Herbert Blumer: Symbolischer Interaktionismus

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Universität Augsburg
Lehrstuhl für Soziologie
PS: Deutungsmusteranalyse
Dozent: Sasa Bosancic
Referentinnen: Katharina Schula, Veronika Winter
SS 2007
15.06.2007
Herbert Blumer: Symbolischer Interaktionismus
George Herbert Mead (1863 – 1931)
Sozialbehaviorismus
Einfluss: Pragmatismus
Grundfrage: Wie schaffen es Menschen, ihre Handlungen aneinander anzupassen?
Zeichen, Gesten und signifikante Symbole
Mensch erschließt sich seine Welt über symbolische Bedeutungen, die im Laufe der Sozialisation
erworben werden und im Prozess der Interaktion von den Handelnden wechselseitig bestätigt oder
verändert werden.
ZEICHEN
einfachste natürliche Zeichen sind Sinnesreize, die instinktive Reaktionen auslösen
Tiere und Menschen reagieren ähnlich
unabhängig von jeder soz. Beziehung
GESTEN
Zeichen, die durch Verhalten zum Ausdruck gebracht werden
•
verweisen auf etwas vor oder nach der konkreten Situation
•
lösen kein beliebiges Verhalten aus, sondern ganz bestimmte Reaktion
•
sichern Kommunikation, indem sie passende Reaktionen auslösen
Fähigkeit des Menschen zur Reaktionsverzögerung: Denken
Generalisierung der Situation auf einen bestimmten Sinn: SYMBOL
SIGNIFIKANTE SYMBOLE
Zeichen o. symbolische Gesten, die beim anderen Individuum die gleiche Vorstellung über die
dahinterliegende Bedeutung hervorrufen und somit gleiche Reaktionen auslösen
Sprache: vokale Geste
Rollenübernahme
Fähigkeit, von der Position des anderen aus zu denken
Handelnde interpretieren ihr Handeln wechselseitig, versetzen sich in den jeweils anderen hinein
Identität – sich selbst mit den Augen anderer sehen
"Umweg" über den anderen ist Voraussetzung für die Gewinnung der Identität (self)
Play und Game
zwei Phasen, in denen Kind lernt, sich an größeren Systemen zu orientieren
PLAY: Kind übernimmt Rollen wichtiger Bezugspersonen: signifikanter Anderer; einzelne
Rollen werden nacheinander eingenommen
GAME: Kind lernt Bedeutung "organisierter" Rollen; Spielregeln; mit mehreren Rollen gleichzeitig
konfrontiert; generalisierter Anderer: Summe der generalisierten Erwartungen aller
I und Me – impulsives Ich und reflektiertes Ich
I – impulsives Ich:
•
vorsozial und unbewusst
•
nie vollständig sozialisierbar
•
tendiert dazu, die soziale Selbstdisziplinierung aufzuheben
•
bringt Neues und Schöpferisches in die Situation
Me – reflektiertes Ich:
•
spiegelt wider, was andere über mich denken
•
Seite zugewiesener Identität
•
repräsentiert die gesellschaftliche Dimension der Identität (Kontrolle durch den
generalisierten Anderen)
Von Identität wird dann gesprochen, wenn I und Me in einer gleichwertigen Spannung zueinander
stehen
Herbert Blumer (1900 -1987)
Handelnde produzieren in der Interaktion gemeinsame Symbole, an denen sie sich dann orientieren,
die sie durch ihr Handeln bestätigen, die sie revidieren und wieder neu definieren
so wird der Sinn der Interaktion durch wechselseitige Interpretationen fortlaufend ausgehandelt
gemeinsame Definition der Situation
Drei Prämissen:
1. Menschen handeln 'Dingen' gegenüber auf der Grundlage der Bedeutungen, die diese
Dinge für sie besitzen.
2. Die Bedeutung solcher Dinge ist aus der sozialen Interaktion, die man mit seinen
Mitmenschen eingeht, abgeleitet oder entsteht aus ihr.
3. Diese Bedeutungen werden in einem interpretativen Prozess, den die Person in ihrer
Auseinandersetzung mit den ihr begegnenden Dingen benutzt, gehandhabt und geändert.
Kernvorstellungen des symbolischen Interaktionismus:
1. Beschaffenheit der menschlichen Gesellschaft
„Menschliche Gruppen und Gesellschften bestehen im Grunde nur in der Handlung“
Gesellschaft
≠ Kultur
≠ Struktur
= fortlaufender Prozess der wechselseitigen Abstimmung der Aktivitäten
ihrer Mitglieder
2. Beschaffenheit sozialer Interaktion
Das Zusammenleben in Gruppen setzt Interaktionen zwischen Gruppenmitgliedern
voraus
Interaktion = wechselseitiges Verhalten zwischen Handelnden Prozess, der
menschliches Verhalten formt
3. Beschaffenheit von Objekten
•
Es gibt keine Welt an sich, sondern nur Welten, wie Menschen sie sich und
füreinander konstruieren. Diese 'Welten' sind aus 'Objekten' zusammengesetzt, die
wiederum das Produkt symbolischer Interaktion sind.
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Objekte = alles, was angezeigt werden kann, auf das man hingewiesen oder man
sich beziehen kann
Die Bedeutung der Objekte entsteht für den Einzelnen von der Bedeutung aus, die
andere Personen, mit denen das Individuum komuniziert, dem Objekt beimessen
Das Individuum akzeptiert diese Bedeutung oder verwirft sie
Objekte = Produkte des Handelns von Menschen
4. Mensch als handelnder Organismus
•
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Mensch = handelnder Organismus
Der Mensch wird sich erst seiner selbst bewusst, wenn er sich aus den Positionen
seiner Mitmenschen betrachtet oder in Bezug auf sich handelt
Der Mensch ist frei in seinem Handeln: er interpretiert Objekte selber indem er ihnen
eine Bedeutung beimisst er organisiert sein Handeln selber
5. Beschaffenheit menschlichen Handelns
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Nur unter der Bedeutung, die die Individuen den Objekten beimessen, werden diese
Teil ihrer Umwelt
Der Mensch schafft sich seine Welt selbst, indem er die Objekte interpretiert
Handeln = der Mensch zieht verschiedene Dinge, die er wahrnimmt in Betracht
und entwickelt auf der Grundlage ihrer Interpretation eine Handlungslinie
Handeln hat nicht nur einen auslösenden Faktor sondern eine Summe von Faktoren,
sowie ihr Zusammenspiel die betrachtet werden müssen
„Handeln kann man nur verstehen, wenn man diesen Definitionsprozess des
Handelnden erschließt“
6. Verkettung von Handlungen
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Interaktion = mehr als Summe von einzelnen Handlungen
Im Prozess wechselseitigem Anzeigens in einer Interaktion werden de einzelnen
Handlungen verkettet: eine Handlung greift in die andere, ist gleichzeitig Reaktion
auf eine Handlung und Bedingung für eine nächste
= Verkettung
begründet gemeinsames Handeln
Anmerkungen:
1. Der übererwiegende Teil sozialen Handelns in einer Gesellschaft besteht in der
Form sich wiederholender Muster gemeinsamen Handelns
2. Es gibt ausgedehnte Verbindungen von Handlungen, die einen großen Teil
menschlichen Zusammenlebens aus machen = Netzwerde von Handlungen
3. Jede Handlung basiert immer auf den Erfahrungen früherer Handlungen der
Teilnehmer
Abels, H., 2001: Interaktion, Identität, Präsentation. Wiesbaden, Westdeutscher Verlag
Blumer, H., 1981: Der methodologische Standort des Symbolischen Interaktionismus.In: Arbeitsgrupe Bielefelder Soziologen (Hrsg.): Alltagswissen,
Interaktion und gesellschaftliche Wirklichkeit. Opladen
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