Nichttriviale topologische Phasen in quantenmechanischen

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Universität Stuttgart
Masterarbeit
Nichttriviale topologische Phasen
in quantenmechanischen Vielteilchensystemen
mit Gewinn- und Verlusteffekten
Eingereicht von:
Marcel Klett
6. Oktober 2016
Hauptberichter: PD Dr. Holger Cartarius
Mitberichter:
Prof. Dr. Udo Seifert
1. Institut für Theoretische Physik
Universität Stuttgart
Pfaffenwaldring 57, 70550 Stuttgart
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
1.
Motivation und Einführung in das Thema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.
Aufbau der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
II. Grundlagen
1.
Nichthermitesche Quantenmechanik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.
Wahrscheinlichkeitsentwicklung in nichthermiteschen Quantensystemen
3.
Topologische Isolatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.1.
Randzustände und Volumenzustände . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.
Die Zak-Phase als topologische Invariante . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.1.
Die Berry-Phase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2.
Berry-Phase in Blochbändern Die Zak-Phase . . . . . . . . . . . . . .
5.
Das Kitaev-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.
Das SSH-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.
Mastergleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.1.
Die Dichtematrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.2.
Umgebungseffekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.3.
Superoperatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.4.
Quanten-Monte-Carlo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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III. Verhalten topologischer Phasen in Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten
1.
Die Potentiale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.
Spektren in verschiedenen Parameterbereichen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.1.
Das Potential U1 für kleine Gewinn- und Verlusteffekte . . . . . . . . . .
2.2.
Das Potential U1 für große Gewinn- und Verlusteffekte . . . . . . . . . . .
3.
Diskussion des Potentials U2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.
Diskussion des Potentials U4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.
Methoden zur Bestimmung des topologischen Phasenübergangs . . . . . . . .
5.1.
Überlegungen zu einfache Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.2.
Topologische Invariante im nichthermiteschen Fall . . . . . . . . . . . . .
5.3.
Fouriertransformation der Potentiale U2 und U4 . . . . . . . . . . . . . . .
6.
Die Zak-Phase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.1.
Das SSH-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.2.
Numerische Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.3.
Kitaev-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.4.
Vergleich der Invarianten mit den einfachen Kriterien . . . . . . . . . . .
7.
Der topologische Phasenübergang als exzeptioneller Punkt . . . . . . . . . . .
IV. Mastergleichungen für das SSH-Modell
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iii
Inhaltsverzeichnis
1.
2.
3.
4.
Matrixaufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Lösen der Mastergleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Auswertung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Das SSH-Modell ohne Potential . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.1.
Topologische Phasendiagramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.
Das SSH-Modell unter Einfluss von Ein- und Auskoppelstellen . . . . . .
5.1.
Unterschiede zum isolierten System . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.2.
Dynamische Zeitentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.3.
Phasendiagramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.
Vielteilchenzustände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.
Vergleich von Mastergleichung und nichthermitescher Quantenmechanik
V. Zusammenfassung und Ausblick
Literatur
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I. Einleitung
1. Motivation und Einführung in das Thema
In der Quantenmechanik lassen sich physikalische Observablen immer als hermitesche Operatoren darstellen. Dies ist eine direkte Konsequenz der Forderung nach reellen Eigenwerten
der Observablen, die messbare Größen beschreiben. Ein Hamiltonoperator, der die Hermitizität erfüllt, besitzt reelle Eigenwerte. Um offene Quantensysteme zu beschreiben, kann im
Rahmen der nichthermiteschen Quantenmechanik auf imaginäre Potentiale zurückgegriffen
werden, die effektiv einen Gewinn- und Verlusteffekt beschreiben. Besitzt der nichthermitesche
Hamiltonoperator die Eigenschaft der sogenannten P T -Symmetrie, vertauscht dieser also mit
dem Paritäts-Zeitumkehr-Operator [ H, P T ] = 0, so kann das System weiterhin ein rein reelles
Eigenwertspektrum besitzen [1].
In dieser Arbeit soll das Prinzip P T -symmetrischer Potentiale zur Beschreibung von Gewinnund Verlusteffekten in speziellen Vielteilchensystemen, die unterschiedliche topologische Phasen
besitzen, angewendet werden. Genauer werden topologische Isolatoren untersucht. Sie besitzen
die Eigenschaften eines herkömmlichen Isolators, in dem die leeren Leitungsbänder stets durch
eine Energielücke – auch Bandlücke genannt – von den besetzten Valenzbändern energetisch
getrennt sind. Im topologischen Isolator existiert jedoch eine topologisch nichttriviale Phase, in
der Zustände auftreten, die an der Oberfläche des Systems lokalisiert sind und die energetisch
in der Bandlücke liegen. Ein bekanntes Beispiel eines solchen topologischen Effektes bietet der
ganzzahlige Quantenhalleffekt [2], in dem sich Elektronen in Randkanälen fortbewegen können.
Zur Untersuchung nichthermitescher Potentiale in topologische Isolatoren werden zwei eindimensionale, spinlose Systeme, das Kitaev-Modell [3] und das SSH-Modell [4], herangezogen.
Für die beiden Modelle existieren bereits Arbeiten [5, 6], bei denen die Betrachtung beider
Systeme in Verbindung mit demselben Verlust- und Gewinnpotential auf ein unterschiedliches
Verhalten führt. Im SSH-Modell hat die topologische Phase erheblichen Einfluss auf die P T Symmetrie, wohingegen im Kitaev-Modell der P T -Bruch unabhängig von der topologischen
Phase ist. Ausgehend von den Arbeiten [5, 6] wird der Frage nachgegangen, ob die Effekte, die
in einem topologischen System mit Gewinn- und Verlusteffekt auftreten, unter Zuhilfenahme
der stationären Schrödingergleichung eines P T -symmetrischen Systems, erklärbar bleiben. Die
Untersuchung weiterer, auf beide Modelle anwendbarer P T -symmetrischer Potentiale wirft die
Frage nach einer allgemein gültigen Definition zur Unterscheidung der topologischen Phasen auf.
Für eindimensionale hermitesche Systeme bietet der Ansatz der Zak-Phase [7] eine Möglichkeit,
die unterschiedlichen topologischen Phasen durch eine Invarianten zu charakterisieren. Eine
zentrale Fragestellung dieser Arbeit bezieht sich daher darauf, eine eindeutige Definition einer
topologischen Invarianten für nichthermitesche Systeme zu finden.
Neben der Möglichkeit, Gewinn- und Verlusteffekte durch P T -symmetrische Potentiale einzuführen, gibt es auch den Weg der Vielteilchenbeschreibung. Mit Hilfe dynamischer Mastergleichungen können Ein- und Auskoppelstellen für Teilchen eines Systems simuliert werden. Für
das SSH-Modell erfolgt in dieser Arbeit das Lösen der Mastergleichungen unter Verwendung
der Potentiale, die auch im nichthermiteschen Fall untersucht werden, um die Ergebnisse der
nichthermiteschen Berechnungen vergleichen zu können. Für die Beschreibung von Bose-Einstein-
1
2. Aufbau der Arbeit
Kondensaten mit Gewinn- und Verlusteffekten zeigte sich bereits eine exzellente Übereinstimmung zwischen der Berechnung beruhend auf nichthermiteschen Potentialen und der Lösung
einer dynamischen Gleichung [8]. Dies soll in dieser Arbeit für die betrachteten fermionischen
Systeme überprüft werden.
2. Aufbau der Arbeit
Alle benötigten Grundlagen zu topologischen Isolatoren, die Beschreibung von Gewinn- und
Verlusteffekten durch P T -symmetrische Potentiale, als auch das Aufstellen von dynamischen
Mastergleichungen sind in Kapitel II vermerkt.
Um auf die ursprüngliche Fragestellung einzugehen, wieso ein unterschiedliches Verhalten der beiden Systeme des Kitaev- und des SSH-Modells in Verbindung mit einem P T symmetrischen Potential auftritt [5, 6], werden im ersten Teil des Kapitels III drei unterschiedliche
P T -symmetrischen Potentiale eingeführt und deren Auswirkungen auf die Modelle diskutiert.
Neben der Betrachtung der P T -Phasendiagramme werden auch einzelne Zustände aufgezeigt
und analysiert. Im nächsten Abschnitt des Kapitels III werden modellspezifische Kriterien diskutiert, welche eine Unterscheidung der unterschiedlichen topologischen Phasen ermöglichen
und die Motivation zu einer allgemein gültigen Definition der topologischen Invarianten im
nichthermiteschen Fall liefern. Für die beiden Modelle werden zuerst im isolierten Fall die topologischen Invarianten berechnet. Unter Berücksichtigung der Gewinn- und Verlustpotentiale wird
dann eine verallgemeinerte Definition der topologischen Invarianten für die nichthermiteschen
Modelle angegeben und mit Ergebnissen verglichen, die aus der Betrachtung der Energiespektren
gewonnen werden. Als letzter Punkt wird in Kapitel III eine weitere Methode vorgestellt, mit der
man den topologischen Phasenübergangspunkt für die isolierten Modelle, als auch für bestimmte Gewinn- und Verlustpotentiale beschreiben kann. Dies ist die Methode der exzeptionellen
Punkte [9]. Sie wird mit den zuvor gefundenen Resultaten verglichen.
Das Kapitel IV beinhaltet die Lösung der Mastergleichungen des SSH-Modells mit Umgebungseffekten, welche ein Analogon zu den zuvor besprochenen P T -symmetrischen Potentialen
darstellen. Um die Ergebnisse der Mastergleichungen mit denen der nichthermiteschen Berechnungen vergleichen zu können, wird ein Weg aufgezeigt, um aus der Dichtematrix $ die
gewünschten physikalischen Informationen des Systems zu extrahieren. Anschließend wird die
Zeitentwicklung verschiedener Anfangszustände numerisch berechnet und es werden die entstehenden Endzustände im Rahmen ihrer Bedeutung für das Auftreten verschiedener topologischer
Phasen diskutiert.
2
II. Grundlagen
In diesem Abschnitt sollen die Grundlagen zur Beschreibung von Gewinn- und Verlusteffekte durch nichthermitesche Potentiale aufgeführt werden. Weiterhin werden neben einiger
notwendigen Grundlagen topologischer Systeme auch das Aufstellen und das Lösen dynamischer
Mastergleichungen besprochen.
1. Nichthermitesche Quantenmechanik
In der hermiteschen Quantenmechanik existiert zu jedem Eigenwert λi ein Eigenzustand |i i, der
die Orthonormalitätsbedingung
hi | ji = δi,j
(2.1)
erfüllt. In der nichthermiteschen Quantenmechanik wird das System durch einen Hamiltonoperator beschrieben, der keine Hermitizität aufweist. Die Forderung
H (t) = H † (t)
(2.2)
ist damit hinfällig. Im Allgemeinen besitzt ein nichthermitescher Operator Eigenwerte, die
komplex sind. Die nichthermitesche Quantenmechanik ist eine gute Möglichkeit, in einem
effektiven Ansatz zerfallende Resonanzen in offenen Quantensystemen zu beschreiben. Um dies
zu ermöglichen, ergreift man den einfachsten Ansatz zur Beschreibung einer Wellenfunktion,
welche einen exponentiellen Abfall enthält,
ψ(t) = e−iE t/h̄ ψ(t0 )
(2.3)
mit der Energie E , die nun jedoch einen Real- und einen Imaginärteil enthalten kann, also die
folgende Form annimmt
E = E−
iΓ
.
2
(2.4)
Der Realteil spiegelt dabei die Energie E wider, der Imaginärteil hingegen eine Zerfallsrate Γ.
Einsetzen von (2.4) in (2.3) ergibt für die Wellenfunktion
Γ
|ψ(t)i = e−iEt/h̄ · e− 2h̄ t |ψ(t0 )i .
(2.5)
Die Zeitentwicklung aus (2.5) ist nicht normerhaltend und spiegelt den Zerfall wieder,
| |ψ(t)i |2 = e−Γt/h̄ | |ψ(t0 )i |2 .
(2.6)
Ist der Imaginärteil der Energie größer Null, so ergibt sich ein exponentieller Anstieg der
Wahrscheinlichkeitsdichte in (2.6). Ein negativer Imaginärteil der Energie führt hingegen auf
einen exponentiellen Abfall der Wahrscheinlichkeitsdichte.
3
2. Wahrscheinlichkeitsentwicklung in nichthermiteschen Quantensystemen
Da bei nichthermiteschen Operatoren keine Orthonormalbasis der Eigenzustände garantiert
ist und zwischen links- und rechtsseitigen Eigenvektoren unterschieden werden muss, wird im
Folgenden das Messwahrscheinlichkeitspostulat der hermiteschen Quantenmechanik überarbeitet.
Das Postulat besagt, dass die Wahrscheinlichkeit P, eine Wellenfunktion |ψi im Zustand |ni
vorzufinden, gleich dem Betragsquadrat der Projektion der Wellenfunktion auf den Eigenzustand
n ist,
P = |hn | ψi|2 .
(2.7)
In [10] ist ein Ausdruck für die Wahrscheinlichkeit, ein nichthermitesches System im Zustand n
anzutreffen, gegeben durch
Pn =
hχn | ψi hψ̃ | ξ n i
.
hψ̃ | ψi hχn | ξ n i
(2.8)
Vorausgesetzt wurde dabei, dass hχn | der linksseitige Eigenvektor zum Eigenwert n ist und
analog |ξ n i der rechtsseitige. Ist die Relation hψ(t = 0) | ψ(t = 0)i = 1 erfüllt und bilden die hξ n |
und |χn i eine Biorthonormalsbasis, gilt also hχn |ξ m i = δnm , so vereinfacht sich die Wahrscheinlichkeitsbestimmung zu
Pn = hξ n | ψi hψ̃ | χn i .
(2.9)
Ist der Zustand |ψi in seiner Entwicklung nach den Basiszuständen |χn i bekannt
|ψi = ∑ cn |χn i ,
(2.10)
n
so lautet nach [10] der dazu duale Zustand
hψ̃| = ∑ c∗n hξ n |
(2.11)
n
und man erhält für die Wahrscheinlichkeit
Pn = hξ n | ψi hψ̃ | χn i
= ∑ ck c∗` hξ n | χk i hξ ` | χn i
k,`
(2.12)
= | c n |2 .
Das entspricht damit dem Messwahrscheinlichkeitspostulat (2.7) aus der hermiteschen Quantenmechanik.
2. Wahrscheinlichkeitsentwicklung in nichthermiteschen
Quantensystemen
Mit Hilfe der Kontinuitätsgleichung lässt sich direkt aus der Forderung eines nichthermiteschen Hamiltonoperators ein dissipativer Effekt herauslesen. Dazu betrachtet man zuerst die
dimensionslose Schrödingergleichung
i∂t |ψi = H |ψi
(2.13)
und erhält nach der Anwendung auf einen Vektor links des Operators und anschließender
hermitescher Konjugation
−i∂t hφ| = hφ| H ,
4
(2.14)
II. Grundlagen
i∂t |φi = H † |φi .
(2.15)
Für nichthermitesche Hamiltonoperatoren ergibt sich damit eine Schrödingergleichung für
rechtsseitige Eigenvektoren |ψi und eine für linksseitigen Eigenvektoren |φi.
Es wird nun die Zeitentwicklung der Wahrscheinlichkeit betrachtet. Dazu berechnet man die
Zeitableitung des Dichteoperators
∂t $ = ∂t (|ψi hψ|)
= |∂t ψi hψ| + |ψi h∂t ψ|
= −i H | ψ i h ψ | + i | ψ i h ψ | H †
(2.16)
∗
= i( E − E ) | ψ i h ψ |
= 2 Im( E) |ψi hψ| .
Es ergibt sich eine Differentialgleichung erster Ordnung für die Wahrscheinlichkeit,
$̇ = 2 Im( E) $ ,
(2.17)
die sich unter der Annahme eines zeitunabhängigen Energieeigenwertes E trivial lösen lässt,
$(t) = $0 e2 Im(E) t .
(2.18)
Für physikalische Systeme, die einen Zerfall beschreiben, ergibt sich stets ein negativer Imaginärteil der Energie. Unter dieser Voraussetzung ergibt sich in (2.18) ein exponentieller Abfall der
Wahrscheinlichkeit.
3. Topologische Isolatoren
Als Topologie bezeichnet man in der Mathematik die Eigenschaft einer Struktur, welche unter
stetigen Verformungen erhalten bleibt. In der Physik macht sich die Topologie unter anderem
durch die sogenannten topologischen Isolatoren einen Namen. Topologische Isolatoren sind
elektronische Materialien, die sich im Inneren wie ein herkömmlicher Isolator verhalten, auf der
Oberfläche jedoch leitende Fähigkeiten aufzeigen können. Ein Isolator ist ein Material, welches
eine Energielücke besitzt. Diese Energielücke separiert die besetzten Valenzbänder von den
unbesetzten Leitungsbändern. Die Oberfläche, bzw. der Rand in einem eindimensionalen Fall,
eines topologischen Isolators weist Zustände auf, welche innerhalb der Energielücke liegen. Diese
Zustände nennt man auch Randzustände. Sie unterscheiden sich durch mindestens eine topologische Invariante von allen anderen Zuständen, können also aus rein topologischen Gründen
niemals in diese Zerfallen. Daher bezeichnet man sie auch oft als topologisch geschützte oder
topologisch nichttriviale Zustände. Ein bekannter Fall, in dem Randzustände auftreten, ist der
ganzzahlige Quanten-Hall-Effekt [2], was erst kürzlich mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde.
3.1. Randzustände und Volumenzustände
Bereits in den Anfängen der Quantenmechanik setzte Bloch noch heute gültige Maßstäbe zur
Beschreibung periodischer Potentiale und schaffte damit die Möglichkeit, Festkörper, wie zum
Beispiel einen Isolator, zu verstehen. Mit Hilfe des Blochtheorems lassen sich die physikalischen Vorgänge in periodischen Potentialen stets auf die erste Brillouin-Zone zurückführen. Im
eindimensionalen Fall erstreckt sich diese zwischen
−
π
π
<k≤
a
a
(2.19)
5
3. Topologische Isolatoren
E(k)
Leitungsband
Energielücke
Valenzband
k
−π/a
π/a
Abbildung 2.1.: Energiespektrum eines Isolators. Beispielhaft wurde das letzte besetzte Valenzband und das erste
leere Leitungsband dargestellt. Die Energielücke überstreicht dabei die gesamte Brillouin-Zone −π/a < k < π/a
für den Kristallimpuls k, sofern man annimmt, dass das Potential die Periodizität
V ( x ) = V ( x + a)
(2.20)
aufzeigt. Die Zustände eines Systems mit periodischem Potential nennt man auch Blochfunktionen.
Diese lauten im eindimensionalen
ψ( x ) = eikx u( x )
mit
u( x + a) = u( x ) .
(2.21)
Setzt man (2.21) in die stationäre Schrödingergleichung
H |ψi = E |ψi
(2.22)
ein, so erhält man eine Gleichung für die Funktionen u( x ). Jeder Eigenfunktion uν (k, x ) kann ein
Energieeigenwert Eν (k ) zugeordnet werden. Da der Kristallimpuls auf die erste Brillouin-Zone
beschränkt ist, überstreicht jeder Energieeigenwert Eν (k ) nur einen endlichen Bereich. Die Eν (k)
zu allen k aus der ersten Brillouin-Zone bilden das ν-te Energieband.
Für einen Isolator ergibt sich im Bändermodell ein Energiespektrum wie in Abbildung 2.1,
wobei in diesem Fall nur das energetisch höchst besetzte Valenzband sowie das energetisch tiefst
gelegene freie Leitungsband abgebildet wurde. Die Energielücke erstreckt sich dabei über die
gesamte Brillouin-Zone und wird nie geschlossen. Ein Zustand uν ( x, k ), der zu einer Energie eines
Valenz- bzw. Leitungsbands gehört, wird auch Volumenzustand genannt. Ein Volumenzustand
erstreckt sich dabei im Orstraum über das gesamte System, ist also nicht an einer bestimmten Stelle
lokalisiert. Dies steht im vollkommenen Kontrast zu einem Randzustand, welcher ausschließlich
am Rand des Systems lokalisiert ist. In Abbildung 2.2 ist neben einem typischen Volumenzustand
auch ein Randzustand abgebildet. Ein weiteres Merkmal eines Randzustandes ist, dass dieser
energetisch innerhalb der Bandlücke liegt.
In jedem topologischen Isolator existieren unterschiedliche topologische Phasen. Für die in dieser Arbeit betrachteten Modell können diese Phasen anhand des Auftretens von Randzuständen
klassifiziert werden. Im Allgemeinen sind Randzustände eine Folge, aber keine Voraussetzung
für topologische Phasen. Treten jedoch Randzustände auf, so spricht man von der topologisch
6
II. Grundlagen
Offene Randbedingungen
Periodische Randbedingungen
0.03
0.02
0.4
hni
hni
0.6
0.2
0.01
0
0
0
25 50 75 100 125 150 175 200
n
0
25 50 75 100 125 150 175 200
n
A b b i l du n g 2 . 2 . : Links: Ein typischer Randzustand eines topologischen Isolators. Rechts: Ein Volumenzustand
für eines Isolators, der auch im topologischen Isolator auftritt. Die Lokalisierung der Zustände wird durch den
Erwartungswert jedes einzelnen Gitterplatzes darstellbar.
nichttrivialen Phase, alle anderen Gebiete nennt man topologisch trivial. Randzustände liegen
energetisch innerhalb der Bandlücke und können dadurch identifiziert werden. Sie können nur
auftreten, wenn das System einen Rand hat, also offene Randbedingungen vorliegen. Berechnet
man das Spektrum im Impulsraum, treten die Randzustände typischerweise nicht auf, weil
für die Transformation periodische Randbedingungen angenommen wurden. Jedoch kann man
für periodische Randbedingungen auch Anhand der Volumenzustände den topologischen Phasenübergang bestimmen. Spektren mit Energielücken können topologisch klassifiziert werden,
indem man Äquivalenzklassen des fouriertransformierten Hamiltonoperators H(k, P) betrachtet,
die durch Änderung des Parameters P kontinuierlich ineinander überführt werden können,
ohne dabei die Energielücke zu schließen. Jede dieser Äquivalenzklassen können durch eine
topologische Invariante eindeutig identifiziert werden [11, 12].
4. Die Zak-Phase als topologische Invariante
4.1. Die Berry-Phase
Die Berry-Phase [13], auch geometrische Phase genannt, ist eine Invariante, die auf dem adiabatischen Effekt beruht, dass eine quantenmechanische Wellenfunktion eine Phase aufnimmt, sofern
ein Parameter im Parameterraum adiabatisch auf einem geschlossenen Pfad variiert wird. Der
ursprüngliche Zustand und der Zustand nach der Umkreisung im Parameterraum unterscheiden
sich dann genau um die Berry-Phase.
Sei ein Hamiltonoperator H gegeben, der von einem Satz an Parametern abhängt, R =
( X, Y, . . .). Im Allgemeinen sind die Parameter zeitabhängig, das heißt für den Hamiltonoperator
folgt
H → H ( R(t)) .
Gilt für die Parameter die Beziehung
R ( t = 0) = R ( t = T ) ,
(2.23)
so durchlaufen diese in der Zeit T einen geschlossenen Weg im Parameterraum. Man betrachtet
einen Zustand des Systems |ψ(t)i, dessen Zeitentwicklung durch die Schrödingergleichung
gegeben ist,
ih̄∂t |ψ(t)i = H ( R(t)) |ψ(t)i .
(2.24)
7
4. Die Zak-Phase als topologische Invariante
Ist der Hamiltonoperator bis auf die zeitliche Veränderung des Parameters R(t) nicht explizit
zeitabhängig und erfolgt diese Variation langsam gegenüber typischen Zeitskalen E/h̄ des
Systems, so bietet die stationäre Schrödingergleichung
H ( R) |n( R)i = En ( R) |n( R)i
(2.25)
mit der Eigenenergie En ( R), die im Allgemeinen noch von den Parametern R abhängt, eine
gute Basis. In der Eigenwertgleichung (2.25) ist die Phasenwahl des Eigenzustandes |n( R)i frei.
Ist das System anfangs in einem Eigenzustand |n( R(t = 0))i präpariert und entwickelt es sich
adiabatisch, dann kann der zeitabhängige Zustand geschrieben werden als
i
|ψ(t)i = e− h̄
Rt
0
dt0 En ( R(t0 )) iΓn (t)
e
|n( R(t))i
(2.26)
mit der Berry-Phase Γn (t) [13]. Ein Ausdruck für die Berry-Phase ergibt sich durch die Forderung, dass der Zustand (2.26) zu jedem Zeitpunkt die Schrödingergleichung (2.24) erfüllt. Man
berechnet
H ( R(t)) |ψ(t)i = ih̄∂t |ψ(t)i
i
En ( R(t)) |ψ(t)i = En ( R(t)) |ψ(t)i − h̄Γ̇n |ψ(t)i + ih̄e− h̄
Rt
0
dt0 En ( R(t0 )) iΓn (t)
e
Ṙ∇ R |n( R(t))i
das Multiplizieren mit hψ(t)| liefert
Γ̇ = i hn( R(t) | ∇ R | n( R(t)i Ṙ ,
oder
Γ=i
I
hn( R(t)) | ∇ R | n( R(t))i dR .
(2.27)
Die Berry-Phase wird also über ein geschlossenes Wegintegral im Parameterraum berechnet.
Dabei wird der Integrand aus (2.27), also
i hn( R(t) | ∇ R | n( R(t)i dR ,
(2.28)
auch Berrypotential genannt. Die Berry-Phase kann in Experimenten gemessen werden, unter
anderem in Spinrotationen von Neutronen oder in elektronischen Zuständen eines Jahn-TellerSystems.
4.2. Berry-Phase in Blochbändern Die Zak-Phase
Im Folgenden soll das Konzept der Berry-Phase auf Festkörper übertragen werden. Hierbei wird
der Kristallimpuls k als Parameter angesehen. Speziell soll die Berry-Phase in eindimensionalen
Festkörpern betrachtet werden. Dort können alle physikalischen Ereignisse im Impulsraum auf
die erste Brillouin-Zone k = −π/a . . . π/a beschränkt werden, wobei a der Abstand der einzelnen
Gitterpunkte des eindimensionalen Körpers ist und im weiteren auf a = 1 gesetzt wird. Nach
Zak [7] lautet die Berry-Phase in einem eindimensionalen Festkörper damit
Γ=i
8
I
BZ
hn(k) | ∇k | n(k)i dk .
(2.29)
II. Grundlagen
5. Das Kitaev-Modell
Das Kitaev-Modell wurde erstmals von Kitaev [3] vorgeschlagen und beschreibt ein sehr einfaches
Modell, für das bereits theoretische Vorhersagen experimentell bestätigt wurden [14]. Eine
schematische Skizze des Modells findet sich in Abbildung 2.3. Das Kitaev-Modell enthält zwei
topologisch unterschiedliche Phasen. Diese können dahingehend unterschieden werden, dass in
der nichttrivialen Phase Randzustände existieren, welche energetisch innerhalb der Bandlücke
liegen und die in der trivialen Phase nicht auftreten. Im Allgemeinen kann das Kitaev-Modell
als spinloser p-Wellen-Supraleiter angesehen werden. Der Hamiltonoperator des Kitaev-Modells
lautet [3]:
HK =
N
N
N
n =1
n =1
n =1
∑ µc†n cn + ∑ t(c†n cn+1 + c†n+1 cn ) − ∑ 2i∆(cn cn+1 − c†n+1 c†n ) .
(2.30)
Dabei sind c†n und cn die fermionischen Erzeugungs- bzw. Vernichtungsoperatoren eines Elektrons
am Gitterplatz n, welche die Vertauschungsrelationen
n
o
n
o
cn , c†m = δn,m ,
c†n , c†m = 0
(2.31)
{cn , cm } = 0 ,
mit dem Antikommutator
{ A, B} = AB + BA
(2.32)
erfüllen. N gibt die Gesamtanzahl an Gitterplätzen an, µ ist das chemische Potential, t die
Hüpfamplitude von einem Gitterplatz zu einem benachbarten und ∆ die p-Wellen Paarungsamplitude. Um die Eigenenergien des Hamiltonoperators (2.30) zu berechnen, nutzt man die
Vertauschungsrelationen der Fermionen (2.31) aus und schreibt den Hamiltonoperator um in:
HK =
µ N †
t N
(cn cn − cn c†n ) + ∑ (c†n cn+1 − cn+1 c†n + c†n+1 cn − cn c†n+1 )
∑
2 n =1
2 n =1
N
−
∑
n =1
2i∆(cn cn+1 − c†n+1 c†n ) −
(2.33)
µ
N .
2
Dabei tritt durch die Anwendung der Relation (2.31) eine Energieverschiebung um Nµ/2 auf, die
im Folgenden vernachlässigt wird, da es sich lediglich um eine Verschiebung des Energienullpunktes handelt,
HK =
µ N †
t N †
†
(
c
c
−
c
c
)
+
n n
∑ (cn cn+1 − cn+1 c†n + c†n+1 cn − cn c†n+1 )
n n
2 n∑
2
=1
n =1
N
−
∑
n =1
2i∆(cn cn+1 − c†n+1 c†n )
(2.34)
.
Der Vorteil der Schreibweise (2.34) im Vergleich zu (2.30) liegt darin, dass es nun möglich ist, den
Hamiltonoperator als Matrix im Nambu-Spinorraum darzustellen. Der Nambu-Spinor ist dabei
definiert als:
c
ψ=
(2.35)
c†
mit dem Vektor c = (c0 , c1 . . . , c N )T der Vernichter an allen Gitterplätzen. In dieser Schreibweise
ergibt sich für den Hamiltonoperator
HK = ψ† HK ψ
(2.36)
9
5. Das Kitaev-Modell
i∆
t
Abbildung 2.3.: Schematische Darstellung des Hamiltonoperators aus (2.34). Rot gekennzeichnet ist der Paarungsterm i∆ und blau die Hüpfamplitude t.
mit der 2N × 2N-Matrix HK , die wie folgt aufgebaut ist
T
D
HK =
,
D† −T
wobei die jeweiligen
haben

µ/2 t/2

 t/2 . . .


 0
t/2
T=
 ..
 .
0

 ..
 .
0
...
(2.37)
Matrizen T und D selbst N × N-Matrizen sind und die folgende Gestalt
0
...
t/2
..
.
0
..
.
..
..
.
0
...
..
.
.
0
...
0
..
.
..
.
t/2

0
..
.
..
.
0
t/2
µ/2












0

i∆


0
†
D =
 ..
.

 ..
.
0
−i∆
0
i∆
..
.
..
.
...
0
... ...
−i∆ 0
..
..
.
.
..
..
.
.
..
.
0
...
...
0
..
.
..
.
i∆
0
..
.
..
.






 .


0


−i∆ 
0
(2.38)
Dadurch, dass der Hilbertraum nun die Dimension 2N hat, bedarf es einer Interpretation der
hinzukommenden Eigenenergien und Eigenzustände. Diese ist jedoch bereits in der der Beschreibung des Modells als p-Wellen Supraleiter aufzufinden und als Elektronen-Loch Beschreibung
identifizierbar, wobei für den jeweiligen Anzahloperator gilt:
ne = c† c ,
nh = cc† .
(2.39)
Der Index e steht für das Elektron und h für das Loch (englisch “hole”). Ein Eigenzustand
des Systems (2.36) enthält somit im n-ten Eintrag (n ≤ N) Informationen des Elektrons am
Gitterplatz n und im n + N-ten Eintrag Informationen des Loches am Gitterplatz n. Es sei
angemerkt, dass die Elektron-Loch Beschreibung nur erforderlich ist, da im Hamiltonoperator
ein p-Wellen-Paarungsterm auftritt, der zur supraleitenden Eigenschaft (Bandlücke der Energie)
des Systems führt und in dem sich gepaarte Löcher anders verhalten als gepaarte Elektronen
(vergleiche (2.30)).
Für spätere Betrachtungen wird es wichtig sein, das Kitaev-Modell in den Impulsraum mit periodischen Randbedingungen zu transformieren. Als Ausgangspunkt dient der Hamiltonoperator
aus (2.34),
HK =
µ N †
t N
(cn cn − cn c†n ) + ∑ (c†n cn+1 − cn+1 c†n + c†n+1 cn − cn c†n+1 )
∑
2 n =0
2 n =0
N
−
∑ i∆(cn cn+1 − cn+1 cn − c†n+1 c†n + c†n c†n+1 ) .
n =0
Der nächste Schritt besteht darin, die Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren in den Fourierraum zu transformieren,
π/a
1
cn = √
bk e−inka
(2.40)
∑
N k=−π/a
10
II. Grundlagen
mit dem Gitterplatzabstand a = 1. Da das System translationsinvariant unter der Verschiebung
x → x + a ist, kann man den Impuls (auch Kristallimpuls) nach dem Bloch-Theorem auf die erste
Brillouin-Zone beschränken, diese erstreckt sich von −π . . . π. Um die Rechnung übersichtlicher
zu gestalten, transformiert man alle Terme aus (2.34) getrennt:
µ
2
µ
=
2
µ
∑(c†n cn − cn c†n ) = 2N ∑ ∑(bk† bq ein(k−q) − bk bq† ein(q−k) )
n
n k,q
∑(bk† bq δk,q − bk bq† δk,q ) =
k,q
µ
2
(2.41)
∑(bk† bk − bk bk† ) ,
k
t
(c†n cn+1 − cn+1 c†n + c†n+1 cn − cn c†n+1 )
2∑
n
t
=
∑ bk† bq (eink e−inq e−iq + e−inq eink eik )
2N ∑
n k,q
t
−
2N
∑∑
bk bq† (einq e−ink e−iq
+e
(2.42)
−ink inq ik
e
e )
n k,q
= t ∑ cos(k)(bk† bk − bk bk† ) ,
k
−
N
π
n =0
k =0
∑ i2∆(cn cn+1 − c†n+1 c†n ) = 2∆ ∑ sin(k)(b−† k bk† + b−k bk ) .
(2.43)
Auch im Impulsraum ist zu sehen, dass der p-Wellen-Paarungsterm eine Beschreibung im
Nambu-Spinorraum voraussetzt. Hier lautet dieser
†
bk
ψk =
(2.44)
b− k
und verdeutlicht noch einmal die Elektron-Loch-Beziehung in diesem Modell. Denn betrachtet
man ein Elektron mit dem Impuls k in einem Festkörper mit Bandstruktur, so besitzt sein
Lochpartner den Impuls −k. Um den Hamiltonoperator mit Hilfe des Nambu-Spinors aus (2.44)
ausdrücken zu können, muss beachtet werden, dass die Summe der Impulse in (2.43) nur über
die halbe Brillouin-Zone (k = 0 . . . π) läuft, sodass die Terme (2.41) und (2.42) dementsprechend
umgeschrieben werden müssen. Es ergibt sich
π
2∆ sin(k )
† t cos( k ) + µ/2
HK (k ) = ∑ ψk
ψk .
(2.45)
2∆ sin(k )
−t cos(k) − µ/2
k =0
Nun sollen für den Fall der offenen Randbedingung im Realraum und im Falle periodischer
Randbedingungen im Impulsraum die beiden Energiespektren betrachtet und verglichen werden.
In Abbildung 2.4 wurden N = 150 Gitterpunkte und die Parameterwerte t = 1 und ∆ = 0.5
verwendet. Für den Impulsraum wurden zusätzlich die diskreten k-Werte von
k=
π
n,
N
n = 0, 1, 2 . . . , N
herangezogen, um das Energiespektrum zu erhalten. Auffallend ist, dass sich die beiden Randbedingungen dahingehen unterscheiden, dass bei offenen Randbedingungen Energien E = 0 in
der Bandlücke auftreten. Dieser Bereich beschreibt gerade die nichttriviale topologische Phase
des Systems. Im Impulsraum können die unterschiedlichen topologischen Phasen dahingehend
gekennzeichnet werden, indem an den Übergangspunkt lokal die Bandlücke geschlossen wird. Es
treten jedoch keine ganzen Gebiete auf, in denen Zustände energetisch in der Bandlücke liegen.
11
6. Das SSH-Modell
Periodische Randbedingungen
3
3
1.5
1.5
0
0
E
E
Offene Randbedingungen
-1.5
-1.5
-3
-4
-2
0
µ
2
4
-3
-4
-2
0
µ
2
4
Abbildung 2.4.: Das Energiespektrum für offene Randbedingungen aus (2.34) und für periodische Randbedingungen (2.45). Es wurden jeweils die Parameter N = 150, t = 1 und ∆ = 0.5 verwendet. Deutlich erkennbar unterscheiden
sich die beiden Energiespektren durch das Auftreten einer Nullenergie im Falle der offenen Randbedingung. Für das
hier betrachtete Kitaev-Modell kann diese verschwindende Energie als nichttriviale topologische Phase identifiziert
werden, indem zwei Zustände die Bandlücke energetisch schließen.
6. Das SSH-Modell
Das Su-Schrieffer-Heeger-Modell (SSH-Modell) ist ein Tight-Binding-Modell mit spontaner Dimerisation, welches sich zur Beschreibung von eindimensionalem Polyacetylen eignet [4]. Das
SSH-Modell besitzt, trotz dessen Einfachheit, komplexe Eigenschaften, wie zum Beispiel das Auftreten verschiedener topologischer Phasen und damit verbunden die Existenz von Randzuständen.
Der Hamiltonoperator des SSH-Modells lautet [6]
N
HSSH =
∑ t(1 − ∆ cos Θ)
n =1
h
i
h
i
†
†
†
†
c2n
−1 c2n + c2n c2n−1 + t (1 + ∆ cos Θ ) c2n c2n+1 + c2n+1 c2n
(2.46)
mit der Gesamtanzahl an Gitterplätzen 2N, der Dimerisationsstärke ∆, der Hüpfamplitude t und
dem Kontrollparameter Θ. Bei den Operatoren c† , c in (2.46) handelt es sich um fermionische
Erzeugungs- bzw. Vernichtungsoperatoren, welche die Antikommutatorrelationen (2.31) erfüllen.
Es bietet sich an, den Hamiltonoperator in einer etwas übersichtlicheren Form zu schreiben,
N
HSSH =
∑
n =1
i
h
i
h
†
†
†
†
t− c2n
c
+
c
c
+
t
c
c
+
c
c
+
2n 2n−1
2n 2n+1
−1 2n
2n+1 2n
(2.47)
mit t± = t(1 ± ∆ cos Θ). Führt man nun noch die Ersetzungen
c2n−1 → c A,n ,
c2n → c B,n ,
n = 1, 2, . . . , N
(2.48)
durch, so lässt sich eine Basis der Form
ψ = c A,B
(2.49)
wählen mit c A,B = (c A0 , c B0 , c A1 c B1 , . . . , c AN c BN )T , in welcher der Hamiltonoperator
N
HSSH =
∑ t−
h
i
h
i
c†A,n c B,n + c†B,n c A,n + t+ c†B,n c A,n+1 + c†A,n+1 c B,n
(2.50)
n =1
einfach zu diagonalisieren ist. Dabei gilt
HSSH = ψ† HSSH ψ
12
(2.51)
II. Grundlagen
A1
t−
A2
A3
A4
A5
A6
t+
B1
B2
B3
B4
B5
Abbildung 2.5.: Schematische Darstellung des Hamiltonoperators aus (2.50). Die farbliche Markierung der Gitterplätze soll die Basiswahl (2.49) veranschaulichen. Die alternierenden Hüpfamplituden t− bzw. t+ sind durch blaue
respektive schwarze Linien gekennzeichnet.
mit der Matrix

HSSH
t+
0
0

t− 0 t+


 0 t− . . .
=
 ..
..
.
.
0

 ..
.
0
0 ... ...
... ...
0
..
.
..
0
..
.
..
.
t−
.
..
.
0
0
..
.
..
.
0
t+
0






 .





(2.52)
Eine schematische Skizze des Modells in der neuen Basiswahl (2.49) ist in Abbildung 2.5 aufgezeigt. Als nächstes soll der Hamiltonoperator aus (2.50) in den Impulsraum transformiert werden.
Dazu werden die Operatoren einzeln Transformiert:
1
c A,n = √
N
1
c B,n = √
N
∑ b A,k e−ikna ,
k
∑ bB,k e−ikna ,
(2.53)
k
wobei der Gitterabstand a wiederum auf a = 1 gesetzt wird. Einsetzen von (2.53) in (2.50) liefert
i
1 h †
†
t− b A,k bB,q ein(k−q) + bB,k
HSSH = ∑ ∑
b A,q ein(k−q)
N
k,q n
i
1 h †
−ik in(k−q)
†
ik in(k −q)
+ t+ bB,k b A,q e e
+ b A,k bB,q e e
N
h
i
h
i
†
†
= ∑ t− b†A,k bB,k + bB,k
b A,k + t+ bB,k
b A,k e−ik + b†A,k bB,k eik
k
oder in Matrixschreibweise
π
HSSH =
∑
ψ†k
k =−π
0
t− + t+ eik
ψk
t− + t+ e−ik
0
mit
ψk =
b A,k
bB,k
(2.54)
.
(2.55)
7. Mastergleichungen
Als Ausgangspunkt betrachtet man die zeitabhängige Schrödingergleichung
i∂t |ψi = H |ψi ,
(2.56)
13
7. Mastergleichungen
wobei das reduzierte Plancksche Wirkungsquantum h̄ = 1 gesetzt wurde. Analog zur Schrödingergleichung (2.56) existiert eine weitere Formulierung, welche die Dichtematrix $ enthält. Die
Gleichung wird von Neumann-Gleichung genannt und lautet wie folgt
∂t $ = −i[ H, $] .
(2.57)
Da in der von Neumann-Gleichung (2.57) die Dichtematrix auftritt, wird im Folgenden eine kurze
Auflistung der Eigenschaften und Vorteile der Dichtematrixformulierung der Quantenmechanik
aufgezeigt.
7.1. Die Dichtematrix
Die Dichtematrix (auch statistischer Operator genannt) ist ein linearer Operator, der innerhalb
eines Hilbertraums H operiert, das heißt eine Operation der Dichtematrix bildet von
H→H
$ :
ab. Die Dichtematrix erfüllt dabei die folgenden Eigenschaften
• $ = $† ,
• tr$ = 1 .
Der statistische Operator ist vor allem für quantale Gemische eine sinnvolle Beschreibung. Dabei
enthält ein quantales Gemisch die klassischen Wahrscheinlichkeiten pi , einen reinen Zustand |ψi i
vorzufinden, für die gilt
∑ pi = 1 .
i
Die Orthogonalitätsbedingung
ψi ψj = δji
(2.58)
muss dabei nicht zwangsweise für die reinen Zustände erfüllt sein. Ein quantales Gemisch wird
durch die Dichtematrix
$ = ∑ pi |ψi i hψi |
(2.59)
i
beschrieben. Ist die Dichtematrix $ mit Hilfe der von Neumann-Gleichung aus (2.57) bestimmt,
so lassen sich die Erwartungswerte einzelner Observablen wie folgt berechnen:
hOi = tr($O) .
(2.60)
Für die Dichtematrix gelten die folgenden Postulate:
• Jedes quantenmechanische System kann durch einen statistischen Operator $ beschrieben
werden.
• Jeder Observablen O kann ein hermitescher Operator zugeordnet werden, wobei deren
Erwartungswert im Bild der Dichtematrix nach (2.60) berechnet wird.
• Unmittelbar nach der Messung des Messwertes aµ ist das System im Gemisch
$=
Pµ $Pµ
,
|| Pµ $Pµ ||
wobei Pµ der Projektionsoperator zum Messwert aµ ist.
• Nach einer Messung (bzw. der Präparation) entwickelt sich die Dichtematrix nach der von
Neumann-Gleichung (2.57).
14
II. Grundlagen
7.2. Umgebungseffekte
Die Formulierung der von Neumann-Gleichung (2.57) ermöglicht es, Umgebungseffekte zu
beschreiben. Zumeist entsprechen diese Umgebungseffekte thermischen Bädern, welche an
das System gekoppelt werden. In einer Näherung, die die Umgebung auf ihren Einfluss, den
sie auf das System hat, beschränkt und ansonsten ignoriert, geschieht das im Rahmen der
Mastergleichungen. Die allgemeinste Mastergleichung, die Umgebungseffekte berücksichtigt, ist
die Lindbladgleichung, sie lautet wie folgt:
o
1n †
†
∂t $ = −i[ H, $] + ∑ K̃ij L̃i $ L̃ j −
L̃ j L̃i , $
.
(2.61)
2
ij
Gemäß der typischen Situation eines Quantensystems, welches in Kontakt mit seiner Umgebung
steht, wird das komplette System mit Hilfe der Dichtematrix
$ges ∈ H = Hs ⊗ H B
(2.62)
beschrieben. Diese wirkt auf den Hilbertraum, der durch das Tensorprodukt der Hilberträume
des Systems Hs und der Umgebung H B aufgespannt wird. Der Index B steht dabei für den
Ausdruck bath (deutsch Bad). Da man sich zumeist nur für das Verhalten des eigentlichen Systems
interessiert, tritt in Gleichung (2.61) ein reduzierter Dichteoperator auf, welcher wie folgt definiert
ist
$ = trB $ges .
(2.63)
Der Ausdruck trB bedeutet dabei die Ausspurung über alle Freiheitsgrade der Umgebung. Der
erste Teil der in der Lindbladgleichung (2.61) auftritt, entspricht gerade der von NeumannGleichung aus (2.57). Die Umgebungseffekte kommen in der Lindbladgleichung durch die
sogenannten Superoperatoren (im englischen auch jump-operators genannt) L̃, L̃† zum Tragen.
Die Matrix K̃ beschreibt das dissipative Verhalten des Systems. Dabei ist (2.61) die allgemeinste
Form der Lindbladgleichung. Es kann stets eine unitäre Transformation gefunden werden, sodass
Gleichung (2.61) geschrieben werden kann als
o
1n †
†
Li Li , $
.
(2.64)
∂t $ = −i[ H, $] + ∑ Ki Li $Li −
2
i
Die Superoperatoren L̃ sind dabei durch eine unitäre Transformation mit den Superoperatoren L
verbunden.
7.3. Superoperatoren
In dieser Arbeit werden ausschließlich eindimensionale Quantensysteme betrachtet, welche durch
eine lineare Kette beschrieben werden. Ein offenes Quantensystem entsteht durch die Kopplung
einzelner Gitterplätze an die Umgebung. Dabei kann der Austausch von Elektronen zwischen
System und Umgebung wie folgt stattfinden:
• Spinlose Elektronen können von einem Reservoir in das System eintreten. Dies kann
nur geschehen, sofern der Gitterplatz unbesetzt ist, sonst verhindert das fermionische
Ausschlussprinzip diesen Vorgang. Im Laufe der Arbeit wird oft in einer Einteilchenbasis
gerechnet, was bedeutet, dass die Gesamtanzahl an Teilchen im System nicht den Wert
1 überschreiten kann. Diese Beschränkung der Basis führt auf eine weitere Bedingung,
wann ein Elektron in das System eingekoppelt werden kann. Eine Einkoppelstelle in das
15
7. Mastergleichungen
System kann dabei prinzipiell durch ein zweites System realisiert werden. Dieses System
wird nahe dem eigentlichen System platziert und dessen Elektronen besitzen eine endliche
Tunnelwahrscheinlichkeit, in das ursprüngliche System überzugehen und den Gitterplatz
zu besetzen. Die Amplitude der Tunnelwahrscheinlichkeit bestimmt dann die Stärke der
Wechselwirkung des Systems mit seiner Umgebung.
• Elektronen können das System verlassen. Ein Auskoppeln von Teilchen ist nicht durch
das fermionische Ausschlussprinzip oder der Begrenzung von einer maximalen Anzahl
an Teilchen im System abhängig und kann daher zu jeder Zeit stattfinden. Ein Gitterplatz,
der eine Auskopplung ermöglicht, kann in kalten Quantengasen experimentell durch einen
Laser realisiert werden, der einzelne Gitterplätze gezielt ansteuert und das Emittieren von
Elektronen ermöglicht. Im Falle des Kitaev-Modells lassen sich Gewinn und Verlusteffekt
experimentell durch Kohlenstoff-Nanodrähte auf dem System realisieren. Diese Drähte
erlauben es Elektronen, aus dem Substrat in das System (Gewinn), bzw. aus dem System in
das Substrat (Verlust) zu tunneln.
Die Wechselwirkung des Systems mit der Umgebung geht durch die Superoperatoren L aus (2.64)
in die Lindbladgleichung ein. Für die beiden Möglichkeiten des Systems mit seiner Umgebung
Elektronen auszutauschen lautet der Superoperator
L = γa†n ,
(2.65)
für den Fall, dass ein Elektron am Gitterplatz n mit der Wahrscheinlichkeit γ eingekoppelt wird
und
L = γan ,
(2.66)
für den Fall einer Auskopplung am Gitterplatz n mit der Wahrscheinlichkeit γ. Die gesamte
Mastergleichung für den Fall eines anliegenden Potentials lautet dann
∂t $ = −i[ H, $] + L+ ($) + L− ($) ,
(2.67)
mit
L+ ($) = −
γ
2
L− ($) = −
γ
2
#
∑
an a†n $ + $an a†n − 2a†n an
,
(2.68)
∑
a†n an $ + $a†n an − 2an a†n
.
(2.69)
n
#
n
Die Summe in den Gleichungen (2.68) und (2.69) läuft dabei über alle Gitterplätze n, welche
eine Einkopplung bzw. Auskopplung ermöglichen. Es wurde dabei angenommen, dass die
Wahrscheinlichkeit, Teilchen mit der Umgebung auszutauschen, an jedem Gitterplatz gleich groß
ist.
7.4. Quanten-Monte-Carlo
In Vielteilchensystemen wird oft auf die Methode der Quanten-Monte-Carlo-Integration (QMC)
zurückgegriffen. In dieser Arbeit werden alle Vielteilchensimulationen mit Hilfe dieser Methode
durchgeführt. Das heißt, das Lösen des N × N-dimensionalen Differentialgleichungssystems (2.67)
wird durch die Quanten-Monte-Carlo-Methode ersetzt. Ein großer Vorteil der QMC-Methode liegt
in der numerischen Berechnungszeit. Sind in der Lösung des Differentialgleichungssystems (2.64)
16
II. Grundlagen
≈ N 2 Rechenschritte notwendig, liegt die QMC-Methode mit ≈ N Rechenschritten eine Größenordnung darunter. Im Folgenden soll der Lindblad-Anteil der von Neumann-Gleichung (2.67)
die allgemeine Form
1
†
†
†
L = − ∑ Cm Cm $ + $Cm Cm + ∑ Cm $Cm
(2.70)
2 m
m
annehmen. Die gesamte Zeitentwicklung der Dichtematrix lautet somit
∂t $ = −i[ H, $] + L .
(2.71)
† /C
Der Anteil (2.70) ist dabei für eine Vielzahl an Umgebungseffekten darstellbar. Die Terme Cm
m
aus (2.70) beschreiben lineare Operatoren, die auf den Hilbertraum des eigentlichen Systems
wirken.
Nach Einführung dieser Notation soll nun eine schematische Skizze der einzelnen Schritte
der QMC-Integration aufgelistet werden. Die QMC-Integration bietet dabei einen Zugang über
die Wellenfunktionen des Systems. Gewinn- und Verlusteffekte entstehen dabei durch Quantensprünge des Systems, das heißt der Übergang eines quantenmechanischen Zustandes in einen
anderen, der zufällig während der Zeitentwicklung auftreten kann. Da die Quantensprünge durch
eine Zufallszahlenberechnung erfolgen, wird das gesamte folgende Szenario für eine Anzahl
an Durchläufen wiederholt. Jeder einzelne Durchlauf wird auch als eine Quantentrajektorie
bezeichnet. Die Endergebnisse ergeben sich dann als Mittelung über alle Quantentrajektorien.
Um eine dieser Trajektorien zu berechnen, werden folgende Schritte durchlaufen.
• Man berechnet die Zeitentwicklung für den Zeitschritt t + δt ausgehend vom ursprünglichen
Zustand |Φ(t)i. Dabei wird die Zeitentwicklung von |Φ(t)i mit dem nichthermiteschen
Hamiltonoperator
i
†
Cm
(2.72)
H = H − ∑ Cm
2 m
vorangetrieben. Für kleine Zeitschritte δt lässt sich die nicht unitäre Zeitentwicklung
|Φ(t + δt)i = e−i
R δt
H(t0 ) dt0
|Φ(t)i
(2.73)
|Φ(t + δt)i = (1 − iH δt) |Φ(t)i .
(2.74)
t
entwickeln, es ergibt sich
Da der Hamiltonoperator H nichthermitesch ist, bleibt die Norm des Skalarproduktes im
Allgemeinen nicht erhalten, vielmehr lautet das Skalarprodukt
D
E
hΦ(t + δt) | Φ(t + δt)i = Φ(t) 1 + iH† δt (1 − iH δt) Φ(t) = 1 − δp ,
mit
D
E
δp = iδt Φ(t) H − H † Φ(t) =
D
E
†
δt
Φ
(
t
)
C
C
Φ
(
t
)
≥0.
∑
m m
(2.75)
m
Der Zeitschritt δt wird dabei so gewählt, dass δp 1 gilt.
• Der nächste Schritt besteht darin zu untersuchen, ob ein Quantensprung zwischen dem
Zeitpunkt t und δt stattfand. Dazu wird eine Zufallszahl e gewählt, welche alle Werte
zwischen 0 und 1 annehmen kann. Gilt e > δp , so fand kein Quantensprung statt. Dies ist
in den meisten Fällen gewährleistet, da δp 1. Die neue, normierte Wellenfunktion lautet
dann
|Φ(t + δt)i
|ψ(t + δt)i = p
.
(2.76)
1 − δp
17
7. Mastergleichungen
Für den Fall, dass ein Quantensprung stattfand (e < δp ), ergibt sich die neue, normierte
Wellenfunktion
Cm |Φ(t)i
|ψ(t + δt)i = p
.
(2.77)
δp /δt
• Es kann gezeigt werden [15], dass dieses Vorgehen analog zur Berechnung der Lindbladgleichung aus (2.71) ist.
18
III. Verhalten topologischer Phasen in Systemen
mit Gewinn- und Verlusteffekten
Im Folgenden sollen sowohl im Kitaev- als auch im SSH-Modell die verschiedenen topologischen und P T -symmetrischen Phasen für verschiedene Gewinn- und Verlusteffekte untersucht
werden. Dies geschieht auf der Basis der effektiven Beschreibung der Gewinn- und Verlusteffekte
mit nichthermiteschen Potentialen und folgt dem Vorgehen aus [5] und [6]
1. Die Potentiale
Es werden nun die Potentiale angesprochen, die in dieser Arbeit auftreten. Die Potentiale werden
so angebracht, dass an bestimmten Bereichen der eindimensionalen Systeme ein Gewinn- bzw.
Verlusteffekt entsteht. Im Bild der nichthermiteschen Quantenmechanik bedeutet ein Gitterplatz
mit negativem Imaginärwert im Potential eine Abflussmöglichkeit der Wahrscheinlichkeit an
diesem Ort, wohingegen ein Potential mit positivem Imaginärteil zu einem Wahrscheinlichkeitsgewinn der Wellenfunktion führt.
Für eine lineare Kette lassen sich verschiedene Möglichkeiten finden, die Gewinn- und Verlusteffekte so über das System zu verteilen, das ein P T -symmetrisches System entsteht. Ein
Potential erhält dabei die P T -Symmetrie, sofern sich das System unter Mittelpunktsspiegelung
und Umkehrung des Imaginärteils,
N−n → n ,
i → −i ,
(3.1)
nicht ändert. Abbildung 3.1 zeigt eine schematische Darstellung der drei in dieser Arbeit auftretenden Potentiale. Das Potential U1 besteht dabei aus einem Potential, welches einen negativen
Imaginärteil, also einen Verlusteffekt am ersten Gitterpunkt besitzt und einen positive Imaginärteil am letzten Gitterplatz, was einen Gewinneffekt beschreibt. An allen anderen Gitterplätzen
liegt kein imaginäres Potential an. Mathematisch kann dieses Potential für ein eindimensionales
System mit N Gitterplätzen beschrieben werden durch
U1 = −iγc1† c1 + iγc†N c N .
(3.2)
Der Wert γ legt die Stärke der Ein- und Auskoppeleffekte fest. Die Wahl des Potentials U1 ist
für die Untersuchung des Verhalten von topologischen Isolatoren bei vorhandenen Gewinn- und
Verlusteffekten dahingehend interessant, da es nur an den beiden Enden eine Kopplung des
Systems an die Umgebung zulässt, also genau an den Stellen, welche eine starke Lokalisation der
Randzustände aufweist.
Das Potential U2 besteht aus einem alternierenden Gewinn- bzw. Verlusteffekt. Es wird beschrieben durch
γ N
U2 = i ∑ (−1)n c†n cn .
(3.3)
2 n =1
19
2. Spektren in verschiedenen Parameterbereichen
Potential U1
-
+
Potential U2
-
+
-
-
+
+
-
+
-
+
+
+
+
+
Potential U4
-
-
-
-
-
+
A b b i l du n g 3 . 1 . : Schematische Darstellung der Potentiale U1 , U2 und U4 für ein System mit 10 Gitterplätzen. Die
blauen Kugeln entsprechen dabei Gitterplätzen, welche einen negativen Imaginärteil und damit einen Abfluss aus
dem System aufzeigen. Die mit einem Plus gekennzeichneten roten Kugeln sollen Gitterplätze darstellen, die einen
positiven Imaginärteil und somit einen Gewinneffekt aufzeigen. Die weißen Kugeln im Falle des Potentials U1 sollen
diejenigen Gitterplätze darstellen, an denen kein Potential anliegt.
Das Potential U4
U4 = −i
γ
2
N/2
∑
n =1
c†n cn + i
N
γ
∑ c†n cn
2 n= N/2
+1
(3.4)
bietet eine weitere Möglichkeit, die Gewinn- und Verlusteffekte so anzuordnen, das es sich um
ein P T -symmetrisches Potential handelt. Es weist zwei gleich große Bereiche auf, in denen sich
das Potential jeweils nicht verändert.
2. Spektren in verschiedenen Parameterbereichen
Im Folgenden wird das Verhalten des Kitaev- und des SSH-Modells untersucht, sofern man am
ersten Gitterplatz Verlust und am letzten Gitterplatz Gewinn einkoppelt. Dieses Verhalten wird
durch das nichthermitesche, P T -symmetrische Potential U1 aus Gleichung (3.2) beschrieben.
Sowohl für das Kitaev-Modell [5] als auch für das SSH-Modell [6] wurde dieses nichthermitesche
Potential bereits untersucht, jedoch zeigte sich, dass sich die Gewinn- und Verlusteffekte verschieden auf die beiden Systeme auswirken. Das unterschiedliche Verhalten lässt sich gut erkennen,
sofern man den Imaginärteil der Energien über die Stärke des Gewinn- und Verlustparameters γ
aufträgt. Sinnvoll ist es hierbei, ein P T -Phasendiagramm für jede topologische Phase aufzuzeichnen. Dies ist in Abbildung 3.2 zu sehen. Zu erkennen ist, dass es einen qualitativen Unterschied
zwischen dem SSH-Modell und dem Kitaev-Modell in der nichttrivialen Phase gibt. So findet man
in der nichttrivialen topologischen Phase im SSH-Modell keinen kritischen Parameter γc , bei dem
ein P T -Bruch vorliegt, vielmehr zeigt das System schon bei kleinen, aber nichtverschwindenden
Werten von γ zwei zueinander komplex konjugierte Energien. In der trivialen topologischen
Phase existieren zwei nichtverschwindende kritische Parameter. Der erste Wert γc , bei dem ein
komplex konjugiertes Paar an Energien entsteht und der zweite Wert γc2 , bei dem ein weiteres
komplex konjugiertes Paar an Energien hinzu kommt. Im Kitaev-Modell verhalten sich beide
topologischen Phasen qualitativ gleich. So gibt es jeweils einen kritischen Parameter γc , an dem
ein P T -Bruch stattfindet. Abschließend muss noch erwähnt werden, dass die Phasendiagramme
20
III. Verhalten topologischer Phasen in Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten
SSH-Modell nichttriviale Phase
3
2
Im(E)
Im(E)
SSH-Modell triviale Phase
2.5
2
1.5
1
0.5
0
-0.5
-1
-1.5
-2
-2.5
γc = 0.8
0
1
1.5
γ
2
0
-1
-2
γc2 = 2.14
0.5
1
2.5
-3
3
0
3
2
2
1
1
0
-1
-2
-3
γc = 0.5
0
0.5
1
2
1.5
γ
2
2.5
3
0
-1
-2
1.5
γ
1
Kitaev-Modell nichttriviale Phase
3
Im(E)
Im(E)
Kitaev-Modell triviale Phase
0.5
2.5
3
-3
γc = 0.46
0
0.5
1
1.5
γ
2
2.5
3
A b b i l du n g 3 . 2 . : P T Phasendiagramme. Oben: SSH-Modell mit den Parametern Θ = 3/4π für die topologisch
triviale Phase und Θ = π/4 für die nichttriviale Phase. Es wurden dabei die Parameter N = 200, t = 1, ∆ = 0.3
verwendet. Erkennbar ist, dass in der trivialen Phase ein kritischer Parameter γc auftritt, bei dem ein P T -Bruch
stattfindet, wohingegen die nichttriviale Phase für alle γ bereits P T -gebrochen ist. Es findet sich zudem ein zweiter
kritischer Parameter γc2 in der topologisch trivialen Phase, in dem zwei zueinander komplex konjugierte Energien
auftreten. Unten: Kitaev-Modell mit dem chemischen Potential µ = 2.5 in der topologisch trivialen Phase und µ = 1.0
in der topologisch nichttrivialen Phase. In beiden topologischen Phasen wurden zudem die Parameter N = 100, t = 1
und ∆ = 0.5 verwendet. Erkennbar ist, dass es in beiden Phasen einen kritischen Parameter γc gibt, bei dem ein
P T -Bruch stattfindet. Die beiden topologischen Phasen unterscheiden sich damit qualitativ nicht.
in Abbildung 3.2 sich qualitativ nicht unterscheiden, sofern man andere Parameterwerte (µ im
Kitaev-Modell, Θ im SSH-Modell) in der jeweiligen topologischen Phase betrachtet.
2.1. Das Potential U1 für kleine Gewinn- und Verlusteffekte
Betrachtet man die Energiespektren der beiden Modelle, so fällt auf, dass bei sehr kleinen Gewinnund Verlusteffekten im SSH-Modell zwei zueinander komplex konjugierte Energien in der nichttrivialen Phase auftreten, während im Kitaev-Modell alle Energien reell bleiben und somit beide
topologischen Phasen sich gleich verhalten, siehe dazu Abbildung 3.3. Um dieses unterschiedliche
Verhalten erklären zu können, werden die Eigenzustände der komplexen Energien betrachtet.
Für ein verschwindendes Gewinn- und Verlustpotential (γ = 0) sind die korrespondierenden
Eigenzustände die topologisch nichttrivialen Randzustände. Da das Potential U1 und somit auch
der Hamiltonoperator H P T -symmetrisch ist, hat ein Auftreten komplexer Energien zur Folge,
dass die zugehörigen Eigenzustände die P T -Symmetrie brechen. Im SSH-Modell lässt sich dies
leicht nachweisen, denn der Randzustand im Fall γ = 0 bricht bereits die P T -Symmetrie, siehe
dazu Abbildung 3.4. Dabei ist eine graphische Untersuchung dieser Symmetrie für einen Zustand
|ψi möglich, sofern man die Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Elektrons entlang der Gitterplätze
betrachtet. Dies geschieht durch die Berechnung des Erwartungswertes für den Operator des
21
2. Spektren in verschiedenen Parameterbereichen
SSH γ = 0.0001
6e-05
Im (E)
Re (E)
SSH γ = 0.0001
2
1.5
1
0.5
0
-0.5
-1
-1.5
-2
0
-6e-05
-1
-0.5
0
Θ[π]
0.5
1
-1
-0.5
Kitaev γ = 0.0001
0
Θ[π]
0.5
1
Kitaev γ = 0.0001
3
6e-05
1
Im (E)
Re (E)
2
0
-1
-2
-3
0
-6e-05
-4
-3
-2
-1
0
µ
1
2
3
4
-4
-3
-2
-1
0
µ
1
2
3
4
Abbildung 3.3.: Real- und Imaginärteil der Energien für kleine Gewinn- und Verlusteffekte γ = 0.0001 und N = 100
Gitterplätzen. Obere Reihe: SSH-Modell mit t = 1.0 und ∆ = 0.3. Untere Reihe: Kitaev-Modell mit t = 1.0 und ∆ = 0.5.
Die grau gefärbten Bereiche identifizieren die nichttriviale topologische Phase. Zwei zueinander komplex konjugierte
Eigenwerte sind dort im SSH-Modell zusehen.
i-ten Gitterplatzes ni
h n ii = h ψ | ni | ψ i .
(3.5)
Die Zeitumkehrsymmetrie T in einem System/Zustand wird dadurch erhalten, wenn sich das
System, bzw. der Zustand, invariant unter der Ersetzung i → −i verhält. Im Fall des Potentials
U1 liegt ein Verlust am ersten Gitterplatz und ein Gewinn am letzten Gitterplatz vor. Wendet
man den Zeitumkehroperator T darauf an, so wird aus dem Gewinn ein Verlusteffekt und vice
versa. Die Paritätssymmetrie P ist genau dann erhalten, sofern man das eindimensionale Gitter
an der Hälfte trennt, zurückfaltet und der Zustand sich invariant unter dieser Transformation
verhält. Damit ein Zustand für das nichthermitesche Gewinn- und Verlustpotential U1 die P T Symmetrie erhält, müssen die Aufenthaltswahrscheinlichkeiten folgende Bedingung erfüllen: Die
Aufenthaltswahrscheinlichkeit am Gitterplatz n, muss gleich der Aufenthaltswahrscheinlichkeit
am Gitterplatz N − i sein, wobei N die Gesamtanzahl der Gitterplätze ist und n = 0, 1, 2 . . . N/2.
In Abbildung 3.4 sind in der oberen Zeile neben den beiden Randzuständen auch zwei
Volumenzustände des SSH-Modells für γ = 0.0001 aufgezeigt. Durch Spiegeln der Aufenthaltswahrscheinlichkeit der Zustände an der Mitte der Gitterplätze kann man leicht erkennen, dass
beide Randzustände P T -gebrochen, die Volumenzustände jedoch P T -symmetrisch sind.
Im Kitaev-Modell ist die Identifikation der P T -Symmetrie eines Zustandes etwas aufwendiger
als im SSH-Modell. Hier kommt zusätzlich die Aufenthaltswahrscheinlichkeitsbeziehung zwischen Elektron und Loch zum Tragen. Jeder Gewinn γ eines Elektrons auf einem Gitterplatz
entspricht dem gleichen Verlust γ eines Lochs auf demselben Gitterplatz und vice versa. Dies
folgt direkt aus den fermionischen Kommutatorrelationen,
c†n cn = 1 − cn c†n
e = 1−h
22
,
(3.6)
III. Verhalten topologischer Phasen in Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten
γ = 0.0001
0.6
Randzustand 1
Randzustand 2
0.5
0.4
Amplitude
Amplitude
γ = 0.0001
0.02
0.3
0.2
0.1
0
0
50
100
n
150
0.015
0.01
0.005
0
200
Volumenzustand 1
Volumenzustand 2
0
50
100
n
γ = 0.0001
0.6
Amplitude
Amplitude
hei
hhi
0.02
0.4
0.3
0.2
0.015
0.01
0.005
0.1
0
200
γ = 0.0001
0.025
hei
hhi
0.5
150
0
25
50
75
n
100
125
150
0
0
25
50
75
n
100
125
150
A b b i l du n g 3 . 4 . : Obere Reihe: Beide Randzustände des SSH-Modells (links) und zwei zufällig gewählte Volumenzustände (rechts). Für alle Rechnungen wurden die Parameter Θ = π/4, t = 1.0, ∆ = 0.3, N = 200 und γ = 0.0001
gesetzt. Beide Randzustände brechen die P T -Symmetrie, wohingegen die Volumenzustände P T ungebrochene
Zustände sind. Untere Reihe: Einer der beiden Randzustände im Kitaev-Modell sowie ein zufällig ausgewählter
Volumenzustand. Für alle Rechnungen wurden die Parameter µ = 1, t = 1.0, ∆ = 0.5, N = 150 und γ = 0.0001
gesetzt. Sowohl der abgebildete Randzustand als auch der Volumenzustand erhalten die P T -Symmetrie, wobei im
Randzustand die Elektron-Loch-Symmetrie einen P T -Bruch verhindert.
mit den fermionischen Erzeugungs-/Vernichtungsoperatoren c† /c, dem elektronischen Anzahloperator e und dem Anzahloperator eines Loches h. Gilt hein = hhin , so heben sich Gewinnund Verlusteffekt am Gitterplatz n gerade auf und es existiert kein Nettoeffekt für den Wahrscheinlichkeitsstrom an diesem Gitterplatz. Betrachtet man einen der beiden Randzustände des
Kitaev-Modells für γ = 0.0001, siehe dazu Abbildung 3.4, so erkennt man, dass die Wahrscheinlichkeit, ein Elektron an einem Gitterplatz n zu finden, exakt dieselbe ist wie die für ein Loch am
selbigen Gitterplatz n. Es gilt damit
hein = h hin
für
n = 1, 2, 3 . . . N .
(3.7)
Da für den gewählten Gewinn- und Verlusteffekt keine komplexen Energien im Kitaev-Modell
auftreten, müssen auch die Randzustände die P T -Symmetrie bewahren. Dass dies der Fall ist,
folgt sofort aus der Bedingung (3.7), da sich der Nettoeffekt von Gewinn und Verlust gerade zu
Null addiert. Für den Volumenzustand aus Abbildung 3.4 muss man zuerst beide Amplituden
von einander abziehen und dann an der Mitte der Gitterplätze spiegeln. Wie man leicht sieht, ist
damit der Volumenzustand ebenfalls P T -symmetrisch.
Das unterschiedliche Verhalten der beiden Modelle auf kleine Gewinn- bzw. Verlusteffekte
kann somit auf die P T -Symmetrie der topologischen Randzustände zurückgeführt werden. Im
SSH-Modell sind diese topologischen Zustände P T -gebrochen, wohingegen die Randzustände
im Kitaev-Modell die P T -Symmetrie erhalten. Dabei spielt die Elektron-Loch-Symmetrie im
Kitaev-Modell eine große Rolle, da diese zu einem Nettoeffekt des Wahrscheinlichkeitsstromes
von Null über das ganze Gitter führt. Diese Elektron-Loch-Symmetrie ist auch verantwortlich
23
Im(E)
2. Spektren in verschiedenen Parameterbereichen
2.5
2
1.5
1
0.5
0
-0.5
-1
-1.5
-2
-2.5
0
0.5
1
γc
1.5
γ
2
5.8
5.6
5.4
5.2
5
4.8
4.6
4.4
4.2
3
γ = 1.2
0.3
0.25
Amplitude
Amplitude in 10−3
γ = 0.7
2.5
0.2
0.15
0.1
0.05
0
50
100
n
150
200
0
0
50
100
n
150
200
A b b i l du n g 3 . 5 . : P T -Phasendiagramm für das SSH-Modell in der trivialen topologischen Phase (Θ = 3/4π) mit
den Parametern N = 200, t = 1.0 und ∆ = 0.3. Markiert sind zwei Punkte, für deren γ-Wert jeweils ein Eigenzustand
dargestellt ist. In der P T -gebrochenen (γ > γc ) Phase wird der Volumenzustand zu einem Randzustand, dieser ist
jedoch immer noch topologisch trivial, da er nicht die Eigenschaften eines topologischen Randzustandes besitzt. Der
zugehörige Energieeigenwert besitzt einen Realteil ungleich Null. In der P T -ungebrochenen Phase (γ > γc ) zeigt der
Volumenzustand eine über das gesamte Gitter verteilte Wahrscheinlichkeitsamplitude.
für die Erhaltung der P T -Symmetrie der Randzustände bei hohen Gewinn- und Verlusteffekten
γ, wohingegen die Volumenzustände im Kitaev-Modell bei immer größer werdendem γ die
P T -Symmetrie nicht erhalten, da diese Zustände die Bedingung (3.7) nicht erfüllen und somit
nicht vor einem P T -Bruch geschützt sind.
2.2. Das Potential U1 für große Gewinn- und Verlusteffekte
Für große Werte von γ existiert für beide Modelle in jeweils beiden topologischen Phasen ein
P T -Bruch, siehe dazu Abbildung 3.2. Da Energien mit einem nichtverschwindenden Imaginärteil immer als komplex konjugierte Paare auftreten, müssen mindestens zwei P T -gebrochene
Eigenzustände existieren. Im SSH-Modell treten in der topologisch trivialen Phase ab einem
kritischen Parameterwert γc2 vier P T -gebrochene Zustände auf. In der nichttrivialen Phase
des SSH-Modells sind die topologischen Randzustände für den P T -Bruch verantwortlich. Eine
Diskussion dieser Zustände und deren P T -Bruch fand bereits in Abschnitt 2.1 statt. Da in der
topologisch trivialen Phase keine topologischen Randzustände auftreten, es jedoch trotzdem zu
Energien mit nichtverschwindenden Imaginärteil ab einem kritischen Wert γc kommt, müssen
auch Volumenzustände ab einer gewissen Potentialstärke γ die P T -Symmetrie brechen. Um
den P T -Bruch des Volumenzustandes zu diskutieren, betrachtet man einen Volumenzustand
vor dem P T -Bruch und einen der beiden Zustände, die im P T -gebrochenen Bereich einen
nichtverschwindenden Imaginärteil besitzen. Beide Zustände, bzw. deren Aufenthaltswahrscheinlichkeiten, sind in Abbildung 3.5 über den Gitterplätzen n aufgetragen. Betrachtet man einen
der Volumenzustände, die im P T -gebrochenen Bereich (γ > γc ) liegen, so zeigt sich, dass
24
III. Verhalten topologischer Phasen in Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten
3
1
0
-1
-2
-3
γc
0
0.5
1
Amplitude in 10−2
25
1.5
γ
hei
hhi
20
Amplitude in 10−2
Im(E)
2
15
10
5
0
0
25
50
75
n
100
125
150
2
2.5
3
hei
hhi
1
0.8
0.6
0.4
0.2
0
0
25
50
75
n
100
125
150
A b b i l du n g 3 . 6 . : P T -Phasendiagramm für das Kitaev-Modell in der nichttrivialen topologischen Phase (µ = 1)
mit den Parametern N = 150, t = 1.0 und ∆ = 0.5. Markiert ist ein Punkt für die P T -gebrochene Phase (γ > γc ). In
der unteren Reihe sind der Randzustand (links) sowie der P T -gebrochene Volumenzustand (rechts) abgebildet. Im
Volumenzustand ist die Wahrscheinlichkeitsamplitude auch im P T -gebrochenem Zustand weiterhin über das ganze
Gitter verteilt.
dieser Zustand eine Lokalisierung am Rand aufzeigen kann. Energetisch betrachtet liegen diese
Randzustände jedoch nicht innerhalb der Bandlücke. Zustände mit vermehrter Lokalisierung an
einem der beiden Enden des Systems brechen die P T -Symmetrie wie es bereits für den Fall der
topologisch interessanten Randzustände in der nichttrivialen Phase diskutiert wurde.
Im Kitaev-Modell ist das Verhalten der beiden unterschiedlichen topologischen Phasen im
Bezug auf das P T -Phasendiagramm qualitativ gleich. Dies liegt daran, dass in beiden Phasen
die Volumenzustände für den P T -Bruch verantwortlich sind. Betrachtet man einen der beiden
topologischen Randzustände in der nichttrivialen topologischen Phase sowie einen der beiden
Zustände, die für den Parameterbereich γ > γc die P T -Symmetrie brechen, vergleiche Abbildung 3.6, so erkennt man, dass für den P T -gebrochenen Zustand weiterhin gilt, dass dieser eine
Wahrscheinlichkeitsamplitudenverteilung über das ganze Gitter besitzt. Er ist also weiterhin als
Volumenzustand anzusehen. Da die topologischen Randzustände des Kitaev-Modells immer die
Elektron-Loch-Symmetrie bewahren, sind diese stets vor einem P T -Bruch geschützt und somit
nicht involviert in der P T -symmetrischen Eigenschaft des Systems, was die Erklärung für das
qualitativ gleiche Verhalten der beiden topologischen Phasen im Kitaev-Modell ist.
3. Diskussion des Potentials U2
Das Potential (3.3) beschreibt ein Szenario, in dem Gewinn- und Verlusteffekte alternierend
auftreten.
25
3. Diskussion des Potentials U2
3
a)
1
0
-1
-2
-3
0.5
1
Θ = 0.9π
1
0
-1
-2
γc = 0.58
0
b)
2
Im(E)
Im(E)
2
3
Θ = 0.1π
1.5
γ
2
2.5
-3
3
γc = 0.58
0
0.5
1
1.5
γ
2
2.5
3
0.02
Amplitude
Amplitude
0.6
0.4
0.2
0.015
0.01
0.005
0
0
0
25
50
75 100 125 150 175 200
hnii
0
25
50
75 100 125 150 175 200
hnii
A b b i l du n g 3 . 7 . : P T -Phasendiagramme für das Potential U2 im SSH-Modell für die beiden Winkel Θ = 0.1π
und Θ = 0.9π. Dabei wurden die Winkel so gewählt, dass im Falle eines geschlossenen Systems γ = 0 der Fall
a) die topologisch nichttriviale Phase und b) die topologisch triviale Phase beschreibt. Unter den jeweiligen P T Phasendiagramm ist jeweils ein Eigenzustand abgebildet, welcher zum markierten Energieeigenwert gehört. Im Fall
a) sind diejenigen Imaginärteile schwarz gekennzeichnet, die auch im Falle des Potentials U1 auftreten. Für alle
Berechnungen wurden die Parameter N = 200, ∆ = 0.3 und t = 1.0 verwendet.
Das SSH-Modell Im Folgenden soll das SSH-Modell mit anliegendem Potential U2 untersucht
werden. Da es sich bei dem Potential U2 um ein nichthermitesches, jedoch P T -symmetrisches,
Potential handelt, ist wie bei U1 nicht klar, ob und bei welchen Parameterwerten der Hamiltonoperator komplexe Energien vorweist. Trägt man den Imaginärwert der Energie über den Gewinnund Verlustparameter γ auf, so lässt sich erneut ein P T -Phasendiagramm erstellen. Zwei solcher P T -Phasendiagramme sind in Abbildung 3.7 zu sehen. Dabei werden für den Winkel Θ
zwei Werte gewählt, welche im Falle eines isolierten Systems γ = 0 die beiden verschiedenen
topologischen Phasen repräsentieren: Θ = 0.1π (links) für die topologisch nichttriviale Phase
und Θ = 0.9π (rechts) für die topologisch triviale Phase. Im Allgemeinen ist vor der Berechnung
nicht klar, ob diese Winkel ausreichen, um die beiden topologischen Phasen auch im Potential U2
zu repräsentieren, oder ob überhaupt zwei verschiedene topologische Phasen auftreten. Durch
die Betrachtung des Energiespektrums wird angenommen, dass auch für das Potential U2 die
verschiedenen topologischen Phasen auftreten und die gewählten Werte von Θ jeweils eine dieser
Phasen zugeordnet werden können.
Für beide Phasendiagramme existiert der gleiche kritische Parameter γc = 0.58, an dem eine
Vielzahl an Zuständen die P T -Symmetrie brechen. Im Falle der nichttrivialen Phase Abbildung 3.7 a) tritt jedoch für jeden beliebig kleinen nichtverschwindenden Wert γ > 0 ein komplex
konjugiertes Paar an Energien auf, die ebenfalls für das Potential U1 existieren, vergleiche hierzu
Abbildung 3.2. Im Gegensatz zum Potential U1 brechen nicht nur die Randzustände für den
Parameter Θ = 0.1π die P T -Symmetrie. Durch Auftragen der einzelnen Zustände für jeden Wert
γ lässt sich zeigen, dass lediglich die in Abbildung 3.7 schwarz markierten und bereits für das
Potential U1 auftretenden Energien die Eigenschaft erfüllen, eine starke Lokalisierung am Rand
26
III. Verhalten topologischer Phasen in Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten
3
Im(E)
2
µ = 0.5
1
0
-1
-2
-3
γc
0
0.5
1
1.5
γ
2
2.5
3
1.5
γ
2
2.5
3
3
Im(E)
2
µ = 2.5
1
0
-1
-2
-3
γc
0
0.5
1
Abbildung 3.8.: P T -Phasendiagramme für das Kitaev-Modell in Verbindung mit dem Potential U2 . Zur jeweiligen
Berechnung wurden die Parameter 2t = ∆ = 1.0 bei einer Systemgröße von N = 200 verwendet. Beide Phasendiagramme zeigen einen P T -Bruch aller Zustände für einen kritischen Parameter, der für beide chemischen Potentiale
µ = 0.5 (topologisch nichttrivial, oben) µ = 2.0 (topologisch trivial, unten) den Wert γc = 1.0 besitzt.
zu besitzen. Alle anderen Zustände, welche die P T -Symmetrie brechen, sind sowohl für den
Wert Θ = 0.1π, als auch für den Wert Θ = 0.9π Volumenzustände.
Betrachtet man nur die Randzustände des Systems, so ist das Verhalten der beiden Potentiale
U1 und U2 gleich. Es existieren dabei jeweils zwei Randzustände in der topologisch nichttrivialen
Phase, welche die P T -Symmetrie schon ab einem geringen nichtverschwindenden Wert γ = 0
brechen. Das Verhalten der Volumenzustände ist jedoch verschieden für die beiden Potentiale.
Sind im Potential U1 für den Parameterwert Θ = 0.1π lediglich die beiden Randzustände
P T -gebrochen, so erfahren auch Volumenzustände P T -Brüche im Falle des Potentials U2 . Der
P T -Bruch dieser Volumenzustände findet dabei ab einem endlichen Wert γc statt. Dieser kritische
Wert scheint unabhängig von der topologischen Phase zu sein, da das exakt gleiche Verhalten der
Volumenzustände ebenfalls für den Parameterwert Θ = 0.9π vorliegt.
Das Kitaev-Modell Im Kitaev-Modell zeigte das Potential U1 in Abbildung 3.2 ein gleiches
Verhalten der P T -Symmetrie für die beiden topologischen Phasen. Im Falle des Kitaev-Modells
liegt im isolierten Fall ein topologischer Phasenübergang bei |µ| = 2 vor. Trägt man das P T Phasendiagramm für das Potential U2 für die beiden chemischen Potentiale µ = 0.5 und µ = 2.5
auf, so erkennt man bei Betrachtung der Abbildung 3.8, dass die beiden Phasendiagramme sich
sehr ähnlich sehen. Dies ist in Übereinstimmung mit dem Potential U1 , denn auch dort ergaben
sich zwei Phasendiagramme, die sich im Verhalten ähnlich zeigten. Im Vergleich zum Potential
U1 existiert im Kitaev-Modell in Verbindung mit dem Potential U2 jedoch ein kritischer Wert, ab
dem alle Energien komplex und somit alle Zustände P T -gebrochen sind.
27
4. Diskussion des Potentials U4
γ = 0.5
hei
hhi
0.2
hei
hhi
b)
Amplitude
a)
Amplitude
γ = 2.5
0.1
0
0.02
0.01
0
0
50
100
n
150
200
0
50
100
n
150
200
A b b i l du n g 3 . 9 . : a) Ein Randzustand im Kitaev-Modell für das anliegende Potential U2 . Das chemische Potential
liegt mit dem Wert µ = 0.5 in der topologisch nichttrivialen Phase für ein isoliertes System. Die übrigen Parameter für
die Berechnung waren N = 200, t = 1.0 und ∆ = 0.5. Ab einem Wert von γ > γc = 1 existieren keine Randzustände
mehr, vielmehr brechen alle Zustände sowohl die Elektron-Loch-Symmetrie als auch die P T -Symmetrie. Exemplarisch
ist ein solcher Zustand in Abbildung b) dargestellt.
Da die Randzustände sowohl im isolierten Falle als auch im Falles des Potentials U1 durch die
Elektronen-Loch-Symmetrie vor einem P T -Bruch geschützt waren, liegt es nahe, dass ab dem
kritischen Wert γc in Abbildung 3.8 keine Randzustände mehr existieren und dies unabhängig
vom gewählten Wert des chemischen Potentials µ ist. Betrachtet man die Eigenzustände des
Systems für ein chemisches Potential µ = 0.5 für einen Wert des Gewinn- und Verlusteffektes
vor dem vollständigen P T -Bruch γ < γc so erkennt man, dass Randzustände auftreten (Abbildung 3.9 a) ), im Parameterbereich γ ≥ γc existieren jedoch nur noch Volumenzustände, welche
die Elektron-Loch-Symmetrie und damit auch die P T -Symmetrie brechen. Exemplarisch ist einer
dieser Volumenzustände in Abbildung 3.9 b) aufgezeigt.
4. Diskussion des Potentials U4
In diesem Abschnitt soll das Potential U4 diskutiert werden. Dem System kann über das Potential
U4 in der ersten Hälfte Gewinn und in der zweiten Hälfte Verlust zugeführt werden. In einer
Teilchenbeschreibung würde dies bedeuten, dass Elektronen in der ersten Hälfte das System
verlassen, in der zweiten Hälfte betreten können. Für den Grenzfall eines Systems mit der Größe
N = 2 beschreiben die Potentiale U4 , U2 und U1 dieselbe Situation.
Das Potential U4 im SSH-Modell In den zuvor besprochenen Potentialen U1 und U2 verhielt
sich das SSH-Modell gleich, sofern man sich in einem Parameterbereich befindet, welcher einer
topologisch nichttrivialen Phase für das isolierte System (Θ < π/2) entspricht. In beiden Potentialen traten schon für nichtverschwindende Werte der Gewinn- und Verluststärke γ ein komplex
konjugiertes Paar an Eigenwerten auf. Diese Eigenwerte gehörten jeweils zu den zwei auftretenden topologisch stabilen Randzuständen, welche in beiden Fällen auch für große Potentialstärken
γ erhalten bleiben. Betrachtet man das P T -Phasendiagramm 3.10 für das Potential U4 , so erkennt
man, dass für einen Wert von Θ = 0.1π sich ein komplex konjugiertes Paar an Eigenwerten über
den gesamten Bereich erstreckt. Ab einem gewissen Punkt tritt neben den linear verlaufenden
komplexen Energien ein weiteres Paar an komplex konjugierten Eigenwerten auf. Gleichzeitig
28
III. Verhalten topologischer Phasen in Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten
3
a)
Amplitude
Im(E)
2
1
0
-1
-2
-3
γc
0
0.5
1
0.01
0
1.5
γ
2
2.5
3
0
0.2
20
40
60
0.5
b)
0.15
Re(E) = 1.03
Im(E) = 0.00
0.1
0.05
c)
0.4
Amplitude
Amplitude
0.02
80 100 120 140 160 180 200
hnii
Re(E) = 0.00
Im(E) = −0.26
0.3
0.2
0.1
0
0
0
20
40
60
80 100 120 140 160 180 200
hnii
0
20
40
60
80 100 120 140 160 180 200
hnii
Abbildung 3.10.: P T -Phasendiagramm des SSH-Modells für das Potential U4 . Für eine Systemgröße von N = 200,
den Parametern ∆ = 0.3 und t = 1.0 sind neben dem Phasendiagramm für den Wert Θ = 0.1π auch drei Zustände
dargestellt. Dies sind die Eigenzustände der markierten Imaginärwerte. Der Strich in den Eigenzuständen soll die
zwei Hälften des Potentials unterscheiden. Ab einem kritischen Wert γc = 1.07 existieren keine rein reellen Eigenwerte
mehr und alle Zustände sind P T -gebrochen.
verschwinden alle reellen Energien. Der Punkt, an dem alle Zustände die P T -Symmetrie brechen,
liegt bei einem endlichen kritischen Wert γc = 1.07.
In Abbildung 3.10 sind drei Eigenzustände aufgetragen, die im Fall a) vor, b) am und c)
nach dem kritischen Wert γc liegen. Aus dem P T -Phasendiagramm 3.10 wird nicht ersichtlich,
dass es sich bei dem komplex konjugierten Paar, das für jeden Wert von γ existiert, nicht um
zwei Eigenwerte handelt, sondern um N − 2 Werte, welche nahezu den gleichen Betrag des
Imaginärteils besitzen. Ein komplex konjugiertes Paar an Eigenwerten gehört dabei zu den
Randzuständen, die schon von den Potentialen U2 und U4 bekannt sind.
Im Bild b) aus 3.10 handelt es sich um einen der zwei Zustände, welche eine rein reelle Energie
vorweisen. Erkennbar ist, dass dieser durch Spiegelung an der eingetragenen schwarzen Linie
invariant ist und somit die P T -Symmetrie erhält. An dem kritischen Parameterwert γc wird
auch dieser Zustand P T -gebrochen, wobei die korrespondierende Energie von einem rein reellen
Wert zu einem rein imaginären Wert übergeht. Betrachtet man den Übergang von Gewinnzu Verlusteffekten im Potential U4 als Rand, so lässt sich der Zustand c) in Abbildung 3.10
als Randzustand einordnen, denn dieser erfüllt sowohl die Lokalisierung in der Mitte des
Systems, also am Rand des Gewinn- und Verlustüberganges, als auch die Bedingung, dass der
Zustand einen verschwindenden Realteil der Energie besitzt. Ob der Zustand jedoch topologisch
nichttrivial ist lässt sich nur durch die Bestimmung einer topologischen Invariante bestimmen.
Ein Zustand, der nicht zu den gerade besprochenen Randzuständen gehört, ist in Abbildung 3.10 a) abgebildet. Er steht dabei beispielhaft für alle anderen Volumenzustände. Jeder
Zustand, der die P T -Symmetrie bricht und keine Lokalisierung am Rand, bzw. in der Mitte des
Systems aufweist, ist ausschließlich auf einer Hälfte des Systems lokalisiert und bricht somit
die P T -Symmetrie. Nimmt der Parameter der Dimerisationsstärke Θ den Wert Θ = 0.9π an,
so unterscheidet sich das P T -Phasendiagramm in Abbildung 3.11 merklich vom vorhergehend
diskutierten Fall aus Abbildung 3.10. Für den Wert Θ = 0.9π liegt im isolierten System die
29
5. Methoden zur Bestimmung des topologischen Phasenübergangs
3
Θ = 0.9π
2
Im(E)
1
0.005
0.0025
0
0
-0.0025
-1
-0.005
0
0.005
0.01
0.015
-2
-3
0
0.5
1
1.5
γ
2
2.5
3
Abbildung 3.11.: P T -Phasendiagramm des SSH-Modells für das Potential U4 für eine Systemgröße von N = 200,
den Parametern ∆ = 0.3, t = 1.0 und Θ = 0.9π. Der vollständige P T -Bruch des Systems findet bei einem endlichen
Wert von γ statt.
triviale topologische Phase vor. Schon für kleine Werte des Gewinn- und Verlusteffektes zeigt
das System einen kompletten P T -Bruch auf. Wie für den Parameter Θ = 0.1π besitzen alle
Zustände denselben Betrag des Energieimaginärteils und zeigen wie der Volumenzustand aus
Abbildung 3.10 a) eine Lokalisierung in einer Hälfte des Systems.
Das Kitaev-Modell Betrachtet man das P T -Phasendiagramm des Kitaev-Modells für verschiedene Werte des chemischen Potentials, so fällt auf, dass das Potential U4 auch im Kitaev-Modell
ab einer bestimmten Stärke γc zu einem vollständigen P T -Bruch führt. Dabei ist der kritische
Punkt jedoch anders als im SSH-Modell eine Funktion des chemischen Potentials γc (µ). Im
isolierten Fall erstreckt sich die topologisch nichttriviale Phase über den Bereich |µ| < 2. Abbildung 3.12 zeigt das P T -Phasendiagramm für zwei verschiedene Werte µ, die im isolierten
Fall in der topologisch nichttrivialen Phase liegen. Der kritische Wert, ab dem alle Zustände
einen P T -Bruch vorweisen, wandert zu immer kleineren Werten γc , wenn man das chemische
Potential erhöht. Erinnert man sich daran, dass die Randzustände im Potential U1 durch die
Elektron-Loch-Symmetrie vor einem P T -Bruch geschützt sind, so können diese Randzustände
für beide Fälle in Abbildung 3.12 ab dem Wertebereich γ > γc nicht mehr auftreten.
5. Methoden zur Bestimmung des topologischen Phasenübergangs
5.1. Überlegungen zu einfache Kriterien
Bisher fand die Unterscheidung der topologischen Phasen in beiden Modellen nur qualitativ
statt. Dabei wird die Frage nach einer genauen Definition einer topologische Phase aufgeworfen.
Für die isolierten Systeme lassen sich sowohl im SSH-Modell als auch im Kitaev-Modell die
topologischen Phasen dadurch unterscheiden, dass Randzustände auftreten. Diese Randzustände
sind dabei durch eine sichtbare Lokalisierung am Rand und einer verschwindenden Energie
ausgezeichnet. Der erste und einfachste Ansatz einer Unterscheidung der topologischen Phasen
30
III. Verhalten topologischer Phasen in Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten
3
3
µ = 0.5
2
2
1
1
Im(E)
Im(E)
µ = 0.2
0
-1
0
-1
-2
-2
γc = 0.99
-3
0
0.5
1
1.5
γ
γc = 0.83
2
2.5
3
-3
0
0.5
1
1.5
γ
2
2.5
3
Abbildung 3.12.: P T -Phasendiagramm für das Kitaev-Modell unter Verwendung der Parameter N = 200, t = 1.0
und ∆ = 0.5 und zwei unterschiedlicher Werte des chemischen Potentials µ. Markiert ist der jeweilige kritische
Parameter γc , an dem ein vollständiger P T -Bruch stattfindet und alle Energien komplex werden. Der kritische Punkt
ist vom chemischen Potential abhängig.
ist das Auftreten einer Nullenergie. Dieser Ansatz führt für beide Systeme im isolierten Fall zum
Erfolg. Es ist jedoch nicht klar, ob dies auch im Falle eines nichthermiteschen Hamiltonoperators,
der im Allgemeinen komplexe Energieeigenwerte besitzt, anwendbar ist. Die nächste Überlegung
besteht darin, die topologischen Phasen im nichthermiteschen Fall an Hand der Real- und
Imaginärteile der Energie zu unterscheiden. Dies führt jedoch für alle der zuvor analysierten
Potentiale U1 , U2 und U4 zu Widersprüchen zwischen den beiden Systemen. Für das SSH-Modell
brechen die Randzustände die P T -Symmetrie, besitzen somit eine komplexe Energie, im Falle des
Kitaev-Modells sind die Randzustände durch die Elektron-Loch-Symmetrie vor einem P T -Bruch
geschützt und weisen daher rein reelle Energien auf. Als weitere Unterscheidungsmöglichkeit der
topologischen Phasen dient die Lokalisierung eines Zustandes. Dies basiert jedoch auf einer sehr
qualitativen Aussage, denn eine genaue Definition, wie groß der Rand bzw. die Lokalisierung an
diesem sein muss, um von einem Randzustand zu sprechen, ist nicht vorgegeben. Ein weiteres
Problem besteht darin, dass im Falle des SSH-Modells P T -gebrochene Zustände auftreten, welche
am Rand lokalisiert sind, jedoch einen Realteil der Energie besitzen der nichtverschwindend ist,
siehe dazu Abbildung 3.5.
Um dennoch eine Aussage der einzelnen topologischen Phasen der Systeme im Falle eines
Gewinn- und Verlusteffektes machen zu können, gibt es die Möglichkeit, beide Systeme getrennt
zu betrachten und eine spezifische Definition der topologischen Randzustände anzugeben. Für
den Fall des SSH-Modells wäre diese Definition dadurch gegeben, dass die Energien der Zustände
rein imaginär sind. Es gilt damit die Bedingung
Re( Ei ) = 0
und
|Im( Ei )| > 0 ,
(3.8)
wobei die Energie Ei dem Eigenwert des i-ten Zustandes entspricht. Für die Potentiale U1 , U2 und
U4 sind in Abbildung 3.13 die topologischen Phasendiagramme für ein System der Größe N = 200
und den Parametern t = 1.0, ∆ = 0.3 nach der Bedingung (3.8) aufgetragen. Dabei wurde für ein
festgehaltenen Wert von γ der Parameter Θ so lange von 0 → π variiert, bis die Bedingung (3.8)
nicht mehr erfüllt ist. Abbildung 3.13 zeigt auf, dass sich das SSH-Modell in Verbindung mit
den Potentialen U1 , U2 und U4 unter der Bedingung (3.8) gleich verhält. Der Wert Θ = 0.5π ist
dabei unabhängig vom Potential und Stärke des Gewinn- und Verlusteffektes der kleinste Wert,
welcher die Bedingung (3.8) erfüllt. Reicht diese Bedingung aus, um die topologischen Phasen im
31
5. Methoden zur Bestimmung des topologischen Phasenübergangs
1
U1
U2
U4
Θ[π]
0.8
0.6
0.4
0.2
0
0
0.5
1
γ
1.5
2
A b b i l du n g 3 . 1 3 . : Topologisches Phasendiagramm für das SSH-Modell in Verbindung mit den nichthermiteschen
Potentialen U1 , U2 und U4 . Für jedes Potential wurden die Systemparameter N = 200, ∆ = 0.3 und t = 1.0 verwendet.
Für jeden Wert γ wurde derjenige kleinste Wert von Θ gesucht, welcher die Bedingung (3.8) nicht erfüllt.
SSH-Modell zu unterscheiden, so bleiben die topologischen Phasen unabhängig vom Potential
und deren Stärken.
Für das Kitaev-Modell gilt sowohl für das im Potential U1 , als auch im isolierten Fall, dass die
Randzustände durch eine Elektron-Loch-Symmetrie und damit verbunden eine P T -Symmetrie
charakterisiert sind. Die Energie dieser Zustände ist damit rein reell. Da im isolierten Falle
diese Zustände einen verschwindenden Realteil besitzen, lautet die mögliche Bedingung im
Kitaev-Modell
|Re( Ei )| + |Im( Ei )| = 0 .
(3.9)
In Abbildung 3.14 wurde die Bedingung (3.9) für die Potentiale U1 , U2 und U4 aufgetragen.
Dabei wurde für einen festgehaltenen Wert von γ das chemische Potential, ausgehend vom Wert
µ = 0, so lange erhöht, bis (3.9) für keinen Energieeigenwert mehr erfüllt wird. Im Unterschied
zum SSH-Modell treten für die Potentiale unterschiedliche Übergangspunkte γ(µ) auf, die einen
Wechsel zwischen der Erfüllung und Nichterfüllung von Bedingung (3.9) einläuten. Bleiben
die Eigenschaften der Zustände bestehen, die im isolierten Fall die topologisch nichttriviale
Phase charakterisieren, so ändert sich für die Potentiale U2 und U4 die Grenze zwischen den
topologischen Phasen, während für das Potential U1 die topologischen Phasen unverändert zum
isolierten Fall bleiben.
Ausgehend vom Standpunkt, dass im isolierten Kitaev-Modell zwei Randzustände in der
topologisch nichttrivialen Phase auftreten und somit nach der Bedingung (3.9) den gleichen
Energieeigenwert besitzen, liegt eine Entartung der Energie vor. Berechnet man die Eigenzustände
des Systems im Impulsraum, in dem periodische Randbedingungen gelten, so existieren dort keine
Randzustände. Das Energiespektrum der Volumenzustände im Impulsraum schließt dennoch
an gewissen Stellen die Bandlücke. Diese Punkte sind gleichzusetzen mit dem topologischen
Phasenübergang und können durch einen exzeptionellen Punkt beschrieben werden [9]. Dieses
Verfahren zur Unterscheidung der topologischen Phasen wird später ebenfalls untersucht.
Letztendlich helfen diese einfachen Überlegungen aber nicht weiter. Es wird ein eindeutiges
Kriterium in Form einer topologischen Invarianten benötigt, die nicht eine reine Übertragung des
Wissens aus dem hermiteschen Fall darstellt.
32
III. Verhalten topologischer Phasen in Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten
2
µ
1.5
1
U1
U2
U4
0.5
0
0
0.2
0.4
0.6
0.8
1
γ
Abbildung 3.14.: Topologisches Phasendiagramm für das Kitaev-Modell in Verbindung mit den nichthermiteschen
Potentialen U1 , U2 und U4 . Für jedes Potential wurden die Systemparameter N = 200, ∆ = 0.5 und t = 1.0 verwendet.
Für jeden Wert γ wurde derjenige kleinste Wert von µ gesucht, welcher die Bedingung (3.9) nicht erfüllt.
5.2. Topologische Invariante im nichthermiteschen Fall
In diesem Abschnitt soll eine physikalische Formulierung einer topologischen Invarianten vorgestellt werden, die für alle Systeme mit nichthermiteschen Potential gültig ist. Wie die vorherigen
Ergebnisse aufgezeigt haben, ist es dringend notwendig, eine Definition einer topologischen Invarianten für nichthermitesche Systeme zu finden. Eine Unterscheidung der topologischen Phase in
nichthermiteschen Systemen allein durch Betrachtung der Energiespektren und Eigenzustände ist
kein Verfahren, welches erfolgversprechend ist. Allein für die zwei in dieser Arbeit betrachteten
Modelle existieren unterschiedliche Bedingungen (3.8), (3.9) die erfüllt werden müssen, um die
Parameterbereiche zu unterscheiden, an denen Randzustände auftreten können, die dasselbe
Verhalten aufzeigen wie die topologischen Randzustände im isolierten Fall.
Im hermiteschen Fall existiert in eindimensionalen Systemen die topologische Invariante der
Zak-Phase (2.29). Es ist jedoch nicht klar, ob diese Definition der topologischen Invarianten
direkt auf ein nichthermitesches Problem übertragen werden kann, oder ob eine derartige
topologische Invariante überhaupt noch existiert. Da zur Berechnung der in (2.29) definierten
Zak-Phase die Zustände des Systems im Impulsraum benötigt werden, wird im Folgenden die
Fouriertransformation der Potentiale U2 und U4 präsentiert. Für das Gewinn- und Verlustpotential
U1 liegt dabei keine analytische Transformation in den Impulsraum vor, sodass sich dieses
Potential zur Diskussion einer allgemein gültigen topologischen Invariante in nichthermiteschen
Systemen nicht eignet.
5.3. Fouriertransformation der Potentiale U2 und U4
In einem ersten Schritt sollen die Potentiale U2 und U4 für das Kitaev-Modell fouriertransformiert
werden. Dies ist später für die Berechnung der Zak-Phase notwendig.
Fouriertransformation von U2 Es soll das Potential U2 in den Fourierraum transformiert werden. Das Potential (3.3) lässt sich mit Hilfe der Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren aus (2.40)
im k-Raum schreiben als
U2 = i
γ
2
∑ bk† bq
k,q
N
∑
n =0
1
(−1)n ein(k−q)
N
33
5. Methoden zur Bestimmung des topologischen Phasenübergangs
=i
=i
N
1 iπn in(k−q)
e e
N
γ
2
∑ bk† bq ∑
γ
2
∑ bk† bq δq,k+π = i 2 ∑ bk† bk+π .
n =0
k,q
γ
k,q
k
Es ergibt sich somit für das Potential U2 im Fourierraum
U2 = i
γ π †
∑ bk bk + π .
2 k=−
π
(3.10)
Da der Vernichtungsoperator bk+π auftritt, ist die Verwendung der Nambu-Spinoren nach (2.44),
ψk =
bk†
b− k
,
nicht mehr möglich. Es bietet sich an, einen neuen vierdimensionalen Spinor der Form

bk†
 b− k 

Φ=
 bπ − k 
bk†−π

(3.11)
einzuführen. Dabei muss beachtet werden, dass die Summe aller Impulse in der ersten BrillouinZone nun über das Intervall
π
∑
k =−π
π/2
→
∑
(3.12)
k =0
gebildet werden muss.
Die Einführung der neuen Basisspinoren aus (3.11) macht eine neue Betrachtung des ungestörten Anteils des Kitaev-Hamiltonoperators aus (2.34) notwendig. Die einzelnen Terme des
Hamiltonoperators wurden bereits in den Gleichungen (2.41) - (2.43) Fourier-transformiert. Der
gesamte Hamiltonoperator, inklusive des Potentials U2 , lässt sich dann im k-Raum schreiben als
π
HK =
∑
k =−π
† ik
e
.
(µ/2 + t cos(k)) bk† bk + iγbk† bk+π + i∆ bk b−k eik − bk† b−
k
(3.13)
In der Basis der Spinoren Φ aus (3.11) ergibt sich dann

µ/2 + t cos(k )
2∆ sin(k )
0
−iγ
π/2
 2∆ sin(k )

−µ/2 − t cos(k)
iγ
0
 Φ . (3.14)
Hk = ∑ Φ† 

0
iγ
−µ/2 + t cos(k)
−2∆ sin(k) 
k =0
−iγ
0
−2∆ sin(k)
µ/2 − t cos(k )

Fouriertransformation von U4 In diesem Abschnitt soll das Potential U4 aus (3.4) fourriertransformiert werden. Dazu schreibt man
U4 = −
iγ
2
N/2−1
∑
n =0
N/2
=
34
c†n cn +
iγ N
iγ −1
iγ
†
c
c
=
−
c†n cn +
n
∑
∑
n
2 n= N/2
2 n=− N/2
2
iγ
iγ
c†n cn sign(n) =
∑
2 n=− N/2
2N
N/2
∑
π
∑
n=− N/2 k,q=−π
N/2
∑ c†n cn
n =0
ein(k−q) bk† bq sign(n)
III. Verhalten topologischer Phasen in Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten
=
bk† bq
i
iγ π
γ π
†
b
b
=
−
.
k q
2 k,q∑
k−q
2 k,q∑
k−q
=−π
=−π
(3.15)
Offensichtlich ist das Potential (3.15) nicht diagonal im Impulsraum. Die analytische Berechnung
der Eigenzustände des Potentials (3.15) in Verbindung mit dem Hamiltonoperator (2.45) bleibt
damit verwehrt.
Fouriertransformationen der Potentiale U2 und U4 im SSH-Modell Das Potential U2 lautet in
der Basisdarstellung (2.49)
U2 = i
γ N †
γ N †
c
c
−
i
c B,n c B,n
A,n A,n
2 n∑
2 n∑
=0
=0
und damit im Impulsraum
U2 = i
γ π †
γ π †
b A,k b A,k − i
∑
∑ bB,k bB,k .
2 k=−π
2 k=−
π
(3.16)
Für das Potential U4 ergibt sich dasselbe Problem wie für das Kitaev-Modell. Auch im SSH-Modell
ist das Potential U4 nicht diagonal in der Basisdarstellung (2.49) und somit nicht weiter geeignet
für analytische Untersuchungen.
6. Die Zak-Phase
Das Ziel dieses Abschnittes ist es, einen analytischen Ausdruck zur Unterscheidung der einzelnen
topologischen Phasen zu untersuchen. Explizit soll hier die Zak-Phase aus Gleichung (2.29)
bestimmt werden. Dafür ist zunächst eine Erweiterung dieser auf nichthermitesche Systeme
notwendig. Im recht einfachen Fall des SSH-Modells mit dem Potential U2 gelingt die Auswertung
rein analytisch, wie bereits in [16] gezeigt wurde. Damit auch Fälle zugänglich sind, die sich
nicht mehr analytisch berechnen lassen wird anschließend ein numerisches Verfahren entwickelt,
vorgestellt und seine Richtigkeit durch den Vergleich mit der analytischen Lösung nachgewiesen.
Auch wenn das wesentliche Thema dieser Arbeit die Betrachtung von P T -Symmetrie und
topologisch nichttrivialen Phasen ist, soll anschließend gezeigt werden, dass der gewonnene Weg
zur Bestimmung der topologischen Invarianten nicht auf P T -symmetrische Potentiale beschränkt
ist, sondern auch für reine Verlustpotentiale verwendet werden kann. Das wird am Kitaev-Modell
gezeigt. Hier kann ebenfalls durch eine gründliche Betrachtung ein analytischer Weg gefunden
werden.
6.1. Das SSH-Modell
In diesem Abschnitt soll die Zak-Phase (2.29) für das Potential U2 in den beiden Fällen γ = 0
und γ 6= 0 berechnet werden. Dabei wird zuerst das SSH-Modell betrachtet, da in diesem Fall
bereits eine analytische Lösung vorliegt [16], an der man sich orientieren kann. Um die Zak-Phase
berechnen zu können, benötigt man die Eigenzustände im Impulsraum. Als Ausgangspunkt
dient daher das fouriertransformierte SSH-Modell aus Gleichung (2.54) für den Fall γ = 0,
π
HSSH =
∑
k =−π
ψ†
0
t− + t+ eik
ψ
t− + t+ e−ik
0
(3.17)
35
6. Die Zak-Phase
mit t± = t (1 ± ∆ cos(Θ)). Im Folgenden soll die Zak-Phase für diesen Fall analytisch berechnet
werden. Dazu wird die Matrixdarstellung H des Hamiltonoperators mit Hilfe der Pauli-Matrizen
σx =
0 1
1 0
σy =
0 −i
i 0
σz =
1 0
0 −1
(3.18)
umgeschrieben:
H(k) = (t− + t+ cos(k))σx − t+ sin(k)σy .
(3.19)
Da es sich dabei um eine 2 × 2-Matrix handelt, ist es immer möglich, diese in eine Linearkombination der Einheitsmatrix,
1 0
1=
,
(3.20)
0 1
und der Pauli-Matrizen (3.18) zu zerlegen. Die Matrix lässt sich somit schreiben als
HK (k ) = σ · N + a · 1 ,
(3.21)
wobei der Vektor σ = (σx , σy , σz )T alle Pauli-Matrizen enthält und N = ( x, y, z)T ein dreidimensionaler Vektor ist. Im Falle der Matrix H(k ) aus (3.19) ergibt sich damit explizit

t− + t+ cos(k )
N =  −t+ sin(k )  .
0

HK (k ) = σ · N
mit
(3.22)
Allgemein kann gezeigt werden, dass jede 2 × 2-Matrix A der Form

r sin(ϑ ) cos( ϕ)
α =  r sin(ϑ ) sin( ϕ) 
r cos(ϑ )

A = σ·α
mit
(3.23)
die beiden Eigenvektoren
|n+i =
e−iϕ cos(ϑ/2)
sin(ϑ/2)
,
|n−i =
−e−iϕ sin(ϑ/2)
cos(ϑ/2)
(3.24)
besitzt. Um die Eigenzustände der Matrix (3.22) direkt mit (3.24) vergleichen zu können, muss
der Vektor N wie folgt transformiert werden,

  
 
x
t− + t+ cos(k )
r sin(ϑ ) cos( ϕ)
!
N =  y  =  −t+ sin(k )  =  r sin(ϑ ) sin( ϕ)  .
r cos(ϑ )
z
0
(3.25)
Offensichtlich handelt es sich hierbei um ein Analogon des Übergangs von dreidimensionalen
kartesischen Koordinaten hin zu sphärischen Kugelkoordinaten. Dieser Übergang ist bekannt
und lautet
!
q
z
r = x 2 + y2 + z2 ,
ϕ = arctan(y/x ) ,
ϑ = arccos p
,
(3.26)
x 2 + y2 + z2
sowie speziell für den Fall (3.25)
r (k) =
36
q
t2− + t2+ + 2t+ t− cos(k) ,
(3.27)
III. Verhalten topologischer Phasen in Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten
t+ sin(k )
ϕ(k) = arctan −
t− + t+ cos(k )
,
(3.28)
ϑ = arccos(0) = π/2 .
(3.29)
Damit ergeben sich die Eigenzustände
√1 e−iϕ(k)
2
√1
2
|n+i =
− √12 eiϕ(k)
!
|n−i =
,
!
√1
2
(3.30)
mit ϕ(k ) aus (3.28). Da nun die Eigenvektoren vorliegen, kann die Zak-Phase (2.29)
Γ=i
I
BZ
hn(k)|∂k |n(k)i
bestimmt werden. Man berechnet
i
hn+ |∂k |n+ i = − ∂k ϕ(k ) ,
2
I
Γ=i
=
BZ
Z
1 π
2
1 π
∂ ϕ(k ) dk
2 −π k
1
t+ (t+ + t− cos(k))
2
2
dk
=
π
1
+
sign
[
t
−
t
]
+
−
2
t2+ + t2− + 2t+ t− cos(k )
Z
hn+ |∂k |n+ i =
−π
(3.31)
und somit als Endergebnis
Γ=


π,

t2+ > t2− ,
π/2,


0,
t2+ = t2− ,
t2+
<
t2−
(3.32)
.
Setzt man t± = t(1 ± ∆ cos(Θ)) explizit in (3.32) ein, so ergibt sich


|Θ| < π/2 ,

π,
Γ = π/2,
Θ = π/2 ,


0,
|Θ| > π/2 .
(3.33)
Mit Hilfe von (3.33) lassen sich somit die beiden Bereiche der topologisch verschiedenen Phasen
ablesen. So befindet sich das SSH-Modell für |Θ| < π/2 in der topologisch nichttrivialen Phase
und für |Θ| > π/2 in der topologisch trivialen Phase.
Zak-Phase für das Potential U2 Ausgangspunkt ist wieder die Matrix (3.17), jedoch wird in
diesem Fall zusätzlich das Gewinn- und Verlustpotential U2 dazugeschaltet. Dabei lautet das
Potential U2 für den Fall des SSH-Modells (3.16) und damit in der Basis (2.49)
iγ/2
t− + t+ eik
H(k) =
(3.34)
t− + t+ e−ik
−iγ/2
oder
H(k) =
ic
a + ib
a − ib −ic
(3.35)
mit den Abkürzungen
a = t− + t+ cos(k) ,
b = t+ sin(k ) ,
c = γ/2 .
37
6. Die Zak-Phase
Die Eigenvektoren der Matrix (3.35) lauten
|r1 (k)i =
−ic −
√
a2 + b2 − c2
a − ib
|r2 (k)i =
,
−ic +
√
a2 + b2 − c2
a − ib
.
(3.36)
Da der Hamiltonoperator nicht hermitesch ist, H 6= H† , reicht die euklidische Normierungsbedingung
(3.37)
hr1 (k) | r1 (k)i = 1
nicht mehr aus, viel mehr müssen zusätzlich zu den rechtsseitigen Eigenvektoren (3.36) auch die
dazugehörigen linksseitigen Eigenvektoren berechnet werden, um dem in Abschnitt 1 besprochenen Wahrscheinlichkeitspostulat der nichthermiteschen Quantenmechanik gerecht zu werden.
Das heißt, es müssen die Eigenvektoren der Matrix H† berechnet werden,
†
H (k) =
−ic
a(k ) + ib(k )
a(k ) − ib(k)
ic
,
(3.38)
woraus die linksseitigen Eigenvektoren
|`1 (k)i =
ic −
p
a2 + b2 − γ2
a − ib
,
|`2 (k)i =
ic +
p
a2 + b2 − γ2
a − ib
(3.39)
folgen. Die Orthonormierungsbedingung lautet dann
`i (k) r j (k) = δij ,
i, j = 1, 2 .
(3.40)
Die Berechnung der normierten Eigenzustände im dualen Raum |ri i , |`i i ist möglich, jedoch sehr
unübersichtlich, sodass auf eine Angabe dieses Zwischenergebnisses hier verzichtet wird. Da es
sich bei dem Hamiltonoperator (3.35) um eine nichthermitesche Matrix handelt, kann es neben der
Entartung der Eigenwerte auch zu einer Entartung der zugehörigen Eigenzustände kommen. Man
spricht dann von einem exzeptionellen Punkt, oft mit den Buchstaben EP abgekürzt. An einem
exzeptionellen Punkt ist die Matrix (3.35) nicht invertierbar, was dem Wert einer Determinante
von 0 entspricht. Die Determinante der Matrix (3.35) lässt sich leicht berechnen und lautet
det H = c2 − a2 − b2 .
(3.41)
Gilt c2 = a2 + b2 , so verschwindet die Determinante und es liegt ein exzeptioneller Punkt
vor. Da die einzelnen Parameter noch vom Impuls k abhängen, kann eine Bedingung für den
exzeptionellen Punkt in Abhängigkeit von k gefunden werden,
c2 = a2 + b2 ,
γ2
= t2+ + t2− − 2t+ t− cos(k) ,
4
2
t+ + t2− − γ2
.
kep = arccos
8t+ t−
(3.42)
Je nach Parameterwerten von ∆, Θ und γ kann kep auf der reellen Achse zwischen 0 . . . 2π, also
in der Brillouin-Zone liegen. Dies ist dahingehend problematisch, da am exzeptionellen Punkt
die Eigenvektoren zu sich selbst orthogonal werden, das heißt, am exzeptionellen Punkt gilt
h`i | ri i = 0 ,
38
(3.43)
III. Verhalten topologischer Phasen in Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten
sodass die Normierungsbedingung (3.40) nicht mehr erfüllbar ist. Das Problem der Selbstorthogonalität ist vor allem numerisch eine Herausforderung, siehe dazu auch Abschnitt 6.2. In der
folgenden analytischen Betrachtung spielt es keine große Rolle.
Die Zak-Phase lässt sich für das SSH-Modell zusammen mit dem Gewinn- und Verlustpotential U2 immer noch analytisch angeben, jedoch nur unter sehr großem Aufwand. Dabei muss
zusätzlich beachtet werden, dass die Normierung gemäß der Bedingung (3.40) in die Berechnung
der Zak-Phase eingebunden werden muss,
Γi = i
I
BZ
h`i |∂k |ri i dk .
(3.44)
Normiert man die Eigenvektoren aus (3.36) und (3.39) gemäß (3.40) ergibt sich
Γ1 =
Γ2 =
I
BZ
2(t2− + t2+ −
γ2
4
2(t2− + t2+ −
γ2
I
BZ
4
t+ (t+ + t− cos(k ))
q
+ 2t− t+ cos(k)) − i γ2 t2− + t2+ −
t+ (t+ + t− cos(k ))
q
+ 2t− t+ cos(k)) + i γ2 t2− + t2+ −
γ2
4
+ 2t− t+ cos(k)
γ2
4
+ 2t− t+ cos(k)
dk ,
(3.45a)
dk .
(3.45b)
Dabei ist erkennbar, dass für nichtverschwindendes γ die Zak-Phase im Allgemeinen nicht rein
reell ist, sondern auch einen Imaginärteil besitzt. In der Definition (2.29) der Zak-Phase kann
dieser Imaginärteil durch die Normierungsbedingung der hermiteschen Quantenmechanik nicht
auftreten. Interpretieren lässt sich der Imaginärteil der Zak-Phase als dissipativer Effekt, der
durch das geometrische Potential induziert wird [16]. Die beiden Integrale aus (3.45a) und (3.45b)
besitzen jedoch ein weiteres grundlegendes Problem. Sie divergieren, sobald ein exzeptioneller
Punkt vorliegt, das heißt sobald die Bedingung k = kep aus (3.42) erfüllt ist. Folgt man dem
Vorschlag aus [16] und führt eine globale Zak-Phase ein,
Γges =
Γ1 + Γ2
,
2
(3.46)
so treten beide Probleme nicht auf. Die Definition (3.46) liefert aber immer noch die gesuchte
topologische Invariante [16]. Man erhält
Γges =
I
BZ t2
−
t+ (t+ + t− cos(k ))
+ t2+ −
γ2
4
+ 2t− t+ cos(k)
dk .
(3.47)
Da der Integrand sowohl für die einzelnen Zak-Phasen Γ1 , Γ2 als auch für die globale Zak-Phase
Γges analytisch vorliegt, kann das Ergebnis sehr einfach mithilfe einer numerischen Integration
bestimmt werden. Dazu wird für die Integration die Trapezregel
!
Z x2
N −1
1
1
b−a
f ( x ) dx = h
f ( a) + f (b) + ∑ f ( a + jh)
mit h =
(3.48)
2
2
N
x1
j =1
verwendet. Neben der analytischen Angabe des Integrals und der numerischen Auswertung
lassen sich die Integrale und damit die Zak-Phasen mit einer aufwendigen Rechnung auch formal
analytisch angeben. Dabei wird sich hierbei auf die Angabe der Lösung aus [16] beschränkt,
η√
q−1
Γ1/2 = πΘ(q − 1) ± i
yq K (y) +
Π( x, y)
(3.49)
2
q+1
mit den Abkürzungen
q=
t+
,
t−
η=
γ
,
2t−
39
6. Die Zak-Phase
x=
4q
,
( q + 1)2
y=
4q
,
( q + 1)2 − η 2
dem elliptischen Integral erster Art
K (y) =
dk
Z π/2
q
0
1 − y sin2 (k )
und dem elliptischen Integral dritter Art
Π( x, y) =
Z π/2
0
dk
q
.
2
(1 − x sin (k)) 1 − y sin2 (k)
Die Auswertung der elliptischen Integrale gelingt dabei numerisch nicht schneller als die
direkte numerische Berechnung des vollständigen Integrals (3.48). In Abbildung 3.15 sind neben
der numerischen Integration von (3.45b), (3.45b) und (3.47) auch einzelne Punkte der analytischen
Lösung aus (3.49) aufgezeigt. Die Abweichung zwischen den numerisch berechneten Werten und
der analytischen Lösung ist dabei vernachlässigbar klein.
Der analytische Ausdruck (3.49) hat den Vorteil, dass man einen sehr einfachen Ausdruck für
die globale Zak-Phase erhält, der unabhängig vom Gewinn- und Verlustparameter γ ist,
Γges = Γ1 + Γ2 = πΘ(q − 1)
(3.50)
und nur von der Heaviside-Funktion Θ(q − 1) abhängt.
6.2. Numerische Lösung
Im Folgenden soll die Zak-Phase numerisch berechnet werden. Dies ist dann erforderlich, wenn
die Normierung und/oder das Berrypotential
h`i |∂k |ri i
(3.51)
nicht oder nur unter großem Aufwand analytisch darstellbar sind. Neben einer Ableitung und
Integration gehen in der Zak-Phase (3.44) auch die Normierung und somit die Bedingung (3.40)
in die Berechnung ein. Der erste Schritt besteht darin, die Eigenvektoren der Matrizen H (3.35)
und H† (3.38) zu berechnen und dann das Skalarprodukt h`i |ri i auszuwerten. Dabei ist a priori
nicht klar, ob die numerisch berechneten Eigenvektoren zueinander kompatibel sind, das heißt
die Zuordnung
|`1 i → |r1 i
muss nicht gewährleistet sein. Um dieses Problem zu umgehen, werden die Beträge der Skalarprodukte verglichen und |r1 i wird mit |r2 i ausgetauscht, sofern die Bedingung
| h`1 |r1 i | < | h`1 |r2 i |
(3.52)
erfüllt ist. Die numerische Normierung erfolgt dann durch
|ri i = p
1
h`i |ri i
|ri i ,
|`i i =
1
p
h`i |ri i
!∗
|`i i ,
(3.53)
wobei für den linksseitigen Eigenvektor beachtet werden muss, dass die Norm im Allgemeinen
komplex ist und somit die komplex konjugierte Wurzel des Skalarproduktes als Norm verwendet
wird, denn
h`i | ri i = (|`i i)† |ri i
40
III. Verhalten topologischer Phasen in Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten
1.2
0.5
0.8
ImΓ1 /π
ReΓ1 /π
a)
0.4
0
-0.5
0
Θ/π
-1.5
0.5
1
1.8
b)
-0.5
0
Θ/π
0.5
1
-1
-0.5
0
Θ/π
0.5
1
0
Θ/π
0.5
1
1
ImΓ2 /π
ReΓ2 /π
-1
1.5
1.2
0.6
0
0.5
0
-0.5
-0.6
-1
-0.5
0
Θ/π
0.5
1
0.1
c)
ImΓges /π
1
ReΓges /π
-0.5
-1
numerisch
analytisch
-1
0
0.5
0
-1
-0.5
0
Θ/π
0.5
1
0.05
0
-0.05
-0.1
-1
-0.5
A b b i l du n g 3 . 1 5 . : Links: Realteil der Zak-Phasen: a) (3.45a), b) (3.45b) und c) (3.47). Rechts: Die dazugehörigen
Imaginärteile. Die analytischen Werte wurden aus Gleichung (3.49) gewonnen. Erkennbar ist die exzellente Übereinstimmung der numerischen Ergebnisse mit der analytischen Form und das eindeutige Ergebnis zur Charakterisierung
der topologisch verschiedenen Phasen mit der globalen Zak-Phase nach (3.47) in c).
41
6. Die Zak-Phase
=p
1
!∗ !∗
1
p
h`i |ri i
h`i |ri i
1
h` |r i = 1 .
=
h`i |ri i i i
h`i | |ri i
Da am exzeptionellen Punkt der Eigenzustand Selbstorthogonalität aufzeigt, gilt für die Norm
in der Umgebung des exzeptionellen Punktes
h`i | ri i → 0 ,
N= p
1
h`i | ri i
→∞,
(3.54)
sodass die Norm und damit auch die Zak-Phase in diesem Gebiet divergieren. Da jedoch sowohl
die komplett analytische Lösung der Zak-Phase (3.49) als auch die numerische Integration des
analytischen Berrypotentials (3.51) (siehe Abbildung 3.15) keinerlei Divergenzen aufzeigen, muss
die Integration über die gesamte Brillouin-Zone, welche den exzeptionellen Punkt einschließt,
die Divergenz aufheben. Das Vorgehen einer numerischen Integration besteht jedoch daraus,
einzelne Punkte, die nach (3.54) bereits unendlich groß sind, aufzusummieren, wodurch sich eine
divergierende Zak-Phase ergibt, sobald ein exzeptioneller Punkt für reelles k auftritt.
In einer numerischen Rechnung kann man sich jedoch zu Nutze machen, dass man das
Verhalten der Divergenz am exzeptionellen Punkt analytisch kennt. Um den exzeptionellen
Punkt zu umgehen, betrachtet man daher zuerst das analytische Berrypotential der Zak-Phase
aus (3.45a). Dieses lautet
Vberry =
2(t2− + t2+ −
γ2
4
t+ (t+ + t− cos(k ))
q
+ 2t− t+ cos(k)) − iγ t2− + t2+ −
γ2
4
(3.55)
+ 2t− t+ cos(k)
und divergiert am exzeptionellen Punkt, also nach (3.42) bei
2
t+ + t2− − γ2
kep = arccos
.
8t+ t−
Entwickelt man das Berrypotential nahe des exzeptionellen Punktes in eine fraktionale Potenzreihe, so ergibt sich
q
sign(k − kep )
+ c sign(k − kep ) |k − kep | + d(k − kep ) + O |k − kep |3/2 ,
Vberry = a + b q
|k − kep |
(3.56)
wobei a, b, c, d komplexe Parameter sind. Das Verhalten der Reihenentwicklung (3.56) ist typisch
für eine Norm/Funktion eines nichthermiteschen Systems, welches nahe am exzeptionellen Punkt
ausgewertet wird.
q
Das Berrypotential divergiert mit der Ordnung 1/ |k − kep |. Da dies die typische Divergenz
an einem exzeptionellen Punkt ist, kann man grundsätzlich immer den Ansatz der Form (3.56)
wählen. Erinnert man sich jedoch daran, dass das Berrypotential noch über die gesamte BrillouinZone integriert werden muss, so stellt man fest, dass eine Divergenz dieses Typs integrabel ist.
Dies ist leicht einzusehen, sofern man die Entwicklung des Berrypotentials aus (3.56) nahe am
exzeptionellen Punkt integriert. Dabei wird das Integrationsgebiet so aufgeteilt, dass von links
bis zum exzeptionellen Punkt integriert wird und dann vom exzeptionellen Punkt bis zu einer
Grenze rechts davon. Zur Veranschaulichung dient Abbildung 3.16. Die Aufteilung lautet
Z k2
k1
42
Vberry dk =
Z kep
k1
Vberry dk +
Z k2
kep
Vberry dk ,
(3.57)
III. Verhalten topologischer Phasen in Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten
kep
k1
k2
Abbildung 3.16.: Schematische Darstellung des Integrationsweges, sofern ein exzeptioneller Punkt in der BrillouinZone liegt. Dabei sind die Bereiche links und rechts vom exzeptionellen Punkt getrennt anzusehen, sodass das Integral
über den exzeptionellen Punkt effektiv in zwei Teilintegrale zerfällt.
wobei k1 und k2 Punkte links respektive rechts vom exzeptionellen Punkt sind. Ausführung der
Integrale (3.57) führt auf


Z kep
Z kep
q
sign(k − kep )
 a ` + b` q
Vberry dk =
+ c` sign(k − kep ) |k − kep | + d` (k − kep ) dk
k1
k1
|k − kep |
"
#
Z kep
q
1
− c` kep − k + d` (k − kep ) dk
=
a ` − b` p
kep − k
k1
2
kep
q
2
k
3/2
= a` k + 2b` kep − k + (kep − k) + d`
− kep k
3
2
k1
!
q
k2ep
k21
2
3/2
= a` (kep − k1 ) − 2b` kep − k1 − c` (kep − k1 ) + d` kep k1 −
−
.
3
2
2
Außerdem
Z k2
kep


sign(k − kep )
 ar + br q
+ cr sign(k − kep ) |k − kep | + dr (k − kep ) dk
k1
|k − kep |
#
"
Z kep
q
1
+ cr k − kep + dr (k − kep ) dk
=
ar + br p
k − kep
k1
2
k2
q
2
k
3/2
= ar k + 2br k − kep + cr (k − kep ) + dr
− kep k
3
2
kep
!
2
q
2
k
k
2
ep
= ar (k2 − kep ) + 2br k2 − kep + cr (k2 − kep )3/2 + dr −k2 kep + 2 +
.
3
2
2
Vberry dk =
Z kep
q
Damit ergibt sich das Endresultat
Z k2
k1
Vberry dk = a` (kep − k1 ) − 2b`
+ ar (k2 − kep ) + br
q
q
2
kep − k1 − c` (kep − k1 )3/2 + d`
3
2
k2 − kep + cr (k2 − kep )3/2 + dr
3
k2
kep k1 −
− 1
2
2
!
k2ep
k2
−k2 kep + 2 +
2
2
!
k2ep
.
(3.58)
Die Parameter a`,r , b`,r , c`,r , d`,r sind bis zu diesem Zeitpunkt unbekannte Konstanten. Da es sich
links und rechts vom exzeptionellen Punkt um jeweils vier unbekannte Konstanten handelt,
benötigt man jeweils vier Punkte nahe am exzeptionellen Punkt, um einen vollständigen Satz
an Bestimmungsfunktionen zu erhalten. Im Bereich des exzeptionellen Punktes treten bereits
numerische Ungenauigkeiten der Norm auf, sodass diese vier Bestimmungspunkte nicht die
numerisch nächstliegenden vier Punkte links bzw. rechts vom exzeptionellen Punkt sein können.
Jedoch dürfen diese Bestimmungspunkte auch nicht zu weit entfernt vom exzeptionellen Punkt
43
6. Die Zak-Phase
liegen, da sonst die Reihenentwicklung (3.56) nicht mehr gilt. In der numerischen Berechnung
hat sich bewährt, die Brillouin-Zone in 20.000 äquidistante Punkte zu unterteilen und k1 bzw. k2
so zu wählen, dass diese jeweils 100 Punkte vom exzeptionellen Punkt entfernt liegen.
Abfolge der numerischen Berechnung
Im Folgenden soll ein schematischer Ablauf der numerischen Berechnung der Zak-Phase angegeben werden, die in Kurzform auch in Abbildung 3.17 zu sehen ist.
1. Schritt 1 ist das Unterteilen der Brillouin-Zone in 20.000 äquidistante k-Schritte. Das heißt,
ein Schritt i hat die Länge
2π
.
(3.59)
L=
20.000
Der erste Impulswert liegt bei k = 0, sodass eine endliche Anzahl (hier 20.000) an Punkten
zwischen k = 0 . . . 2π zur Berechnung der Zak-Phase hinzugezogen werden.
2. Da die numerischen Ergebnisse zum Testen für das vorliegende Modell mit den analytischen
aus Abbildung 3.15 verglichen werden sollen, wird der Winkel Θ als variabler Parameter
angesehen und das Ergebnis der Zak-Phase folglich über diesen Winkel aufgetragen. Für
jedes Θ wird erst überprüft, ob ein exzeptioneller Punkt in der Brillouin-Zone vorliegt, d.h.
ob die Determinante aus (3.41) Null ist. Da der exzeptionelle Punkt bei einer endlichen
Anzahl an Schritten innerhalb der Brillouin-Zone nie exakt getroffen wird, wird auch die
Determinante (3.41) nie exakt Null, vielmehr zeigt diese einen Nulldurchgang und damit
ein Vorzeichenwechsel, welcher sich leicht numerisch bestimmen lässt, indem man den
Wert der Determinante des aktuellen Schrittes i mit dem des vorherigen Schrittes i − 1
multipliziert,
det Hi · det Hi−1 ≶ 0 .
(3.60)
Ist der Wert aus (3.60) kleiner als 0, so liegt ein exzeptioneller Punkt zwischen den Schritten
i und i − 1 vor und wird weiter approximiert, indem man annimmt, dass dieser genau
zwischen dem Schritt i und i − 1 auftritt, sodass der Wert des exzeptionellen Punktes als
kep = L(i − 1/2)
bzw.
icrit = i
(3.61)
abgeschätzt wird, wobei L aus Gleichung (3.59) verwendet wird. Da mehrere exzeptionelle
Punkte innerhalb der Brillouin-Zone liegen können, werden alle Werte des exzeptionellen
Punktes in einem Vektor gespeichert.
3. Da nun alle exzeptionellen Punkte innerhalb der Brillouin-Zone berechnet wurden, kann
die eigentliche Berechnung der Zak-Phase angegangen werden. Dabei muss zuerst unterschieden werden, ob man den kritischen Abstand zum exzeptionellen Punkt unterschritten
hat, oder nicht. Der kritische Abstand an einem exzeptionellen Punkt liegt dabei bei
dcrit = 100
(3.62)
für eine Gesamtanzahl von 20.000 Schritten. Je nachdem, ob die Bedingung
|i − icrit | < dcrit
(3.63)
erfüllt ist oder nicht, befindet man sich in unterschiedlichen Bereichen. Dabei wird die
Brillouin-Zone mit Hilfe der Bedingung (3.63) in verschiedene Bereiche unterteilt. Diejenigen
44
III. Verhalten topologischer Phasen in Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten
EPs suchen
BZ
unterteilen
i+1
überprüfe
Schritt i
kritischer
Bereich
linksseitige
Fitparameter
bestimmen
unkritischer
Bereich
rechtsseitige
Fitparameter
bestimmen
analytisch
integrieren
rechtsseitige &
linksseitige
Eigenvektoren
berechnen
rechtsseitige Eigenvektoren
sortieren: hlij |rij i ≈ 1
normieren:
hlij |rij i = 1
Berrypotential
berechnen
hlij |∂k |rij i
numerisch
integrieren
+
Endergebnis
A b b i l du n g 3 . 1 7 . : Schematischer Ablauf zur numerischen Berechnung der Zak-Phase für den nichthermiteschen
Fall.
45
6. Die Zak-Phase
Bereiche, welche die Bedingung (3.63) nicht erfüllen, heißen unkritische Bereiche, alle anderen werden als kritische Bereiche bezeichnet. Als Beispiel betrachtet man Abbildung 3.16, in
der sich der kritische Bereich zwischen k1 und k2 erstreckt. Liegen n exzeptionelle Punkte
in der Brillouin-Zone, so existieren n kritische Bereiche und n + 1 unkritische Bereiche. Für
den Fall, dass man sich in einem kritischen Bereich befindet, werden einige der nächsten
Schritte übersprungen und die Vorgehensweise wird ab Punkt 8 fortgesetzt.
4. Zunächst werden für jeden Schritt i die rechtsseitigen Eigenvektoren |r1/2,i i der Matrix,
sowie die zugehörigen linksseitigen Eigenvektoren |`1/2,i i der Matrix Hi berechnet. Die
Eigenvektoren werden nach (3.52) gegebenenfalls korrigiert und daraufhin nach der Normierungsbedingung (3.40) normiert.
5. Um das Berrypotential zu berechnen, muss die Ableitung ∂k |r i numerisch berechnet werden.
Da die Ableitung innerhalb einer kritischen Zone, also in der Nähe des exzeptionellen
Punktes, sehr sensitiv von k abhängt, wurde eine finite Differenzenableitung mit 8. Ordnung
Genauigkeit gewählt, d.h.
1
− 280
f ( x + 4h) +
f ( x + 3h) − 15 f ( x + 2h) + 54 f ( x + 1h)
h
4
1
4
1
5 f ( x − 1h ) + 5 f ( x − 2h ) − 105 f ( x − 3h ) + 280 f ( x − 4h )
,
−
h
4
1 1
| r i i −4 − | r i i +4 +
| r i i +3 − | r i i −3
∂ k |r ii ≈
L 280
105
4
1
+ | r i i −2 − | r i i +2 +
| r i i +1 − | r i i −1
5
5
f 0 (x) =
4
105
(3.64)
6. Der nächste Schritt besteht darin, die numerisch berechnete Ableitung (3.64) mit dem
zugehörigen linksseitigen Eigenvektor zu multiplizieren, um das Berrypotential zu erhalten,
VBerry,i = h`i |∂k |ri i .
(3.65)
7. Befindet man sich nicht im kritischen Bereich, so wird in jedem Schritt das Berrypotential
im Sinne der Trapezregel aufaddiert. Dabei ist es wichtig, die Länge und die Anzahl an
Schritte zu kennen, die man benötigt, um einen unkritischen Bereich zu durchqueren. Da
jedoch die kritischen Stellen icrit bekannt sind, lassen sich die Länge und Schrittanzahl
der einzelnen Intervalle leicht berechnen. Als Beispiel betrachtet man zwei exzeptionelle
Punkte innerhalb der Brillouin-Zone und die beiden kritischen Punkte sind gegeben durch
1 und i2 . Weiterhin soll der kritische Abstand zum exzeptionellen Punkt d
icrit
crit sein. Der
crit
1
erste unkritische Bereich erstreckt sich dann von i = 0 . . . icrit − dcrit und besitzt die Länge
1 −d
L · (icrit
crit ) mit L aus (3.59). Der nächste unkritische Bereich erstreckt sich zwischen
1
2 −d
2
i = icrit + dcrit . . . icrit
crit und der dritte und letzte Bereich lautet i > icrit + dcrit . Damit
lässt sich für jeden Schritt i innerhalb eines unkritischen Bereichs das Berrypotential wie
folgt aufsummieren,
T j = T j −1 +
Länge des unkritischen Bereichs j
Anzahl der Schritte im unkritischen Bereich j
VBerry,i ,
(3.66)
wobei der Index j als Nummerierung der einzelnen Bereiche anzusehen ist.
8.
46
Innerhalb des kritischen Bereiches erfolgt die Berechnung des Berrypotentials mit Hilfe
der Taylorentwicklung (3.56) und die Zak-Phase ergibt sich dann dementsprechend nach
III. Verhalten topologischer Phasen in Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten
Gleichung (3.58). Dazu müssen zunächst die unbekannten Konstanten a, b, c, d in (3.56)
rechts und links des exzeptionellen Punktes getrennt berechnet werden. Um diese zu
erhalten, werden die ersten vier (links vom exzeptionellen Punkt) bzw. letzten vier (rechts
vom exzeptionellen Punkt) Punkte des kritischen Bereichs verwendet. Die Berechnung des
Berrypotentials (3.65) für jeden der genannten Punkte führt dann auf ein Gleichungssystem
q
sign(k α − kep )
+ c sign(k α − kep ) |k α − kep | + d(k α − kep ) = VBerry (k α )
a+b q
|k α − kep |
(3.67)
für vier Datenpunkte α. Das Gleichungssystem wird numerisch gelöst und die Parameter
a, b, c, d werden in die Gleichung (3.58) eingesetzt, wobei die Grenzen k1 und k2 wie folgt
berechnet werden,
j
j
j
j
k1 = icrit − dcrit ,
k2 = icrit + dcrit
(3.68)
mit dem Index j, der wiederum für den j-ten exzeptionellen Punkt steht. Für den gesamten
kritischen Bereich in der Brillouin-Zone ergibt sich dann die Zak-Phase
Γ=
∑
j
Z kj
2
j
k1
j
VBerry ( a, b, c, d) .
(3.69)
Für jedes Integral müssen die rechts- und linksseitigen Koeffizienten a, b, c, d getrennt
nach (3.67) berechnet werden. Das Ergebnis jedes einzelnen Integrals ist bereits bekannt,
siehe Gleichung (3.58).
9. Als letzter Schritt wird die numerische Zak-Phase aller kritischen und unkritischen Bereiche
aufaddiert. Es ergibt sich so das Endresultat als Addition von (3.69) und (3.66).
Numerische Ergebnisse
In diesem Abschnitt sollen die numerischen Ergebnisse der Zak-Phase mit der analytischen Lösung aus (3.49) verglichen werden. Das heißt der topologische Phasenübergang sollte unabhängig
von der Gewinn- und Verluststärke γ bei Θ = π/2 liegen. Ein Vergleich mit Abbildung 3.18
bestätigt das numerische Vorgehen aus dem vorherigen Abschnitt, sodass nach numerischen
Berechnungen der globalen Zak-Phase ein topologischer Phasenübergang
Γges :
0→π
am Punkt Θ = π/2 auftritt, wobei die globale Zak-Phase auf dem Phasenübergang den Wert
Γglob = π/2 annimmt, was der analytischen Berechnung (3.50) entspricht.
Dass die besondere numerische Behandlung der exzeptionellen Punkte innerhalb der BrillouinZone eine wichtige Rolle spielt, ist gut erkennbar, sofern man den exzeptionellen Punkt als
normalen Punkt behandelt, denn dann divergiert das Berrypotential in seiner Nähe, vergleiche
hierzu Abbildung 3.19. Dort wurden die Parameterwerte so gewählt, dass zwei exzeptionelle
Punkte in der Brillouin-Zone auftreten. Erkennbar ist das divergierende Verhalten des Berrypotentials am exzeptionellen Punkt, was eine Integration über die gesamte Brillouin-Zone nur
mit großen Ungenauigkeiten ermöglicht. Das Divergieren ist ausschließlich dem Auftreten von
exzeptionellen Punkten zuzuschreiben. Um diese Aussage zu bestätigen, ist in Abbildung 3.20
ein Fall aufgetragen, für den die Determinante der Matrix H aus (3.34) keinen Nulldurchgang
aufzeigt und somit kein exzeptioneller Punkt in der Brillouin-Zone auftaucht und damit auch das
Berrypotential nicht divergent ist. Dabei liegt das Berrypotential in der gesamten Brillouin-Zone
bei Größenordnungen von etwa 1.
47
6. Die Zak-Phase
γ = 0.25
1
0.8
0.6
0.4
0.2
0
ReΓges
ReΓges
γ = 0.0
-1
-0.5
0
Θ/π
0.5
1
0.8
0.6
0.4
0.2
0
1
-1
-0.5
1
0.8
0.6
0.4
0.2
0
-1
-0.5
0
Θ/π
0.5
1
-1
-0.5
ReΓges
ReΓges
0
Θ/π
0.5
1
0.5
1
γ = 3.0
1
0.8
0.6
0.4
0.2
0
-0.5
1
1
0.8
0.6
0.4
0.2
0
γ = 2.0
-1
0.5
γ = 1.0
ReΓges
ReΓges
γ = 0.5
0
Θ/π
0
Θ/π
0.5
1
1
0.8
0.6
0.4
0.2
0
-1
-0.5
0
Θ/π
Abbildung 3.18.: Numerische Ergebnisse der globalen Zak-Phase (3.46) in Einheiten von π für die Potentialstärken
γ = 0, 0.25, 0.5, 1, 2, 3. Deutlich zu erkennen ist, dass der Phasenübergang jeweils bei Θ = π/2 auftritt und durch den
Wert der globalen Zak-Phase von π/2 gekennzeichnet wird. Alle korrespondierenden Imaginärteile der aufgezeigten
Realteile sind über den gesamten Θ-Bereich Null.
6.3. Kitaev-Modell
Im Folgenden sollen mit Hilfe der Zak-Phase (2.29) die beiden topologischen Phasen des KitaevModells unterschieden werden.
Analytische Lösung für γ = 0
Zunächst soll die Zak-Phase im Kitaev-Modell für den Fall, dass kein Gewinn- und Verlustpotential anliegt, also γ = 0, berechnet werden. Da zur Bestimmung der Zak-Phase (2.29) die
Eigenzustände im Impulsraum eingehen, dient als Ausgangspunkt der fouriertransformierte
Hamiltonoperator des Kitaev-Modells aus Gleichung (2.45),
π
HK =
∑
k =0
ψ†k
t cos(k ) + µ/2
2∆ sin(k )
ψk .
2∆ sin(k )
−t cos(k) − µ/2
Wiederum lässt sich der Hamiltonoperator als Produkt eines Vektors N und des Vektors der
σ-Matrizen schreiben,
HK (k ) = N · σ
48
(3.70)
III. Verhalten topologischer Phasen in Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten
0.5
0
-0.5
-1
-1.5
-2
-2.5
-3
-3.5
-4
det(H)
0
0.5
1
k/π
1.5
2
1000
100
10
Re(VBerry )
Im(VBerry )
1
0.1
0.01
0.001
0
0.5
1
k/π
1.5
2
A b b i l du n g 3 . 1 9 . : Oben: Determinante der Matrix H aus (3.34) für die Parameterwerte t = 1, ∆ = 0.3, Θ = 0.57π
und γ = 0.8. Markiert sind die Nulldurchgänge der Determinante, welche als exzeptionelle Punkte identifiziert werden
können. Unten: Berrypotential (3.51) in logarithmischer y-Skala für die gleichen Parameterwerte wie im oberen Bild.
Die Linien symbolisieren die exzeptionellen Punkte. Erkennbar ist, dass in der Nähe der exzeptionellen Punkte das
Berrypotential divergiert.
mit
  

x
2∆ sin(k )
 ,
N = y = 
0
z
t cos(k ) + µ/2
 
σx
σ =  σy  ,
σz
(3.71)
wobei die zugehörigen Eigenvektoren der Matrix (3.70) bereits aus (3.24) bekannt sind und wie
folgt lauten:
−iφ(k)
−iφ(k)
−e
sin(Θ/2)
e
cos(Θ/2)
|n+i =
,
|n−i =
(3.72)
cos(Θ/2)
sin(Θ/2)
mit
0
φ(k ) = arctan(y/x ) = arctan
,
t cos(k ) + µ/2
!
!
z
t cos(k ) + µ/2
Θ(k ) = arccos p
= arccos p
.
x 2 + y2 + z2
(2∆ sin(k))2 + (t cos(k) + µ/2)2
(3.73)
(3.74)
Für die Zak-Phase wird die Ableitung der Zustände nach dem Impuls k benötigt. Im Folgenden
wird die Zak-Phase für den Eigenzustand |n+i betrachtet und o.B.d.A. 2∆ = t gesetzt,
−iφ(k)
ie
sin(Θ/2)∂k φ(k ) − 21 e−iφ(k) cos(Θ/2)∂k Θ(k )
∂k |n+i =
(3.75)
− 12 sin(Θ/2)∂k Θ(k)
49
6. Die Zak-Phase
0
det(H)
-0.5
-1
-1.5
-2
-2.5
-3
-3.5
-4
0
0.5
1
k/π
1.5
2
0.7
0.6
0.5
0.4
Re(VBerry )
0.3
Im(VBerry )
0.2
0.1
0
0
0.5
1
k/π
1.5
2
Abbildung 3.20.: Oben: Determinante der Matrix H aus (3.34) für die Parameterwerte t = 1, ∆ = 0.3, Θ = 0.9π und
γ = 0.8. Es existieren keine Schnittpunkte der Determinante mit der x-Achse und damit keine Nulldurchgänge, welche
als exzeptionelle Punkte identifiziert werden könnten. Unten: Berrypotential (3.51) für die gleichen Parameterwerte
wie im oberen Bild.
und somit
Γ=
I
BZ
i hn + |∂k |n+i dk =
Z 2π
0
sin2 (Θ/2)∂k φ(k ) dk .
Für den Winkel φ gilt dabei nach (3.73)
(
φ(k ) = arctan(y/x ) = arctan(0/x ) =
0,
x>0
π,
x<0
.
(3.76)
Da x = t sin(k ), folgt
φ(k ) = πΘ(k − π )
mit der Heaviside-Funktion
(
Θ( x ) =
0,
x<0
1,
x≥0
(3.77)
.
(3.78)
Damit ergibt sich für die Zak-Phase
Γ=
Z 2π
0
π
=
2
50
π
sin (Θ/2)∂k φ(k ) dk =
2
Z 2π
0
2
Z 2π
0
(1 − cos(Θ))∂k Θ(k − π ) dk
π
(1 − cos(Θ))δ(k − π ) dk =
2
Z 2π
0
1− p
t cos(k ) + µ/2
t2 + µ2 /4 + tµ cos(k )
!
δ(k − π ) dk ,
III. Verhalten topologischer Phasen in Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten
wobei im letzten Schritt Gleichung (3.74) eingesetzt wurde. Das Integral lässt sich einfach
auswerten

!


0, |µ| > 2|t|
π
µ/2 − t
π
µ/2 − t
Γ=
1− p
=
1−
= π/2, µ = 2|t|
.
(3.79)

2
2
|µ/2 − t|
t2 + µ2 /4 − tµ

π, µ < 2|t|
Nebendiagonalgestalt
Die Berechnung der Zak-Phase (3.79) war nur durch die strikte Unterteilung (3.76) so einfach
analytisch möglich. Sie lässt sich auf einem anderen Weg auch für Systeme, in denen eine
solche Struktur nicht vorliegt, mit geringem Aufwand berechnen, falls der Hamiltonoperator
Nebendiagonalgestalt besitzt. Betrachtet man also die Matrix
H=
z
x
− x −z
   
x
σx



= 0 · σy  ,
z
σz
(3.80)
so befindet sich die Matrix H in Blochkugeldarstellung auf der x-z-Ebene, also auf der Schnittebene durch y = 0. Eine Kugel lässt sich immer so rotieren, dass die x-Achse auf die y-Achse
und die z-Achse auf die x-Achse fällt. Da eine Rotation auf der Blochkugel stets durch die
Gruppe der unitären SU(2)-Matrizen beschrieben wird, sollte es auch in diesem Fall möglich
sein, die Matrix (3.80) auf Nebendiagonalgestalt zu bringen. Dabei kann jede 2 × 2-Matrix Ad mit
Nebendiagonalgestalt durch die Pauli-Matrizen σx und σy ausgedrückt werden, sodass gilt
Ad = a1 σx + a2 σy ,
a1 , a2 ∈ C .
(3.81)
Für die Matrix aus (3.80) erhält man die Nebendiagonalgestalt
H̃ =
0
z − ix
z + ix
0
.
(3.82)
Um diese Aussagen zu bestätigen, sucht man eine unitäre Matrix U aus SU(2), für die gilt
U HU † = H̃ .
(3.83)
Als Ansatz für die unitäre Matrix U benutzt man die Erzeugenden der Gruppe SU(2)
i
U = e− 2 n · σ ,
(3.84)
wobei n ein normierter Einheitsvektor ist. Da diese Normierung eingehalten werden muss, sind
nur zwei der drei komplexen Komponenten dieses Vektors frei wählbar. Zusammen mit der
Tatsache, dass eine Phase von U wirkungslos ist, ergeben sich drei reelle frei wählbare Parameter
n1 , n2 , α, ein Kennzeichen der SU(2). Gleichung (3.84) lässt sich auch als Matrix darstellen
U=
cos(α/2) + in3 sin(α/2)
(in1 + n2 ) sin(α/2)
(in1 − n2 ) sin(α/2)
cos(α/2) − in3 sin(α/2)
.
(3.85)
Einsetzen von (3.85) in (3.83) ergibt ein Gleichungssystem, welches sich analytisch lösen lässt. Es
ergibt sich
2
1
α= π,
n1 = n2 = n3 = √
(3.86)
3
3
51
6. Die Zak-Phase
und eingesetzt in (3.85)
1
U=
2
1 − i −(1 + i)
1−i
1+i
.
(3.87)
Als nächstes soll die Auswirkung einer unitären Transformation des Hamiltonoperators auf die
Zak-Phase untersucht werden. Dazu betrachten wir zunächst die stationäre Schrödingergleichung
H |ψi = E |ψi ,
U † UHU † U |ψi = EU † U |ψi ,
U † H̃ |ψ˜ i = EU † |ψ˜ i ,
H̃ |ψ˜ i = E|ψ˜ i .
Damit lautet die Zak-Phase nach der unitären Transformation
I
Γ=
BZ
hψ̃|∂k |ψ̃i dk =
I
†
BZ
hψ|U ∂k U |ψi dk =
I
BZ
hψ|∂k |ψi dk .
(3.88)
Dabei wurde im letzten Schritt verwendet, dass die unitäre Matrix U aus (3.87) unabhängig von
jeglichen Parametern ist. Damit steht auch fest, dass die Berechnung der Zak-Phase unabhängig
von einer unitären Transformation des Hamiltonoperators ist, solange die Transformationsmatrix
U nicht von k abhängt.
Berechnung der Zak-Phase für die Nebendiagonalgestalt
Die Erkenntnisse aus dem vorherigen Abschnitt können direkt auf die Matrix HK aus (2.45)
übertragen werden. Das heißt, mit Hilfe der unitären Matrix (3.87) folgt
t cos(k ) + µ/2
2∆ sin(k )
U
U†
2∆ sin(k )
−t cos(k) − µ/2
0
t cos(k ) + µ/2 − i2∆ sin(k )
=
t cos(k ) + µ/2 + i2∆ sin(k )
0
und für den Spezialfall t = 2∆
H̃ =
0
t cos(k ) + µ/2 − it sin(k )
t cos(k ) + µ/2 + it sin(k )
0
.
(3.89)
Die Eigenzustände von (3.89) lauten somit
|n+i =
−e−iφ(k) sin(Θ/2)
cos(Θ/2)
|n−i =
,
e−iφ(k) cos(Θ/2)
sin(Θ/2)
(3.90)
mit den Winkeln
φ(k ) = arctan(y/x ) = arctan
t sin(k )
t cos(k ) + µ/2
Θ(k ) = arccos(0) = π/2 .
Man berechnet die Zak-Phase
1
Γ=i
hn + |∂k |n+i dk =
2
BZ
I
52
Z 2π
0
∂k φ(k ) dk
,
(3.91)
(3.92)
III. Verhalten topologischer Phasen in Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten
2π
Z
1 2π 2t(2t + µ cos(k ))
1
(2t + µ)
dk
=
k
−
2
arctan
cot
(
k/2
)
2 0 4t2 + µ2 + 4µt cos(k)
4
(2t − µ)
0
(2t + µ)
(2t + µ)
1
π + arctan
.
cot(0) − arctan
cot(π )
=
2
(2t − µ)
(2t − µ)
=
(3.93)
Um Gleichung (3.93) auszuwerten, betrachtet man zuerst die Werte des Kotangens
cot(0) → ∞ ,
cot(π ) → −∞ .
(3.94)
Das Vorzeichen innerhalb des Arkustangens in (3.93) wird vom Term
(2t + µ)
(2t − µ)
bestimmt, es müssen also die zwei Fälle
(2t + µ)
<0,
(2t − µ)
(2t + µ)
>0
(2t − µ)
unterschieden werden, was analog ist zu
2t < µ ,
2t > µ .
Das Ergebnis der Zak-Phase (3.93) lautet dann



0,
Γ = π/2,


π,
(3.95)
µ > 2t
µ = 2t .
(3.96)
µ < 2t
Wie zu erwarten war, unterscheidet sich das Ergebnis (3.96) nicht mit dem Ergebnis des unrotierten Falles (3.79).
Die Zak-Phase für ein nichthermitesches P T -unsymmetrisches Potential Im Folgenden soll
die Zak-Phase für ein Potential berechnet werden, das einen reinen Verlusteffekt beschreibt,
also nicht P T -symmetrisch ist. Die Vorgehensweise ist dabei analog zur Berechnung für ein
P T -symmetrischen Potential. Für den Fall, dass an jedem Gitterplatz des Systems der gleiche
Verlusteffekt γ anliegt, lautet das Potential
N
− iγ
∑ c†n cn ,
(3.97)
n =0
bzw. Fouriertransformiert
π
− iγ
∑
bk† bk .
(3.98)
k=−π
Der Hamiltonoperator des Kitaev-Modells in Verbindung mit dem Potential (3.98) lautet somit
π
2∆ sin(k )
† t cos( k ) + µ/2 − iγ
ψk .
HK = ∑ ψk
2∆ sin(k )
−t cos(k) − µ/2 + iγ
k =0
Da es sich um einen nichthermiteschen Hamiltonoperator handelt, müssen wiederum die linksund rechtsseitigen Eigenvektoren getrennt berechnet werden, um der Forderung der nichthermiteschen Normierung nach (2.12) gerecht zu werden. Analytisch lässt sich die Berechnung
53
6. Die Zak-Phase
der Eigenvektoren des Kitaev-Modells in Verbindung mit dem Verlustpotential aus (3.97) vereinfachen, indem man sie mit Hilfe der unitären Matrix (3.87) auf eine Nebendiagonalgestalt
bringt.
†
H̃K = U HK U =
0
t cos(k) + µ/2 − iγ − it sin(k )
t cos(k ) + µ/2 − iγ + it sin(k )
0
,
(3.99)
wobei t = 2∆ gesetzt wurde. Für den hermitesch konjugierten Hamiltonoperator ergibt sich auf
gleiche Weise
H̃K† = U HK† U † =
0
t cos(k ) + µ/2 − iγ − it sin(k)
t cos(k ) + µ/2 − iγ + it sin(k )
0
.
(3.100)
Unter Verwendung der Abkürzungen x = t sin(k ) und z = t cos(k) + µ/2 lauten die rechts- bzw.
linksseitigen Eigenvektoren der Matrizen (3.99) und (3.100)
p
p 2
1 − − x2 − (z + iγ)2
1
− x − (z + iγ)2
,
|r2 i = √
,
|r1 i = √
x − iz + γ
x − iz + γ
2
2
(3.101)
1
1
x
+
iz
+
γ
x
+
iz
+
γ
p
,
|`2 i = √ p 2
.
|`1 i = √
− x − (z − iγ)2
2 − − x2 − (z − iγ)2
2
Mit Hilfe der Zustände (3.101) lässt sich berechnen:
h`1 | ∂k | r1 i = h`2 | ∂k | r2 i = −
i
t(2t + (2iγ + µ) cos(k ))
.
2
2 4t − (2γ − iµ)2 + 4t(2iγ + µ) cos(k )
Für die Zak-Phase (2.29) ergibt sich somit
1
Γ=i
h`1 |∂k |r1 i dk =
2
BZ
I
Z 2π
0
4t2
2t(2t + (2iγ + µ) cos(k ))
dk .
− (2γ − iµ)2 + 4t(2iγ + µ) cos(k)
Dieses Integral lässt sich wiederum analytisch lösen
1 1
Γ=
k
2 2
1
2γ cos(k/2) + (2t − µ) sin(k/2)
+ arctan
2
(2t + µ) cos(k/2) + 2γ sin(k/2)
1
2γ cos(k/2) − (2t − µ) sin(k/2)
− arctan
2
(2t + µ) cos(k/2) − 2γ sin(k/2)
i
+ log 4(t2 + γ2 ) + µ2 + 4tµ cos(k) − 8tγ sin(k)
4
2π
i
2
2
2
− log 4(t + γ ) + µ + 4tµ cos(k) + 8tγ sin(k)
.
4
0
(3.102)
Einsetzen der Grenzen k = 0 und k = 2π in (3.102) ergibt
Γ=π.
(3.103)
Dies ist jedoch nicht das erwartete Ergebnis, denn die Betrachtung der Energiespektren zeigt,
dass die topologische Phase und damit Verbunden auch der Wert der Zak-Phase abhängig von
54
III. Verhalten topologischer Phasen in Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten
3π
2
π
arctan(x)
tan(x)
6
0
π
2
0
− π2
-6
−π
− 3π
2
−π
− π2
0
x
π
2
−3π
2
3π
2
π
-6
0
x
6
A b b i l dung 3.21.: Die Tangens- und Arkustangens-Funktion und ihre verschiedene Zweige.
den Parametern γ, µ und t ist. Um diesen Widerspruch aufzulösen, werden alle Terme aus
Gleichung (3.102) getrennt betrachtet und genauer untersucht. Der Term
1
k
2
2π
=π
0
ist dabei trivial auszuwerten. Auch die beiden Logarithmus-Terme liefern zusammen keinen
Beitrag,
i
log 4(t2 + γ2 ) + µ2 + 4tµ cos(k ) − 8tγ sin(k)
4
2π
i
2
2
2
− log 4(t + γ ) + µ + 4tµ cos(k) + 8tγ sin(k)
=0.
4
0
Entscheidend für die Fallunterscheidung in (3.102) sind demnach die beiden ArkustangensTerme, wobei man beachten muss, dass man in der Auswertung die Integration entlang des
korrekten Zweigs durchführt, was beim einfachen Einsetzen, wie für das Ergebnis (3.103) nicht
berücksichtigt wurde.
Die verschiedenen Zweige sind in Abbildung 3.21 veranschaulicht. Von nun an soll gelten
f 1 (k ) = arctan( g1 (k ))
mit
f 2 (k ) = arctan( g2 (k ))
mit
2γ cos(k/2) + (2t − µ) sin(k/2)
,
(2t + µ) cos(k/2) + 2γ sin(k/2)
2γ cos(k/2) − (2t − µ) sin(k/2)
g2 =
.
(2t + µ) cos(k/2) − 2γ sin(k/2)
g1 =
Die vorhergehende Disskussion führt auf ein Endergebnis der Zak-Phase
1
1
1
Γ=
π + f1 − f2 .
2
2
2
(3.104)
(3.105)
(3.106)
Die Funktionen f 1 (k) und f 2 (k ) sind für einen Fall der topologischen trivialen/nichttrivialen
Phase in Abbildung 3.22 respektive 3.23 aufgezeigt. Für die richtige Auswertung der Zak-
55
6. Die Zak-Phase
g1 (k)
0
f1
k
−π
g2 (k)
g1
f2
+π
0
k
g2
A b b i l du n g 3 . 2 2 . : Links: Funktionen g1 und g2 aus den Gleichungen (3.104) und (3.105). Rechts: Anschauliche
Darstellung des Arkustangenszweiges, auf dem man sich während des Integrationsweges k = 0 . . . 2π befindet. Dabei
wurden die Parameter µ = 2.5, t = 1, ∆ = 2t und γ = 0.5 gewählt, was der topologisch trivialen Phase entspricht.
Phase (3.106) ist der Integrationsweg ausschlaggebend.
Als Beispiel wird von nun an der Fall der topologisch trivialen Phase ausgewählt, alle Bemerkungen beziehen sich damit auf die Abbildung 3.22. In der topologisch trivialen Phase erwartet
man den Wert der Zak-Phase von Γ = 0. Für den Fall der topologisch trivialen Phase startet die
Funktion f 1 (k ) bei einem positiven Wert für k = 0 und besitzt eine Nullstelle, welche vor der
Polstelle liegt, betrachte dazu Abbildung 3.22 oben links. Für f 1 führt das auf den Startpunkt, der
im Bild oben rechts durch das rote Rechteck markiert ist. Da sowohl f 1 als auch f 2 aus einem
Arkustangens bestehen, ist die Polstelle des jeweiligen Arguments g1 (k ) bzw. g2 (k) ausgezeichnet
durch einen Sprung. Folgt man der Funktion f 1 in Abbildung 3.22 oben links entlang der k-Achse
und vergleicht für jeden Schritt k im zugehörigen Bild oben rechts den Zweig des Arkustangens
von g1 , auf den man sich befindet, so findet man an der Polstelle einen Sprung von einem Zweig
des Arkustangens zu einem anderen. Ein Übergang auf einen anderen Zweig ist dabei notwendig,
um eine stetige Fortsetzung des Integranden über den Integrationsweg möglich zu machen.
Anschließend folgt man dem Zweig bis zur Stelle k = 2π, was durch den roten Punkt im Bild
oben rechts markiert ist und vergleicht den Abstand des jetzigen Zweiges des Arkustangens zum
Zweig, auf dem man seinen Integrationsweg gestartet hat (blauer Pfeil). Wendet man die gleiche
Vorgehensweise auch für die Funktion f 2 und den Fall der topologisch nichttrivialen Phasen an,
vergleiche dazu Abbildung 3.23, so fallen zwei Dinge auf:
1. Die Nullstellen der Funktionen g1 und g2 liegen niemals beide vor bzw. nach der Polstelle.
2. Je nachdem, ob die Funktion f 1 oder f 2 entlang der Integration einen Sprung von π macht,
ist das Ergebnis
[ f 1/2 ]2π
0 = ±π .
Da die Funktionen f 1 und f 2 niemals den gleichen Sprung vollziehen, ergibt sich für die Differenz
der Funktionen, ausgewertet in den Grenzen 0 und 2π
[ f 1 − f 2 ]2π
0 = ±2π
56
(3.107)
III. Verhalten topologischer Phasen in Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten
g1 (k)
f1
+π
0
k
g1
g2 (k)
f2
0
k
−π
g2
A b b i l du n g 3 . 2 3 . : Links: Funktionen g1 und g2 aus den Gleichungen (3.104) und (3.105). Rechts: Anschauliche
Darstellung des Arkustangenszweiges, auf dem man sich während des Integrationsweges k = 0 . . . 2π befindet. Dabei
wurden die Parameter µ = 1, t = 1, ∆ = 2t und γ = 0.5 gewählt, was der topologisch nichttrivialen Phase entspricht.
und damit für die Zak-Phase (3.106)
1
Γ = (π ± π ) =
2
(
0
.
(3.108)
π
Die Verhaltensweisen der Funktionen g1 und g2 an ihrer Polstelle erlauben also eine Fallunterscheidung nach (3.108). Dabei ist bis zu diesem Punkt noch nicht klar, inwiefern die Parameter
t, µ und γ involviert sind. Um diese Unklarheit aufzulösen, ist es notwendig, die Funktionen f 1
und f 2 für die beiden Fälle der topologisch trivialen bzw. nichttrivialen Phase zu vergleichen. Für
die Nullstelle der Funktion f 1 gilt dabei:
• Triviale Phase: die Nullstelle liegt vor der Polstelle.
• Nichttriviale Phase: die Nullstelle liegt nach der Polstelle.
Für die Funktion f 2 gilt genau das entgegengesetzte Verhalten:
• Triviale Phase: die Nullstelle liegt nach der Polstelle.
• Nichttriviale Phase: die Nullstelle liegt vor der Polstelle.
Der topologische Phasenübergang sollte daher an jenem Punkt liegen, an dem die Polstelle der
jeweiligen Funktion f 1/2 mit ihrer Nullstelle zusammenfällt. Diese Bedingung lässt sich leicht
berechnen, indem man das Argument des jeweiligen Arkustangens untersucht. Beispielhaft wird
hier die Funktion f 1 betrachtet,
2γ cos(k/2) + (2t − µ) sin(k/2)
.
f 1 = arctan
(2t + µ) cos(k/2) + 2γ sin(k/2)
Die Aussage, dass sowohl Nullstelle, als auch Polstelle auf einem Punkt liegen, ist analog zu den
Bedingungen
2γ cos(k/2) + (2t − µ) sin(k/2) = 0 ,
(3.109a)
57
7. Der topologische Phasenübergang als exzeptioneller Punkt
(2t + µ) cos(k/2) + 2γ sin(k/2) = 0 .
(3.109b)
Aus Gleichung (3.109a) folgt
cos(k/2) =
µ − 2t
sin(k/2) .
2γ
(3.110)
Einsetzen von (3.110) in (3.109b) führt zu
sin(k/2)
1
µ2 − 4t2 + 4γ2 = 0 .
2
γ
(3.111)
Dabei ist Gleichung (3.111) nur dann erfüllt, wenn der Ausdruck in der Klammer verschwindet,
denn es existiert kein k, für welches gilt cos(k/2) = sin(k/2) = 0. Auflösen der Gleichung (3.111)
nach dem Parameter µ führt letztendlich auf die Bedingung
q
µ = ±2 t2 − γ2
(3.112)
des topologischen Phasenüberganges.
6.4. Vergleich der Invarianten mit den einfachen Kriterien
In diesem Abschnitt sollen die zuvor analytisch gefundenen Ergebnisse der topologischen
Phasenübergänge für das Kitaev-Modell als auch für das SSH-Modell in Verbindung mit den
nichthermiteschen Potentialen mit den Bedingungen (3.8) und (3.9) verglichen werden. Im
Falle des SSH-Modells bestätigt die Berechnung der Zak-Phase für das Potential U2 das in
Abbildung 3.13 dargestellte Verhalten. Die topologische Phase ist dabei unabhängig von der
Stärke des Ein- und Auskoppeleffektes γ und der berechnete topologische Phasenübergang liegt
bei |Θ| = 0.5π.
Damit die Fouriertransformationen der einzelnen Potentiale analytisch gelingen konnte, wurde
immer auf die Annahme der unendlich langen Kette, also N → ∞, gesetzt. Im Falle des KitaevModells mit reinem Verlustpotential ist der topologische Phasenübergangspunkt keine Konstante
mehr, vielmehr zeigt dieser die Abhängigkeit µ(γ) aus Gleichung (3.112). In Abbildung 3.24
ist erkennbar, dass die Bedingung (3.9) erst für Systeme mit großer Gitterplatzanzahl gegen
die analytische Lösung (3.112) konvergiert. Im Nachhinein lässt sich damit die Bedingung (3.9)
begründen, jedoch ist das Aufstellen einer solchen Bedingung nur durch extensives Studieren des
jeweiligen nichthermiteschen Systems und dessen Eigenzustände bzw. Eigenenergien möglich.
Um die Lösung (3.112) zu erhalten, war es nur nötig, den Hamiltonoperator einer Fouriertransformation zu unterziehen und die zugehörigen Eigenzustände im Impulsraum zu berechnen.
Im Allgemeinen ist die Bestimmung der topologischen Invariante nicht auf analytisch lösbare
Probleme beschränkt.
7. Der topologische Phasenübergang als exzeptioneller Punkt
Um den topologischen Phasenübergang in einem System zu bestimmen, existiert neben der zuvor
aufgezeigten Berechnung einer Invarianten auch der Weg, den topologischen Phasenübergang
durch das Auftreten eines exzeptionellen Punktes zu bestimmen. Für den Fall des isolierten KitaevModells wurde diese Methode bereits in [9] erfolgreich angewandt. Im folgenden Abschnitt soll
das Verfahren aus [9] genauer erläutert werden und dann sowohl auf das reine Verlustpotential
in Verbindung mit dem Kitaev-Modell, als auch auf das SSH-Modell mit und ohne Potential U2 ,
angewandt und auf Erfolg überprüft werden.
58
III. Verhalten topologischer Phasen in Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten
N = 1000
N = 500
N = 200
N = 100
analytisch
2
µ
1.5
1
0.5
0
0
0.2
0.4
0.6
0.8
1
γ
A b b i l du n g 3 . 2 4 . : Vergleich zwischen dem analytischen Ergebnis des Phasenübergangs aus (3.112) und der
numerischen Berechnung nach (3.9) für verschiedene Systemgrößen N. Dabei wurde sowohl für die analytische als
auch für die numerische Berechnung die Parameter t = 1 und 2∆ = t verwendet. Erkennbar ist, dass die numerischen
Berechnungen für eine große Anzahl an Gitterplätzen gegen die analytische Lösung konvergiert.
Im Falle der in dieser Arbeit betrachteten, isolierten Systeme, sind die Energien der topologisch stabilen Randzustände stets dadurch gekennzeichnet, dass sie energetisch innerhalb der
Bandlücke liegen. Solche Randzustände treten nur dann auf, sofern offene Randbedingungen
vorliegen. Bei der Fouriertransformation der Systeme in den Impulsraum impliziert man explizit
durch kontinuierlich gewählte Impulse k das Vorliegen von periodischen Randbedingungen.
Im fouriertransformierten Energiespektrum ist die topologisch nichttriviale Phase nicht durch
eine durchgehende Nullenergie gekennzeichnet, dennoch lassen sich die topologischen Phasenübergänge mit Hilfe der Volumenzustände im Impulsraum identifizieren. Alle Parameter
eines Bereichs, für den sich das Energiespektrum ohne Schließen der Energielücke ineinander
überführen lassen, gehören zu einer Äquivalenzklasse die einer topologischen Invarianten zugeordnet werden kann. Anders ausgedrückt bedeutet dies, dass ein Schließen der Bandlücke im
Impulsraum den topologischen Phasenübergang markiert.
Für den Fall des isolierten Kitaev-Modells (2.45) ist das Energiespektrum für periodische
Randbedingungen in Abbildung 3.25 aufgetragen. Erkennbar sind zwei Punkte, an denen die
Bandlücke energetisch geschlossen wird. Diese liegen bei den Werten des chemischen Potentials
|µ| = 2 und entsprechen den bereits bekannten topologischen Phasenübergängen für den
Fall, dass kein Gewinn- und Verlusteffekt auftritt. Unter Ausnutzung der Tatsache, dass die
Eigenzustände im Kitaev-Modell (unabhängig von den Randbedingungen) zu jeder positiven
Energie E+ auch einen negativen Partner E− haben, für den gilt
E+ = − E− ,
(3.113)
verschmelzen am topologischen Phasenübergang zwei Energien, denn dort gilt E+ = E− = 0.
Für hermitesche Operatoren können Entartungen der Eigenwerte auftreten, jedoch bilden
alle Eigenzustände eine Orthogonalbasis im Hilbertraum, was dazu führt, dass es zu keinen
Entartungen für die Zustände kommt. Für ein nichthermitesches System kann es an speziellen
Punkten – exzeptionelle Punkte genannt – dazu kommen, dass sowohl n Eigenwerte als auch
deren Eigenzustände verschmelzen und identisch werden. Verschmelzen n Energien und die
korrespondierenden Eigenzustände an einem Punkt im Parameterraum, so spricht man von
einem exzeptionellen Punkt n-ter Ordnung. Um den topologischen Phasenübergang mit Hilfe
59
7. Der topologische Phasenübergang als exzeptioneller Punkt
3
2
Re(E)
1
0
-1
-2
-3
-4
-3
-2
-1
0
µ
1
2
3
4
Abbildung 3.25.: Spektrum des isolierten Kitaev-Modells für die Parameter t = 2∆ = 1 für periodische Randbedingungen. An den Punkten |µ| = 2 schließt sich dabei die Energielücke und es existieren zwei entartete Eigenenergien
für die gilt: Re( E) = 0.
eines exzeptionellen Punktes zu identifizieren, wird ein mathematischer Trick angewandt, der
darin liegt, die isolierten Systeme nichthermitesch zu machen und somit ein Auftreten eines
exzeptionellen Punktes zu ermöglichen. Dazu wird der Kristallimpuls k in die imaginäre Ebene
kontinuierlich fortgesetzt,
k → κ + iη ,
(3.114)
was zu einer Nichthermitizität führt, gleichgültig ob ein Gewinn- und Verlustpotential anliegt.
Exzeptionelle Punkte sind im Allgemeinen abhängig von den Parametern κ und η aus Gleichung (3.114). Nach [9] ist genau dann der topologische Phasenübergang erreicht, wenn der
Parameter η verschwindet, der exzeptionelle Punkt auf die reelle Achse konvergiert und gerade
seine Eigenschaften als exzeptioneller Punkt verliert.
Kitaev-Modell Im Kitaev-Modell wird überprüft, ob das Verfahren der exzeptionellen PunktMethode aus [9] (EP-Methode) auch auf ein P T -unsymmetrisches Potential anwendbar ist. Dazu
betrachtet man das Verlustpotential (3.98) bzw. den Hamiltonoperator für den Fall t = 2∆,
t cos(k ) + µ/2 + iγ
t sin(k )
HK =
.
(3.115)
t sin(k )
−t cos(k) − µ/2 − iγ
Die Eigenenergien aus (3.115) berechnen sich zu
q
E± (k ) = ± (t cos(k ) + µ/2 + iγ)2 + t2 sin(k )2 .
(3.116)
Damit ein exzeptioneller Punkt gefunden werden kann, müssen die beiden Energien aus (3.116)
zusammenfallen. Dies ist nur dann der Fall, falls die Wurzel verschwindet, man erhält die
Bedingung
q
0=
(t cos(k) + µ/2 + iγ)2 + t2 sin(k)2
und damit
(t cos(k) + µ/2 + iγ)2 + t2 sin(k)2 = 0 ,
60
(3.117)
III. Verhalten topologischer Phasen in Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten
(t cos(k) + µ/2 + iγ)2 = −t2 sin(k)2 ,
t cos(k ) + µ/2 + iγ = ±it sin(k ) ,
t(cos(k ) ∓ i sin(k )) + µ/2 + iγ = 0 .
Als nächstes wird die Ersetzung (3.114) durchgeführt und Real- und Imaginärteil werden getrennt
betrachtet. Dazu sind zwei Relationen nützlich:
sin(κ + iη ) = sin(κ ) cosh(η ) + i cos(κ ) sinh(η ) ,
(3.118)
cos(κ + iη ) = cos(κ ) cosh(η ) − i sin(κ ) sinh(η ) .
(3.119)
Es ergeben sich dann die zwei Gleichungen
t cos(κ )(cosh(η ) + sinh(η )) = −µ/2 ,
t sin(κ )(cosh(η ) + sinh(η )) = γ
(3.120a)
(3.120b)
mit denen die Parameter κ und η bestimmt werden können. Auflösen der Gleichung (3.120a)
ergibt
1
µ
κ = arccos −
2t cosh(η ) + sinh(η )
und Einsetzen in (3.120b) liefert
s
γ=t
γ=
q
µ2
1
1− 2
4t (sinh(η ) + cosh(η ))2
!
(cosh(η ) + sinh(η )) ,
t2 (cosh(η ) + sinh(η ))2 − µ2 ,
µ2
γ2
+ 2 = (cosh(η ) + sinh(η ))2 ,
2
4t
t
2
µ
γ2
+
= e2η ,
4t2
t2
2
γ2
1
µ
+ 2 .
η = log
2
4t2
t
Damit der komplexe Anteil des Impulses verschwindet, muss gelten
!
0=η,
µ2
γ2
0 = log
+
4t2
t2
µ2
γ2
1= 2+ 2 ,
4t q t
µ = ±2
,
t2 − γ2 .
Es ist also möglich, die Abhängigkeit des topologischen Phasenübergangs vom Gewinn- und
Verlusteffekt γ für den Spezialfall 2t = ∆ analytisch zu berechnen. Das Ergebnis
q
µ = ±2 t2 − γ2
(3.121)
ist für γ = 0 genau der Fall, der bereits in Abschnitt 6.3 besprochen und verifiziert wurde.
Außerdem stimmt der analytische Ausdruck des topologischen Phasenübergangs (3.121) mit der
analytischen Lösung (3.112) überein. Eine Disskussion der analytischen Lösung (3.112) und der
numerischen Lösung des topologischen Phasenüberganges ist bereits in Abschnitt 6.4 erfolgt.
61
7. Der topologische Phasenübergang als exzeptioneller Punkt
SSH-Modell Es soll nun auf die Frage eingegangen werden, ob die Methode [9] den topologischen Phasenübergang mit Hilfe von exzeptionellen Punkten zu identifizieren Modell spezifisch
ist, oder ob die Methode auch auf das SSH-Modell anwendbar ist. Dazu wird zuerst der isolierte
Fall betrachtet und dann das System in Verbindung mit dem Potential U2 untersucht.
Ausgehend von der Formel (3.19) lautet der fouriertransformierte Hamiltonoperator des
isolierten Systems
0
t− + t+ cos(k ) + it+ sin(k )
H(k) =
,
t− + t+ cos(k ) − it+ sin(k )
0
mit den Parametern t± = t(1 ± ∆ cos(Θ)). Die Energieeigenwerte von H(k ) lauten
q
E1/2 = ± t2− + t2+ + 2t+ t− cos(k )
(3.122)
und sind offensichtlich für den Fall
t2− + t2+ + 2t+ t− cos(k ) = 0
(3.123)
entartet. Befolgt man den Ansatz (3.114), so ergeben sich mit Hilfe von (3.123) zwei Gleichungen
der Form
t2− + t2+ + 2t+ t− cos(κ ) cosh(η ) = 0 ,
2t+ t− sin(κ ) sinh(η ) = 0 .
(3.124a)
(3.124b)
Gleichung (3.124b) wird offensichtlich für den Fall κ = π gelöst. Einsetzen von kappa = π
in (3.124a) liefert die Bedingung
0 = t2− + t2+ − 2t+ t− cosh(η ) ,
2
t− + t2+
η = arcosh
.
2t+ t−
Aus der Forderung, dass der Imaginärteil verschwinden soll, folgt
2
t− + t2+
,
η = 0 = arcosh
2t+ t−
t2 + t2+
1= −
,
2t+ t−
1
1
2=
+
.
1 − ∆ cos(Θ) 1 + ∆ cos(Θ)
(3.125)
(3.126)
Für nichtverschwindendes ∆ ist die Bedingung η = 0 nur für den Fall Θ = 0.5π erfüllt. Der
berechnete Phasenübergangspunkt der exzeptionellen Punkt-Methode stimmt also auch im
isolierten SSH-Modell mit der Berechnung der Zak-Phase überein.
Für das Gewinn- und Verlustpotential U2 führt die Vorgehensweise der exzeptionellen PunktMethode zu einem Widerspruch. Berechnet man den topologischen Phasenübergangspunkt für
das Potential U2 analog zum isolierten Fall aus, so stellt man fest, dass der Übergangspunkt die
Abhängigkeit Θc (γ) besitzt. Die exzeptionelle Punkt-Methode zeigt damit keinerlei Übereinstimmung mit der Berechnung der Zak-Phase aus (3.50). Ein Grund für das Versagen der Methode im
Falle des Potentials U2 könnte sein, dass die topologischen Randzustände im SSH-Modell stets ein
komplex konjugiertes Paar an Energien aufweisen. Anders als im Kitaev-Modell ist damit nicht
die Verschmelzung der Energien am topologischen Phasenübergangspunkt gewährleistet. Gilt am
∗ = 0 nicht, so liegt kein exzeptioneller
topologischen Phasenübergang die Bedingung E+ = E−
Punkt innerhalb der Brillouin-Zone vor.
62
IV. Mastergleichungen für das SSH-Modell
In diesem Kapitel sollen die Gewinn- und Verlusteffekte mit Hilfe von Mastergleichungen
behandelt werden, um zu einer realistischeren Beschreibung zu gelangen. Da die topologisch
stabilen Randzustände im Kitaev-Modell bereits in [17] wurden, konzentriert sich diese Arbeit
auf die Behandlung des SSH-Modells. Da in der Mastergleichung die Zeitentwicklung der
Dichtematrix auftritt, müssen die physikalisch relevanten Größen aus diesem Operator gewonnen
werden. Es wird zunächst auf einen Umgebungseffekt verzichtet, um das allgemeine Vorgehen zur
Analyse der Daten zu erläutern und im späteren Verlauf werden die Ein- und Auskoppeleffekte
hinzugefügt.
1. Matrixaufbau
In der zeitlichen Entwicklung der Dichtematrix gemäß Gleichung (2.64) geht neben den Superoperatoren Li der Hamiltonoperator H ein. Da zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Umgebungseffekte
berücksichtigt werden, sind alle Superoperatoren Li = 0. Es bleibt damit die von NeumannGleichung (2.57),
∂t $ = −i[ H, $] ,
zu berechnen. Um die Gleichung numerisch lösen zu können, wird die Matrixdarstellung des Hamiltonoperators bestimmt. Da die Dimension des Hilbertraums eines Vielteilchen-Hamiltonoperators
schnell anwächst, wird hier eine Methode aufgezeigt, um den Hamiltonoperator mit möglichst
geringem numerischen Aufwand als Matrix darzustellen.
Allgemein wird die Matrix nach dem quantenmechanischen Skalarprodukt
Hji =
∑
ψj H ψi
ji
aufgebaut. Dabei sind ψj respektive ψi zwei Basiszustände wobei gilt
ψj ψi = δj,i .
Als einfachste Methode wählt man einen Zustand |ψj i, wendet den Hamiltonoperator auf diesen
Zustand an und rechnet alle Skalarprodukte der Form
∑
ψi Hψj
i,j
aus. Numerisch ist dieses Verfahren einfach zu implementieren, jedoch ist das Erstellen des
Hamiltonoperators für eine große Anzahl an Basiszuständen sehr zeitaufwendig. Für diese Arbeit
werden alle Basiszustände wie folgt aufgebaut: Ist ein Elektron am Gitterplatz n so steht im n-ten
Eintrag des Vektors eine 1, ist kein Elektron vorhanden, so wird eine 0 am korrespondierenden
Eintrag des Vektors geschrieben. Dies kann als eine Darstellung des Fockraums für spinlose
Fermionen interpretiert werden. Für eine Gesamtgröße N des Systems ergibt sich eine Vektorgröße
63
1. Matrixaufbau
von N. Als Beispiel betrachtet man ein eindimensionales System der Gesamtgröße 4 und einer
maximalen Befüllung von 1. Damit ergeben sich die 5 Basiszustände in der Vektordarstellung
 
 
 
0
1
0
0
0
1



|ψ0 i = 
|ψ1 i = 
|ψ2 i = 
0 ,
0 ,
0
0
0
0
(4.1)
 
 
0
0
0
0
 ,
  .
|ψ3 i = 
|
ψ
i
=
4
1
0
0
1
Dabei ist der Vakuumszustand |ψ0 i (kein Elektron im System) später für die Berechnung der
Zeitentwicklung wichtig. Ersichtlich ist, dass für längere Vektoren (was größeren Systemen N
entspricht) die numerische Multiplikation von Vektoren ebenfalls längere Zeit benötigen. Da der
Hamiltonoperator in zweiter Quantisierung angegeben ist, können die Wirkungen der Operatoren
einfach für die Basiszustände der Form (4.1) angegeben werden. Im SSH-Modell liegt nur ein
kinetischer Anteil vor, der es einem Elektron erlaubt, vom Gitterplatz n zu n + 1 bzw. n − 1
zu gelangen. In der Gestalt der Vektoren aus (4.1) heißt dies, dass eine 1 um einen Platz nach
oben/unten verschoben werden muss. Dabei muss zusätzlich beachtet werden, dass es sich bei
Elektronen um Fermionen handelt. Da in dieser Arbeit ausschließlich Systeme aus spinlosen
Elektronen betrachtet werden, kann sich jeweils nur ein Elektron an einem Gitterplatz n befinden.
In der Basis aus (4.1) ist dies bereits gewährleistet, da man maximal ein Elektron im ganzen
System erlaubt. Folgt man jedoch der Vorgehensweise und erlaubt mehrere Elektronen gleichzeitig
im System, so muss man bei der Anwendung der kinetischen Operatoren des SSH-Modells
c†n cn+1 + c†n+1 cn
(4.2)
beachten, ob das fermionische Ausschlussprinzip nicht verletzt wird. Weiterhin muss beachtet
werden, dass das Vektor-Skalarprodukt der Vektoren nach (4.1) nicht mehr das Skalarprodukt im
Hilbertraum darstellt.
Für den Fall der kinetischen Operatoren bedeutet dies, dass man untersucht, ob am Gitterplatz n + 1 ein Elektron zu finden ist und an der Stelle n ein freier Platz besteht, d.h. der
Basiszustandsvektor muss die Bedingungen
|ψi = v ,
v [ n + 1] = 1 ,
v[n] = 0
erfüllen, wobei der Eigenzustandsvektor sich unter der Anwendung der kinetischen Operatoren (4.2) wie folgt ändert
v [ n + 1] = 1 → 0 ,
v[n] = 0 → 1 .
(4.3)
Es ist für die Matrixdarstellung des Hamiltonoperators nur notwendig, die Auswirkung des
ersten Terms aus (4.2) auf einen Zustand zu betrachten. Da der Hamiltonoperator hermitesch ist,
muss nämlich gelten:
Hji = Hij∗
Um die numerische Berechnung der Matrixform zu beschleunigen, werden für die Berechnung der Matrixelemente nicht die Vektoren miteinander multipliziert, sondern es wird jedem
Eigenzustand eine eindeutige Zahl zugeordnet,
|ψi = v → Z .
64
IV. Mastergleichungen für das SSH-Modell
Anstatt eines vollständigen Satzes orthogonaler Vektoren erhält man damit einen Satz eindeutiger
Zahlen. Da jedem Vektor eine eindeutige Zahl zugeordnet werden muss, greift man auf eine
Linearkombination von Primzahlen zurück. Es sind dabei verschiedene Vorgehensweisen denkbar.
In diesem Fall werden die Wurzeln verschiedener Primzahlen aufaddiert. Die mathematische
Formel der Zuordnung eindeutigen Zahlen lautet dabei
Z=
∑ v [i ]
√
pi ,
(4.4)
i
wobei v[i ] der i-te Eintrag des Vektors (dabei sind nur die Werte 0 und 1 möglich) und pi die i-te
Primzahl ist. Es ist wichtig zu erwähnen, dass es einfach ist, jedem Basiszustandsvektor eine eindeutige Zahl zuzuordnen, es jedoch unmöglich ist, alleine aus einer Zahl den korrespondierenden
Vektor zu extrahieren. Dies wird unter anderem bei der Primzahlverschlüsselung angewandt.
Das Verfahren wird erneut mit den Eigenzuständen aus (4.1) erklärt:
√
√
|ψ0 i = Z0 = 0 ,
|ψ1 i = Z1 = p1 ,
|ψ2 i = p2 ,
√
√
|ψ3 i = Z3 = p3 ,
|ψ4 i = Z4 = p4 .
(4.5)
Damit ergeben sich 5 Zahlen, die in einer Liste gespeichert werden,
L = [ Z0 , Z1 , Z2 , Z3 , Z4 ] .
(4.6)
Der Vorteil besteht nun darin, den Operator auf einen Basiszustand anzuwenden, den Endzustand
in eine Linearkombination von Primzahlen Z nach Gleichung (4.4) zu transformieren und diese
Zahl in der Liste L zu suchen. Der Index i der Zahl Z aus der Liste L (d.h. es muss gelten L[i ] = Z)
gibt dann das Matrixelement vor. Am besten wird das Vorgehen an einem konkreten Beispiel
klar.
• Berechne die korrespondierende Primzahllinearkombination eines Basiszustandes |ψi i →
Zi .
• Suche die Zahl Zi in der Liste L aller möglichen Primzahllinearkombinationen der Basiszustände.
• Speichere den Index k, für den gilt L[k ] = Zi .
• Wende den Hamiltonoperator H auf den Zustand |ψi i an. Es ergibt sich als Ergebnis ein
weiterer Zustandsvektor (evtl. auch der ursprüngliche Zustandsvektor),
H |ψi i = |ψj i .
• Berechne die korrespondierende Primzahllinearkombination des Zustandes |ψj i → Zj .
• Suche die Zahl Zj in der Liste L.
• Speichere den Index `, für den gilt L[`] = Zj .
• Das Matrixelement H`,k wurde berechnet und da der Hamiltonoperator hermitesch ist, auch
das Element Hk,` .
Neben der Methode der Primzahlen lässt sich auch das Anwenden der Operatoren auf die
einzelnen Zustände verbessern. Anstatt (4.3) explizit auszurechnen, d.h. die Summe
∑ v[n]
n
65
2. Lösen der Mastergleichung
auszuführen und zu überprüfen, ob die Bedingung (4.3) erfüllbar ist, wird ein anderer Weg
verfolgt. Dabei wird jeder Zustandsvektor vor der Anwendung der Operatoren durchlaufen und
die Position der 1-Einträge der Vektoren in einer Liste gespeichert. Als Beispiel betrachtet man
den Vektor
 
0
1

v=
(4.7)
0 ,
1
dessen Indizes der 1 Einträge in eine Liste
L = [1, 3]
(4.8)
geschrieben werden. Wichtig ist es hierbei zu erwähnen, dass der erste Eintrag eines Vektors v
dem Index 0 zugesprochen wird. Da für die Berechnung der korrespondierenden Primzahlen nur
die Position der 1-Einträge im Vektor wichtig sind (alle anderen Summanden sind Null), lassen
sich mit den Informationen, welche in Liste L aus (4.8) enthalten sind, die Primzahlen direkt
berechnen
√
Z = ∑ v[α] pα .
α
Der Index α läuft dabei über alle Listeneinträge aus (4.8). Mit Hilfe der Liste (4.8) lassen sich auch
die Operatoren (4.2) direkt anwenden. Dabei muss nur überprüft werden, ob der Index α + 1 in
der Liste enthalten ist und der Index α nicht. Ist dies der Fall, so wird die Liste dahingehend
verändert, dass der Index α + 1 aus der Liste entfernt wird und der Index α dessen Platz
übernimmt. Als Beispiel dient wiederum der Vektor (4.7). Vor der Anwendung der kinetischen
Operatoren ergibt sich die Liste
L = [1, 3] ,
und nach der Anwendung
L = [0, 2] .
2. Lösen der Mastergleichung
Um die von Neumann-Gleichung (2.57) numerisch zu lösen, wird die Open-Source-Software
QuTiP verwendet. QuTiP ist ein Programmpaket für die Programmiersprache Python, welches neben den Pythonpaketen Numpy, Scipy und Cython [18] auch auf die Softwarebibliothek
LAPACK [19] zurückgreift. Um die zeitliche Entwicklung der Dichtematrix zu erhalten, wird
innerhalb von QuTiP ein Quanten-Monte-Carlo-Löser aufgerufen, welcher neben der Matrixdarstellung des Hamiltonoperators auch alle Superoperatoren und die Matrixdarstellung derjenigen
Operatoren, für die man den Erwartungswert berechnen möchte verwendet. Die Ausgabe des
Funktionsaufrufes beinhaltet somit nicht die volle Dichtematrix, sondern vielmehr den Erwartungswert
tr ( A$(t))
(4.9)
der Observablen A, die als Matrixdarstellung beim Aufruf des Quanten-Monte-Carlo-Lösers als
Eingabe erlangt wurde. In dieser Arbeit werden die wichtigen physikalischen Observablen die
Besetzungen der Gitterplätze sein. Das heißt, es wird mit Hilfe der Dichtematrix der Erwartungswert
tr (ni $(t)) = tr ci† ci $(t)
(4.10)
66
IV. Mastergleichungen für das SSH-Modell
berechnet, was ein Maß für die Wahrscheinlichkeit angibt, ein Elektron am Gitterplatz i zum
Zeitpunkt t aufzufinden. Der Matrixaufbau der einzelnen Observablen wird dabei nach dem
Schema des Aufbaus des Hamiltonoperators durchgeführt. Neben dem Hamiltonoperator und
den Observablen können noch einige andere Größen in der Berechnung der Mastergleichung
bestimmt werden. Diese sollen nun kurz aufgelistet werden:
• Die Gesamtzeit T, für die die Mastergleichung gelöst werden soll.
• Die Schrittanzahl s unterteilt die Gesamtzeit T in s gleich große Zeitschritte. Für jeden
Zeitschritt werden die Erwartungswerte gemäß der Vorschrift (4.9) berechnet.
• Die Anzahl ntraj der einzelnen Trajektorien, über die die Quanten-Monte-Carlo-Methode
gemittelt wird. Da die Quanten-Monte-Carlo-Methode eine Zufallsmethode ist, wird die
Mastergleichung ntraj-mal gelöst und anschließend wird über alle Lösungen gemittelt.
• Die Liste der Superoperatoren collapse operators, welche die Umgebungseffekte beschreiben.
• Der Startwert |ψi i zum Zeitpunkt t = 0.
3. Auswertung der Ergebnisse
Im Folgenden werden Ergebnisse aufgezeigt, die aus der Berechnung des SSH-Modells ohne
Umgebungseffekte stammen. Diese Ergebnisse dienen als Leitfaden zur Auswertung der Daten,
welche der Monte-Carlo Löser von QuTiP ausgibt.
Der Hamiltonoperator des SSH-Modells ohne Umgebungseffekte lautet
N
HSSH =
∑ t (1 − cos Θ)
n =1
h
i
h
i
†
†
†
†
c2n
−1 c2n + c2n c2n−1 + t (1 + cos Θ ) c2n c2n+1 + c2n+1 c2n .
(4.11)
Zunächst betrachtet man den Erwartungswert eines Operators aufgetragen über der Zeit t, siehe
dazu Abbildung 4.1. Als Beispiel dient hier das System aus (4.11) mit N = 100 Gitterplätzen, t = 1
und ∆ = 0.3. Die Daten aus Abbildung 4.1 sehen einem Rauschen sehr ähnlich und enthalten
in dieser Form wenig Aussagekraft über die relevanten physikalischen Observablen. Dabei soll
angemerkt sein, dass der hier gewählte Erwartungswert der Besetzung des 10. Gitterplatzes willkürlich ist und analog jeder andere Gitterplatz als Beispiel dienen könnte. Da es sich bei der von
Neumann-Gleichung (2.57) um die Dynamik eines Systems handelt, ist es nicht verwunderlich,
dass der Erwartungswert eines Gitterplatzes Fluktuationen aufzeigt. Um die bisherige trübe Sicht
auf die physikalischen Observablen aufzuklären, wird fortan der zeitliche Mittelwert sämtlicher
Erwartungswerte benutzt. Der zeitliche Mittelwert wird dabei wie folgt berechnet
h Ait =
1 s
h A(t(i ))i .
s i∑
=0
(4.12)
Der Index hit identifiziert im weiteren Verlauf stets den zeitlichen Mittelwert eines Erwartungswertes. Der Parameter s beschreibt die Gesamtanzahl an Schritten, die für den Durchlauf der
Gesamtzeit T verwendet wurde. Der in der Summe auftretende Term t(i ) bedeutet hierbei die Zeit
t, die von der Schrittweite abhängt. Für das Beispiel des Erwartungswertes aus Abbildung 4.1 ist
der zeitliche Mittelwert in Abbildung 4.2 aufgezeigt. Erkennbar ist, dass der zeitliche Mittelwert
sich ab einer bestimmten Zeit nur noch marginal ändert, dies ist der Gleichgewichtszustand,
das System befindet sich dann im Equilibrium. Da die Ergebnisse im späteren Verlauf mit den
Lösungen der stationären Schrödingergleichung aus Kapitel III verglichen werden sollen, ist es
67
3. Auswertung der Ergebnisse
0.3
hN10 i
0.2
0.1
0
0
2500
5000
t
7500
10000
Abbildung 4.1.: Erwartungswert, ein Teilchen auf dem 10. Gitterplatz aufzufinden, aufgetragen über der Zeit t. Das
System wird durch den Hamiltonoperator aus Gleichung (4.11) beschrieben. Dabei wurden die Parameter N = 100,
t = 1, ∆ = 0.3 und Θ = π verwendet. Als Ausgangszustand wurde die vollständige Lokalisierung des Elektrones am
11. Gitterplatz gewählt. Die Wahl des 10. Gitterplatzes ist hier willkürlich als Beispiel ausgewählt.
wichtig, dass die Zeit so gewählt wird, dass ein Equilibrium erreicht ist. Trägt man den zeitlichen
Mittelwert des 10. Gitterplatzes auf, so lässt sich erkennen, dass die Wahl T = 2500 ausreicht, um
ein Gleichgewichtszustand zu erreichen, vergleiche hierzu Abbildung 4.2.
Im Folgenden soll die Schrittweite der Integration untersucht werden. Dabei stellt sich der
Erwartungswert der Energie
h H i = tr ($H )
(4.13)
als gut geeignete Eichgröße der Schrittweite zur Verfügung, denn für den zeitunabhängigen
Hamiltonoperator aus (4.11) gilt Energieerhaltung, sofern ein abgeschlossenes System vorliegt.
Besitzt der Anfangszustand |ψi i die Energie E , so sollte während der gesamten Zeitentwicklung das System diese Energie beibehalten. Für ein System mit N = 100 Gitterplätzen ist in
Abbildung 4.3 der zeitliche Verlauf des Energieerwartungswertes (4.13) für zwei verschiedene
Integrationsschrittweiten s aufgetragen. Erkennbar ist, dass sich die Abweichung in beiden Fällen
in einem vernachlässigbar kleinen Rahmen aufhält, jedoch wird diese Abweichung kleiner, je
mehr Integrationsschritte man verwendet. Wird die Schrittanzahl s im Folgenden nicht explizit
erwähnt, so wird diese so gewählt, dass
s = 2T
(4.14)
gilt.
Das Ziel der Auswertung der Mastergleichung besteht darin, herauszufinden, ob die verschiedenen topologischen Phasen im SSH-Modell mit dieser Methode immer noch sichtbar sind. Da
die topologische Quantenzahl – die Zak-Phase – durch Eigenzustände berechnet wird, bleibt
eine direkte Berechnung dieser Größe mit Hilfe der Mastergleichung verwehrt, denn aus den
Mastergleichungen lassen sich lediglich die Dichtematrix und damit verbunden die Erwartungswerte von physikalischen Observablen berechnen. Eigenzustände existieren nicht mehr in dem
dynamischen System. Es kann jedoch überprüft werden, ob die Effekte wie zum Beispiel das
Auftreten von Randzuständen noch existieren. Um die verschiedenen Phasen zu unterscheiden,
wird auf das Auftreten von Randzuständen zurückgegriffen. Diese waren im stationären System
68
IV. Mastergleichungen für das SSH-Modell
0.07
0.06
hN10 it
0.05
0.04
0.03
0.02
0.01
0
0
2500
5000
t
7500
10000
Abbildung 4.2.: Zeitlicher Mittelwert für den Erwartungswert des 10. Gitterplatzes aus Abbildung 4.1. Dabei wurde
die Gesamtzeit T = 10000 in s = 10000 Zeitschritten durchlaufen. Die Berechnung des zeitlichen Mittelwerts wurde
nach Gleichung (4.12) berechnet.
der topologisch nichttrivialen Phase zugeordnet. Um diese Randzustände sichtbar zu machen,
wird ein Diagramm erstellt, welches die zeitlichen Mittelwerte aller Gitterplätze
h ni it= T
i = 0, 1 . . . N
(4.15)
für den Endzeitpunkt der Berechnung t = T enthält.
4. Das SSH-Modell ohne Potential
Das SSH-Modell ohne externes Potential gleicht einem abgeschlossenen System. Neben der
Energieerhaltung, die aus der Zeitunabhängigkeit des korrespondierenden Hamiltonoperators (4.11) folgt, ist auch die Teilchenzahl eine Erhaltungsgröße, denn es gilt
[ HSSH , N ] = 0 ,
wobei
N =
N
N
i =0
i =0
∑ ni = ∑ ci† ci
(4.16)
(4.17)
den Gesamtteilchenanzahloperator widerspiegelt. In Abbildung 4.3 wurde bereits gezeigt, dass
die Energie in der Tat eine Erhaltungsgröße ist. In Abbildung 4.4 ist der Erwartungswert der
Gesamtteilchenanzahl N über der Zeit aufgetragen, auch dieser bleibt über die gesamte Zeit
konstant. Die beiden Erhaltungsgrößen Energie und Teilchenzahl dienen zusätzlich als gute
Größen, um Erkenntnisse zu sammeln, ob die Simulationen fehlerhaft sind. Eine weitere Überprüfung der Ergebnisse ist das Auftreten von Randzuständen. Aus dem vorherigen Kapitel III ist
bekannt, dass für die Systemparameter t = 1.0 und ∆ = 0.3, der topologische Phasenübergang bei
Θ = 0.5π liegt. Für einen Wert von Θ < 0.5π sollten daher Randzustände auftreten, wohingegen
für Θ > 0.5π nur Volumenzustände existieren sollten.
69
4. Das SSH-Modell ohne Potential
1.7942
1.7942
s = 500
1.7941
1.794
1.794
hHi
hHi
1.7938
1.7936
1.7934
1.7939
1.7938
1.7937
1.7932
1.793
s = 20000
1.7936
0
2500
5000
t
7500
10000
1.7935
0
2500
5000
t
7500
10000
A b b i l du n g 4 . 3 . : Erwartungswert der Energie aufgetragen über der Zeit t. Es handelt sich hierbei um ein System
mit N = 100 Gitterplätzen. Für die Schrittweite s wurden die zwei verschiedene Werte s = 500 links und s = 20000
rechts gewählt.
Um diesen Unterschied aufdecken zu können, ist es jedoch wichtig, den Anfangszustand korrekt zu wählen. Dies lässt sich schon mit der Energieerhaltung begründen, denn ein Randzustand
besitzt die Energie E = 0. Startet man jedoch mit einem Volumenzustand, dessen Energie E 6= 0
ist, so kann sich kein Randzustand einstellen.
Um einen Anfangszustand zu erzeugen, welcher nahe an einem Eigenzustand des SSHModells liegt, wird auf die numerische Diagonalisierung des isolierten Hamiltonoperators aus
Gleichung (2.51) zurückgegriffen. Dort wurden neben den Energieeigenwerten auch die korrespondierenden Eigenzustände berechnet. Diese Eigenzustände dienen als Ausgangszustand für
das Lösen der Mastergleichung. Die Erwartungshaltung ist dann, dass für einen Randzustand mit
Energie E = 0 als Anfangszustand ein unterschiedliches Verhalten der Zeitentwicklung auftritt,
abhängig davon, in welcher topologischen Phase man sich befindet.
Betrachtet man Abbildungen 4.5 und 4.6, so werden die Erwartungen bestätigt. Dort sind
jeweils drei unterschiedliche Anfangszustände |ψi i für die Parameterwerte N = 200, t = 1.0
und ∆ = 0.3 zu sehen. Die Berechnungen unterscheiden sich lediglich in dem Winkel Θ =
0.1π für die topologisch nichttriviale Phase, respektive Θ = 0.9π für die topologisch triviale
Phase. Neben den zwei Randzuständen wurde auch ein zufällig ausgewählter Volumenzustand
als Ausgangspunkt der Zeitentwicklung ausgewählt. Ersichtlich ist, dass die ursprünglichen
Randzustände in der topologisch nichttrivialen Phase ihre Form beibehalten, auch wenn sich die
Amplitude der Randpunkte etwas verändert. Dies ist dahingehend nachvollziehbar, da für den Fall
der dynamischen Beschreibung keine Eigenzustände mehr existieren. Die Wahl, Anfangszustände
zu wählen die Eigenzustände der stationären Schrödingergleichung sind, ist jedoch dahingehend
unproblematisch, da diese nur zwei unterschiedliche Ausgangssituationen simulieren sollen, zum
einen eine vermehrte Lokalisierung am Rand, zum anderen einen Volumenzustand.
Für den Fall der topologisch trivialen Phase in Abbildung 4.6 ist die Erhaltung der Randzustände am Ende der Zeitentwicklung nicht erkennbar. Zwar scheint es so, dass die an einem
Ende lokalisierten Randzustände sich in Zustände entwickeln, die an beiden Enden vergrößerte
Amplituden aufzeigen, jedoch ist der Wert der Amplitude direkt am Randpunkt vernachlässigbar
klein. Vielmehr besitzt jeder Gitterplatz (ausgenommen die zwei Endpunkte des Systems) die
70
IV. Mastergleichungen für das SSH-Modell
1
hN i
0.75
0.5
0.25
0
0
2500
5000
t
7500
10000
A b b i l du n g 4 . 4 . : Erwartungswert für den Gesamtteilchenanzahloperator aus (4.17). Die Systemgrößen sind dabei
N = 100, t = 1.0, ∆ = 0.3 und Θ = 0.1π. Die maximale Anzahl an erlaubten Teilchen im System wurde auf m = 2
gesetzt.
gleiche Amplitude. Der Zustand ist also nicht am Rand lokalisiert, sondern gleichverteilt über
das Innere der linearen Kette. Vergleicht man die Zeitentwicklung des Volumenzustands, so
erkennt man keinen Unterschied zwischen topologisch nichttrivialer und trivialer Phase in den
Abbildungen 4.5 und 4.6. Damit ist auch gezeigt, dass sich die topologischen Phasen qualitativ
durch Betrachtung des zeitlichen Mittelwerts aller Gitterplätze hniT zum Endzeitpunkt t = T
beschreiben lassen.
4.1. Topologische Phasendiagramme
Um die verschiedenen topologischen Regime in Abhängigkeit eines Parameters aufzuzeigen,
bietet es sich zumeist an, ein topologisches Phasendiagramm zu erstellen. Im Abschnitt III
wurden neben dem Nachweis der topologischen Phase durch Auftreten einer Nullenergie auch
die Berechnung der Zak-Phase vollzogen und damit topologische Phasendiagramme erstellt. Die
Erstellung eines Phasendiagramms mit Hilfe der Mastergleichungen schließt die Verwendung der
Zak-Phase aus, da diese aus den Eigenzuständen berechnet werden, welche bei einer Kopplung
an die Umgebung nicht mehr existieren. Auch die Unterscheidung der topologischen Phase durch
das Auftreten einer Nullenergie ist, zumindest im Falle eines isolierten Systems nicht zielführend,
denn dort ist die Energie eine Erhaltungsgröße, sodass sie lediglich vom Anfangszustand abhängt.
Zuvor wurde jedoch gezeigt, dass sich die beiden topologischen Phasen durch das Auftragen der
zeitlichen Mittelwerte der Erwartungswerte jedes einzelnen Gitterplatzes zum Endzeitpunkt t = T
als qualitatives Unterscheidungsmerkmal der beiden topologischen Phasen eignet. Wählt man
also einen bestimmten Anfangszustand, im Falle eines isolierten Systems sollte dies immer einer
der beiden Randzustände sein, variiert den Winkel Θ und trägt am Ende der Zeitentwicklung die
Amplitude der letzten a Gitterplätze über den Winkel auf, so sollten die beiden topologischen
Phasen sichtbar werden.
Für die System Größen t = 1.0, ∆ = 0.3 und N = 200 respektive N = 1000 mit m = 1 Teilchen
sind die so gewonnen Phasendiagramme in den Abbildungen 4.7 und 4.8 zu sehen. In beiden
Systemgrößen sind zwei verschiedene Verhalten vorzufinden. Der Bereich Θ 0.5π zeigt eine
71
0.4
1
0.8
0.6
0.4
0.2
0
a)
50
100
n
150
0.1
200
0
50
100
n
150
200
0.4
1
0.8
0.6
0.4
0.2
0
b)
0.3
Anfangszustand
hniT
hni0
0.2
0
0
Endzustand
0.2
0.1
0
0
50
100
n
150
0
200
0.04
50
100
n
150
200
0.04
0.03
c)
Anfangszustand
0.03
0.02
hniT
hni0
Endzustand
0.3
Anfangszustand
hniT
hni0
4. Das SSH-Modell ohne Potential
0.01
0
Endzustand
0.02
0.01
0
0
50
100
n
150
200
0
50
100
n
150
200
1
0.8
0.6
0.4
0.2
0
a)
0.006
1
0.8
0.6
0.4
0.2
0
50
b)
100
n
150
200
0
Anfangszustand
50
150
200
Endzustand
hniT
0.006
100
n
0.004
0
50
100
n
150
200
0
0.04
50
100
n
150
200
0.04
0.03
c)
Anfangszustand
0.03
0.02
hniT
hni0
Endzustand
0.004
0
hni0
Anfangszustand
hniT
hni0
Abbildung 4.5.: Anfangs- und Endzustände für drei verschiedene Ausgangssituationen in der topologisch nichttrivialen Phase. Es wurden jeweils die Parameter N = 200, t = 1.0, ∆ = 0.3 und Θ = 0.1π verwendet.
0.01
0
Endzustand
0.02
0.01
0
0
50
100
n
150
200
0
50
100
n
150
200
Abbildung 4.6.: Anfangs- und Endzustände für drei verschiedene Ausgangssituationen in der topologisch trivialen
Phase. Es wurden jeweils die Parameter N = 200, t = 1.0, ∆ = 0.3 und Θ = 0.9π verwendet.
72
IV. Mastergleichungen für das SSH-Modell
a=1
0.5
0.4
Amplitude
Amplitude
0.4
0.3
0.2
0.1
0
0
0.25
0.5
Θ [π]
0.75
0.2
0
1
a=5
0
0.25
0.5
Θ [π]
0.75
1
a = 20
0.5
0.4
Amplitude
0.4
Amplitude
0.3
0.1
0.5
0.3
0.2
0.1
0
a=3
0.5
0.3
0.2
0.1
0
0.25
0.5
Θ [π]
0.75
0
1
0
0.25
0.5
Θ [π]
0.75
1
A b b i l du n g 4 . 7 . : Topologische Phasendiagramme für ein System mit N = 200 Gitterplätzen für die Werte t = 1.0
und ∆ = 0.3. Als Anfangszustand wurde ein Randzustand gewählt. Aufgetragen sind die addierten Amplituden der
letzten a Gitterplätze für die zeitlichen Mittelwerte der Erwartungswerte und eine Gesamtzeit T = 1000.
a=1
0.5
0.4
Amplitude
Amplitude
0.4
0.3
0.2
0.1
0
0
0.25
0.5
Θ [π]
0.75
0.2
0
1
a=5
0
0.25
0.5
Θ [π]
0.75
1
a = 20
0.5
0.4
Amplitude
0.4
Amplitude
0.3
0.1
0.5
0.3
0.2
0.1
0
a=3
0.5
0.3
0.2
0.1
0
0.25
0.5
Θ [π]
0.75
1
0
0
0.25
0.5
Θ [π]
0.75
1
Abb i l du n g 4 . 8 . : Topologische Phasendiagramme für ein System mit N = 1000 Gitterplätzen für die Werte t = 1.0
und ∆ = 0.3. Als Anfangszustand wurde ein Randzustand gewählt. Aufgetragen sind die addierten Amplituden der
letzten a Gitterplätze für die zeitlichen Mittelwerte der Erwartungswerte und eine Gesamtzeit T = 1000.
73
5. Das SSH-Modell unter Einfluss von Ein- und Auskoppelstellen
erhöhte Amplitude am Rand des Systems auf. Betrachtet man den Fall a = 3, so liegt die maximale
Amplitude bei etwas über 0.4, da es sich hierbei immer noch um ein isoliertes System handelt
und daher die Teilchenzahlerhaltung gilt, addieren sich alle Amplituden der Gitterplätze zu 1 auf.
Das heißt, die Wahrscheinlichkeit ein Elektron an einem der letzten drei Gitterplätze vorzufinden,
liegt knapp unter 50%. Im Bereich Θ < 0.5π können damit Zustände existieren, welche merklich
am Rand lokalisiert sind. Qualitativ kann man diese als Randzustände identifizieren.
Die merklich erhöhte Amplitude am Rand für den Bereich Θ 0.5π ist jedoch nicht das einzig
auffällige, vielmehr lässt sich ein anderes Verhalten des Systems für den Fall Θ > 0.5π feststellen.
Ab einem kritischen Punkt, der für die beiden Abbildungen 4.7 und 4.8 bei etwa Θ = 0.5π liegt,
verhält sich das System für die letzten a Gitterplätze unabhängig vom Wert Θ. Vielmehr lässt
sich erkennen, dass die Amplitude nahe bei Null liegt. Somit kann es sich um keinen Zustand
handeln, welcher am Rand lokalisiert ist.
Im Gegensatz zu den topologischen Phasendiagrammen, welche durch die Betrachtung der
Nullenergie oder der Zak-Phase erstellt wurden, ist jedoch kein abrupter Übergang der beiden
Phasen zu erkennen, sondern ein kontinuierliches Abklingen der Amplitude, welche dann am
kritischen Punkt in einen konstanten Wert mündet. Die Anzahl a der betrachteten Randgitterplätze
spielt dabei keine große Rolle, um die topologischen Phasen zu unterscheiden, jedoch ist ein
merklicher Anstieg der Amplitude für den Fall Θ = 0.0 zu sehen, sofern man a von 1 zu 3 erhöht.
Im Falle eines endlichen Systems wird dieses Verhalten dadurch erklärt, dass nie die gesamte
Aufenthaltswahrscheinlichkeit an einem Gitterplatz lokalisiert ist, vielmehr ist anzunehmen,
dass die Amplitude der Randzustände, ähnlich wie im Kitaev-Modell [17], exponentiell mit der
Gesamtlänge L des Systems abfällt. Eine Änderung der Systemgröße N = 200 zu N = 1000 wirkt
sich dabei nicht merkbar auf das topologische Phasendiagramm aus. Die beiden Beispiele aus
den Abbildungen 4.7 respektive 4.8 zeigen, dass eine Unterscheidung der beiden topologischen
Phasen zumindest qualitativ darstellbar sind, wenn die Amplitude für die Randpunkte des
Systems betrachtet wird.
5. Das SSH-Modell unter Einfluss von Ein- und Auskoppelstellen
In diesem Abschnitt soll das SSH-Modell mit Hilfe der Mastergleichungen untersucht werden. Zusätzlich soll das System im Folgenden nicht mehr isoliert sein. Dabei werden die zwei
verschiedenen Potentiale verwendet, welche bereits im Abschnitt 7.3 diskutiert wurden. Die
Auswertungsmethoden der Mastergleichungen mit Umgebungspotentialen unterscheiden sich
nicht von denen, welche für das isolierte System in Abschnitt 3 ausführlich geschildert wurden.
5.1. Unterschiede zum isolierten System
Es soll nun ausführlich auf die Unterschiede zwischen isoliertem System und System mit
Umgebungspotential eingegangen werden. Die zwei Erhaltungsgrößen des isolierten Systems –
die Energie und die Teilchenzahl – verlieren ihren Status als Erhaltungsgrößen für ein System mit
Ein- und Auskopplung. Die Nichterhaltung der Teilchenzahl ist relativ trivial zu verstehen, da
die imaginären Potentiale U1 und U2 gerade Teilchen in das System ein- bzw. auskoppeln. Dies
führt unwiderruflich auf die Frage, wie viele Teilchen sich maximal während der Zeitentwicklung
im System befinden. Eine Einteilchenbasis wie für das isolierte System scheint daher nicht die
optimale Lösung des Problems zu sein. Jedoch wächst der Hilbertraum exponentiell mit der
maximal erlaubten Anzahlen von Teilchen im System, sodass allein für ein System mit N = 20
Gitterplätzen, welches maximal halb gefüllt sein darf, die Matrix des Hamiltonoperators bereits
die Dimension 616666 × 616666 besitzt. Eine Simulation für relativ lange Kette und damit N ≥ 100
74
IV. Mastergleichungen für das SSH-Modell
N = 20 m = 1
0.05
ntraj = 1000
ntraj = 100
ntraj = 10
0.04
0.03
0.3
0.02
0.2
0.1
0.01
0
ntraj = 1000
ntraj = 100
ntraj = 10
0.4
hnit
hnit
N = 20 m = 5
0
250
500
t
750
0
1000
0
N = 200 m = 1
0.4
0.2
0.1
0
750
1000
ntraj = 1000
ntraj = 100
ntraj = 10
0.3
hnit
hnit
0.3
500
t
N = 200 m = 2
ntraj = 1000
ntraj = 100
ntraj = 10
0.4
250
0.2
0.1
0
250
500
t
750
1000
0
250
500
t
750
1000
Abbildung 4.9.: Zeitlicher Mittelwert eines zufällig gewählten Erwartungswertes hnit für m = 1 und das Potential
U1 . Dabei wurden in allen Berechnungen die Parameter t = 1.0, ∆ = 0.3, γ = 0.1 verwendet.
Gitterplätzen lässt sich somit nur für Fälle simulieren, in denen man die maximale Anzahl an
Teilchen im System m gering hält. Es stellt sich dann jedoch die Frage, ob die Physik in einer
reduzierten Basisdarstellung noch richtig wiedergegeben wird.
Da nun äußere Umgebungseffekte in die Berechnung einfließen, ist es wichtig, die Anzahl der
Quantentrajektorien der Simulation richtig zu wählen. Die korrekte Anzahl an Trajektorien ntraj
ist dann erreicht, sofern sich keine Änderungen in den Erwartungswerten für verschiedene Werte
von ntraj ergibt. In Abbildung 4.9 ist für das Potential U1 ein zeitlicher Mittelwert eines zufällig
gewählten Erwartungswertes aufgezeigt. Neben den zwei unterschiedlichen Systemgrößen von
N = 20 und N = 200 sind auch jeweils zwei unterschiedliche Anzahlen an erlaubten Elektronen
im System abgebildet. Dabei ist zu erkennen, dass in allen Fällen aus Abbildung 4.9 die Berechnung für eine Anzahl ntraj = 100 konvergiert. Dieselben Berechnungen für das Potential U2 sind
in Abbildung 4.10 aufgezeigt. Dabei fällt auf, dass die Anzahl der Trajektorien ntraj, die benötigt
werden, um ein Konvergieren zu gewährleisten, sich je nach Potential unterscheiden. Für alle
folgenden Berechnungen gelten die Standardwerte:
• Potential U1 : ntraj = 100
• Potential 2: ntraj = 250
5.2. Dynamische Zeitentwicklung
Im Folgenden soll die zeitliche Entwicklung verschiedener Anfangszustände für die beiden
Potentiale 1 und 2 diskutiert werden. Im Gegensatz zum isolieren System kann es in diesem
Falle Elektronen mit der Umgebung austauschen. Da damit die Energie keine Erhaltungsgröße
mehr ist, ist anfänglich nicht klar, wie die Zeitentwicklung sich auf einen Zustand auswirkt. In
75
5. Das SSH-Modell unter Einfluss von Ein- und Auskoppelstellen
N = 20 m = 1
0.05
0.5
ntraj = 1000
ntraj = 250
ntraj = 100
0.04
0.03
0.02
0.01
0
ntraj = 1000
ntraj = 250
ntraj = 100
0.4
hnit
hnit
N = 20 m = 5
0.3
0.2
0.1
0
250
500
t
750
0
1000
0
N = 200 m = 1
0.5
0.4
0.2
0.1
0
750
1000
ntraj = 1000
ntraj = 250
ntraj = 100
0.3
hnit
hnit
0.3
500
t
N = 200 m = 2
ntraj = 1000
ntraj = 250
ntraj = 100
0.4
250
0.2
0.1
0
250
500
t
750
1000
0
250
500
t
750
1000
Abbildung 4.10.: Zeitlicher Mittelwert eines zufällig gewählten Erwartungswertes hnit für m = 1 und das Potential
U2 . Dabei wurden in allen Berechnungen die Parameter t = 1.0, ∆ = 0.3, γ = 0.1 verwendet.
Abbildung 4.11 sind die Endzustände hniT für drei verschiedene Anfangszustände aufgezeigt. Das
benutzte Potential U1 erlaubt dabei das Abfließen von Elektronen am ersten Gitterplatz und das
Aufnehmen von Elektronen in das System am letzten Gitterplatz. Zwei der drei Anfangszustände
sind dabei die topologisch stabilen Randzustände, wobei der dritte Anfangszustand ein zufällig
ausgewählter Volumenzustand ist. Für alle drei Anfangszustände ergibt sich ein Endzustand,
welcher hauptsächlich am Ende der atomaren Kette lokalisiert ist. Für den Randzustand in
Abbildung 4.11 a), der bereits anfänglich am Ende der linearen Kette lokalisiert ist, spiegelt der
Endzustand die Erwartungen wieder und entspricht dem Ergebnis des isolierten Systems.
Für den Randzustand, der eine Lokalisierung am Anfang der linearen Kette besitzt, ergibt
sich jedoch eine Zeitentwicklung, welche den Zustand nicht aufrechterhält, vielmehr findet ein
Wechsel
T
Randzustand 1 −−−−→ Randzustand 2
statt. Auch der anfängliche Volumenzustand entwickelt sich zu einem Randzustand, der hauptsächlich am Ende der Kette lokalisiert ist. Vergleicht man den Wert der Amplitude des letzten
Gitterplatzes hn200 iT der drei unterschiedlichen Fälle, so zeigt der anfängliche Volumenzustand
am Ende eine deutlich geringe absolute Lokalisierung des letzten Gitterplatzes auf. Dies lässt
sich damit begründen, dass alle drei Rechnungen in der Einteilchenbasis, also einer Gesamtteilchenanzahl m = 1, vollzogen wurden. Da jeder Anfangszustand einer Teilchenzahl von N = 1
entspricht, ist klar, dass zuerst ein Elektron am ersten Gitterplatz das System verlassen muss,
damit ein Elektron von außen in das System fließen kann. Im Falle des Randzustandes 1 liegt
eine hohe Wahrscheinlichkeit vor, das Teilchen am ersten Gitterplatz aufzufinden, damit ist auch
die Wahrscheinlichkeit groß, dass das ursprüngliche Elektron das System verlässt und somit die
Möglichkeit eröffnet, dass ein Elektron am Ende der Kette in das System einfließt. Tritt der Fall
76
1
0.8
0.6
0.4
0.2
0
a)
1
0.8
0.6
0.4
0.2
0
50
b)
0.2
100
n
150
200
0
50
0.6
hniT
Anfangszustand
100
n
150
200
Endzustand
0.4
0.2
0
0
50
100
n
150
0
200
0.04
50
100
n
150
200
0.2
0.03
c)
Anfangszustand
0.15
0.02
hniT
hniT
Endzustand
0.4
0
0
hniT
0.6
Anfangszustand
hniT
hniT
IV. Mastergleichungen für das SSH-Modell
0.01
Endzustand
0.1
0.05
0
0
0
50
100
n
150
200
0
50
100
n
150
200
A b b i l du n g 4 . 11 . : Zeitentwicklung eines Systems, bestehend aus N = 200 Gitterplätzen, für das Potential U1 in
der Einteilchenbasis m = 1. In jeder der drei Zeitentwicklungen wurden die Parameter ∆ = 0.3, t = 1.0, T = 25000,
ntraj = 30 verwendet. Die Stärke des äußeren Potentials beträgt γ = 0.1 und das System befindet sich in der topologisch
nichttrivialen Phase Θ = 0.1. Als Anfangszustände dienen dabei die beiden topologisch stabilen Randzustände a)
respektive b) und ein Volumenzustand c). Erkennbar ist, dass sich unabhängig vom Anfangszustand ein Endzustand
einstellt, welcher am Ende der linearen Kette lokalisiert ist.
ein, dass ein Elektron in das System eingekoppelt wird, so ist die gesamte Lokalisierung dieses
Elektrons am letzten Gitterplatz, was wiederum dem Randzustand 2 ähnelt. Dabei ist dies nicht
exakt der Randzustand, da dieser eine weitere kleine Lokalisierung am drittletzten Gitterplatz
besitzt (siehe auch Anfangszustand a) aus Abbildung 4.11). Dies liegt an der Endlichkeit des
Systems.
Die Situation nach der Einkopplung des Elektrons ist dann dieselbe wie für den Anfangszustand
a) in Abbildung 4.11. In diesem Fall besetzt das Elektron den Randzustand 2 und ist daher nur am
Ende der linearen Kette lokalisiert. Da die Wahrscheinlichkeit verschwindend ist, das Elektron im
Randzustand 2 am ersten Gitterplatz aufzufinden, kann das Elektron das System nicht verlassen.
Neben der Beschränkung durch die Einteilchenbasis gilt auch das fermionische Ausschlussprinzip
und somit kann kein Elektron mehr in das System von außen eingekoppelt werden, sodass das
äußere Potential keine Einwirkungen auf die Zeitentwicklung nimmt.
Für den anfänglichen Volumenzustand ist die Wahrscheinlichkeit, das Elektron am Anfang
der Kette aufzufinden, gleich der Wahrscheinlichkeit, das Elektron am Ende zu finden. Es gibt
somit zwei Wege den Randzustand 2 zu erreichen. Zum einen eine direkte Lokalisierung des
ursprünglichen Elektrons am Ende der Kette, oder zum anderen das Abfließen des ursprünglichen
Elektrons aus dem System am ersten Gitterplatz, gefolgt von einer Einkopplung eines Elektrones
am letzten Gitterplatz. Betitelt man die ersten 10 bzw. letzten 10 Gitterplätze als Anfang respektive
Ende der Kette, so liegt die Lokalisierung des Anfangszustandes zwischen Anfang und Ende,
sodass die Wahrscheinlichkeit im nächsten Zeitschritt deutlich größer ist, das Teilchen im mittleren
Bereich aufzufinden, als am Anfang respektive Ende. Befindet sich das Elektron im mittleren
Bereich des Systems, so schränkt der Hamiltonoperator, welcher nur Sprünge auf benachbarte
77
5. Das SSH-Modell unter Einfluss von Ein- und Auskoppelstellen
hniT
0.3
T = 25000
T = 100000
0.2
0.1
0
0
50
100
n
150
200
A b b i l du n g 4 . 1 2 . : Endzustand eines Systems der Größe N = 200 in der Einteilchenbasis m = 1 mit dem Potential
U1 der Stärke γ = 0.1 in der topologisch nichttrivialen Phase Θ = 0.1π. Als Anfangszustand beider Zeitentwicklungen
diente der Volumenzustand c) aus Abbildung 4.11. Erkennbar ist das Anwachsen der Amplitude im Bereich der letzten
Gitterplätze für größere Gesamtlaufzeiten T.
Gitterplätze erlaubt die Wahrscheinlichkeit, das Elektron im nächsten Zeitschritt an einen der
beiden Enden aufzufinden ein. Nach endlicher Zeit befindet sich jedoch auch im Falle des
anfänglichen Volumenzustandes das Elektron an einem der beiden Enden, sodass einer der
beiden zuvor beschriebenen Fälle eintritt. Die Erwartungshaltung im Falle des Volumenzustandes
ist dann, dass eine längere Zeitentwicklung eine größere Amplitude am Ende des Systems
aufzeigt. Dieses Verhalten bestätigt Abbildung 4.12, in der sich die beiden Gesamtlaufzeiten
T = 25000 und T = 1000000 gegenüberstehen. Eine Gesamtlaufzeit T → ∞ würde dazu führen,
dass alle drei Anfangszustände aus Abbildung 4.11 gegen den gleichen Endzustand konvergieren,
nämlich den topologisch nichttrivialen Randzustand 2. Das Potential U1 liefert, zumindest in der
bisher betrachteten Einteilchenbasis, ein System, welches unabhängig vom Anfangszustand immer
in einem Randzustand endet. Durch die Positionswahl der Einkoppel- bzw. Auskoppelstelle lässt
sich zudem die Lokalisierung des Endzustandes bestimmen.
Dass der bisher besprochene Fall neben der Eigenschaft, am Rand lokalisiert zu sein, auch
die Energielücke schließt, lässt sich durch Auftragen des Energieerwartungswertes überprüfen.
Für die Anfangszustände aus Abbildung 4.11 ist dies in Abbildung 4.13 aufgezeigt. Für beide
anfänglichen Randzustände a) und b) ist erkennbar, dass die Energie sich über die Zeit nicht
ändert und immer einer verschwindenden Energie entspricht. Dies bedeutet auch, dass eine
Transformation der beiden Randzustände im Potential U1 ohne Energiezufuhr möglich ist. Für
den anfänglichen Volumenzustand c) lässt Abbildung 4.13 erkennen, dass dieser gegen den Wert
0 für lange Zeiten t → ∞ konvergiert. Der Endzustand aus dem Fall c) der Abbildung 4.11 erfüllt
damit die überprüfbaren Eigenschaften eines topologisch geschützten Randzustandes aus der
Betrachtung der stationären Gleichung mit einem effektiven imaginären Potential.
Verändert man den Parameter Θ, so sollte nach Kapitel III ab einem Wert von Θ > 0.5π
das Auftreten von topologisch stabilen Randzuständen nicht stattfinden. Für die drei gleichen
Anfangszustände wie im Falle der topologisch nichttrivialen Phase (Θ = 0.1π) sind die Zeitentwicklungen in Abbildung 4.14 für den Winkel Θ = 0.9π aufgezeigt. Deutlich erkennbar zeigt das
System in keinem der drei Fälle eine verstärkte Lokalisierung am Rand des Systems. Vielmehr ist
die Wahrscheinlichkeitsverteilung des Elektrons am Ende der Zeitentwicklung gleichmäßig über
alle Gitterplätze verteilt. Ein Auftreten eines stark am Rand lokalisierten Endzustandes ist damit
ein Kennzeichen für die topologisch nichttriviale Phase des Systems, welches im Kontakt mit der
78
IV. Mastergleichungen für das SSH-Modell
2
a)
b)
c)
hHi
1.5
1
0.5
0
0
100
200
300
t[103 ]
Abbildung 4.13.: Erwartungswert der Energie aufgetragen über der Zeit. Die aufgezeigten Werte besitzen dieselben
Anfangszustände wie sie in Abbildung 4.11 zu sehen sind. Als Parameter wurden die Werte N = 200, ∆ = 0.3, t = 1.0,
Θ = 0.1π und γ = 1.0. Erkennbar ist, dass die anfänglichen Randzustände a) und b) für alle Zeiten eine Nullenergie
besitzen, der Volumenzustand c) hingegen konvergiert für große Zeiten gegen einen topologischen Randzustand und
somit gegen eine verschwindende Energie.
Umgebung steht.
Wird das System mit dem Potential U2 gekoppelt, so ist es möglich, an jedem Gitterplatz
entweder Elektronen ein- oder auszukoppeln. Die numerischen Berechnungen für dieses Potential unter Zuhilfenahme der nichthermiteschen Quantenmechanik ergaben, dass auch für
dieses Potential topologische Randzustände auftreten können. Wiederum werden die drei selben
Anfangszustände wie bereits in Abbildung 4.11 zeitlich entwickelt. Die Zeitentwicklungen für
die topologisch nichttriviale Phase Θ = 0.1π für das Potential U2 in der Einteilchenbasis ist in
Abbildung 4.15 aufzufinden. Da nun der Austausch von Elektronen an jedem Gitterplatz erlaubt
ist, ist anders als beim Potential U1 keine Einfluss- respektive Ausflussrichtung ausgezeichnet.
Für den Fall eines anfänglichen Randzustandes ist die Erwartung, dass in der topologisch
nichttrivialen Phase wiederum ein Randzustand als Endzustand vorliegt, jedoch ist nicht von
Vorhinein klar, an welcher Seite dieser lokalisiert ist. Es zeigt sich, dass sich das Potential U2 gleich
verhält wie das bereits besprochene Potential U1 . Jeder der beiden anfänglichen Randzustände, als
auch der Volumenzustand besitzen den gleichen Endzustand. Dieser Endzustand ist wiederum
der Randzustand 2. Auch dieses Verhalten lässt sich in der Einteilchenbasis bildlich erklären. Das
System besitzt zwar an jedem Gitterplatz eine Möglichkeit, Elektronen auszutauschen, jedoch ist
aufgrund der P T -Symmetrie vorausgesetzt, dass, sofern am ersten Gitterplatz Elektronen das
System verlassen können, am letzten Gitterplatz Elektronen in das System eingekoppelt werden
können. Außerdem sind die Wahrscheinlichkeiten ein Elektron, aus- respektive einzukoppeln,
an jedem Gitterplatz gleich groß. Zusätzlich sind die Randzustände des isolierten endlichen
Systems nicht nur am ersten bzw. letzten Gitterplatz lokalisiert, sondern zeigen auch am dritten
bzw. drittletzten kleinere Wahrscheinlichkeiten auf (siehe dazu auch Abbildung 4.5). Das heißt,
die größten Amplituden der Randzustände liegen jeweils auf denjenigen Gitterplätzen, welche
denselben Elektronenaustauschstrom besitzen.
Für den Fall, dass der Randzustand 2 dem Anfangszustand ähnelt, ist die Zeitentwicklung
trivial, da das Elektron vorwiegend auf den beiden Gitterplätzen am Ende der linearen Kette
79
1
0.8
0.6
0.4
0.2
0
a)
0
1
0.8
0.6
0.4
0.2
0
50
b)
100
n
150
200
Anfangszustand
hniT
hniT
Anfangszustand
hniT
hniT
5. Das SSH-Modell unter Einfluss von Ein- und Auskoppelstellen
0
50
100
n
150
200
0.04
0.01
0.008
0.006
0.004
0.002
0
Endzustand
0
50
100
n
150
200
Endzustand
0
50
100
n
150
200
0.012
0.03
c)
Anfangszustand
Endzustand
0.009
0.02
hniT
hniT
0.01
0.008
0.006
0.004
0.002
0
0.01
0.006
0.003
0
0
50
100
n
150
200
0
0
50
100
n
150
200
Abbildung 4.14.: Zeitentwicklung der gleichen Anfangszustände mit den gleichen Systemparametern wie in 4.11
für die topologisch triviale Phase Θ = 0.9π. Für alle drei Anfangszustände ergibt sich ein nahezu gleichverteilter
Endzustand.
lokalisiert ist, an denen Elektronen in das System fließen können. Die Umgebung spielt keine
Rolle, denn die Einteilchenbasis verhindert ein weiteres Einkoppeln in das System. Im Gegensatz
zum Potential U1 verhindert jedoch allein die Reduzierung der Basis ein weiteres Einkoppeln
von Elektronen und nicht das fermionische Ausschlussprinzip.
Sofern der Anfangszustand dem Randzustand 1 ähnelt, dreht sich das Verhalten um. Die
Wahrscheinlichkeit, dass das ursprüngliche Elektron relativ schnell aus dem System abfließt, ist
sehr hoch, da der Zustand lediglich an Gitterplätzen lokalisiert ist, an denen Elektronen das
System verlassen können. Hat das ursprüngliche Elektron das System verlassen, so liegt im
Grunde der gleiche Fall vor wie für den anfänglichen Volumenzustand, denn ist das System
leer, so ist die Wahrscheinlichkeit, ein Elektron in das System einzukoppeln, an jedem zweiten
Gitterplatz gleich groß. Nun gibt es zwei verschiedene Möglichkeiten:
1. Das Elektron wird am Ende der linearen Kette eingekoppelt, was den Gitterplätzen
≈ N − 10 . . . N entspricht. Dort nimmt das Elektron mit großer Wahrscheinlichkeit den
Randzustand an.
2. Das Elektron wird in einen der anderen Gitterplätze eingekoppelt. Durch den kinetischen
Anteil des Hamiltonoperators kann sich das Elektron um jeweils einen Gitterplatz nach
vorne respektive hinten bewegen. Dies geschieht solange, bis entweder das Elektron aus dem
System ausgekoppelt wurde und das Vorgehen von vorne beginnt oder das Elektron das
Ende der linearen Kette erreicht, wo es in den topologisch stabilen Randzustand übergeht.
Auch für dieses Potential lässt sich der Endzustand als stabiler Randzustand neben der Lokalisierung am Ende der Kette auch an der Nullenergie ablesen, siehe dazu Abbildung 4.16.
In Abbildung 4.17 sind die Zeitentwicklungen für den Bereich der topologisch trivialen Phase
80
1
0.8
0.6
0.4
0.2
0
a)
1
0.8
0.6
0.4
0.2
0
50
b)
0.2
100
n
150
200
0
50
0.6
hniT
Anfangszustand
100
n
150
200
Endzustand
0.4
0.2
0
0
50
100
n
150
200
0
0.04
0.03
c)
50
0.6
Anfangszustand
0.02
hniT
hniT
Endzustand
0.4
0
0
hniT
0.6
Anfangszustand
hniT
hniT
IV. Mastergleichungen für das SSH-Modell
0.01
100
n
150
200
Endzustand
0.4
0.2
0
0
0
50
100
n
150
200
0
50
100
n
150
200
A b b i l du n g 4 . 1 5 . : Zeitentwicklung eines Systems, bestehend aus N = 200 Gitterplätzen, für das Potential U2 in
der Einteilchenbasis m = 1. In jeder der drei Zeitentwicklungen wurden die Parameter ∆ = 0.3, t = 1.0, T = 25000,
ntraj = 30 verwendet. Die Stärke des äußeren Potentials beträgt γ = 0.1 und das System befindet sich in der topologisch
nichttrivialen Phase Θ = 0.1. Als Anfangszustände dienen dabei die beiden topologisch stabilen Randzustände a)
respektive b) und ein Volumenzustand c). Erkennbar ist, dass sich unabhängig vom Anfangszustand der gleiche
Endzustand einstellt, welcher am Ende der linearen Kette lokalisiert ist.
(Θ = 0.9π) aufgezeigt. In allen der drei dargestellten Fälle ist der Endzustand kein Randzustand,
sondern ein Zustand, welcher gleichverteilt über alle Gitterplätze ist.
5.3. Phasendiagramm
Im Folgenden wird die Fragestellung diskutiert, ob man unter Zuhilfenahme der Mastergleichungen ein Phasendiagramm analog zu dem in Abbildung 4.18 erstellen kann, sobald ein äußeres
Potential anliegt. Anders als im Fall eines isolierten Systems, hängt der Endzustand in der Einteilchenbasis für lange Zeiten T → ∞ nicht vom Anfangszustand ab. Wie in Abschnitt 5.2 bereits
geschildert, ergeben sich sowohl für das Potential U1 , als auch für das Potential U2 Endzustände,
welche einem am Ende lokalisierten topologischen Randzustand entsprechen, sofern man sich
in der topologisch nichttrivialen Phase befindet. Eine Änderung des Endzustandes durch die
Variation des Winkels Θ bedeutet dann einen Phasenübergang. Um dies sichtbar zu machen, wird
der Winkel Θ variiert und die letzten a = 10 Gitterplatzamplituden des Endzustandes addiert
und über den Winkel Θ aufgetragen.
Für zwei verschiedene Anfangszustände sind in Abbildung 4.18 die Phasendiagramme zusehen.
Beide Phasendiagramme zeigen dabei einen erheblichen Sprung am Punkt Θ = 0.5π auf, was
mit der numerischen Berechnung übereinstimmt, die mit Hilfe der nichthermiteschen Quantenmechanik in Abschnitt III vollzogen wurde. Nach dem kritischen Wert Θc = 0.5π zeigt das
Phasendiagramm einen konstanten Wert, der nicht bei Null liegt, sondern bei etwa 0.05. Dieser
Wert lässt sich erklären, indem man die Abbildung 4.14 aus dem vorigen Abschnitt zu Hilfe zieht.
In dieser Abbildung sind die Endzustände für den Fall der topologisch trivialen Phase zu sehen.
81
5. Das SSH-Modell unter Einfluss von Ein- und Auskoppelstellen
2
a)
b)
c)
hHi
1.5
1
0.5
0
0
100
200
300
t
Abbildung 4.16.: Erwartungswert der Energie aufgetragen über der Zeit. Die aufgezeigten Werte besitzen dieselben
Anfangszustände wie sie in Abbildung 4.15 zu sehen sind. Als Parameter wurden die Werte N = 200, ∆ = 0.3, t = 1.0,
Θ = 0.1π und γ = 0.1 verwendet. Erkennbar ist, dass die anfänglichen Randzustände a) und b) für alle Zeiten eine
Nullenergie besitzen, der Volumenzustand c) hingegen konvergiert für große Zeiten gegen einen Randzustand mit
verschwindender Energie.
Diese sind jeweils Zustände, die in guter Näherung gleichverteilt über das ganze System sind.
Im Falle der Einteilchenbasis ist die Annahme, zu jeder Zeit ein Teilchen im System aufzufinden
eine gute Näherung. Für einen gleichverteilten Zustand eines Systems mit N = 200 Gitterplätzen
müssen sich alle Amplituden zu 1 addieren
200
∑ hni iT = 200 hni iT = 1 .
(4.18)
i =1
Jeder Gitterplatz trägt also etwa die Amplitude 1/200 = 0.005 bei. Addiert man nun die letzten
a = 10 Gitterplatzamplituden des Endzustandes, so ergibt sich der Wert 0.05, welcher gut mit
den in Abbildung 4.18 dargestellten Phasendiagrammen übereinstimmt.
Für das Potential U2 ist für einen anfänglichen Volumenzustand das Phasendiagramm für
drei verschiedene Werte von γ in 4.19 abgebildet. Erneut lässt sich für jeden der drei γ-Werte
ein Phasensprung am kritischen Punkt Θc = 0.5π erkennen. Das Potential U2 zeigt somit ein
Phasenspektrum, welches unabhängig von der Stärke des Ein- bzw. Auskoppeleffektes γ an den
einzelnen Gitterplätzen ist. Dies ist wiederum eine Bestätigung der Ergebnisse der topologischen
Betrachtung im Rahmen der nichthermiteschen Quantenmechanik. Für große Werte von γ ist
erkennbar, dass für geringere Zeiten das System vollständig in einen Randzustand übergeht.
Diese Aussage wird dadurch bekräftigt, dass die addierten Amplituden der letzten 10 Gitterplätze
den Wert 1 ergeben. Das heißt, das Elektron im Endzustand ist nur in den letzten 5% der linearen
Kette aufzufinden. Für kleinere Werte von γ benötigt das System eine längere Laufzeit T, um
auch vollständig in einen Randzustand überzugehen. Für den Fall von γ = 0.1 ist dieses Verhalten
in Abbildung 4.20 dargestellt. Ab einer Zeit von T = 50000 und dem Winkel Θ < 0.5π ist das
Elektron des Endzustandes vollständig in den letzten 5% der linearen Kette lokalisiert.
In allen betrachteten Phasendiagrammen mit äußerem Potential fällt auf, dass ein Phasenübergang analog dem topologischen aus der stationären Betrachtung zwar mit bloßem Auge
auffindbar gemacht werden kann, dieser jedoch nicht durch einen Phasensprung gekennzeichnet
82
1
0.8
0.6
0.4
0.2
0
a)
Endzustand
0.005
0.004
0
1
0.8
0.6
0.4
0.2
0
50
b)
100
n
150
200
0
50
100
n
150
200
0.006
Anfangszustand
hniT
hniT
0.006
Anfangszustand
hniT
hniT
IV. Mastergleichungen für das SSH-Modell
Endzustand
0.005
0.004
0
50
100
n
150
0
200
50
100
n
150
200
0.04
c)
0.006
Anfangszustand
0.02
hniT
hniT
0.03
0.01
Endzustand
0.005
0.004
0
0
50
100
n
150
200
0
50
100
n
150
200
A b b i l du n g 4 . 1 7 . : Zeitentwicklung der gleichen Anfangszustände mit den gleichen Systemparametern wie in
Abbildung 4.15 für die topologisch triviale Phase bei Θ = 0.9π. Für alle drei Ausgangszustände ergibt sich ein nahezu
gleichverteilter Endzustand.
ist, sondern vielmehr stetig abläuft. Dieses Verhalten lässt sich zum einen durch die Endlichkeit
der Schritte erklären, mit denen der Parameter Θ variiert wird (in jedem der Phasendiagramme
wurden die Berechnungen mit einem Raster von Θ = 0.01 durchgeführt), zum anderen werden in
dieser Darstellung der Phasendiagramme zeitliche Mittelwerte von Erwartungswerten betrachtet,
die an sich selbst keine topologische Invariante darstellen, sondern nur ein Maß der überprüfbaren Auswirkungen sind. Man spricht also nicht mehr zwangsweise von einem topologischen
Phasenübergang. Vielmehr stellt man fest, dass auch das dynamische System die wesentlichen
Effekte enthält. Dies muss jedoch nicht mehr sprunghaft geschehen und tut es auch nicht.
6. Vielteilchenzustände
In diesem Abschnitt sollen die Vielteilchenzustände im SSH-Modell diskutiert werden. Vielteilchenzustände liegen dann vor, sofern für die maximale Füllung des Systems m > 1 gilt. Wie viele
Teilchen sich maximal gleichzeitig im System befinden, ist anfänglich nicht klar. Eine Rechnung
für ein Beispielsystem der Größe N = 20 und m = 10 im Potential U1 zeigt, dass die Anzahl
an Teilchen nie den Wert 9 überschreitet. Abbildung 4.21 zeigt dabei den zeitlichen Mittelwert
der Gesamtteilchenanzahl hN it . Erkennbar ist, dass das System bereits für kurze Zeiten eine
Sättigung der Gesamtteilchenanzahl aufzeigt. Für ein System mit Vielteilchenzuständen stellt
sich die Frage, ob die topologischen Eigenschaften erhalten bleiben. Betrachtet man ein System in
der topologischen Phase mit der maximalen Füllung m = 2, dass die Anfangsbedingung eines
Elektrons im Randzustand besitzt, so stellt sich die Frage, was mit dem zweiten Elektron in
dem System passiert, respektive ob ein weiteres Elektron überhaupt in das System eingekoppelt werden kann. Offensichtlich lässt sich die Frage der Einkopplung eines weiteren Teilchens
durch Betrachtung der Gesamtteilchenanzahl h N it für die vollständige Basis in Abbildung 4.21
83
6. Vielteilchenzustände
1
a)
Amplitude
0.8
hni0
0.6
0.4
0.2
0
0
25
50
75
100
n
125
150
175
Amplitude
hni0
0.01
0
25
50
75
100
n
125
150
175
200
a = 10
0
200
b)
0
1
0.9
0.8
0.7
0.6
0.5
0.4
0.3
0.2
0.1
0
0.2
0.4
0.6
Θ [π]
0.8
0.7
0.6
0.5
0.4
0.3
0.2
0.1
0
0.8
1
a = 10
0
0.2
0.4
0.6
Θ [π]
0.8
1
Abbildung 4.18.: Phasendiagramme (rechts) für zwei unterschiedliche Anfangszustände (links). Dabei wurden für
festgehaltene Parameter N = 200, ∆ = 0.3, t = 1.0 und γ = 0.1 im Potential U1 der Parameter Θ in Intervallen 0.01
verändert und dabei der Endzustand für die Gesamtlaufzeit von T = 25000 untersucht. Die Amplituden der zeitlichen
Mittelwerte der Erwartungswerte aus den letzten 10 Gitterplätzen werden dabei addiert und über den Parameter Θ
aufgetragen. Für den Fall eines anfänglichen Randzustandes ergeben sich zwei Bereiche, Θ < 0.5π und Θ > 0.5π,
die konstante Werte aufzeigen. Beide Bereiche sind dabei stetig miteinander verbunden. Aus den nichthermiteschen
Berechnungen folgt die Erwartung, dass die Amplitude im Bereich Θ < 0.5π bei 1 liegen sollte, was für den Fall a)
des ursprünglichen Randzustandes erfüllt wird. Für den Fall b) des Volumenzustandes ist die Zeitentwicklung für
die Laufzeit T = 25000 noch nicht komplett auskonvergiert, sodass dort die Amplitude im Bereich der topologisch
nichttrivialen Phase den Wert 1 deutlich unterschreitet. Dieses Problem könnte durch längere Laufzeiten T umgangen
werden, setzt jedoch lange numerische Rechenzeiten voraus.
beantworten, denn die mittlere Elektronenanzahl im System überschreitet deutlich den Wert 1.
Da es sich bei Elektronen um Fermionen handelt, kann jeder Gitterplatz nur von einem Elektron
besetzt werden, sodass es durch das fermionische Ausschlussprinzip zu Wechselwirkungen der
Elektronen untereinander kommt, obwohl lediglich ein kinetischer Term im Hamiltonoperator zu
finden ist. Eine naive Vorstellung eines Zweiteilchenzustandes wäre dabei, dass ein Elektron den
topologischen Randzustand | T i annimmt, während sich das andere Elektron in einem anderen
Zustand |V i befindet. Der Vielteilchenzustand wäre dann gegeben durch
1
| T i1 | T i2
|ψi = √ det
|V i1 |V i2
2
(4.19)
1
= √ (| T i1 |V i2 − |V i1 | T2 i) ,
2
wobei der Index für das erste respektive zweite Elektron steht. Der Zustand (4.19) lässt sich dabei
nicht durch eine Linearkombination von Einteilchenzuständen der Form
| ψ i = a | T i1 + b |V i2
(4.20)
zerlegen. Ein einzelner topologisch stabiler Randzustand, der Eigenzustand des Hamiltonoperators ist, existiert somit im Vielteilchenbild nicht mehr, jedoch können die topologischen Eigen-
84
IV. Mastergleichungen für das SSH-Modell
0.02
γ = 0.1
1
Amplitude
hni0
Anfangszustand
0.01
0.8
0.6
0.4
0.2
0
0
0
25
50
75
100 125 150 175 200
n
γ = 2.5
0.2
0.4
0.6
Θ [π]
0.8
0.6
0.4
0.2
0.8
1
γ = 10.0
1
Amplitude
Amplitude
1
0
0
0.8
0.6
0.4
0.2
0
0.2
0.4
0.6
Θ [π]
0.8
1
0
0
0.2
0.4
0.6
Θ [π]
0.8
1
A b b i l du n g 4 . 1 9 . : Phasendiagramm für das Potential U2 eines Systems mit N = 200 Gitterplätzen. Für die
Parameter ∆ = 0.3, t = 1.0 wurde die Zeitentwicklung mit Laufzeit T = 25000 in der Einteilchenbasis m = 1
für verschiedene Werte von Θ vollzogen. Der Parameter Θ wurde dabei in Schritten 0.01 verändert. Neben den
Phasendiagrammen für verschiedene Potentialstärken γ ist auch der Anfangszustand abgebildet, welcher für jede der
drei Rechnungen verwendet wurde. Die unterschiedlichen Phasen lassen sich durch die Auftragung der Amplituden
des Endzustandes der jeweils letzten 10 Gitterplätze merkbar unterscheiden. Für alle Potentialstärken γ liegt der
topologische Phasenübergang bei Θ ≈ 0.5π und ist damit unabhängig von γ. Es lässt sich jedoch erkennen, dass
die addierte Amplitude im topologisch nichttrivialen Bereich vom Wert γ abhängt. Für kleinere Potentialstärken
γ ist dabei der Endzustand für die Gesamtlaufzeit T = 25000 noch nicht vollständig in den topologisch stabilen
Randzustand übergegangen. Neben einer längeren Gesamtlaufzeit T kann man auch die Potentialstärke γ erhöhen,
um ein vollständiges Konvergieren des anfänglichen Volumenzustands in den stabilen Randzustand voranzutreiben.
schaften des Systems qualitativ untersucht werden, indem die Aufenthaltswahrscheinlichkeit, ein
Elektron zu finden, am Ende der Kette deutlicher höher liegt als auf den übrigen Gitterplätzen.
In Abbildung 4.22 wurden jeweils die Endzustände der zeitlichen Entwicklung für eine verschiedene Anzahl an maximal erlaubten Teilchen im System m aufgetragen. Als Ausgangspunkt
diente in allen Fällen ein Einteilchenvolumenzustand, wie er in Abbildung 4.11 c) zu sehen ist.
Aus Abbildung 4.11 lässt sich eine erhöhte Aufenthaltswahrscheinlichkeit am Rand des Systems,
selbst im Falle m = 9, also einem vollgesättigten System, erkennen. Es ist sogar so, dass die
absolute Aufenthaltswahrscheinlichkeit am Ende der Kette mit steigender Anzahl an Teilchen
im System wächst. Das selbe Argument ist jedoch nicht für Vielteilchenzustände des Potentials
U2 anwendbar. Betrachtet man hier die Endzustände der Zeitentwicklung für verschiedene m,
so fällt auf, dass die Wahrscheinlichkeit am Rand des Systems für m > 1 im Vergleich zur Einteilchenlösung abnimmt. Das anliegende Potential führt auf eine Unterdrückung der Besetzung
des Randes, die von der fermionischen Wechselwirkung der Elektronen innerhalb des Systems
herrührt.
85
7. Vergleich von Mastergleichung und nichthermitescher Quantenmechanik
T = 5 · 1033
T = 10 · 103
T = 50 · 10
T = 100 · 103
Amplitude
1
0.5
0
0
0.2
0.4
0.6
0.8
1
Θ [π]
A b b i l du n g 4 . 2 0 . : Phasendiagramme für die gleichen Parameter wie in Abbildung 4.19. Im Gegensatz zu der
variablen Potentialstärke wurde in diesem Fall diese auf den Wert γ = 0.1 fixiert und die Gesamtlaufzeit geändert. Das
Verhalten der Phasendiagramme zeigt auf, dass für kleine Potentialstärken die Gesamtlaufzeit erhöht werden muss,
um eine vollständige Konvergenz in den stabilen Randzustand in der topologisch nichttrivialen Phase zu erreichen.
7. Vergleich von Mastergleichung und nichthermitescher
Quantenmechanik
Dieser Abschnitt dient dazu, die Verfahren der nichthermiteschen Quantenmechanik respektive der Mastergleichungen für den Fall des SSH-Modells mit Ein- und Auskoppeleffekten zu
vergleichen. Dabei soll zuerst einmal bemerkt sein, dass im Falle der nichthermiteschen Quantenmechanik alle Rechnungen in der Einteilchenbasis vollzogen wurden, im Gegensatz zu den
Mastergleichungen, für welche die Basis des Fockraums benutzt wird. Der Ansatz komplexer
Energien bietet die Möglichkeit, den Zerfall bzw. Gewinn eines Eigenzustandes des Systems
zu beschreiben und nicht die direkte Ein- bzw. Auskopplung von Teilchen des Systems. Den
Weg der nichthermiteschen Quantenmechanik für einen topologischen Isolator einzuschlagen,
bietet jedoch den sehr großen Vorteil, dass die topologischen Eigenschaften des Systems korrekt
wiedergegeben werden, gleichzeitig ist die Lösung der stationären Schrödingergleichung eines
P T -symmetrischen Hamiltonoperators sehr viel leichter und mit deutlich weniger numerischem
Aufwand zu erreichen als die Lösungen der dynamischen Zeitentwicklung im Vielteilchenproblem. Für alle P T -symmetrischen Potentiale, die in Verbindung mit den beiden Systemen,
dem Kitaev-Modell und dem SSH-Modell, in dieser Arbeit betrachtet wurden, existieren zwei
topologisch verschiedene Phasen, die durch das Auftreten von Randzuständen charakterisiert
sind.
Für das SSH-Modell in Verbindung mit dem Gewinn- und Verlustpotential U1 zeigt die Lösung der nichthermiteschen stationären Schrödingergleichung ein Spektrum, das ein komplex
konjugiertes Paar an Energien hervorbringt. Bei genauerer Betrachtung des Systems sind die
beiden Randzustände in der topologisch nichttrivialen Phase verantwortlich für das Brechen
der P T -Symmetrie und damit für die komplexwertigen Energien. Befindet man sich im topologisch nichttrivialen Bereich |Θ| < 0.5π, so existiert ein Randzustand, der einen Gewinn
erfährt (Im( E) > 0) und ein Randzustand, für den die Wahrscheinlichkeit mit der Zeit abnimmt
(Im( E) < 0).
86
IV. Mastergleichungen für das SSH-Modell
9
8
7
hN it
6
5
m = 10
4
3
2
1
0
0
2500
5000
t
7500
10000
A b b i l du n g 4 . 2 1 . : Zeitlicher Mittelwert der Gesamtteilchenanzahl für ein System der Größe N = 20 und einer
maximal erlaubten Füllung des Systems m = 10. Die Parameter ∆ = 0.3, t = 1.0, Θ = 0.1π und γ = 1.0 wurden
gewählt. Erkennbar überschreitet die Gesamtteilchenanzahl des Systems nie den Wert 9, sodass die Wahl m = 9
ausreicht, um die Physik ohne Einschränkung der Basis zu beschreiben.
Ist die nichthermitesche Berechnung auf die Lösung der dynamischen Mastergleichung anwendbar, so sollte für lange Zeiten nur derjenige Zustand überleben, der einen positiven Imaginärteil
der Energie besitzt, also in diesem Fall einer der Randzustände. Dabei zeigt die nichthermitesche
Berechnung ein erwartetes Ergebnis in Bezug auf die Frage, welche komplexe Energie zu welchem Randzustand gehört, denn der Randzustand mit negativem Imaginärteil ist am Anfang der
linearen Kette, also am Verlustpunkt, lokalisiert und damit folgt eine Lokalisierung des zweiten
Randzustandes am Gewinnpunkt. Übertragen auf das Vielteilchenproblem sollte für lange Zeiten
damit eine erhöhte Lokalisierung am Ende des Systems auftreten.
Bei Betrachtung von Abbildung 4.11 wird diese Erwartung bestätigt, unabhängig des anfänglichen Zustandes tritt dabei ein Zustand auf, der vornehmlich am Ende des Systems lokalisiert
ist. Wie in Abschnitt 4.1 angesprochen lassen sich topologische Phasendiagramme mit Hilfe
der Mastergleichungen erstellen. Erinnert man sich an die Ergebnisse der Zak-Phase für die
nichthermiteschen Potentiale des SSH-Modells, so befindet sich der topologische Phasenübergang
bei Θ = 0.5π unabhängig von der Stärke oder Art des Potentials. Ein Vergleich mit den aus den
Mastergleichungen gewonnenen Phasendiagrammen aus Abbildung 4.18 für das Potential U1
respektive 4.19 für U2 zeigt auf, dass ein analoger Phasenübergang mit Hilfe einer dynamischen
Zeitentwicklung des Systems identifiziert werden kann. Dabei bleibt die direkte Berechnung der
Zak-Phase im dynamischen Fall der Mastergleichungen verwehrt, da für diese Berechnung die Eigenzustände des Systems benötigt werden und diese nicht aus der Lösung der Mastergleichungen,
also der Dichtematrix $(t), gewonnen werden können.
Abschließend kann die Aussage gefunden werden, dass für das betrachtete SSH-Modell mit
den Potentialen U1 und U2 die dynamische Zeitentwicklung auf Ergebnisse führt, welche sich
gut mit den nichthermiteschen Ergebnissen erklären lassen.
87
0.8
0.6
0.4
0.2
0
m=1
hniT
hniT
7. Vergleich von Mastergleichung und nichthermitescher Quantenmechanik
0.8
0.6
0.4
0.2
0
0.8
0.6
0.4
0.2
0
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20
n
m=3
hniT
hniT
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20
n
m=2
0.8
0.6
0.4
0.2
0
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20
n
m=9
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20
n
0.8
0.6
0.4
0.2
0
0.6
m=1
hniT
hniT
Abbildung 4.22.: Endzustand der zeitlichen Entwicklung eines anfänglichen Einteilchenvolumenzustandes für eine
verschiedene Anzahl an maximal erlaubten Teilchen im System m. Das System besteht dabei aus N = 20 Gitterplätzen
mit den Parametern ∆ = 0.3, t = 1.0, Θ = 0.1π und dem Potential U1 mit γ = 0.1.
0.4
0.2
0
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20
n
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20
n
0.6
m=3
0.2
hniT
hniT
0.4
m=2
0
m=7
0.4
0.2
0
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20
n
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20
n
Abbildung 4.23.: Endzustand der zeitlichen Entwicklung eines anfänglichen Einteilchenvolumenzustandes für eine
verschiedene Anzahl an maximal erlaubten Teilchen im System m. Das System besteht dabei aus N = 20 Gitterplätzen
mit den Parametern ∆ = 0.3, t = 1.0, Θ = 0.1π und dem Potential U2 mit γ = 0.1.
88
V. Zusammenfassung und Ausblick
In dieser Arbeit wurde neben dem SSH-Modell, also einem eindimensionalen topologischen
Isolator, auch ein topologischer Supraleiter, das eindimensionale Kitaev-Modell, in Verbindung
mit verschiedenen Gewinn- und Verlustpotentialen untersucht. Im ersten Teil der vorliegenden
Arbeit wurden die Gewinn- und Verlusteffekte durch nichthermitesche P T -symmetrische Potentiale simuliert. Da vorhergehende Veröffentlichungen [5, 6] unterschiedliche Ergebnisse von
topologischen Systemen in Verbindung mit einem P T -symmetrischen Potential hervorbrachten, bestand die erste Aufgabe dieser Masterarbeit darin, diesen Widerspruch aufzulösen und
zu erklären. Eine Analyse der in beiden Modellen auftretenden topologischen Randzustände
führte dabei zu der Aussage, dass im Kitaev-Modell die Randzustände durch eine intrinsische
Elektron-Loch-Symmetrie vor einem P T -Bruch geschützt werden und damit einen rein reellen
Energieeigenwert besitzen, wohingegen die Randzustände im SSH-Modell die P T -Symmetrie
schon bei kleinen, nichtverschwindenden Potentialstärken γ verletzen und somit komplexe Energien besitzen. Das erklärt, warum im SSH-Modell der topologische Phasenübergang mit dem
Bruch der P T -Symmetrie identisch ist, während das im Kitaev-Modell nicht der Fall ist.
Für beide Systeme traten in allen betrachteten P T -symmetrischen Potentialen unterschiedliche
topologische Phasen auf. Diese wurden zunächst so unterschieden, dass die in der topologisch
nichttrivialen Phase auftretenden Randzustände genau dieselben Eigenschaften tragen müssen
wie die bereits bekannten topologisch geschützten Randzustände im isolierten Fall. Für jedes
der beiden Systeme konnte dabei eine Bedingung gefunden werden, um die unterschiedlichen
topologischen Phasen zu charakterisieren, jedoch waren diese im Falle anliegender Gewinnund Verlustpotentiale für beide Systeme unterschiedlich, sodass die Frage nach einer für beide
Modelle gültigen Definition zur Unterscheidung der topologischen Phase aufkam. Für den Fall
der isolierten Systeme beschreibt die Zak-Phase
Γ=i
I
BZ
hψ(k)|∂k |ψ(k)i dk
eine topologische Invariante, welche die triviale und nichttriviale Phase unterscheidbar macht.
Eine Hauptaufgabe dieser Arbeit bestand darin, die Zak-Phase auf eindimensionale nichthermitesche Systeme zu erweitern und damit die auftretenden topologischen Phasen in Systemen
mit Gewinn- und Verlustpotentialen zu kennzeichnen. Dabei führte die Ersetzung der allseits bekannten Orthogonalitätsbedingung der Quantenmechanik durch eine Biorthognalbasis für linksund rechtsseitige Eigenvektoren zu der nichthermiteschen Definition der Zak-Phase, nämlich
Γ=i
I
BZ
hψ` (k)|∂k |ψr (k)i dk .
Die rechtsseitigen Eigenvektoren werden aus der bekannten stationären Schrödingergleichung gewonnen, während für die linksseitigen Eigenvektoren eine Eigenwertgleichung für den hermitesch
konjugierten Hamiltonoperator H † gelöst werden muss. Für das SSH-Modell in Verbindung mit
dem P T -symmetrischen Gewinn- und Verlustpotential U2 führt die Berechnung der nichthermiteschen Zak-Phase unter der Einführung einer globalen Zak-Phase [16] zum Ziel, die auftretenden
topologischen Phasen durch eine Invariante zu unterscheiden. Für das Kitaev-Modell wurde
ein reines Verlustpotential, also ein P T -unsymmetrisches Potential verwendet, um zu zeigen,
89
dass die Definition der nichthermiteschen Zak-Phase auch für Systeme anwendbar ist, welche
keine P T -Symmetrie vorweisen. Darüber hinaus wurde ein Algorithmus entwickelt, der diese
Information auch dann zugänglich macht, wenn analytische Ausdrücke der Eigenzustände nicht
mehr zugänglich sind.
Für den Fall isolierter Systeme existiert neben der Berechnung der Zak-Phase auch die Möglichkeit, den topologischen Phasenübergangspunkt mit Hilfe eines exzeptionellen Punktes [9]
zu identifizieren. Diese Methode wurde für die beiden Systeme sowohl im isolierten, als auch
für den Fall von anliegenden Gewinn- und Verlustpotentialen getestet. Dabei zeigte sich, dass
die Methode des exzeptionellen Punktes für hermitesche Systeme anwendbar ist, der Erfolg
zur Bestimmung des topologischen Phasenübergangs im nichthermiteschen Fall jedoch vom
betrachteten System abhängig ist und sie sich somit nicht zu einer allgemein gültigen Definition
des topologischen Phasenübergangs eignet.
Neben dem Ansatz, P T -symmetrische Potentiale zu verwenden, um effektiv Gewinn- und
Verlusteffekte in offenen Quantensystemen zu beschreiben, können auch dynamische Mastergleichungen zur Simulation von Systemen mit Gewinn- und Verlusteffekten herangezogen werden.
Im Vergleich zur nichthermiteschen Herangehensweise werden die Gewinn- und Verlusteffekte
durch das Ein- bzw. Auskoppeln von Teilchen durch die sogenannten Superoperatoren beschrieben. Der letzte Teil dieser Arbeit befasst sich mit der Lösung der Mastergleichungen des
SSH-Modells in Verbindung mit Ein- und Auskoppeleffekten, die ein Analogon zu den bereits
aufgetretenen P T -symmetrischen Potentialen bilden. Durch Lösen der dynamischen Mastergleichungen lässt sich die Dichtematrix des Systems bestimmen. Aus dieser Dichtematrix lassen
sich die Erwartungswerte der einzelnen Gitterplätze zum Endzeitpunkt der Zeitentwicklung
bestimmen. Diese bieten dabei eine gute Möglichkeit, die in den nichthermiteschen Berechnungen
auftretenden Randzustände wiederzuerkennen. Durch Vergleich der beiden Berechnungsmethoden stellt sich heraus, dass die Ergebnisse der dynamischen Zeitentwicklung ausnahmslos mit
denen der nichthermiteschen Potentiale kompatibel und erklärbar sind.
Die theoretische Behandlung von topologischen Isolatoren in Verbindung mit Gewinn- und
Verlusteffekten steht erst am Anfang ihrer Entwicklung. Dies ist auch darauf zurückzuführen, dass
das Gebiet der isolierten topologischen Isolatoren noch lange nicht vollständig verstanden ist und
alle topologische Effekte aufgedeckt sind. Neben den hier besprochenen Modellen benötigt es die
Untersuchung weiterer Systeme mit P T -symmetrischen Potentialen in Bezug auf die Richtigkeit
der globalen Zak-Phase zur Unterscheidung der topologischen Phasen in nichthermiteschen
Systemen.
In dieser Arbeit wurden ausschließlich eindimensionale Systeme behandelt, die spinlose
Elektronen beschreiben. In einem weiteren Schritt könnte untersucht werden, ob der Spin der
Elektronen Auswirkungen auf die topologischen Phasen mit sich führt. Für mehrdimensionale
Systeme müsste die Definition der topologischen Invarianten mit Hilfe der Zak-Phase überprüft
und gegebenenfalls angepasst werden.
Neben der Betrachtung von fermionischen Systemen existieren auch bereits bekannte bosonische Vielteilchensysteme, wie zum Beispiel dem Übergitter-Bose-Hubbard-Modell [20], in denen
topologisch stabile Randzustände auftreten können. Bosonische und fermionische Systeme lassen
sich in Form von kalten Quantengasen experimentell wesentlich kontrollierter als Festkörper
untersuchen. Daher wäre es interessant, die hier vorgestellten Arbeiten darauf zu erweitern.
Die in dieser Arbeit aufgestellten dynamischen Mastergleichungen bieten einen ersten Ansatz,
um auch topologische Randzustände in Vielteilchensystemen identifizieren zu können. Für eine
vollständige theoretische Beschreibung topologischer Eigenschaften in Bezug auf ein Vielteilchensystem wäre es wünschenswert, eine topologische Invariante zu finden, die aus der Dichtematrix
berechnet werden kann.
90
Danksagung
An dieser Stelle möchte ich mich bei allen bedanken, die diese Masterarbeit ermöglicht haben.
Als erstes möchte ich Herrn Prof. Dr. Günter Wunner danken, der mir die Möglichkeit bereitete,
eine Masterarbeit am 1. Institut für Theoretische Physik zu verfassen. Außerdem gilt mein Dank
Herrn Prof. Udo Seifert für die Übernahme des Mitberichts
Besonders danken möchte ich Dr. Holger Cartarius, der jederzeit ein offenes Ohr für Fragen
hatte und den Hauptbericht dieser Arbeit übernommen hat. Ein Dank geht auch an meinen
Bürokollegen Jan Schnabel, mit dem ich in meiner kompletten Zeit am 1. Institut für Theoretische
Physik hinweg ein Büro in stets harmonischer Atmosphäre teilen durfte.
Außerdem danke ich allen Mitarbeitern des 1. Instituts für Theoretische Physik für eine tolle
Arbeitsatmosphäre.
Zuletzt möchte ich meiner Familie danken, die mich über das gesamte Studium hinweg
unterstützt hat.
91
Erklärung
Ich versichere,
• dass ich diese Masterarbeit selbständig verfasst habe,
• dass ich keine anderen als die angegebenen Quellen benutzt und alle wörtlich oder sinngemäß aus anderen Werken übernommenen Aussagen als solche gekennzeichnet habe,
• dass die eingereichte Arbeit weder vollständig noch in wesentlichen Teilen Gegenstand
eines anderen Prüfungsverfahrens gewesen ist,
• dass ich die Arbeit weder vollständig noch in Teilen bereits veröffentlicht habe, es sei denn,
der Prüfungsausschuss hat die Veröffentlichung vorher genehmigt
• und dass das elektronische Exemplar mit den anderen Exemplaren übereinstimmt.
Stuttgart, den 6. Oktober 2016
Marcel Klett
Literatur
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Symmetry“. Phys. Rev. Lett. 80 (1998).
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