George Herbert Mead: Symbolischer Interaktionismus 1. Einflüsse auf die Theorie Darwins Evolutionstheorie: „survival of the fittest“ Amerikanischer Pragmatismus: Philosophische Schule, die das menschliche Denken nicht vom Handeln trennen will und einen starken inneren Zusammenhang sieht Deutscher Idealismus: Mensch als vernunftbegabtes Wesen, das die Welt und sich selbst erkennt und durch diese Erkenntnisse nach bestem Wissen und Gewissen handelt In Distanz zur behavoiristischen Psychologie: Erklärt menschliches Handeln als Folge von objektiven Reizen, ohne innere Erfahrung (bewußte Motive oder Situation, etc.) zu berücksichtigen 2. Sonderstellung des Menschen Menschliches Verhalten ist nicht durch Triebe und Instinkte festgelegt. Diese seien im Menschen zwar verankert, determinieren sein Verhalten jedoch nicht unmittelbar Keine „ökologische Nische“: Menschliches Verhalten durch Kommunikation, Sprache und Verhaltenserwartungen gesteuert Physiologische Grundlagen ( Hirn, Gehör, Stimmorgane) zur sozialkommunikativen „Selbstprogrammierung“ Prinzip der sozialen Differenzierung (vs. Physiologische Differenzierung): Arbeitsteilung und funktionale Differenzierung (z.B. Geschlecht) Evolutionäre Anpassung keine Zufall, sondern Folge von gezielten Erfindungen und systematischen Erprobungen von Lösungen für Anpassungsprobleme (bewusste Anpassung) Fähigkeit zur Symbolverwendung: wird ermöglicht durch bewusstes Verhalten und bewusste (Selbst-) Beobachtung. Symbole als Gemeinschaftsgut → Anpassung durch Gesellschaft. Individuum leistet Beitrag zur Erfindung von Symbolisierung von Verhaltensmuster und Weltinterpretation Kontrolle der Umwelt 3. Symbolisch vermittelte Interaktion Soziales Verhalten bzw. Handeln: Reaktion auf das Handeln anderer; wenn „ein Individuum durch sein Handeln als Auslösereiz für die Reaktion eines anderen Individuums dient“ Stufen sozialen Verhaltens: o Gebärden- oder gestenvermittelte Interaktion: Andeutung von Handlungen rufen Reaktion hervor → „Gebärden“ oder „Gesten“ Vorform von Sprache, weil Gesten Handlungen symbolisieren Soziales Verhalten gesteuert durch Gesten: „Gebärdenspiel“ o Symbolisch vermittelte Interaktion: Der Handelnde kann sich den Ansatz der Handlung selbst zeigen und kann so auch auf seine eigenen Handlungen reagieren. Mit dieser Reaktion ist es ihm möglich die Handlung seines Gegenübers vorweg zu nehmen, vorherzusehen (antizipieren). Bedeutet: Es gibt keine automatische Handlung auf einen Reiz und der Handelnde kann seine Handlung modifizieren. Gebärden (aber auch Laute), die so funktionieren, nennt Mead: Signifikante Symbole Die Semantik der Symbole muss der ganzen Gemeinschaft zugänglich sein, damit die Interaktion möglich ist; das System der Symbole wird durch Interaktion aber auch verändert und erweitert Bestand von signifikanten Symbolen und Sprachschatz nahezu identisch Sprache regelt soziale Werte, Normen, Rollen und Institutionen 4. Bewusstsein Bewusstsein als Wissen um Bedeutung von (sozialen) Objekten Wissen entsteht durch Interaktion und Reflexion der eigenen und fremden Reaktionen sowie Reize In der Selbstreflexion macht der Mensch sich selbst zum Objekt der Bedeutungsanalyse → Das daraus gewonnene Wissen ist das Selbstbewusstsein, das Wissen um die eigene Bedeutung Bewusstsein ist durch Sprache organisiert Denken: ein nach innen verlagertes Gespräch/ Spiel der signifikanten Gebärden 5. Identität (Selbst) Identität konstituiert sich aus Bewusstsein und Selbstbewusstsein Identität gesellschaftlich geprägt d.h. durch Interaktion Die Bewusstwerden des Selbst erfolgt durch und in der Sprache und durch Gruppenzugehörigkeit (Übernahme von Haltungen und Sichtweisen): o Bei Zuschreibungen wird ein unabhängig existierendes Inventar von Rollenund Wertbegriffen genutzt. Kenntnis und Nutzungsmöglichkeiten dieses Inventars erlernt man in Interaktionsprozessen (Übernahme der Rolle anderer) Spiel und organisiertes Spiel: o Spiel wird von Kind durch Übernahme verschiedener Rollen ausgeführt und erfährt sich aus Sicht dieser Perspektive → Aufbau der Identität o Organisiertes Spiel: Der Teilnehmer muss die Perspektive aller Mitspieler übernehmen. Er übernimmt die Tätigkeit der Gruppe, seine Aufgabe in der Gruppe und begreift sich selbst als Teil von ihr. Die so erworbene Identität ist dann auf die ganze Gruppe ausgerichtet Die organisierte Gemeinschaft, in der sich die Identität bildet, nennt Mead „der verallgemeinerte Andere“ (konkrete Bezugspersonen sind: signifikante Andere) Mich/Me: Teil der Identität, der einen gesellschaftlichen Ursprung hat, d.h. Summe der, durch Rollenübernahme erlernten, Elemente Ich/I: „Das Individuelle am Individuum“; unbewusst, impulsiv, aber trotzdem abhängig von Sprache und Gesellschaft Identität als Wechselspiel von Mich und Ich Vermittlung zwischen Individuum und Gesellschaft 6. Gesellschaft „Summe dieser Anderen, die Gemeinschaft der Personen, mit denen das Individuum Interaktionsbeziehungen unterhält und deren Haltung die Grundlage seiner Selbstauffassung und die Grundlage seiner Handlungen bilden.“ Institutionen: Gemeinsame Haltungen einer Gemeinschaft in bestimmten Situationen Gesellschaft als Folge physiologischer Grundbedürfnisse Sozialisation: Mensch als Mitglied der Gesellschaft, durch Verinnerlichung von Haltungen und Organisation. In der Gruppe steht das Verhalten des Menschen unter „soziale(r) Kontrolle → sein Handeln bezieht sich auf die moralischen Maßstäbe der Gesellschaft Quelle: Preglau, Max: „Symbolischer Interaktionismus: George Herbert Mead“. In: Morel, J. (Hrsg.): Soziologische Theorien. Abriß der Ansätze ihrer Hauptvertreter. München, Wien, 2001, S.52-66.