben. Betrachtet man ein System in der topologischen Phase mit der maximalen Füllung m = 2, dass die Anfangsbedingung eines Elektrons im Randzustand besitzt, so stellt sich die Frage, was mit dem zweiten Elektron in dem System passiert, respektive ob ein weiteres Elektron überhaupt in das System eingekoppelt werden kann. Offensichtlich lässt sich die Frage der Einkopplung eines weiteren Teilchens durch Betrachtung der Gesamtteilchenanzahl h N it für die vollständige Basis in Abbildung 4.21 83 6. Vielteilchenzustände 1 a) Amplitude 0.8 hni0 0.6 0.4 0.2 0 0 25 50 75 100 n 125 150 175 Amplitude hni0 0.01 0 25 50 75 100 n 125 150 175 200 a = 10 0 200 b) 0 1 0.9 0.8 0.7 0.6 0.5 0.4 0.3 0.2 0.1 0 0.2 0.4 0.6 Θ [π] 0.8 0.7 0.6 0.5 0.4 0.3 0.2 0.1 0 0.8 1 a = 10 0 0.2 0.4 0.6 Θ [π] 0.8 1 Abbildung 4.18.: Phasendiagramme (rechts) für zwei unterschiedliche Anfangszustände (links). Dabei wurden für festgehaltene Parameter N = 200, ∆ = 0.3, t = 1.0 und γ = 0.1 im Potential U1 der Parameter Θ in Intervallen 0.01 verändert und dabei der Endzustand für die Gesamtlaufzeit von T = 25000 untersucht. Die Amplituden der zeitlichen Mittelwerte der Erwartungswerte aus den letzten 10 Gitterplätzen werden dabei addiert und über den Parameter Θ aufgetragen. Für den Fall eines anfänglichen Randzustandes ergeben sich zwei Bereiche, Θ < 0.5π und Θ > 0.5π, die konstante Werte aufzeigen. Beide Bereiche sind dabei stetig miteinander verbunden. Aus den nichthermiteschen Berechnungen folgt die Erwartung, dass die Amplitude im Bereich Θ < 0.5π bei 1 liegen sollte, was für den Fall a) des ursprünglichen Randzustandes erfüllt wird. Für den Fall b) des Volumenzustandes ist die Zeitentwicklung für die Laufzeit T = 25000 noch nicht komplett auskonvergiert, sodass dort die Amplitude im Bereich der topologisch nichttrivialen Phase den Wert 1 deutlich unterschreitet. Dieses Problem könnte durch längere Laufzeiten T umgangen werden, setzt jedoch lange numerische Rechenzeiten voraus. beantworten, denn die mittlere Elektronenanzahl im System überschreitet deutlich den Wert 1. Da es sich bei Elektronen um Fermionen handelt, kann jeder Gitterplatz nur von einem Elektron besetzt werden, sodass es durch das fermionische Ausschlussprinzip zu Wechselwirkungen der Elektronen untereinander kommt, obwohl lediglich ein kinetischer Term im Hamiltonoperator zu finden ist. Eine naive Vorstellung eines Zweiteilchenzustandes wäre dabei, dass ein Elektron den topologischen Randzustand | T i annimmt, während sich das andere Elektron in einem anderen Zustand |V i befindet. Der Vielteilchenzustand wäre dann gegeben durch 1 | T i1 | T i2 |ψi = √ det |V i1 |V i2 2 (4.19) 1 = √ (| T i1 |V i2 − |V i1 | T2 i) , 2 wobei der Index für das erste respektive zweite Elektron steht. Der Zustand (4.19) lässt sich dabei nicht durch eine Linearkombination von Einteilchenzuständen der Form | ψ i = a | T i1 + b |V i2 (4.20) zerlegen. Ein einzelner topologisch stabiler Randzustand, der Eigenzustand des Hamiltonoperators ist, existiert somit im Vielteilchenbild nicht mehr, jedoch können die topologischen Eigen- 84 IV. Mastergleichungen für das SSH-Modell 0.02 γ = 0.1 1 Amplitude hni0 Anfangszustand 0.01 0.8 0.6 0.4 0.2 0 0 0 25 50 75 100 125 150 175 200 n γ = 2.5 0.2 0.4 0.6 Θ [π] 0.8 0.6 0.4 0.2 0.8 1 γ = 10.0 1 Amplitude Amplitude 1 0 0 0.8 0.6 0.4 0.2 0 0.2 0.4 0.6 Θ [π] 0.8 1 0 0 0.2 0.4 0.6 Θ [π] 0.8 1 A b b i l du n g 4 . 1 9 . : Phasendiagramm für das Potential U2 eines Systems mit N = 200 Gitterplätzen. Für die Parameter ∆ = 0.3, t = 1.0 wurde die Zeitentwicklung mit Laufzeit T = 25000 in der Einteilchenbasis m = 1 für verschiedene Werte von Θ vollzogen. Der Parameter Θ wurde dabei in Schritten 0.01 verändert. Neben den Phasendiagrammen für verschiedene Potentialstärken γ ist auch der Anfangszustand abgebildet, welcher für jede der drei Rechnungen verwendet wurde. Die unterschiedlichen Phasen lassen sich durch die Auftragung der Amplituden des Endzustandes der jeweils letzten 10 Gitterplätze merkbar unterscheiden. Für alle Potentialstärken γ liegt der topologische Phasenübergang bei Θ ≈ 0.5π und ist damit unabhängig von γ. Es lässt sich jedoch erkennen, dass die addierte Amplitude im topologisch nichttrivialen Bereich vom Wert γ abhängt. Für kleinere Potentialstärken γ ist dabei der Endzustand für die Gesamtlaufzeit T = 25000 noch nicht vollständig in den topologisch stabilen Randzustand übergegangen. Neben einer längeren Gesamtlaufzeit T kann man auch die Potentialstärke γ erhöhen, um ein vollständiges Konvergieren des anfänglichen Volumenzustands in den stabilen Randzustand voranzutreiben. schaften des Systems qualitativ untersucht werden, indem die Aufenthaltswahrscheinlichkeit, ein Elektron zu finden, am Ende der Kette deutlicher höher liegt als auf den übrigen Gitterplätzen. In Abbildung 4.22 wurden jeweils die Endzustände der zeitlichen Entwicklung für eine verschiedene Anzahl an maximal erlaubten Teilchen im System m aufgetragen. Als Ausgangspunkt diente in allen Fällen ein Einteilchenvolumenzustand, wie er in Abbildung 4.11 c) zu sehen ist. Aus Abbildung 4.11 lässt sich eine erhöhte Aufenthaltswahrscheinlichkeit am Rand des Systems, selbst im Falle m = 9, also einem vollgesättigten System, erkennen. Es ist sogar so, dass die absolute Aufenthaltswahrscheinlichkeit am Ende der Kette mit steigender Anzahl an Teilchen im System wächst. Das selbe Argument ist jedoch nicht für Vielteilchenzustände des Potentials U2 anwendbar. Betrachtet man hier die Endzustände der Zeitentwicklung für verschiedene m, so fällt auf, dass die Wahrscheinlichkeit am Rand des Systems für m > 1 im Vergleich zur Einteilchenlösung abnimmt. Das anliegende Potential führt auf eine Unterdrückung der Besetzung des Randes, die von der fermionischen Wechselwirkung der Elektronen innerhalb des Systems herrührt. 85 7. Vergleich von Mastergleichung und nichthermitescher Quantenmechanik T = 5 · 1033 T = 10 · 103 T = 50 · 10 T = 100 · 103 Amplitude 1 0.5 0 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 Θ [π] A b b i l du n g 4 . 2 0 . : Phasendiagramme für die gleichen Parameter wie in Abbildung 4.19. Im Gegensatz zu der variablen Potentialstärke wurde in diesem Fall diese auf den Wert γ = 0.1 fixiert und die Gesamtlaufzeit geändert. Das Verhalten der Phasendiagramme zeigt auf, dass für kleine Potentialstärken die Gesamtlaufzeit erhöht werden muss, um eine vollständige Konvergenz in den stabilen Randzustand in der topologisch nichttrivialen Phase zu erreichen. 7. Vergleich von Mastergleichung und nichthermitescher Quantenmechanik Dieser Abschnitt dient dazu, die Verfahren der nichthermiteschen Quantenmechanik respektive der Mastergleichungen für den Fall des SSH-Modells mit Ein- und Auskoppeleffekten zu vergleichen. Dabei soll zuerst einmal bemerkt sein, dass im Falle der nichthermiteschen Quantenmechanik alle Rechnungen in der Einteilchenbasis vollzogen wurden, im Gegensatz zu den Mastergleichungen, für welche die Basis des Fockraums benutzt wird. Der Ansatz komplexer Energien bietet die Möglichkeit, den Zerfall bzw. Gewinn eines Eigenzustandes des Systems zu beschreiben und nicht die direkte Ein- bzw. Auskopplung von Teilchen des Systems. Den Weg der nichthermiteschen Quantenmechanik für einen topologischen Isolator einzuschlagen, bietet jedoch den sehr großen Vorteil, dass die topologischen Eigenschaften des Systems korrekt wiedergegeben werden, gleichzeitig ist die Lösung der stationären Schrödingergleichung eines P T -symmetrischen Hamiltonoperators sehr viel leichter und mit deutlich weniger numerischem Aufwand zu erreichen als die Lösungen der dynamischen Zeitentwicklung im Vielteilchenproblem. Für alle P T -symmetrischen Potentiale, die in Verbindung mit den beiden Systemen, dem Kitaev-Modell und dem SSH-Modell, in dieser Arbeit betrachtet wurden, existieren zwei topologisch verschiedene Phasen, die durch das Auftreten von Randzuständen charakterisiert sind. Für das SSH-Modell in Verbindung mit dem Gewinn- und Verlustpotential U1 zeigt die Lösung der nichthermiteschen stationären Schrödingergleichung ein Spektrum, das ein komplex konjugiertes Paar an Energien hervorbringt. Bei genauerer Betrachtung des Systems sind die beiden Randzustände in der topologisch nichttrivialen Phase verantwortlich für das Brechen der P T -Symmetrie und damit für die komplexwertigen Energien. Befindet man sich im topologisch nichttrivialen Bereich |Θ| < 0.5π, so existiert ein Randzustand, der einen Gewinn erfährt (Im( E) > 0) und ein Randzustand, für den die Wahrscheinlichkeit mit der Zeit abnimmt (Im( E) < 0). 86 IV. Mastergleichungen für das SSH-Modell 9 8 7 hN it 6 5 m = 10 4 3 2 1 0 0 2500 5000 t 7500 10000 A b b i l du n g 4 . 2 1 . : Zeitlicher Mittelwert der Gesamtteilchenanzahl für ein System der Größe N = 20 und einer maximal erlaubten Füllung des Systems m = 10. Die Parameter ∆ = 0.3, t = 1.0, Θ = 0.1π und γ = 1.0 wurden gewählt. Erkennbar überschreitet die Gesamtteilchenanzahl des Systems nie den Wert 9, sodass die Wahl m = 9 ausreicht, um die Physik ohne Einschränkung der Basis zu beschreiben. Ist die nichthermitesche Berechnung auf die Lösung der dynamischen Mastergleichung anwendbar, so sollte für lange Zeiten nur derjenige Zustand überleben, der einen positiven Imaginärteil der Energie besitzt, also in diesem Fall einer der Randzustände. Dabei zeigt die nichthermitesche Berechnung ein erwartetes Ergebnis in Bezug auf die Frage, welche komplexe Energie zu welchem Randzustand gehört, denn der Randzustand mit negativem Imaginärteil ist am Anfang der linearen Kette, also am Verlustpunkt, lokalisiert und damit folgt eine Lokalisierung des zweiten Randzustandes am Gewinnpunkt. Übertragen auf das Vielteilchenproblem sollte für lange Zeiten damit eine erhöhte Lokalisierung am Ende des Systems auftreten. Bei Betrachtung von Abbildung 4.11 wird diese Erwartung bestätigt, unabhängig des anfänglichen Zustandes tritt dabei ein Zustand auf, der vornehmlich am Ende des Systems lokalisiert ist. Wie in Abschnitt 4.1 angesprochen lassen sich topologische Phasendiagramme mit Hilfe der Mastergleichungen erstellen. Erinnert man sich an die Ergebnisse der Zak-Phase für die nichthermiteschen Potentiale des SSH-Modells, so befindet sich der topologische Phasenübergang bei Θ = 0.5π unabhängig von der Stärke oder Art des Potentials. Ein Vergleich mit den aus den Mastergleichungen gewonnenen Phasendiagrammen aus Abbildung 4.18 für das Potential U1 respektive 4.19 für U2 zeigt auf, dass ein analoger Phasenübergang mit Hilfe einer dynamischen Zeitentwicklung des Systems identifiziert werden kann. Dabei bleibt die direkte Berechnung der Zak-Phase im dynamischen Fall der Mastergleichungen verwehrt, da für diese Berechnung die Eigenzustände des Systems benötigt werden und diese nicht aus der Lösung der Mastergleichungen, also der Dichtematrix $(t), gewonnen werden können. Abschließend kann die Aussage gefunden werden, dass für das betrachtete SSH-Modell mit den Potentialen U1 und U2 die dynamische Zeitentwicklung auf Ergebnisse führt, welche sich gut mit den nichthermiteschen Ergebnissen erklären lassen. 87 0.8 0.6 0.4 0.2 0 m=1 hniT hniT 7. Vergleich von Mastergleichung und nichthermitescher Quantenmechanik 0.8 0.6 0.4 0.2 0 0.8 0.6 0.4 0.2 0 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 n m=3 hniT hniT 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 n m=2 0.8 0.6 0.4 0.2 0 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 n m=9 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 n 0.8 0.6 0.4 0.2 0 0.6 m=1 hniT hniT Abbildung 4.22.: Endzustand der zeitlichen Entwicklung eines anfänglichen Einteilchenvolumenzustandes für eine verschiedene Anzahl an maximal erlaubten Teilchen im System m. Das System besteht dabei aus N = 20 Gitterplätzen mit den Parametern ∆ = 0.3, t = 1.0, Θ = 0.1π und dem Potential U1 mit γ = 0.1. 0.4 0.2 0 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 n 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 n 0.6 m=3 0.2 hniT hniT 0.4 m=2 0 m=7 0.4 0.2 0 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 n 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 n Abbildung 4.23.: Endzustand der zeitlichen Entwicklung eines anfänglichen Einteilchenvolumenzustandes für eine verschiedene Anzahl an maximal erlaubten Teilchen im System m. Das System besteht dabei aus N = 20 Gitterplätzen mit den Parametern ∆ = 0.3, t = 1.0, Θ = 0.1π und dem Potential U2 mit γ = 0.1. 88 V. Zusammenfassung und Ausblick In dieser Arbeit wurde neben dem SSH-Modell, also einem eindimensionalen topologischen Isolator, auch ein topologischer Supraleiter, das eindimensionale Kitaev-Modell, in Verbindung mit verschiedenen Gewinn- und Verlustpotentialen untersucht. Im ersten Teil der vorliegenden Arbeit wurden die Gewinn- und Verlusteffekte durch nichthermitesche P T -symmetrische Potentiale simuliert. Da vorhergehende Veröffentlichungen [5, 6] unterschiedliche Ergebnisse von topologischen Systemen in Verbindung mit einem P T -symmetrischen Potential hervorbrachten, bestand die erste Aufgabe dieser Masterarbeit darin, diesen Widerspruch aufzulösen und zu erklären. Eine Analyse der in beiden Modellen auftretenden topologischen Randzustände führte dabei zu der Aussage, dass im Kitaev-Modell die Randzustände durch eine intrinsische Elektron-Loch-Symmetrie vor einem P T -Bruch geschützt werden und damit einen rein reellen Energieeigenwert besitzen, wohingegen die Randzustände im SSH-Modell die P T -Symmetrie schon bei kleinen, nichtverschwindenden Potentialstärken γ verletzen und somit komplexe Energien besitzen. Das erklärt, warum im SSH-Modell der topologische Phasenübergang mit dem Bruch der P T -Symmetrie identisch ist, während das im Kitaev-Modell nicht der Fall ist. Für beide Systeme traten in allen betrachteten P T -symmetrischen Potentialen unterschiedliche topologische Phasen auf. Diese wurden zunächst so unterschieden, dass die in der topologisch nichttrivialen Phase auftretenden Randzustände genau dieselben Eigenschaften tragen müssen wie die bereits bekannten topologisch geschützten Randzustände im isolierten Fall. Für jedes der beiden Systeme konnte dabei eine Bedingung gefunden werden, um die unterschiedlichen topologischen Phasen zu charakterisieren, jedoch waren diese im Falle anliegender Gewinnund Verlustpotentiale für beide Systeme unterschiedlich, sodass die Frage nach einer für beide Modelle gültigen Definition zur Unterscheidung der topologischen Phase aufkam. Für den Fall der isolierten Systeme beschreibt die Zak-Phase Γ=i I BZ hψ(k)|∂k |ψ(k)i dk eine topologische Invariante, welche die triviale und nichttriviale Phase unterscheidbar macht. Eine Hauptaufgabe dieser Arbeit bestand darin, die Zak-Phase auf eindimensionale nichthermitesche Systeme zu erweitern und damit die auftretenden topologischen Phasen in Systemen mit Gewinn- und Verlustpotentialen zu kennzeichnen. Dabei führte die Ersetzung der allseits bekannten Orthogonalitätsbedingung der Quantenmechanik durch eine Biorthognalbasis für linksund rechtsseitige Eigenvektoren zu der nichthermiteschen Definition der Zak-Phase, nämlich Γ=i I BZ hψ` (k)|∂k |ψr (k)i dk . Die rechtsseitigen Eigenvektoren werden aus der bekannten stationären Schrödingergleichung gewonnen, während für die linksseitigen Eigenvektoren eine Eigenwertgleichung für den hermitesch konjugierten Hamiltonoperator H † gelöst werden muss. Für das SSH-Modell in Verbindung mit dem P T -symmetrischen Gewinn- und Verlustpotential U2 führt die Berechnung der nichthermiteschen Zak-Phase unter der Einführung einer globalen Zak-Phase [16] zum Ziel, die auftretenden topologischen Phasen durch eine Invariante zu unterscheiden. Für das Kitaev-Modell wurde ein reines Verlustpotential, also ein P T -unsymmetrisches Potential verwendet, um zu zeigen, 89 dass die Definition der nichthermiteschen Zak-Phase auch für Systeme anwendbar ist, welche keine P T -Symmetrie vorweisen. Darüber hinaus wurde ein Algorithmus entwickelt, der diese Information auch dann zugänglich macht, wenn analytische Ausdrücke der Eigenzustände nicht mehr zugänglich sind. Für den Fall isolierter Systeme existiert neben der Berechnung der Zak-Phase auch die Möglichkeit, den topologischen Phasenübergangspunkt mit Hilfe eines exzeptionellen Punktes [9] zu identifizieren. Diese Methode wurde für die beiden Systeme sowohl im isolierten, als auch für den Fall von anliegenden Gewinn- und Verlustpotentialen getestet. Dabei zeigte sich, dass die Methode des exzeptionellen Punktes für hermitesche Systeme anwendbar ist, der Erfolg zur Bestimmung des topologischen Phasenübergangs im nichthermiteschen Fall jedoch vom betrachteten System abhängig ist und sie sich somit nicht zu einer allgemein gültigen Definition des topologischen Phasenübergangs eignet. Neben dem Ansatz, P T -symmetrische Potentiale zu verwenden, um effektiv Gewinn- und Verlusteffekte in offenen Quantensystemen zu beschreiben, können auch dynamische Mastergleichungen zur Simulation von Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten herangezogen werden. Im Vergleich zur nichthermiteschen Herangehensweise werden die Gewinn- und Verlusteffekte durch das Ein- bzw. Auskoppeln von Teilchen durch die sogenannten Superoperatoren beschrieben. Der letzte Teil dieser Arbeit befasst sich mit der Lösung der Mastergleichungen des SSH-Modells in Verbindung mit Ein- und Auskoppeleffekten, die ein Analogon zu den bereits aufgetretenen P T -symmetrischen Potentialen bilden. Durch Lösen der dynamischen Mastergleichungen lässt sich die Dichtematrix des Systems bestimmen. Aus dieser Dichtematrix lassen sich die Erwartungswerte der einzelnen Gitterplätze zum Endzeitpunkt der Zeitentwicklung bestimmen. Diese bieten dabei eine gute Möglichkeit, die in den nichthermiteschen Berechnungen auftretenden Randzustände wiederzuerkennen. Durch Vergleich der beiden Berechnungsmethoden stellt sich heraus, dass die Ergebnisse der dynamischen Zeitentwicklung ausnahmslos mit denen der nichthermiteschen Potentiale kompatibel und erklärbar sind. Die theoretische Behandlung von topologischen Isolatoren in Verbindung mit Gewinn- und Verlusteffekten steht erst am Anfang ihrer Entwicklung. Dies ist auch darauf zurückzuführen, dass das Gebiet der isolierten topologischen Isolatoren noch lange nicht vollständig verstanden ist und alle topologische Effekte aufgedeckt sind. Neben den hier besprochenen Modellen benötigt es die Untersuchung weiterer Systeme mit P T -symmetrischen Potentialen in Bezug auf die Richtigkeit der globalen Zak-Phase zur Unterscheidung der topologischen Phasen in nichthermiteschen Systemen. In dieser Arbeit wurden ausschließlich eindimensionale Systeme behandelt, die spinlose Elektronen beschreiben. In einem weiteren Schritt könnte untersucht werden, ob der Spin der Elektronen Auswirkungen auf die topologischen Phasen mit sich führt. Für mehrdimensionale Systeme müsste die Definition der topologischen Invarianten mit Hilfe der Zak-Phase überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Neben der Betrachtung von fermionischen Systemen existieren auch bereits bekannte bosonische Vielteilchensysteme, wie zum Beispiel dem Übergitter-Bose-Hubbard-Modell [20], in denen topologisch stabile Randzustände auftreten können. Bosonische und fermionische Systeme lassen sich in Form von kalten Quantengasen experimentell wesentlich kontrollierter als Festkörper untersuchen. Daher wäre es interessant, die hier vorgestellten Arbeiten darauf zu erweitern. Die in dieser Arbeit aufgestellten dynamischen Mastergleichungen bieten einen ersten Ansatz, um auch topologische Randzustände in Vielteilchensystemen identifizieren zu können. Für eine vollständige theoretische Beschreibung topologischer Eigenschaften in Bezug auf ein Vielteilchensystem wäre es wünschenswert, eine topologische Invariante zu finden, die aus der Dichtematrix berechnet werden kann. 90 Danksagung An dieser Stelle möchte ich mich bei allen bedanken, die diese Masterarbeit ermöglicht haben. Als erstes möchte ich Herrn Prof. Dr. Günter Wunner danken, der mir die Möglichkeit bereitete, eine Masterarbeit am 1. Institut für Theoretische Physik zu verfassen. Außerdem gilt mein Dank Herrn Prof. Udo Seifert für die Übernahme des Mitberichts Besonders danken möchte ich Dr. Holger Cartarius, der jederzeit ein offenes Ohr für Fragen hatte und den Hauptbericht dieser Arbeit übernommen hat. Ein Dank geht auch an meinen Bürokollegen Jan Schnabel, mit dem ich in meiner kompletten Zeit am 1. Institut für Theoretische Physik hinweg ein Büro in stets harmonischer Atmosphäre teilen durfte. Außerdem danke ich allen Mitarbeitern des 1. Instituts für Theoretische Physik für eine tolle Arbeitsatmosphäre. Zuletzt möchte ich meiner Familie danken, die mich über das gesamte Studium hinweg unterstützt hat. 91 Erklärung Ich versichere, • dass ich diese Masterarbeit selbständig verfasst habe, • dass ich keine anderen als die angegebenen Quellen benutzt und alle wörtlich oder sinngemäß aus anderen Werken übernommenen Aussagen als solche gekennzeichnet habe, • dass die eingereichte Arbeit weder vollständig noch in wesentlichen Teilen Gegenstand eines anderen Prüfungsverfahrens gewesen ist, • dass ich die Arbeit weder vollständig noch in Teilen bereits veröffentlicht habe, es sei denn, der Prüfungsausschuss hat die Veröffentlichung vorher genehmigt • und dass das elektronische Exemplar mit den anderen Exemplaren übereinstimmt. Stuttgart, den 6. Oktober 2016 Marcel Klett Literatur [1] C. M. Bender und S. Boettcher. „Real Spectra in Non-Hermitian Hamiltonians Having P T Symmetry“. Phys. Rev. Lett. 80 (1998). [2] K. von Klitzing. „The quantized Hall effect“. Rev. Mod. Phys. 58 (1986), S. 519–531. 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