Quantenchemie und Pigmente 3 Elektronenübergänge „an Ort“; d-d-Übergänge 3 Elektronenübergänge „an Ort“: d-d-Übergänge 3.1 Übersicht, Lernziele Übersicht In diesem Kapitel steht ein weit verbreiteter Mechanismus der Lichtabsorption durch Übergangsmetallverbindungen im Zentrum. Durch Lichtabsorption geht innerhalb eines Metallions ein Elektron in einen höheren Energiezustand, wobei es aber beim Metallion bleibt. Die Wahrscheinlichkeit eines derartigen Übergangs zwischen d-Orbitalen ist jedoch gering. Dies bedeutet, dass nur ein kleiner Teil der auf die Verbindung treffenden Photonen mit der richtigen Energie vom Komplex absorbiert wird. Aus diesem Grund sind im Allgemeinen Pigmente blass gefärbt, die diesem Mechanismus ihre Farbigkeit verdanken. Pigmente, welche aufgrund von d-d-Übergängen farbig sind, findet man vor allem bei Verbindungen von Übergangsmetallen. Auffällig viele dieser Pigmente sind grün oder blau. Beispiele: Chromgrün [Cr2O3], Viridian [Cr2O3⋅(H2O)2], Cobaltgrün [Co1-xZnxO], Smaragdgrün [Cu(CH3COO)2As2O4], Grüne Erde [Eisenhaltiges Silikat], Malachit [Cu2(CO3)(OH)2], Scheeles Grün [CuHAsO3 oder CuAs2O4], Grünspan = Verdigris [Cu2(CH3COO)2(OH)2], Azurit [Cu3(CO3)2(OH)2], Cobaltblau = Thenards Blau [CoAl2O4], Cobaltviolett [Co3P2O8 und / oder Co3As2O8], Ägyptisch Blau [CaCu(Si4O10)], Smalte [K2CoSi3O8 ]. Lernziele 1. Sie kennen den Aufbau von Übergangsmetallkomplexen. 2. Sie verstehen, weshalb die d-Orbitale im Ligandenfeld in verschiedene Energieniveaus aufgespaltet werden. 3. Sie können Elektronen auf die d-Orbitale verteilen. 4. Sie sind mit einem Prinzip für Farbigkeit vertraut: Elektronenübergänge zwischen d-Orbitalen. 5. Sie können die Einflüsse des Zentralteilchens und der Liganden auf die Grösse der d-d-Aufspaltung abschätzen. 6. Sie kennen ein d-d-Pigment im Detail. 28 Quantenchemie und Pigmente 3.2 3 Elektronenübergänge „an Ort“; d-d-Übergänge Der Aufbau von Übergangsmetallkomplexen Komplexe von Übergangsmetallen sind nach dem folgenden Prinzip gebaut: In der Mitte liegt ein „Zentralteilchen“ (Metallion), das von einer definierten Anzahl „Liganden“ (Moleküle / einfache Ionen / Molekülionen) umgeben wird. Die Bindung zwischen Zentralteilchen und Ligand kommen durch nicht bindende Elektronenpaare der Liganden zustande. Das positiv geladene Zentralteilchen zieht die Elektronenpaare elektrostatisch an. In der Formelschreibweise stehen Komplexe in eckigen Klammern: [Zentralteilchen(Ligand)x]Ladung, z. B. [Cu(NH3)4]2+. Die Liganden in einem Komplex können alle identisch sein, aber auch verschieden. Ihre Anzahl wird als Koordinationszahl bezeichnet. Meistens sind die Zentralteilchen von 6 Liganden symmetrisch umgeben, d. h. die Komplexe sind oktaedrisch aufgebaut. Etliche Komplexe weisen 4 Liganden auf und sind entweder tetraedrisch oder planar gebaut. Es treten auch gestauchte und gestreckte Oktaeder und Tetraeder auf. Welche Geometrie in welchem Fall gewählt wird, hängt davon ab, welcher Zustand der energieärmste ist. Abb. 3.1 Liganden und Zentralteilchen in einem oktaedrischen, tetraedrischen und planarquadratischen Komplex Andere Komplex-Geometrien sind selten und kommen daher in dieser Unterrichtseinheit nicht zur Sprache. 29 Quantenchemie und Pigmente 3 Elektronenübergänge „an Ort“; d-d-Übergänge Abb. 3.2 Drei Beispiele für Komplexe mit oktaedrischer, tetraedrischer und planar-quadratischen Anordnung 3.3 Das Ligandenfeld Geladene Teilchen erzeugen ein elektrisches Feld. Dies gilt auch für die nicht bindenden Elektronenpaare der Liganden, welche für die Bindung zwischen Zentralteilchen und Ligand im Komplex verantwortlich sind. Elektronen sind bekanntlich negativ geladen. Dies bedeutet, dass die Elektronen des Zentralteilchens von den Elektronen der Liganden abgestossen werden, und zwar umso stärker, je kleiner der Abstand zwischen ihnen ist. 3.4 Aufspaltung der d-Orbitale im Ligandenfeld In einem isolierten Ion (Atom) sind die 5 d-Orbitale (Einelektronenwellenfunktionen) entartet, sie haben alle die gleiche Energie. Unterliegen sie aber einem elektrischen Feld, wie es von den Liganden in einem Komplex erzeugt wird, so sind die Elektronen der d-Orbitale (als Aussenelektronen liegen sie am weitesten vom Kern eines Ions entfernt) nicht mehr energetisch gleichwertig. Die Elektronen der Liganden und die d-Elektronen des Zentralions stossen sich gegenseitig ab. Die Energie derjenigen Orbitale, die in den Richtungen der Liganden ihre grösste Ladungsdichte besitzen, wird erhöht, während die von den Liganden weiter entfernten Liganden energieärmer werden. Da sich die Gesamtenergie der d-Orbitale nicht verändert (Energieerhaltungssatz), muss die Summe aus der Energiezunahme und der Energieabnahme gleich null sein. 30 Quantenchemie und Pigmente 3 Elektronenübergänge „an Ort“; d-d-Übergänge Aufspaltung der d-Orbitale im oktaedrischen Komplex: Abb. 3.3 d-Orbitale im oktaedrischen Komplex. Die Liganden sind als Kreise dargestellt Die 6 Liganden nähern sich bei einem oktaedrischen Komplex dem Zentralion in der Richtung der drei Koordinatenachsen, sodass die dx2-y2 und die dz2-Atomorbitale mit den Elektronen der Liganden in viel stärkere Wechselwirkung treten (sie werden stärker durch diese abgestossen) als die dxy-, dxz- und dyz-Atomorbitale. Die Orbitale dx2-y2 und dz2 werden dadurch energiereicher als die Orbitale dxy, dxz und dyz. Die Energiedifferenz wird mit Δo bezeichnet (Delta O; Delta steht für eine Differenz, O für Oktaeder) und hängt von der Stärke des Ligandenfelds ab, d.h. von der Ladung der Liganden, der Grösse des Zentralions und dem Abstand zwischen Zentralion und Liganden. Die ursprüngliche Gleichwertigkeit der 5 d-Orbitale geht damit verloren; diese spalten sich in zwei Gruppen auf, ein Dublett und ein Triplett (Abb. 3.4). Dadurch sind drei Orbitale energieärmer und zwei energiereicher. Der Energieerhaltungssatz muss dabei gewährleistet sein: Die Energie der drei Orbitale des Tripletts erniedrigt sich um je zwei, die des Dubletts erhöht sich um je drei Energieeinheiten (Abb. 3.4). 31 Quantenchemie und Pigmente 3 Elektronenübergänge „an Ort“; d-d-Übergänge Abb. 3.4 Aufspaltung der d-Orbitale im oktaedrischen Ligandenfeld Aufspaltung der d-Orbitale im tetraedrischen und planar-quadratischen Komplex Neben der Koordinationszahl 6 (oktaedrischer Komplex) ist besonders auch die Koordinationszahl 4 (tetraedrische und planar-quadratische Komplexe) weitverbreitet. Bei tetraedrischen Komplexen werden jeweils die Winkel zwischen den Bindungen von den z-, y- und z-Achsen halbiert (Abb. 3.5). Damit liegen die dxy-, dxz- und dyz-Atomorbitale (sie erstrecken sich zwischen den Koordinatenachsen) näher bei den Liganden als die dx2-y2 und dz2-Atomorbitale. In einem tetraedrischen Ligandenfeld spalten darum die d-Orbitale in ein energieärmeres Dublett und ein energiereicheres Triplett auf (Abb. 3.6). Abb. 3.5 Bindungsrichtungen im tetraedrischen Komplex 32 Quantenchemie und Pigmente 3 Elektronenübergänge „an Ort“; d-d-Übergänge Abb. 3.6 Aufspaltung der d-Atomorbitale in einem tetraedrischen bzw. planar-quadratischen Ligandenfeld Im planar-quadratischen Ligandenfeld ist das dx2-y2-Atomorbital am energiereichsten, da es gerade auf die Liganden gerichtet ist. Auch das dxy-Atomorbital ist relativ energiereich, da es sich zwischen den beiden Achsen x und y, und damit in der Ebene des Komplexes erstreckt. Die dxz- und dyz-Atomorbitale, die einen grösseren Abstand zu den Liganden aufweisen, werden von diesen im gleichen Mass beeinflusst; sie sind damit von gleicher Energie (entartet). Dass das dz2-Atomorbital etwas energiereicher ist als die dxz- und dyz-Atomorbitale, ist auf den in der xy-Ebene liegenden „Kragen“ zurückzuführen, welcher eine grössere Abstossung der Liganden ergibt. Planar-quadratischen Komplexe treten vor allem bei den Elektronenbesetzungen d8 und d9 auf. So sind beispielsweise die meisten vierfach koordinierten Nickel(II)- und Platin(II)Komplexe planar-quadratisch gebaut. Beispiele dafür sind [Ni(CN)4]2- und [PtCl4]2- (vgl. auch Abb. 3.2). 3.5 Besetzung der d-Orbitale in einem oktaedrischen Komplex Die Besetzung der Orbitale mit den Elektronen des Zentralteilchens (Ion) eines Komplexes läuft immer nach den gleichen Prinzipien: Energieminimum, Hundsche Regel und PauliPrinzip. Nach dem Energieminimum und der Hundschen Regel werden zunächst die energieärmsten Orbitale und, bei gleich energiereichen Orbitalen, diese zuerst einzeln besetzt. Das Pauli-Prinzip besagt, dass maximal zwei Elektronen in einem Orbital sein dürfen. Wendet man diese drei Prinzipien auf die d-Orbitale eines oktaedrischen Komplexes an, so bedeutet dies, dass zuerst je ein Elektron in das dxy, dyz und dxz-Orbital eingefüllt wird. Das 33 Quantenchemie und Pigmente 3 Elektronenübergänge „an Ort“; d-d-Übergänge vierte Elektron hat zwei Möglichkeiten: Es kann entweder in eines dieser drei (einfach besetzten) Orbitale gehen oder ein energiereicheres d-Orbital (dz2 oder dx2-y2) besetzen. Man trifft beide Fälle an. Im ersten Fall muss die Abstossung zwischen zwei (negativ geladenen) Elektronen, die sich räumlich nahe kommen, im gleichen Orbital überwunden werden, im zweiten Fall die Energiedifferenz Δo. Bei kleinem Δo geht das vierte Elektron eher in ein energiereiches Orbital, bei grossem Δo bevorzugt in ein bereits besetztes energiearmes Orbital. Auch bei 5, 6 und 7 Elektronen sind jeweils zwei verschiedene Elektronenanordnungen realisierbar. Sind hingegen 8, 9 und 10 d-Elektronen vorhanden, so ist nur je eine Anordnung möglich. Es ergeben sich die folgenden Möglichkeiten für die Besetzung der d-Orbitale: dx2-y2, dz2 dx2-y2, dz2 dx2-y2, dz2 dx2-y2, dz2 dxy, dyz, dxz dxy, dyz, dxz dxy, dyz, dxz 1 Elektron 2 Elektronen dx2-y2, dz2 dx2-y2, dz2 dxy, dyz, dxz dxy, dyz, dxz dx2-y2, dz2 dx2-y2, dz2 dxy, dyz, dxz dxy, dyz, dxz dxy, dyz, dxz dxy, dyz, dxz 3 Elektronen 4 Elektronen 4 Elektronen 5 Elektronen 5 Elektronen dx2-y2, dz2 dx2-y2, dz2 dx2-y2, dz2 dx2-y2, dz2 dx2-y2, dz2 dxy, dyz, dxz dxy, dyz, dxz dxy, dyz, dxz 6 Elektronen 6 Elektronen 7 Elektronen dxy, dyz, dxz dxy, dyz, dxz dx2-y2, dz2 7 Elektronen 8 Elektronen 9 Elektronen 10 Elektronen Abb. 3.7 Verteilung der d-Elektronen auf die Orbitale im oktaedrischen Komplex Beispiel: Mn2+ : Im Gegensatz zum Mangan-Atom hat das Mn2+-Ion keine Elektronen im 4s-Orbital. Mangan steht im Periodensystem an fünfter Stelle im d-Block, Das Mn2+-Ion hat also 5 dElektronen. Diese können gemäss Abb. 3.5 auf zwei Arten verteilt sein. 3.6 Elektronenübergänge zwischen d-Orbitalen in einem oktaedrischen Komplex Trifft Licht auf einen oktaedrischen Übergangsmetallkomplex, so wird ein Elektron von einem dxy, dyz oder dxz-Orbital in ein dz2 oder dx2-y2-Orbital verschoben. Die notwendige Energie, die gerade der Ligandenfeldaufspaltung ΔO entspricht, wird aus dem sichtbaren Licht 34 Quantenchemie und Pigmente 3 Elektronenübergänge „an Ort“; d-d-Übergänge absorbiert. Die Farbe der Verbindung entspricht der Komplementärfarbe des absorbierten Lichts. Betrachten wir dazu einige Pigmente: Wie man auf den Periodensystem-Fresken sieht, sind die Übergangsmetalle Chrom, Cobalt und Kupfer in freskobeständigen Pigmenten vertreten. Chrom tritt als dreifach positiv geladenes Ion auf, Cobalt und Kupfer als zweifach positiv geladene Ionen. Nur im Chromgrün ist das Zentralteilchen oktaedrisch von Liganden umgeben, daher besprechen wir diesen Fall. Cr3+ hat drei d-Elektronen, es existiert also nur eine mögliche Anordnung der Elektronen: dx2-y2, dz2 Abb. 3.8 Cr3+-Ion im Grundzustand dxy, dyz, dzx Durch Absorption von Licht geht ein Elektron in ein energiereicheres Orbital über. Im angeregten Zustand sind die drei d-Elektronen des Cr3+-Ions wie folgt verteilt: dx2-y2, dz2 Abb. 3.9 Cr3+-Ion im angeregten Zustand dxy, dyz, dzx 3.7 Der Einfluss der Liganden auf die Lichtabsorption Die Grösse Δo beeinflusst eine Reihe von Eigenschaften wie Lichtabsorption, Stabilität u.a. Sie hängt von verschiedenen Faktoren ab. Wichtig ist zunächst der Einfluss der Liganden. Liganden mit relativ grosser negativer Ladung oder mit kleinem Radius werden eher eine grosse Aufspaltung bewirken, denn besonders im letzteren Fall können sie sich dem Metallion stärker nähern und vermögen damit die d-AO stärker zu beeinflussen. Auch Liganden mit einzelnen freien Elektronenpaaren (wie etwa das Ammoniak-Molekül), die dadurch negative Ladung gewissermassen direkt auf das Zentralteilchen hin richten, bewirken eine stärkere Aufspaltung. Dies führt zu einer Verschiebung der Lichtabsorption nach kürzeren Wellenlängen (energiereicheren Strahlen). 35 Quantenchemie und Pigmente 3 Elektronenübergänge „an Ort“; d-d-Übergänge Bekannte Beispiele für die Veränderung der Lichtabsorption beim Ersatz einer Ligandenart durch andere sind die Bildung der Amminkomplexe von Nickel(II) bzw. Kupfer(II) beim Versetzen von Ni2+(aq)- bzw. Cu2+(aq)-Lösungen mit Ammoniak, wobei die Bezeichnung (aq) für die Gesamtheit der Liganden (Wasser-Moleküle) im Aquakomplex steht. Aus den grünen bzw. grünblauen Lösungen, welche die Aquakomplexe enthalten, entstehen blaue bzw. tiefblaue Amminkomplexe. Die maximalen Absorptionen verschieben sich dabei in das kürzerwellige Gebiet, da in den Amminkomplexen das Ligandenfeld stärker und damit Δo grösser wird (aufgrund der geringeren EN des N- im Vergleich zum O-Atom sind die freien Elektronenpaare beim N-Atom voluminöser und können sich damit stärker den d-Elektronen des Zentralteilchens nähern (Abb. 3.10). Abb. 3.10 Absorptionsspektren verschiedener Cu(II)-Komplexe (auf der Abszisse ist die Wellenzahl angegeben, d.h. die Anzahl Schwingungen, die das Licht auf einer Wegstrecke von 1 cm ausführt. Zeichen: ~ ν Einheit: cm-1) 3.8 Experimente zum Einfluss der Liganden auf die Farbe eines Komplexes Arbeitsmaterialien: Geräte: Reagenzgläser, Reagenzglasständer, Spatel, Tropfpipette mit Gummisauger, Vortex („Reagenzglasschüttler“) 36 Quantenchemie und Pigmente 3 Elektronenübergänge „an Ort“; d-d-Übergänge Chemikalien: Ammoniak, ω(NH3) = ca. 10 %, (reizend, Xi), Ammoniak, ω(NH3) = 25 % (ätzend, C) Ammoniumthyocyanat (Ammoniumrhodanid), NH4SCN(s), (gesundheitsschädlich, Xn), Cobalt(II)-chlorid-Lösung, c(CoCl2) = ca. 0,5 mol⋅L-1, Eisen(III)-chlorid-Lösung, c(FeCl3) = ca. 0,5 mol⋅L-1, Kaliumhexacyanoferrat(II), K4[Fe(CN)6](s), Kaliumthiocyanat (Kaliumrhodanid), KSCN(s), Kupfer(II)-chlorid-Lösung, c(CuCl2) = ca. 0,5 mol⋅L-1, Natriumnitrit, NaNO2(s), (giftig, T), Nickel(II)-chlorid-Lösung, c(NiCl2) = ca. 0,5 mol⋅L-1, (gesundheitsschädlich, Xn), konz. Salzsäure, ω(HCl) = 25 %, (ätzend, C), dest. Wasser Sicherheitsvorschriften: Labormantel und Schutzbrille tragen und die gesundheitsschädlichen Stoffe nicht mit der Hand berühren; die Dämpfe der Ammoniak-Lösung nicht einatmen (Abzug). Versuchsdauer: ca. 20 Minuten Durchführung: Als Ausgangsstoffe dienen immer Lösungen von Chloriden verschiedener Übergangsmetalle. In den Reagenzgläsern 1 bis 4 sind Cobalt-, 5 bis 7 Kupfer-, RGs 9 bis 11 Nickel- und 12 bis 14 Eisenkomplexe. Je nach der Art der Liganden wechselt die Farbe des Metallkomplexes. Als Ausgangsmengen genügt je 1 mL pro Reagenzglas vollständig. Nummer des Reaktionsvorschrift Reagenzglases beobachtete Formel des Komplex- Farbe ions rotviolett [Co(H2O)6]2+ 1 Cobalt(II)-chlorid(aq) 2 Tropfenweise Zugabe von konz. Salzsäure blau zur Cobalt(II)-chlorid-Lösung bis sich die Farbe nicht mehr ändert Zugabe von 1 bis 2 Spatelspitzen Natrirot umnitrit zur Cobalt(II)-chlorid-Lösung. Vortex 3 37 [Co(Cl)4]2[Co(NO2)6]4- Quantenchemie und Pigmente 3 Elektronenübergänge „an Ort“; d-d-Übergänge 4 Zugabe von 2 bis 3 Spatelspitzen Kaliumthiocyanat zur Cobalt(II)-chlorid-Lösung. Vortex violett [Co(SCN)4]2- 5 Kupfer(II)-chlorid(aq) hellblau [Cu(H2O)4]2+ 6 Zugabe von etwa 1 mL konz. Salzsäure zur grün [Cu(Cl)4]2- Kupfer(II)-chlorid-Lösung 7 Tropfenweise Zugabe von Ammoniakdunkelblau Lösung zur Ausgangslösung. Das anfänglich gebildete schwer lösliche Kupfer(II)hydroxid löst sich bei weiterer Zugabe von Ammoniak-Löung auf [Cu(NH3)4]2+ 8 Nickel(II)-chlorid-Lösung grün [Ni(H2O)6]2+ 9 Zugabe von wenigen Tropfen konz. Ammoniak-Lösung zur Nickel(II)-Lösung; Vortex; neben der türkisfarbenen Lösung ist auch ein Niederschlag von Ni(OH)2 zu beobachten Zugabe einer vollen Tropfpipette konz. Ammoniak-Lösung zur Nickel(II)-Lösung türkis Je nach der Menge zugegebener AmmoniakLösung sind folgende Zwischenstufen möglich: [Ni(H2O)x(NH3)y]2+ x = 6 bis 1; y = 6-x 10 blau 11 Zugabe von mehreren Tropfpipetten konz. schwach vio- [Ni(NH3)6]2+ Ammoniak-Lösung zur Nickel(II)-Lösung lett 12 Eisen(III)-chlorid-Lösung 13 Zugabe einiger Kristalle Ammoniumthio- rot cyanat zur Eisen(III)-Lösung Zugabe von Kaliumhexacyanoferrat(II) zur Eisen(III)-Lösung; es erfolgt eine Fällung von Berliner Blau 14 3.9 gelb [Fe(H2O)6]3+ [Fe(SCN)4]3+ Fe(III)4[Fe(II)(CN)6]3 Zusammenfassung - Komplexe sind aus einem Zentralteilchen (z.B. Übergangsmetallionen) und einer bestimmten Anzahl Liganden (Moleküle / Ionen) aufgebaut. - Die Anzahl der Liganden in einem Komplex heisst Koordinationszahl, die häufigsten Koordinationszahlen sind 6 und 4. Am meisten treten in Komplexen Oktaeder, Tetraeder und planar-quadratischen Anordnung auf. - Die Liganden verursachen ein elektrisches Feld, welches die Energie der d-Orbitale der Metallionen beeinflusst: Die direkt gegen die Liganden gerichteten Orbitale werden energiereicher, die anderen energieärmer. Der Energieunterschied zwischen den d-Orbitalen ist die Ligandenfeldaufspaltung, die in oktaedrischen Komplexen mit Δo abgekürzt wird. Die Grös38 Quantenchemie und Pigmente 3 Elektronenübergänge „an Ort“; d-d-Übergänge se der Ligandenfeldaufspaltung ist abhängig von der Ladung des Zentralteilchens und dem Einfluss der Liganden. - Energetische Anordnung der d-Orbitale im oktaedrischen Komplex (von energiereich nach energiearm: dx2-y2 und dz2; dxy, dxz und dyz). - Energetische Anordnung der d-Orbitale im tetraedrischen Komplex (von energiereich nach energiearm: dxy, dxz und dyz; dx2-y2 und dz2). - Energetische Anordnung der d-Orbitale im planar-quadratischen Komplex (von energiereich nach energiearm: dx2-y2; dxy; dz2; dxz und dyz). - Die Verteilung der Elektronen in den d-Orbitalen erfolgt gemäss Pauli-Prinzip (maximal 2 Elektronen pro Orbital) und Hundscher Regel (Orbitale mit gleicher Energie werden zunächst einzeln besetzt). Es gilt das Energieminimum. - Viele Übergangsmetallkomplex-Verbindungen sind farbig, da sie Licht aus dem sichtbaren Spektrum absorbieren und das remittierte Restlicht beim Betrachter einen Farbeindruck erweckt. Durch Lichtabsorption geht ein Elektron aus einem energiearmen d-Orbital in ein energiereiches d-Orbital über. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein derartiger Elektronenübergang stattfindet, ist relativ klein, daher sind viele Pigmente nicht sehr farbstark (z. B. Ägyptisch Blau). 3.10 Übungen mit Lösungen zum Kapitel 3 Übungen A 3.1 a) Welche Koordinationszahlen haben die drei in Abb. 3.2 dargestellten Komplexe? b) Wie gross ist jeweils die Ladung des Zentralteilchens? (Liganden: NO2-, OH-, NH3; die Gesamtladung des Komplexes ist in Abb. 3.2 angegeben) c) Was bedeutet die Formel [CoCl6]4-? A 3.2 Zeichnen Sie entsprechend der Abb. 3.7 die möglichen Elektronenanordnungen der folgenden Ionen: Co2+, Ti4+, Ni2+, Fe2+, Fe3+, Zn2+. A 3.3 Warum treten in Zinkweiss, ZnO, keine d-d-Übergänge auf? A 3.4 Eisen bildet sowohl zweifach- als auch dreifach positiv geladene Ionen. Zeichnen Sie für beide Ionen Diagramme, die die jeweils mögliche Verteilung der d-Elektronen für den Grund- und angeregten Zustand wiedergeben. Berücksichtigen Sie dabei, dass bei der gegebenen Anzahl d-Elektronen im Grundzustand verschiedene Elektronenverteilungen möglich sind! 39 Quantenchemie und Pigmente 3 Elektronenübergänge „an Ort“; d-d-Übergänge A 3.5 Vergleichen Sie die Absorptionsmaxima und die Ligandenfeldaufspaltung der „Kupferpigmente“ Grünspan und Ägyptisch Blau. A 3.6 Schätzen Sie die Wellenlängen der Absorptionsmaxima der verschiedenen „Cobaltpigmente“ und ordnen Sie diese Pigmente nach der Stärke der Ligandenfeldaufspaltung. Lösungen A 3.1 a) 6, 4, 4 b) Co3+, Cd2+, Pt2+ c) Der Komplex ist aus einem Cobalt-Ion als Zentralteilchen und sechs Chlorid-Ionen als Liganden aufgebaut. Da der Komplex vierfach negativ geladen ist und jedes Chlorid-Ion eine negative Ladung trägt (total 6-), beträgt die Ladung des Zentralteilchens 2+ (Co2+). A 3.2 Co2+ hat 7 d-Elektronen. Ti4+ hat kein d-Elektron. Ni2+ hat 8 d-Elektronen. Fe2+ hat 6 d-Elektronen. Fe3+ hat 5 d-Elektronen. Zn2+ hat 10 d-Elektronen. Elektronenanordnung vgl. Abb. 3.7. A 3.3 Im Zinkweiss liegen Oxid- (O2-) und Zink-Ionen (Zn2+) auf. Die Zink-Ionen haben 10 d-Elektronen, alle d-Orbitale sind vollständig besetzt. Daher kann kein Elektronenübergang erfolgen. A 3.4 Fe2+: 6 d-Elektronen. dx2-y2, dz2 dx2-y2, dz2 dx2-y2, dz2 dx2-y2, dz2 dxy, dyz, dxz dxy, dyz, dxz dxy, dyz, dxz dxy, dyz, dxz Angeregter Zustand Grundzustand Angeregter Zustand Grundzustand Fe3+: 5 d-Elektronen. dx2-y2, dz2 dx2-y2, dz2 dx2-y2, dz2 dx2-y2, dz2 dxy, dyz, dzx dxy, dyz, dxz dxy, dyz, dxy, dyz, Grundzustand Angeregter Zustand Grundzustand 40 Angeregter Zustand Quantenchemie und Pigmente 3 Elektronenübergänge „an Ort“; d-d-Übergänge A 3.5 Ägyptisch Blau absorbiert oranges Licht, Grünspan rotes Licht. Rotes Licht ist energieärmer als oranges Licht, also ist die Ligandenfeldaufspaltung im Grünspan kleiner als im Ägyptisch Blau. A 3.6 Cobalthaltige Pigmente: Cobaltgrün, Smalte, Cobaltblau. Cobaltgrün absorbiert rot, Smalte und Cobaltblau absorbieren oranges Licht. Die Ligandenfeldaufspaltung ist im Cobaltgrün am kleinsten. 41