Universität Augsburg Lehrstuhl für Soziologie PS: Einführung in soziologische Theorien Dozent: Sasa Bosancic, M.A. Sommersemester 2007 03.05.2007 - Generalisierung der Situation auf einen bestimmten Sinn nennt Mead „SYMBOL“ → Tiere reagieren automatisch (kämpfende Hunde) → Mensch kann seine Reaktion durch Prozess des „Denkens“ erzögern (Interpretation durch Erfahrung) Referenten: Franz Strehle, Matthias Hamann 1.1.3 - Signifikante Symbole Zeichen oder symbolische Geste, die beim anderen Individuum die gleiche Vorstellung hervorruft und damit die gleiche Reaktion auslöst. - Denken kann nur durch signifikante Symbole stattfinden → das System, in dem die signifikanten Symbole aufgehoben sind, ist die Sprache → haben für alle Mitglieder einer Gesellschaft den gleichen Sinn Handlungstheorie I: Symbolischer Interaktionismus 1. George Herbert Mead: - 1863 in den USA geboren - 1887 Einschreibung am Department of Philosophy in Harvard - Hauslehrer der Kinder des Philosophen Wiliam James - 1889/89 Stipendium für die Uni Leipzig, wo er die Arbeiten des Psychologen Wiliam Wundt kennen lernte - 1889 Wechsel nach Berlin, wo er Schüler von Wilhelm Dilthey wurde - 1994 ging er mit Freund und Mentor John Dewey nach Chicago - dort unterrichtete er bis zu seinem Tode 1931 1.2 Rollenübernahme - die Fähigkeit, von der Position des anderen aus zu denken - Möglichkeit des Hineinversetzens in den anderen, das heißt der eine kann sich vorstellen, wie der andere wahrscheinlich reagieren wird. → Verhalten wird also antizipierbar → die Handelnden interpretieren ihr Handeln wechselseitig 1.1 Zeichen, Gesten und signifikante Symbole Leitgedanke Meads: Der Mensch erschließt sich seine Welt über symbolische Bedeutungen. Sog. „Sozialbehaviourismus“ 1.3 Identität – sich selbst mit den Augen der anderen sehen Ego macht sich Standpunkte und Haltungen von alter klar. Das heißt auch zugleich diese Standpunkte und Haltungen in Ego selbst auszulösen - für Mead ist dieser „Umweg“ über den anderen Voraussetzung für die Gewinnung von Identität, da mit der Übernahme der Rolle anderer sich der einzelne mit den Augen des anderen sieht - „Selbstbewusstsein“: Prozess, in dem sich Individuum selbst zum Objekt seiner Wahrnehmung macht - durch Denken / innere Kommunikation schaut sich das Individuum selbst zu → Individuum ist gleichzeitig Subjekt des Handelns als auch Objekt 1.1.1 - Zeichen einfachste natürliche Zeichen sind die Sinnesreize, die instinktive Reaktionen (von jeder sozialen Beziehung unabhängig) auslösen, wie z.B. unwillkürliches Zusammenzucken bei einem Donner → Tier und Mensch reagieren in ähnlicher Weise 1.1.2 - - Gesten Zeichen, die bei der Kommunikation zwischen Menschen oder Tieren eine Rolle spielen und die durch Verhalten zum Ausdruck gebracht werden Gesten lösen nicht beliebiges Verhalten, sondern eine ganz bestimmte Reaktion aus 1 1.4 Play und Game Bei der Entwicklung der Identität ist zwischen zwei verschiedenen Phasen zu differenzieren a) Das Kind lernt sich an einem größeren System zu orientieren Kind gewinnt seine Identität, indem es wichtige Repräsentanten der Gesellschaft nachahmt → es übernimmt Rollen („PLAY“) b) Das Kind wird sich gleichzeitig seiner Identität mehr und mehr bewusst und lernt Spiele, bei denen es aktiv in die Rolle anderer eingreift → es verfügt über Rollen („GAME“) 2. 2.1 Die Definition der Situation - das menschliche Zusammenleben ist ein Prozess, in dem Objekte geschaffen, bestätigt, umgeformt und verworfen werden - beschreibt wie sich die Handelnden wechselseitig den Sinn ihres Handelns anzeigen und so über die gemeinsame Situation verständigen - Mead: die Handelnden zeigen sich diesen Sinn gegenseitig durch ihre Handlungen an - Blumer geht noch einen Schritt weiter: die Handelnden produzieren in der Interaktion gemeinsame Symbole, an denen sie sich dann orientieren, die sie durch ihr Handeln bestätigen, die sie revidieren und wieder neu definieren - in der Interaktion definiert jeder Handelnde die Situation; er sagt explizit oder deutet durch sein Verhalten an, wie er die Situation verstehen will und was deshalb gelten soll → soziales Handeln, d.h. sich am gemeinten Sinn des Handelns des anderen zu orientieren → Sinn der Interaktion wird durch wechselseitige Interpretationen fortl. ausgehandelt 1.5 I und Me – Impulsives Ich und reflektiertes Ich Aktive Rolle des Individuums kommt sowohl aus dem Inneren des Menschen als auch aus einer Entwicklung durch die Auseinandersetzung zwischen Individuum und Gesellschaft 1.5.1 - 1.5.2 - Herbert Blumer: Symbolischer Interaktionismus - 1900 – 1987 - berühmtester Schüler Meads - Fokussierung verstreuter Annahmen Meads auf den Prozess der Interaktion „Me“ = „Reflektiertes Ich“ spiegelt wider, wie andere mich sehen, meint die Seite zugewiesener Identität ist Vorstellung von dem Bild, dass sich andere wahrscheinlich von Ego gemacht haben enthält die organisierten Werthaltungen, die im Verlauf der Sozialisation erworben werden „I“ = „Impulsives Ich“ interpretiert die Sicht der anderen auf Ego in eigener Weise und setzt sie zu einem individuellen Bild zusammen vorsozial und unbewusst sinnliche und körperliche Bedürfnisse kommen im „I“ zum Ausdruck nie vollständig sozialisierbar tendiert dazu, die soziale Selbstdisziplinierung aufzuheben 2.2 Drei Prämissen über Bedeutungen, Interaktion und Interpretation Nach Blumer beruht der Interaktionismus auf diesen drei einfachen Prämissen: a) erste Prämisse: Menschen handeln Dingen (physische Gegenstände, andere Menschen, Institutionen, Leitideale,...) gegenüber auf der Grundlage der Bedeutungen b) zweite Prämisse: Bedeutung solcher Dinge ist aus der sozialen Interaktion, die man mit seinen Mitmenschen eingeht, abgeleitet oder aus ihr entstanden 2 - c) dritte Prämisse: die Bedeutungen werden in einem interpretativen Prozess, den die Person in ihrer Auseinandersetzung mit den ihr begegnenden Dingen benutzt, gehandhabt und abgeändert Interaktion ist hier ein Prozess, der menschliches Verhalten formt 2.6 Die Beschaffenheit von Objekten - beim symbolischen Interaktionismus gibt es keine Welt an sich, sondern nur Welten wie Menschen sie sich füreinander konstruieren → diese Welten sind aus „Objekten“ zusammengesetzt, die wiederum „das Produkt“ symbolischer Interaktionen sind 2.3 Unterschied zw. symbolischem Interaktionismus und anderen soziologischen Theorien: - Menschen handeln nicht, weil sie sich funktional zu Strukturbedingungen verhalten, sondern weil sie den Bedingungen eine Bedeutung geben und damit die Bedingungen selbst schaffen → Prozess der Bedeutung steht im Zentrum - Bedeutungen sind „soziale Produkte, die im ständigen Wechsel zwischen Definition und Handeln geschaffen werden - der Gebrauch v. Bedeutungen erfolgt durch den Handelnden im Interpretationsprozess 2.6.1 a) b) c) - 2.4 Die Beschaffenheit der menschlichen Gesellschaft - menschliche Gruppen und Gesellschaften bestehen im Grunde nur in der Handlung → Gesellschaft ist Handlung - Aktivitäten aus denen Handeln besteht, sind den Individuen zuzurechnen - Gesellschaft ist weder das Konzept sie als Kultur, noch das Konzept sie als Struktur zu verstehen, weil a) Kultur ist eindeutig von dem abgeleitet, was die Menschen tun (Brauch , Norm, Werte, Tradition...) b) soziale Struktur bezieht sich auf Beziehungen, die aus der Art der Interaktion zwischen zwei verschiedenen Personen abgeleitet sind (soziale Position, Status, Rolle, Ansehen...) - Unterteilung der Objekte in drei Kategorien: physikalische Objekte (Stühle, Bäume, ...) soziale Objekte (Freund, Mutter, Priester,...) abstrakte Objekte (moralische Prinzipien, Ideen, Gerechtigkeit,...) Bedeutung von Objekten ist für verschiedene Personen höchst unterschiedlich (z.B. Wasser: Zeichen des Lebens, Rohstoff,...) Bedeutung von Objekten entsteht im Wesentlichen aus der Art und Weise, in der diese Objekte einem gegenüber von anderen Personen, mit denen man interagiert, definiert worden sind Bedeutung liegt nicht in den Objekten selbst, sondern in der Definition, die die Handelnden sich gegenseitig anzeigen Objekte sind Produkte des Handelns von Menschen 2.7 Der Mensch als handelnder Organismus - Mensch reagiert nicht nur in festgelegter Weise - er kann anderen etwas anzeigen und deren Anzeigen interpretieren, da er ein „Selbst“ besitzt - mit Selbst ist nichts anderes gemeint, als dass der Mensch sich selbst zum Objekt macht (Betrachtung von außerhalb durch Rollenübernahme) - der Mensch ist nicht der, der nur auf soziale Bedingungen reagiert oder sich so verhält, wie er es gelernt → sondern der Mensch ist der, der mit sich selbst in einer sozialen Interaktion steht, sich die Objekte anzeigt, sich mit ihnen auseinandersetzt und interpretiert, indem er ihnen Bedeutung gibt 2.5 Die Beschaffenheit sozialer Interaktion - das Zusammenleben in Gruppen setzt notwendigerweise Interaktion zwischen den Gruppenmitgliedern voraus → eine Gesellschaft besteht aus Individuen, die miteinander interagieren - Interaktion entsteht hier nicht aus Normen, Werten,... heraus 3