2.5 Oberflächenspannung. Grenztlächenspannung 73 bei zunehmender Belastung F. - 4) Man messe x bei abnehmender Belastung F. 5) Zur Auswertung trage man x in Abhängigkeit von F auf und/oder verfahre na,ch Abschn. 1.2.10. Bei nicht zu starker maximaler Belastung sollen sich die Diagramme bei zu- und abnehmendem F nicht merklich unterscheiden. Man bestimme E aus dem Mittel der Steigungen der heiden Geraden, die man durch die "zunehmenden" und die "abn.ehmenden" Meßpunkte legt. Nach GI. (2.53) ist bei vorgegebener Belastung die Durchbiegung eines Balkens abhängig von der Richtung der Kraft relativ zum Querschnitt des Balkens. Zum Vergleich untersuche man die heiden für die Praxis bedeutsamsten Fälle, indem man den Balken einmal mit der breiten und einmal mit der schmalen Seite auf die Schneiden auflegt. 2.5 Oberflächenspannung. Grenzßächenspannung 2.5.0 Grundlagen Zwischen den Molekülen einer Flüssigkeit wirken Kräfte, die mit dem Abstand sebr schnell abklingen (Potentielle Energie der van.der Waals-Kräfte proportional.r- 6 ), so daß zur resultierenden Kraft auf ein herausgegriffenes Molekül nur die nächsten Nachbarn innerhalb einer Art "Reichweite L der Kraft" beitragen. Im Innern der Flüssigkeit (A in Fig. 2.21) ist wegen der allseitig gleichen Umgebung des Moleküls die Resultierende Null, in einer "Grenzschicht" (Fig. 2.22) ist das herausgegriffene Molekül nich t mehr allseitig von anderen Molekülen umgeben • • • A b· 3A 4 At(!) • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • •A d• • • • • • • • eA e~t e • • • • • • • • • • • • • • A C • • • • • • • • • • • • • • • • • • •• • • • • • Fig.2.21 "Oberfläche" einer Flüssigkeit. Kräfte auf verschiedene Moleküle. L = "Reichweite" der MoJekülkräfte. Es sind nur die Mittelpunkte der Moleküle gezeichnet. Die Pfeile stellen nur die auf das herausgegriffene Molekül wirkenden Anziehungskräfte der Umgebung dar; ihnen wird durch gleich große Abstoßungskräfte das Gleichgewicht gehalten. 74 2 Mechanik und Akustik . so daß z.8. auf ein Oberflächenmolekül (B in Fig. 2.21 nur noch ms Innere der Flüssigkeit weisende Kräfte, insgesamt eine nach innen gerichtete Resultierende R wirken. Die Resultierende ist in der äußeren Molekülschicht Q)(Fig. 2.21).am größten und nimmt nach innen für Moleküle der Schichten ~, Q) usw. in wenigen Schichten praktisch auf Null ab. Denken wir uns an der Stelle 1 in Fig. 2.21 parallel zur Oberfläche eine Fläche Ä. eingeschoben, so werden die übe r A liegenden Moleküle der Schicht 1 mit einer Gesamtkraft R 1 nach innen gezogen, die u n te r A liegenden Moleküle drücken mit der gleichen Kraft - R 1 nach oben (Gleichgewicht!). Im Querschnitt Ä. an der Stelle 1 herrscht also eine Druckspannung (Druck) Pl. = Zugspannung (11 = R1/A. An der Stelle 2 lasten auf A die Kräfte R 1 + R 2 der darüberliegenden Schichten, an der Stelle 2 ist dementsprechend p 1. = (f1. = (R 1 + R1,.)!A usw. Der Druck = Zug steigt also ins Innere der Flüssigkeit hinein nach Fig. 2.22, Kurve I an, bis er nach Durchschreiten der Grenzschicht konstant gleich Pi wird. 1 Dampf + Luft Oder 60S Inneres der flüssigkeIt A·~ Isatro Fig.2.22 Grenzschicht zwischen Flüssigkeit und eigenem Dampf und Gas (Luft) Dicke der Grenzschicht ~ Reichweite der Molekülkräfte Kurve I Zugspannung = Druck in einer Schnittfläche parallel zur Oberfläche (Kraft 1. Oberfläche) Kurve n Zugspannung = Druck in einer Schnittfläche senkrecht zur Oberfläche (Kraft 11 Oberfläche). Im Innem der Flüssigkeit ist Zug = Druck in allen Schnittricbtungen gleich fmdet man Druck bzw. Zug in irgendeinem Querschnitt dadurch daß man den Körper auseinanderschneidet, die durch die Schnittfläche A hindurchgehenden Kräfte Fermittelt und den Quotienten F/A bildet. Wendet man dieses Verfahr,e n auf das Innere der Flüssigkeit an, so sieht man, daß im InDern der Flüssigkeit diese Kräfte unabhängigvon der Schnittrichtung sind. Für jede Schnittrichtung ergibt ich daher der gleiche Druck = Zug, im Flüssigkeitsinneren ist der Druck "allseitig" (isotrop). Auch in einer Schnittfläche A senkrecht zur Oberfläche an der Stelle d in Fig.2.21 ist der Druck = Zug gleich dem isotropen Innendruck Pi = (Ti. Geht man aber unter Beibehaltung der Richtung von A über die Stellen c, b nach a, so siebt man, daß bei a links und rechts von A nur noch die halbe Anzahl der Moleküle vorhanden ist wie an der Stelle d, weil im oberen Halbraum (Dampfraum) die Moleküle fehlen (die wenigen Dampfmoleküle liefern wegen der geringen Kraftreicbweite L praktisch einen Beitrag). Daher ist an der Stelle a die parallel zur Oberfläche durch A gehende Kraft halb so groß wie im Inneren (Stelle d) und daher der zur Oberfläche parallele Druc = ZugplI = (111 =pd2 (Fig. 2.22, Kurve 11), während Pol = (J .l = 0 ist (Kurve 1). In der Grenzschicht ist also der Druck nicht isotrop, sondern richtungsabhängig, man sagt, er sei ein Tensor es ist Pli = (711 > Pol = t1.l . Die Resultierende aller überschüssigen Zugspannungen 0"" - 0"1 über die ganze Dicke d der Grenzschicht genommen bildet UD 2.5 Oberflächenspannung. Grenzflächenspannung 75 ,eine in der 'G renzschicht wirkende Kraft S, die Grenzschicht liegt daher wie eine gespannte Haut über dem Flüssigkeitsinn.eren. Für eine Grenzfläche zwischen zwei Flüssigkeiten sind di Verhältnis ganz ähnlich, sie sind in Fig. 223 dargesteIlL Denkt man SifCh die Grenzschicht senkr,e cht zur Oberfläche auf einer .Länge I' auseinandergeschnitten so muß man an jeder Schnittfläche zur 'HersteUung des Gleichgewichts eine Zugkraft S, a bringen. Die Größe Zugkraft durch Länge des Schnitts (der Oberfläche bzw. Grenzfläche) nennt man Oberflächenspannung bzw. Grenzflächenspaonung Sl 1-~ - I (2.72) . Sie ist star ' on derTemperatur abhängig. Wegen ,d er senkrecht zur 'Oberfläche auf die Grenzschichtmoleküle wirkenden Kräfte muß Arbeit verrichtet werden, wenn Moleküle in die Oberfläche bzw. Grenzfläche gebracht, diese also vergröß1ert werden soll. Ist zur B.i ldung einer neuen Oberfläche AA die Energie IlE erforderlich, so nennt man den Quotienten I I1E 1'=- (2.73 AA die Oberfläc enenergiedicbte bzw. Grenzfläcbene ergiedichte; sie ist identisch mit der Oberflächenspannung bzw. Grenzflä.chenspannung. Dies erkennt man auch aus dem Dimensionsvergleich Kraft/ Länge = Energie/Fläche. fig .. 2.D Grenzschicht zwischen zwei Flüssigkeiten PI1 - LI,! An einer Grenzfläche Flüssigkeit/Festkörper sind Kräfte zwischen den Flüssigkeits· molekülen und den Festkörpermolekülen wirksam. Sind diese viel g.r ößer ,als die Kräfte zwischen den Flüssigkeitsmolekülen, so benetzt die Flüssigkeit die Wand, sie breitet sich über die ganze Festkörperoberfläche aUS. 2.5.1 ·timmung Oberftäc eospannung . 2.5.1.0 Methode Zur Messung der Oberflächen- oder Grenzflächenspannun,g dient die in Fig..2.24a dargestellte Anordnung. Ein Ring VOßl Durchmesser 2R, mit scharfer Schneide, der an einer Federwaage hängt, ist von der Flüssigkeit, deren. Ober Rächenspannung gemessen werden soll, vollständig benetzt so daß an der Schneide ein zylindrischer Aüssigkeitsfdm vom mittleren Dmcmnesser 2 R (Dicke sehr klein gegen 2R) hängt. Zur AufsteUung der 'Gleichgewiehtsbedingung den en wir uns den 76 2 Mechanik und Akustik lüssigkeitszylinder in der Ebene C - C aufgeschnitten und bringen an der oberen Schnittfläche die vor dem Aufschneiden vorhandenen inneren Spannungen als äußere räfle an (Fig. 2.24d). Der Flüssigkeitsfilm hat 2 Grenzschichten der Länge 21t~ 0 daß die Gleichgewichtsbedingung in der Senkrechten F= 2· 21CRy = Fw - GA (2.74) lautet wobei GA die mit der Federwaage gemessene Gewichtskraft des Aluminiumring und Fw die Anzeige der Federwaage im Versuch bedeutet. A c-dl b}- - - - - Fig. 2.24 a) Anordnung zur ung der Oberflächenspannung bzw_Grenzflächenspannung na b der breißmethode FW Federwaage' H benetzende Flüssigkeitshaut . A Aluminiumring b) Einschnürung der Lamelle c) Messung der Grenzflächenspannung d) Darstellung der FJü igkeitsJameUe mit ihren zwei Grenzschichten (vgl. Fig. 2.22) 1.5.1.1 Gang des Versuchs und Auswertung 1) Man reinige den Ring mechanisch heuersand) und chemisch (Entfettung). - 2) Man be timme das Gewicht de Ring mehrfach, indem man immer wieder das Gleichgewicht der Waage stört und 'e neu einpendeln läßt. - 3 Man tauche den Ring tief in die Flüssigkeit 0 daß er gut ben tzt ist. Beim langsamen, ruckfreien Heben der Federwaage bildet 'ch eine zylindrische Flüssigkeitslamelle zwischen Ring und Flü jgkeitsoberfläche, die hließlich breißt. Di unmittelbar vor dem Abreißen angezeigte Kraft F, wird • abgelesen. - 4 Man berechne die Oberflächenspannung nach GI. (2.74 . - 5) Man timme die Oberflächenspannung in Abhängigkeit von der Temperatur indem man d Gefä B in ein asserbad setzt und die Temperatur der Meßßüssig eit bestimmt, - 6 Man trage 'i auf und verlängere (Gerade!) bis zum Schnittpunkt mit der Thnittpunkt bei T, . - 7) an bestimme die Grenzfläcb pannun chJor ohl n tofI asser nach Fig. 2.24c indem man in das Gefäß B erst Ce]. 'bt da r darüber schichtet und den Ring A i die Grenzfläch u hl. Dabei hte man daß so viel asser in B über dem CCl 4 i t daß der D b' zum Abreißen unter Wasser bleibt (Auftrieb!). - 8 Man be timme den u rieb A und berechne die Grenzflächenspannung nach der Gleichung n 1" = (Herleitung !) F, -A -GA lCR 2.75 2.5 Oberflächenspannung. Grenzflächenspannung 77 2.5.1.2 Anmerkung Bei Flüssigkeiten mit geringer Oberflächenspannung läßt sich die Lamelle sehr weit ausziehen. Sie hat dann keine zylindrische Form mehr, sondern schnürt sich ein (Fig. 2.24b) und reißt an der Stelle mit dem kleinsten Umfang~ In GI. (2.74) ist für 21tR nicht der Schneidenumfang sondern der Umfang der Lamelle an der engsten Stelle einzusetzen. Eine exakte Auswertung ist dann kompliziert. 2.5.2 Bestimmung der Oberflächeospaonung aus der kapillaren Steigböhe 2.5.2.0 Methode Taucht man eine Kapillare vom Durchmesser 2r in eine Flüssigkeit der Dichte (J, so da.ß sie ganz von dieser benetzt ist, so steigt diese in der KapiUare bis zu einer Höhe h boch. In Fig. 2.25a ist die benetzende Flüssig~eitsschicht übertrieben dick gezeichnet. Die Flüssigkeitssäule h hat die Gewichtskraft G = Q Vg = (J1tr 2 hg (2.76) und hängt nach Fig. 2.25 b an einer ringförmigen Lamelle, die im Schnitt C- C die Kraft (2.77) S=y2xr c--· ·-c überträgt. Aus GI. (2.76) und (2.77) folgt 1 Y="2(!grh. (2.78) Die Bestimmung von y erfordert also eine Messung von r und h. b) c-· -c Fig. 2.25 Bestimmung der Oberflächenspannung aus der Steigböhe a) voUständig benetzte Kapillare b) Schnitt durch die Flüssigkeitsgrenzsehicht, an der die Flüssigkeitssäule der Höhe h hängt 0)""------- 1.5.2.1 M g des Radius der Kapillare 1) Auf ein gut gereinigtes, trockenes Kapillarrohr setze man an einem Ende einen Gummischlauch mit Quetschhahn auf. - 2) Man sauge durch das andere Ende der Kapillare etwas Quecksilber, so daß ein Quecksilberfaden der Länge I (einige cm) in der Kapillare steht. - 3) Man messe I mit einem Glasmaßstab mit mm-Einteilung (Mittelwert aus mehreren Messungen bilden). - 4) Um zu prüfen, ob die Kapillare überall den gleichen Radius hat, führe man die Messungen an mehreren Stellen des Rohres durch. Differieren die Meßwerte rür I nur innerhalb der Ableseunsicherheit, dann ist die Kapillare für diesen Versuch als hinreichend. gleichmäßig anzusehen. - 5) Man wäge das eingesaugte Quecksilber mit einer Unsi.cherheit !J.m < + 1 mg (Masse m). ~ 6,) Man. berechne I' aus, dem Volumen des Quecksilbers. Dazu nehme man zylindrische P,o rm des ·F adensan. Dann ist V=7tr 2 1= m!ilHg, woraus folgt: m r = (. 1[. / "Hg )1 /2 . (2.79) 78 2 Mechanik und Akustik 2.5.2.2 Messung der Steighöbe h 1) Man reIm ge die Kapillare so:rgfältig mit Chromschwefelsäure und destilliertem Wasser, da selbst geringftigige Fettspuren die Benetzung verhindern können. - 2) Das gereinigte Röhrchen lege man in die Meßflüssigkeit und warte bis die Kapillare vollständig und blasenfrei gefüllt ist. - 3) Man stelle die innen vollständig benetzte Kapillare senkrecht in die Flüssigkeit und sauge etwas an, damit sich der Gleichgewichtszustand von oben her einstellen kann. - 4) Zur Bestimmung von h lege man einen Maßstab mit mm-Einteilung willkürlich an und lese die Stellung des Meniskus in der Kapillare und die der Flüssigkeitsoberfläche ab. Die Differenz heider Werte ergibt h (Mittelwert aus mehreren Messungen bilden). - 5) Man bestimme die Temperatur, bei der)' gemessen worden ist. 1.5.2..3 Me80nsicherbeit Aus GI. (2.78) und GI. (2.79) ftndet man y= 1 2;;' I!ghJleHg m . (2.80) ieht man Cl innerhalb der zu erwartenden Temperaturschwankungen als hinreichend konstant an, dann sind m, I und h die mit Meßfehlern behafteten Größen. Für die relative Meßunsicherheit gilt dann nach Abschn. 1.2.8 Ay Mt Y h 1 Am 2m 1 AI 2" -=-+--+-2.6 Dynamische Viskosität 1 ) 2.6.0 Grundlagen Bewegt sich ein fester Körper mit der Geschwindigkeit v durch eine ruhende Flüssigkeit, dann ist im allgemeinen zur Aufrechterhaltung der Bewegung eine Kraft FR erforderlich, die von der Größe und Form des Körpers und einer Eigenschaft der Flüssigkeit, der dynamischen Viskosi tät tt, abhängt. Die Kraft FR läßt sich durch folgende Modellvorstellung deuten: in einer laminaren Strömung haftet die den bewegten Körper umgebende Flüssigkeitsschicht an der Körperoberfläche und bewegt sich mit dem Körper fort. Die weit entfernten Schichten der Flüssigkeit bleiben hingegen in Ruhe. Der Bereich,.in dem sich der kontinuierliche Übergang von Mitbewegung zur Ruhe vollzieht, heißt Grenzschich 1. Der darin bestehende Geschwindigkeitsgradient dv/dx ist mit einer Schubspannung T in der Flüssigkeit verknüpft, die als Reibung zweier Flüssigkeitsschichten mit verschiedenen Geschwindigkeiten gedeutet werden kann. Alle von außen zugeführte Energie wird in Wärme umgewandelt. Nach Wegfall der Kraft kommen der Körper und die Flüssigkeit in der renzschicht wieder zur Ruhe. I) Das frUher gebräuchliche Wort ,zähigkeit" .ist durch das Wort "dynamische Viskosotäe' ersetzt worden. 2.,6 Dynamische Viskosität 79 Entsprechend dieser Modellvorstellung definiert man die dynamische Viskosität durch die Gleichung dv 1: = 11 ctx= . (2.82) " ist Hit viele Flüssigkeiten eine Stoffkonstante, die nur von Temperatur und Druck abhängt. Steigert man v so tritt im allgemeinen beim Überschreiten eines kritischen Wertes Dtril ein weiterer Anteil zu FR hinzu: Bei Bewegung des Körpers wird die Flüssigkeit in der Grenzschicht beschleunigt und in wirbelnde Bewegung (turbulente Strömung) versetzt. Die von außen zugeführte Energie geht dann zum Teil in kinetische Energie der Flüssigkeit über. Zur Messung von 11 ist es daher notwendig, im Bereich v< Viterit zu arbeiten. Es empfiehlt sicb sogar, weit unterhalb des kritischen Bereichs zu bleiben t da in der Nähe von Vkril statistische Schwankungen zu zufälligen Störungen führen können. Analoge Betrachtungen gelten für strömende Flüssigkeiu ten um "ruhende Körper. Im folgenden sollen zwei für die Praxis bedeutsame Beispiele betrachtet werden. 2.6.0.1 Strömung um eine Kugel. Gesetz von Stokes Eine Kugel vom Radius r dem Volumen Vo und der Masse mo falle in einem mit Flüssigkeit der dynamischen Viskosität 110 gefUllten, senkrecht stehenden Glasrohr vom Radius R. In der Flüssigkeit wirken auf die bewegte Kugel drei Kräfte: die Gewichtskraft G = m og, die Au ftriebsk raft A = OA Vo g und die Reibungskraft FR. Die Geschwindigkeit v verändert sich so lange, bis sich bei der Geschwindigkeit V o ein Gleichgewicht der Kräfte eingestellt hat, in dem die Summe der Kräfte verschwindet. Da FR und A nach oben, G nach unten wirken, gilt im Gleichgewichtszustand für die Beträge (2.83) FR+A -G=O. Die Reibungskraft FR berechnet sich für sehr kl ,e ine Gesch windigkei.ten in einer unendlich ausgedehnten Flüssigkeit nach dem Gesetz von Stokes (2.84) Endliche Gefäßdimensionen können in erster Näherung (r ~ R. r ~ H. Fig.2.29) durch die Ladenburg-Korrekturen A. berücksichtigt werden : A = AR . AH = (1 + 2.1 rl R) (1 + 3.3 rl H) . (2.85) Siehe auch die Anmerkung auf S. 384. Setzt man GI. (2.84) bzw. (2.85) in GI. (2.83) ein und formt um, so erhält man rür die dynamische Vis~osität bzw. '10 = (mo - V o QFJg 1 6n rv o ). (2.86) 2.6.0.2 Strömung durch enge Röbreo Eine Kapillare vom Radius r und der Länge I werde von einer Flüssigkeit der Dichte 0 und der dynamischen Viskosität 7J 80 2 Mechanik und Akustik durchflossen. Zwischen den Enden der Kapillare herrsche die Druc differenz (Pl - Pt)· Die sich im Gleichgewicht einstellende Geschwindigkeit verteilung ist in Fig. 2.26 dargestellt. Die Länge der pfeile ist proportional der Geschwindigkeit. Die Flü ig eitsschicht. die an der Kapillarwand hafte~ ist in Ruhe. Die Gesch indigkeit nimmt zur Mitte der Kapillare hin zu und erreicht dort ihr Maximum. Eine genauere Betrachtung zeigt, daß die Verbindungslinie der Pfeilspitzen eine Parabel zweiter Ordnung ist, deren Scheitel in der Achse liegt. Das bedeutet~ daß die Schichten gleicher Geschwindigkeit koaxiale ZYlindrische Röhren sind. ~ . . - -- :::::r.... ~ .~ T .- . --.- Fig.2.26 oeschwindigkeitsprofil einer laminaren Strömung durch ein zylindrisches Rohr . :/ Die Votum-Stromstärke ( :::: Volumen/Zeit) der Flüssigkeit durch eine solche Kapillare wird durch das Hagen-Poiseujlle~Gesetz 1= L\V :::::~,4(p2 -PI) !J.t 8,,1 -. (2.87) gegeben. Steht die Röhre senkrecht, sO wird die Druckdifferenz durch den Schweredruck der Flüssigkeit Pl - PI ::::: ggh (2.88) erzeu~ wobei h die gesamte Flüssigkeitshöhe (nicht nur die Länge der Kapillare, w rum?) ist. Aus GI. (2.87) und GI. (2.88) errechnet man für die dynamische i ko ität die BeziehUng ,,= n,4 g I Vg hAt = a eh t (2.89) in der a und gegebenenfalls auch ah APparatekonstante sind. 26.1 g der dynamiscJlell Viskosität nach Hagen-Poiseuille 26.1.0 ethode Zur Messung der dynamischen ViskO ität nach Gl. (2.87) dient die in Fig. 2 27 dargestellte Anordnung. An das obere Ende einer Kapillare K die unten in emem Rohr R mündet ist ein kugelförmlges Gefäß GI angesetzt dessen oberer und unterer Rohran tz die Marken MI und M 2 tragen. Der obere Rohransatz ist durch n Hahn H e hließbar. Zur es Ung füUt man GI KR bis übe r MI mit der Meßflü ig eit Und Illißt die Zeit Ät, die zWiSChen den Durchgängen des Flü ig eit pieg I durch I und 2 vergeht. In dieser Anordnung ist die Höhe h der Fl igkei - äule während de Ver uch nicht konstant. Sie ist deshalb durch eine mittlere Höhe" ZU ersetzen die [Jlan in fOlgender Weise bestimlllt. Vor der Dur hflußm ung teht der obere FlüSSigkeitsspiegeJ ein wenig über M. 1; man roe se mit einem Maßstab mit Millulleterteilung den Abstand h' Von MI zur Flüssigkeits- 2.6 Dynamische Viskosität 81 oberfläche 0 1 in G 2' Nach der Durchflußmessung messe man den Abstand 12" von M z bis 2 , Dann ist h = (h' + h")j2. Das untere Ende von R muß während des Versuchs in die Flüssigkeit tauchen, da sich sonst Tropfen bilden, deren Oberflächenspannung eine Venninderung deT DruckditTerenz bewirkt. Für zwei F~üssigkejten, die durch den Index. 1. und 2 gekennzeichnet werden sollen, gilt bei gleichem AV (M I ' ... , M 2) nach 01. (2.89) ° 'h ~I 'h = 'O l Ir) At .. ii 2 A1 2 ' (2.90) Wählt man die Versuchsbedingungen so, daß h1 = einfachere Beziehung h2 ist, so geht GI. (2.90) in die (2.91) über, Das Verhältnis tl /(! = v nennt man die kinematische Viskosität. R Fig. 2.27 ViskOsimeter zur Bestimmung der dynamischen Viskosität nach Hagen-Po i seuille GI kugelförmiges Gefäß am oberen Ende der Kapillare K ~ O 2 AuJTanggefäß,; H Hahn; Tb Thermometer Bedingung für einwandfreie Ergebnisse ist Sauberkeit der Kapillare, der Flüssigkeit und der benutzten Geräße. Beim Wechsel der Flüssigkeit müssen daher die Reste der alten Flüssigkeit vollständig aus der Kapillar,e entfernt werden, was man am besten durch wiederholtes Durchspülen der Kapillaren mit der neuen Flüssigkeit erreicht. Handelt es sich um nicht mischbare (ineinander lösliche) Flüssigkeiten (z. B. Äther und Wasser), so benutzt man zum Ausspm,en eiDe dritte mit den heiden. anderen mischbare Flüssigkeit (hier z. B. Alkohol). '1 ist stark temperaturabhängig, deshalb muß die Temperatur der Flüssigkeit während des Versuchs mit Hilfe eines Wasserbades B konstant gehalten werden, dessen Temperatur 9 laufend mit dem Thermometer Th gemessen wird. Um die bei etwas verschiedenen Temperaturen gewonnenen Meßergebnisse vergleichen zu können, benutzt man eine lineare Gleichung, die die Abhängigkeit der Zähigkeit von der Temperatur in einem kleinen Temperaturbereich näherungsweise beschreibt. Für Wasser in der Umgebung von lJ ::: 18 oe gilt näherungsweise (2.92) 82 2 Mechanik und Akustik 2.6.1.1 Gaag des Versuchs 1) Durch Ansaugen fülle man GI so weit, daß der obere Flüssigkeitsspiegel über MI steht und schließe H. - 2) Die Temperatur des Wasserbades stelle man auf etwa 18 oe ein und kontrolliere sie während des Versuchs (gTÜndlich umrühren !). - 3) Man messe h'. - 4) Man öffne H und messe die Zeit !!J.t zwischen den Durchgängen durch MI und M 2' - 5) Man messe h". 2.6.1.2 Korrekturen Die nach Hagen-Poiseuille ermittelten Meßwerte bedürfen der Korrektur, weil GI. (2.87) nur unter der Voraussetzung gilt~ daß die beim Durchlaufen des DruckgefaUes verlorene potentielle Energie vollständig durch Reibung in Wärme umgesetzt wird. Darüber hinaus wird vorausgesetzt, daß die parabolische Geschwindigkeitsverteilung (vgl. Fig. 2.26) über die Gesamtlänge der Kapillare vorliegt. Beide Annahmen treffen jedoch nicht zu. Beim Eintritt in die Kapillare wird die Flüssigkeit vom fast ruhenden Zustand auf die Geschwindigkeit in der Kapillare beschleunigt. Dies bedeutet, daß ein Teil der potentiellen Energie in (kinetische) Strömungsenergie umgewandelt wird. Außerdem stellt sich die Gleichgewichtsverteilung der Geschwindigkeitsvektoren erst ein, wenn der Beschleunigungsvorgang abgeschlossen ist. In der Nähe des Einlaufs findet man eine Geschwindigkeitsverteilung, wie sie in Fig. 2.28 dargestellt ist. Gegenüber der parabolischen Verteilung ist in der Nähe der Kapillareninnenwand der Geschwindigkeitsgradient stark vergrößert, was zu erhohter Reibung führt. ~ .............. v ._-- -~ Fig. 2.28 Geschwindigkeitsverteilung in einer Kapillare während der Beschleunigungsphase in der Nähe des Einlaufs Einen Teil der Beschleunigungsenergie kann man am Auslauf zuruckgewinnen, wenn man durch geschickte Formgebung (düsenförmige Erweiterung) dafür sorgt, daß die austretende Strömung sich über den gesamten Rohrquerschnitt verteilt. Dann tritt in Umkehrung der Situation am Einlauf - eine Verzögerung der strömenden Massen auf. Hat die Kapillare jedoch ein scharf abgeschnittenes Ende, dann setzt sich die Strömung in die Flüssigkeit am Auslauf fort, was zu einer effektiven Verlängerung der Kapillare führt. Die Korrektur muß also je nach der vorliegenden Situation anders ausfallen. Für die Praxis ist das folgende Verfahren gut geeignet: Man geht nach Hagenbach von dem An atz P7 1 v=- = ah Ilt - c(2.93) e !!J.I aus und behandelt a und c als Apparatekonstanten, die durch Kalibriermessungen (Messung von At) mit zwei Flüssigkeiten (Index 1 und 2) von bekannter kinema· tischer Vi kosität v und Dichte (! bestimmt werden. Aus den Beziehungen c c (2.94) (2.95) v 1 = ah 11 - - und v2=ahtJ.t2-~ !!J.t J ut 2 las en sich dann a und c berechnen. Man beachte, daß 2.7 Schwingungen 83 t) für die Kalibriermess.ungzwei Flüssigkeiten mit deutlich verschiedenen kinematischen Zähigkeiten verwendet werden. 2) die Ausflußze'ten sehr genau gemessen werden~ Begründun,g : Im Extremfall gleicher Flüssigkeiten t und 2 sind a und c aus GI. (2.94) und GI. (2.95) nicht zu bestimmen (zeigen~). Auch bei Dur geringem Unterschied von vI und v 2 werden At 1 und A1 2 wenig voneinander verschieden sein, so daß selbst eine kleine MeßuDsicherheit in I:t,.I zu einer extremen Unsicherheit in a und c führt. 2.6.2 Messung r dyoa _ . en VISkosität nach Stokes 2.6.2.0 Methode Zur Messung der dyaamlschen Viskosität 110 nach GI. (2.86} verwendet man die in Fig. 2.29 dargestellte Meßanordnung. Ein etwa 1 m langes Rohr vom Radius R trägt zwei Ringmarken M I und M 2 im Abstand I . M 1 muß so weit von der Flüssigkeitsoberlläche ·e ntfernt sein, daß sich beim Durchgang der Kugel durch MI die Gteichgew'ichtsgeschwindigkeit Vo bereits, eingestellt hat. Vo bestimme man aus der Zeit t o, die zwischen den Durchgängen der Kugel durch Mt und M 2 vergeht; dann ist Vo = 1/10' Wegen der beschränkten Gültig.keit des Stokes.Gesetzes (siehe Anmerkung zu 2.6.0.1 auf S. 384) muß man Kugeln von kleinem Durchmesser und geringer Materialdichte (z. B. Kunststoffkugeln) verwenden, wenn man nicht große systematische Abweichungen in Kauf nehmen will. M" und M2 sollen (Gültigkeit von ..tu) die Höhe Hder FJüssigkeitssäule etwa dritteln. H 1.6.2.1 Gang deI Messung t) Man messe 2r mit dem Scbraubenmikrometer. - 2) Man bestimme die Masse mo der Kugel durch Wägung. - 3) Man messe 10 (etwa lOma) . 4) Man messe die Temperatur 8 der Flüssigkeit. - 5) Man berechne die dynamische Viskosität nach '0 1. (2.86) und schätze die Korrektur nach Gi. (2.85) ab. - 6) Man prüfe, ob die Reynoldszahl Re :; Vo . QK • r/'1o < O~ t ist (vgl. dazu die Anmerkung zu 2.6.0 ..1 auf S. 384). Fig.2,29 Anordnung zur Bestimm Wlg der 2." Schwingungen dynamischen. Visko ität nacb Stokes 2.7.0 Grundlagen Verschiebt man einen elastisch gebundenen Körper aus seiner Ruhelage, dann bewegt er sich nach dem Loslassen beschleunigt auf seine Ruhelage zu und läuft infolge seiner Trägheit über diese hinaus. ach dem Durchgang durch di.e Ruhetage 2.1 Längenmessung 45 2•••1 Me · ·dle eit Zur Verringerung der Ablesefehler ist auf Seine Noniusskala 1'1 eingraviert deren Teilstrichabstand 9/10mm beträgt. Fallen die Nullstriehe der heiden Skalen zusammen (Fig. 2.2a), dann beträgt der Abstand des Fig.2.1 Schiebleb.re zur Bestimmung von Außen· und Innenmaßen (ester Körper M Meßstab; S Schieber; MS 1 t MS%Meßscbnäbel; K EDtarretierungsknopf der Festhalteklemme o a) 0 lfrn111111 1111 pli \1111 11 o 10 Fig. 2.2 Noniuseinteilung a) Nullstellung b) Einstellung O,4mm ersten Noniusstrichs vom ersten Strich der Maßstabsteilung 0,1 Dlm, der des zweiten Noniusstrichs VOtn zweiten Strich der Maßstabsteilung 0,2 nun usw. Verschiebt man den Schieber z.B. um O.4m~ dann muß der 4. Nomusstrich mit dem 4. Skalenstrich zusammenfallen (Fig. 2.2 b). Mit dieser Einrichtung erreicht man eine Ablese- und EinsteUunsicherheit Von weniger als 10- 1 mm. 2.1.2 SchraubelUDikrometer Schranbenmikroltleterzur Bestimmung von Außenmaßen haben den in Fig. 2.3 dargestellten typischen Aufbau. Ein U-f6rmiges, flaches Metallstück trägt an einem Ende die zylindriSche Mutter M, deren Achse A rechtwinklig zum Schenkel in der UEbene liegt. Darin sitzt die Meßspindel Sp, deren Ganghöhe meist 1 mm beträgt. Sp ist mit der Hülse H die M unmüllt, starr verbunden. Dreht man H um eine volle Umdrehung, dann bewegt sich Sp entsprechend der gegebenen Ganghöhe um 1 nun in Achsenrichtung. Auf M ist eine Skala mit Millimeterteilung eingraviert. Ihre Nullmarke ist SO gewählt, daß sie bei Berührung von Sp mit dem Anschlagbolzen B in der Ebene des H illsenrandes liegt. Fig.2.3 ScbraubenmikrollIeter zur BestimmUDS 'IOD Auf.\enmaßen fester K,örper Sp Meßspindel; M Mutter; H Hülse; R Ratsche; A Achse der Spindel; B Anschlagbolzen 46 2 Mechanik und Akustik Der Hülsenumfang ist in hundert gleiche Teile g teilt~ 0 1 Umdrehung, d. h. 10- mm Abstandsändenmg in Acllscnri ung kann. Die Nullmarke der H'Wsenskaia fiiUt in der nscbla Begrenzungslinie L der Skala auf M zusammen. Diese dient aJs B ca Hülsenskala. Um die sehr präzise 8,e arbeitete pindet u vor Schaden zu be ahren, sitzt am äußeren Ende der Hülse d.i Ra bestimmtes Drehmoment an R überschritten dann dreht sich mitzubewegen (Gefüb1sschraube, Prinzip des Dr hmomente · hl - 1). · daher die Meßspindel nur über R betätigen und niemal an H selbst dre Zum Messen k.lemmt man das Meßobjelkt zwi eben Bund Sp' eiD . Dann li I man auf der MutterskaJa die Zahl " der vollen, auf <tel Hülsenslcala die Zahl m der hunderstel Umdrehungen ab. Der Meßwert I ist dann I=(n+ m·10- 2)mm. 2.2) Die Skalen älterer (abgenutzter) Schraubenmikrometer steen im Anschlag manchmal niebt in der Nullstellung, was einen systemati en Fehler 'cd Einzelmessung verursachen würde. Daher muß der, , ullpunkt' j mIndert festgesteUt werden. Zur Nullpunktbestimmung dreht man die Spindel b' zum Anschlag,und 1iest in der ,oben beschriebenen Weise ," ,0 und mo ab. Der elJwert i t dann . I=«(n - no)+ (m - mJ · 10- 1 )mm. Er enthält die Meßunsicherheit der Nullpunktbestimmung und die der Ablesung. (2~ 3 eßunsicb rheil 2.1.3 Katbeto eter 2.1.3.0 Metbode Zur Messung von Längen oder Verschiebungen in vertikaler Richtung verwendet man das-Kathetometer (Fig. 2.4). Auf einem vertika en Zapfen A mit der Achse Ä 1 , der auf einem massiven Dreibein befestigt ist, ist das Führungsrohr F angebracht, das sich um A spielfrei drehen läßt. F seinerseits dient als Führung für den Schieber S, dessen Höbe h am Maßstab M abgelesen werden kaM. Zur Erhöhung der Meßgenauigkeit trägt S, ähnlich wie bei der'Schieblehre, den Nonius , der häufig mit einer Lupe ausgerüstet ist. Mit S fest verbunden ist das horizontal gerichtete Fernrohr FR das zusammen mit Sund F um A geschwenkt werden kann. Es läßt .ch so· auf jedes Azimut einstellen. 1.1.3.1 Gang deS Ve chs Vor der Messung muß das Kathetometer justiert werden. Dabei setze man voraus. daß mechanische und optische Achse A,. de Fernrohrs übereinstimmen., ferner, daß die optische Achse des Fernrohrs senkrecht abf Fleht und daß die Achse von F mit Al zusammenfällt 1). Um Al nkrecbt und damit FR 1) Bei neueren Kathetometern sind diese Einstellungen meistens fest vorgegeben, bei älteren Geräten sind daJür Justiennöglichkeiten vorgesehen.