Roland Engfer Physik A für Naturwissenschaftler AS TU RI CEN S I S UN I VE RSI T Teil 1: Mechanik MDCCC XXXIII Skriptum zur Vorlesung von Andreas Schilling WS 2004/5 Physik-Institut der Universität Zürich September 2004 Vorwort Das vorliegende Skript umfasst den Stoff der Vorlesung Physik A für Physiker, Chemiker und Biochemiker, sowie für Studierende mit Nebenfach Physik. Es basiert auf dem Skript von Prof. Roland Engfer, das später von Prof. Ulrich Straumann übernommen wurde. Das Skript wurde nun der Übersichtlichkeit und Handlichkeit halber neu unterteilt (Mechanik, Wärmelehre, Elektrizität und Magnetismus, Wellenlehre und Optik, Relativitätstheorie, mathematische Hilfsmittel) und inhaltlich leicht angepasst. Aufgabe dieses Skriptes ist es, den Stoff der Vorlesung Physik A zusammenzufassen, sei es zum Aufarbeiten der Vorlesung zwischendurch oder zur Prüfungsvorbereitung. Dieses Skript ist kein Lehrbuch und soll auch gar keines sein! Ich empfehle Ihnen sogar, zunächst überhaupt kein eigentliches Physiklehrbuch zu kaufen! Ein Lehrbuch eignet sich vielleicht zum Selbststudium, ist aber in der Regel als Begleittext zu einer Vorlesung viel zu ausführlich. Auch ist bei Unklarheiten ein Nachfragen nicht möglich. Die Vorlesung mit ihren Experimenten und den Diskussionen mit dem Dozenten und den Übungsassistenten sollen das eigentliche Lehrbuch für Sie darstellen! Erst dort erfahren Sie, welche Themen, Gedankengänge, Herleitungen und Lehrsätze wirklich von Wichtigkeit sind, und welche vielleicht geringere Bedeutung haben. Dies alleine aufgrund der Lektüre eines Buches und ohne Besuch der Vorlesung entscheiden zu wollen, ist für einen Studenten im ersten Jahr fast unmöglich. Falls Sie dennoch ein begleitendes Buch kaufen möchten, empfehle ich besonders den Physikern, eine Art Nachschlagewerk zu erwerben. Das Buch von D. Meschede, Gerthsen Physik, Springer Verlag, ist sicher eine Anschaffung fürs Leben. Auch fortgeschrittene Physiker finden darin fast alles, was man braucht, von der Mechanik bis zur Kernphysik. Als preiswerte, kompakte Formelsammlung für Physiker und andere Naturwissenschaftler hat sich auch das Repetitorium der Physik von F. Kneubühl, Teubner Verlag, bewährt. Als Lehrbuch (falls Sie wirklich eines erwerben möchten) eignen sich für Physiker die Bücher von Wolfgang Demtröder, Springer-Verlag (Mechanik und Wärme, Elektrizität und Optik). Für Naturwissenschaftler kann ich das Buch von Paul A. Tipler, Physik, Spektrum Verlag, empfehlen - es gibt auch einen Band mit Übungsaufgaben dazu. Im Zuge der Umstellung der Studiengänge auf das Bachelor/Masters System ist der Umfang des Physikkurses für Physiker auf 6 Stunden Vorlesung pro Woche festgelegt worden, für Chemiker und Biochemiker und für Studierende mit Nebenfach Physik hingegen auf 4 Stunden pro Woche. Dies bedeutet, dass Physikstudenten parallel zur eigentlichen Vorlesung eine Menge von Zusatzinformationen, Ergänzungen und mathematischen Anleitungen erhalten, welche für das spätere Physikstudium von grossem Nutzen sein werden. Trotzdem wird auch der vierstündige Kurs für Chemiker und Biochemiker das ganze Spektrum einer einführenden Physikvorlesung abdecken. Allerdings macht diese Zweiteilung der Vorlesung die Gestaltung eines Skriptes nicht einfacher. Im vorliegenden Skript sind deshalb Kapitel, welche nur für Physiker von Bedeutung sind, speziell mit † gekennzeichnet. Es kann vorkommen, dass der Inhalt der Vorlesung vom Inhalt dieses Skriptes leicht abweicht, indem einzelne Kapitel weggelassen oder hinzugefügt werden, Themen nur summarisch besprochen werden oder die Notation geändert wird - massgebend für die Prüfung ist alleine der Inhalt der Vorlesung! Zürich, September 2004 Andreas Schilling Inhaltsverzeichnis 1 Kinematik des Massenpunktes 1.1 Ort und Bahn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Die Geschwindigkeit eines Massenpunktes . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Die Beschleunigung eines Massenpunktes . . . . . . . . . . . . . . . 1.4 Komponentendarstellung von Geschwindigkeit und Beschleunigung 1.4.1 Raumfestes kartesisches xyz-Koordinatensystem . . . . . . . 1.4.2 Normal- und Tangentialkomponenten . . . . . . . . . . . . . 1.4.3 Ebene Kreisbewegung ~v, ~a in Polarkoordinaten . . . . . . . 1.5 Die Winkelgeschwindigkeit als ein Vektor . . . . . . . . . . . . . . 1.6 Berechnung von ~v und ~r aus ~a, ~r0 und ~v0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 3 4 5 6 6 7 7 8 9 . . . . . . . . . . . . . . . 11 11 12 12 13 14 15 15 17 18 21 23 23 23 24 26 . . . . . . . . . . . . 27 27 28 29 30 30 30 31 32 33 33 36 37 4 Arbeit, Energie und Leistung; Energie- und Impulserhaltung 4.1 Definition von Arbeit, Leistung und kinetischer Energie . . . . . . . . . . . 4.2 Der Energiesatz der Mechanik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Konservative Kraftfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 39 40 42 . . . . . . . . . 2 Die Grundgesetze der Mechanik 2.1 Masse und Kraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Die Newtonschen Prinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Trägheitsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Bewegungs- oder Aktionsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3 Superpositionsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.4 Reaktionsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Der Schwerpunkts- oder Impulssatz für Systeme von Massenpunkten . 2.4 Die vier fundamentalen Kräfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.1 Die Gravitationskraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.2 Die Coulombkraft (elektromagnetische Wechselwirkung) . . . 2.4.3 Die schwache Wechselwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.4 Die starke Wechselwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 Reibungskräfte, Oberflächenkräfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.1 Trockene Oberflächen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.2 Nasse Oberflächen und viskose Reibung . . . . . . . . . . . . . 3 Anwendungsbeispiele der Newtonschen Prinzipien 3.1 Freier, vertikaler Fall im Vakuum . . . . . . . . . . . 3.2 Die Atwoodsche Fallmaschine . . . . . . . . . . . . . 3.3 Der schiefe Wurf im Vakuum ohne Luftwiderstand . . 3.4 Beispiele mit Haft- und Gleitreibung . . . . . . . . . 3.4.1 Klotz auf schiefer Ebene . . . . . . . . . . . . 3.4.2 Kind mit Schlitten . . . . . . . . . . . . . . . 3.5 Vertikaler Fall in viskosem Medium . . . . . . . . . . 3.6 Kreisbewegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6.1 Erdsatellit auf Kreisbahn . . . . . . . . . . . 3.6.2 Ebenes mathematisches Pendel . . . . . . . . 3.6.3 Kreispendel (konisches Pendel) . . . . . . . . 3.7 Prinzip des Raketenantriebs . . . . . . . . . . . . . . i . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4 4.5 4.6 4.7 4.8 Das Potential und das Feld einer homogenen Kugel Der Fluss des Gravitationsfeldes . . . . . . . . . . . Der Energieerhaltungssatz der Mechanik . . . . . . Beispiele zum Energieerhaltungssatz . . . . . . . . . 4.7.1 Freier Fall eines Massenpunktes im Vakuum 4.7.2 Weltraumflüge . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.7.3 Die Todesschleife . . . . . . . . . . . . . . . Der Impulserhaltungssatz . . . . . . . . . . . . . . 4.8.1 Elastische Stösse . . . . . . . . . . . . . . . 4.8.2 Inelastischer Stoss: Das ballistische Pendel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Der Drehimpulssatz für ein System von Massenpunkten 46 48 49 50 50 51 52 52 52 54 56 6 Bewegungen im Zentralfeld 58 6.1 Reduktion des Zwei-Körper- auf ein Ein-Körper-Problem . . . . . . . . . . 58 6.2 Konstanz des Drehimpulses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 6.3 Planetenbewegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 7 Der lineare harmonische Oszillator 7.1 Der ungedämpfte Oszillator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2 Der gedämpfte Oszillator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.1 1. Fall: schwache Dämpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.2 2. Fall: starke Dämpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.3 3. Fall: kritische Dämpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3 Energie des schwach gedämpften Oszillators . . . . . . . . . . . . 7.4 Erzwungene Schwingungen und Resonanz . . . . . . . . . . . . . . 7.4.1 Vollständige Lösung der erzwungenen Schwingung † . . . . 7.4.2 Energiebilanz bei erzwungener Schwingung und Resonanz † . . . . . . . . . 64 64 66 67 68 68 69 71 73 74 8 Relativbewegungen 8.1 Relativitätsprinzip der Mechanik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2 Die Kinematik in einem bewegten Bezugssystem . . . . . . . . . . . . . . 8.3 Die Dynamik in einem bewegten Bezugssystem . . . . . . . . . . . . . . . 8.4 Beispiele und Spezialfälle für bewegte Systeme . . . . . . . . . . . . . . . 8.4.1 Gleichförmig bewegtes System Sr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4.2 Rein translatorisch beschleunigtes System Sr . . . . . . . . . . . . . 8.4.3 Ein reibungsloser Massenpunkt auf einer beschleunigten Unterlage . 8.4.4 Mathematisches Pendel auf einer vertikal beschleunigten Plattform 8.4.5 Gleichförmig rotierendes System Sr . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.5 Trägheitseffekte auf der Erde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.5.1 Nachweis der Erdrotation mit dem Foucaultpendel . . . . . . . . . 8.5.2 Eine Lotabweichung infolge der Erdrotation . . . . . . . . . . . . . 8.5.3 Ostabweichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.5.4 Ebbe und Flut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.6 Das Streuproblem zweier Massen † . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.6.1 Die reine elastische Streuung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.6.2 Winkelverteilung bei statistischem Zielen in der Ebene . . . . . . . 8.6.3 Winkel- und Energieverteilung bei statistischem Zielen im Raum . 8.6.4 Die Streuung eines Neutrons an einem Atomkern . . . . . . . . . . 77 77 78 80 81 81 81 81 81 82 84 84 84 85 85 87 87 88 91 92 ii . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.6.5 Coulombpotential . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 9 Dynamik des starren Körpers 9.1 Bedeutung von Schwerpunkts- und Drehimpulssatz starrer Körper . . . . . 9.2 Gleichgewichte starrer Körper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.3 Drehimpuls- und Schwerpunktssatz für die ebene Bewegung starrer Körper 9.4 Rotation um eine raum- und körperfeste Achse (Satz von Steiner) . . . . . 9.5 Berechnung einiger Trägheitsmomente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.6 Beispiele zur ebenen Bewegung starrer Körper . . . . . . . . . . . . . . . . 9.6.1 Würfel auf horizontaler Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.6.2 Das physische Pendel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.6.3 Die widerspenstige Fadenspule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.6.4 Rollen und Gleiten eines Zylinders auf schiefer Ebene . . . . . . . . 9.6.5 Aufsetzen eines rotierenden Zylinders auf eine schiefe Ebene . . . . 9.7 Die kinetische Energie bei ebener Translation und Rotation . . . . . . . . . 9.8 Eigenschaften des Kreisels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.8.1 Trägheitstensor und Eulersche Kreisel-Gleichungen † . . . . . . . . 9.8.2 Der kräftefreie rotationssymmetrische Kreisel . . . . . . . . . . . . 9.8.3 Stabilität der Drehachse für Körper ohne Rotationssymmetrie . . . 9.8.4 Symmetrischer Kreisel im Schwerefeld (Präzession) . . . . . . . . . 9.8.5 Rotationsenergie und Energiesatz für die allgemeine Drehung † . . 9.9 Beispiele zur Kreiselbewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.9.1 Stabilität des Fahrrades . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.9.2 Aufrichten der Kreiselachse infolge Reibungsmoment . . . . . . . . 9.9.3 Kollergang der Mühlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.9.4 Kreiselkompass . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.9.5 Deviationsmomente eines nicht ausgewuchteten Rades . . . . . . . . 9.9.6 Der Präzessionszyklus des Mondes (Saros-Zyklus) . . . . . . . . . . 9.9.7 Die Präzession der Erdachse beim Umlauf um die Sonne . . . . . . 10 Raum-Zeit-Symmetrie und die klassischen Erhaltungssätze 11 Elastizität der festen Körper † 11.1 Interatomare Kräfte, Elastizität und Plastizität . . . 11.2 Spannungen und ebene Spannungszustände . . . . . . 11.2.1 Beispiele ebener Spannungszustände . . . . . 11.3 Deformation isotroper Körper, elastische Konstanten. 11.3.1 Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.4 Zwei Beispiele zur Biegung und Torsion . . . . . . . . 11.4.1 Biegung eines Balkens . . . . . . . . . . . . . 11.4.2 Torsion eines zylindrischen Stabes . . . . . . . † 94 94 96 98 99 100 101 101 102 103 104 106 107 109 109 112 114 115 116 117 117 117 118 118 119 119 120 122 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 . 124 . 125 . 128 . 128 . 129 . 132 . 132 . 135 12 Mechanik der Gase und Flüssigkeiten 12.1 Statik der Gase und Flüssigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . 12.1.1 Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.2 Der Auftrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.2.1 Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.3 Dynamik idealer Flüssigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.3.1 Die Kontinuitätsgleichung für stationäre Strömungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . iii . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 137 138 141 142 143 144 12.4 12.5 12.6 12.7 12.3.2 Die Bewegungsgleichung von Euler und Bernoulli † . . . . . . . . . 144 12.3.3 Spezialfall der Bernoulli-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 12.3.4 Potentialströmungen † . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 12.3.5 Beispiele † . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 12.3.6 Die Berechnung einer Potentialströmung aus der Potentialgleichung † 148 12.3.7 Anwendungen der Bernoulli-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . 149 Innere Reibung der Gase und Flüssigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 Viskose Widerstände und Reynoldsche Zahl . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 Der dynamische Auftrieb und Widerstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 Kohäsions- und Adhäsionseffekte bei Flüssigkeiten . . . . . . . . . . . . . . 159 12.7.1 Die Differentialgleichung einer Oberfläche (Seifenblase) † . . . . . . 164 A Physikalische Konstanten Stand 1986 166 B Grössen und Einheiten der Physik 167 B.1 Grössenart, Dimension, Einheitensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 B.1.1 Grösse und Zahlenwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 B.1.2 Grössenart und Dimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 B.1.3 Grössengleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 B.1.4 Winkel und Raumwinkel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 B.1.5 Wahl der Basisgrössen in Einheitensystemen . . . . . . . . . . . . . 168 B.2 SI-Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 B.2.1 Von den SI-Einheiten abgeleitete Einheiten z.T. mit speziellen Namen171 B.2.2 Verschiedene Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 B.2.3 Vorsilben der Dezimalteilung von Einheiten . . . . . . . . . . . . . 173 B.3 Astronomische Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 C Mathematische Hilfsmittel C.1 Mathematische Formelsammlung . . . . . . . . . . . . . . C.1.1 Trigonometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C.1.2 Komplexe Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C.1.3 Hyperbolische Funktionen . . . . . . . . . . . . . . C.1.4 Inverse Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . C.1.5 Ableitungen und unbestimmte elementare Integrale C.1.6 Einige bestimmte Integrale, . . . . . . . . . . . . . C.1.7 Reihenentwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . C.2 Zusammenstellung von Differentialgleichungen in Physik A C.3 Vektorgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C.4 Theoreme aus der Vektorrechnung . . . . . . . . . . . . . . C.5 Explizite Formen von Vektoroperationen . . . . . . . . . . iv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 . 174 . 174 . 174 . 174 . 174 . 175 . 176 . 176 . 177 . 178 . 178 . 179 Mechanik Die Mechanik ist die Lehre von den Bewegungen materieller Körper. Sie umfasst also sowohl die Bewegungen von Atomen und Molekülen in Gasen und Flüssigkeiten und Festkörpern als auch die Bewegungen von Fahrzeugen, Satelliten und Galaxien. Die Statik ist die Lehre des Gleichgewichtes und die Kinematik die Lehre der Bewegung unter dem Einfluss von Kräften. Die Physik sucht nach den Fundamentalgesetzen und prüft sie anhand der Erfahrung d.h. durch das Experiment. Die Materialgesetze z.B. in der Festigkeitslehre oder in der Festkörperphysik sind dabei nur beschränkt gültig1 . Der Begriff des Massenpunktes wird benutzt, um der Vielfalt der Bewegungen beizukommen, d.h. für einen Körper wird die räumliche Ausdehnung klein gegenüber allen Abmessungen, die bei der Bewegung eine Rolle spielen, angenommen. So kann in vielen Problemen die Erde auf ihrer Bahn um die Sonne als Massenpunkt angesehen werden. Zur Erklärung der Gezeiten dagegen müssen jedoch die räumliche Ausdehnung und ihre Eigenrotation berücksichtigt werden. Wie gezeigt wird, greift die Schwerkraft am Schwerpunkt eines ausgedehnten Körpers an; dieser Schwerpunkt als Massenmittelpunkt wird somit als Massenpunkt genommen. Als mathematischer Punkt kann der Massenpunkt im Raume durch drei Koordinaten festgelegt werden, er führt also nur translatorische Bewegungen aus; Rotationen und Vibrationen sind nicht im Spiel. Diese Vereinfachung erleichtert wesentlich die grundsätzliche physikalische Beschreibung. Auf Grund unserer heutigen Erkenntnisse sind Elektronen und Positronen sowie auch die schwereren Leptonen (Myon und Tau, siehe Anhang) O bjekte ohne eine Ausdehnung2 . Hadronen, wie das Proton, Neutron oder Mesonen, haben dagegen einen Radius von ca 0.6 fm=0.6·10−15 m. Die Behandlung der Mechanik wird wesentlich einfacher, wenn wir mit der geometrischen Beschreibung der Bewegung eines Massenpunktes beginnen (Kinematik), wenn wir also die Ursachen dieser Bewegung (Dynamik) ausser acht lassen und später den ausgedehnten Körper als eine Vielzahl (System) von Massenpunkten ansehen. Begriffssysteme Fundamentale Begriffe, auf die sämtliche Betrachtungen zurückgeführt werden können, sind der Raum einschliesslich der Geometrie des Raumes, die Zeit und die Masse mit den mechanischen Eigenschaften der Materie. Wichtig ist nicht allein die Definierbarkeit sondern die Messbarkeit dieser Grössen. Alle weiteren Grössen lassen sich durch Fundamentalbegriffe und Definitionsgleichungen oder physikalische Gesetze ableiten, z.B. Druck=Kraft/Fläche, Kraft=Masse·Beschleunigung. In der Mechanik sind nur diese drei fundamentalen Grössen notwendig, zusätzlich müssen die Temperatur und Grössen der Elektrizitätslehre definiert werden. Die Länge wurde früher aus subjektiven Abmessungen festgelegt: Fuss3 , Elle, Zoll usw. Vom Wohlfahrtsausschuss in Paris wurde am 9. Primaire VIII (Revolutionszeitrechnung) geographisch das mètre vrai et définitif als 1m=1/40 000 000 des Meridianumfanges 1 Es werden dann häufig angenäherte Gesetzmässigkeiten oder Modelle mit freien Parametern an experimentelle Daten angepasst, um somit bestimmte Eigenschaften beschreiben zu können. 2 In der Quantenelektrodynamik (siehe später Vorlesungen der theoretischen Physik) erhält das Elektron durch die Vakuumpolarisation und die Massenrenormierung, d.h. durch die virtuelle Erzeugung und Vernichtung von Elektron-Positron Paaren und Photonen in der elektromagnetischen Wechselwirkung, eine dynamische Ausdehnung. Experimentell ist die Ausdehnung kleiner als 10−18 m. 3 Die Länge der Schuhe von 16 Männern nach dem Kirchgang dividiert durch 16. 1 der Erde festgelegt4 . Da eine genauere Definition notwendig wurde, diente ein in Paris aufbewahrter Platin-Iridium Stab als Urmeter. Dieser ist jedoch Umwelteinflüssen ausgesetzt und eine Eichung ist nur in Paris möglich. 1960 wurde 1m=1 650 763.73 Wellenlängen des roten, ungestörten 86 Kr 5d5 − 2p10 Überganges definiert. Diese Definition ist auf 10−9 genau mit Laserinterferometrie überall reproduzierbar. Seit Oktober 1983 wird, nachdem die Lichtgeschwindigkeit als eine exakte Naturkonstante mit c=299 792 458 m/s festgelegt wurde, definiert: “Le mètre est la longueur du trajet parcouru dans la vide par la lumière pendant une dureé de 1/299 792 458 de seconde.” “Ein Meter ist die Weglänge, die Licht im Vakuum innerhalb einer 1/299 792 458 Sekunde zurücklegt.” Die Länge ist damit auf eine sehr genau durchführbare Frequenzmessung λ = c/ν zurückgeführt und basiert auf einer festgelegten Naturkonstanten. Dennoch gibt es bei der Realisierung noch eine Reihe von Problemen, wenn die Genauigkeit erhöht werden muss5 . Die Zeit mit dem Herzschlag subjektiv, mit einer Sanduhr oder mit dem Pendel festzulegen, ist zu ungenau für heutige Anforderungen. Geophysikalisch wurde ein mittlerer Sonnentag aus dem siderischen Jahr6 mit 1asid = 365.25636 definiert. Infolge der Gezeitenreibung wächst jedoch die Tageslänge um 5 · 10−8 s/Tag und Zeiten können nur nachträglich festgelegt werden. Atomphysikalisch gilt seit 1967 als Standard: 1 Sekunde (s) ist die Zeitdauer von 9 192 631 770 Schwingungen des Hyperfeinüberganges des 2 s1/2 Grundzustandes des 133 Cs Atoms. Die Stabilität ist 3·10−13 , die relative erreichbare Genauigkeit7 jedoch nur 1·10−11 . Die Masse bestimmt den quantitativen Zusammenhang zwischen Kraft und Beschleunigung F~ = m · ~b = dtd (m~v ). Es kann entweder hiermit die Kraft F~ aus der Masse m als Basis (in dieser Vorlesung benutzte SI-Einheiten) oder die Masse m aus der Kraft F~ als Basis (technische Einheiten) abgeleitet werden. Die Grundeinheit Masse ist bis heute an einen künstlichen materiellen Körper gebunden8 : 1 Kilogramm (kg) ist die Masse des aus 90% Pt und 10% Ir bestehenden Urkilogramms (Zylinder von 39mm ⊘ × 39mm ), das im Bureau International des Poids et Mesure in 4 Dies ist eine gute Merkzahl der Grösse der Erde. Heute ist 1m=1/40 009 100 des Meridianumfanges der Erde, bei geforderter höherer Genauigkeit gibt es Probleme mit der Erdgestalt. 5 (siehe P.W. Petley Nature Vol.303 (1983) 373) Licht ist eine sichtbare elektromagnetische Welle im Wellenlängenbereich 400-700 nm, dies ist restriktiv; theoretisch ist jedoch die Masse des Photons null und damit ist die Definition für alle Wellenlängen gültig. In Materie muss jedoch auf die unterschiedliche Dispersion geachtet werden. Vakuum ist nur begrenzt ohne Materie herstellbar, es enthält jedoch auch Felder, Strahlung und Gravitationsfelder, sie beeinflussen Raum und Zeit und damit muss eine Trajektorie nicht gerade sein. Zeitintervalle sind nur in einem nicht beschleunigten Inertialsystem definierbar, während die Erde ein rotierendes und damit beschleunigtes System ist. Bei der Ausbreitung einer Welle ist die Gruppengeschwindigkeit und nicht die Phasengeschwindigkeit massgebend (siehe später Physik A II). Eine neue Meterdefinition ist möglich auf der Basis atomistischer Grössen, die z.B. die Feinstrukturkonstante α mit dem klassischen Elektronenradius festlegen. 6 Die Zeit nach der die Erde bezüglich der Fixsterne nach einem Sonnenumlauf die gleiche Position hat. Infolge der 25000 Jahre Präzession der Erdachse (Kap. 9.9.7) ist 1asid 6= 1atropisch . Die relativistische Zeitdilatation zwischen Pol und Äquator ist ≈ 100ns/Tag. 7 Wayne M. Itano, Norman F. Ramsey, “Ultragenaue Zeitmessung”, Spektr.d.Wiss. Sept.1993,S32. 8 Das Kilogramm wird in Zukunft auf der Basis der Naturkonstanten (z.B. h̄) neu definiert werden [E.Braun, “Hat das Ur-Kilogramm bald ausgedient?”, Phys.Blätter 54(1998)11,998]; E.O.Göbel ibid 57(2001)35. 2 Sèvres (Paris) aufbewahrt wird. Es entspricht ungefähr der Masse von 1 l Wasser bei 3.980 C. Die Konstanz dieser Masse z.B. durch Staub und Abrieb beeinflusst ist ca 2.5·10−8 . Die Basisgrössen in Einheiten-Systemen können verschieden gewählt werden9 . Hierbei sollten folgende Randbedingungen beachtet werden: (i) Die Anzahl Einheiten sind auf ein Minimum beschränkt. (ii)Die Bildung neuer Grössen (nicht Dimensionen) soll nur durch Multiplikationen und Divisionen bestehender Grössen bestimmt werden, nicht aber durch gebrochene Exponenten. An der 11. Generalkonferenz für Masse und Gewichte wurde 1960 ein kohärentes Einheitssystem, das Systeme International d’Unitès (SI), für den allgemeinen Gebrauch empfohlen. Die der Konvention angehörenden Staaten sind gehalten, das SI (siehe Anhang B) durch Gesetz einzuführen, es ersetzt alle früheren Masssysteme, wie das cgs, das MKS oder das technische System. In der Atomphysik, der Astrophysik und in der theoretischen Physik ist es jedoch oft zweckmässig, eigene Systeme einzuführen10 . 1 Kinematik des Massenpunktes 1.1 Ort und Bahn Der Ort eines Massenpunktes m wird relativ zu einem Bezugspunkt ° (Origio = Ursprung) angegeben, und zwar durch den sog. Ortsvektor ~r, der von ° zum Ort des Massenpunktes zeigt. Die Spitze dieses Ortsvektors, d.h. die Funktion ~r = ~r(t), folgt der Bahn und beschreibt so die Bewegung im Laufe der Zeit. Wir haben hier die geometrische Interpretation des Vektors als gerichteter Geradenabschnitt benutzt. Der Vektor ist also durch seine Länge (Betrag) und seine Richtung festgelegt. Da man Vektoren addieren kann (Vektorparallelogramm), kann man umgekehrt den Ortsvektor auch in Komponenten zerlegen. Häufig wird dazu ein kartesisches Koordinatensystem bez nutzt, das durch drei aufeinander senkrecht stehende Ein6 heitsvektoren ~i, ~j, ~k aufgespannt wird. Es gilt dann sm * ~r ©© ~k 6 ©© © © f-y x(t) ~i ¡ ¡ ~j ª ¡ ~r(t) = x(t)~i + y(t)~j + z(t)~k oder ~r(t) = y(t) ¡ ª ¡ z(t) x Allgemein kann also ein räumlicher √Vektor durch drei skalare Grössen x, y, z ersetzt werden. Der Betrag ist r = |~r| = x2 + y 2 + z 2 . Man beachte: In einem Experiment können nur skalare Grössen gemessen werden. Der Endpunkt von ~r(t) beschreibt die Bahn von m. Sind die Ortskoordinaten als Funktion der Zeit t vorgegeben, so lässt sich daraus durch Elimination von t die Bahnkurve (Parameterdarstellung einer Kurve) berechnen. Wie z.B. x = a · t, y = b · t2 und damit die Parabelbahn y = b · x2 /a2 . 9 Fleischmann Zeitschrift für Physik 129(1951)377; Kamke, Krämer Physikalische Grundlagen der Masseinheiten 1977 S19, vgl. Zusammenfassung Anhang B.1.5. 10 z.B. c = h̄ = me c2 = 1 in der theoretischen Physik. 3 Statt kartesischer sind oft andere Koordinaten zweckmässiger. Für Zylinderkoordinaten ρ, ϕ, z sind die Einheitsvektoren ~eρ = ~i cos ϕ + ~j sin ϕ, ~ez = ~k, √ z m ~eϕ = −~i sin ϕ + ~j cos ϕ, ρ = x2 + y 2 r→ ~r = ρ~eρ + z~k = ~iρ cos ϕ + ~jρ sin ϕ + ~kz oder x ϕ=0 y ρ ϕ ρ cos ϕ x ~r = y = ρ sin ϕ z z Für Polarkoordinaten r, ϑ, ϕ ist ~er = ~i sin ϑ cos ϕ + ~j sin ϑ sin ϕ + ~k cos ϑ, ~eϑ = ~i cos ϑ cos ϕ + ~j cos ϑ sin ϕ − ~k sin ϑ, ~eϕ = −~i sin ϕ + ~j cos ϕ z m ~r = ~ir sin ϑ cos ϕ + ~jr sin ϑ sin ϕ + ~kr cos ϑ oder r→ ϑ x y ϕ r sin ϑ cos ϕ x ~r = y = r sin ϑ sin ϕ r cos ϑ z Die Anzahl der unabhängigen Koordinaten, die den Ort eines Massenpunktes eindeutig festlegen, nennt man die Zahl seiner Freiheitsgrade f . Aus obigen Betrachtungen ist f = 3 für eine allgemeine räumliche Bewegung. y Ist die Bewegung an eine Fläche E gebunden, so ist f = 2. Es genügen zwei Koordinaten zur Beschreibung einer ebenen Bem r→ wegung, entweder die kartesischen Koordinaten x, y oder die E ϕ Polarkoordinaten r, ϕ. Bewegt sich der Massenpunkt längs einer x vorgegebenen Kurve, so ist f = 1, und der Ort ist durch die Bogenlänge s eindeutig bestimmt. 1.2 Die Geschwindigkeit eines Massenpunktes Die Geschwindigkeit ~v gibt an, wie schnell und in welcher Richtung sich der Ortsvektor mit der Zeit verändert. Die sogenann∆r ∆t te Momentangeschwindigkeit ~v (t), d.h. die Geschwindigkeit in ∆r→ einem bestimmten Zeitpunkt t, wird durch folgende Operation → → erhalten. Man bestimmt die Ortsänderung ∆~r während des Zeitr(t) r(t+∆t) intervalles ∆t. Dann stellt ∆~r/∆t die mittlere Geschwindigkeit im Zeitintervall ∆t dar. Wenn dieser Quotient für immer kleiner gewählte ∆t einem endlichen Grenzwert (Limes) zustrebt, definieren wir diesen Wert als momentane Geschwindigkeit ~v (t) in [m/s]: → v ~r(t + ∆t) − ~r(t) ∆~r d~r x = lim = = vy = ~v (t) = lim ∆t→0 ∆t ∆t→0 ∆t dt vz dr→ → r(t) v→ → r(t+∆t) dx dt dy dt dz dt k = vx~i + vy~j + vz~ Im Differentialquotienten d~r/dt sind d~r und dt infinitesimal kleine Grössen und einzeln nicht definiert. Dennoch wird in der Physik häufig das sog. Differential d~r benützt und als sehr kleiner Vektor aufgefasst und sogar gezeichnet. Wir werden dies im folgenden auch tun und dabei immer bedenken, dass geometrische 4 Beziehungen, die wir aus solchen Skizzen ablesen, nur gelten, wenn das Differential gegen Null strebt. So ergibt sich, dass z.B. d~r = ~r(t + dt) − ~r(t) tangential zur Bahnkurve steht. Daher ist auch die Geschwindigkeit ~v tangential zur Bahnkurve. Der Betrag q der Geschwindigkeit ist dann mit den Komponenten in kartesischen Koordinaten v = vx2 + vy2 + vz2 . Wenn wir aus der Ortsfunktion ~r(t) durch Differenzieren die Geschwindigkeit ~v erhalten, so muss sich durch die Umkehroperation, das Integrieren, aus ~v wiederum ~r berechnen lassen. Mit 3 Integrationskonstanten ~r(t◦ ) = x(t◦ )~i + y(t◦ )~j + z(t◦ )~k gilt ~r(t) = Zt t◦ h Zt ~v (t )dt +~r(t◦ ) = ~i ′ ′ s = ∫ √ dx 2 +dy 2 +dz2 = ∫√ v2x +v2y +v2z dt t◦ i vx (t )dt +x(t◦ ) +~j ′ ′ h Zt t◦ ′ → → r(t)-r(t o) r(t o) → r(t) 1.3 h Zt t◦ i vz (t′ )dt′ +z(t◦ ) wenn zu einer bestimmten Zeit t◦ der Ort (Anfangsort) ~r(t◦ ) vorgegeben ist. Die Skizze zeigt, dass die Differenz Weg s → i vy (t )dt +y(t◦ ) +~k ′ ~r(t) − ~r(t◦ ) = Zt ~v (t′ )dt′ t◦ nur im ganz speziellen Fall der geradlinigen Bewegung gleich dem zurückgelegten Weg (Bogenlänge11 ) s ist! Die Beschleunigung eines Massenpunktes Die Geschwindigkeit ~v eines Massenpunktes ist im allgemeinen eine Funktion der Zeit; ~v (t) kann sowohl den Betrag wie auch die Richtung ändern. Während ~v (t) als Tangente an die Bahnkurve im Ortsraum → → ∆v definiert ist, kann man analog die Beschleunigung ~a(t) als v(t) die Tangente an die Bahnkurve im Geschwindigkeitsraum dar→ ∆v → =a stellen. Wir definieren also: → ∆t v(t+∆t) ∆~v ~v (t + ∆t) − ~v (t) d~v = lim = . ∆t→0 ∆t ∆t→0 ∆t dt ~a(t) = lim → v(t) Setzen wir die Definition für ~v ein, so erhalten wir nach den Regeln der Differentialrechnung → → r(t) v(t+dt) → a(t) d~v d ~a(t) = = dt dt à d~r dt ! d2~r = 2 dt · ¸ m , s2 also einen direkten Zusammenhang zwischen der Ortsfunktion und der Beschleunigung. Genau wie vorher können wir bei gegebener Beschleunigung die Geschwindigkeit durch Integration erhalten. ~v (t) = ~v (t◦ ) + Zt ~a(t′ )dt′ . t◦ Auf Grund der Definition von ~a liegt ~a parallel zu d~v . Folgende Spezialfälle sind wichtig: 11 R.Rothe “Höhere Mathematik” Bd I, S.136, Teubner 1955 5 a) ~v ändert sich nur im Betrag und nicht in der Richtung. Dann ist d~v k~v , also ~ak~v , d.h. die Beschleunigung ist auch tangential zur Bahn. b) ~v ändert sich nur in der Richtung und nicht im Betrag. Durch Differenzieren des Skalarproduktes ~v · ~v erhalten wir: ~v (t) - d~v ~v (t + dt)~v (t) XX XX X d~v XX z? d d~v d~v d~v (~v · ~v ) = ~v · + · ~v = 2~v · = 0. dt dt dt dt v = 0, d.h. d~v ⊥ ~v . Die Beschleunigung steht Da aber ~v · ~v = v 2 = konst, so folgt 2~v · d~ dt also senkrecht zur Bahn. Obwohl hier der Betrag der Geschwindigkeit konstant ist, tritt wegen der Richtungsänderung eine Beschleunigung auf. |d~v | ist nicht gleich d|~v |! c) Im allgemeinen Fall steht ~a weder parallel noch senkrecht zu ~v und ~a besitzt also eine Komponente atang parallel zu ~v (tangential zur Bahn) und eine Komponente anorm senkrecht zur Bahn. d) Jede krummlinie Bewegung ist eine beschleunigte Bewegung. ~v (t + dt) 1.4 Komponentendarstellung von Geschwindigkeit und Beschleunigung Die Vektorschreibweise von physikalischen Beziehungen gestattet eine einfache und kompakte Darstellung, die ferner, wie wir noch sehen werden, auch Symmetriebeziehungen und Transformationseigenschaften besser erkennen lässt12 . Für numerische Zwecke müssen wir jedoch Vektoren in ihre Komponenten in einem geeigneten Koordinatensystem zerlegen. Wir behandeln 3 Beispiele. 1.4.1 Raumfestes kartesisches xyz-Koordinatensystem mit zeitunabhängigen Einheitsvektoren ~i, ~j, ~k. Aus dem Ortsvektor ~r(t) = x(t)~i + y(t)~j + z(t)~k erhält man durch Differentiation die Geschwindigkeit d~r dx dy dz = ~i + ~j + ~k = vx (t)~i + vy (t)~j + vz (t)~k dt dt dt dt und die Beschleunigung ~v (t) = d~v dvx~ dvy ~ dvz ~ d2 x d2 y d2 z = k = 2 ~i + 2 ~j + 2 ~k = ax (t)~i + ay (t)~j + az (t)~k (1) i+ j+ dt dt dt dt dt dt dt Die Beträge dieser Vektoren sind dann ~a(t) = z 6 x ¡ ª ¡ 12 ¡ f© |~r| = r = * ~r©©© © © ¡ -y |~v | = v = |~a| = a = q x2 + y 2 + z 2 v ! uà u dx 2 t dt + v ! uà u d2 x 2 t dt2 à dy dt à (2) !2 d2 y + dt2 + !2 à dz dt !2 à d2 z + dt2 Vektoranalysis = Differentialrechnung im 3-dimensionalen oder n-dimensionalen Raum. 6 (3) !2 (4) 1.4.2 Normal- und Tangentialkomponenten Wir führen einen Einheitsvektor ~u ein, der in jedem Punkt tangential zur Bahn liegt: ~v = v~u. ~u ist also zeitabhängig und läuft auf der Bahn mit. Dann ergibt sich als Beschleunigung d~v d dv d~u = (v~u) = ~u + v . (5) dt dt dt dt Da ~uk~v steht, stellt der erste Term die Tangentialbeschleuni~u dar. Da ~u ein Einheitsvektor ist, gilt ~u · ~u = 1 gung ~atang = dv dt → u ~a = → v → r und ~u(t) XX XXX dϕ d~ u XX z? ~u(t + dt) → dr→ u(t) also für d~u 6= 0 ist dt d~u ⊥ ~u. Als Einheitsvektor kann ~u nur seine Richtung, aber nicht seinen Betrag ändern. Die durch d~u definierte Richtung nennen wir die Hauptnormale der Kurve und legen sie durch den Einheitsvektor ~n fest: ~nkd~u. Wenn die Zeit um dt fortschreitet, hat sich ~u um den Winkel dϕ → u(t+dt) gedreht. Es ist also → n(t) d~u d ~u · ~u = 2~u · = 0, dt dt → ϕ|~u| = |d~u| oder d~u = dϕ ~n n(t+dt) im Grenzfall infinitesimal kleiner Winkel dϕ. Somit identifizieren wir vd~u/dt (den zweiten Term in Gl.(5) für ~a) als die Normalbeschleunigung ~anorm = v dϕ ~n. Die durch ~u und ~n aufgespannte dt → M r(t+dt) Ebene heisst Schmiegungsebene. In ihr liegt der Krümmungskreis , den man zu jedem Punkt einer Bahnkurve angeben kann und der durch drei sehr nahe benachbarte Punkte bestimmt ist, deren Abstand gegen 0 strebt. Mittels des Krümmungsradius ρ wird dr = ρdϕ und dϕ = |d~u| und somit dϕ 1 |d~r| v2 |d~u| = v = v = . a = v norm P1 P2 P3 dt dt ρ dt ρ → r(t) dϕ ρ ρ M Zusammenfassung: ~v = v~u, ~a = dv v2 ~u + ~n = atang~u + anorm~n dt ρ Hierbei wurde kein Koordinatensystem spezifiziert. Auf einer gekrümmten Bahn erfährt ein Massenpunkt eine Normalbeschleunigung in Richtung der konkaven Seite. Die Richtung von ~anorm zeigt gegen M (Zentripetalbeschleunigung). 1.4.3 Ebene Kreisbewegung ~v, ~a in Polarkoordinaten Der Massenpunkt wird durch die Koordinaten r und ϕ festgelegt. Wir führen zwei zeitabhängige EinheitsK © ~eϕ (t+dt) ~er (t+dt) A A©* * © © vektoren ein: ~er k~r in Richtung wachsender ~r und I @ µ ¡ dϕ ©© @¡ ~ r (t+dt) © ~ r (t) µ ¡ ~eϕ ⊥ ~r in Richtung wachsender ϕ. Dann ist zunächst ¡ ϕ(t+dt) ©© ¡ © ϕ(t) ~r = r~er . Als Einheitsvektoren können ~eϕ und ~er nur ϕ=0 0 ihre Richtungen ändern. Analog zu den bisherigen Betrachtungen folgt also ~eϕ (t) ~er (t) d~er ⊥ ~er , dt d~eϕ ⊥ ~eϕ dt oder d~er dϕ = ~eϕ dt dt 7 und d~eϕ dϕ = − ~er . dt dt Das Minuszeichen tritt auf, weil d~eϕ antiparallel zu ~r gerichtet ist. ~v und ~a erhält man durch einfaches Differenzieren von ~r = r~er . à : » » ~er (t+dt) »» 6 d~er »»dϕ »» - ! d~r dr d~er dr dϕ ~v = = ~er + r = ~er + r ~eϕ = vr~er + vϕ~eϕ . dt dt dt dt dt ~er (t) |d~er |=|~er |dϕ vr = oder in Komponenten dr , dt vϕ = r à dϕ . dt (6) ! dr d~er d2 r d2 ϕ dr dϕ dϕ d~eϕ d~v = + 2 ~er + r 2 + ~eϕ + r Für die Beschleunigung gilt ~a = dt dt dt dt dt dt dt dt dt à d2 r dϕ = 2 −r dt dt Beschleunigung in Polarkoordinaten !2 " # 2 d ϕ dr dϕ ~ er + r 2 + 2 ~eϕ = ar~er + aϕ~eϕ . dt dt dt à dϕ d2 r ar = 2 − r dt dt !2 " dr dϕ d2 ϕ aϕ = r 2 + 2 dt dt dt # (7) Die zur Zwischenrechnung eingeführten Einheitvektoren ~er und ~eϕ gehen natürlich in das Endergebnis nicht ein sondern nur die Polarkoordinaten r und ϕ sowie t. Speziell für eine Kreisbahn (r = konst = R) erhält man vr = 0, vϕ = R dϕ =v dt ~aϕ ~vϕ H Y HH #à Y Hu ¢ ~ar ¢ s® BR B "! ω= dϕ dt à dϕ und ar = −R dt !2 vϕ = −R R ist die Winkelgeschwindigkeit und ar = − v2 = −ω 2 R R µ dω dt = ¶2 d2 ϕ dt2 =− v2 , R aϕ = R d2 ϕ . dt2 die Winkelbeschleunigung. ist die Bedingung für eine Kreisbewegung. (8) Sie wird oft Zentripetalbeschleunigung genannt. Sie kann z.B. erzeugt werden durch eine Fadenkraft einer rotierenden Masse, durch die Lorentzkraft eines geladenen Teilchens in einem Magnetfeld oder die Gravitationskraft bei der Bewegung der Erde um die Sonne13 . 1.5 Die Winkelgeschwindigkeit als ein Vektor · ¸ dϕ 1 ϕ̇ = = ω ist die Winkelgeschwindigkeit dt s · ¸ 2 dϕ dω 1 ϕ̈ = 2 = . = ω̇ = β die Winkelbeschleunigung dt dt s2 T = ω2π0 ist die Umlaufzeit nur für ω = ω0 =konst und ν = T1 = ω2π0 die Frequenz (Umlaufzahl). 13 Die entsprechend bezeichnete Zentripetalkraft m~ar = −mω 2 R ist daher keine Kraft sondern die geometrische Bedingung für eine Kreisbahn mit r =konst. Sie kann z.B. gebildet werden durch eine Fadenkraft, die Gravitationskraft [Kap. 3.6.1], die Lorentz-Kraft [Phys.AII]. 8 In dieser Definition ist ω zunächst nur als ein Skalar gegeben. → → = Rω kann aber aus der WinkelgeschwinMit v = R · dϕ v dt R digkeit die Geschwindigkeit berechnet werden. Damit muss ϕ ω ebenfalls Vektorcharakter besitzen abhängig von ~v und r→ ~ ω ~ und ϑ ~r. Für eine Kreisbahn mit R =konst ist ~v ⊥ R, ~ ⊥R ω ~ ⊥ ~v . ~ nicht senkrecht zu ω Bei einer allgemeinen ebenen Bewegung steht R ~, ω ~ ist dann nicht konstant im Betrag. Mit dem Einheitsvektor in der Drehachse ~e ist ~e. ω ~ (t) = ω(t) · ~e = dϕ dt ω ~ ist ein axialer Vektor oder Pseudovektor , der durch seinen Drehsinn und nicht durch eine Richtung ausgezeichnet ist während ~r und ~v als polare Vektoren eine Richtung angeben. Für die Beträge gilt ω→ R = r · sin ϑ und |~v | = r · sin ϑ · ω = |~ω × ~r|, ⇒ ~v = ω ~ × ~r wobei das Vektorprodukt zunächst hier formal benutzt wurde. Obwohl ω ~ einen Drehsinn kennzeichnet, kann in der Konvention einer rechtsdrehenden Korkenzieherregel auch eine Richtung festgelegt werden14 Mit dem Zusammenhang ~v = ω ~ × ~r gilt für die Beschleunigung ω→ ~ {z × ~r}˙ = ~atang + ~anorm ~a = ~v˙ = |ω ~˙ {z × ~r} + |ω tangential Def: Rechtsschraube normal und für die Normalkomponente der Beschleunigung: ~anormal = −anormal · ~eR = ω ~ × ~r˙ = ω ~ × ~v = ω ~ × (~ω × ~r) 1.6 Berechnung von ~v und ~r aus ~a, ~r0 und ~v0 Ist der Ort ~r(t) eines Massenpunktes als Funktion der Zeit vorgegeben, so lassen sich Geschwindigkeit und Beschleunigung daraus durch Differentiation berechnen: d~r d~v d2~r ; ~a(t) = = 2. dt dt dt Umgekehrt können bei gegebener Beschleunigung Geschwindigkeit und Ort zu jeder Zeit durch Integration erhalten werden: ~v (t) = ~v (t) = Zt t◦ ′ ′ ~a(t )dt + ~v (t◦ ); ~r(t) = Zt t◦ 14 ~v (t′ )dt′ + ~r(t◦ ). Wir unterscheiden polare Vektoren, die eine Richtung beinhalten und axiale Vektoren (Pseudovektoren), die durch einen Drehsinn gekennzeichnet sind. Man beachte: Es gilt in den mathematischen ~ Produkten von polaren Vektoren P~ und axialen Vektoren A: ~ ~ × P~ = P~ , ~×A ~=A ~ P~ × P~ = A, A A z 6 Führt man für die beiden Vektortypen eine Paritätsoperation P d.h. eine Spie* © ~ r© gelung am Ursprung durch, dann gilt: © © ~ ~ ~ ~ ³ P P = −P und P A = +A, z.B. für den Ortsvektor P~r = −~r. x y )³ ³ ©© © Die beiden Vektortypen unterscheiden sich also in ihrer Symmetrie gegenüber ¼ © −~ r =P~ r dem Paritätsoperator. 9 Natürlich muss diese Vektorgleichung bei einer expliziten Berechnung als drei skalare Gleichungen für die drei räumlichen Koordinaten (z.B. x, y, z kartesische Koordinaten) ausgeschrieben werden. Die beiden Integrationskonstanten müssen aus den Anfangsbedingungen berechnet werden. Anschaulich bedeutet dies: Die Endlage eines Massenpunktes bei bekannter Beschleunigung ist nur eindeutig, wenn z.B. der Anfangspunkt ~r◦ = ~r(t◦ ) und die Anfangsgeschwindigkeit ~v◦ = ~v (t◦ ) gegeben sind. Als Beispiel betrachten wir die Bewegung eines Massenpunktes längs der x-Achse. Die Beschleunigung ax sei konstant, wie bei der Erdbeschleunigung g mit der x-Richtung als Fallrichtung. Aus ax 6 ax = -t vx 6 vx (t◦ ) ³³ ³ ³ ³³ dvx = konst folgt durch einmalige Integration dt vx (t) = -t Zt t◦ ax dt′ + vx (t◦ ) = ax · (t − t◦ ) + vx (t◦ ). Für t◦ wählen wir den Zeitnullpunkt, d.h. t◦ = 0. Mit der Anfangsbedingung vx (t◦ ) = vx (0) = 0 wird dann vx (t) = ax t = dx . dt Nochmalige Integration liefert x t x(t) = Zt ◦ vx (t′ )dt′ + x(0) = ax t2 + x(0). 2 Mit der zweiten Anfangsbedingung x(0) = 0 wird dann schliesslich x(t) = 12 ax t2 . Die Kenntnis von Ort und Geschwindigkeit nur zu einem Zeitpunkt t◦ legt bei bekannter Beschleunigung ~a den gesamten Bewegungsablauf fest. 10 2 Die Grundgesetze der Mechanik Wir suchen jetzt nach den Ursachen der Bewegung, insbesondere wollen wir quantitative Beziehungen aufstellen. Wir werden von Beobachtungen des Alltags ausgehen, Begriffe wie Masse und Kraft einführen, und dann zur Formulierung der Newtonschen Prinzipien gelangen, welche eine quantitative Erfassung aller mechanischen Vorgänge der klassischen Physik gestatten. 2.1 Masse und Kraft Was wir gemeinhin als Kraft bezeichnen, ist unseren alltäglichen Erfahrung entnommen: wir müssen Muskelkräfte aufwenden, um z.B. einen Körper zu deformieren oder ihn in Bewegung zu versetzen. Wir fragen also nach den Wirkungen einer Kraft; die Frage nach dem Wesen der Kraft bleibt hier zunächst unbeantwortet. 1. Eine subjektive Schmerzempfindung aufgrund einer Kraft ist eine ungenügende Definition einer Kraft. 2. Mit unserer Muskelkraft können wir einen elastischen Körper deformieren. So wird z.B. eine ideale Feder verlängert oder verkürzt, wobei die Deformation offenbar umso grösser ist, je stärker die Kraft ist. Ferner ist die Deformation reversibel und reproduzierbar, d.h. unabhängig von der Vorgeschichte. Insbesondere wird die Deformation bei Wegnahme der Kräfte immer wieder verschwinden. Diese Eigenschaft können wir daher benützen, um Kräfte mit einer Standardfeder durch Deformation zu messen (Dynamometer). 3. Kraft ist auch die Ursache einer Bewegungs-, also Geschwindigkeitsänderung einer Masse. Insbesondere muss auf einen Körper eine Kraft wirken, um ihn aus dem Zustand der Ruhe in denjenigen der Bewegung zu bringen. Hierbei sehen wir aus dem Experiment schon unmittelbar, dass die Geschwindigkeitsänderung umso grösser wird, je grösser die wirkende Kraft ist. Ferner ergibt sich ebenso unmittelbar, dass die Kraft eine vektorielle Grösse ist, da die Richtung der eintretenden Geschwindigkeitsänderung mit der Richtung der Kraft variiert. Rolle Quantitative Versuche zu einer eindimensioReiter nalen Bewegung können wir mit der Luftkissenbahn ausführen. Kleine Reiter gleiten fast ungehindert d.h. reibungsfrei auf einem Luftiene Pre luft Sch polster. Mittels eines kleinen Gewichtsstückes können wir einen Reiter mit konstanter Kraft Gewicht m beschleunigen. Wir stellen fest, dass die GeLuftaustritt schwindigkeit linear mit der Zeit wächst. Also ist die Beschleunigung a konstant, die wir in Abhängigkeit von der Zeit t messen, die der Reiter zum Zurücklegen einer festen Strecke x gebraucht hat, also a = 2x/t2 . Für zwei verschiedene Beschleunigungen a1 und a2 gilt dann a1 /a2 = (t2 /t1 )2 . Mit dieser Standardkraft können wir verschieden grossen Reitern unterschiedliche Beschleunigungen ai erteilen. Offenbar hängt ai von einer Grösse ab, die wir die träge Masse mi des Körpers nennen. Eine Masse zeigt einen Widerstand gegen eine Geschwindigkeitsänderung - die Trägheit. Gleiche Kraft ergibt bei gleichen trägen Massen dieselbe Geschwindigkeitsänderung. Wir können daher das Verhältnis der Massen m1 und 11 m2 zweier Reiter durch das Verhältnis der zugehörigen Beschleunigungen a1 und a2 bei konstanter Standardkraft definieren: m2 a1 = m1 a2 Es stellt sich heraus, dass das Massenverhältnis unabhängig davon ist, wie die gleichmässige Beschleunigung erzeugt wird, vorausgesetzt, beide Körper werden gleich behandelt. Wir können schliesslich die gleiche Masse mit einer doppelt so grossen Kraft beschleunigen, indem wir zwei Gewichtsstücke verwenden. Wir beobachten dann eine doppelt so grosse Beschleunigung. Somit können wir eine Kraft-Einheit definieren; es ist diejenige Kraft, welche der Masse m1 die Beschleunigung a1 erteilt. Auf Grund unserer Experimente erzeugt dann eine Kraft von F Einheiten, die auf eine Masse von m Einheiten wirkt, eine Beschleunigung a = F/m. Wir haben also für die eindimensionale Bewegung das Erfahrungsgesetz F = ma gefunden, das für den dreidimensionalen Raum erweitert werden kann zu 2.2 F~ = m · ~a Kraft=Masse·Beschleunigung (9) Die Newtonschen Prinzipien Aus dem in Kap.2.1 skizzierten Tatsachenmaterial lassen sich Schlüsse ziehen, die in den von Isaac Newton 1687 aufgestellten Prinzipien formuliert sind15 . Diese Prinzipien, die für Massenpunkte gelten, stellen eine Kombination von Beobachtung, Definition, Intuition und Annahme über die Eigenschaften von Raum und Zeit dar. 2.2.1 Trägheitsprinzip Das Trägheitsprinzip ist schon von Galilei16 formuliert worden. 15 Im dritten Teil seiner Prinzipia antizipierte Isaac Newton (1643-1727) die Idee eines künstlichen Satelliten als ein Wurfgeschoss, das um die Erde herumfällt, wenn nur die Anfangsgeschwindigkeit gross genug ist. Seine mathematische Theorie der Gravitation bewies die Identität der Fallbeschleunigung auf der Erde und der Anziehung zwischen Mond und Erde, erklärte damit auch die Gezeiten und postulierte identische Gesetze auf der Erde und im Weltraum. Dies war die erste vereinheitlichende Theorie in der Physik. Leibnitz kritisierte seine Begriffe des absoluten Raumes und der absoluten Zeit. Er wurde durch die Relativitätstheorie bestätigt. Der Huygens’schen Wellenhypothese des Lichtes stand Newton ablehnend gegenüber, dieser Konflikt wurde erst in der Quantenmechanik durch den Dualismus von Welle und Teilchen gelöst. 16 Galileo Galilei (1564-1642) aus einer angesehenen Florentiner Kaufmannsfamilie, studierte in Pisa Medizin, war für die Malerei begabt, las mit 20 Euklid und Archimedes, wurde mit 25 1589 Prof. für Mathematik in Pisa: Fall-Versuche, Trägheitsgesetz, entwickelte das Fernrohr (Phasen der Venus, Jupitermonde), 1592 Padua “Discorsi”, 1610 Hofmathematiker der Medici in Florenz (Fürst Cosimo II), 1616 1.Prozess in Rom (Konflikt zwischen dem Aristotelismus und dem Kopernikanischen Weltsystem), 1633 2.Prozess (lebenslängliche Haft im Landhaus Arcetri, Arbeiten: Gesetz des freien Falls, Wurfbewegung, schiefe Ebene, Pendelgesetz, verbotener Druck anonym in Holland), 1637 erblindet. 1992 Rehabilitation durch Papst Johannes Paul II ohne die Haltung des Vatikans gegenüber den Naturwissenschaften zu tangieren [Phys. Blätter (1968)S.358-363, 49(1993)877-882, 1076-1077]. 12 z6 * ©© m ©© z ~ © v = konst. Inertialsystem y ª ¡ x¡ Es ist immer möglich, ein spezielles Koordinatensystem, das sogenannte Inertialsystem, zu finden, in dem sich ein isolierter Massenpunkt mit konstanter Geschwindigkeit bewegt. Wenn auf einen Körper von aussen keine Kräfte wirken, beharrt er in seinem Zustand der Bewegung, er bleibt in Ruhe, wenn er von Anfang an in Ruhe war. Dies Prinzip stellt eine Mischung von Definition und experimenteller Tatsache dar: Auf Grund der Definition des Inertialsystems bewegen sich Massenpunkte mit konstantem ~v , falls es uns gelingt, alle auf sie wirkenden Kräfte auszuschalten. Weil das in der Praxis nur beschränkt möglich ist, ist also die Aussage, solche Inertialsysteme würden existieren, eine geniale Extrapolation der Beobachtungen. Das Trägheitsprinzip ist nicht einfach ein Sonderfall des gleich zu besprechenden 2. Prinzips, es definiert vielmehr den Raum (Metrik des Raumes ), in dem die Newtonsche Mechanik gilt. In unseren obigen Versuchen mit der Luftkissenbahn stellt ein Koordinatensystem, das fest mit dem Profil verbunden ist, das Inertialsystem dar. Wirken längs der Bahn keine Kräfte, so ändert sich der Bewegungszustand des Reiters nicht. 2.2.2 z6 x¡ ª ¡ Bewegungs- oder Aktionsprinzip * © ©~ © F m ©© * © z ~a - y Wirkt auf einen Massenpunkt der Masse m eine ~ so erfährt der Massenpunkt eine BeKraft F, ~ = m~a. schleunigung gemäss der Gleichung F Dieses Prinzip ist mehr als nur eine Definitionsgleichung der Kraft! Es genügt nicht zu sagen, dass eine Kraft F~ = m~a existiere, wenn eine Beschleunigung ~a gemessen wird. Kräfte rühren her von Wechselwirkungen zwischen Systemen (hier also zwischen Reiter und Gewichtsstück ), und es sind diese Wechselwirkungen, welche physikalisch bedeutsam sind und die in jedem Falle angegeben werden müssen. Andererseits wird durch das Aktionsprinzip die Kraft definiert durch: Man nehme m, messe ~a und bestimme F~ aus Gl. (9). Das Aktionsprinzip liefert auch die Masseinheit der ¸ Kraft. Im Internationalen System · kg m ist die Einheit der Kraft 1 Newton = 1 N = s2 . Das ist die Kraft, die der Masse 1 kg die Beschleunigung 1 m/s2 erteilt17 . Aus der Vektorschreibweise des Aktionsprinzips folgt, dass F~ immer in Richtung von ~a zeigt. Man kann also die Kraft durch einen Vektor repräsentieren, dessen Angriffspunkt im Massenpunkt liegt. Wenn mehrere Kräfte auf einen Massenpunkt wirken und somit auch mehrere Wechselwirkungen vorhanden sind, so zeigt die Erfahrung, dass diese Kräfte sich zu einer resultierenden Kraft überlagern. Es gilt das 17 Im cgs-System ist die Einheit 1 dyn diejenige Kraft, die 1 g mit 1 cm/s2 beschleunigt. Es ist 1 N = 105 dyn. 13 2.2.3 Superpositionsprinzip F~2 £ ~a2 £±£ £ £ ±£ £ ½ ½ ½ >£ ½ ½ £ £ ½ > ½ ½ ~ a £ £ ½½ ½ £z - m ½ ½ Die Beschleunigung ~a, die mehrere an einem ~ i bewirMassenpunkt angreifende Kräfte F P ken, ist gleich der Vektorsumme ~a = ~ai der Einzelbeschleunigungen, welche die Kräfte verursachen würden, falls sie einzeln wirken würden. F~ £ -£ ~ = F F~1 ~a1 X ~i = F X m~ai = m~a Das Aktionsprinzip kann in einer etwas allgemeineren Form geschrieben werden, wie sie Newton selbst benutzte, die überdies auch in der Relativitätstheorie gültig ist. Dazu brauchen wir den Begriff des Impulses. Der Impuls p~ eines Massenpunktes m ist definiert als . p~ = m~v . Dann lautet das Aktionsprinzip: d(m~v ) p F~ = d~ dt = dt = m~a (10) Die auf einen Massenpunkt wirkende Kraft F~ ist gleich der Impulsänderung pro Zeiteinheit. Die Proportionalitätskonstante ist in Gl.(10) als 1 definiert. Gl.(10) ist eine Vektorgleichung, die ausgeschrieben in drei räumlichen Koordinaten z.B. in kartesischen Koordinaten lautet: Fx = m Polarkoordinaten Gl. (7) d2 x , dt2 Fy = m d2 y , dt2 à d2 r dϕ Fr = m 2 − r dt dt Fz = m !2 , d2 z dt2 oder in ebenen " dr dϕ d2 ϕ Fϕ = m r 2 + 2 dt dt dt # In der klassischen Physik (v ≪ Lichtgeschwindigkeit c) ist m unabhängig vom d d~v d~p = (m~v ) = m . F~ = dt dt dt Für Geschwindigkeiten, die nicht mehr klein gegen die Lichtgeschwindigkeit c sind, ist m jedoch eine Funktion von v. Dabei gilt auf Grund der Einsteinschen Relativitätstheorie Bewegungszustand, so dass gilt m= q m◦ 1 − v 2 /c2 wobei m◦ die Ruhemasse ist. Trotzdem ist das Aktionsgesetz in der Form d~p d F~ = = (m~v ) dt dt noch gültig. Explizit erhält man v dv d~v m◦ m◦ d (m~v ) = q +q ~v . F~ = 2 dt 1 − v 2 /c2 dt (1 − v 2 /c2 )3 c dt 14 2.2.4 Reaktionsprinzip Dass eine Kraft das Ergebnis einer Wechselwirkung zwischen zwei Systemem ist, wird im 3. Prinzip ausdrücklich formuliert: Übt irgend ein Körper 1 auf einen Körper 2 eine Kraft ~ ³ ~ 12 aus, so übt der Körper 2 auf den Körper 1 auch F ³ )³ ³ ~ 21 aus, so dass gilt 1 eine Kraft F ³³ F~12 2 ~³ ~ ³ F21 ~ 12 = −F ~ 21 F actio=reactio 1 Kräfte treten immer in Paaren auf, greifen jedoch an verschiedenen Körpern an. Sie können sich also in ihrer Wirkung nicht aufheben. Für die Gültigkeit des 3. Prinzips spielt es keine Rolle, ob die beiden Körper sich berühren oder beliebig weit voneinander entfernt sind, ob sie gleiche oder verschiedene Masse und Form besitzen, oder von welcher Art die Wechselwirkung ist (z.B. Gravitations- oder elektromagnetische Kraft) [Kap.10]. Was ist der Gültigkeitsbereich der Newtonschen Mechanik, also der Mechanik, welche sich auf die Newtonschen Prinzipien stützt? Wie schon erwähnt, wird die Newtonsche Mechanik ungültig, wenn sich die Massenpunkte mit Geschwindigkeiten bewegen, die vergleichbar mit der Lichtgeschwindigkeit sind (c ≃ 3 × 108 m/s). Die Newtonsche Mechanik versagt ebenfalls für Systeme von atomaren oder noch kleineren Dimensionen (≃ 10−8 cm), wo sogenannte Quanteneffekte bedeutsam werden. Der Grund für die beschränkte Gültigkeit der Newtonschen Mechanik sind die nichtrelativistischen, klassischen Konzepte von Raum, Zeit und die Beschränkung auf makroskopische Systeme, bei denen Effekte der Quantenmechanik vernachlässigt werden können. 2.3 Der Schwerpunkts- oder Impulssatz für Systeme von Massenpunkten Die Newtonschen Prinzipien beschreiben das Verhalten von Massenpunkten. Obwohl ausgedehnte Körper zuweilen durch Massenpunkte angenähert werden können (z.B. bei der Planetenbewegung, da die Grösse der Planeten von geringer Bedeutung bei den riesigen Dimensionen des Sonnensystems ist), so gibt es doch genügend Fälle, in denen die endliche Ausdehnung der Körper berücksichtigt werden muss. Deshalb wollen wir jetzt die Newtonschen Prinzipien für ein System von vielen Massenpunkten verallgemeinern. i PP m i Es seien N Massenpunkte mi gegeben, z.B. die Sonne mit ihz 6 F~i P Pu ren Planeten oder die Atome einer Billiardkugel. Diese N Masµ¢ ~ ¡ ¡®¢ G ki senpunkte definieren jeweils das System, dessen Bewegung wir ~ri ¡ untersuchen sollen. Dann sind zwei Typen von Kräften zu un¡ ~ ik mu1 ¡ ¢¢̧ G terscheiden, die auf die Massenpunkte wirken: die innere Kraft u muN ¢ ¡ Gik , die der Massenpunkt mi auf den Massenpunkt mk ausübt, mk ¡ x f y und die äussere Kraft Fi , die auf mi wirkt. ¡ ª ¡ Im Falle der Billiardkugel ist Gik eine intermolekulare elektrische Kraft und Fi umfasst die Gravitationskraft der Erde und eventuell die von der Berührungsfläche herrührende Kraft. Für jeden einzelnen Massenpunkt gilt das Aktionsprinzip ~ 12 + G ~ 32 + . . . + G ~ N 2 = d~p2 F~2 + G dt ~ 21 + G ~ 31 + . . . + G ~ N 1 = d~p1 , F~1 + G dt 15 ... ~ 1N + G ~ 2N + . . . + G ~ N −1N = d~pN F~N + G dt Addieren wir diese Gleichungen und beachten dabei, dass nach dem 3. Newtonschen N X N d X F~i = p~i , dt i=1 i=1 ~ ik = −G ~ ki , so folgt Prinzip gilt G die inneren Kräfte fallen heraus. P P Wir nennen p~ = i p~i den totalen Impuls des Systems, F~ = i F~i die resultierende äussere Kraft, und erhalten dann den Impulssatz d~p F~ = . dt (11) Die auf ein System von Massenpunkten wirkende resultierende äussere Kraft ist gleich der Änderung des Gesamtimpulses pro Zeiteinheit. Formal ist der Impulssatz identisch mit dem Reaktionsprinzip für einen Massenpunkt, weil die inneren Kräfte nicht mehr auftreten. Diese formale Gleichheit lässt sich noch stärker betonen, wenn wir den Begriff des Schwerpunktes einführen. u z6 Der Schwerpunkt S (besser Massenmittelpunkt ) von N Masu M senpunkten wird durch das gewichtete Mittel der Ortsvektoren m eS ui der Massenpunkte definiert. Der Ortsvektor des Schwerpunktes u µ ¡ ±£ ~ ri ¡ ist also P P £ ¡ u ri ri . i mi ~ i mi ~ £¡ ~ r ~ r = = , P S s m M i x¡£¡ i y ª ¡ P wobei M = i mi die Gesamtmasse darstellt. Dann ergibt sich für den Gesamtimpuls p~ = X i p~i = X i mi~vi = X mi i d~ri d X d~rs d = = M~vs . mi~ri = M~rs = M dt dt i dt dt ~vs heisst die Schwerpunktsgeschwindigkeit. Aus dem Impulssatz folgt dann: der Schwerpunktsatz P ~ d2~r = M d~vs = M~a ~ s i Fi = F = M 2 dt dt (12) ~as ist die Schwerpunktsbeschleunigung. In Worten: Der Schwerpunkt S eines Systems von Massenpunkten bewegt sich so, als ob in ihm die gesamte Masse konzentriert wäre und sämtliche äusseren Kräfte an ihm angreifen würden. Für allgemeine Punktsysteme gibt der Schwerpunktssatz keine Auskunft über die detaillierte Bewegung einzelner Teilchen. Er macht nur Aussagen über die Bewegung eines Punktes, des Schwerpunktes S, der übrigens nicht einmal mit einem Massenpunkt des Systems zusammenfallen muss (Fig. oben). Der Schwerpunktssatz rechtfertigt das Konzept des Massenpunktes. Für einen starren Körper, dessen Moleküle infolge starker interner Kräfte feste Abstände untereinander 16 haben, beschreibt der Schwerpunktssatz die Translation des Körpers. Solange wir nur an dieser interessiert sind, können wir den Körper durch einen Massenpunkt ersetzen. Um jedoch über Drehbewegungen etwas aussagen zu können, brauchen wir eine weitere Bewegungsgleichung, den Drehimpulssatz (Kapitel 5). Wir nennen ein System abgeschlossen, wenn die Summe der äusseren Kräfte P~ P pi = 0 verschwindet. Dann bleiben auf Grund des Impulssatzes der GesamtFi = d~ dt impuls und nach dem Schwerpunktssatz die Schwerpunktsgeschwindigkeit erhalten: In einem abgeschlossenen System P pi = ~p = konst, ~vs = konst. ist i~ Impulserhaltungssatz (13) Wenn ~vs = konst., so sind nur relative Lageänderungen innerhalb des Systems oder Drehungen des Gesamtsystems möglich (vgl. Kap.3.7 und 8.6). Unsere Herleitung des Impulserhaltungssatzes basiert auf der Gültigkeit der Newtonschen Mechanik. Es hat sich jedoch herausgestellt, dass dieser Satz auch in solchen Gebieten der Physik gilt, wo die Newtonsche Mechanik unzulänglich ist, z.B. in der Quantenmechanik und in der Relativitätstheorie. Deshalb wird dem Impulserhaltungssatz eine fundamentalere Bedeutung als der Newtonschen Mechanik beigemessen. In Kap. 10 wird die Impulserhaltung aus der Symmetrie des Raumes abgeleitet. Der Raketenantrieb ist eine Anwendung der Impulserhaltung (Kap.3.7). 2.4 Die vier fundamentalen Kräfte Es sind bisher nur vier fundamentale Kräfte bekannt (vgl. Anhang ??): 1. Die Gravitation, ) 2. die elektromagnetische Wechselwirkung, elektroschwache Wechselwirkung 3. die schwache Wechselwirkung und 4. die starke Wechselwirkung der Quarks. Andere Kräfte18 wie van der Waals-Kräfte in der Chemie, die Kernkraft oder Reibungskräfte, lassen sich im Prinzip alle auf die vier fundamentalen Kräfte zurückführen. Die ersten beiden Wechselwirkungen haben eine unendliche Reichweite, da sie mit dem inversen Quadrat des Abstandes abnehmen, die letzten beiden sind nur wirksam innerhalb nuklearer Dimensionen (≃ 10−15 m). Die Restwechselwirkung der starken Wechselwirkung der Quarks (ähnlich den van der Waals-Kräften der elektomagnetischen Wechselwirkung) verursacht die Kernkräfte zwischen den Bausteinen (Nukleonen: Protonen und Neutronen) des Atomkerns und ist für dessen Zusammenhalt verantwortlich. Die schwache Wechselwirkung tritt beim β-Zerfall des Atomkerns auf (z.B. Umwandlung eines Neutrons in ein Proton unter Emission eines Elektrons und eines Neutrinos). Gegenwärtig wird sehr intensiv untersucht, ob sich diese verschiedenen Kräfte auf eine einzige Ursache zurückführen lassen (Vereinheitlichung der Kräfte), was bereits für die 2. und 3. der Wechselwirkungen gelungen ist. Wechselwirkungen werden nach dem heutigen Bild der Quantenfeldtheorie durch Austauschteilchen vermittelt, die virtuell zwischen Materieteilchen ausgetauscht werden. Masselose Austauschteilchen wie das Photon der elektromagnetischen Wechselwirkung und 18 Eine superschwache Wechselwirkung als Ursache der beobachteten Verletzung der Zeitumkehrinvarianz und damit eventuell der extremen Asymmetrie von Materie und Antimaterie im Universum oder eine fünfte Kraft in der Gravitation, wurden bisher nicht gefunden. 17 das Graviton19 der Gravitationskraft haben eine unendliche Reichweite und damit ein Kraftgesetz proportional zum inversen Quadrat des Abstandes,20 während die kurzreichweitige schwache und starke Wechselwirkung durch massive Austauschteilchen vermittelt werden21 . Da die schwache und starke Wechselwirkung ausserhalb der Atome (Dimension ≃ 10−10 m) keine merkliche Rolle spielen, sind in der alltäglichen Mechanik nur die Gravitation und die elektromagnetischen Kräfte von Bedeutung. Mit ihnen werden wir uns etwas näher beschäftigen, bevor wir Anwendungen der Newtonschen Prinzipien diskutieren. 2.4.1 Die Gravitationskraft Newton entdeckte 1684 das nach ihm benannte Gravitations-Gesetz. ²¯ ms2¡ ±° µ ¡ ¡ ¡ ¡ ~ 12 ¡G ¡ ª ¡ ¡ ~r12 ¡ µ ¡ ¡ ~ 21 #à G ¡ ¡ ¡ ¡ ms1 "! Zwei Körper mit sphärisch-symmetrischer Massenverteilung ziehen sich gegenseitig mit einer Kraft an, die proportional dem Produkt der schweren Massen und umgekehrt proportional dem Quadrat ihres Abstandes ist. In vektorieller Form gilt: ~ 12 = −Γ ms1 ms2 · ~r12 G 2 r12 r12 (14) Γ ist eine Proportionalitätskonstante, die experimentell bestimmt werden muss, indem man die Kraft zwischen Massen in einer bekannten geometrischen Anordnung misst. Die erste Messung wurde 1771 von Henry Cavendish mit einer Torsionswaage ausgeführt. Der heutige Lichtquelle m1 Wert der Konstanten ist Spiegel m2 m2 m1 Schirm Γ = 6.67259(85) · 10−11 m3 Nm2 . = s2 kg kg2 Die Gravitationskonstante Γ ist eine der fundamentalen Naturkonstanten. Da sie für alle Materialien gleich ist, nennt man das Gravitationsgesetz Gl.(14) universell. Messung der Gravitationskonstanten im Cavendish-Experiment † Da die Massen der Himmelskörper zuächst nicht genau bekannt sind, kann die Gravitationskonstante Γ nicht z.B. aus der Bewegung des Mondes um die Erde mit 2 bestimmt werden. Cavendish benutzte daher bekannte F = Γ mrE2mM = mM · rEM ωM EM Massen in einem Laborexperiment mit der von Coulomb 1784 zur Messung der elektrostatischen Kraft entwickelten Torsionswaage (vgl. Kap. 11.4.2 S. 136). In der gezeichneten Anordnung herrsche ein Gleichgewicht zwischen den Momenten der Gravitationskraft und 19 Das Graviton wurde bisher nur indirekt aus der Gravitationswellenabstrahlung eines Doppelpulsarsystems nachgewiesen. Joseph H. Taylor und Russell A. Hulse der Princeton University erhielten für diese schon 20 Jahre laufenden Präzisionsmessungen 1993 den Nobelpreis. [Scient.Amerik. Oct.1981 p.61; Spektrum d.Wiss. Dez.1981 S.53; Ap.J. 253(1982)908] 20 Der Kraftfluss durch eine Kugelfläche ist konstant. 21 Vergleiche Anhang ??. Ein massives Austauschteilchen mit der Masse m hat ein Potential 2 V ∝ 1r e−r·mc /h̄c 18 dem rückstellenden Torsionsmoment: m1 m2 F x m1 d xS d·Γ Skala L Spiegel Torsionsdraht Lichtquelle F m1 r x m2 m1 m2 · 2 = −k · ϕ , r2 der Faktor 2 berücksichtigt beide Massen, k ist die Torsionskonstante. Werden die beiden Massen m1 in die zweite Position verlagert, dann wirkt auf jede Masse die Kraft m1 Γ m1 m2 1 m1 m2 + k·ϕ=2·Γ 2 =F , 2 r 2d r die sie um a = F/m2 = 2Γm1 /r2 beschleunigen. Bei einer Messung von a aus der Auslenkung x(t) des Spiegels mit der Zeit t gehen die Masse m2 und auch die Torsionskonstante k des Drahtes für die Bestimmung der Gravitationkonstanten Γ nicht ein. Die Auslenkung x = at2 /2 nach der Zeit m1= 1.499 kg [cm] xS t wird über den Spiegel vergrössert auf der r = 0.0466 m 20 Skala gemessen zu xS = 2xL/d. Damit ist L = 13.48 m d = 0.05 m die Gravitationskonstante nicht linear infolge Drehung Γ= 10 xS d r 2 · · t2 L 2m1 Steigung= xS/t2 die Masse m geht nicht in das Ergebnis ein, und der Faktor xt2S kann aus der Steigung der 0 15 30 45 60 75 90 105 s Auslenkung bei kleinen t als Funktion von t2 bestimmt werden. Aus den Daten der Graphik erhielt man in einem VP-Versuch Γ = 6.86 ± 0.010 · 10−11 m3 kg−1 s−2 . t 2 [s2] Die träge und schwere Masse † Prinzipiell ist zwischen der ins Gravitationsgesetz Gl.(14) eingehenden schweren Masse ms eines Körpers und der trägen Masse mt im Aktionsprinzip Gl.(10) zu unterscheiden: r s ~ und auf der Erde mt · ~a = ms · ~g . mt · ~a = ms · Γ M r2 r Aus Symmetriegründen müssen im Gravitationsgesetz die schweren Massen beider Körper auftreten22 . Ob die trägen Massen und die schweren Massen ein für alle Körper gleiches Verhältnis α = ms /mt haben, ist eine Frage, welche die Physik lange beschäftigt hat. Nach Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie sollte für alle Körper nach dem Äquivalenzprinzip α = ms /mt = 1 gleich sein23 . Versuche, diese Gleichheit experimentell nachzuweisen, wurden 1908 von Baron R. von Eötvös (Genauigkeit 10−9 ) und später von R.H. Dicke und Mitarbeitern24 (Genauigkeit 22 Newton und auch seine Kritiker Huygens und Leibnitz hatten grosse Schwierigkeiten die Fernwirkung der Gravitation zu erklären. Newton sagte: Hypotheses non fingo - Ich mache keine Hypothesen. Er stellte nur die Frage nach der Gesetzmässigkeit der Gravitation und nicht warum sie existiert. Heute wissen wir, dass Kräfte durch Austauschteilchen (hier masselose Gravitonen mit einem Spin=2) vermittelt werden, die sich mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten; die Wechselwirkung ist also nicht momentan, sondern sie hat eine endliche Ausbreitungsgeschwindigkeit. 23 α 6= 1 könnte z.B. möglich sein, wenn die Gravitation nicht nur an der schweren Masse angreift, sondern auch eine Gravitationskomponente existiert, die an der Zahl der Neutronen, Protonen oder Elektronen in einem Atom angreift; die Masse eines Atoms ist wegen der Kernbindungsenergie nicht exakt proportional zur Zahl der Nukleonen im Kern (Massenzahl A). 24 R.v. Eötvös, D. Pekár und E. Fekete, Annalen der Physik 68(1922)11-66 19 10−11 ) mittels einer Drehwaage ausgeführt. Das Prinzip der Messung ist: Zwei Massen verschiedenen Materials werden an einem Torsionsfaden aufgehängt. Die Schwingungsamplitude (vgl. Kapitel 7.4) infolge der mit 24 Stunden harmonischen Anregung der umlaufenden Sonne ist vom Verhältnis der schweren und der trägen Masse der beiden Materialien abhängig. Aus der Schwingungsamplitude wird eine obere Grenze für die Abweichung mt /ms − 1 bestimmt. Die Sonne (Masse Ms , Abstand rs ) übt auf die ms(Al) → beiden schweren Massen ms (Au) und ms (Al), a(Al) die aus verschiedenen Materialien bestehen (z.B. Sonne Au=Gold und Al=Aluminium) Gravitationskräfte ms ms(Au) → a(Au) aus, die zu Beschleunigungen a(Au) und a(Al) führen. Es gilt s ms (Al) s ms (Au) , a(Al) = ΓM . a(Au) = ΓM r 2 mt (Au) r 2 mt (Al) s s Zur Zeit ist ein Satellitenexperiment (STEP: Satellite Test of Equivalence Principle25 ) geplant, mit dem in einem um die Erde umlaufenden Satelliten in einer mehrere Monate dauernden Messung das Äquivalenzprinzip auf 10−17 getestet werden soll. Ist ms /mt 6= 1 und nicht für alle Körper gleich, dann ist auch die Schwerkraft für verschiedene Körper verschieden ~ 12 (Au) = −ms (Au) Γms (Erde)~r12 = mt (Au) · ~a(Au) 6= G 3 r12 ~ 12 (Al) = −ms (Al) Γms (Erde)~r12 = mt (Al) · ~a(Al) G 3 r12 und die beiden Körper werden verschieden schnell um die Erde fallen. Da nach dem Äquivalenzprinzip ms /mt = 1 für alle Körper gleich ist, muss a(Au) = a(Al) sein, was Dicke mit einer Unsicherheit von 10−11 auch beobachtete. Wir werden also im Gravitationsgesetz und im Aktionsprinzip in Zukunft die schwere und träge Masse als gleich verwenden. Kraftfeld und Feldstärke der Gravitationskraft Wir haben die Gravitation durch ein Fernwirkungsgesetz beschrieben, d.h. die von m1 auf m2 wirkende Kraft ist momentan vorhanden, die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Kraftwirkung wäre also unendlich gross. Dies führt zu Komplikationen, wenn zeitlich veränderliche Wechselwirkungen auftreten (z.B. Gravitationswellen). Wir beschränken uns daher auf Geschwindigkeiten der Körper, die klein sind gegenüber der Lichtgeschwindigkeit v ≪ c und führen den Begriff des Kraftfeldes ein. Dazu denken wir uns einen einzelnen Körper gegeben. Durch seine Anwesenheit werden die Eigenschaften des ihn umgebenden Raums verändert. Jedem Raumpunkt ~r wird eine ~ gewisse lokale Grösse, die Feldstärke, zugeordnet, aus der die Gravitationskraft G auf eine kleine, kugelförmige Probemasse (= Massenpunkt) an der ~ G Körper X y m Stelle ~r bestimmt werden kann. Wir definieren als Feldstärke ~g (~r) X X Xu µ ~r ¡ e¡ ¡ die Gravitationskraft pro Masseneinheit P.G. Roll, R. Krokov and R.H. Dicke, Ann. Phys. 26(1964)442, siehe auch V.B. Braginskii and V.I.Panov, Sov. Phys. JETP 34(1972)463. 25 Phys.Blätter, April 1993,310; 1996 als “top rated” bei eingestuft[Phys.Bl.54(1998)11,997]. 20 ~g (~r) = NASA ~ ~ (r) G . m und ESA Ist der felderzeugende Körper kugelförmig mit der Masse M , so ist nach dem mr @ ¡ ¡ ª ¡ ~g (~ r) @ u¡ M @ ¡ ¡ @ @ ¡ Gravitationsgesetz ~g (r) = −Γ M ~r M~r · = −Γ 3 , 2 r r r wenn ~r vom Mittelpunkt von M aus gerechnet wird. Das ~g -Feld ist ein Zentralfeld, d.h. kugelsymmetrisch. Nach dem Aktionsprinzip ist die auf die Masseneinheit bezogene Stärke des Gravitationsfeldes gleich der Beschleunigung eines Massenpunktes m an der Stelle ~r des Raumes. Wählen wir speziell für M die Masse mE der Erde und für r den Erdradius rE , so ist ~ = m · ~g (rE ) = −Γ M~rE m G rE3 das Gewicht des Körpers und g die Fallbeschleunigung. In Übereinstimmung mit der Beobachtung erfahren also alle Körper (unabhängig von Form und Masse) im Vakuum an der gleichen Stelle der Erdoberfläche beim freien Fall die gleiche Beschleunigung g ≃ 9.81ms−2 . Nach dem Reaktionsprinzip muss eine Kraft ~ ′ = −G ~ existieren, mit welcher der Körper m die Erde anzieht. Der Angriffspunkt von G ′ ~ G ist der Schwerpunkt der Erde. Das Gewicht eines Körpers ist eine Volumenkraft. Sie wirkt auf jeden Massenpunkt mi oder jedes Massenelement dM eines dM ~ i = mi~g bzw. dG ~ = ~g dM . Körpers, G ~ ? dG ? e S Das totale Gewicht ist demnach ? ? ~ = G 2.4.2 mi~g = ~g i ~ = G ~ G ? X Z X mi = M~g für einzelne Massen, bzw. dM = M~g für eine Massenverteilung i ~g dM = ~g Z mit dem Schwerpunkt S als effektivem Angriffspunkt. Die Coulombkraft (elektromagnetische Wechselwirkung) Gewisse Körper können in einen Zustand gebracht werden, in dem sie Kräfte aufeinander ausüben, die viele Grössenordnungen stärker sind als die Gravitationskraft, wenn sie geladen sind. Ladung ist eine fundamentale Eigenschaft der Materie. Reiben wir einen Glasstab an Hirschleder, so wird der Stab geladen. Seine Ladung kann auf einen beliebigen Körper übertragen werden. Zwei vom gleichen Stab geladene Körper stossen sich ab. Stammt die Ladung aus zwei verschiedenen Quellen, so kann eventuell auch eine Anziehung beobachtet werden. Es existieren offenbar zwei Ladungssorten, eine positive und eine negative26 . 26 Zwei verschiedene Ladungen wurden von Benjamin Franklin beobachtet. Die Kennzeichnung von positiven und negativen Ladungen wurde von Georg Christoph Lichtenberg aus den Beobachtungen der nach ihm benannten Entladungsfiguren eingeführt. 21 µ F~12 = F~C ¡¡ ¡ ²¯ q q ¡ ±° µ ¡ ~r12 ¡ #à ¡ ¡ q Q ¡ "! ¡ ¡ ~ ªF ¡ Das quantitative Kraftgesetz wurde von Coulomb (1736-1806) formuliert und sagt aus, dass zwei sphärisch-symmetrische Ladungsverteilungen q und Q sich anziehen oder abstossen, je nachdem ob sie ungleichnamig oder gleichnamig geladen sind. Die Kraft ist dabei proportional zum Produkt der beiden Ladungen und umgekehrt proportional zum Quadrat ihres Abstands. In vektorieller Schreibweise ist [Details siehe Phys.AII] 21 F~C = Qq ~r12 1 · 2 · 4πε◦ r12 r12 (15) Wir haben wiederum ein Zentralfeld. Für eine positive Punktladung Q zeigen die Feldvektoren radial nach aussen. Die Feldlinien laufen von der Quelle weg. Für eine negative Ladung Q weisen die Feldvektoren nach innen. Vergleichen wir die beiden beschriebenen fundamentalen Kräfte, so finden wir gewisse Analogien, aber auch wesentliche Unterschiede. Das Kraftgesetz ist formal gleich, da beide Kräfte durch masselose Austauschteilchen (Photon und Graviton) dargestellt werden, die damit eine unendliche Reichweite haben. Hingegen kann die Coulombkraft sowohl anziehend wie abstossend sein (Elektron hat negative Ladung und sein Antiteilchen das Positron hat positive Ladung), während die Gravitationskraft immer anziehend ist sowohl für Massen, Antimassen (Antiteilchen) als auch Kombinationen von Teilchen und Antiteilchen. Diese Eigenschaften werden in der Quantenfeldtheorie begründet durch den Vektorcharakter (Spin=1) des Photons und den Tensorcharakter (Spin=2) des Gravitons27 . Ladung ist immer an Masse gekoppelt; es gibt keine masselosen Elementarteilchen, die eine Ladung besitzen, Gründe sind bisher nicht bekannt. Massive, neutrale Teilchen (Neutron, π0 ) haben jedoch eine Ladungsverteilung, die sie im Unendlichen als neutral erscheinen lässt und die sich im Falle des z.B. Neutrons (Spin=1/2) auch durch ein magnetisches Moment äussert. Ferner ist die Ladung mit der Elementarladung e diskret d.h. quantisiert, während die schwere Masse in der Gravitationskraft kontinuierlich jeden beliebigen Wert annehmen kann. Die Quantisierung der Gravitation und der Ursprung der Massen der Teilchen ist eines der noch ungelösten Probleme der theoretischen Physik. Im Bereich der Elementarteilchen und Atome überwiegt die Coulombkraft bei weitem. Betrachten wir z.B. zwei Protonen und vergleichen die anziehende Gravitationskraft zwischen ihnen mit der abstossenden Coulombkraft, so finden wir für das Q2p 1 FC ≃ 1036 . = 2 FG 4πε◦ Γmp Verhältnis der Beträge In Anbetracht dieser enorm grossen Zahl ist es nicht verwunderlich, dass die Wirkung der Gravitationskraft auf geladene Elementarteilchen experimentell bisher nicht nachweisbar ist. Die Wirkung der Gravitationskraft auf ein neutrales Neutron ist dagegen beobachtbar. Dass zwischen Erde und Sonne nur die Gravitationskraft wirkt, beruht offenbar darauf, dass jeder der beiden Körper genau gleich viel positive und negative Ladung enthält. Es muss demnach die negative Ladung des Elektrons dem Betrag nach identisch sein zur positiven Ladung des Protons, der Grund dieses tieferen Zusammenhanges zwischen dem 27 Die Aussage, dass Masse=Antimasse sein muss und dass die Gravitationskraft für Materie und Antimaterie identisch ist, wird z.B. am CERN mit Neutronen und Antineutronen versucht, experimentell zu bestätigen. 22 Elektron und dem Proton und damit den Quarks ist in der Teilchenphysik noch nicht bekannt. 2.4.3 Die schwache Wechselwirkung Die schwache Wechselwirkung, wie sie z.B. im β-Zerfall radioaktiver Kerne oder im Zerfall des Myons (schweres Elektron) oder Pions beobachtet wird, hat eine sehr kurze Reichweite von nur ca. 2 · 10−17 m bedingt durch die schweren Austauschteilchen, den W ± und Z 0 Bosonen mit m(W )c2 = 80.22 GeV und m(Z)c2 = 91.17 GeV. Die schwache und elektromagnetische Wechselwirkung sind in der elektroschwachen Wechselwirkung zu einer gemeinsamen Theorie der Teilchenphysik vereinigt28 . 2.4.4 Die starke Wechselwirkung Die starke Wechselwirkung wird durch den Austausch von 8 Gluonen zwischen den Quarks vermittelt. Die nur so zu Hadronen (Proton, Neutron oder Mesonen) gebunden auftretenden Quarks zeigen eine kurze Reichweite von ca 10−15 m, da sich die Quarkkräfte gegenseitig absättigen (Confinement). Die Kernkraft zwischen den Nukleonen im Kern (Neutronen und Protonen) ist dann nur eine kurzreichweitige Restwechselwirkung der fundamentalen starken Wechselwirkung. 2.5 Reibungskräfte, Oberflächenkräfte Heuristische Kraftarten wie Reibungskräfte, Normalkräfte, Fadenkräfte, elastische Kräfte, Federkraft, Schubkraft, van der Waals Kraft, Oberflächenspannung etc. sowie auch chemische Bindungen können prinzipiell durch die fundamentalen Kräfte erklärt werden. Die Gesetze sind oft empirisch, materialabhängig und in engen Grenzen gültig. Die Kräfte treten z.T. auf, wenn Körper sich sehr nahe kommen, d.h. sich berühren. Zwei elektrisch neutrale Atome üben abstossende Kräfte aufeinander aus, wenn sich die Atome so stark nähern, dass sich die Elektronenhüllen überlappen. Bei grösserem Abstand ziehen sich die Atome leicht an mit der sogenannten van der Waals-Kraft, welche wie r−7 mit dem Abstand stark abnimmt. Es handelt es sich hier um Coulombkräfte, also nicht um eine weitere Fundamentalkraft. Bei der Wechselwirkung zwischen makroskopischen Körperoberflächen sind jedoch wegen der riesigen Zahl der beteiligten Atome die Zusammenhänge so kompliziert, dass wir diese Kräfte nicht aus dem Coulombschen Fundamentalgesetz herleiten, sondern uns auf eine Beschreibung ihrer empirischen Eigenschaften beschränken29 . An der Berührungsstelle zweier Körper 1 und 2 treten somit zwei Kräfte auf, nämlich F~12 an der Oberfläche des Körpers 2 und F~21 an der Oberfläche des Körpers 1, wobei nach dem Reaktionsprinzip gilt F~12 = −F~21 . 28 Mit den Maxwell-Gleichungen (siehe Pysik AII) wurde schon die Optik, die Elektrizitätslehre und der Magnetismus zu einer vereinigten elektromagnetischen Wechselwirkung zusammengeführt. Eine Vereinigung aller vier Wechselwirkung zu einer Weltformel steht noch aus. 29 Achtung: Die Zentripetalkraft ist keine Kraftart sondern eine kinematische Bedingung für eine kreisförmige Bewegung; sie kann gebildet werden durch die Gravitation, Lorentz-Kraft, Auftrieb (Flugzeug), Reibungskraft usw. Trägheitskräfte (Zentrifugalkraft, Führungskraft, Corioliskraft) treten nur in beschleunigten Systemen auf, für sie gilt das 3. Newtonsche Prinzip nicht (siehe Kap. 8), da für die Newtonschen Bewegungsgleichungen ein Inertialsystem als Bezugssystem verlangt wird. Im beschleunigten System müssen sie mit den Trägheits- oder Scheinkräften korrigierend ergänzt werden. 23 F~12 ~ 12 HH N ¢6 H ¢ ¢̧ ¢ ¢ ¢ ¢ ¢ ¢ ¢ ¢ 2 Y H ~ 12HH¢ R ~ ¢HHH j R21 ¢ 1 ¢ ¢ ¢ ¢ ¢ ¢ ¢ ~ 21 ¢H ® N ¢ HH? ~ ¢F Es ist zweckmässig, diese Kräfte in Komponenten normal und tangential zur Berührungsebene zu zerlegen. Wir nen~ und Reibung nen diese Komponenten Normalkraft N ~ Es ist also R. ~ +R ~ und nach dem Reaktionsprinzip F~ = N ~ 12 = −N ~ 21 sowie R ~ 12 = −R ~ 21 . N Meistens berühren sich zwei Körper nicht nur in einem Punkt, sondern in einer Fläche. Die Kräfte sind über diese Fläche verteilt. An jedem differentiellen Flächenelement dA greift dann die Oberflächenkraft dF~ an. 21 ~ + dR. ~ Dabei ist wieder dF~ = dN Die Kraft pro Flächeneinheit dF/dA heisst die Spannung in dA. Insbesondere ist dN = σ die Normalspannung und dR = τ die Schubspannung. dA dA Schub- und Normalspannungen spielen u.a. in der Festigkeitsund Elastizitätslehre (Kap.11), sowie in der Dynamik der Gase und Flüssigkeiten (Kap.12) eine bedeutsame Rolle . Unter Umständen können die über eine Fläche verteilten Oberflächenkräfte zu einer Resultierenden zusammenge© © A fasst werden, indem man sie über die Berührungsfläche BF AK N ~ ©© A A ©© A integriert. © © © A © A © ~ = R dN ~ ist die totale Normalkraft, ~ N © A d N A K A © * © © B * © F A © K© A A © R ~ © *© R AK© © © ~ ~ ist die totale Reibungskraft. A © A AK © * © R = dR © A© J ] dF 6 σ J dA J J J ¡ ¡ τ ¡¡ J ¾ ¡ dA ¡ ¡ ¡ * © © © A AK© © A© A© * © © A© © ~ d R © ©© © ©© AA © © A A N © © A A ~ © © A A AKA ©© * © A A © © ~ A © R ©© ? ~ G ©© 2.5.1 BF Der effektive Angriffspunkt muss dabei von Fall zu Fall aus zusätzlichen Bedingungen bestimmt werden. Für Translationen spielt seine Lage keine Rolle. Im Beispiel des ruhenden Würfels auf schiefer Ebene wird der ~ und N ~ aus der DrehmomentenbedinAngriffspunkt von R gung (Seite 96) bestimmt. Damit der Würfel nicht umkippt, ~ R ~ und N ~ sich in einem Punkt schneiden. Die Summüssen G, me der Drehwirkungen der Kräfte ist dann Null, wie wir später einsehen werden. Wir werden jetzt N und R für die beiden Fälle der trockenen und viskosen Reibung ausführlicher diskutieren. Trockene Oberflächen Die Anziehungskraft an den Berührungsflächen zweier trockener Körper ist im allgemeinen so schwach, dass sie vernachlässigt werden kann. Dies beruht darauf, dass die Oberflächen sich infolge ihrer Rauhigkeit nur an wenigen mikroskopisch kleinen Stellen wirklich nahe kommen (mikroskopische Kontaktfläche). Nur in höchstpolierten, hochreinen Berührungsflächen befindet sich ein grosser Teil der 24 Oberflächenatome gleichzeitig im Bereich der gegenseitigen Anziehung. Nur in diesem speziellen Fall können die Anziehungskräfte sich stark auswirken (Kaltverschweissung). Im allgemeinen werden wir sie vernachlässigen und annehmen, dass die Normalkraft immer abstossend ist, d.h. N ≥ 0. ~ und R. ~ Die Eine weitere empirische Beziehung besteht zwischen den Komponenten N ~ mit zunehmender Normalkraft N wächst, weil durch den erhöhten Erfahrung zeigt, dass R Druck (= Kraft pro Flächeneinheit) auf die Berührungsfläche die Grösse der mikroskopischen Kontaktfläche und damit die Verhakung der beiden Oberflächen zunimmt. Für die weitere Diskussion sind zwei Fälle zu unterscheiden, nämlich a) Haftreibung bei relativ zueinander ruhenden Oberflächen, b) Gleitreibung bei bewegten Oberflächen. a) Haftreibung Wir betrachten einen ruhenden, haftenden Klotz auf einer horizontalen Unterlage, an welchem die veränderliche horizontale Kraft F~a angreift. Aus dem Trägheitsprinzip folgt: ~ N 6 z6 F~a - x ~ + F~a + N ~ +R ~ H = 0. F~tot = G ~ RH ¾ ~ und F~a seien gegeben, wie gross sind N ~ und R ~H? G Wir führen ein rechtwinkliges Koordinatensystem ein und zerlegen die obige Vektorgleichung in Komponenten N = −G, Ftot,x = Fa + RH = 0 ⇒ −RH = Fa . ~ ? G Ftot,z = N + G = 0 ⇒ Während N hier wie das Gewicht konstant ist, ändert sich RH , wenn wir Fa ändern. Allerdings existiert für RH eine obere Grenze, welche von der Normalkraft abhängt. Empirisch findet man: 0 ≤ RH ≤ µH N. Die obere Grenze der Haftreibung ist proportional zur Normalkraft. Für RH selber haben wir nur eine Ungleichung. Der Proportionalitätsfaktor µH heisst Haftreibungskoeffizient, er gibt an, bis zu welchem Anteil von N RH gültig ist. b) Gleitreibung Überschreitet die äussere Kraft Fa im obigen Beispiel den maximalen Wert von RH , so resultiert eine Kraft in x-Richtung, der Klotz setzt sich in Bewegung, er gleitet. Wieder aus der Erfahrung wissen wir, dass in diesem Fall die Reibungskraft RG direkt proportional zur Normalkraft ist. Es gilt RG = µG N. Der Gleitreibungskoeffizient µG ist meistens etwas kleiner als µH für die gleichen Oberflächen. Zusammengefasst ergibt sich folgender Sachverhalt: Sowohl µH wie auch µG hängen sehr kritisch von Form R = R G µ GN und Beschaffenheit der beiden sich berührenden OberR H = Fa flächen ab, sie sind also nur als Mittelwerte zu betrachten. Die Coulombschen Reibungsgesetze µ HN Fa 0 ≤ RH ≤ µH N und RG = µ G N sind Material-Gesetze, die nicht die strenge Gültigkeit wie andere physikalische Gesetze (z.B. das Gravitationsgesetz) beanspruchen. Eine atomare mikroskopische Theorie der Reibung wäre als ein Problem unendlich vieler Körper unlösbar. 25 Die Reibungskräfte RH und RG sind annähernd unabhängig von der Grösse der Berührungsfläche. Wird nämlich bei gleichbleibender Normalkraft die Berührungsfläche z.B. vergrössert, so bleibt die mikroskopische Kontaktfläche wegen des verkleinerten Drucks jedoch praktisch konstant und somit auch die Reibungskraft. Dieser Sachverhalt gilt natürlich nicht mehr, wenn die Oberflächen deformiert werden (wie z.B. bei einem Autoreifen). In guter Näherung ist die gleitende Reibung RG unabhängig von der relativen Geschwindigkeit der Körper. 2.5.2 Nasse Oberflächen und viskose Reibung Ganz anders als im vorigen Fall verhalten sich die Kräfte zwischen zwei Berührungsflächen, wenn die Zwischenräume ganz mit Flüssigkeit ausgefüllt sind. a) Normalkraft Die Anziehungskräfte zwischen den Atomen oder Molekülen kommen voll zur Wirkung, d.h. die Normalkraft kann jetzt auch anziehend sein. Sorgen wir dafür, dass die Flüssigkeit sehr zäh ist oder sich verfestigt und somit nicht wegfliessen kann, so kleben die Körper aneinander: Die Flüssigkeit wirkt als Klebstoff. b) Reibung Bewegt sich ein Körper in einer Flüssigkeit, so gelten die folgenden Beziehungen für die sog. viskose Reibung: 1. Haftreibung existiert nicht. 2. Bei genügend kleinen Geschwindigkeiten gilt für die viskose Reibung ~ vis = −β~v . R Die Proportionalitätskonstante β [kg/s] hängt von der Form und Grösse der Oberfläche und der Zähigkeit (Viskosität η) der Flüssigkeit ab. Speziell für eine Kugel mit dem Radius r in einer laminaren (=wirbelfreien) Strömung gilt das Reibungsgesetz von Stokes Gl. (163) Rvis ≃ 6π · η · r · v. 3. Bei grösseren Geschwindigkeiten nimmt die Reibung infolge einer Wirbelbildung mit der Geschwindigkeit quadratisch zu und es gilt genähert für den dynamischen Reibungswiderstand Rvis ∼ v 2 . 4. Bei sehr grossen Geschwindigkeiten (vergleichbar mit der Schallgeschwindigkeit) bei Gasen hängt die dynamische, viskose Reibung von einer höheren Potenz von v ab Rvis ∼ v n mit n > 2. Füllen wir den Zwischenraum zwischen zwei Körpern so mit einer Flüssigkeit aus, dass sie sich nicht mehr direkt berühren, so gelten ebenfalls die obigen Beziehungen. Insbesondere verschwindet die Haftreibung. Für kleine Geschwindigkeiten ist die viskose Gleitreibung gegenüber der trockenen Reibung stark reduziert: Die Flüssigkeit ist ein Schmiermittel. 26 3 Anwendungsbeispiele der Newtonschen Prinzipien Wir werden jetzt anhand einiger quantitativer Beispiele zeigen, wie bei vorgegebenen Kräften der zeitliche Verlauf des Ortsvektors ~r(t) eines Massenpunktes (bzw. des Schwerpunktes eines Systems von Massenpunkten) berechnet werden kann. Auf Grund des Aktionsprinzips Gl.(10) (oder des Impulssatzes Gl.(11)) ist die Beschleunigung ~a(t) in geeigneten Koordinaten gegeben, und durch zweimalige Integration gewinnt man ~r(t). Bei der Lösung dieses mechanischen Problems ist es empfehlenswert, sich an folgendes Rezept zu halten: 1. Bestimmung der Zahl f der Freiheitsgrade der unabhängigen skalaren Gleichungen, die das System beschreiben. 2. Wahl eines geeigneten Koordinatensystems mit f Koordinaten. Eine falsche Wahl führt zu mathematischen Schwierigkeiten jedoch zum richtigen Ergebnis. 3. Auffinden und zeichnen aller auf das System wirkenden Kräfte. 4. Aufstellen des Aktionsprinzips für diese Kräfte und Zerlegung der Vektorgleichung in die f skalaren Komponentengleichungen, d.h. in f Bewegungsgleichungen (Differentialgleichungen 2. Ordnung). 5. Zweimalige Integration jeder Differentialgleichung, wobei insgesamt 2f frei wählbare Integrationskonstanten auftreten müssen, liefert die sogenannte allgemeine Lösung. 6. Festlegung dieser Integrationskonstanten durch die physikalischen Anfangsbedingungen, d.h. durch vorgegebene Werte von Ort und Geschwindigkeit zu einem bestimmten Zeitpunkt t◦ . Das mechanische Problem ist nach diesen sechs Schritten gelöst und der Ort ~r(t) des Massenpunktes zu einer beliebigen Zeit t kann vorhergesagt werden. 3.1 Freier, vertikaler Fall im Vakuum Mit unserem Rezept ist: 1. Zahl der Freiheitsgrade f = 1. 0 x◦ 2. eindimensionales Problem: x-Achse in vertikale Richtung legen. ~ = ms~g , bzw. Gx = ms g 3. Es wirkt nur das Gewicht G m º· x(t) ? x 2 2 ⇒ ẍ = ddt2x = g = konst. 4. mt ddt2x = ms g, mit ms = mt 30 x = x(t) ist zeitabhängig . Mit ms = mt fällt die Masse heraus. ¹¸ 5. Integration: v = R dx dt R = R d dx ( )dt dt dt R + C1 = g dt = gt + C1 , R x = v dt + C2 = gt dt + C1 dt + C2 = g2 t2 + C1 t + C2 ~ ? G 6. Anfangsbedingungen: Zur Zeit t = 0 wird im Punkte x = x◦ die Masse mit der Geschwindigkeit v◦ senkrecht nach unten geworfen. Das Fallgesetz ist eine Differentialgleichung, die hier einfach integriert werden kann. Damit gilt: x(t = 0) = x◦ = C2 , t xo Resultat: x Spezialfall: x◦ = 0, 30 Definition der Schreibweise: d2 x(t) dt2 = d dt ³ dx(t) dt ´ x(t) = g2 t2 + v◦ t + x◦ v◦ = 0, = ẍ ,deshalb steht 27 v(t = 0) = v◦ = C1 x(t) = g2 t2 , 2 v(t) = gt. an verschiedenen Stellen. q v vo t 3.2 Ist die Fallhöhe h, so beträgt die Fallzeit T = 2h . g T ist unabhängig vom Material und der Masse des frei fallenden Körpers. Dies ist die Folge der Gleichheit von schwerer und träger Masse. Die Atwoodsche Fallmaschine Im Vergleich zum freien Fall kann mit dieser Maschine der Bewegungsablauf verlangsamt werden, die Resultate lassen sich deshalb leichter quantitativ beobachten und prüfen. Annahmen: Das die beiden Massen m1 und m2 verbindende Seil sei völlig flexibel, habe eine konstante Länge und eine gegenüber |m1 − m2 | vernachlässigbare Fadenmasse mF . Es wird über die sich reibungsfrei drehende Rolle gelegt, deren Masse ebenfalls vernachlässigt wird. Nach unserem Rezept zerlegen wir das gesamte System in die drei Teilsysteme mit den Massen m1 , m2 und mF . ¾» r F~1′ ½¼ F~2′ ? ? 6 F~2 r 6 ~ F1 r r r ? z? m2~g ? h m1~g ? ? x1 ? x2 1. Da die Fadenlänge konstant ist, ist f = 1. 2. Wir legen die x-Achse in vertikale Richtung. Sind x1 und x2 die Koordinaten der beiden Massen, so gilt offenbar dx1 = −dx2 und folglich d2 x1 d2 x2 = − . dt2 dt2 ~ 1 und G ~ 2 und die vom Faden ausgeübten 3. Auf m1 und m2 wirken die Gewichte G Oberflächenkräfte F~1 und F~2 . Nach dem Reaktionsprinzip wirken dann auf den Faden die Kräfte F~1′ = −F~1 und F~2′ = −F~2 . Diese Kräfte wirken beschleunigend in der x-Richtung, im Gegensatz zu den von der Rolle ausgeübten Normalkräften. 4. Bewegungsgleichung für den Faden: mF ax = F1′ − F2′ . Weil wir mF = 0 annehmen, muss F1′ = F2′ und somit F1 = F2 = F sein. Folglich lauten die Bewegungsgleichungen für die beiden Massen in den beiden Koordinatensystemen: m1 d2 x1 = m1 g − F dt2 Hieraus folgt durch Subtraktion, wenn wir noch und m2 d2 x1 dt2 d2 x2 = m2 g − F. dt2 (16) 2 = − ddtx22 beachten: d2 x1 m1 − m2 = g. 2 dt m1 + m2 (17) Die effektiv beschleunigende Kraft ist die Differenz der beiden Gewichte, welche die totale Masse m1 + m2 in Bewegung versetzt. 1 − m2 2 5. Integration: x1 (t) = g2 m m1 + m2 t + C1 t + C2 , Dies ist das Fallgesetz mit der m1 −m2 reduzierten Beschleunigung geff = g · m 1 +m2 6. Anfangsbedingungen: x1 (t = 0) = x10 = C2 , Endresultat: v1 (t = 0) = v10 = C1 1 − m2 2 x1 (t) = g2 m m1 + m2 t + v10 t + x10 28 Wir bestimmen die Erdbeschleunigung g für den Spezialfall x10 = 0, v10 = 0. g m1 − m2 2 t. Dann gilt x1 (t) = 2 m1 + m2 Durchfällt m1 die Höhe h, so ist die Fallzeit (aus technischen Gründen könnte auch v(h + z) = 0, v(h) 6= 0 mit Zeitmessung bei h gewählt werden) v u u 2h(m1 + m2 ) T =t g(m1 − m2 ) und somit für eine g-Messung g = 2h(m1 + m2 ) . T 2 (m1 − m2 ) Aus Gleichung (16) bestimmen wir die resultierende Kraft 2F des Fadens auf die Rolle: 2F = 2m1 (g − m1 − m2 d2 x1 ) = 2m g 1 − 1 dt2 m1 + m2 µ ¶ = 4m1 m2 (m1 − m2 )2 g = (m1 + m2 )g − g. m1 + m2 m1 + m2 2F ist also kleiner als das gesamte Gewicht der beiden Massen! Dies ist im Einklang mit dem Schwerpunktssatz, den wir auf das System der beiden Massen und des Fadens anwenden wollen. Jetzt sind das Gewicht (m1 + m2 )g und die von der Rolle auf den Faden ausgeübte Kraft 2F die äusseren Kräfte, und der Schwerpunktssatz besagt: (m1 + m2 ) as = (m1 + m2 ) g − 2F = (m1 − m2 )2 g m1 + m2 Andererseits ist die 2 2 m1 ddtx21 + m2 ddtx22 m1 − m2 2 g, = Schwerpunktsbeschleunigung definiert als as = m1 + m2 m1 + m2 wenn wir das Resultat der Gleichung (17) benutzen. Beide Ergebnisse stimmen überein. 3.3 µ ¶ Der schiefe Wurf im Vakuum ohne Luftwiderstand Ein Massenpunkt m wird mit einer beliebigen Anfangsgeschwindigkeit ~v◦ weggeschossen. Falls nur das Gewicht wirkt, liegt die Bahnkurve in einer Ebene. Nach dem Rezept ist: 1. Es gibt immer eine Ebene gebildet aus den zwei Vektoren ~v◦ und m~g . f = 2. 2. x-Achse horizontal, y-Achse vertikal nach oben. y → m vo 3. Fx = 0, Fy = −mg. 2 2 2 2 4. m ddt2x = 0, m ddt2y = −mg ⇒ ddt2x = 0, ddt2y = −g. → G 5. Integration: x(t) = C1 t + C2 , y(t) = − g2 t2 + C3 t + C4 . α x 6. Anfangsbedingungen: x(0) = y(0) = 0 ⇒ C2 = C4 = 0, vx (0) = v◦ cos α ⇒ C1 = v◦ cos α und vy (0) = v◦ sin α ⇒ C3 = v◦ sin α. Endresultat: x(t) = (v◦ cos α) t, y(t) = − g2 t2 + (v◦ sin α) t Eliminieren wir noch die Zeit t aus diesen Gleichungen, so erhalten wir eine Parabel µ ¶ 2 x g . als Bahnkurve (vgl. Figur) y = x tan α − 2 v◦ cos α Zur Bestimmung der absoluten Erdbeschleunigung werden von den Geologen Geräte auf der Basis des freien Falles angewendet. Für Relativmessungen wird oft das LaCosteRomberg Gravimeter auf der Basis einer Federauslenkung einer Masse an einem Hebelarm eingesetzt. Eine genaue Vermessung von g auf der Erdoberfläche liefert Informationen über die Struktur und Zusammensetzung der Erdkruste. Analog sind die Bewegung und die Bahnkurve einer Ladung q im homogenen elektrischen Feld. 29 3.4 Beispiele mit Haft- und Gleitreibung 3.4.1 Klotz auf schiefer Ebene ~ N ~ und R. ~ Auf den Klotz mit Masse m wirken die Kräfte G, ~ +N ~ +R ~ = 0 gilt, befindet sich der Klotz in Ruhe, und R ist eine Haftreibung. (i) Falls G Wählen wir die x-Achse parallel und die y-Achse senkrecht zur schiefen Ebene, so gilt für die Kraftkomponenten: ~ N Fx = G sin α − RH = 0 ⇒ RH = G sin α, H H ¢̧ ¢ ¢ H H H HH ¢ ¢ ¢ ¢̧ y Fy = N − G cos α = 0 ⇒ N = G cos α ¢ H YH H ¢ ¢ ¢ oder RH /N = tan α. ¢ ¢ ~ R H HHH Da für RH die Ungleichung 0 ≤ RH ≤ µH N existiert, haftet der H jx ~ G αHH ? HH Klotz, so lange gilt tan α ≤ µH . (ii) Wird die Ebene stärker geneigt, beginnt der Klotz zu gleiten und es ist R = RG = µG N. Die Bewegungsgleichungen heissen jetzt d2 x d2 y m 2 = G sin α − RG = G sin α − µG N und m 2 = N − G cos α = 0 ⇒ N = G cos α dt dt 2 dx also wird m 2 = G sin α − µG G cos α = G(sin α − µG cos α) einfach integrierbar. dt Der Körper gleitet gleichförmig beschleunigt. Wenn tan α = µG wird, so verschwindet die Beschleunigung und der Klotz rutscht mit konstanter Geschwindigkeit. Auf diese Weise kann µG gemessen werden. 3.4.2 Kind mit Schlitten j Mit welcher Beschleunigung kann das Kind den Schlitten anziehen ohne auszurutschen? Damit das 6 ~S N ¡ ′ ¡ ­B ~ Kind sich überhaupt bewegen kann, muss nach dem F- ¾ ¡­q B  6 ¾ Aktionsprinzip an ihm eine äusere Kraft angreifen, ¤@ ¤ @ in diesem Fall kann es nur die nach vorn gerichtete ¡ ¢¢ ¼ À ¡ ¾ Haftreibung RH zwischen Schuh und Erdboden sein. ~ ~ ~ K RH RG G RH ist die Reaktionskraft zu der Kraft, mit der das ~ G ?S ? Kind auf die Unterlage wirkt. Nach diesem Prinzip bewegen sich auch Automobil, Lokomotive etc. Ohne Haftreibung ist eine Fortbewegung nicht möglich (wenn wir vom Raketenantrieb absehen). Wir nehmen also an, die Schuhe des Kindes würden haften und der Schlitten würde gleiten. Die Schwerpunkte von Kind und Schlitten sollen sich mit der gleichen, horizontalen Beschleunigung ax bewegen, es ist also f = 1. Somit gilt: ~K N F~ m S ax = F ′ − R G . mK ax = RH − F, Wir nehmen wieder das Seil als masselos an, so dass F = F ′ ist. Addition beider Gleichungen ergibt dann: ax = RH − RG µH m K − µG m S ≤ ax (max) = g. mK + mS mK + mS Je grösser die Masse des Kindes relativ zum Schlitten ist, umso mehr kann es ihn beschleunigen ohne auszugleiten. 30 3.5 Vertikaler Fall in viskosem Medium 0 x◦ ~ vis R Diese Betrachtung stellt eine Erweiterung des Beispiels Kap.3.1 dar, indem wir noch eine der Geschwindigkeit proportionale viskose Rei~ v = −β~v berücksichtigen, die vom umgebenden Medium (Luft, bung R Wasser, Öl etc.) herrührt. Vom Auftrieb werden wir absehen. ~ +R ~ vis oder Also lautet die erweiterte Bewegungsgleichung m~a = G 6 m º· s ¹¸ ~vx ? x(t) d2 x dx m 2 = mg − β dt dt bzw. dvx β = g − vx . dt m (18) Diese lineare, inhomogene Differentialgleichung kann zur Berechnung von vx nicht einfach integriert werden31 . Die Mathematik lehrt, dass wegen der Linearität der Differentialgleichung die allgemeine Lösung v als Summe v = vh + vp angesetzt werden kann, hierbei ist vh die Lösung der ? x ~ ? G β dvh = − vh dt m homogenen Gleichung (19) dvp β = g − vp . (20) dt m Durch Addition von Gl. (19) und (20) erhält man wieder die ursprüngliche Gleichung (18). Die partikuläre Lösung, welche keine Integrationskonstante enthält, kann meist auf Grund physikalischer Argumente erraten werden32 . In unserem Fall wird sich für t → ∞ eine konstante Geschwindigkeit vp einstellen (stationärer Fall vp = v∞ =konst), wenn die Reibungskraft βvp gleich dem Gewicht mg geworden ist, also: vp = mg/β. und vp eine partikuläre Lösung der inhomogenen Gleichung Zur Lösung von Gleichung (19) trennen wir die Variablen: Z und integrieren: ln vho v vp β Z dvh =− dt oder vh m eine Integrationskonstante ist. Also ln ln vh = − dvh β = − dt vh m β t + ln vho , m β vh β = − t oder vh = vho e− m t vho m β vp e und das Ergebnis lautet v = vho e− m t + t=m/β t wobei mg . β Mit der speziellen Anfangsbedingung v(0) = 0 wird vho = −mg/β und folglich (Probe: Einsetzen Gl. 18) 31 Es gibt verschiedene Lösungswege: 1. Suche einen Lösungsweg in der Mathematik, 2. Finde einen gangbaren Ansatz durch Nachdenken, 3. siehe im Anhang nach. 32 Man kann auch für die Differentialgleichung (18) den Ansatz vx = v = c2 e−c1 t + c0 versuchen. Eine Exponentialfunktion ergibt durch Differenzieren wieder eine Exponentialfunktion (die Differentialgleichung enthält v- und v̇-Terme) und c0 soll den konstanten Term darstellen. Durch Einsetzen ist β β c2 e−c1 t + c0 m = g. Diese Gleichung muss für alle t gelten, dies ist erfüllt für −c1 c2 e−c1 t + m β β β g = c0 m und −c1 c2 + m c2 = 0 und damit c0 = g m β und c1 = m . Die Lösung ist dann β v = c2 e− m t + g m β , wobei die Konstante c2 aus den Anfangsbedingungen bestimmmt wird in Übereinstimmung mit der ersten obigen Lösungsmethode. 31 1 β ≈ gt − g t2 + · · · für33 2 m ´ ³ β t −m . 1 − e v(t) = mg β β t≪1 m Für Kugeln mit dem Radius r und der Dichte ρ gilt nach dem Stokesschen Reibungsgesetz Gl. (163) für laminare Strömungen β = 6πηr, wobei η die Zähigkeit (Viskosität)34 der Flüssigkeit ist. Die stationäre Geschwindigkeit ist dann vp = 2ρ g 2 r ; 9 η die Fallzeit ist proportional zu 1/r2 . Mit der allgemeineren Anfangsbedingung v(t = 0) = v◦ 6= 0 ist die Lösung β v(t) = (v◦ − v∞ ) e− m t + v∞ und es wird für v◦ > v∞ der Körper bis auf v∞ abgebremst, mit v◦ = v∞ bleibt die Geschwindigkeit konstant erhalten und für v◦ < 0 steigt der Körper erst an, bis er auf v = 0 abgebremst ist und fällt dann wie im ersten Beispiel. Die Lösung x(t) kann durch einfache Integration gewonnen werden x(t) − x(t = 0) = " m mg t+ ≈ β β à β 1 1− t+ m 2 µ β t m Zt · ´¸ m ³ −βt mg t− e m −1 ≈ v(t) dt = β β ¶2 1 − 6 0 µ β t m ¶3 !# + −··· − 1 = 1 2 g β 3 gt − t + O(t4 ) 2 6m β t ≪ 1 der Übergang zum Ergebnis des freien Falls ohne Reibung Auch hier ist durch die Näherung für m gezeigt, und es heben sich die Terme bis zur Ordnung t auf. 3.6 Kreisbewegungen Aus Kapitel 1.4 wissen wir, dass bei einer Kreisbewegung zwei Beschleunigungen auftreten: die zum Zentrum des Kreises gerichtete Radialbeschleunigung ar = und die Azimutal- (oder Tangential-)Beschleunigung aϕ = R 33 v2 R d2 ϕ . dt2 Für x ≪ 1 kann entwickelt werden (Anhang C.1.7) ex = 1 + x + x2 /2! + x3 /3! + · · ·, es gilt dann µ ¶ β β2 2 β3 3 1 β mg 1−1+ t− t + t − + · · · = gt − g t2 + · · · v(t) ≈ 2 3 β m 2m 6m 2 m Der erste Term ist in Übereinstimmung mit dem freien Fall ohne viskose Reibung, der zweite Term ist die erste Korrektur für Reibung. Man beachte, die ersten beiden 1-Terme heben sich in der Näherung heraus, bei numerischen Rechnungen mit der exakten Formel ist also erst der dritte Term dominant für x ≪ 1, was zu Rundungsfehlern führen kann. Dieser Übergang eines neuen Ergebnisses in ein bekanntes Ergebnis, das in einem Grenzbereich gültig ist, kann als Kontrolle der Rechnung dienen, und es fördert auch das physikalische Verständnis. 34 z.B.: η(Luft) = 1.8·10−5 kg/m s, β/m(Feder) ≈ 30 s−1 , β/m(Kugel) ≈ 10−5 s−1 , η(Wasser) = 1·10−3 kg/m s 32 Ft m Fn 3.6.1 Also müssen auf Grund des Aktionsprinzips auch zwei Kraftkomponenten vorhanden sein: 2 )2 = mRω 2 = m vR = Fn = m ar = m R( dϕ dt Normal- oder Zentripetalkraft, 2 Ft = m aϕ = m R ddtϕ2 = mR dω = Tangentialkraft, die von den früher dt diskutierten Kräften (Gravitation, Coulombkraft, Oberflächenkräfte) herrühren. Wir diskutieren 3 Beispiele. Erdsatellit auf Kreisbahn Die Ebene der Bewegung wird durch den Vektor F~G und die Anfangsgeschwindigkeit ~v◦ aufgespannt. Die Zentripetalkraft [vgl. Kap. 1.4.3] wird durch die Gravitationskraft der Erde dargestellt: RE M → h FG r Ft = m aϕ = 0, Fn = FG = Γ mM (M = Erdmasse). r2 v→o mM m · v2 Damit ist Γ 2 = r r ΓM Nach der Figur ist r = h + RE , ferner gilt R2 = g (Kapitel 2.4.1) m (Kreisbedingung). E Damit erhält man v und die Umlaufszeit T : v = s 2 gRE RE + h , v u u (RE + h)3 T = 2π t . 2 g RE So steht ein geostationärer Satellit über dem Äquator (warum dort?) mit T = 24 Std in einer Höhe von 35800 km. Speziell für erdnahe Satelliten, d.h. h ≪ RE : v ≃ q gRE , T ≃ 2π s RE g vgl. Gl. (23). Alle diese Beziehungen sind infolge der Gleichheit von träger und schwerer Masse unabhängig von m. 3.6.2 Ebenes mathematisches Pendel Darunter versteht man einen Massenpunkt, der an einem masselos gedachten Faden hängt und in einer vorgegebenen Ebene Schwingungen ausführt, d.h. der Bewegungsvorgang wiederholt sich in regelmässigen Zeitabschnitten. Nach dem Rezept ist: ϕ ℓ → F m → G 1. Es ist f = 1, weil die Pendellänge ℓ = konstant und die Schwingungsebene vorgegeben ist. Als Koordinate wird der Winkel ϕ zwischen der Vertikalen und dem Faden gewählt, und zwar wird ϕ positiv im Gegenuhrzeigersinn gerechnet. ~ = m~g und die Fadenkraft F~ . 2. Es wirken G 3. Zwei Bewegungsgleichungen mit zwei Unbekannten ϕ und F : 2 m vℓ = FN = F − mg cos ϕ und 2 mℓ ddtϕ2 = FT = −mg sin ϕ 33 4. Lösen der Bewegungsgleichung für kleine Winkel (ϕ ≪ 1) der tangentialen Bewegung: g d2 ϕ = − sin ϕ. Dann ist sin ϕ ≃ ϕ und die Differentialgleichung wird 2 dt ℓ d2 ϕ g (21) = − ϕ. 2 dt ℓ Diese Gleichung kann nicht direkt integriert werden, da sie die unbekannte Funktion ϕ(t) und deren 2. Ableitung enthält. Die Lösung muss so beschaffen sein, dass ihre zweite Ableitung proportional zur Funktion selber ist. Als mögliche Lösung kommen sin-, cosoder eine Exponential-Funktion in Frage. Man muss deshalb einen Ansatz35 machen und zeigen, dass mit ihm die Differentialgleichung erfüllt werden kann36 . Wir setzen an: ϕ ϕ(t) = ϕ◦ cos(ωt − δ) (22) g in Gl. (21): −ϕ◦ ω 2 cos(ωt−δ) = − ϕ◦ cos(ωt−δ) ℓ T ϕο t δ ω und damit ω= r g ℓ (23) Der Ansatz (22) erfüllt dann und nur dann die Gleichung (21), falls ω, welches die Bedeutung einer Kreisfrequenz hat, die Bedingung (23) erfüllt. Wir nennen ω die Eigenfrequenz des Pendels und die Bewegung harmonisch, weil sie durch eine cos-Funktion (oder sin-Funktion) beschrieben werden kann. ϕ◦ ist die Amplitude und δ die Phasenkonstante der Schwingung; beide sind Integrationskonstanten und werden durch die Anfangsbedingungen festgelegt. Die Schwingungsdauer T ist durch die Bedingung ϕ(t + T ) = ϕ(t) bestimmt. Es muss ωT = 2π gelten und damit ist s 2π ℓ 1 T = = = 2π , ω ν g ν nennt man die Frequenz · ¸ 1 . s 5. Mit den Anfangsbedingungen: ϕ(t = 0) = α◦ , à dϕ dt ! = t=0 v◦ ℓ wird α◦ = ϕ◦ cos δ, v◦ = ωϕ◦ sin δ. ℓ 35 Jeder Ansatz ist mit genügend Freiheitsgraden richtig, jedoch nur Ansätze, die die Lösung wenigstens teilweise erraten, führen zu einem gangbaren Lösungsweg. Vgl. auch die Fussnote S.31. 36 Man kann auch mit einem Trick (analog zum Energietrick) die Differentialgleichung (21) lösen, indem g d g d 2 2ϕ̈ϕ̇ + 2 ϕ̇ϕ = 0 ⇒ (ϕ̇) + (ϕ)2 = 0 sie ist nun integrierbar ℓ dt ℓ dt r Z Z g g dϕ dϕ p = dt = t ϕ̇2 + ϕ2 = konst2 ⇒ = c2 − ϕ2 Variable separieren ⇒ ℓ dt ℓ c2 − gℓ ϕ2 Z 1 dx b √ = arcsin x + c wird mit 2 2 2 b a a −b x s Ãp ! ·r ¸ r g/ℓ ℓ g gϕ t= arcsin ϕ + t◦ ⇒ sin (t − t◦ ) = und damit g c ℓ ℓc s r r g g ℓ , δ = t◦ , ϕ◦ = c ϕ(t) = ϕ◦ sin(ωt − δ), mit ω = ℓ ℓ g man sie mit 2 · dϕ dt multipliziert: und mit den Anfangsbedingungen ϕ(t = 0) = ϕ◦ , ϕ̇(t = 0) = 0 ist ϕ̇(t = 0) = ϕ◦ ω cos(ωt − δ) = 0 ⇒ δ = +π/2 ⇒ ϕ(t) = ϕ◦ cos ωt in Übereinstimmung mit dem Ergebnis aus dem Ansatz. 34 Aus diesen beiden Gleichungen folgt: ϕ2◦ = α◦2 µ v◦ + ℓω ¶2 , tan δ = v◦ . ℓωα◦ Damit sind die Integrationskonstanten ϕ◦ und δ und folglich auch ϕ(t) bestimmt. Also können wir nun die zweite Unbekannte, die Fadenkraft F , berechnen. Aus der Bewegungsgleichung für die radiale Bewegung mv 2 /ℓ = F − mg cos ϕ folgt mit der Näherung cos ϕ ≃ 1 (äquivalent der Näherung sin ϕ ≃ ϕ) ⇒ F = mg + mℓω 2 ϕ2◦ sin2 (ωt − δ). Die Fadenkraft wird also für ϕ = 0, d.h. sin(ωt − δ) = 1, grösser als mg, weil ja F − mg die notwendige Zentripetalkraft [vgl. Kap. 1.4.3] liefern muss. Vergleichen wir die Periode des mathematischen Pendels mit der Schwingungsdauer q T ≃ 2π RE /g für einen erdnahen Satelliten, so sehen wir, dass die Satellitenbewegung als eine Pendelschwingung mit dem Erdradius als Fadenlänge aufgefasst werden kann. Die harmonische Lösung Gl. (22) der Bewegungsgleichung gilt nur für genügend kleine Amplituden ϕ◦ . Für beliebige Amplituden mit einer masselosen Stange statt eines Fadens müssen wir einen anderen Lösungsweg einschlagen. Wir multiplizieren die Bewegungsgleichung für die tangentiale Bewegung mit 2dϕ/dt und erhalten (suche einen Ausdruck, der auf beiden Seiten dtd (...) enthält, um zu integrieren, vgl. Fussnote 36 ) g dϕ dϕ d2 ϕ = − 2 sin ϕ oder 2 dt dt2 ℓ dt d dt à dϕ dt !2 = 2g d (cos ϕ). ℓ dt Die Integration nach der Zeit liefert à dϕ dt !2 = dϕ ⇒ = dt 2g cos ϕ+C1 ℓ s (C1 = − 2g dϕ cos ϕ◦ Integrationskonstante aus (ϕ = ϕ◦ ) = 0) ℓ dt Z Z Z dϕ dϕ 2g cos ϕ + C1 bzw. dt = q = t = t◦ + q . 2g 2g ℓ cos ϕ + C1 cos ϕ + C1 ℓ Die Schwingungsdauer T für die Amplitude ϕ◦ (ϕ◦ ≤ π) ist T = 4 T 2π g 37 90o T = 2π q ℓ g 180o " 1+ µ ϕο P∞ ¡ n=1 ◦ dϕ q C1 + 2g ℓ cos ϕ , wobei C1 selbst noch von ϕ◦ abhängt. Das Integral ist ein elliptisches Integral 1. Art, dessen Werte tabelliert sind oder das mit einer Reihenentwicklung37 oder auch numerisch, wie im Bild, gelöst werden kann. Die Schwingungsdauer hängt von der Amplitude ab. Die Bewegung ist periodisch, aber nicht mehr harmonisch. √ℓ 0o ℓ Zϕ◦ 2n−1 2n ¢ sinn ϕ2◦ ¶2 # mit schlechter Konvergenz bei ϕ◦ → 180◦ . 35 Phasenraumdarstellung der Pendelbewegung † Der Phasenraum38 ist ein fiktiver Raum der Bewegung eines Systems mit den Basisvektoren z.B. Ort ~r und Geschwindigkeit ~v oder Winkel ϕ und Winkelgeschwindigkeit ϕ̇. Im Allgemeinen sind dies 6 Dimensionen; das ebene Pendel kann mit nur zwei Variablen ϕ(t) und ϕ̇(t) beschrieben werden, die in Abhängigkeit von der Zeit eine Bahn im Phasenraum beschreiben. Für das Pendel gilt allgemein auch für grosse Winkel [S.35] g ϕ̇2 = 2 cos ϕ + C1 ℓ g mit C1 = −2 cos ϕ◦ ℓ aus ϕ̇[ϕ(t = 0) = ϕ◦ ] = 0 . (24) Der Phasenraum ist damit mit Gl. (24) beschrieben ϕ̇(ϕ) = q 2c(cos ϕ − cos ϕ◦ ) mit c = g = ω2 . ℓ Für kleine Winkel 1 ≫ ϕ◦ ≥ ϕ gilt mit einer Reihenentwicklung von cos ϕ s √ √ √ √ q ϕ2 ϕ2 ϕ̇ = 2c cos ϕ − cos ϕ◦ ≈ 2c 1 − ... − 1 + ◦ ... = c ϕ2◦ − ϕ2 . 2 2 Dies ist im Phasenraum ϕ̇, ϕ eine Kreisgleichung mit dem Radius ϕ◦ ϕ̇2 √ + ϕ2 = ϕ2◦ . ϕ̇/ c c In der Figur ist der Pha2 Rotation senraum für kleine Winkel mit den Anfangsbedingungen ϕ◦ = π/4, π/8 dargePendelbewegung stellt (Kreise). Für grössere Winkel ϕ◦ = π, π/2 ist π π π ϕ Gl. (24) benutzt worden; im 4 2 Extrempunkt ϕ = ϕ◦ = π, ϕ̇ = 0 steht das Pendel still. Die Pendelbewegung wird im Phasenraum als eine Rotation dargestellt. √ Für eine Anfangsbedingung ϕ̇(ϕ◦ = 0)/ c > 2 geht die Pendelbewegung in eine Rotation über, die im Phasenraum durch eine Oszillation mit fortschreitendem ϕ dargestellt ist. Der Phasenraum eines Systems ist eine Konstante, hier die durch ϕ̇ und ϕ aufgespannte Fläche, so kann ϕ nur auf Kosten von ϕ̇ verändert werden. In der Optik von Licht oder der Optik von Teilchenstrahlen wird dieser Sachverhalt durch den Liouvilleschen Satz formuliert: In einem optischen System ist der Phasenraum konstant. So kann z.B. ein Brennfleck nur auf Kosten einer vergrösserten Divergenz verkleinert werden. 3.6.3 Kreispendel (konisches Pendel) Der Pendelfaden beschreibt den Mantel eines Kreiskegels, die Masse m soll sich auf einer Kreisbahn um die z-Achse mit konstanter Winkelgeschwindigkeit ω bewegen. 38 S.Brandt, H.D.Dahmen, Physik Bd.1 Mechanik, Springer 1977 S.83 36 Für welche Winkel α ist eine solche Bewegung möglich? ~ und F~ , welche folgende BeWiederum wirken nur die Kräfte G dingungen erfüllen müssen: Tangentialkraft: FT = 0 weil ω = konst, Zentripetalkraft (Bedingung mρω 2 für die Kreisbahn): FN = F sin α = mρω 2 = mℓω 2 sin α, Kraft parallel zur z-Achse: Fz = F cos α − mg = 0. α erfüllt also die Bedingung tan α = gℓ ω 2 sin α. z ℓ → F α ρ m ω→ mg→ Die Lösungen sind39 α=0 α π/2 stabil 0 cos α = g ℓω 2 für α 6= 0. (26) Da cos α ≤ 1, gilt die Lösung (26) nur dann, wenn g ≤ 1 bzw. ω ≥ ωkritisch = ωk = ℓω 2 stabil 0 und (25) labil 1 ωk 2 3 ω r g . ℓ Es gibt also für ω ≤ ωk nur eine Lösung: α = 0. Für ω ≥ ωk sind 2 Lösungen möglich, von denen jedoch α = 0 instabil ist. Falls sich das Pendel im Zustand α = 0 mit ω > ωk befindet, wird es durch eine kleine Störung in den stabilen Zustand α > 0 gebracht. Der unstetige Übergang von der 1. stabilen Lösung zur 2. stabilen Lösung bei der kritischen Winkelgeschwindigkeit ωk ist ein mechanisches Beispiel für einen Phasenübergang 1. Ordnung (vgl. S. 83). Andere Beispiele für Phasenübergänge 1. Ordnung sind: Aggregatzustände Wasser-Eis, Metallstrukturen, Ordnung-Unordnungübergänge im Magnetismus, Supraleitung, Flüssigkristalle (LCD) u.a. Bei Phasenübergängen 2. Ordnung beobachtet man stetige Übergänge bei Änderung eines Parameters (z.B. Temperatur). 3.7 Prinzip des Raketenantriebs Wir betrachten eine Rakete, die sich durch Ausstossen von Masse beschleunigen kann. Um die Bewegung der Rakete, speziell die Zeitabhängigkeit ihrer Geschwindigkeit ~v (t) zu untersuchen, gehen wir nicht vom Aktionsprinzip, sondern vom Impulssatz für ein System d~p von Massenpunkten aus: F~ = . dt ~ F ist eine äussere Kraft (z.B. Gravitationskraft) auf das System, das aus der Rakete und den ausgestossenen Gasen besteht, und p~(t) ist der Gesamtimpuls dieses Systems. Wir betrachten das System zu zwei aufeinander folgenden -~ v Zeitpunkten t und t + dt. Im Zeitintervall dt wurde die Q Q Gasmenge dm mit einer Relativgeschwindigkeit ~u bezüglich dm M t ´ ´ der Rakete ausgestossen, in der Rakete bleibt die Masse M . Die Geschwindigkeit der Rakete selbst wird von ~v auf Q ~ v + d~v erhöht, gemessen in einem Inertialsystem. Somit ist Q M t+dt dm ´ ´ der Impuls zur Zeit t : p~(t) = (M + dm)~v , ~v + d~v + ~u ~v + d~v und t + dt : p~(t + dt) = M (~v + d~v ) + dm(~v + d~v + ~u). 39 Vorsicht: Wenn man in sin α/ cos α = α = 0. ℓ 2 gω sin α den Term sin α “kürzt”, verliert man diese Lösung 37 Die Impulsänderung ist also d~p = p~(t + dt) − p~(t) = M d~v + dm ~u + dm v} . | {zd~ ≈0 dm d~v ist, da von höherer Ordnung, vernachlässigbar. Mit der äusseren Kraft F~ ist d~v dm d~v dM d~p =M + ~u =M − ~u , F~ = dt dt dt dt dt denn es ist dm dM =− , dt dt (27) da die ausgestossene Masse von der Rakete kommt. Wir diskutieren Gleichung (27) an zwei Beispielen. Falls sich die Rakete weit weg von irgendwelchen Gravitationszentren befindet, können wir F~ = 0 setzen und erhalten M d~v dM = ~u dt dt oder d~v ~u dM = . Wenn ~u k ~v unabhängig von der Zeit ist, dt M dt lässt sich die Integration leicht ausführen: Z ~v ~v◦ d~v = ~u Z M M◦ dM M oder ~v = ~v◦ + ~u ln M . M◦ ~v◦ ist die Anfangsgeschwindigkeit, wenn die Rakete die Masse M◦ hat. Die Endgeschwindigkeit ist also unabhängig davon, wie schnell der Brennstoff verbraucht wird40 . Das wird anders, wenn wir die Rakete in einem Gravitationsfeld betrachten, z.B. beim Start, wo wir F~ = M~g annehmen wollen. Es gilt also mit Gl. (27) d~v dM M ~g = M − ~u dt dt oder d~v ~u dM = + ~g dt M dt ⇒ Die Integration ergibt: ~v = ~v◦ + ~u ln Z~v ~v◦ d~v = ~u ZM M◦ t Z dM + ~g dt. M t◦ M + ~g (t − t◦ ). M◦ Mit den Anfangsbedingungen t◦ = 0, ~v◦ = 0 und ~v positiv nach oben sowie ~u und ~g negativ nach unten gerichtet gilt: v(t) = +u ln M◦ − gt. M Jetzt ist v(t) umso grösser, je kleiner die Zeitspanne von 0 bis t ist, in welcher der Brennstoff verbrannt wird. Anschaulich kann eine Rakete nicht von der Erde abgeschossen werden, wenn der sonst ausreichende Brennstoff zu langsam abgebrannt wird und extrem noch nicht einmal die Schwerkraft der Rakete überwunden werden kann. 40 ~u ↑↑ ~v Abbremsen, ~u ↓↑ ~v Beschleunigen der Rakete M . 38 4 Arbeit, Energie und Leistung; Energie- und Impulserhaltung Im Kapitel 3 haben wir mit Hilfe der Newtonschen Prinzipien mechanische Probleme gelöst, d.h. es war der zeitliche Verlauf des Ortsvektors ~r(t) eines Massenpunktes gesucht, wenn die wirkende resultierende Kraft F~ bekannt ist. Der Lösungsablauf lässt sich durch die Sequenz F~ → ~a → ~v → ~r beschreiben. Um die Integrationen nach der Zeit ausführen zu können, müssen wir F~ (t) kennen; oft ist jedoch nur F~ (~r) (z.B. beim Gravitationsgesetz) gegeben. Das Problem ist also, ~v (t) bzw. ~r(t) aus m · d~v /dt = F~ (~r) zu bestimmen. F~ (t) erhält man dann aus der berechneten Bahn F~ (t) = F~ (~r(t)). Die Lösung dieser Aufgabe führt zum Energiesatz der Mechanik, der eine Folgerung darstellt, die aus den Newtonschen Prinzipien gezogen werden kann und mit dem in vielen Fällen eine elegantere Lösung von Problemen gefunden werden kann. Zunächst müssen wir jedoch einige neue Begriffe einführen. Newtons Prinzipien XX X 4.1 prinzipiell Lösungen möglich XX XXX X z X allgemeingültige Folgerungen - mechanische Probleme » » »»» »»» : » » eventuell elegante Lösung Definition von Arbeit, Leistung und kinetischer Energie Die Arbeit Wir betrachten einen Massenpunkt m, der sich unter der Wirkung einer beliebigen Kraft F~ von einem Ort 1 zu einem Ort 2 bewegt. Wir denken uns die Bahnkurve in kleine, vektorielle Bahnelemente d~r (= Linienelemente) zerlegt. Innerhalb einer Zeit dt wird m unter dem Einfluss von F~ um d~r ver→ F schoben. Dann definieren wir → ϕ 1 → r1 m dr 2 → r2 . dW = F~ · d~r = |F~ | · |d~r| cos ϕ = F dr cos ϕ als die Arbeit, welche die Kraft verrichtet, um die Masse längs eines Weges zu verschieben. Bei einem ausgedehnten Körper ist unter d~r die Verschiebung des Schwerpunktes zu verstehen. dW ist also als Skalarprodukt von F~ und d~r definiert und kann somit auch als Produkt aus der Verschiebung und der Kraftkomponente längs der Verschiebung definiert werden. Die total geleistete Arbeit erhalten wir durch Integration von dW längs der Bahn 2 R W1→2 = F~ · d~r 1 Wir nennen dieses bestimmte Integral das Linienintegral der Kraft F~ . Die Einheit der Arbeit in SI-Einheiten ist41 1 Joule = 1 Nm = 1 Watt · Sekunde = 1 Ws. 41 James Prescott Joule (1818-1889), englischer Physiker, er schrieb 1843 ein Werk über das mechanische Wärmeäquivalent, begründete den Energiesatz und entwickelte die (Reibungs-) Wärmemenge proportional zur aufgewendeten Kraft (längs des Weges). 39 d~r . dW Leistung nennen wir die pro Zeiteinheit geleistete Arbeit P = = F~ · = F~ · ~v . dt dt Die Einheit ist 1 Watt = 1 Joule ·s−1 [alt: 1 PS = 735.5 W, 1 hp (horse power) = 550 ft lb/s = 745.69987 W]. Aus der Definition geht hervor, dass keine Arbeit geleistet wird von einer Kraft, die an einem ruhenden Körper angreift (d~r = 0) oder die senkrecht auf seiner Verschiebung d~r steht. Normalkräfte, die immer während des Bewegungsablaufes senkN 6 -v recht auf der Bewegungsrichtung stehen, leisten also keine Arbeit. Wenn ein Klotz reibungsfrei mit RG = 0 auf einer horizontalen Unterlage gleitet, stehen Gewicht und Normalkraft senkrecht auf ~v und damit auf ? mg d~r; es ist also dW = 0. Auf einen Massenpunkt m, der sich mit konstanter Winkelgeschwindig~v #à keit auf einem Kreise bewegt, wirkt die Zentripetalkraft Fn = m v 2 /r, Ism @ ¡ ª ¡ die senkrecht zu d~r steht. Die Zentripetalkraft leistet also keine Arbeit, F~n z.B. bei der Bewegung der Erde um die Sonne mit Fn = Γ mrS2mE . "! SE 4.2 Der Energiesatz der Mechanik Wir betrachten wiederum einen Massenpunkt, der sich unter der Wirkung einer beliebigen Kraft F~ bewegt. Nach dem Aktionsprinzip ist d~p = F~ dt bzw. m d~v = F~ . dt Als mathematischen Trick (Energietrick, vgl. S.34 Fussnote), um eine skalare Grösse zu erhalten, multiplizieren wir diese Gleichung skalar mit ~v : m~v · d~v dW = F~ · ~v = P = . Nun ist aber dt dt d 2 d~v (~v ) = 2~v · , dt dt m d(v 2 ) d d~v = = m~v · dt 2 dt dt also die linke Seite der obigen Gleichung à mv 2 2 ! = dT . dt Die kinetische Energie T eines Massenpunktes, der sich mit der Geschwindigkeit v bewegt, definieren wir als die Grösse . m T = v2 2 Wir sehen, dass T und W die gleiche Dimension haben und somit auch in gleichen Einheiten angegeben werden können. Damit gilt T2 − T1 = W1→2 = Z2 1 F~ · d~r dT dW = dt dt bzw. dT = dW und integriert der Energiesatz der Mechanik. 40 (28) ~ einen Massenpunkt längs eines Weges vom Ort Wenn eine Kraft F 1 zum Ort 2 verschiebt, so ist die von der Kraft geleistete Arbeit längs dieses Weges gleich der Zunahme der kinetischen Energie. Dieser Satz, der eine direkte Folgerung aus dem Aktionsprinzip darstellt und somit keine neue physikalische Idee enthält, verknüpft also zwei Arten von Grössen: die kinetische Energie, welche nur vom Anfangs- und Endpunkt der Bahn abhängt, und die Arbeit, welche durch den eigentlichen Weg bestimmt ist. Dieser Energiesatz gilt für jede Art von Kraft, er ist nicht mit dem Energie-Erhaltungs-Satz Gl. (33) zu verwechseln! Welche Vorteile bringt uns der Energiesatz? Um ihn anwenden zu können, müssen W1→2 und damit der Weg 1 → 2 bekannt sein. Müssen wir also doch mittels der Newtonschen Prinzipien den Weg berechnen? Es gibt 2 Fälle von beträchtlichem praktischen Wert, für die das nicht nötig ist und der Energiesatz seine grosse Nützlichkeit beweist: a) wenn die Arbeit nicht vom eingeschlagenen Wege abhängt, sondern nur durch Anfangs- und Endpunkt bestimmt ist, so dass also der Weg keine Rolle spielt, b) wenn der Weg im voraus bekannt ist, weil die Bewegung durch Nebenbedingungen beschränkt ist (z.B. bei Bewegungen auf einer Schiene). Wir wollen zunächst vier Beispiele zum Fall b) besprechen. 1. Freier Fall im Vakuum: ~ =konst. Durchfällt der Massenpunkt die Höhe h, so ist F~ = m~g = G 6 h 1 xm T2 − T1 = W1→2 = mg ? ? Z2 1 F~ · d~r = Z2 mg dr = mg h. 1 Lässt man den Körper mit v1 = 0 fallen, so wird 1 T2 = m (v2 )2 = mg h, 2 2 also v2 = q 2gh. In Übereinstimmung mit dem Ergebnis aus der Bewegungsgleichung. 2. Reibungsloses Gleiten auf horizontaler Ebene: ~ N 6 ~v - ~ ? G ~ N H Y H H ℓ ¢̧ H H HH ¢ H 6 HH ¢ ¢ ¢ ¢ H H ¢ HH H j~ h H HH r ~ H H HH j H ? G α HH ? ~ +N ~ = ~0, F~ = G dW = F~ · d~r = dT = 0 T = konst., v = konst. 3. Reibungsloses Gleiten auf schiefer Ebene: ~ ~ +N ~ = G d~r sin α − G cos α N + N ~ = G d~r sin α 6= 0 F~ = G dr N {z } | dr in Komponenten zerlegt ~ d~r = G sin α dr = dT, und dW = F~ · d~r = G T2 − T1 = Gℓ sin α = mg h = 21 mv 2 − 0. 41 4. Länge des Bremsweges ℓ auf horizontaler Ebene: ~v◦ N ~ 6 ~v v = 0- ~r ℓ ¾ ~G ? ~ 0 R G ℓ ℓ ℓ Z Z Z m ~ G ·d~r = − µG N dr = −mg µG dr. T2 −T1 = − v◦2 = R 2 0 0 0 m 2 v = mg ℓ µG , 2 ◦ ℓ= v◦2 . 2g µG D.h. der Bremsweg mit blockierten Rädern ist unabhängig von der Masse des Fahrzeuges. Da i.a. µH > µG gilt, ist bei nicht blockierten Rädern der Bremsweg kürzer jedoch schwerer zu dosieren (ABS-System vermindert das Ausbrechen des Autos). 4.3 Konservative Kraftfelder Im Abschnitt 2.4.1 wurde der Begriff des Kraftfeldes und der Feldstärke eingeführt. Jedem Raumpunkt ~r wird eine Kraft F~ (r) bzw. → r eine Feldstärke F~ /m zugeordnet. Die Gesamtheit aller F~ nennen wir das Kraftfeld, das im Gegensatz zu skalaren Feldern ein Vektorfeld ist. Zur Veranschaulichung des Kraftfeldes zeichnet man Feldlinien , die nach Definition Kurven sind, die durch die Tangenten der Kraftvektoren gegeben werden (vgl. Figur S. 44). Die Kräfte, die auf Massenpunkte wirken, lassen sich in drei Gruppen einteilen: (i) Hängt F~ (~r, t) = F~ (~r) nicht von der Zeit ab, so sprechen wir von einem stationären Kraftfeld (Federkraft, Gewicht); (ii) ändert sich F~ an jedem Raumpunkt auch im Laufe der Zeit, so stellt F~ (~r, t) ein nicht-stationäres Feld dar. (iii) Wenn dagegen die Kräfte F~ (~r, t, ~v ) auch von der Geschwindigkeit der betreffenden Masse abhängen, wie es bei Reibungs- und Normalkräften möglich sein kann, kann kein Kraftfeld definiert werden. Unter den stationären Kraftfeldern sind die sogenannten konservativen Kraftfelder von besonderem Interesse. Sie sind wie folgt definiert: R Falls 12 F~ · d~r nur von den Endpunkten 1 und 2, nicht aber 2 vom Weg zwischen den Endpunkten abhängt, nennt man C2 ~ eine konservative Kraft. die Arbeit W1→2 ist also für die F Cn verschiedenen Wege C1 , C2 · · · Cn die gleiche: C1 → F Z 1 C1 F~ · d~r = Z C2 F~ · d~r = · · · = Z Cn F~ · d~r. Aus dieser Eigenschaft folgt sofort, dass das Linienintegral der Kraft über einen geschlossenen Weg verschwinden muss. Ein solches Integral kennzeichnen wir durch das Symbol H · · ·. Das Integral soll z.B. von 1 nach 2 über den Weg Ca und dann zurück von 2 nach 1 über den Weg Cb integriert werden: Ca 1 2 Cb I F~ ·d~r = Z2 1,Ca F~ ·d~r + Z1 2,Cb F~ ·d~r = Z2 1,Ca F~ ·d~r − Z2 1,Cb F~ ·d~r = 0. Im letzten Integral wurden die Grenzen vertauscht, beide Integrale sind dann gleich, und das Linienintegral über den geschlossenen Weg verschwindet. 42 ~ = m~g , allgemein Ein bekanntes Beispiel für eine konservative Kraft ist das Gewicht G also eine konstante Kraft. Da die Komponenten von g nicht vom Wege abhängen, ist also m → r2 → → r12 → G=mg → W1→2 = Z~r2 ~ r1 =m r1 m~g · d~r = m " gx x R2 x1 Z dx + gy (gx dx + gy dy + gz dz) Ry2 y1 dy + gz Rz2 z1 dz # = m [gx (x2 − x1 ) + gy (y2 − y1 ) + gz (z2 − z1 )] = m~g · (~r2 − ~r1 ) = m~g · ~r12 Die Arbeit hängt nur von der Nettoverschiebung ~r12 der Masse ab d.h. nur von den Endpunkten und nicht vom Weg. Wie dieses Beispiel zeigt, kann das Linienintegral einer konservativen Kraft als Differenz zweier skalarer Grössen V (~r2 ) − V (~r1 ) geschrieben werden, die selber Funktionen des Ortes ~r sind. Wir definieren deshalb allgemein: Ist F~ eine konservative Kraft, so wird definiert durch W1→2 = R~r2 ~ r1 . F~ · d~r = − [V (~r2 ) − V (~r1 )] die potentielle Energie V (~r) . In differentieller Schreibweise lautet die Definitionsgleichung für die potentielle Energie −dV = F~ · d~r. (29) Bei gegebenem Kraftfeld ist die potentielle Energie nur bis auf eine willkürliche Konstante bestimmt, da in der Definitionsgleichung (29) von V (~r) nur eine Differenz auftritt. Sobald irgendeinem Punkt ~r◦ ein bestimmter Wert V (~r◦ ) zugeordnet ist, ist die potentielle Energie für jedes ~r eindeutig durch V (~r) = V (~r◦ ) − Z~r ~ r◦ F~ · d~r festgelegt. Jedem Raumpunkt ist also sowohl eine vektorielle Grösse, die konservative Kraft, als auch eine skalare Grösse, die potentielle Energie, zugeordnet. Wie erhält man aus einem gegebenen skalaren Feld V (~r) das vektorielle Feld F~ (~r)? Wenn wir im Raum um d~r = ~idx + ~jdy + ~kdz fortschreiten, so ändert sich V (~r) um dV = −F~ · d~r = −(Fx dx + Fy dy + Fz dz). Andererseits ist dV das vollständige (oder totale) Differential der Ortsfunktion V (x, y, z) (anschaulich die maximale Änderung von V im 3-dimensionalen Raum): dV = ∂V (x, y, z) ∂V (x, y, z) ∂V (x, y, z) dx + dy + dz. ∂x ∂y ∂z Vergleich der beiden Ausdrücke für dV in kartesischen Koordinaten liefert42 ∂ ∂ (bzw. ∂y und ∂z ) ist die partielle Ableitung nach der Variablen x (bzw. y ,z), alle anderen Variablen werden konstant gehalten. Die Einführung der partiellen Ableitung ist nötig für die Differentiation von Funktionen mit mehreren Variablen, hier V (x, y, z). 42 ∂ ∂x 43 Fx = − ∂V ; ∂x Fy = − Hierfür schreibt man ∂V ; ∂y Fz = − ∂V , ∂z die Komponenten der Kraft. à ~ = − ∂V ~i + ∂V ~j + ∂V ~k F~ = −gradV = −∇V ∂x ∂y ∂z ! ~ = ∇V = gradV den Gradienten43 . Er ist ein Vektor, dessen Komponenten und nennt ∇V aus den Ableitungen der skalaren Funktion V gebildet werden. Mit dem Gradienten ~ · d~r = lässt sich dV auch als skalares Produkt dV = ∇V " Potentialflache gradV · d~r interpretieren. Diese Beziehung liefert eine an~ . Wir denken uns V3 schauliche Bedeutung des Gradienten ∇V . Feldlinie diejenigen Punkte des Raumes, in denen die potentielle −∇.V Energie den gleichen Wert hat, zu einer Äquipotentialfläche . . V2 . zusammengefasst. Schreitet man auf einer solchen Fläche → F V = konst um d~r vorwärts, so ist nach Definition dV = 0. . . ~ ·d~r, so muss ∇V ~ senkrecht auf der ÄquiV1 Da aber dV = ∇V potentialfläche stehen. Dann erhalten wir aber die grösste ~ steht. Änderung dV , wenn d~r || ∇V Der Gradient gibt also die Richtung der grössten Änderung einer skalaren Ortsfunktion an; mit andern Worten: die Feldlinien der Kraft schneiden die Äquipotentialflächen unter einem rechten Winkel. Schliesslich wollen wir noch eine weitere äquivalente Formulierung für die Bedingung aufstellen, dass ein Kraftfeld konservativ ist. In der Vektoranalysis wird die Vektoroperation Rotation durch folgende Gleichung definiert: ¯ ¯ ¯ ~i ! à ! à ! à ~j ~k ¯¯ ¯ ∂F ∂F ∂F ∂F ∂F ∂F y z x x y z ¯ ¯ ∂ ∂ ~ × F~ = ¯ ∂ rotF~ = ∇ − − − + ~j + ~k . ¯ = ~i ¯ ∂x ∂y ∂z ¯ ∂y ∂z ∂z ∂x ∂x ∂y ¯ F ¯ x Fy Fz ~ V ist, so folgt für die x-Komponente Da jedoch für ein konservative Kraft F~ = −∇ ~ × F~ : von ∇ à ∂Fz ∂Fy ∂ ∂V − = − ∂y ∂z ∂y ∂z ! à ∂ ∂V − − ∂z ∂y ! =− ∂2V ∂ 2V + = 0 (30) ∂y∂z ∂z∂y und entsprechend für die anderen Komponenten. Für die skalare Funktion V können die ∂ ∂ ~ × F~ = 0. Ein und ∂y vertauscht werden. Es gilt damit ∇ partiellen Differentiationen ∂x ~ × F~ ist ein Kraftfeld, das diese Bedingung erfüllt, nennt man wirbelfrei. Die Rotation ∇ axialer oder Pseudo-Vektor. 43 Der Gradient wird oft und auch in dieser Vorlesung durch den Nabla Operator ∇ dargestellt. ∂ ∂~ . ∂~ ∇= i + ~j + k ∂x ∂y ∂z Für den Nabla-Operator gelten damit die bekannten Regeln für das Produkt mit einem Skalar (Gradi~ = F~ ergibt ein Vektorfeld), das Skalarprodukt mit einem Vektor (Divergenz ent eines skalaren Feldes ∇V ~ · F~ ergibt ein skalares Feld) und das Vektorprodukt mit einem Vektor (Rotation eines Vektorfeldes ∇ ~ × F~ ergibt ein Wirbelfeld). Die Schreibweise mit dem Nablaoperator ∇ ~ ist koordieines Vektorfeldes ∇ natenunabhängig. Darstellungen in verschiedenen Koordinatensystemen siehe Anhang C.5. Er hat also Vektorcharakter und kann zum Angewöhnen in der Schreib~ benutzt werden, später wird das Vektorzeichen weggelassen. weise ∇ 44 Zusammenfassung: Eine Kraft F~ ist konservativ, wenn eine der folgenden gleichwertigen Bedingungen erfüllt ist: Z2 1 I F~ · d~r = W1→2 ist unabhängig vom Weg F~ · d~r = 0 , V (~r) − V◦ = − Zr 0 ~ F~ = −gradV = −∇V F~ · d~r = W0→r , (31) ~ × F~ = 0 rotF~ = ∇ Wir haben schon bemerkt, dass eine konstante Kraft immer konservay 6 F~ (~r) 6 tiv ist. Wir beweisen jetzt, dass jedes Zentralfeld konservativ ist. Das V'$ (r) ¢¢¢̧ ¡ µ sind radial-symmetrische Felder, die in der Form * ¡© ¶³ © -µ´ x &% F~ (~r) = f (r) ~r = f (r) · (x~i + y~j + z~k) geschrieben werden können, hierbei ist f (r) eine Funktion des Betrages von ~r unabhängig von ϑ und ϕ. Die Feldlinien sind offen. Die Äquipotentialflächen V (~r) = V (r) für r =konst. sind Kugelflächen. √ ~ × F~ = 0 ist, weil mit r = x2 + y 2 + z 2 gilt Man überzeugt sich sofort, dass ∇ x ∂r = , ∂x r ∂r y = ∂y r und ∂Fx df ∂r df y =x =x , ∂y dr ∂y dr r ∂Fy df ∂r df x ∂Fx =y =y = ∂x dr ∂x dr r ∂y und analog für die anderen Ableitungen. Das Feld ist also wirbelfrei und besitzt eine potentielle Energie q d~ P *P © ~r©© s c© V (~r) = V (~r◦ ) − Z~r ~ r◦ f (r) ~r · d~r = V (~r◦ ) − Z~r f (r) r dr. ~ r◦ Wir haben hier in Radialrichtung integriert, d.h. d~r || ~r. Das Ergebnis ist jedoch, wie es sein muss, unabhängig vom gewählten Weg. Denn für ein beliebiges Linienelement d~s ist ~r · d~s proportional zur Komponente in Radialrichtung, Elemente senkrecht zur Radialrichtung liefern keinen Beitrag zum Linienintegral. Es ist also V (~r) = V (r), die potentielle Energie ist kugel-symmetrisch, die Äquipotentialflächen sind Kugelflächen. Die Gravitations- und Coulomb-Kraft stellen Zentralfelder dar, in denen f (r) ∼ r−3 ist. Zur Berechnung der potentiellen Energie wählt man als Bezugspunkt ~r◦ = ∞ und setzt V (~r◦ → ∞) = 0. Für das Newtonsche Gravitationskraftfeld ~ = −Γ M m ~r ist f (r) = −Γ M mr−3 G r3 und wir erhalten für die potentielle Energie V (r) = +Γ M m Zr ∞ 45 ΓM m dr =− . 2 r r Die potentielle Energie pro Masseneinheit (bzw. pro Ladungseinheit im elektrischen Falle vgl. Phys.AII) ist unabhängig von der Probemasse, man nennt sie das Potential Φ(~r) = V (~r) m unabhängig von der Probemasse. M Das Gravitationspotential ist Φ(r) = −Γ r " m2 s2 # unabhängig von m. Φ(r) beschreibt eine skalare Eigenschaft des eine Masse M umgebenden Raumes. Die Gravitationskraft ist damit durch das Potential ausgedrückt V(r) Coul. od.V(r) Gravit. ~ FG = −m∇Φ(r) = m~g . Die potentielle Energie ist mit r V (~r◦ → ∞) = 0 immer negativ. Dagegen kann die potentielle Ener∝ - 1/r gie des Coulombfeldes sowohl positiv wie auch negativ sein, da elektrische Kräfte sowohl abstossend wie auch anziehend sein können. Ein Sonderfall des Gravitationsfeldes ist das Schwerefeld der Erdoberfläche. Da die von der Schwerkraft m~g geleistete Arbeit V3 6 x ~ = m~g F W1→2 = m~g · (~r2 − ~r1 ) ist, so wird die potentielle Energie ? V2 V (~r) = −m~g ·~r = +mg x = V (x), wenn wir die x-Achse in Richtung der Vertikalen nach oben und V (x = 0) = 0 wählen. V1 =0 Abschliessend ein Beispiel für eine nicht-konservative q Kraft (vgl. die y 6 Strömungslehre): F~ = ~iay − ~jax mit |F~ | = a2 (y 2 + x2 ) = ar. '$ µ ¡ ¡ 6¶³ @ R -x @ 6 ? ¾ µ´ Da I @ @ ¾ ¡ ? &% ª ¡ ∂Fx = +a und ∂y ∂Fy ~ × F~ )z = −2a 6= 0. = −a gilt, ist (∇ ∂x Das Kraftfeld F~ ist ein Wirbelfeld, es hat kein Potential und die Feldlinien sind geschlossen. Man überzeuge sich, dass das Feld F~ = ~iay + ~jax ein wirbelfreies, konservatives Kraftfeld mit einem Potential und mit offenen Feldlinien (Hyperbeln) ist. 4.4 Das Potential und das Feld einer homogenen Kugel In vielen Problemen z.B. in der Atom- oder Kernphysik ist es notwendig das Feld und das Potential einer homogenen Kugel zu kennen (z.B. Coulombpotential eines ausgedehnten Atomkernes). Diese Aufgabe kann mit dem Gaussschen Satz einfach gelöst werden. Es ist jedoch zum physikalischen Verständnis nützlich, sich diese Rechnung mit einer einfachen, geometrischen Überlegung für das Gravitationspotential Φ(r) einer homogen mit Masse verteilten Kugel, wie es näherungsweise für die Erde gültig ist, zu überlegen. 46 → m2 r2 F2 m → F1 m1 Rs sinϑ d ϑ dϕ r1 Im Innern einer homogen mit Masse belegten Kugelschale mit dem Radius Rs ist die Gravitationskraft auf eine Probemasse m in jedem Punkt innerhalb der Kugelschale null. Um dies zu zeigen, genügt es, wie in der Figur angedeutet, zwei Massenelemente unter entgegengesetzten gleichen Raumwinkeln Ω1 = Ω2 = sin ϑ dϑ dϕ zu berücksichtigen sowie die Kräfte F~1 und F~2 zu berechnen. Für die FlächenM dichte der Kugelschale gilt ρF = 4πRs2 und für die Massenelemente m1 und m2 unter den zwei entgegengesetzten Raumwinkeln Ω1 und Ω2 gilt m1 = ρF Ω1 r12 , cos α m2 = ρF Ω1 r22 . cos α Die beiden Massenelemente haben den gleichen Neigungungswinkel α gegenüber dem infinitesimalen Raumwinkelelement. Die Kugeloberflächenelemente sind Ω1 r12 und Ω2 r22 . Damit ist die Kraft auf die Probemasse m F1 = Γ m m1 1 1 = ΓmρF Ω1 r12 2 = ΓmρF Ω1 = −F2 2 r1 r1 cos α cos α unabhängig von r1 und r2 , d.h.überall innerhalb der Hohlkugel ist die Summe aller Kräfte P der Flächenelemente über 2π summiert Fi = 0 (Gaussscher Satz). #à Eine homogen mit Masse verteilte Kugel kann für einen Punkt im Innern r r m bei dem Radius r in eine innere Kugel mit der Masse Mi mit Radius r Mi A und in eine äussere Kugelschale mit der Masse Ma und den Radien r und A Ma "! AR R aufgeteilt werden mit M = Mi + Ma . Ma trägt nach obiger Rechnung AAU nicht zur Kraft im Innern ≤ r bei. Die Masse Mi kann nach dem Schwerpunktsatz Gl. (12) im Schwerpunkt konzentriert angenommen werden44 , 4 πr3 1 M M mr 3 damit ist F (r) = ΓmMi 2 = Γm 4 3 · 2 = Γ 3 für r ≤ R r r R πR 3 F (r) = Γ Mm r2 für r ≥ R Das Gravitationspotential ist dann mit der Wahl Φ(r → ∞) = 0 : Φ(r) = − R " µ ¶ # Z∞ M 3 1 r 2 dr M Z 3 r dr + R = −Γ − , Φ(r) = −Γ 3 2 R r R Φ(r) = −ΓM 44 r Z∞ r R dr M = −Γ ; 2 r r 2 2 R Z∞ r F dr ⇒ m für r ≤ R für r ≥ R. wobei nur für eine kugelsymmetrische Massenverteilung der Schwerpunkt für alle r bei r = 0 liegt 47 Φ(r) R r F(r) - 1/r Bei r = R sind beide Funktionen auch in den Ableitungen stetig. Die potentielle Energie einer Probemasse m ist r V (r) = mΦ(r). 1/r 2 r −Γ M R ∝ r2 4.5 R Der Fluss des Gravitationsfeldes Das Newtonsche Gravitationsgesetz wie auch das Coulomb-Gesetz gelten eigentlich nur für punktförmige Massen bzw. Ladungen. Wie aber schon auf Seite 18 und 21 vermerkt wurde, lässt sich die Gültigkeit auch auf kugelsymmetrisch verteilte Massen (bzw. Ladungen) ausdehnen. Diesen Beweis wollen wir jetzt nachholen. Er beruht entscheidend auf der r12 -Abhängigkeit der Kräfte. Wir bedienen uns eines neuen Begriffes und definieren45 : den Fluss Φ der Gravitations~ r)/m eines Massenpunktes mi durch eine zu mi konzentrische Kugel Feldstärke ~g (~r) = G(~ B mit dem Kugeloberflächenintegral " # I I 3 m . ~ ΦB = gn dA = ~g · dA . B #à s2 s¾ mi ~g B dA r£ £ "! gn ist die auf dem Flächenelement senkrecht stehende Komponente der Feldstärke. Aus Symmetriegründen (Kugel) folgt dann → dA ΦB = g gn A α r I dA = −Γ g ΦA = B I A → ro mi I ~= ~g · dA I gn dA = A I g cos α dA. A Es ist dA cos α = dA′ , wobei der Ortsvektor r, der von mi zum Element dA führt, senkrecht auf dem Flächenelement dA′ steht (bzw. ~ steht parallel zum Ortsvektor ~r). der Flächenvektor dA #à »» »» mi »»» s X X dA′ r◦ » XX X £ £ "! dA◦ XXX ΦA = mi 4πr2 = −4π Γ mi unabhängig von r. r2 Nun berechnen wir den Fluss ΦA durch eine beliebige, aber geschlossene Fläche A, welche mi umschliesst. Es gilt: → → B g dA′ = I Da dA′ r2 = 2, dA◦ r◦ wobei r◦ der Radius einer zu mi konzentrischen Kugel ist, so folgt g dA◦ I 2 r2 Γmi I r dA◦ = −Γm = − dA◦ = −4π Γmi = ΦB . i r◦2 r2 r◦2 r◦2 B B 3 2 m In diesem Kapitel ist der Fluss Φ [ m s2 ] zur Unterscheidung vom mechanischen Potential Φ [ s2 ] kursiv geschrieben. 45 48 Der Feldfluss ist also derselbe für eine zu mi konzentrische Kugel oder eine beliebige Fläche, er hängt nur von der eingeschlossenen Masse mi ab. Die gleiche Überlegung führt zum Schluss, dass der Fluss durch eine beliebige geschlossene Fläche, welche die Masse mi nicht enthält, verschwindet. Da der Fluss nur von allen eingeschlossenen Massen P m = mi abhängt, erhalten wir die Beziehung: mi negat. Fluss pos. Fluss ΦA = I A ~= ~g · dA I A gn dA = −4π Γm (32) A Der Fluss der Gravitationsfeldstärke durch eine geschlossene Fläche A hängt nur von der eingeschlossenen Masse m ab, die beliebig innerhalb der Fläche A angeordnet sein darf. m #à ²¯ mp 1 r PP ±° "! A Jetzt wählen wir für m eine kugelsymmetrische Masse m1 und für A eine zu m1 konzentrische Kugel mit dem Radius r: ΦA = I A gn dA = −4π Γm1 . Aus Symmetriegründen muss gn auf der Kugeloberfläche konstant sein. Also gilt: ΦA = gn Z dA = gn 4π r2 = −4π Γm1 . Daraus folgt gn = −Γ m1 r2 und damit das Gravitationsgesetz für kugelsymmetrische Massen. Die Fluss-Regel Gl. (32) ist ein Sonderfall des für jeden Vektor gültigen Satzes von Gauss der Vektoranalysis. Sie gilt auch für das elektrische Feld (Phys.AII). 4.6 Der Energieerhaltungssatz der Mechanik Für konservative Kraftfelder F~ gilt ein Energieerhaltungssatz, der direkt aus dem Energiesatz der Mechanik Gl. (28) folgt, indem wir die von der Kraft F~ geleistete Arbeit der Änderung der potentiellen Energie gleichsetzen: T2 − T1 = W1→2 = Z2 1 F~ · d~r = V1 − V2 . Also gilt T1 + V1 = T2 + V2 . Da die Punkte 1 und 2 ganz beliebig gewählt werden können, gilt diese Gleichung für alle Punkte des Feldes. Man nennt deshalb Etot = T + V die totale mechanische Energie des Massenpunktes im konservativen Kraftfeld. Es gilt also Etot = T + V = konst 46 der Energieerhaltungssatz46 . Die Bezeichnung konservativ für ein Kraftfeld bezieht sich auf den Energieerhaltungssatz. 49 (33) In einem konservativen Kraftfeld bleibt die gesamte mechanische Energie, d.h. die Summe von potentieller und kinetischer Energie erhalten. In differentieller Form lautet der Erhaltungssatz dEtot = dT + dV = 0 Der Energieerhaltungssatz gilt auch dann noch, wenn bei einer Bewegung Führungskräfte vorkommen, die senkrecht zur Geschwindigkeit (also Normalkräfte) stehen und folglich keine Arbeit leisten. Treten dagegen Reibungskräfte auf, deren Arbeit ja vom Wege abhängt, so gilt der Erhaltungssatz in der obigen einfachen Form nicht mehr (z.B. wenn mechanische Energie irreversibel in Wärmeenergie umgewandelt wird). Ebenfalls kann der Energieerhaltungssatz in dieser einfachen Form nicht angewandt werden, wenn das Potential von der Zeit abhängt, wenn also V = V (x, y, z, t). Dann wird dV = ∂V ∂V ∂V ∂V ∂V ∂V dx + dy + dz + dt = −F~ · d~r + dt = −dT + dt ∂x ∂y ∂z ∂t ∂t ∂t ∂V dt 6= 0 für eine nicht konservative Kraft. ∂t Der Erhaltungssatz stellt ein erstes Integral der Bewegungsgleichung dar, da er nicht mehr die Beschleunigung, sondern nur noch die Geschwindigkeiten enthält. Dagegen enthält er als skalare Gleichung keine Information über die Richtung einer Bewegung. In vielen Fällen lassen sich mechanische Probleme mit dem Energieerhaltungssatz einfacher als mit den Newtonschen Gleichungen lösen. Obgleich der Erhaltungssatz der mechanischen Energie aus den Newtonschen Prinzipien hergeleitet wurde, stellt er eine andere Betrachtungsweise physikalischer Prozesse dar, so dass er einem neuen Werkzeug gleichkommt. Insbesondere ist er ein Sonderfall des viel allgemeineren Erhaltungssatzes aller Energien, der unabhängig von den Newtonschen Prinzipien gilt (vgl. Kapitel 10). oder dE = dV + dT = 4.7 Beispiele zum Energieerhaltungssatz 4.7.1 Freier Fall eines Massenpunktes im Vakuum 6 x V (x) xm ~v (x) ? Setzt man V (x = 0) = 0, so ist die potentielle Energie V (x) = mg x und die Gesamtenergie m m E = T + V = v 2 + mg x = 2 2 à dx dt !2 + mg x. (34) Da E konstant ist, wird es aus den Anfangsbedingungen x◦ und v◦ für 0 V (0) = 0 Aus Gl. (34) folgt den Zeitpunkt t = 0 bestimmt: s ¯ ¯ ¯ dx ¯ 2E ¯ ¯ − 2gx v = ¯¯ ¯¯ = dt m oder E= t= Z m 2 v + mgx◦ . 2 ◦ dx q 2E m − 2gx. + C. Mit der Substitution z = 2E/m − 2gx und dz = −2g dx erhält man für das Integral s s 1 √ 1 2E 1 2E 1 Z dz √ =− 2 z=− − 2gx. Also wird t = − − 2gx + C. − 2g z 2g g m g m 50 Aus der Bedingung x(t = 0) = x◦ ergibt sich für die Integrationskonstante C = ±v◦ /g. Das Minuszeichen ist durch die Wahl von ~g zu v~◦ bestimmt. Somit lautet das Ergebnis x(t) = 1 E − (gt ± v◦ )2 mg 2g 1 oder E = mgx◦ + mv◦2 2 mit + für den Wurf nach unten und − nach oben (vgl. Kap. 3.1). 4.7.2 Weltraumflüge Die potentielle Energie einer Raumkapsel mit der Masse m im Gravitationsfeld der Erde (Masse M ) ist nach Kapitel 4.3: V (r) = − ΓmM , r wenn wir V (r = ∞) = 0 setzen. Die konstante Gesamtenergie der Kapsel ist E = T◦ +V◦ = mM m 2 v◦ −Γ = T (r)+V (r), 2 r◦ hierbei sind T◦ = mv◦2 /2 die kinetische und V◦ = −ΓmM/rE die potentielle Energie an der Erdoberfläche r◦ = rE . Die Kapsel kann auf ihrem Raumfluge all diejenigen Punkte erreichen, die mit der Bedingung E = konst. verträglich V(r) sind. Ist E ≥ 0, so spricht man von ungebundener BewerE rmax r gung, die Kapsel kann das Schwerefeld der Erde verlassen. Ist jedoch E < 0, so ist die Bewegung gebunden ; es ist E To T◦ < Γ 1/r mM . rE Wird die Kapsel radial nach aussen abgeschossen (eindimensionaler Fall), so kehrt sie am Punkt rmax um, in dem T = 0 geworden ist, und fällt auf die Erde zurück. Damit (für E > 0) die Kapsel das Erdfeld verlassen kann, muss ihre Startgeschwindigkeit v◦ grösser sein als die sogenannte Fluchtgeschwindigkeit vF , welche sich mit E = 0 und damit m vF2 Mm T◦ = =Γ 2 rE V(r) rs r mE=81⋅ mM Erde Mond ergibt zu vF = s q 2ΓM = 2rE g = 11.2 km/s. rE Um aus dem Sonnensystem entweichen zu können, muss statt der Masse der Erde die Masse der Sonne und der Planeten berücksichtigt werden. Für einen Flug zum Mond ist die minimale Startgeschwindigkeit etwas kleiner, da das Potentialmaximum durch das Gravitationsfeld des Mondes reduziert wird. Startet die Sonde allerdings exakt mit dieser minimalen kinetischen Energie, so kommt sie an der Stelle rs zum Stillstand. Da dort die Anziehung des Mondes gerade entgegengesetzt gleich zur Anziehung der Erde ist, ist die Sonde schwerelos und im labilen Gleichgewicht. Sie kann zum Mond, aber auch zurück zur Erde fallen. 51 4.7.3 Die Todesschleife Ein Massenpunkt gleite, von einer schiefen Ebene kommend, längs der Innenseite eines vertikal gestellten Kreisringes. Wie hoch muss der Start gelegt werden, damit sicher kein Absprung erfolgt? Die Bewegung sei reibungsfrei. Die Bewegungsgleichung für die Normalund Tangentialbeschleunigung ist man = mρϕ̇2 = Gn + N und mat = mρϕ̈ = Gt = −mg sin ϕ ⇒ ϕ̈ + ρg sin ϕ = 0 ein elliptisches Integral. e @ @ Die Lösung ist einfacher mit dem Energieerhaltungssatz: 6 @ Die Bedingung für die Kreisbahn am höchsten Punkt ist @ @ h @ @ mv 2 = N + mg ρ ? ~¾ v¿ u mg hierbei ist N > 0. Für N = 0 stürzt der Massenpunkt mit ? Q Q ρ @ÁÀeiner Wurfparabel ab bei der kritischen Geschwindigkeit ? √ vk = ρg (Vgl. Bild S.7 Parabel mit Schmiegekreis). Der Massenpunkt muss mindestens in einer solchen Höhe hk gestartet werden, dass vk erreicht wird. Wird aus der Ruhelage gestartet, so gilt nach dem Energieerhaltungssatz47 m 5 V (hk ) = Tk + V (2ρ) = mghk = vk2 + 2mgρ, vk2 = 2ghk − 4ρg, hk = ρ. 2 2 4.8 @ N @ @ Der Impulserhaltungssatz 4.8.1 Elastische Stösse Unter Stössen verstehen wir in der Physik die Wechselwirkung zwischen zwei Körpern während einer kurzen Zeit, wobei Impuls und Energie ausgetauscht werden. Ein Grossteil unserer Kenntnisse über Atome, Kerne und Elementarteilchen stammt aus Stossexperimenten (Streuexperimenten). Auch eine mikroskopische Untersuchung ist ein Streuexperiment mit Licht. Während des Stosses wirken für eine sehr kurze Zeit innere Kräfte, die wir meist nicht genau kennen. Mit den Erhaltungssätzen von Impuls und Energie, die beide nicht eine Kenntnis der inneren Kräfte verlangen, können wir jedoch etliche Ergebnisse voraussagen. Dazu ist jeweils das System zweckmässig zu definieren. Wir betrachten z.B. zwei Massenpunkte m1 und m2 , auf die keine F~21@ I ¶³ äusseren Kräfte wirken. Die Impulse p~1 und p~2 sind konstant, som1 @ ¿ q @ fern sich die Punkte unabhängig voneinander bewegen. Stossen sie µ´ @ m2 @ zusammen, so wirken während des Stosses innere Kräfte F~12 und ~ ÁÀ R F12 @ F~21 , die die Einzelimpulse verändern. Der Gesamtimpuls aber bleibt erhalten. Dies ist der Impulserhaltungssatz [Gl. (13)]: In einem abgeschlossenen System, auf das keine äusseren Kräfte wirken, ~ äussere = d~p = 0 , F dt bleibt der Gesamtimpuls unabhängig von inneren Kräften erhalten ~p = konstant. 47 Die Rotationsenergie von Rädern eines Fahrzeuges oder die einer Kugel sind hier nicht berücksichtigt. 52 Die Änderung eines Einzelimpulses, z.B. ∆~p1 = p~′1 − p~1 (mit p~ vor und p~′ nach dem Stoss), hängt ab von der Stärke und der Richtung der inneren Kraft F~21 sowie der Stossdauer τ . Ist z.B. die Richtung von F~21 konstant und der Betrag aus nebenstehender Darstellung ersichtlich, so folgt aus dem Aktionsprinzip #à F21 6 ∆~p1 = F̄ F̄ τ p~′1 − p~1 = tZ 1 +τ F~21 dt, |∆~p1 | = F̄ τ. t1 -t F̄ τ nennt man den Kraftstoss (Dimension: Kraft·Zeit). F̄ ist eine mittlere Kraft, die während der Stossdauer τ wirkt. Wir unterscheiden nun zwei Typen von Stössen. Beim elastischen Stoss bleibt die totale mechanische Energie erhalten, beim inelastischen Stoss (mit z.B. Deformation oder Anregung) ist das nicht der Fall. Die elastischen Stösse werden jetzt ausführlicher behandelt. Für den vollkommen elastischen Stoss zweier Kugeln, auf die keine äusseren Kräfte wirken (d.h. V = konst), gelten die Beziehungen: t1 t1 + τ º· p~±£ ~ 2 £ p 1 ²¯ ¹¸£ ±° ²¯ 1 ³ ³³ ±° p~1′ 2 º· µ ¡ ¡ ¹¸ p~ ′ a) Impulserhaltungssatz: p~1 + p~2 = p~′1 + p~′2 b) Energieerhaltungssatz: T1 + T2 = T ′ 1 + T ′ 2 , dabei ist (mi vi )2 p2i mi vi2 = = , Ti = 2 2mi 2mi also p21 p22 p′ 21 p′ 22 + = + . 2m1 2m2 2m1 2m2 c) p~1 − p~′ 1 = −~p2 + p~′ 2 = ∆~p1 = −∆~p2 , beide Impulsänderungen haben die Richtung der Stosszentralen, also der Wirkungslinie der Kraft F12 . Bezüglich der gegenseitigen Orientierung von p~1 und p~2 lassen sich gerader und nicht-gerader Stoss unterscheiden. Wir werden von den geraden Stössen den eindimensionalen Sondernicht-gerade fall des geraden-zentralen Stosses weiterverfolgen (vgl. auch p~2 I#à @ Kap. 8.6). Impuls- und Energie-Erhaltungssatz vereinfachen @ p~1 sich dann zu º· @ µ ¡ ¡ ¹¸ "! p1 + p2 = p′ 1 + p′ 2 → p1 − p′ 1 = p′ 2 − p2 (35) 2 p′2 p21 − p′2 2 − p2 1 = . 2m1 2m2 (36) gerade, nicht-zentral p~ º· ¾2 - p~1 ¹¸ #à Dividiert man Gleichung (35) durch (36), so ergibt sich "! gerade, zentral #à º· ¾ ¹¸ p~1 p~2 p′ + p2 p1 + p′ 1 = 2 , 2m1 2m2 und mit Gl. (35) ist p1 + p′ 1 p1 − p′ 1 + p2 + p2 p1 − p′ 1 + 2p2 = = , 2m1 2m2 2m2 p1 (m1 − m2 ) + 2m1 p2 "! , p′ 1 = m1 + m2 53 p′ 2 = also p2 (m2 − m1 ) + 2m2 p1 . m1 + m2 º· º· Spezialfälle: ′ ¹¸ p~1 p~2 = 0 ¹¸(i) Ist speziell m1 = m2 , so folgt p 1 = p2 , Die Formeln sind symmetrisch in den Indizes 1 und 2. p′ 2 = p1 , die Impulse werden vertauscht. Für den Sonderfall48 p2 = 0 erhalten wir p′ 1 = 0, p′ 2 = p1 . º· Die stossende Kugel bleibt stehen, die gestossene fliegt weg. ¾ ′ ′ −~p1 ¹¸Im Falle p1 = −p2 wird p 1 = −p1 und p 2 = p1 . Die Kugeln kehren um. (ii) Ist m1 ≪ m2 , so gilt näherungsweise º· ¹¸ p~1 #à ²¯ ±° p′ 1 ≈ 2m1 −m2 p1 + 2m1 p2 = −p1 + p2 , m2 m2 p′ 2 ≈ p2 + 2p1 . "! #à p ~2 = 0 Beispiel: p1 = p; p2 = 0; p′ 1 = −p; p′ 2 = 2p. ²¯ Die stossende Kugel prallt ab. Wird z.B. eine Kugel an ei±° p ~ p ~ = 0 1 2 ner Wand (m2 ≃ ∞) reflektiert, so nimmt die Wand keine "! p~1 kinetische Energie sondern nur Impuls mit v ≈ 0 auf. Ist m1 ≫ m2 , so gilt näherungsweise p′ 1 ≈ p1 + 2p2 p′ 2 ≈ Beispiel: p1 = p; Ax AA AU p1 A A αA m A¢ p2 = 0; ¢ p′ 1 ¢̧¢ ¢m x ¢ ¢ ¢β −p2 m1 + 2m2 p1 2m2 = −p2 + p1 . m1 m1 p′ 1 = p; p′ 2 = 2m2 p. m1 Die stossende Kugel stösst durch. (iii) Für den nicht-garaden elastischen Stoss einer Kugel gegen eine Wand, bei der die stossende (kleine) Kugel reflektiert wird, gilt: Wenn der Stoss elastisch sein soll, dürfen keine tangentialen Reibungskräfte auftreten. Die Impulserhaltung parallel zur Wand verlangt also p1 cos α = p′ 1 cos β. p2 ′2 p1 . Die Erhaltung der Energie bedeutet 2m1 = 2m Damit gilt das Reflexionsgesetz: p1 = p′ 1 , α = β. Treten beim Stoss Reibungskräfte auf, wird zusätzlich Drehimpuls übertragen (Tennis, Experimente mit dem Superball). 4.8.2 Inelastischer Stoss: Das ballistische Pendel Makroskopische Körper führen eigentlich immer inelastische Stösse aus. Stösse zwischen atomaren und subatomaren Teilchen sind die einzigen, die rein elastisch sein können. Nur hier können die Kräfte (z.B. Zentralkräfte) wirklich konservativ sein, so dass ein Potential definiert werden kann und der Energieerhaltungssatz der Mechanik gilt. Wir besprechen nun inelastische Stösse am Beispiel des ballistischen Pendels: Eine Kugel mit der Masse m trifft auf ein ruhendes Pendel der Masse M und bleibt in ihm stecken. Gesucht ist die Geschwindigkeit v◦ der Kugel bei bekannter Auslenkung des Pendels. Während des Stosses ist der Energieerhaltungssatz sicher ungültig, denn 48 Dieser Sonderfall kann beim 2-Körper-Stossproblem als Trick angewendet werden: Man wählt ein Inertialsystem mit ~v1 , dann ist m1 in Ruhe und ~v2′ = ~v2 + ~v1 . Die Streuebene ist gegeben durch ~v2′ und die Wirkungslinie. 54 x v◦- - M p1 m x - v′1 = v′2 = v′ - p′ Kugel und Pendelmasse werden bleibend verformt. Diese plastischen Deformationen können nicht rückgängig gemacht werden. Dagegen gilt während des Stosses der Impulssatz, da in horizontaler Richtung keine äusseren Kräfte auf das System Kugel + Pendel wirken. Wir haben also M +m m v◦ = (m + M ) v ′ . (37) Dies ist bereits das allgemeine Resultat für vollkommen inelastische Stösse zweier Körper. Zuück zur etwas komplizierteren Pendelaufgabe: Für die nach dem Stoss einsetzende Pendelbewegung gilt der Energieerhaltungssatz, da nur die konservative Schwerkraft Arbeit leistet. Jedoch bleibt jetzt der Impuls nicht mehr erhalten, die äussere Schwerkraft wirkt. A Somit gilt: A A ϕ◦ A = (m + M ) gℓ 2 sin2 Aℓ A A A M +m ¾ x◦ A A© ©© AA © 6 A © ? h A© - m + M ′2 v = (m + M ) gh = (m + M ) gℓ (1 − cos ϕ◦ ) 2 ϕ◦ . 2 m+M ′ m+M v = Aus Gl.(37) folgt v◦ = m m = 2 sin r 4 gℓ sin2 ϕ◦ 2 M q ϕ◦ (1 + ) gℓ. 2 m Statt des Winkels ϕ◦ ist es zweckmässiger, den horizontalen Ausschlag x◦ = ℓ sin ϕ◦ zu messen. Beschränkt man sich auf ϕ◦ ≪ 1, so ist ϕ◦ x◦ ≃ ℓ 2 sin 2 r g M und somit v◦ ≃ x◦ (1 + ) . m ℓ 55 5 Der Drehimpulssatz für ein System von Massenpunkten Neben dem Schwerpunktssatz lässt sich noch ein weiteres fundamentales Gesetz der Mechanik zur Beschreibung der Bewegung eines Systems von Massenpunkten herleiten, der Drehimpuls- oder Drallsatz. Er wird seine Nützlichkeit in solchen physikalischen Problemen erweisen, in denen ein Punkt des Raumes vor anderen ausgezeichnet ist. Wir müssen zunächst zwei neue Begriffe einführen. Wenn ein Massenpunkt m mit Impuls p~ durch den Ortsvektor ~r beschrieben wird und auf → m eine Kraft F~ wirkt, so definieren wir in einem Bezugsp α system als → m . ~◦ = Lo Drehimpuls: L ~r × p~ auch Drall genannt (38) → → r p .. . ~◦ = M ~r × F~ . (39) Drehmoment: ~ ◦ wie auch ~r, F~ und M ~ ◦ bilden je ein Rechtssy~r, p~ und L stem. Die Beträge von L◦ und M◦ werden durch r → Mo L◦ = r · p · sin α, m → . → . β F und M◦ = r · F · sin β, α = 6 (~r, p~) β = 6 (~r, F~ ) festgelegt. Der Index ◦ soll andeuten, dass diese Grössen bezüglich eines gemeinsamen Bezugspunktes ◦ definiert ~ ◦ und L ~ ◦ sind axiale Vektoren. werden. M ~ und der zeitlichen Der Drehimpulssatz formuliert den Zusammenhang zwischen M ~ Änderung von L. Zur Herleitung dieses Satzes gehen wir von den gleichen Voraussetzungen aus wie im Kapitel 2.3 Seite 15. Wir denken uns jede der dort aufgestellten N Bewegungsgleichungen der N Massenpunkte mit dem entsprechenden Ortsvektor ~ri des Massenpunktes vektoriell multipliziert. Wir erhalten: mi u ~ @ Gki I ¢̧ @ ~ri ¢ ¢ ¢ ¢ ¢ ¢ ¢ » c¢»» @@ @@ R @ ~ 21 + ~r1 × G ~ 31 + . . . + ~r1 × G ~ N 1 = ~r1 × d~p1 ~r1 × F~1 + ~r1 × G dt ~ IGik ~rki @@ @ @ @u @ : » » »» » mk » »» ~rk ~ 12 + ~r2 × G ~ 32 + . . . + ~r2 × G ~ N 2 = ~r2 × ~r2 × F~2 + ~r2 × G d~p2 dt ... ~ 1 N +~rN ×G ~ 2 N +. . .+~rN ×G ~ N −1 N = ~rN × d~pN . ~rN ×F~N +~rN ×G dt Addieren wir diese Gleichungen, so treten paarweise Terme der folgenden Form auf ~ ik und ~ri × G ~ ki . Da aber gilt ~ri = ~rk +~rki und nach dem Reaktionsprinzip G ~ ik = −G ~ ki , ~rk × G ~ ki = (~rk +~rki )× G ~ ki = ~rk × G ~ ki +~rki × G ~ ki = −~rk × G ~ ik mit ~rki × G ~ ki = 0 so folgt ~ri × G In der obigen Summe heben sich also sämtliche Terme mit den inneren Kräften auf. Wie beim Schwerpunktssatz beruht dieses Ergebnis auf der Gültigkeit des Reaktionsprin~ ik zips. Zur Behandlung der Terme der rechten Seite nehmen wir noch an, dass die G Zentralkräfte sind (siehe Seite 18), also in Richtung des Vektors ~rki zeigen. Bilden wir d d~ri d~pi d~pi (~ri × p~i ) = × p~i + ~ri × = ~ri × , dt dt dt dt 56 so verschwindet rechts der 1. Term, da ~vi k~pi und somit, ~vi × p~i = 0, und wir erhalten aus der Summation des obigen Gleichungssystems auf der rechten Seite N X i=1 ri × und auf der linken Seite d X d X d~pi X d = (~ri × p~i ) = ~ri × p~i = L◦i dt dt i dt i i dt N X i=1 ~ri ×F~i = X i ~ ◦i . Setzt man M X i ~ ◦i = L ~ ◦, L X i ~ ◦i = M ~◦ M ~ ◦ den totalen Drehimpuls des Systems der N Massenpunkte bezüglich ◦, und und nennt L ~ ◦ das totale Drehmoment der äusseren Kräfte bezüglich ◦, so gilt M ~◦ dL ~◦ =M dt der Drehimpulssatz (Drallsatz). (40) Das totale Drehmoment der äusseren Kräfte in bezug auf einen raumfesten Bezugspunkt ◦ ist gleich der zeitlichen Ableitung des totalen Drehimpulses bezüglich des gleichen Punktes. Natürlich gilt unsere Herleitung des Drehimpulssatzes auch für einen einzelnen Mas~ ◦ steht dann für den Drehimpuls dieses Massenpunktes und M ~ ◦ ist senpunkt (N = 1), L ~ ◦ und M ~ ◦ auf den das auf ihn wirkende Drehmoment. Auch in diesem Falle müssen L gleichen Punkt ◦ bezogen werden, da ja beide Grössen den Ortsvektor enthalten, der erst definiert ist, wenn ein Bezugspunkt ◦ festgelegt ist. Allgemein für ein System von Massenpunkten formulieren wir den Drehimpulserhaltungssatz ~ ◦ = konst, wenn L X i ~ ◦i = 0 M oder ~ Anfang ~ Ende L =L ◦ ◦ (41) Der Drehimpuls eines Systems von Massenpunkten bleibt erhalten, wenn die Summe der äusseren Drehmomente verschwindet. Insbesondere bleibt der Drehimpuls eines isolierten Systems erhalten. Der Drehimpuls bleibt bei einer Reaktion erhalten. Es ist zu beachten, dass dieser Erhaltungssatz nicht allein aus den Newtonschen Prinzipien folgt, da wir ja annehmen mussten, dass die inneren Kräfte Zentralkräfte sind. Wenn diese Annahme auch naheliegend ist, so wird sie doch nicht explizit im Reaktionsprinzip verlangt. p Der Drallsatz ist das Analogon zum Newtonschen Gesetz (aus F~ = d~ abgeleitet) dt für Drehbewegungen. Der Drehimpuls steht für den Impuls und das Drehmoment für die ~ steht senkrecht zu ~r und p~, M ~ senkrecht zu ~r und F~ . L ~ und M ~ sind AxialvekKraft. L ~ und M ~ den Ortsvektor toren (Pseudovektoren), sie beinhalten einen Drehsinn. Da L enthalten, muss für ihre Festlegung immer ein Bezugspunkt ◦ gewählt werden. 57 6 Bewegungen im Zentralfeld Zentralfelder haben wir schon mehrfach kennengelernt, u.a. in Kapitel 4.3. Wir wollen jetzt einige allgemeine Eigenschaften der Bewegung eines Massenpunktes unter dem Einfluss einer Zentralkraft untersuchen. Danach soll der spezielle Fall der Planetenbewegung behandelt werden, der historisch eines der Hauptprobleme der Mechanik und speziell der Himmelsmechanik war. Zentralbewegungen spielen jedoch in vielen Zweigen der Physik eine Rolle, so z.B. bei Streuprozessen atomarer oder subatomarer Teilchen. 6.1 Reduktion des Zwei-Körper- auf ein Ein-Körper-Problem Zentralfelder (siehe Kapitel 4.3) und das Zentralkraftproblem mit zwei Körpern ist eines der wichtigen Probleme der Physik, wie z.B. in der Himmelsmechanik das Problem Erde Sonne, in der Atomphysik das klassische Atommodell mit zwei endlichen Massen oder in der Quantenmechanik Streuprozesse atomarer Teilchen oder Elementarteilchen. Es wird angenommen, dass die zwei Massenpunkte in gegenseitiger Wechselwirkung aufeinander Zentralkräfte ausüben (z.B. Gravitations- oder Coulombkräfte), die nur von den Relativkoordinaten ~r = ~r2 − ~r1 oder auch von deren zeitlichen Ableitungen ~r˙ 2 , ~r˙ 1 abhängen. Die kinetischen Energien und die Bewegungsgleichungen der beiden Massen sind 2 1 y m1 wHH E1kin = m1~r˙ 1 und F~21 = +f (r)~r = m1~¨r1 (42) 6 H r 2 Y H HH H~ S HH ¢̧ ~′ gH 2 1 H j H ¢ r 1¡ (43) E2kin = m2~r˙ 2 und F~12 = −f (r)~r = m2~¨r2 µ ~′HH j ¢ ¡ w r 2 2 * m2 © ¢ ¡ © ~ r 1 © ~ Die Kraft ist anziehend, wenn f (r) > 0 ist und abstossend, ¢ ¡R © © ¢ ¡ © wenn f (r) < 0 gilt. Die Kraft kann durch ein Potential, ¢ ¡ ©©~ r2 © das nur von den Relativkoordinaten ~r = ~r2 − ~r1 abhängt ¢ ¡© x¢©© dargestellt werden ( Gl. (31) F~ = −∇V od. Kap. 10) mit: ¡ ∂V (~r) ∂V (~r) ∂V (~r) ∂(~r2 − ~r1 ) ∂V (~r) ∂V (~r) ∂(~r2 − ~r1 ) ∂V (~r) , = =− = = ∂~r1 ∂(~r2 − ~r1 ) ∂~r1 ∂(~r2 − ~r1 ) ∂~r2 ∂(~r2 − ~r1 ) ∂~r2 ∂(~r2 − ~r1 ) ∂V (~r) ∂V (~r) ~ , F21 = − und F~12 = −F~21 actio=reactio Kap.2.2.4 ist F~12 = − ∂~r1 ∂~r2 u P q P m1 ~ F21 P i Pu ~12 F m2 Das System hat f = 6 Freiheitsgrade, z.B. 3 Komponenten für die Koordinate ~ = (m1~r1 + m2~r2 )/(m1 + m2 ) des Schwerpunktes S und 3 Komponenten für die RelaR tivkoordinate ~r = ~r2 − ~r1 . Die kinetische Energie und die Kräfte können nun nur mit den ~ statt mit den Koordinaten ~r1 , ~r2 Relativ- und Schwerpunktskoordinaten ~r und R ausgedrückt werden: ~ r ~r1 = R−~ m2 , m1 + m2 (44) mit der Summe F~12 + F~21 = 0 = m1~¨r1 + m2~¨r2 ~ + ~r ~r2 = R m1 m1 + m2 (45) ¨~ folgt49 ⇒ M R = p~˙ = 0 mit ~ = m1~r1 + m2~r2 Schwerpunktskoordinate. Aus p~˙ = 0 M = m1 + m2 Gesamtmasse und R M folgt für den Gesamtimpuls p~ = m1~r˙ 1 + m2~r˙ 2 = konst. Multiplikation der Gleichungen 49 ~ R ist separiert, unabhängig von ~r. 58 (42) und (43) mit m2 bzw. m1 sowie Subtraktion und F~12 + F~21 = 0 ergibt m1 m2 (~¨r2 − ~¨r1 ) = m1 F~12 − m2 F~21 = (m1 + m2 ) F~12 | {z | } ~¨r {z M } ⇒ m1 · m2 ¨ ~ ~r = F (~r) = µ~¨r (46) m 1 + m2 | {z } µ Diese Gleichung hat die Form des Newtonschen Gesetzes mit der Relativkoordinate ~r der beiden Körper mit der reduzierten Masse µ= m1 · m2 m1 + m2 (47) des Systems. Die Lösung der Gleichung (46) beschreibt also das System in den Relativkoordinaten ~r. Mit den Gleichungen (44) und (45) können sie in die ursprünglichen Koordinaten transformiert werden. Ist der Impuls des Schwerpunktes zeitlich konstant und bewegt sich gleichförmig, kann er für die weitere Behandlung weggelassen werden50 und nur die von ~r abhängigen Terme der Bewegungsgleichung müssen gelöst werden. Natürlich muss dabei die spezielle Form von f (r) bekannt sein. Diese Separation der Schwerpunktsund Relativkoordinaten kann auch in der Quantenmechanik für die nichtrelativistische Schrödingergleichung exakt gelöst werden, nicht jedoch für die relativistische Dirac Gleichung. Mit der reduzierten Masse wird das Zweikörperproblem auf ein einfacheres Einkörperproblem zurückgeführt. Mehrkörperprobleme mit mehr als zwei Massen können nur noch iterativ näherungsweise mit z.B. S als Koordinatenursprung gelöst werden. 6.2 Konstanz des Drehimpulses d2~r = F~ (~r) = f (r) · ~r. dt2 Da die Zentralkraft F~ = f (r)~r in Richtung des Ortsvektors weist (F~ k ~r), übt sie kein Mit der Gleichung (46) gilt µ Drehmoment auf den Massenpunkt aus: ~ ~ ◦ = dL◦ = ~r × F~ = 0. M dt ~ ◦ = konst. Nach dem Drehimpulssatz folgt dann ohne äussere Kräfte L Bei einer Zentralbewegung ist der Drehimpuls konstant. q ­ d c¡ m u - ϕ¡ µ p ~ =konst ¡ r ¡~ ~◦ = 0 Auch für eine gleichförmige Bewegung mit F~ = 0 und M gilt ~◦ dL = ~r × F~ = 0 dt ~ ◦ = konst ⇒L Impuls und Drehimpuls sind erhalten. ~ ◦ | = L◦ = |~r × p~| = r · mv · sin ϕ = d · m · v, er hängt von der Wahl des Der Betrag ist |L ~ ◦ = 0. Bezugspunktes ◦ ab, liegt er auf der Bahn, ist d = 0 und damit ist L ~ ~ L◦ ist also eine Konstante der Bewegung. Da L◦ nach Grösse und Richtung konstant sein muss, ergeben sich zwei Konsequenzen. ~ ~ = 0, Man wählt häufig als Anfangsbedingungen für die Schwerpunktskoordinate dR/dt = 0 und R d.h. ein Inertialsystem, in dem der Schwerpunkt ruht. 50 59 ~◦ L 6 ³ c³³ ~ r ~ ◦ = µ(~r × ~v ) = µ ~r × d~r/dt und ~r ⊥ L ~ ◦ nach Definition des Da L ~◦ Vektorproduktes ist, kann sich ~r nur in einer Ebene senkrecht zu L ~ bewegen. Da aber L◦ raumfest ist, hat auch die Bewegungsebene (mit 2 Freiheitsgraden) eine feste Orientierung im Raum. 1u ³ ³ µ * ~r(t + dt)©©© ¤º¤ © ~ ¤ d~r ©© dA Die von ~r in der Zeit dt überstrichene infinitesimal kleine Dreiecks~ |= dA = 1 | ~r × d~r | da | ~r × d~r | die Fläche des fläche ist | dA 2 von ~r und d~r aufgespannten Parallelogramms darstellt. -¤ © ~r(t) ~ ◦ | = µ|~r × Also folgt der Keplersche Flächensatz: |L dA d~r | = 2µ = konst. (48) dt dt Die pro Zeiteinheit überstrichene Fläche ist konstant. dA 2 dA 3 dA 1 dA 4 Bei der Zentralbewegung liegt der Ortsvektor des Massenpunktes in einer raumfesten Ebene und überstreicht in gleichen Zeiten gleiche Flächen. Bei der Herleitung des Flächensatzes ist allgemein eine Zentralkraft vorausgesetzt worden und nicht speziell die Gravitationskraft, er gilt also für alle Zentralkräfte. Obwohl wir die Bahnkurve des Massenpunktes auf Grund der Bewegungsgleichung aus Gl. (46) für die Relativkoordinaten berechnen könnten, ist es leichter, durch Kombination des Flächensatzes mit dem Energieerhaltungssatz (der ja für Zentralkräfte gültig ist) das Problem zu lösen. Der Energieerhaltungssatz lautet µ 2 v + V = E◦ = konst. 2 wobei die potentielle Energie V durch V (r) = − Zr f (r) r dr ∞ ~ ◦ -Erhaltung), gegeben ist, falls wir V (r → ∞) = 0 wählen. Da die Bahnkurve eben ist (L drücken wir die Geschwindigkeit v durch ebene Polarkoordinaten (Gl. (6), S. 8) aus: y 6 à µ 1u ³ ³³ p³³ ϕ x- Daraus folgt dr = dt v u u2 t µ µ dr 2 dt (E◦ − V ) − r2 !2 à + r2 dϕ dt !2 à dϕ dt !2 + V = E◦ . . Aus L◦ = µ | ~r × ~v |= µr2 dϕ , dt wobei für |~r × ~v | nur die Komponente von ~v ⊥ ~r genommen werden muss mit vϕ = r dϕ dt in Polarkoordinaten, ergibt sich dϕ L◦ = 2, dt µr (49) und somit v u à 2 dr u L◦ = t (E◦ − V ) − dt µ µr !2 . (50) Dividieren wir die Gleichungen (49) und (50), um t zu eliminieren, so erhalten wir dt )( dr ) = ( dϕ )/( dr ) = dϕ : einen Zusammenhang zwischen r und ϕ mit ( dϕ dt dt dt dr 60 dϕ = dr µr2 r L◦ 2 (E◦ µ −V)− ³ L◦ µr die Differentialgleichung der Bahnkurve. ´2 (51) Für eine Berechnung von r(ϕ) muss die Funktion V (r) bekannt sein, z.B. V (r) = −Γ Mrm . 6.3 Planetenbewegungen Wir werden jetzt Gleichung (51) für den Fall einer idealisierten Planetenbewegung lösen: M und m seien die Massen der Sonne und eines Planeten. ²¯ Die Verteilung der Massen in beiden Körpern sei kugelsymmetrisch51 . m ±° 6 mM . Die reduzierte Masse ist µ= ~ r #à m+M M Die Bewegung dieses speziellen Planeten soll nicht durch die Anwesenheit "! anderer Planeten gestört werden 52 . mM Mit dem Gravitationspotential V (r) = −Γ für die potentielle Energie wird die r L◦ dϕ r ³ = Gleichung (51): ´ ³ ´2 , Dgl. der Bahnkurve. dr 2 ΓmM 2 µr µ E◦ + r − Lµr◦ Wir führen 1/r = x als neue Variable ein, so dass dr = −dx/x2 gilt und erhalten dϕ = r =r −L◦ /µ 2E◦ µ 2E◦ µ + + 2ΓmM x µ ³ − L2◦ µ2 dx = r ³ x2 − Lµ◦ x − −L◦ /µ ΓmM L◦ ´2 r −(L◦ x/µ−ΓmM/L◦ )2 2E◦ + ΓmM µ L◦ ( 2 ) +1 −L◦ /µ ΓmM L◦ ´2 + 2E◦ µ ³ + ΓmM L◦ ´2 dx −du dx oder dϕ = √ , 1 − u2 wenn wir nochmals eine neue Variable einführen: u = r L◦ x µ 2E◦ µ − + ΓmM L◦ ³ ΓmM L◦ (52) ´2 . Integration von Gl. (52) liefert ϕ − ϕ◦ = arccos u oder wenn wir ϕ◦ = 0 setzen cos(ϕ − ϕ◦ ) = cos ϕ = u. (53) Kehren wir in Gl. (53) wieder zur ursprünglichen Variablen r zurück, dann erhält man v u 51 µ u 2E◦ L◦ ΓmM = cos ϕ t + µr µ L◦ ¶2 + ΓmM . L◦ Daraus kann r berechnet werden, Abweichungen von einer exakten Kugelsymmetrie z.B. von der Sonne und Erde führen zu r, ϑ, ϕ abhängigen Korrekturen (Quadrupol-Terme). 52 In vielen Fällen ist m ≪ M und man kann für die reduzierte Masse µ ≃ m setzen. Sind jedoch beide Massen gleich, wie in einigen Doppelsternsystemen oder beim Positronium dem e− e+ -Atom, dann rotieren beide Massen um ihren gemeinsamen Schwerpunkt; es ist dann µ = m/2. 61 r= L2◦ · ΓmM µ 1 1 + cos ϕ r 1+ , 2E◦ L2◦ Γ2 µm2 M 2 L2◦ , p= ΓmM µ Mit den Abkürzungen die Bahnkurve des Planeten. ε= s 1+ 2E◦ L2◦ Γ2 µm2 M 2 (54) (55) P a r' erhalten wir aus Gl. (54) r ϕ F2 F1 e r= b p . (56) 1 + ε cos ϕ Dies ist die Gleichung eines Kegelschnittes in Polarkoordinaten (Polargleichung), wenn der eine Brennpunkt der Pol ist, von dem aus r gemessen wird, und ϕ von dem Scheitel aus gerechnet wird, der dem Pol am nächsten liegt. Mit der Definitionsgleichung der Ellipse folgt aus Gl. (56) r + r′ = konst. = 2a und aus dem Kosinussatz r′2 = r2 + 4e2 + 4er cos ϕ. Indem man r′ eliminiert, ergibt sich53 r= b2 /a 1 + e/a cos ϕ mit e2 = a2 − b2 b2 /a = p nennt man den Parameter oder Scheitelkrümmungsradius und e/a = ε die √ 2 2 numerische Exzentrizität der Ellipse und es gilt ε = a − b /a. Die einzelnen Kegelschnitte werden durch die Werte von ε unterschieden. Aus Gl. (55) folgt der zugehörige Wert der Gesamtenergie E◦ . Wir erhalten folgenden Zusammenhang: 53 Mit etwas mehr Aufwand kann die Bahnkurve auch direkt aus der Bewegungsgleichung durch Integration bestimmt werden. m1~¨r = p~˙ = −Γ und mit m1 m 2 ~r r3 multipliziert mit ~ ×L und berücksichtigt das dreifache Vektorprodukt m1 m2 m1 m2 ~ ~ = −Γ 3 = −Γ 3 p~˙ × L ~r × L [~r · (~r · p~) − p~ · r2 ] | {z } | {z } {z } | r r ~ r × (~ r × p ~ ) d ˙ ˙ ~r · (~r · m~r) − m~r · r2 ~ p × L) = (~ dt µ ¶ µ ¶ ~r˙ d ~r ~r˙ 1 1 d ~r · ~r˙ √ = + ~r = − ~r 3 = 3 [~r˙ r2 − ~r · (~r · ~r˙ )] für das Dreifachprodukt 2 dt r r dt r r r ~r µ ¶ d ~ = Γm2 m2 ~r + C ~ = Γm2 m2 d ~r ⇒ p~ × L ~ ⇒ (~ p × L) 1 1 dt dt r r ~ ist als Integrationskonstante der Lenzsche Vektor, der in der festen Bewegungsebene liegt. Multipliziert C man die Gleichung mit ~r und setzt p = L2 /Γm21 m2 und ε = C/Γm21 m2 , erhält man: ~ ~ =L ~ · (~r × p~) = L ~ ·L ~ = L2 = Γm2 m2 r + ~r · C ~r · (~ p × L) 1 |{z} } | {z ~r · ~r r2 rC cos ϕ = r r in Übereinstimmung die Fokaldarstellung der Kegelschnitte Gl. (56). 62 ⇒ r= p . 1 + ε cos ϕ Wie auf Seite 51 entsprechen die Fälle E◦ ≥ 0 der ungebundenen Bewegung: Kreis 0 − µ2 ΓmM L◦ der Himmelskörper kann das Sonnensystem Ellipse <1 <0 verlassen. Parabel =1 0 Der Fall E◦ < 0 entspricht der eigentlichen Hyperbel >1 >0 gebundenen Planetenbewegung. In der Atomphysik mit der Coulombkraft beschreibt klassisch und quantenmechanisch E◦ < 0 ein im Coulombfeld gebundenes Elektron und mit E◦ > 0 ein am Atomkern gestreutes freies Elektron. ε = e/a E◦ ´2 ³ Wir haben somit aus dem Gravitationsgesetz hergeleitet: Das 1. Keplersche Gesetz Die Planeten bewegen sich auf Ellipsen, in deren einem Brennpunkt die Sonne steht. Das 2. Keplersche Gesetz ist der schon mit Gl. (48) formulierte Flächensatz. Das 3. Keplersche Gesetz besagt: Die Quadrate der Umlaufszeiten der Planeten verhalten sich zueinander wie die Kuben der grossen Achsen ihrer Bahnellipsen. Zum Beweis führen wir im Flächensatz L◦ dA = dt 2µ die Ellipsenfläche A = πab ein. Ist T die Umlaufszeit, so gilt 2 und deshalb T = à 2πabµ L◦ !2 = πab L◦ = T 2µ 4π 2 a2 µ2 aL2◦ 4π 2 µ 3 = a, L2◦ ΓmM µ ΓmM wenn wir noch b auf Grund der Gl. (55) p = L2◦ b2 = a ΓmM µ eliminieren. Johannes Kepler (1571-1630) leitete seine empirischen Gesetze aus den Daten von Tycho Brahe (1546-1601) ab, bevor das Newtonsche Gravitationsgesetz bekannt war54 . Eine empirische Beschreibung gefolgt von einer Parametrisierung der Daten und erst später eine Erklärung durch physikalische Gesetze ist eine gängige Methode in der Physik. 54 Es wird empfohlen, die ausgezeichnete Geschichte der Astronomie “Die Nachtwandler” von Arthur Köstler, die eine Biographie von Kepler enthält, zu lesen. 63 7 Der lineare harmonische Oszillator Auf Seite 33 haben wir das mathematische Pendel als Beispiel für ein schwingungsfähiges System kennengelernt. Der Auslenkwinkel ϕ des Pendels schwingt harmonisch um einen Gleichgewichtswert ϕ = 0. Schwingungen ähnlicher Art treten in vielen Bereichen der Physik auf und sind von grundlegender Bedeutung für das Verhalten der Materie. Zum Beispiel führen Atome und Moleküle im Festkörper um eine Gleichgewichtslage Schwingungen aus, die in erster Näherung als harmonisch angesehen werden können. Wir werden deshalb jetzt die Dynamik solcher harmonischer Oszillatoren genau untersuchen und als Modellsystem eine lineare Feder wählen. 7.1 Der ungedämpfte Oszillator Ein Massenpunkt m wird an einer masselos gedachten Feder befestigt. Wir interessieren uns für die Bewegung längs der Federachse. In der Vertikalen sei stets mg = N . Wir legen also die x-Achse in Richtung der Federachse mit dem Freiheitsgrad f = 1 und wählen x = 0 als die Gleichgewichtslage. Wir wollen alle Reibungskräfte vernachlässigen und annehmen, in x-Richtung werde nur von der Feder die Federkraft F = F (x) ausgeübt. Diese Bewegung kann z.B. mit einem Luftkissenfahrzeug realisiert werden. d2 x = F (x) Die Bewegungsgleichung ist m ~ N dt2 6 k/2 k/2 q ∼∼∼∼q ¾ r q ∼∼∼∼q ∼ ∼ Wie hängt die Federkraft F (x) reversibel von der Auslen~ ~ ? F G kung ab? Da F (x → 0) = 0 gelten soll, entwickeln wir F (x) x für kleine x in eine Taylor-Reihe um den Nullpunkt: à dF F (x) = F (0) + | {z } dx =0 ! à 1 x+ 2 x=0 d2 F dx2 ! 2 x + . . . = F (0) + | {z } x=0 =0 ∞ X n=1 à dn F dxn ! x=0 xn . n! Wir nennen die Feder linear, wenn der quadratische und alle höheren Terme genügend klein sind, so dass F (x) = à dF dx ! x=0 x = −kx mit (k > 0) geschrieben werden kann. Zur Abkürzung haben wir die Federkonstante k = k/2 + k/2 eingeführt (siehe Figur). Wenn die Gleichgewichtslage stabil sein soll, muss bei einer Auslenkung die Kraft F in Richtung Gleichgewichtslage zeigen, also à dF dx ! <0 x=0 gelten. Offenbar lässt sich dieser lineare Ansatz F (x) = −kx bei allen Kräften anwenden, die von einem Abstand abhängen, wenn man sich auf kleine Auslenkungen aus der Gleichgewichtslage beschränkt. Für eine mechanische Feder ist die Linearität mit x in guter Näherung erfüllt. Die Bewegungsgleichung für m lautet dann m d2 x = −kx oder dt2 d2 x k =− x 2 dt m und ist somit formal identisch mit der Gleichung 64 (57) g d2 ϕ =− ϕ 2 dt ℓ für das mathematische Pendel bei kleinen Auslenkungen ϕ (Kap. 3.6.2). Gleichung (57) kann also für alle x durch den harmonischen Ansatz x(t) = A cos(ω◦ t − δ) mit der Kreisfrequenz ω◦ = q k/m = 2πν◦ = 2π T (58) gelöst werden. ν◦ ist die Frequenz und T die Schwingungsdauer der harmonischen Schwingung. Amplitude A und Phasenkonstante δ sind wie beim Pendel durch die Anfangsbedingungen z.B. T x à x(t = 0) = x◦ , A t δ ωο Man erhält A = s dx dt ! t=0 x2◦ + µ v◦ ω◦ = v◦ ¶2 , festgelegt. v◦ . x◦ ω◦ tan δ = Im Hinblick auf eine mathematisch vereinfachende Behandlung [vgl. Kap.7.2 Gl.(62), Kap.7.4 Gl.(76) und Anhang C.1.2] wollen wir uns überzeugen, dass die Gleichung (57) auch mit einer Exponentialfunktion z = x + iy = C eiωt = C(cos ωt + i sin ωt) (59) gelöst werden kann, in der z eine komplexe Grösse ist. Selbstverständlich ist die gemessene Auslenkung des Oszillators eine reelle Grösse nämlich der Realteil von z: ℜ(z) = ℜ(Ceiωt ) = x. Der Imaginärteil ℑ(z) = y ist nur eine mathematische Hilfsgrösse, die hier ohne physikalische Bedeutung ist und nur der einfacheren komplexen Schreibweise von z dient. Wir setzen den Ansatz Gl. (59) in Gl. (57) ein und erhalten: −ω 2 Ceiωt = − k Ceiωt m oder q ω = ± k/m = ±ω◦ . Es gibt also zwei Lösungen: z1 = C1 eiω◦ t und z2 = C2 e−iω◦ t . Da die Gleichung (57) linear ist, ist ihre allgemeine Lösung die Linearkombination z = z1 + z2 = C1 eiω◦ t + C2 e−iω◦ t (60) mit den beiden Integrationskonstanten C1 und C2 . Diese werden durch die Anfangsbedingungen festgelegt, für welche wir wieder x(t = 0) = x◦ , à dx dt ! t=0 = v◦ wählen. Die Grössen C1 und C2 sind jetzt allerdings komplex! Einsetzen in Gl. (60) ergibt C1 + C2 = x◦ und iω◦ C1 − iω◦ C2 = v◦ . Daraus berechnet man55 µ 1 v◦ C1 = x◦ − i 2 ω◦ µ ¶ ¶ v◦ 1 x◦ + i und C2 = = C1∗ 2 ω◦ ¾ ½µ ¶ µ ¶ v◦ v◦ 1 iω◦ t −iω◦ t = x◦ − i e + x◦ + i e und als komplexe Lösung von Gl. (57) z = 2 ω◦ ω◦ 55 C1∗ = a − ib ist das konjugiert komplexe von C1 = a + ib [Anhang C.1.2]. 65 ) ( ³ ´ ´ 1 v◦ ³ iω◦ t v◦ iω◦ t −iω◦ t −iω◦ t = −i = x◦ cos ω◦ t + x◦ e +e sin ω◦ t. e −e 2 ω◦ | ω◦ {z } {z } | 2 cos ω◦ t 2i sin ω◦ t Dieser jetzt reelle Ausdruck stimmt mit dem Lösungsansatz x = A cos(ω◦ t − δ) = A[cos δ cos ω◦ t + sin δ sin ω◦ t] überein, wenn man berücksichtigt, dass gilt x◦ = A cos δ und v◦ = A sin δ. ω◦ Beide Lösungswege führen, wie es auch sein muss, zum gleichen Ergebnis. 7.2 Der gedämpfte Oszillator Wir passen die Bewegungsgleichung unseres Oszillators etwas mehr der Wirklichkeit an, indem wir noch eine geschwindigkeitsabhängige, viskose Reibungskraft −βdx/dt berücksichtigen (siehe Seite 23 und Kapitel 3.5). Die Bewegungsgleichung heisst dann dx d2 x (61) m 2 = −kx − β . dt dt ~ N 6 k/2 F~ k/2 Diese Gleichung kann nicht einfach integriert werden. Die q ∼∼∼∼q ¾ r q ∼∼∼∼q ∼ ∼ ¾ Lösung muss die Eigenschaft haben, dass ihre zweite Ab~ ~ ? R G x leitung sowohl der ersten Ableitung wie auch der Funktion selbst proportional ist. Wir setzen deshalb eine komplexe Exponentialfunktion als Lösung an: z = C ert , (62) wobei r jetzt einen Real- und einen Imaginärteil hat. Einsetzen von Gl. (62) in Gl. (61), die zu allen Zeiten erfüllt sein muss, ergibt mCr2 ert = −kC ert − βCr ert und mit ω◦2 = k m folgt r2 + die charakter. Gleichung (63) hat 2 Lösungen: r1,2 β =− ± 2m β r + ω◦2 = 0, m (63) s (64) β2 − ω◦2 . 4m2 s β2 β 1 1 Mit den Abkürzungen = ; und ω◦2 − = ω, wird r1,2 = − ± iω. (65) 2 2m τ 4m τ Die Bewegungsgleichung hat die beiden Lösungen z1 = C1 er1 t und z2 = C2 er2 t , die beide für sich Gleichung (61) befriedigen. Da Gl. (61) linear ist, ist ihre allgemeine Lösung wieder eine Linearkombination von z1 und z2 : z = z1 + z2 = C1 er1 t + C2 er2 t . (66) Die Integrationskonstanten C1 und C2 werden mit Gl. (66) (wie im vorigen Abschnitt) durch die Anfangsbedingungen festgelegt: x(t = 0) = x◦ und à dx dt ! t=0 ⇒ C1 = = v◦ ⇒ x◦ = C1 + C2 und v◦ = C1 r1 + C2 r2 , v ◦ − x ◦ r2 v ◦ − x ◦ r1 und C2 = − r1 − r 2 r1 − r2 66 Damit ist als Lösung der Gl. (66): z = mit Gl. (65) r1 − r2 = 2iω : 1 t = e− τ 2 ( − τt z= e (" v◦ + x◦ − i ω und schliesslich v◦ − x◦ r2 (− 1 +iω)t v◦ − x◦ r1 (− 1 −iω)t − e τ e τ r1 − r2 r1 − r2 oder v◦ − x◦ (− τ1 − iω) iωt v◦ − x◦ (− τ1 + iω) −iωt e − e 2iω 2iω x◦ τ # " v◦ + eiωt + x◦ + i ω z(t) = x◦ τ # e−iωt ) ) o 1 − t n iωt e τ B e + B ∗ e−iωt 2 (67) s v◦ + xτ◦ 1 β β2 und ω = ω◦2 − sowie = . mit B = x◦ − i ω 4m2 τ 2m Die Faktoren B und B ∗ sind zueinander konjugiert komplex (2 Integrationskonstanten). Bei der physikalischen Interpretation dieses Ergebnisses sind je nach Grösse der Reibungskonstanten β drei Fälle zu unterscheiden: β2 1. Fall: < ω◦2 , d.h. ω ist reell, schwache Dämpfung, 4m2 β2 4m2 β2 4m2 2. Fall: 3. Fall: 7.2.1 > ω◦2 , d.h. ω = ω◦2 , ω=0 ist imaginär, starke Dämpfung, kritische Dämpfung. 1. Fall: schwache Dämpfung Wir schreiben die komplexen Amplituden B und B ∗ in Gleichung (67) in der Form ℑ 6 ℜ: Realteil ℑ: Imaginärteil ´ ´ ´ δ ´ A ´ ´ ´ p B = A eiδ 2 so dass A = x2◦ B ∗ = A e−iδ , und à v◦ + + ω x◦ τ !2 und cos δ = x◦ . A (68) Dann erhalten wir als Lösung - z(t) = ℜ i A −t/τ h i(ωt+δ) e e + e−i(ωt+δ) = A e−t/τ cos(ωt + δ) oder 2 z(t) = A e−βt/2m cos t · s β2 + δ . ω◦2 − 4m2 (69) Diese Gleichung ähnelt der Schwingungsgleichung des ungedämpften Oszillators β → 0. x(t) x(t=0)=xo v(t=0)=0 Ae -t/τ t -Ae -t/τ Mit β > 0 nimmt die Amplitude mit der Zeit exponentiell ab. Obwohl nur im Falle einer reinen sin- oder cos-Funktion von einer definierten Frequenz gesprochen werden kann, nennt man doch ω die Kreisfrequenz dieser gedämpften Schwingung. ω ist kleiner als die Frequenz ω◦ des ungedämpften Oszillators. Die Nullstellen von x(t) haben gleiche Abstände T = 2π/ω, jedoch liegen die Extrema nicht mehr wie bei der ungedämpften Schwingung in der Mitte zwischen diesen Nullstellen. 67 Man überzeuge sich, dass man aus Gl. (69) mit den Ausdrücken Gl. (68) für die Integrationskonstanten A und δ wieder die Anfangswerte x(t = 0) = x◦ 7.2.2 ω und v(t = 0) = v◦ erhält. 2. Fall: starke Dämpfung ist jetzt imaginär. Wir setzen deshalb ω = iω ′ ω′ = x(t) = s β2 − ω◦2 4m2 mit ω ′ = reell und erhalten aus Gl. (67) die Lösung o 1 −t/τ n −ω′ t ′ e Be + B ∗ eω t , 2 B = x◦ − v◦ + x◦ /τ v◦ + x◦ /τ ∗ , B = x◦ + ′ ω ω′ (70) Wie die Exponentialfunktionen sind auch die Amplituden B und B ∗ reell geworden. Die Bewegung ist nicht mehr periodisch. Sowohl x(t) x(t=0)=0 v(t=0)=v o ~ e-r1 t t ~ - e-r2 t r2 > r1 , e -r2 t stirbt schneller aus ′ e−(ω +1/τ )t = e−r2 t ′ e( ω −1/τ )t = e−r1 t wie auch nehmen mit der Zeit ab, da ja 1/τ > ω ′ ist. Für den Spezialfall x(t = 0) = x◦ = 0, v(t = 0) = v◦ erhalten wir B = −v◦ / ω ′ , B ∗ = v◦ / ω ′ und folglich x(t) = o o v◦ n −r1 t v◦ n (ω′ −1/τ )t −(ω ′ +1/τ )t −r2 t = . e − e e − e 2ω ′ 2 ω′ Mit r2 > r1 wird e−r2 t schneller gedämpft. 7.2.3 3. Fall: kritische Dämpfung s β2 =0 4m2 nur einen Sinn haben, wenn wir zunächst in den Faktoren B und B ∗ den Grenzübergang ω → 0 ausführen. Wir fassen deswegen die ω enthaltenden Terme zweckmässiger zusammen: die allgemeine Lösung Gl. (67) kann für ( ω= µ ³ ´ 1 x◦ z = e−t/τ x◦ eiωt + e−iωt − i v◦ + 2 τ ¶ ω◦2 − ) eiωt − e−iωt . ω Mit der Definition des Differentialquotienten gilt dann " eiωt − e−iωt e◦ − e−iωt eiωt − e◦ lim = lim + ω→0 ω→0 ω ω ω = lim ω→0 " # " d eiωt e−iωt − e◦ eiωt − e◦ =2 + ω −ω dω # ½ h # = 2 it eiωt ω=0 µ i ω=0 ¶ = 2 it. ¾ x◦ 1 2 it Damit erhalten wir lim z(t) = e−t/τ 2x◦ − i v◦ + ω→0 2 τ ¶ ¾ ½ µ x◦ nur reell und damit t . x(t) = e−t/τ x◦ + v◦ + τ 68 Auch hier ergeben sich zwei einander überlagerte Lösungen, wie es für eine lineare Differentialgleichung 2. Ordnung der Fall sein muss56 . Wie im Falle der starken Dämpfung ist auch diese Bewegung nicht periodisch; sie stellt den Übergang von der periodischen zur nicht-periodischen Bewegung dar. Deshalb nennt man den Fall der kritischen Dämpfung (ω◦2 = β 2 /4m2 ) auch den aperiodischen Grenzfall. Dieser Fall spielt eine grosse Rolle beim Bau von Messinstrumenten, deren wesentliche Teile in vielen Fällen (z.B. beim Galvanometer) gedämpfte, schwingungsfähige Systeme sind, deren Auslenkung aus der Ruhelage zur gewünschten Anzeige führt. Wie schnell kehrt der Oszillator in die Ruhelage zurück? Mit der Anfangsbedingung x◦ 6= 0 und v◦ = 0 erhalten wir x(t) 1.0 xo e -t/τ 0.5 x(t=0)=xo v(t=0)=0 (x o t / τ) e -t/τ 0.0 0 2 7.3 4 t −t/τ x(t) = e µ ¶ t x◦ t = x◦ e−t/τ (1 + ). x◦ + τ τ Hier dominiert der zweite Term x◦ e−t/τ t/τ für ten t ≫ τ . Der Oszillator kehrt schneller in die helage x = 0 zurück als der stark gedämpfte schwingt nicht über die Ruhelage hinaus wie schwach gedämpfte. ZeiRuund der Energie des schwach gedämpften Oszillators Die totale mechanische Energie E = T + V des schwingungsfähigen Systems muss mit der Zeit abnehmen, da die Reibungskraft −βv ständig Wärme erzeugt. Wir werden die Zeitabhängigkeit E(t) für den schwach gedämpften Oszillator berechnen, also für x(t) = A e−t/τ cos(ωt − δ). Nach dem Energiesatz T2 − T1 = W1→2 (71) führt die von der Federkraft und der Reibungskraft geleistete Arbeit W1→2 zu einer Änderung T2 − T1 der kinetischen Energie des Oszillators. Wir berechnen zunächst diese beiden Arbeiten. 2 β Im aperiodischen Grenzfall ist in Gl. (64) der Term unter der Wurzel null, d.h. ω◦2 = 4m 2 und es geht formal eine Integrationskonstante verloren. Mit der Methode der Variation der Konstanten C = C(t) macht man den Ansatz x = C(t) ert und erhält damit für die Differentialgleichung (61) mit r = −β/2m = −1/τ und ω◦2 = r2 56 ẍ + β ẋ + ω◦2 x = 0 = ẍ − 2rẋ + r2 x und ẋ = Ċ ert + Cr ert , m ẍ = C̈ ert + 2Ċr ert + Cr2 ert . einsetzen in die Dgl. ergibt C̈ ert + 2Ċr ert + Cr2 ert − 2rĊ ert − 2r2 C ert + r2 C ert = 0 = C̈ ert und für die Funktion C(t) für alle t: C̈ = 0 ⇒ Ċ = C1 und C = C1 t + C2 . β Damit ist die vollständige Lösung x = (C1 t + C2 ) ert = (C1 t + C2 ) e− 2m t in Übereinstimmung mit der obigen etwas komplizierteren Rechnung, wenn die Anfangsbedingungen die beiden Integrationskonstanten festlegen; z.B. sind mit x(t = 0) = x◦ , ẋ(t = 0) = v◦ die Integrationskonstanten C2 = x◦ und C1 = v◦ − x◦ r und damit x(t) = [(v◦ − x◦ r)t + x◦ ] e−rt . Die Methode der Variation der Konstanten führt zu einer neuen Differentialgleichung, die, wenn man Glück hat, eine bekannte Lösung besitzt oder die gelöst werden kann. 69 Da die Federkraft eine Zentralkraft ist, kann ihr eine potentielle Energie zugeordnet werden: Z~r2 V (~r2 ) − V (~r1 ) = − (−k~r)d~r = +k ~ r1 Zx2 x1 xdx = k 2 (x2 − x21 ). 2 Wählen wir als x1 die Ruhelage x = 0 und setzen V (x1 ) = 0, so wird die potentielle Energie der linearen Feder V (x) = k 2 x . 2 Für die geschwindigkeitsabhängige, nicht-konservative Reibungskraft kann keine potentielle Energie berechnet werden. Die von ihr geleistete Arbeit ist WR = Z2 1 (−βv)dx = −β Z v 2 dt. Gleichung (71) lässt sich jetzt in der Form T2 + V2 − (T1 + V1 ) = E2 − E1 = WR schreiben. (72) Die Geschwindigkeit des Massenpunktes ist mit x(t) = A e−t/τ cos(ωt − δ) 1 dx = − A e−t/τ cos(ωt − δ) + A e−t/τ (−ω) sin(ωt − δ) v= dt τ · ¸ 1 −t/τ ω sin(ωt − δ) + cos(ωt − δ) . = −A e τ Ist die Dämpfung sehr schwach, also 1/τ ≪ ω, so kann der zweite Term in der eckigen Klammer vernachlässigt werden, und als kinetische Energie ergibt sich 1 m T = v 2 ≃ mA2 · e−2t/τ (ω)2 sin2 (ωt − δ). 2 2 Für die totale Energie folgt dann 1 1 1 1 E = T + V = mv 2 + kx2 ≃ mA2 e−2t/τ (ω)2 sin2 (ωt − δ) + kA2 e−2t/τ cos2 (ωt − δ). 2 2 2 2 Da wir 1/τ ≪ ω angenommen haben, vereinfachen wir den letzen Ausdruck, indem wir den Faktor (ω)2 durch ω◦2 = k/m ersetzen. h i 1 1 E ≃ A2 e−2t/τ mω◦2 sin2 (ωt − δ) + k cos2 (ωt − δ) = kA2 e−2t/τ . (73) 2 2 Die totale mechanische Energie nimmt also exponentiell mit der Zeit ab. Nach Gl. (72) ist diese Abnahme gleich der von der Reibung geleisteten Arbeit WR (vgl. ψ 2 in QM). Den Grad der Dämpfung eines Oszillators beschreibt man durch den Güte- oder QFaktor, der durch den folgenden Quotienten definiert ist: Im Oszillator gespeicherte Energie E Q= . Energieverlust ∆E pro Radiant Ist T die Schwingungsdauer des Oszillators, so wird für 1 Radiant die Zeit T /2π = 1/ω gebraucht. Nach Gl. (73) ist die zeitliche Änderung der Energie dE k 2 2 1 2E = − A2 e−2t/τ = − E. Pro Radiant wird die Energie ∆E = + E ≃ dt τ τ τ ω τ ω◦ abgegeben, also wird der Gütefaktor Q= τ ω◦ ω◦ E = =m . ∆E 2 β Je kleiner die Reibungskonstante β, desto grösser der Gütefaktor (z.B. Pendel 102 , Quarz 104 , Laser 109 ). 70 7.4 Erzwungene Schwingungen und Resonanz Bei den bisherigen Betrachtungen wurden die Anfangsbedingungen x◦ und v◦ zur Zeit t = 0 gewählt und dann das System sich selbst überlassen. In vielen Fällen werden schwingungsfähige Systeme jedoch ständig von aussen beeinflusst. Welche Bewegung resultiert? Wir nehmen an, dass die äussere Kraft von der Form F = F◦ cos ωt ist, wobei ω eine beliebige Kreisfrequenz ist. Eine beliebige, aber periodi~ ~ sche Kraft kann nach dem Fourier-Theorem in sin- und N F = −kx 6 F~◦ cos ωt r ¾ ∼∼∼∼∼ ¾ cos-Terme zerlegt werden, so dass wir mit dem Ansatz ~ ~ k ? F = F◦ cos ωt die Grundlage für den allgemeinen Fall erarR G x beiten. Die Bewegungsgleichung unseres Oszillators mit dx d2 x + F◦ cos ωt. (74) R = −β · v lautet jetzt m 2 = −kx − β dt dt Dies ist eine lineare, inhomogene Differentialgleichung, deren Lösung auf Grund der Betrachtungen in Kapitel 3.5 von der Form xinh. = xhom. + xpart. ist. Die homogene Lösung erhalten wir, wenn wir in Gl. (74) die äussere Kraft F◦ cos ωt streichen. Es resultiert die in Kapitel 7.2 behandelte Differentialgleichung des freien Oszillators, dessen Bewegung für grosse Zeiten ausstirbt. Somit bleibt die partikuläre Lösung xpart. , die man beobachtet, wenn man nach Einschalten der Störung genügend lange wartet. Wir interessieren uns nun für diese stationäre Lösung. Um xpart. zu erhalten, schreiben wir analog zu den Betrachtungen in Kapitel 7.1 die Bewegungsgleichung mit der komplexen Variablen z: m d2 z dz = −kz − β + F◦ eiωt 2 dt dt (75) und verstehen unter ℜ(z) die gesuchte reelle Lösung xpart. . Offenbar muss z(t) wie eiωt variieren, wir versuchen also den Lösungsansatz z(t) = C eiωt . − ω 2 Cm eiωt = −kC eiωt − iβωC eiωt + F◦ eiωt F◦ ´, und für C die Beziehung C = ³ 2 m ω◦ − ω 2 + i βω m (76) Einsetzen in Gl. (75) ergibt (77) wenn wir wieder ω◦2 = k/m beachten. Die komplexe Lösung Gl. (76) lautet also ´ ³ ω◦2 − ω 2 − i βω F◦ m ´ = z(t) = ³ · · ³ ´2 ¸ (cos ωt + i sin ωt). βω 2 2 2 m m ω◦ − ω + i m (ω◦2 − ω 2 ) + βω m F◦ eiωt Daraus folgt als reelle Koordinate x(t) = ℜ[z(t)] = sin ωt F◦ (ω◦2 − ω 2 ) cos ωt + βω m · . ³ ´2 ¸ m (ω◦2 − ω 2 )2 + βω m Dies kann auch in der Form x(t) = A(ω) cos(ωt − δ) = A(ω)(cos ωt cos δ + sin ωt sin δ) geschrieben werden. Aus dem Vergleich beider Ausdrücke erhält man dann A und δ und somit das folgende Ergebnis für die stationäre Lösung (vgl. Anhang C.1.1): x(t) = A cos(ωt − δ), A= m r F◦ (ω◦2 − ω 2 )2 71 + ³ βω m ´2 , tan δ = βω m (ω◦2 − ω 2 ) (78) Sowohl die Amplitude wie auch die Phasenkonstante der stationären, erzwungenen Schwingung hängen von β, ω◦ und ω ab. Wir werden zunächst A diskutieren. Für gegebene Werte von β und ω◦ ist A eine Funktion von ω. A strebt gegen Null für ω → ∞, erreicht einen endlichen Wert F◦ /mω◦2 bei ω = 0 und hat ein Maximum bei der Frequenz ω = ωR . Diese Erscheinung nennen wir Resonanz: unter dem Einfluss einer periodischen A(ω ) 3 A max Störung erreicht die Amplitude eines schwingungsfähigen Systems sehr hohe Werte. β klein 2 ∆ω Die Resonanzfrequenz ωR bestimmt man aus 1 der Bedingung dA = 0, dass der Nenner von A max dω 2 A minimal werden muss: 1 β groβ Fo 2 ω om 0 ωR ωο 4 ω 2 s ωR = ω◦2 − β2 . 2m2 (79) Ein sehr schwach gedämpftes System (β 2 /2m2 ≪ ω◦2 ) schwingt bei Resonanz praktisch mit der Frequenz ω◦ , also der Eigenfrequenz des ungedämpften Oszillators, es ist jedoch immer ωR < ω◦ . Die Resonanzamplitude Amax erhält man, indem Gl. (79) in Gl. (78) eingesetzt wird: F◦ F◦ ≃ Amax = q (80) 2 βω◦ β ω2 − β 2 ◦ 4m Die maximale Amplitude hängt also von der Eigenfrequenz des gedämpften Oszillators ab. Der Resonanzeffekt ist umso schwächer, je stärker das System gedämpft ist (grosse Werte von β). Neben dem Maximalwert ist die Breite ∆ω (siehe Figur) eine charakteristische Grösse der Resonanzkurve A(ω). ∆ω wird als die volle Breite der Kurve bei halbem Maximalwert ∆ω Amax , es soll also A(ω 1 ) = 2 2 2 Mit Gl. (80) und Gl. (78) erhalten wir als Bestimmungsgleichung für ω 1 : definiert. Setzen wir ω 1 = ωR + sein. 2 2 2β oder q à F◦ ω◦2 − 2β m = β2 4m2 m !2 à ω◦2 sµ β2 − 4m2 F◦ ω◦2 − ω 21 ! 2 = ³ ω◦2 ¶2 + µ βω ¶2 1 2 m ´ 2 2 − ω1 2 + à βω 1 2 m !2 . (81) Wir wollen ∆ω explizit für schwache Dämpfung berechnen, so dass wir in Gl. (81) die Näherungen à βω 1 2 m !2 ≃ à βω◦ m !2 und ω◦2 2 ³ − ω 1 = ω◦ + ω 1 2 2 ´³ ´ ω◦ − ω 1 ≃ 2ω◦ 2 einführen dürfen. Dann folgt aus Gl. (81) ω◦2 (∆ω)2 = 72 µ −∆ω 2 ¶ = −ω◦ ∆ω 3β 2 ω◦2 β4 − . m2 m4 Wenn wir den sehr kleinen Term β 4 /m4 vernachlässigen, erhalten wir die Näherungsformel für die Resonanzbreite √ √ 3β 2 3 ∆ω ≃ (82) = m τ Bei abnehmender Dämpfungskonstante β wird die Resonanzkurve schmaler und höher, es ist Amax ∆ω ≃ √ 3 √ F◦ F◦ = konst. ≃ 3√ mω◦ mk Bei kleinem β ist der Frequenzbereich, in welchem das System auf die äussere Störung nennenswert anspricht, sehr schmal. Diese Frequenz-Selektivität des Oszillators ist eng verknüpft mit dem in Kapitel 7.3 eingeführten Q-Faktor. Für den schwach gedämpften Oszillator hatten wir das Ergebnis Q= mω◦ β erhalten. Mit der Beziehung Gl. (82) ergibt sich dann Q= √ ω◦ 3 . ∆ω Grosse Q-Werte entsprechen also einer hohen Frequenzselektivität. Dieser Zusammenhang spielt eine Rolle bei der Stabilisierung schwingungsfähiger Systeme (Quarzuhr, Atomuhr). Abweichungen von der Sollfrequenz können umso besser korrigiert werden, je schmaler die Resonanzkurve, je höher der Q-Wert ist. Die Phasenverschiebung δ [Gl. (78)] zwischen der äusseren Kraft und der stationären Schwingung hängt wie A ebenfalls stark von β, δ ω◦ und ω ab. Kraft und Erregung sind nahezu in π Phase (δ klein) für niedrige ω. Für ω → ∞ sind βklein beide um π phasenverschoben, die äussere Kraft wirkt bremsend. Für ω = ω◦ , also in der Nähe π βgroβ 2 der Resonanzfrequenz, beträgt die Verschiebung π/2, die äussere Kraft schaukelt das System auf zu maximalen Schwingungsamplituden. Je kleiner β ist, umso abrupter erfolgt der Übergang ωο ω 0 2 von kleiner zu grosser Phasenverschiebung. 7.4.1 Vollständige Lösung der erzwungenen Schwingung † Wie zu Beginn des Kapitels 7.4 angegeben, ist die vollständige Lösung der inhomogenen Differentialgleichung der erzwungenen Schwingung xinh. = xhom. + xpart. . Die partikuläre, stationäre Lösung xpart. Gl. (78) ist unabhängig von den Anfangsbedingungen, da die Eigenfrequenz ω◦ nach langen Zeiten t ausgestorben ist. Die beiden Integrationskonstanten Ah und δh der homogenen Lösung [z.B. Gl. (69) für den schwach gedämpften Oszillator] müssen aus den Anfangsbedingungen der vollständigen Lösung bestimmt werden. Mit z.B. x(t = 0) = 0 und v(t = 0) = 0 gilt dann für die schwache q Dämpfung x(t) = Ah e−t/τ cos(t ω◦2 − (1/τ )2 − δh ) + Ap cos(ωt − δ) mit τ = 2m , β ω◦2 = k , m Ap = q F◦ m (ω◦2 − ω 2 )2 + (2ω/τ )2 73 , tan δ = (83) 2ω − ω2) τ (ω◦2 und mit Gl. (83) ist q 1 0 = −Ah cos δh + Ah ω◦2 − (1/τ )2 sin δh + Ap ω sin δ τ 0 = Ah cos(δh ) + Ap cos δ, " # q 2ω 2 β ω◦2 − (1/τ )2 1+ 2 / tan δh = 2m ω◦ − ω 2 cos δ und damit Ah = −Ap , cos δh Drei Beispiele mit ω ≪ ω◦ , ω = ω◦ und ω ≫ ω◦ sind in den Figuren dargestellt. Mit starker Dämpfung sowie für die kritische Dämpfung müssen die Integrationskonstanten analog aus den Anfangsbedingungen festgelegt werden. x(t) 2 ω = 0.15 ωο , 1/τ=0.1 40 ω=ω ο x(t) 1/τ=0.015 1 0 0 t 0 7.4.2 50 -40 100 1/τ=0.1 0.0 -1 -2 ω = 3 ωο , x(t) 0.2 -0.2 t 0 100 200 300 t 0 50 Energiebilanz bei erzwungener Schwingung und Resonanz 100 † [vgl. Brandt, Dahmen S.282] Die Bewegungsgleichung der erzwungenen Schwingung mit R Reibung β~v sowie ω◦2 = k/m und der potentiellen Energie der Feder V = 12 kx2 = 0x kxdx d2 x F (t) β dx + ω◦2 x − =0 + 2 dt m dt m ist d m dt 2 à dx d2 x m 2 | dt{z dt } à dx dt dx +β dt !2 = à !2 !2 dx {z dt} ! | à d mω◦2 2 x = V 2 dt dE dx = ; dt dt E =T +V d dt + F (t) dt mω◦2 x + d T dt d dx ⇒ (T + V ) = −β dt dt ¯ dx ¯ ¯· m − dx F (t) = 0 dt Gesamtenergie Die zeitliche Änderung der Gesamtenergie ist bestimmt durch die negativen Reibungsverluste und die positive aufgenommene Energie. Die Änderung der Gesamtenergie über eine Periode ist: E(t + T ) − E(t) = t+T Z t t+T Z h i dE ′ 2 ′ dt = −β ẋ + F (t ) ẋ dt′ ′ dt t Im stationären Gleichgewichtszustand des eingeschwungenen Systems ist E(t + T ) = E(t) und damit t+T Z t 2 ′ β ẋ dt = t+T Z t F (t′ )ẋdt′ = P̄ · T (84) hierbei ist P̄ die mittlere Verlustleistung, die von aussen zugeführte Energie wird vollständig in Reibungswärme umgewandelt. Es gilt mit dem komplexen Ansatz z(t) = C e−iωt = |C| e−i(ωt−δ) = |C|[cos(ωt − δ) − i sin(ωt − δ)] mit C = |C| eiδ komplex, 74 und nach einer ℜ{z(t)} = x(t) = |C| · cos(ωt − δ), ẋ(t) = −|C|ω · sin(ωt − δ) und T = 2π ω kurzen Rechnung für das erste Integral der Gl.(84) sowie der Substitution ωt′ − δ = v ′ : t+T t+T v+2π 1 Z βω Z βω 2 2 Z βω 2 2 2 ′ 2 2 2 ′ ′ P̄ = β ẋ dt = |C| ω sin (ωt − δ)dt = |C| |C| . sin2 v ′ dv ′ = T 2π 2π 2 v t t | {z } π R Für das zweite Integral der Gl.(84) gilt mit F (t) = F◦ cos ωt, tt+T cos2 (ωt′ )ωdt′ = π R t+T und t [cos ωt′ sin ωt′ ]ωdt′ = 0 sowie ẋ(t) = ℜ{ż(t)} = ℜ{−iωC e−iωt } = = ℜ{−iωC(cos ωt − i sin ωt)} = −ωℜ{C} sin ωt + ωℑ{C} cos ωt ⇒ t+T t+T h i 1 Z F◦ Z ω ′ ′ P̄ = F (t )ẋdt = − cos ωt′ − ℜ(C) sin ωt′ + ℑ(C) cos ωt′ ωdt′ = F◦ ℑ(C) T T 2 t t Mit beiden Integralen erhält man die Unitaritätsrelation für die komplexe Amplitude C βω 2 2 ω F◦ ℑ(C) = |C| 2 2 ⇒ ℑ(C) = βω 2 |C| F◦ d.h. eine Relation zwischen dem Imaginärteil und dem Betrag von |C|. Mit der neuen C und der bekannten Lösung für die Amplitude C [Gl. (77) komplexen Funktion Z = βω F◦ und (78)] erhält man für diese Unitaritätsrelation eine besonders einfache Form: C= ³ F◦ m ω◦2 − ω 2 + i βω m ´ = F◦ βω F◦ ω◦2 − ω 2 ³ ´2 − i 2 ³ ´ m (ω 2 − ω 2 )2 + βω m (ω 2 − ω 2 )2 + βω 2 ◦ ◦ m m à ω◦2 − ω 2 βω βω Z= ³ ´2 − i m (ω 2 − ω 2 )2 + βω m ◦ ℑ(C) = − m βω 2 βω F◦ |C| ³ ´2 = 2 βω m (ω 2 − ω 2 )2 + F◦ ◦ !2 (ω◦2 − ω 2 )2 + multipliziert mit m ℑ(Z) = |Z|2 = [ℜ(Z)]2 + [ℑ(Z)]2 1 ³ ´ βω 2 m · βω F◦ ⇒ [ℜ(Z)]2 + [ℑ(Z)]2 − ℑ(Z) + h i2 ergibt: 1 1 = . 4 4 Dies ist eine Kreisgleichung [ℜ(Z)]2 + ℑ(Z) − 21 = 14 mit dem Radius 12 und dem Mittelpunkt bei (0, 2i ) in der komplexen Ebene. Diese Darstellung von Resonanzen wird in der Teilchenphysik als Argand-Diagramm zur Analyse von angeregten Teilchenzuständen d.h. sehr kurzlebigen Teilchenresonanzen benutzt. Wegen der Unitaritätsrelation hat die komplexe Zahl Z und damit C nur ein unabhängiges Bestimmungsstück. P̄ = ω2 F◦ ℑ(C) ist die abgegebene Leistung bestimmt durch den Imaginärteil (siehe Figuren S. 76). Aus dem Argand-Diagramm sieht man, dass vier äquivalente Bedingungen die Resonanz ω = ω◦ bestimmen: δ = π/2; |Z| = max; ℑ(Z) = max; ℜ(Z) = 0. Das Maximum der Schwingungsamplitude liegt stets unterhalb der Resonanzfrequenz. Die Verlustleistung P̄ erreicht im Gegensatz zur Amplitude |C| bei ω = ω◦ ihr Maximum. 75 (Re Z) 2+(Im Z-1/2) 2=1/4 Im Z Im Z= |Z|2 Im Z= Z ω2 ω1 2δ δ 1 2 1 2 4γ 2ω 2 (ω 2−ω ο2 ) 2 +4γ 2ω 2 ω1 ωο Re Z Re Z δ=arc cotan ω1 ωο 3 4 1 2 1 4 π π π π ω2 ω1 ω ω2 ω ο2 −ω 2 2γ ω ωο ω ω2 " Groβe Dampfung γ=1, ω ο=1 Re Z= 2γ ω ( ω 2ο−ω 2) Argand-Diagramm. Verlauf von ℑ(Z), ℜ(Z) und der Phase δ = η als Funktion der Erregerfrequenz ω. γ = 2β/m. Auf dem Kreis wird der stationäre Gleichgewichtszustand beschrieben. Innerhalb des Kreises wird zusätzlich zu den Reibungsverlusten Energie durch hier nicht berücksichtigte Prozesse verloren. Ausserhalb des Kreises erzeugt das System als ein perpetuum mobile Energie. (ω 2−ω ο2 ) 2 +4γ 2ω 2 ω 1.00 IM (D13) 0.75 N (1520) 0.50 N (2080) N (1700) 0.25 1400 N (1520) 1700 2000 2300 0.75 0.50 N (2080) N (1700) -0.50 -0.25 0 0.25 1100 1400 RE (D13) -0.25 0 0.25 1100 0.25 0.50 1100 1400 1700 2000 ENERGY (MeV) 2300 1400 1700 2000 1700 N ELASTIC D13 AMPLITUDE 2000 2300 ENERGY (MeV) 2300 ENERGY (MeV) 76 Argand-Diagramm der elastischen π-N Streuamlitude bei 1500 MeV [Particle Data Physcis Letters B204(1988)368]. 8 Relativbewegungen Bei der Diskussion der Newtonschen Prinzipien haben wir betont, dass sie nur in einem Inertialsystem gültig sind. Nach dem 1. Newtonschen Prinzip (Trägheitsprinzip Kap. 2.2.1) ist das ein solches Koordinatensystem, in dem ein isolierter, also keinen Kräften unterworfener Massenpunkt sich mit konstanter Geschwindigkeit bewegt. Als Inertialsystem haben wir meist ein auf der Erdoberfläche verankertes Koordinatensystem benutzt57 , oder auch im Fall der Planetenbewegung ein im Schwerpunkt der Sonne ruhendes System. Die mit der Newtonschen Mechanik berechneten Bewegungen stimmten ausgezeichnet mit den Messungen überein. Es stellen sich dann die Fragen: wie kann man verschiedene Inertialsysteme unterscheiden? Wie lauten die Bewegungsgleichungen in Nicht-Inertialsystemen? Insbesondere die Beantwortung der zweiten Frage ist von grosser praktischer Bedeutung, da wir sehen werden, dass Rechnungen oft vereinfacht werden können, wenn man sie in einem beschleunigten Nicht-Inertialsystem ausführt. 8.1 Relativitätsprinzip der Mechanik Ein Koordinatensystem können wir uns immer durch Vektoren in einem starren Körper realisiert denken. In einem solchen Körper bleiben per definitionem die Abstände beliebiger Punktepaare konstant. Wir betrachten zwei Systeme dieser Art, das S-System (z.B. Laborsystem) mit den xyz-Achsen und das relative Sr -System mit den xr yr zr -Achsen (Abb. Seite 78). Der Ort eines Massenpunktes m wird durch die Ortsvektoren ~r und ~rr festgelegt. Dann gilt ~r = ~r◦ + ~rr . (85) Wir setzen voraus, dass in beiden Systemen die klassische, nicht-relativistische Mechanik gilt, d.h. alle Geschwindigkeiten sind klein gegenüber der Lichtgeschwindigkeit (v ≪ c). Dann gelten bis zu einer hohen Genauigkeit die klassischen Vorstellungen von Raum, Zeit und Masse: a) In beiden Systemen werden die gleichen Massstäbe zur Längenmessung verwendet. Das impliziert, dass die Standard-Massstäbe von S und Sr verglichen werden können. b) Beide Systeme benutzen die gleiche Zeit. Wenn in S eine Zeit ∆t zwischen zwei Ereignissen beobachtet wird, so wird in Sr das gleiche Intevall ∆tr = ∆t gemesen. c) Der Massenpunkt hat in beiden Systemen die gleiche Masse. In der Relativitätstheorie sind diese drei Annahmen nicht mehr haltbar, sobald die Geschwindigkeiten vergleichbar mit c werden. Wir wollen nun annehmen, durch Versuche habe sich erwiesen, dass S ein Inertialsystem sei. Dann lässt sich sofort zeigen, dass auch Sr ein Inertialsystem ist, falls es sich gleichförmig gradlinig gegenüber S bewegt, d.h. wenn gilt 57 d~r◦ = ~v◦ = konst. dt (86) dabei jedoch die Rotation der Erde als kleinen Effekt vernachlässigt. Ein Labor auf der Erde ist bei genauer Messung ein beschleunigtes Nicht-Inertialsystem mit den entsprechenden Schein- oder Trägheitskräften (Kapitel 8.5). 77 Denn zweimalige Differentiation von Gl. (85) liefert d~r◦ d~rr d~r = ~v = + = ~v◦ + ~vr dt dt dt und d2~r d2~rr = ~ a = = ~ar . dt2 dt2 Aus ~a = ~ar folgt aber, dass auch die Kräfte F~ = m~a und F~r = m~ar in beiden Systemen die gleichen sind, also gilt auch in Sr die Newtonsche Mechanik, Sr ist auch ein Inertialsystem. Alle Koordinatensysteme, die sich gleichförmig geradlinig gegenüber einem Inertialsystem bewegen, sind also ebenfalls Inertialsysteme. Sie lassen sich nicht unterscheiden, und es ist deshalb unmöglich festzustellen, ob eines dieser Systeme “absolut in Ruhe” ist. Dies ist das Relativitätsprinzip der Mechanik. Wenn Gl. (86) gilt, so lässt sich Gl. (85) auch in der Form ~r = ~rr + ~v◦ t der Galilei-Transformation schreiben. Wenn diese Transformationsgleichung zwischen den Systemen S und Sr gültig ist, gilt das Relativitätsprinzip der Mechanik, in anderen Worten formuliert: Es ist einem Beobachter unmöglich, mit Hilfe von mechanischen Experimenten herauszufinden, ob sein Bezugssystem in Ruhe oder in gleichförmiger Bewegung ist. Auch mit anderen Wechselwirkungen wie z.B. elektrodynamischen oder optischen Versuchen ist eine solche Unterscheidung nicht möglich. 8.2 Die Kinematik in einem bewegten Bezugssystem Wir behandeln jetzt eine beliebige Bewegung (auch Rotationen und damit beschleunigte Systeme) des Systems Sr gegenüber dem Inertialsystem S im folgenden Ruhesystem oder Laborsystem genannt. Ein ausgedehnter Körper mit einer allgemeinen Bewegung hat sechs Freiheitsgrade, 3 der Translation und 3 der Rotation. Es gelte wie in Kapitel 8.1 die klassische Mechanik. zr 6m ­ ~ Áω ­ Das bewegte Bezugssystem sei ein starrer Raum Sr (xr , yr , zr ) z 6 u Sr ~r (Fahrzeug), der vom ruhenden System S(x, y, z) aus beschrie1y ³ 7£±£ r³³³ ~r ¶¶ r ­³ ³ ­ £ ben wird mit ~r◦ , ~v◦ (Ortsvektor und Geschwindigkeit des Ur¶ xr µ ¡ ¶¡ sprungs von Sr ) und ω ~ (Winkelgeschwindigkeit von Sr um ~r ¶¡ ◦ ³³ 1 eine Achse durch den Ursprung von Sr ). Im relativen System S ¶¡ ³³ y ³ ¡ ¶³ ³ Sr (xr , yr , zr ) wird eine Masse m mit ~rr , ~vr und ~ar gekennzeichx net. Im ruhenden System beschreiben ~r, ~v , ~a die Masse m. Für eine reine Translation von Sr gilt: ~v = ~v◦ . Für eine reine Rotation von Sr gilt für einen Massenpunkt: ~v = ω ~ × ~rr . Der Koordinatenursprung von Sr liegt auf der Drehachse. Die ~ ◦ und M ~ ◦ ) unabhängig von der Wahl des Winkelgeschwindigkeit ist (im Gegensatz zu L 58 Bezugspunktes . Für eine allgemeine Bewegung des Fahrzeuges ist die Geschwindigkeit 58 Beweis: P◦ und P ′ ◦ seien zwei beliebige Bezugspunkte mit dem relativen Verbindungsvektor ~s. Die Führungsgeschwindigkeit des Fahrzeuges ist ~vF = ~v◦ + ω ~ × ~rr ⇒ bzw. ~vF = v~′ ◦ + ω~′ × r~′ r weiter ist v~′ ◦ = ~v◦ + ω ~ × ~s; ~rr = ~s + r~′ r ~vF = ~v◦ + ω ~ × ~rr = ~v◦ + ω ~ × ~s + ω~′ × ~rr − ω~′ × ~s ⇒ (~ ω − ω~′ ) × ~rr = (~ ω − ω~′ ) × ~s. Diese Vektorgleichung kann für alle ~rr nur erfüllt werden, wenn ω ~ = ω~′ gilt, qed. 78 zr Sr ~ rr P◦ ω ~ m ­ 6 t ­Á′ ~ r ′ I @ ±£ ­ @p~sP ◦ : » ­ £»» xr eines beliebigen Punktes beschrieben durch die Addition59 der beiden obigen Terme: ~vF = ~v◦ + ω ~ × ~rr . Mit der absoluten Zeit60 t = tr und unter Beachtung, dass infolge der Drehung dr~rr 6= d~rr ist61 , gilt in den beiden Systemen für den Ortsvektor, die Geschwindigkeit dt dt und den Beschleunigungsvektor eines Punktes: Sr (xr , yr , zr ) S(x, y, z) Ort: ~r(t) = ~r◦ + ~rr Geschwindigkeit: r ~v = d~ dt v = d2~r ~a = d~ dt dt2 Beschleuigung: Spezialfall: ~rr (tr ) = ~rr (t) Relativbewegung rr = dr~rr r~ ~vr = ddt dt r 2 d rr d ~ v r r = r~ ~ar = dt dt2 nur Führungsgeschwindigkeit m mit Fahrzeug verbunden ~rr = konst ~vF = ~v◦ + ω ~ × ~rr ¯ ¯ d~ v ~aF = dtF ¯ ~vr = ~ar = 0 ~vr =0 Gefragt wird nach den Beziehungen zwischen den beiden Systemen. Für den allgemeinen Fall mit der Masse m und ~vr 6= 0 gilt: ~v = ~vF + ~vr = ~v◦ + ω ~ × ~rr + ~vr = ~v◦ + ω ~ × ~rr + d d~rr dr~rr = (~r◦ + ~rr ) = ~v◦ + dt dt dt (87) dr ~ × d dt = dt + ω als Transformation vom System S in das System Sr z.B. für ~rr aufgestellt werden: Mit diesen beiden Gleichungen kann die gesuchte Beziehungen dr~rr d~rr = +ω ~ × ~rr dt dt ~: und mit allgemeinem Vektor A ~ ~ dA dr A ~ = +ω ~ ×A dt dt (88) Anschaulich fehlt in Sr die Drehbewegung ω ~ × ~rr . Für die Beschleunigungen gilt: Absolutbeschleunigung: ~a = d2~r d~v = , dt dt Relativbeschleunigung: ~ar = dr~vr d2~rr = r2 dt dt d~vF ¯¯ ¯ dt drdt~rr =~vr =0 Mit den Gleichungen (87) kann ein Zusammenhang zwischen den Beschleunigungen gefunden werden. Führungsbeschleunigung: ~aF = Es ist d~ω dr ω ~ dr ω ~ + |ω ~× ω ~} = = {z dt dt dt =0 59 d~v◦ d d d~v = + (~ω × ~rr ) + und ~a = dt dt dt dt à dr~rr dt ! . Beachte, dass ~vF , ~v◦ und ω ~ × ~rr alle drei normale polare Vektoren sind, die addiert werden können. Axiale Vektoren wie ω ~ können nicht so einfach addiert werden. 60 Dies gilt für v ≪ c der Lichtgeschwindigkeit; sonst muss die Relativitätstheorie bemüht werden. dr ~ rr rr 61 d~ dt differenziert im ruhenden und dt im bewegten System. Wegen der relativen Bewegung und der Drehung können diese beiden Ableitungen nicht identisch sein, und wir müssen eine Beziehung zwischen beiden suchen. 79 dr~rr d d von Gl.(88) auf angewandt: Der Operator dt dt dt à dr~rr dt ! dr = dt à dr~rr dt ! dr~rr dt +ω ~× d~v◦ d~ω d~rr d2r ~rr dr~rr + × ~rr + ω ~× + 2 +ω ~× dt dt dt dt dt dr~rr d2~rr dr~rr d~v◦ d~ω + × ~rr + ω ~× +ω ~ × (~ω × ~rr ) + r 2 + ω ~× und mit Gl.(88) ~a = dt dt dt dt dt 2 d~v◦ d~ω dr~rr dr ~rr + × ~rr + ω ~ × (~ω × ~rr ) + 2 · ω ~a = ~× + 2 (89) dt |dt {z } | {z dt } |dt {z } ~a = + + ~ar ~aF ~aC ¯ ¯ d d~vF ¯ ¯ [~ v + ω ~ × ~ r ] = ~aF kann identifiziert werden zu ~aF = = ¯ ◦ r ¯ dr ~ rr =0 ~vr =0 ~ v = r dt dt dt ⇒ ~a = " d~rr d~v◦ d~ω + × ~rr + ω ~× ~aF = dt dt dt und damit wird mit ~vr = # ~vr =0 # " dr~rr d~v◦ d~ω + × ~rr + ω ~× +ω ~ × (~ω × ~rr ) = dt dt dt dr~rr =0 dt ~aF = d~v◦ d~ω + × ~rr + ω ~ × (~ω × ~rr ) dt dt ~a = ~aF + ~ar + 2 · ω ~ × ~vr = ~aF + ~ar + ~aC ~aC = 2 · ω ~ × ~vr die Coriolisbeschleunigung ~vr =0 (90) (91) (92) Eine Coriolisbeschleunigung ~aC tritt nur dann auf, wenn das bewegte System eine Drehung ω ~ ausführt und der Massenpunkt eine Relativgeschwindigkeit ~vr 6= 0 hat sowie ~vr nicht parallel zu ω ~ liegt. ~ar ist die Relativbeschleunigung und ~aF die Führungsbeschleunigung. 8.3 Die Dynamik in einem bewegten Bezugssystem Das Aktionsprinzip der Bewegung eines Körpers mit der Masse m im System S ist m~a = n X F~i = F~ mit F~ den resultierenden äusseren Kräften. i=1 m~a = m(~ar + ~aF + ~aC ) = F~ . Dann gilt auch mit Gl.(91) Ein in Sr mitbewegter Beobachter registriert nur die Relativbeschleunigung ~ar und findet deshalb für das Aktionsprinzip m~ar = F~ − m~aF − m~aC und mit ~ − m~aF = Z sowie ~ +C ~ ⇒ m~ar = F~ + Z ~ = 2 · m(~vr × ω − m~aC = −2 · m(~ω × ~vr ) = C ~) das Aktionsprinzip im bewegten System. (93) ~ die Führungskraft, in der die Zentrifugalkraft −m~ω ×(~ω ×~rr ) enthalten ist, und C ~ die Z Corioliskraft haben die Dimension einer Kraft; sie sind in S keine wahrhaft existierenden Kräfte sondern Schein- oder Trägheitskräfte, die ein bewegter Beobachter als Korrektur in die Newtonsche Bewegungsgleichung einführen muss, wenn er dort an Stelle der Beschleunigung ~a die Relativbeschleunigung ~ar einsetzt. Sie haben keine Reaktionskräfte. Obwohl sie nur Schein- oder Trägheitskräfte sind, existieren sie als reale Kraft im bewegten System Sr . Ein beschleunigtes Bezugssystem ist kein in sich abgeschlossenes Inertialsystem, es müssen von aussen Kräfte wirken, um das System mit Massen zu beschleunigen. 80 8.4 8.4.1 Beispiele und Spezialfälle für bewegte Systeme Gleichförmig bewegtes System Sr Es ist ~vF = ~v◦ = konst, folglich ~aF = ~aC = 0 und somit ~ar = ~a. Auch Sr ist dann ein Inertialsystem, wie wir schon in Kapitel 8.1 diskutiert haben. 8.4.2 Rein translatorisch beschleunigtes System Sr ~ = 0 und damit In einem rein translatorisch beschleunigten Bezugssystem ist ω ~ = 0, C ˙ ~ Mit Z ~ = −m~aF sowie mit ~vF = ~v◦ (t) folgt ~aF = ~v ◦ = ~a◦ . Damit spürt z.B. m~ar = F~ + Z. der Insasse eines mit ~a◦ beschleunigten Fahrzeuges die Kraft m~ar = F~ − m~a◦ . Wenn die auf ihn wirkende Kraft F~ = 0 ist, erfährt er die beschleunigende Trägheitskraft m~ar = −m~a◦ . S und Sr sind nicht mehr äquivalent, es werden verschiedene Beschleunigungen in beiden Systemen gemessen. 8.4.3 Ein reibungsloser Massenpunkt auf einer beschleunigten Unterlage Die Geschwindigkeit des reibungslosen Massenpunktes relativ zum Hörsaal sei Null. ~ = −m~a◦ sowie m~ar = −m~aF und Es ist N = mg und Z 6 N Z ¾ u - xr d2r xr - a◦ G ? m 2 = −maF . bm bm dt x - Spezialfälle (die Konstanten C1 und C2 werde durch die Anfangsbedingungen bestimmt): (1) aF = konst. = a◦ → vr (t) = −a◦ t + C1 xr (t) = − a2◦ t2 + C1 t + C2 . 2x r r = −a◦ cos ωt aF = a◦ cos ωt → ddt 2 xr (t) = ωa◦2 cos ωt + C1 t + C2 . (2) Ein Beobachter im Laborsystem beschreibt den Massenpunkt in Ruhe und bestimmt die Relativkoordinaten aus der beschleunigten Bewegung des Tisches. 8.4.4 Mathematisches Pendel auf einer vertikal beschleunigten Plattform A z 6 a◦ 6 ~ = −m~a◦ = −ma◦~k und damit die BewegungsgleiEs ist Z chung für die Tangentialkomponente A ϕA ℓ K A AA F ∗ A Au ? G d2r ϕ = −(mg + ma◦ ) sin ϕ. dt2 Für kleine Ausschläge ist sin ϕ ≃ ϕ, also mℓ Z ? x- g + a◦ d2r ϕ ϕ = 0. Mit dem Ansatz + 2 dt ℓ µ s ¶ g + a◦ die Kreisfrequenz des Pendels. ℓ Fällt die Plattform frei, so ist g = −a◦ , also Ω = 0, d.h. die Schwingungsdauer ist unendlich. Der freie Fall merkt keine Gravitationskraft. ϕ(t) = ϕ◦ cos(Ωt − δ) ist Ω = 81 8.4.5 Gleichförmig rotierendes System Sr Die translatorische Bewegung verschwindet. Wir behandeln verschiedene Experimente auf dem Drehtisch. a) Ein Massenpunkt m sei auf einer mit konstanter Winkelgeschwindigkeit ω ~ sich drehenden, horizontalen Unterlage durch eine Feder mit der Drehachse verbunden. m sei relativ zur Unterlage in Ruhe. Es herrscht scheinbares Gleichgewicht. Im ruhenden System beschreibt m eine Kreisbahn. Die wahren Kräfte sind, wenn keine Reibungen vorhanden sind v2 = mrr ω 2 . r Ein mitbewegter Beobachter hat eine Scheinkraft einzuführen, um die relative Ruhe erklären zu können. Es ist ~ =0 ~vF = ω ~ × ~rr , ~vr = 0, also C sowie ~v˙ ◦ = 0 und d~ω = 0 und die Führungskraft ist: G=N 6 ω ~ ~ ~rr N -6 ~ ∼∼∼∼∼ ¾ u - Z ~ ~ FF ? G und FF = m dt ~ = −m~aF = −m[~ω × (~ω × ~rr )] Z die Zentrifugalkraft. (94) ~ und F~F erfüllen die Der Betrag der Zentrifugalkraft ist mit ω ~ ⊥ ~rr Z = mrr ω 2 . Z Gleichgewichtsbedingung im beschleunigten Relativsystem. b) Vom Ursprung des ruhenden Systems S bewegt sich eine Masse m mit konstanter Geschwindigkeit v◦ , es wirken keine äusseren Kräfte. Der Beobachter in Sr sieht eine spiralförmig nach aussen bewegte Masse, für die die Geschwindigkeit direkt angegeben werden kann mit den Komponenten in Polarkoordinaten vrr = drdtrr = v◦ und vrϕ = rr drdtϕr = −ωrr sowie nach einfacher Integration für die Ortskoordinaten rr = v◦ t und ϕr = −ωt. Nach Gl.(93) gilt für ihn das Aktionsprinzip ~ +C ~ = −m~aF − m~aC = −m · ω m~ar = Z ~ × (~ω × ~rr ) − 2m · ω ~ × ~vr , d.h. er beobachtet eine Zentrifugalkraft und eine Corioliskraft62 . Die Corioliskraft sucht die Richtung der Geschwindigkeit dauernd zu ändern ohne den Betrag zu beeinflussen, wie dies auf der Erde bei den Monsunen, Passatwinden und dem Golfstrom auch beobachtet wird. Versucht der Beobachter in Sr die Masse festzuhalten, ~ +C ~ aufbringen. dann muss er eine Reaktionskraft zu Z c) Relatives Gleichgewicht eines Schwerelots auf dem Drehtisch 62 Setzt man die oben gefundene Lösung rr = v◦ t und ϕr = −ωt in die allgemeinen Gleichungen für die Beschleunigung in Polarkoordinaten ein arr = d2r rr − rr dt2 µ d r ϕr dt ¶2 = −rr ω 2 und arϕ = rr d2r ϕr drr dr ϕr +2 = −2v◦ ω dt2 dt dt dann erhält man in Übereinstimmung die oben angegebene Zentrifugal- und Coriolisbeschleunigung. 82 r◦ Ein rotierender Beobachter findet das Lot in Ruhe, wenn ~vr = 0, also C = 0 ist. Die Gleichgewichtsbedingungen sind F sin ϕ = mrr ω 2 = m(r◦ + ℓ sin ϕ)ω 2 und F cos ϕ = mg. Durch Division der beiden ϕ π/2 Gleichungen erhalten wir r◦ /ℓ=1 (vgl. Kap. 3.6.3) 1 A A ϕA ℓ A K AA F ∗ Z -AAu ? G rr ¡ ¡ ω ¡ ¡ ω 2 =g/ℓ k r◦ /ℓ=0.01 2 tan ϕ = (r◦ + ℓ sin ϕ)ω . g 0 ω/ω κ 0 1 2 3 4 d) Ein ruhender Massenpunkt werde vom gleichmässig drehenden (~ω =konst.) Bezugssystem Sr aus beobachtet. Die Summe der wahren Kräfte ist Null, weil gilt ~v = konst. = 0. Relativ zum System Sr beschreibt m eine Kreisbahn mit dem Radius ρ. Es ist ~vF = ω ~ × ~rr und ~v = ~vr + ω ~ × ~rr = 0, also ~vr = −~ω × ~rr , ~aF = ω ~ × (~ω × ~rr ) ~ = −m~ω × (~ω × ~rr ); C ~ = −2Z. ~ und mit Gl. (92) ~aC = −2~ω × (~ω × ~rr ) = −2~aF ; Z ~ und stellt eine scheinbare ZentriDie resultierende Scheinkraft ist mit Gl. (93) −Z petalkraft mit dem Betrag mρω 2 dar. e) Schwingendes Pendel auf dem Drehtisch. Damit im System Sr die Bewegung eben bleibt, ist m durch eine Stange mit dem Aufhängepunkt verbunden. Die in ihm auftretende Führungskraft kompensiert die Corioliskraft. Die Bewegungsgleichung in Tangentialrichtung lautet d2r ϕ = −mg sin ϕ + Z cos ϕ = dt2 = −mg sin ϕ + ℓω 2 m sin ϕ cos ϕ. Für kleine ϕ gilt genähert sin ϕ ≈ ϕ, cos ϕ ≈ 1 mℓ A A ϕA ℓ A F K ~ AA ~ mAAu Z- ~ G ¡ ¡ 6 ω ~ ? ¡ ¡ ¡ d2r ϕ g + − ω 2 ϕ = 0 mit der Lösung dt2 ℓ r r g g − ω 2 für ω ≤ ϕ(t) = ϕ◦ cos(Ωt − δ) mit Ω = ℓ ℓ µ ¶ Die Schwingungsdauer nimmt mit zunehmender Drehgeschwindigkeit ω zu und für q g ω = ω◦ = ℓ wird sie T = ∞. Schwingt das Pendel frei, d.h. ist die Bewegung nicht auf eine mitrotierende Ebene beschränkt, so muss die Corioliskraft berücksichtigt werden. Am einfachsten betrachten wir dann das Pendel vom ruhenden Beobachter aus. Für diesen schwingt es in einer Ebene, die rotierende Plattform dreht sich einfach unter dem Pendel weg, und wir erhalten mit x = x◦ cos ω◦ t, y = 0 im ruhenden System und α = ωt für die Drehung im Relativsystem: xr = x cos α = x◦ cos ωt cos ω◦ t und yr = −x sin α = −x◦ sin ωt cos ω◦ t 83 die Bahn einer Hypozykloide. 8.5 Trägheitseffekte auf der Erde In den vorausgegangenen Beispielen spielte der Hörsaal und damit die Erde die Rolle des ruhenden Systems. Diese Wahl führte zu keinen Widersprüchen mit der Erfahrung, obwohl die Erde ein bewegtes Bezugssystem ist. Der Grund liegt darin, dass auf der Erde Z und C viel kleiner als mg sind. Es können aber terrestrische Versuche ausgeführt werden, die eindeutig die Trägheitseffekte als Folge des Bewegungszustandes der Erde zeigen. 8.5.1 Nachweis der Erdrotation mit dem Foucaultpendel Ein schwingendes Pendel behält infolge der Trägheit seine Schwingungsebene im Raum bei. Dieses eigentümliche m Verhalten offenbart sich beim Foucault-Versuch (1850/51 → ω in Paris). Ein Ort auf der Erde mit der geographischen → ω Breite β rotiert mit der Winkelgeschwindigkeit ω · sin β um β eine zur Erdoberfläche senkrechte Achse; mit dieser Winkelgeschwindigkeit dreht sich die Erde unter dem schwingenden Pendel hinweg. Die effektive Umlaufszeit der Horizontalebene relativ zur Schwingungsebene des Pendels in der geographischen Breite β ist S T = 2π/ω sin β mit ω = 2π/24 Stunden. Zur Berechnung wurde hier der axiale Vektor ω ~ in die Komponenten senkrecht ω⊥ und parallel ωk zur Erdoberfläche bei der geographischen Breite β zerlegt63 . Für Zürich mit β ≈ 47◦ ist T = 34 h, am Pol: T = 24 h und am Äquator: T = ∞. N 8.5.2 Eine Lotabweichung infolge der Erdrotation erfährt eine Masse m auf der Erde durch eine von der Erdachse fortgerichtete Zentrifu~ vom Betrage Z = mω 2 R cos β. galkraft Z Zusammen mit dem Gewicht G◦ = mg◦ , das m bei nicht rotierender Erde hätte, ergibt ~ eff = G ~ ◦ + Z, ~ sich ein effektives Gewicht G das nicht zum Erdmittelpunkt zeigt. Der Kosinussatz liefert N m → ω → Go β δ → = Z → Geff q (mg◦ )2 + (mω 2 R cos β)2 − 2mg◦ mω 2 R cos2 β oder geff = R ≃ g◦ da gilt Daraus folgt Geff = mgeff = s q g◦2 + (cos2 β)(ω 4 R2 − 2g◦ ω 2 R) à 2ω 2 R cos2 β ω 2 R cos2 β 1− ≃ g◦ 1 − g◦ g◦ ! ω 2 R = 0.034m/s2 ≪ g = 10m/s2 . ∆g g◦ − geff ω 2 R cos2 β = = = 3.43 × 10−3 cos2 β. g◦ g◦ g◦ 63 Man beachte, dass ω ~ als axialer Vektor in eine Horizontal- und eine Vertikalkomponente zerlegt werden kann. Die Pendelebene bleibt bei der Drehung im Raum S erhalten, es gilt die Drehimpulserhaltung und die Drehung ist direkt durch ω⊥ gegeben. Es gilt für die Corioliskraft ~ = 2m(~vr × ω C ~ ) = 2m(~vr × ω⊥ + ~vr × ωk ) wobei nur der erste Term zu einer Auslenkung führt. Ein Drehwinkel könnte nur bei infinitesimal kleinen Drehungen und nicht bei endlichen Drehungen in Komponenten zerlegt werden. 84 Für Zürich erhalten wir ∆g/g◦ = 0.17 %. Die Lotabweichung δ folgt aus dem Sinussatz: sin δ Z ω 2 R cos β = = . sin[π − (δ + β)] mg◦ g◦ 8.5.3 Man erhält für Zürich δ ≃ 0.1◦ . Ostabweichung Fällt ein Massenpunkt frei auf der rotierenden Erde, so wirkt ausser dem effektiven Ge~ = −2m(~ω × ~vr ) auf ihn, wenn vr zum Erdzentrum weist. wicht noch die Corioliskraft C Auf beiden Hemisphären zeigt ~vr × ω ~ nach Osten. Bezeichnen wir diese Ostrichtung mit xr und die effektive Lotrichtung mit zr , so gelten die Bewegungsgleichungen → ω → N m C m → vr Bahn xr zr d2r zr = −mgeff (95) dt2 Aus Gl. (95) folgt m d2r xr = −2mωvr cos β. (96) dt2 dr zr = vr = −geff t und dt 1 zr = h◦ − geff t2 2 und damit aus Gl. (96) d2r xr 1 = 2ω cos βgeff t und xr = ω cos βgeff t3 . 2 dt 3 s 2h◦ Die Höhe h◦ wird in der Zeit T = geff ho durchfallen, und die zugehörige Ostabweichung beträgt xr◦ xro xr s 8h3◦ 1 1 = ω cos βgeff T 3 = ω cos β . 3 3 geff Für Zürich: h◦ = 50 m erhält man xr◦ ≃ 0.55 cm. 8.5.4 Ebbe und Flut Die Gezeiten entstehen, weil die Gravitationskräfte von Sonne und Mond an verschiedenen Punkten der Erde verschieden sind. Obwohl der Effekt der Sonne der kleinere ist, behandeln wir ihn wegen der einfacheren Darstellung zuerst. Wir nehmen an, die Erde bewege sich auf einer Kreisbahn um die Sonne. Dann erfüllt die Gravitationskraft G der Sonne die Kreisbedingung Z = mω 2 RES : G=Γ R ES R ES → → G m Sonne Z mS mMs = Z = mω 2 RES 2 RES R ES (97) mit m = Masse der Erde, MS = Masse der Sonne, ω = Winkelgeschwindigkeit der Erde auf ihrer Bahn um die Sonne, RES = Radius der Erdbahn. Wenn wir für den Augenblick auch die Eigenrotation der Erde ausser acht lassen, ist ihre Bewegung rein translato85 risch. Jede bezüglich der Erde feste Richtung behält auch im Raum ihre Richtung bei. Jeder Punkt der Erde bewegt sich auf einem Kreis dZ mit dem gleichen Radius RES aber verschiedenen Mittelpunkten. Daher ist die Zentrifugalkraft A überall auf der Erde gleich gross, für ein Massenelement dm also dZ = dmω 2 RES . dZ D dZ dZ C Dagegen ist die Anziehungskraft der Sonne nach RE Betrag und Richtung an verschiedenen Punkten Erdbahn der Erde (Radius RE ) verschieden gross. Die redZ B sultierenden Kräfte sind in den Punkten A und B radial nach aussen, in C und D nach innen gerichdG R ES tet, so dass in A und B Wasserwülste entstehen, unter denen sich die Erde einmal täglich wegdreht. Sonne Es entstehen 2 Fluten und 2 Ebben pro Tag. Wir berechnen die Gezeitenkraft dFS für ein Massenelement dm im Punkt B: dmMS dFS = dG − dZ = Γ − dmω 2 RES . Aus (RES − RE )2 der Gleichgewichtsbedingung Gl. (97) folgt ω 2 RES = Also wird: dFS = ΓdmMS ΓdmMS = 2 RES à à (RES 1 1 − 2 2 − RE ) RES ! ΓMS . 2 RES = ! ΓdmMS 2RE 1 − 1 ≃ . 2 (1 − RE /RES )2 RES RES Die letzte Näherung ergibt sich, da RE ≪ RES ist64 . Benutzen wir noch MS = 4π ρ R3 3 S S für die Masse der Sonne (ρS = Dichte, RS = Radius der Sonne), so erhalten wir für die Gezeitenkraft der Sonne dFS = 8π ρS R 3 dmΓRE 3 S . 3 RES Analog ist RS »» #à 3 »» » ρM R M 8π » ²¯ » C » dmΓR . die Gezeitenkraft des Mondes dF = » E M α -C q»X 3 X 3 REM RES X±° X REM XXX "! XXX Da Sonne und Mond am Himmel fast gleich gross erscheinen, RM Vollmond h Mond l l Erde 64 Sonne ²¯ Erde h Reihenentwicklung: tan α ≃ RM RS ≃ REM RES und damit dFS ρS ≃ . dFM ρM Da gilt ρM ≃ 2ρS , ist die Wirkung der Sonne etwa halb so gross wie die des Mondes. Beide Kräfte summieren sich Sonne ²¯(Springflut!), wenn Erde, Mond und Sonne nahezu kollinear ±°zueinander stehen. Neumond Mond ±° ist (1 − x)−2 = 1 + 2x · · · vgl. Anhang Kap. C.1.7 86 8.6 Das Streuproblem zweier Massen † Im Kapitel 6.1 wurde die Separation der Schwerpunkts- und der Relativkoordinaten für ein Zweikörperproblem behandelt. Die relative Bewegung von zwei Körpern kann damit sehr einfach mit der reduzierten Masse Gl. (47) als ein Ein-Körperproblem berechnet werden. Im folgenden werden die reine klassische Streuung diskutiert, um damit schon die wesentlichsten kinematischen Bedingungen und Eigenschaften des Streuproblems kennenzulernen, da Streuexperimente in allen Bereichen der Physik eine grosse Rolle spielen. 8.6.1 Die reine elastische Streuung Es soll die rein elastische Streuung (keine Reibungs-, Deformations- oder Anregungsverluste) von zwei Massen m und M mit kurzer Reichweite beim Stoss (z.B. Billardkugeln, Streuung von Neutronen an Atomkernen über die kurzreichweitige Kernkraft = Neutronenmoderation) klassisch, nichtrelativistisch berechnet werden. Gefragt ist nach dem Energieverlust des stossenden Teilchens und dem Streuwinkel. Für die Streuung zweier Teilchen mit m 6= 0 und M 6= ∞ muss die Mitbewegung des Streuzentrums berücksichtigt werden. Man betrachtet daher das Problem im Labor- und im Schwerpunktsystem (Inertialsysteme). L L Laborsystem LS: Im einfachen Fall vM = 0 (Target in Ruhe), vm 6= 0 ist ~′ Lm *v m©u©© L M nach dem Stoss: ©©′ L ~vm y mu 6 © ϑ - x © gestrichene L ′ x A ϕ L Grössen vor dem Stoss vM =0 M AAx L AU v ~′ M ϑ′ L ist der Streuwinkel von m, ϕ′ L der Streuwinkel von M nach dem Stoss. Schwerpunktsystem SS: Der Gesamtimpuls p~S ist Null; damit müssen die Beträge aller vier Impulse gleich sein nicht jedoch die Geschwindigkeiten, wenn m 6= M ist. Def.: X p~iS vor = X p~iS nach S = p~ = 0 u ⇒ −~pSm = p~SM m vmS =M m vMS S ~vm S * v~′ m©©u© S © © ~vM © ′S © ϑ © x ¾ © © ϕ′ S © M ©© © ©© S x ©© v ¼ ~′ M S S Der Winkel zwischen ~vm und ~vM ist wegen der Impulserhaltung im Schwerpunktsystem vor und nach dem Stoss 1800 (ϑ′ S + ϕ′ S = π). Im Laborsystem gilt die Energie- und Impulserhaltung vor und nach dem Stoss. Die potentielle Energie ist überall Epot = 0 (sehr kurze Reichweite der Wechselwirkung). (p′ Lm )2 (p′ LM )2 (pLm )2 = + , 2m 2m 2M L L p~Lm = p~′ m + p~′ M (98) Die Impulse müssen infolge der Impulserhaltung immer in einer Ebene (z.B. x-y) liegen, die durch die Vektoren des Anfangsimpulses und des gestreuten Impulses gegeben ist. Aus der 2. Gleichung Gl.(98) folgt mit dem Cosinus-Satz L L L (p′ m )2 = (pLm )2 + (p′ M )2 − 2pLm p′ M cos ϕ′ 87 L (99) Auflösen der 1. Gleichung (98) und (99) ergibt nach elementarer Rechnung L p′ M = (p′ L )2 2M (pLm )2 cos2 ϕ′ L 2M pLm cos ϕ′ L L ⇒ die kinetische Energie T ′ M = M = m+M 2M (m + M )2 (100) Der maximale Impulsübertrag L p′ M (max) 2M pLm = m+M L gilt für ϕ′ = 00 und ϑ′ L = 00 oder 1800 für m > M oder m < M . Für m = M ist p′ LM (max) = pLm , die stossende Masse m überträgt den gesamten Impuls auf M und bleibt liegen; weiter gilt65 . , L , ϑL ϕ bei m = M L L für alle Streuwinkel ϕ′ + ϑ′ = π/2. (101) Für m < M kann das Geschoss zurückgestreut werden und für m > M fliegen beide Massen nur nach vorne. Die kinetischen Energien nach dem Stoss lassen sich mit Gl.(98) und (100) leicht ausrechnen. 8.6.2 Winkelverteilung bei statistischem Zielen in der Ebene Dies ist das Problem eines Billardspielers, der nicht zielen kann. Quantenmechanisch ist dies die Streuung von Teilchen an einem Target (Elektronenmikroskop, Streuexperimente in der Kern- und Teilchenphysik). Detektor Wenn eine rein elastische Streuung an der Kugeloberfläche d.h. in der Ebene an dem Kreisradius R α ϑ angenommen wird mit 2α + ϑ = π (Ein- und Ausm α fallswinkel sind gleich), dann gelten für die Streuung M y b der kleinen Masse m an der harten Kugel mit dem R Radius R und M = ∞ (festgenagelt) folgende geox metrische Beziehungen: Stossparameter b = R sin α ⇒ b = R cos ϑ/2. Für b > R ist ϑ immer Null. Wie gross ist nun die Zahl der unter dem Winkel ϑ gestreuten Geschosse m, wenn sie parallel zur x-Achse aber mit dem Stossparameter b statistisch in der xy-Ebene verteilt ◦ einfallen, d.h. dN = const = Nb = N . Der Billardspieler66 schiesst zwar exakt in xdb 2R Richtung, kann aber die y-Koordinate nicht einstellen. N◦ ist die totale Zahl aller Teilchen, die in dieser ebenen Geometrie gesteut werden können. In Schussrichtung wird jedes Element db der Projektion des Kreises in x-Richtung gleich häufig getroffen. Damit ist die Zahl der Teilchen, die bei N◦ einfallenden Teilchen eine Streuung im Intervall ϑ → (ϑ + dϑ) erleiden dN = Nb · db, mit db = −R sin 65 ϑ 1 1 ϑ · dϑ ⇒ dN = −N◦ sin dϑ 2 2 4 2 (102) Multipliziert man die beiden Komponentengleichungen von Gl.(98) L L L L L L ′L ′L + p′ m cos ϕ′ , y-Komp: 0 = p′ m sin ϑ′ − p′ M sin ϕ′ geschickt miteinander x-Komp: pL m = p m cos ϑ L L L L L L und berücksichtigt sin(ϕ′ + ϑ′ ) = sin ϕ′ cos ϑ′ + sin ϑ′ cos ϕ′ sowie Gl.(100) mit m = M , dann ′L ′L ′L ′L erhält man sin(ϕ + ϑ ) = 1, d.h. ϕ + ϑ = π/2. 66 Es wird angenommen, dass die Kugel ohne Reibung und damit ohne Drehimpuls auf dem Billardtisch gleitet. 88 dN ist die Abnahme der Teilchen im primären Fluss. In einem Detektor werden unter dem Winkel ϑ im Winkelbereich ϑ → (ϑ + dϑ) nach Gl.(102) dN Teilchen gemessen. dN 1 ϑ = N◦ sin ist die Winkelverteilung (103) dϑ 4 2 dN ϑ der unter dem Winkel ϑ in das Winkelelement dϑ gestreuten Teilchen. dϑ Die gesamte Zahl der gestreuten Teilchen ist 4 2 0 Z dN = +180 Z 0 dN = 2 +180 Z 0 0 −1800 dN = 2 +180 Z 0 0 1 ϑ N◦ sin dϑ = N◦ 4 2 in Übereinstimmung mit unserer obigen Definition von N◦ . Diese Winkelverteilung gilt für eine unendlich schwere Masse M , für die Schwerpunktsystem und Laborsystem identisch sind. Um vom Schwerpunktsystem in ein Laborsystem mit endlichen Massen zu transformieren, muss eine Beziehung zwischen einem Streuwinkel in den beiden Systemen aufgestellt werden, z.B. ϕ′ S = f (ϕ′ L ) dem Streuwinkel von M . In unserer Rechnung ist ϑ = ϑ′ S der Streuwinkel von m. Als Lösung hilft eine einfache geometrische Überlegung in den beiden Systemen SS und LS: Im Schwerpunktsystem sind wegen der Impulserhaltung die Beträge aller Impulse S S gleich, und damit ist v ′ SM = vM und v ′ Sm = vm , und es bewegt sich mit der Schwerpunktsgeschwindigkeit ~v◦ gegenüber dem Laborsystem in negativer x-Richtung. Da im L Laborsystem ~vM = 0 ist, müssen beim Übergang vom Schwerpunktsystem zum Labor→ S → system nur alle Geschwindigkeiten im Schwerpunktsy-v M = vo S → L stem vektoriell mit ~v◦ = −~vM addiert werden. Es gilt vM S → S ϕ → S →S v L v dann (siehe Figur und untere geometrische Darstellung): M vm M ϕ m ϑS M v→mS S S ϕ′ + ϑ′ = π 89 1 S 1 L S und ϕ′ = ϕ′ = (π − ϑ′ ) (104) 2 2 Billardkugel-Streuung Schwerpunktsystem (oberes Bild): Geschwindigkeiten und Winkel nach M=2.5 m vm dem Stoss sind durch gestrichene GröSchwer→S ssen gekennzeichnet. b ist der Stosspavm punktrameter. Bei der Berührung der Kugeln system gibt es keine Haftreibung µH = 0 und damit ist ~vk = v~′ k , ~v⊥ = −v~′ ⊥ . vm m Impulserhaltung: S S S S S m~vm = −M~vM , mv~′ m = −M v~′ M ϑ m α vM →S →S Winkelbeziehungen: vM b vm α 2α + ϑ′ Sm = π, ϑ′ Sm + ϕ′ SM = π ϕSM M vM Transformation →S Schwerpunktsystem → vM vm vM Laborsystem (unteres Bild) Bei der vM vm Transformation vom Schwerpunktsystem in das Laborsystem muss nur vektoriell die GeS schwindigkeit ~v◦ = −~vM zu allen GeTransformation →S schwindigkeiten des Schwerpunktsystevm SS → LS L mes addiert werden. Es ist dann ~vM = →L 0, die Masse M ist im Laborsystem in vm Ruhe, und es gilt →L vm+M S L S L ~v◦ + v~′ m = v~′ m , ~v◦ + v~′ M = v~′ M , wobei L L die Spitzen von v~′ m und v~′ M auf den S ϑm ϑ Lm → →S zwei Kreisen liegen. Jeder Streuwinkel →S vM vo vm . ϑ′ Sm und ϕ′ SM ist geometrisch mit den ϕLM ϕSM beiden Kreisen einfach in das Laborsy→S stem transformiert. vM →L Im Spezialfall M = m (gestrichelte GevM S S schwindigkeiten) gilt |~vm | = |~vM | und L L ′ ′ ϑ m + ϕ M = π/2, die Kugeln laufen →S im LS nach dem Stoss immer unter 90◦ vM=m auseinander. Aus der Winkelverteilung →L vM=m dN von Gl.(103) sowie Gl.(104) erhält dϑ′ S man mit Gl.(101) und ϑ′ Sm = π − ϕ′ SM = π − 2ϕ′ LM = 2ϑ′ Lm 90 die Winkelverteilung von m im Laborsystem zu (ohne Indizes m, M ): dN dϑ′ L N◦ 2 ¿ = N◦ dN dϑ′ S dN L = = sin ϑ′ (105) L S L ′ ′ ′ 2 dϑ dϑ |dϑ {z } =2 Im Polardiagramm wird die Winkelverteilung von m im Laborsystem für m = M durch zwei Halbkreise rechts der y-Achse dargestellt. Für die Winkelverteilung von M im Laborsystem für m = M bestimmt man in einer analogen Rechnung sin ϑ′ L ¢̧ ¢ ϑ′ L ϑ′ L = 0 ¢ À ¿ −π/2 ≤ ϑ À ′L ≤ +π/2 dϕ′ L #à * © ϕ′ L ©© dN = N◦ 2 "! cos ϕ′ L ϕ ′L N◦ dN dϑ′ S dN N◦ L ′L π = = sin( cos ϕ′ − ϕ ) = 2 S L L ′ ′ ′ 2 2 dϕ dϑ dϕ =0 | {z } =2 (106) Dies ist im Polardiagramm ein Kreis rechts der y-Achse. −π/2 ≤ ϕ′ L ≤ +π/2 8.6.3 Winkel- und Energieverteilung bei statistischem Zielen im Raum Die statistisch verteilte Streuung im Raum, wie sie z.B. bei der Streuung von Neutronen in Atomkernen auftritt (Moderation von Neutronen in einem Reaktor), kann analog zum ebenen Fall berechnet werden. Es wird dann nur angenommen, dass die Teilchen m in einer Richtung parallel ausgerichtet jedoch statistisch im Raum verteilt auf die Masse M N◦ treffen, d.h. dN = Ns = πR 2 = const (ds: Flächenelement). Statt des Winkelbereiches ds in der Ebene muss der Raumwinkelbereich dΩ = sin ϑdϑdφ für die Streuung unter dem Winkel ϑ eingesetzt werden (ϑ = ϑ′ S ). In Schussrichtung wird jedes Flächenelement der Projektion der Kugel gleich häufig getroffen. Damit ist67 die Zahl der in das Intervall ϑ → (ϑ + dϑ) gestreuten Teilchen m von den Ns einfallenden Teilchen/Fläche dN = Ns dϕ b db Z 0 2π dϕ · b · db = Ns · 2πb · db. Mit db = −R sin ϑ 1 · dϑ 2 2 1 ⇒ dN = −Ns πR2 sin ϑdϑ 2 (107) dN ist die Abnahme der Teilchen im primären Fluss. In einem Detektor werden unter dem Winkel ϑ im Raumwinkel dΩ = 2π sin ϑdϑ nach Gl.(107) dN = Ns R2 dΩ Teilchen gemessen. 4 dN N◦ = dΩ 4π ist die Winkelverteilung der unter dem Winkel ϑ in das Raumwinkelelement dΩ gestreuten Teilchen. Diese Verteilung ist unabhängig von ϑ d.h. isotrop, man beobachtet in allen ϑ-Richtungen die gleiche Intensität. Die Gesamtzahl der gestreuten Teilchen ist Z dN 6 N◦ Z dΩ N = dN = dΩ = N◦ 4π -ϑ Wie oben für N◦ vorausgesetzt war. 0◦ 180◦ 67 Mit b = R cos ϑ/2 und sin ϑ/2 · cos ϑ/2 = 1 2 sin ϑ. 91 Diese Aussage der Isotropie der Streuung gilt für eine unendlich schwere Masse M , für die Schwerpunktsystem und Laborsystem identisch sind. Für die Transformation in das Laborsystem können dieselben Beziehungen, wie im ebenen Fall berücksichtigt werden. Aus der isotropen Raumwinkelverteilung dN dN N◦ = S S = S ′ ′ dΩ 4π 2π sin ϑ dϑ im Schwerpunktsystem erhält man mit ϑ′ S = π −2ϕ′ L die Verteilung der Rückstossenergie der Masse M im Laborsystem68 : dN N◦ 6dT ′ LM dN dN dϑ′ S dϕ′ L N◦ 1 S = sin ϑ′ ·2· ′ L · ′L · ′L = S = L L ′ ′ ′ ′ dϑ S dϕ dT M 2 dT M T M (max) T M (max) sin ϑ - T ′L M 0 völlig unabhängig von den Winkeln und der Energie der Teilchen T ′L M (max) nach dem Stoss. Die Energieverteilung ist eine Kastenverteilung. Viele Charakteristika eines Streuprozesses wie z.B. die Winkelabhängigkeit sind allein durch die Kinematik gegeben und erst aus Abweichungen von dieser lernt man etwas über Eigenschaften des Targets und des Projektils. 8.6.4 Die Streuung eines Neutrons an einem Atomkern Die Wechselwirkung des neutralen Neutrons bei einer Streuung mit einem Atomkern69 (z.B. das Proton im Wasserstoffatom oder ein Bleikern) ist die kurzreichweitige (ca. 1 fm) Kernkraft. Die rein elastische Neutronenstreuung kann daher in sehr guter Näherung mit der klassischen Streuung beschrieben werden70 . Fall 1 m = M die Neutron - Proton Streuung n+p→ n’+ p’ Mit Gl.(100) wird mit m = M die maximale EnergieübertdN 6 Energieverteilung L ragung ′ dT M von M (p′ LM )2 2M (pLm )2 ′L T M (max) = = = TmL 2 2M (m + M ) n+C d.h. die gesamte Energie des Neutrons im zentralen Stoss wird auf das Proton übertragen. Der minimale Enern+p gieübertrag ist Null. Da die Energieverteilung der Rück- T ′L M stossprotonen konstant mit der Energie ist, erhält man eine ′L L 0 T ′L (max)=T m Kastenverteilung von 0 → T M (max). M =m Fall 2 M(12 C)=12·m für die Neutron - Kohlenstoffstreuung 2 (pL m) Die maximale Energieübertragung ist T ′ LM (12 C) (max) = 2M = 0.28 · TmL mit der in (m+M )2 der Figur eingezeichneten schmäleren Energieverteilung jedoch bei gleichem totalen N◦ 68 Der Zusammenhang der kinetischen Energie des Rückstosstargets M mit dem Streuwinkel ergibt sich p′ 2 dT ′L L L L L L L M aus Gl.(100) zu T ′ M = 12 MM = T ′ M (max) cos2 ϕ′ und damit = T ′ M (max)2 cos ϕ′ sin ϕ′ = dϕL L L L L T ′ M (max) · sin 2ϕ′ = T ′ M (max) · sin ϑ′ S mit 2ϕ′ = π − ϑ′ S siehe Gl. (104). m(Proton) = 938.272 MeV/c2 = 1.67263 · 10−31 kg, m(Neutron) = 939.567 MeV/c2 , d.h. m(Proton) ≈ m(Neutron), m(Kern) ≈ A · m(Neutron), A: Massenzahl des Kerns, A(12 C)=12, A(208 Pb)=208. Die Bindungsenergie der Kerne wird hier vernachlässigt. 70 Bei einigen Kernen z.B. Cd und B treten bei bestimmten Energien sehr starke Absorptionsresonanzen auf, bei denen dann das Neuton vom Kern eingefangen wird. Bor-Paraffin oder boriertes Polyäthylen dienen deshalb zur Neutronenabschirmung. 69 92 für die gesamte Zahl der gestreuten Neutronen71 . Die Energieverteilung der Neutronen nach der Streuung TdN dN 6Energie′L m L dT ′ m ist wegen der Energieerhaltung ebenfalls eine Kastenverteiverteilung n+C lung mit der maximalen Energie TmL und der minimalen Enervon m gie T ′ Lm (min) = TmL − T ′ LM (A) (max). Für m = M ist T ′ Lm (min) = 0 und für m = m(A) = 12 gilt T ′ Lm (min) = (1 − 0.28)TmL . Bei der Streuung an Bleikernen ist T ′ LM (P b) (max) = 0.019 · TmL , d.h. es wird bei einer Streuung n+p T ′L -m kaum Energie übertragen und Blei ist ein ungeeignetes MateL 0 Tm rial, um Neutronen abzubremsen und damit abzuschirmen. Zur Moderation und damit auch Abschirmung müssen deshalb Materialien mit einem grossen Protonenanteil benutzt werden, wie Wasser oder Kohlenwasserstoffverbindungen. Moderierte und damit niederenergetische Neutronen lassen sich leicht in Kernen, die eine starke Resonanzabsorption (wie Cadmium) haben, absorbieren und damit abschirmen70 . 8.6.5 Coulombpotential Die elastische Streuung eines geladenen Teilchens Z . " einfallende Intensitat I mit der Energie E im CouDetektor mit ∆ Ω =Teilchen / Flache . Zeit " lombpotential eines zweiten Periapsis Teilchens Z ′ kann klassisch völlig analog zur BillardkuAsymptote gelstreuung behandelt werb ϑ den. Bei einem vorgegebeStreuzentrum Z', M=∞ db nen Stossparameter b ist die dϑ Trajektorie des gestreuten Teilchens und damit auch der Streuwinkel ϑ = f (b) fest durch eine Hyperbel Gl. (56) 107 dN(ϑ) gegeben, die Exzentrizität ǫ und der Parameter p müssen dΩ 6 nur mit den Werten der Coulombwechselwirkung identi10 α-Au Streuung , Geiger et al. fiziert werden. Man erhält dann mit einer kurzen Rech105 Quelle RaC Eα =7.69 MeV nung (Details vgl. Physik III) für die Winkelverteilung im Schwerpunktsystem in exzellenter Übereinstimmung mit 104 dem Experiment72 1 Fit ∝ 103 sin4 ϑ/2 à dN (ϑ) ZZ ′ e2 = N◦ dΩ 2E 102 101 ϑ 0 60 120 180 !2 1 4 sin (ϑ/2) 4 Rutherford’s Streuformel. Das Experiment von H.Geiger und E.Marsdon mit Rutherford’s Interpretation war die Geburtsstunde der Kernphysik. Es zeigte, dass das Atom aus einem schweren aber sehr kleinen Kern besteht und nicht nur aus einer Wolke von Elektronen, da die α-Teilchen bis zu 180◦ zurückgestreut werden. T ′L M (A) (max) 71 72 Dies ist das Integral R 0 = L N◦ dT ′ M (A) (max) T ′L M (A) H.Geiger, E.Marsdon, Phil.Mag. 25(1913)604 93 = N◦ 9 Dynamik des starren Körpers Bei der Mehrzahl der von uns bislang behandelten mechanischen Probleme haben wir uns nur für die translatorische Bewegung der Körper interessiert. Zur Lösung verwendeten wir die Newtonschen Prinzipien bzw. den Schwerpunktssatz. Der Drehimpulssatz kam nur bei der Zentralfeldbewegung ins Spiel. Jetzt wollen wir auch Rotationen untersuchen und uns der Einfachheit halber zunächst auf starre Körper beschränken. In ihnen sind die relativen Abstände der Atome und Moleküle konstant. 9.1 Bedeutung von Schwerpunkts- und Drehimpulssatz starrer Körper Bei der Behandlung der Relativbewegungen haben wir in Kapitel 8.2 gezeigt, dass der allgemeine Bewegungszustand eines starren Körpers die Superposition einer Translation und einer Rotation ist. Zur Beschreibung dieser allgemeinen Bewegung muss man die Bahngeschwindigkeit ~v◦ eines speziellen Punktes, z.B. des Schwerpunktes, und die Winkelgeschwindigkeit ω ~ kennen. Diese beiden Vektoren haben zusammen 6 Komponenten, die Zahl der Freiheitsgrade eines starren Körpers ist also sechs. Dies ist in folgender Weise einzusehen. Die Lage aller Punkte ist bestimmt, wenn 3 Punkte festgelegt sind, d.h. durch 9 skalare Zahlenangaben. Da aber die Abstände der 3 Punkte untereinander fest vorgegeben sind, ist die Zahl der Freiheitsgrade 9 - 3 = 6. Diese Freiheitsgrade werden vollständig erfasst durch die 3 skalaren Gleichungen des Schwerpunktssatzes (zur Berechnung von ~v◦ ) und die 3 Gleichungen des Drehimpulssatzes (für ω ~ ). Da die Anzahl der Atome in einem makroskopischen Körper sehr gross ist, darf man die Masse als kontinuierz → lich verteilt ansehen. Anstelle der Atome übernehmen kleiF ne Massenelemente dM , in die ein Körper zerlegt werden S dM kann, die Rolle von Massenpunkten. dM ist allerdings noch → rs dV so gross zu wählen, dass darin eine grosse Anzahl von Ato→ men enthalten ist. Dann definieren wir für einen Körper r x die Dichte: y ρ= dM , dV wobei dV ein Volumenelement der Masse dM ist. Im allgemeinen ist ρ = ρ(~r) eine Funktion von ~r. Ist ρ konstant, so ist der Körper homogen. Bei der Herleitung des Schwerpunkts- und des Drehimpulssatzes tritt für kontinuierliche Massenverteilung dM an Stelle von mi bei Massepunkten und statt der Summation werden Integrationen über den gesamten Körper K ausgeführt. Es gelten dann die Beziehungen für die Z Z Z ~r totale Masse: M = dM = ρ(~r) dV, Schwerpunktsvektor: ~rs = dM M K totaler Impuls: p~ = K Z K ~v dM, K ~◦ = totaler Drehimpuls: L Z K (~r × ~v ) dM. Wirken auf den Körper die Kräfte F~1 , F~2 , . . . F~n , die in den Punkten ~r1 , ~r2 , . . . ~rn 94 angreifen, so lauten die fundamentalen Bewegungsgesetze → n d~p = P ~ dt i=1 Fi F3 → Fi → F2 Impulssatz [vgl. Gl. (11)] → ri 2 → n P ~ M d ~r2s = Fi dt i=1 F1 n ~◦ P dL ~◦ = ~ri × F~i = M dt i=1 Schwerpunktssatz Drehimpulssatz oder Drallsatz. [Gl. (12)] [Gl. (40)] Befindet sich ein starrer Körper in einem Kraftfeld, so gehen die Summen in den obigen Gleichungen ebenfalls in Integrale über. Für einen Körper im Gravitationsfeld der Erde, das über diesen konstant ist, gilt z.B. 73 Z d2~rs Z ~ M 2 = ~g dM = ~g dM = M~g = G dt dM S → K rS K → → gdM r Z ~◦ Z dL ~ = (~r × ~g ) dM = −~g × ~r dM = −~g × M~rs = ~rs × G. dt raumfest K K Die Schwerkraft oder das Gewicht kann als im Schwerpunkt angreifend angesehen werden. In bezug auf den Schwerpunkt ~rs = 0 besitzt das Gewicht kein Drehmoment. Wir beweisen noch, dass der Drehimpulssatz in der oben formulierten Weise nicht nur für raumfeste Punkte ◦, sondern noch für drei weitere Arten von Bezugspunkten ◦′ Gültigkeit hat. Es soll also gelten: ~ ◦′ ~◦ dL dL ~◦ ~ ◦′ =M und =M dt dt → r r→ ~ ◦′ = wobei L → ro Z K r~′ × ~v dM, ~ ◦′ = M X i r~′ i × F~i . ~ ◦ und M ~ ◦ durch ~r = r~′ + ~r◦ : Wir ersetzen ~r in L ~◦ = L Z ~r ×~v dM = Z (r~′ + ~r◦ ) ×~v dM = Z r~′ ×~v dM + Z ~ ◦′ + ~r◦ × p~. (108) ~r◦ ×~v dM = L ~ ◦ kann also in einen translatorischen Anteil ~r◦ × p~ und einem rotatorischen Anteil L ~ ◦′ L zerlegt werden. ~◦ = M 73 X i ~ri × F~i = X i (r~′ i + ~r◦ ) × F~i = X i r~′ i × F~i + X i ~ ◦′ + ~r◦ × ~r◦ × F~i = M X F~i i ~ ◦ [Nm] verschiedene Grössen sind. Man beachte hier, dass die Masse M [kg] und das Drehmoment M 95 ~ ~ X ~ ◦′ + ~r◦ × ~ ◦ = dL◦ = dL◦′ + d~r◦ × p~ + ~r◦ × d~p = M F~i . mit dem Drehimpulssatz ist M dt dt dt dt i d~p X ~ Fi , = dt i Da aber gilt ~ ◦′ d~r◦ dL ~ ◦′ . + × p~ = M dt dt bleibt davon übrig Der Drehimpulssatz gilt in der obigen Form nur, wenn der 2. Zusatzterm verschwindet, d~r◦ × p~ = 0, dt d.h. wenn gilt: a) ~r◦ = konst.; also wenn d~r◦ = 0 , d.h. der Bezugspunkt ist raumfest, dt d~rs r◦ b) d~ dt steht parallel zu p~, bzw. zu dt . Insbesondere kann ~r◦ = ~rs sein. Der Drehimpulssatz gilt in bezug auf jeden raumfesten Punkt, auf den Schwerpunkt und auf jeden beweglichen Punkt, der die gleiche Geschwindigkeit wie der Schwerpunkt hat. 9.2 Gleichgewichte starrer Körper Greifen an einem Körper die äusseren Kräfte F~1 , F~2 , . . . F~n mit den Angriffspunkten ~ ◦ = 0, wenn fol~r1 , ~r2 , . . . ~rn an, so kann er nur dann in Ruhe sein, d.h. p~ = 0 und L gende Gleichgewichtsbedingungen erfüllt sind: P~ Fi = 0 und i P i P ~ ~ri × F~i = M ◦i = 0, i wobei ◦ ein beliebiger Bezugspunkt ist, da im Gleichgewicht alle Punkte in Ruhe, d.h. raumfest sind. Für nicht-starre Körper sind diese Bedingungen nur notwendig aber nicht hinreichend für das Gleichgewicht, da trotz interner Bewegungen der Massenpunkte sowohl p~ wie auch ~ ◦ verschwinden können. L Beispiele: a) Bestimmung des Schwerpunktes eines starren Körpers: F~ ∗ ◦ und ◦′ seien zwei Punkte, in denen der Körper frei drehbar aufgehängt werden kann. Verglichen werden die beiden möglichen Gleichgewichtslagen. G muss in der Lotlinie, die entweder durch ◦ oder ◦′ geht, liegen, damit die Gleichgewichtsbedingungen erfüllt sind. S ist damit der Schnittpunkt der beiden Lotlinien. ~∗ F 6 6 ¡ ¡@ ¡q ◦′ @ ◦ q ¡q ◦′ @ ¡◦ q q q S ¡ S ~ ¡¡ ¡ ~ G G @ ¡ ? ? @ ¡ @¡ b) Bestimmung des Schwerpunktes eines langen Stabes: x N1 ¾ 6 1-¾ q eS ¾ j R1 A G ? x2 - N 2 6 Bj R2 Der Stab wird auf zwei bewegliche Lager A und B aufgelegt. Die beiden Auflager können dann gegeneinander verschoben werden, ohne dass Kippen eintritt. Schliesslich treffen sie im Schwerpunkt S zusammen. S soll sich nicht in vertikaler Richtung bewegen, also ist N1 + N2 = G. 96 Die Drehmomente werden auf den Punkt 0 bezogen, den Schnittpunkt der Wirkungslinien von R1 , R2 und G, der sich parallel zu S bewegt. Dann gilt N1 x1 = N2 x2 und es folgt N2 G x1 x2 + N2 = G → N2 = x1 x1 + x2 und N1 x1 G x2 + N1 = G → N1 = . x2 x1 + x2 Die beiden Kräfte R1 und R2 können entweder Haft- oder Gleitreibungskräfte sein. Nimmt man an, dass gilt µG ≈ µH = µ, dann folgt R1 ≤ µN1 = µG x2 , x1 + x2 R2 ≤ µN2 = µG x1 . x1 + x2 Ist z.B. am Anfang x1 < x2 , so ist im Lager B der Kraftwert, bei dem Gleiten einsetzen kann, niedriger als im Lager A. Also wird der Stab zunächst bei B gleiten und bei A haften, und zwar so lange, bis bei B die Gleitreibung grösser als bei A die Haftreibung geworden ist und der Stab bei A gleitet. Beide Lager treffen mit wechselndem Gleiten und Haften im Schwerpunkt S zusammen. c) Gleichgewicht einer schräg angestellten Leiter: R2 6Q Q N2 Q QQ QQ QQ QQ ℓ q QQ QQ QQ QQ QQ 6 G ? R1 Q QN1 α ¾Qr Es sei µ1 der Haftreibungskoeffizient des Bodens, µ2 derjenige der Wand. Die Gleichgewichtsbedingungen P~ P ~ Fi = 0 und M i◦ = 0 sind (Bezugspunkt R1 , N1 ) (1) N1 + R2 = G (2) N2 − R1 = 0 Gℓ (3) N2 ℓ sin α + R2 ℓ cos α − cos α = 0 2 wobei gilt R1 ≤ µ1 N1 ; R2 ≤ µ 2 N 2 . Den kritischen Anstellwinkel αk , bei dem Gleiten auftreten kann, bestimmt man aus den Bedingungen R1 = µ1 N1 und R2 = µ2 N2 . Aus (1) und (2) folgt dann N1 + µ2 N2 = G; N2 = µ1 N1 also N2 = Aus (3) berechnet man N2 ℓ sin αk + µ2 N2 ℓ cos αk = Gµ1 . 1 + µ1 µ2 Gℓ cos αk , 2 µ1 G µ1 µ2 G Gℓ cos αk . ℓ sin αk + ℓ cos αk = 1 + µ1 µ2 1 + µ1 µ2 2 cos αk 1 − µ1 µ2 µ1 sin αk + µ1 µ2 cos αk = (1 + µ1 µ2 ) und tan αk = 2 2µ1 also hängt nur von den Haftreibungskoeffizienten und nicht vom Gewicht G ab. 97 9.3 Drehimpuls- und Schwerpunktssatz für die ebene Bewegung starrer Körper Bei einer ebenen Bewegung bewegen sich alle Massenpunkte parallel zu einer Ebene, z.B. (x, y)-Ebene. Es gilt für alle: y viz = 0. Die Zahl der Freiheitsgrade beträgt 3, nämlich z.B. S ϕ 2 Koordinaten des Schwerpunktes und ein Drehwinkel ϕ für ys die Drehung um die z-Achse durch S. Wir interessieren uns daher nur für die x- und y-Komponenten der Kräfte, welche die x- und y-Bewegung des Schwerpunktes beschreiben xs x und die z-Komponente der Drehimpulsänderung ergeben. Man beachte, dass Lx als auch Ly von Null verschieden sind und sich auch ändern können. Sie interessieren uns aber nicht, weil Führungskräfte dafür sorgen, dass die Bewegung eben bleibt, d.h. viz = 0. Wir brauchen also die x- und y-Komponente der Vektorgleichung des Schwerpunktssatzes und die z-Komponente des auf den Schwerpunkt bezogenen Drehimpulssatzes. Während der Schwerpunktssatz direkt aus Kapitel 9.1 übernommen werden kann, lässt sich die z-Komponente des Drehimpuls→ → → v r ω satzes noch in eine spezielle, nur bei der ebenen Bewegung gültigen Form bringen. Dazu berechnen wir zunächst → S vs Lsz = → y → r [r~′ × v~′ ]z dM = und somit F d Damit wird ys S xs Z [r~′ × (~ω × r~′ )]z dM. Da ω ~ = ω~k, gilt ω ~ × r~′ = −ωy ′~i + ωx′~j → ω dM Z x h ³ r~′ × ω ~ × r~′ Lsz = ω ´i Z ³ z 2 ³ 2 = ω x′ + y ′ x′ + y ′ 2 ´ dM. 2 ´ (109) Es ist d2 = x′ 2 + y ′ 2 die kürzeste Entfernung, also der Abstand des Massenelements dM von der durch S führenden Drehachse. Wir definieren deshalb . Is = Z d2 dM das Trägheitsmoment (110) des Körpers bezüglich der Drehachse durch S. Is ist ein Geometriefaktor, der für einen homogenen Körper von dessen Form und der Lage der Drehachse bezüglich des Körpers abhängt. Mit Gl. (110) wird74 aus Gl. (109) Lsz = Is ω = Is · dϕ dt z-Komponente des Drehimpulses bei ebenen Bewegungen. (111) 74 In Analogie zum Impuls pz = m · vz . Vorsicht: Die Gleichung (111) gilt nur für die starre z-Komponente. In einer allgemeinen Vektorform von ~ s = Is ω ~ s steht i.a. nicht parallel zu ω Gl. (111) L ~ ist das Trägheitsmoment I ein Tensor und L ~ (vgl. Kap.9.8.1). 98 Zur Berechnung der z-Komponente des totalen Drehmoments bezüglich S ist es zweckmässig, die Kräfte F~i in Komponenten zu zerlegen, die parallel und senkrecht zur Drehachse stehen, also F~i = F~i|| + F~i⊥ . Wird ferner auf der Drehachse ein Punkt Qi eingeführt, der → → Fi relativ zu S durch den Vektor ~qi gegeben ist, so dass der VekFi tor d~i , der von Qi aus zum Angriffspunkt der Kraft F~i weist, senkrecht auf der Achse steht, so gilt r~′ i = ~qi + d~i . Qi . d→i Dann wird das auf S bezogene Drehmoment der Kraft F~i : → ³ ´ ³ ~ si = r~′ i × F~i = ~qi + d~i × F~ik + F~i⊥ M → qi ´ = ~qi × F~ik + ~qi × F~i⊥ + d~i × F~ik + d~i × F~i⊥ = ~qi × F~i⊥ + d~i × F~ik + d~i × F~i⊥ , S → ω Fi r→i Wirkungslinie denn wegen ~qi k F~ik ist ~qi × F~ik = 0. Da die ersten beiden Drehmomente senkrecht zur z-Achse stehen, liefert nur der letzte ~ si : Term einen Beitrag zur z-Komponente von M ´ ³ (112) Msiz = d~i × F~i⊥ = di⊥ Fi⊥ . z di⊥ ist also der Abstand der Wirkungslinie der Kraft Fi⊥ von der Drehachse. dLsz X Setzen wir Gl. (111) und Gl. (112) in = Msiz ein und beachten noch, dt i dass gilt ω = dϕ/dt, so erhalten wir als z-Komponente des Drehimpulssatzes Is d2 ϕ X dω = Is 2 = di⊥ Fi⊥ dt dt i die Bewegungsgleichung für ebene Drehungen um eine Schwerpunktsachse. Nur Kraftkomponenten ⊥ zur Drehachse ergeben Drehmomente. Zusammen mit der xund y-Komponente des Schwerpunktssatzes der translatorischen Bewegung 2 M d x2s = Fx dt 2 und M d y2s = Fy dt haben wir damit alle drei Gleichungen, die zur Beschreibung einer allgemeinen ebenen Bewegung (parallel zur xy-Ebene) notwendig sind. Das Trägheitsmoment ist hier eine Konstante und nicht von der Zeit oder von ω abhängig. 9.4 Rotation um eine raum- und körperfeste Achse (Satz von Steiner) B . → ω do → r → rs A dM → r Wir behandeln noch den Spezialfall einer Rotation um eine körper- und raumfeste Achse AB, die nicht durch den Schwerpunkt geht. ~r und ~rs werden vom Punkt ◦, der auf AB liegt, aus gerechnet. Die Geschwindigkeit eines Massenelementes dM ist ~v = ω ~ × ~r = ~vs + ω ~ × r~′ , S wobei gilt ~r = ~rs + r~′ 99 und ~vs = ω ~ × ~rs . Die reine Rotation um AB kann also auch als Translation mit der Geschwindigkeit ~vs und eine Rotation mit der Winkelgeschwindigkeit ω ~ um eine zu AB parallele Achse, die durch S geht, aufgefasst werden. ~◦ = Der Drehimpuls bezüglich ◦ ist einerseits L Z K ~r × (~ω × ~r) dM. . R Dessen Komponente parallel zu AB beträgt L◦z = I◦ ω, wobei I◦ = d2◦ dM als das K Trägheitsmoment bezüglich AB definiert ist und d◦ der Abstand des Massenelements dM von der Achse AB ist. Andererseits können wir den Drehimpuls bezüglich ◦ nach Gl. (108) in zwei Anteile zerlegen: ~ ◦ = ~rs × ~vs M + L ~ s = ~rs × (~ω × ~rs )M + L ~ s. L q ~ ◦ ist so L◦z = I◦ ω = (Is + M d2s )ω, mit ds = x2s + ys2 dem Die z-Komponente von L senkrechten Abstand des Schwerpunkts von der Drehachse ◦ [vgl Gl. 109)]. Es gilt also: I◦ = Is + M d2s Satz von Steiner75 . (113) Von allen Trägheitsmomenten für eine gegebene Achsenrichtung ist dasjenige bezüglich der Achse durch den Schwerpunkt am kleinsten. 9.5 Berechnung einiger Trägheitsmomente R Bei der Anwendung der Formel Is = d2 dM versucht man solche Massenelemente dM zusammenzufassen, die den gleichen Abstand d von der durch S gehenden Achse haben. 1. Homogener Zylinder bezüglich der Zylinderachse dM = ρdV = ρ2πr · dr · h dIs = 2πrhρr2 dr. R Is = 2πhρ ZR r3 dr = ◦ 1 2πhρR4 = M R2 , 4 2 M = πR2 hρ. 2. Homogener Hohlzylinder bezüglich der Zylinderachse Is = 2πhρ ZR2 r3 dr = R1 Is = 1 M (R12 + R22 ), 2 πhρ 4 (R2 − R14 ) 2 R2 R1 M = πhρ(R22 − R12 ). 75 Jakob Steiner 1796-1863 als Bauernsohn in Utzenstorf bei Bern geboren lernte erst mit 14 Jahren schreiben, verlässt mit 18 trotz Protest der Eltern den Hof, geht zu Pestalozzi nach Yverdon und unterrichtet nach 1 21 Jahren selbst Mathematik, studiert mit 22 in Heidelberg und ist dann Lehrer in Berlin an Privat-, Hilfs-, Ober- und Gewerbeschulen. 1832 erhält er den Dr.h.c. der Univ. Königsberg und wird 1834 a.o. Professor an der neugegründeten Univ. Bern für Mathematik, Geometrie und Kinematik. 100 3. Dünner homogener Stab in bezug auf eine Achse durch S, die senkrecht zum Stab steht ¾ ℓ q dIs = qρx2 dx - dx x- Is = 2qρ S x Zℓ/2 ◦ 2qρ x dx = 3 2 à !3 ℓ 2 = M ℓ2 , 12 M = qℓρ. 4. Dünne homogene Platte bezüglich einer Achse durch S, die senkrecht zur Platte steht ¢ ¢ ¢ b ¢ ¢ ¢ ¢ ¢ ¢¢ ¢ ¢ ¢ ¢¢ ¢¢ ′ ¢¢ S x ¢q ¢ ¢¢ S q ¢ ¢ ¢¢ ¢ ¢ ¢¢ ¢ ¢ ¢¢ a ¢ ¢ dx¢¢ ¢c dI s′ dIs b3 = dxcρ 12 b3 = dxcρ + dxcρbx2 12 Is = 2 Za/2 dIs = ◦ M 2 (a + b2 ), 12 M = abcρ. 5. Homogene Kugel mit dem Radius R bezüglich einer Achse durch den Mittelpunkt Z Z Z z 2 2 2 2 '$ I = (y + z )dM ; I = (x + z )dM ; I = (x2 + y 2 )dM ; 6 x y z dm R ~ r s @ * @ q© S © ¡ ¡ ¡ y ZR 6R2 2 R5 ¡ &% ª ¡ = M ; Ix = Iy = Iz = Is ; Is = M R 2 . 3Is = 2ρ r2 4πr2 dr = 8πρ x 5 ◦ 9.6 9.6.1 5 5 Beispiele zur ebenen Bewegung starrer Körper Würfel auf horizontaler Ebene Greift an der oberen Kante eines Würfels der Kantenlänge a eine horizontale Kraft F an, so sind folgende Bewegungszustände möglich: Haften, Gleiten, Kippen. a a ~ ~ N F 6 q S e ¾ ~ ~ ? G R - a) Damit der Würfel haftet, müssen folgende Gleichgewichtsbedingungen erfüllt sein: F = R; N = M g; N e = (R + F ) a2 → R = F = N ae . Die Wirkungslinie der Normalkraft geht also nicht durch den Schwerpunkt. Da R ≤ µH N = µH M g, ist der maximale Wert, den F = N ae = M g ae annehmen kann, so dass der Würfel gerade noch haftet, gegeben durch e Fmax = µH M g = M g a 1 für µH ≤ 0.5 und Fmax = M g 2 für µH > 0.5, denn e kann den Maximalwert a/2 nur erreichen, bevor der Würfel kippt. 101 b) Reines Gleiten (ohne Kippen) ist nur möglich, wenn N nicht schon am äussersten rechten Rand angreift, also nur für µH < 0.5. Dabei gilt wie im Fall a): a N e = M ge = (F + R) , 2 N = M g, also F = 2M ge − R. a Andererseits ist jetzt R = µG N = µG M g. Die Bewegungsgleichung des Schwerpunktes für die x-Richtung ist: M d2 xs = F − R. dt2 M à d2 xs dt2 ! max Die maximale Beschleunigung folgt mit e = a/2 aus µ ¶ 2M ga = Fmax − R = − R − R = M g(1 − 2µG ). 2a F 6 F = M g(1 − µG ) Mg H HH Kippen Die drei Bereiche der Bewegungen des Würfels auf einer horizontalen Ebene. Beim Kippen ist der Stützpunkt e = a/2 nicht raumfest und es gilt bezüglich dieses Punktes keine Drehimpulserhaltung. HH 1 Mg 2 F = 21 M g GleitenHHH © ©© F = M g µH © © Haften © © © 0.5 9.6.2 1 - µ Das physische Pendel Während das mathematische Pendel mit den Newtonschen Prinzipien allein behandelt werden konnte, würde diese Methode bei einem beliebig gestalteten starren Körper, der um eine horizontale Achse sich drehen kann, zu kompliziert werL den. Wir benutzen stattdessen den Drehimpulssatz. Es genügt die z-Komponente dieses Satzes, da die Bewegung wegen des fests gehaltenen Aufhängepunktes nur einen Freiheitsgrad hat. Wir ϕ S wählen den Auslenkwinkel ϕ als Koordinate. s sinϕ Die Bewegungsgleichung lautet also Mg I◦ d2 ϕ = −M g s sin ϕ. dt2 Das Minuszeichen erscheint, weil Drehmoment und Winkel ϕ entgegengesetzten Drehsinn haben. Für |ϕ| ≪ 1 gilt näherungsweise I◦ d2 ϕ + M gsϕ = 0. dt2 wobei ω = s 2 I◦ = Is + M s , M gs I◦ Die Lösung ist ϕ(t) = ϕ◦ cos(ωt − δ), bzw. T = 2π s I◦ . M gs s Nach dem Satz von Steiner gilt s s µ ¶ Is Is + M s 2 s 1 Is s+ . also T = 2π = 2π + = 2π M gs g M gs g Ms 102 Vergleicht man T mit der Schwingungsdauer eines mathematischen Pendels Tmath. s ℓ = 2π , g so kann man für ein physisches Pendel setzen Tphys. = 2π s ℓeff . g Is die effektive Länge des physischen Pendels. Ms Will man mit einem Pendel die Erdbeschleunigung messen, so muss ℓeff. bekannt sein. Mit Hilfe eines Reversionspendels kann diese auf elegante Weise bestimmt werden. Ein physisches Pendel habe zwei mögliche Aufhängepunkte O1 und O2 , deren Verbindungsgerade durch den Schwerpunkt S geht. Die entsprechenden Schwingungsdauern sind s s s s2 I Is 1 s O2 T1 = 2π + + und T2 = 2π . g M gs1 g M gs2 Dabei heisst S O1 s2 ℓeff. = s + g = 4π 2 s1 s21 − s22 T12 s1 − T22 s2 kann unabhängig von Is /M gemessen werden (Vergleiche die Analogie zum mathematischen Pendel). Wird s1 oder s2 so variiert, bis T1 = T2 = T, ⇒ g = s1,2 = ℓeff. ± 2 4π 2 4π 2 (s +s ) = ℓeff. , 1 2 T2 T2 v ! uà u ℓeff. 2 t 2 − Is , M T2 = ℓeff. = s1 +s2 , T2 T1=T2 Is 4π 2 s+ g Ms µ ¶ . s1 s2 s Ein physikalisches Pendel hat zwei verschiedene Abstände vom Schwerpunkt zum Aufhängepunkt ◦, die auf Kreisen um S liegen, mit jeweils gleicher Periode T (Satz von Viëta). Da sowohl der Abstand s1 + s2 der beiden Aufhängepunkte wie auch die Schwingungsdauer sehr genau gemessen werden können, kann mit dem Reversionspendel die Fallbeschleunigung präzise bestimmt werden. 9.6.3 Die widerspenstige Fadenspule Am inneren Zylinder der Spule greift die Kraft F des Fadens an. Je nach Neigung α des Fadens entfernt oder nähert sich die Spule. Es gelten folgende Bewegungsgleichungen: b Schwerpunktssatz a ϕ Mg F R x (114) d2 xs = F cos α − R (115) dt2 d2 ϕ Drehimpulssatz bezüglich S Is 2 = Rb − F a. (116) dt M N α 0 = M g − F sin α − N 103 Hier wie auch in den folgenden Beispielen vernachlässigen wir ω die beim Rollen immer auftretende, jedoch kleine Rollreibung. N Durch Unebenheiten und elastische Deformation der Unterlage µRo entsteht ein Rollreibmoment Mr , das die Drehung des rollenden Körpers verzögert. Empirisch findet man Mr = µR0 N, wobei µR0 , der Koeffizient der Rollreibung, im Gegensatz zu den dimensionslosen Zahlen µH und µG , die Dimension einer Länge hat. Bei der Lösung der Gleichungen (114)-(116) sind 3 Fälle zu unterscheiden: a) die Spule rollt ohne zu gleiten, b) die Spule gleitet ohne zu rollen, c) die Spule rollt und gleitet gleichzeitig. Fall a): Reines Rollen Der Auflagepunkt haftet für kurze Zeit, dann übernimmt ein Nachbarpunkt diese Funktion. Es ist RH ≤ µH N, also eine Ungleichung, so dass RH nicht durch N allein bestimmt wird. Dafür ist aber jetzt die Zahl der Freiheitsgrade gegenüber dem Fall b) um 1 erniedrigt, denn Drehwinkel dϕ und Verschiebung dxs des Schwerpunktes sind durch die Rollbedingung xs = b · ϕ ⇒ dxs = bdϕ (117) 2 2 miteinander verknüpft. Da aus Gl. (117) auch d x2s = b d ϕ folgt, enthalten die Gleichundt dt2 2 2 gen (114)-(116) nur die drei Unbekannten d xs /dt , N und R. Das Problem hat nur einen Freiheitsgrad. Aus Gl. (115) und Gl. (116) ergibt sich dann d2 xs F (cos α − a/b) = . 2 dt M + Is /b2 (118) Dabei muss F so gewählt werden, dass immer RH ≤ µH N gewährleistet ist. In Gl. (118) bestimmt cos α das Vorzeichen von d2 xs /dt2 . F~ Fall b): Reines Gleiten ­ Á #à ­ Ist speziell cos α = a/b, so verläuft die Wirkungslinie von F durch den ¶³ ­ ­ Auflagepunkt; es wirkt daher kein Drehmoment auf die Spule, sie kann sich ­ ­ µ´ ­ α nur gleitend bewegen, ohne zu rollen. "! 9.6.4 Rollen und Gleiten eines Zylinders auf schiefer Ebene Schwerpunkts- und Drehimpulssatz bezüglich S liefern die Bewegungsgleichungen #à y a º¤ N ¤º¤ ¤ ¤ X X y X XX ¤ X "! ¤X x XX X z R ? M g XXX X α X y-Komponente: 0 = M g cos α − N X M (119) d2 ϕ d2 xs = M g sin α − R (120) I = Ra. (121) s dt2 dt2 ~ s = 0 am Anfang möglich. Wir diskutieren wieder Ohne Reibung R ist kein Rollen mit L 2 Fälle: a) Reines Rollen Wir haben die Bedingung R ≤ µH N 2 2 , und die Rollbedingung xs = aϕ ⇒ d x2s = a d ϕ dt dt2 so dass R aus Gl. (120) und (121) eliminiert werden kann: 104 d2 xs g sin α = . 2 dt 1 + Is /M a2 Das Problem hat nur einen Freiheitsgrad. Mit den Anfangsbedingungen xs (0) = 0, vs (0) = 0 lautet die Lösung der Bewegungsgleichung [vgl. freier Fall] xs (t) = g sin α t2 . 2(1 + Is /M a2 ) Aus der Gleichung (120) oder (121) ergibt sich für die Haftreibungskraft à 1 1 d2 xs Is 2 2 = R = M g sin α 1 − a dt 1 + Is /M a2 ! = M g sin α Is . Is + M a 2 Handelt es sich speziell um einen Vollzylinder, so ist Is = M a2 /2, also R = 31 M g sin α, wobei R ≤ µH M g cos α sein muss. Reines Rollen ist somit nur dann möglich, wenn 1 M g sin α ≤ µH M g cos α, 3 also tan α ≤ 3µH . Die Rollzeit T , während der sich die Höhe des Schwerpunkts um den Betrag h ändert, ergibt sich aus h/ sin α = xs (t) zu g sin2 αT 2 , h = xs (T ) sin α = 2(1 + Is /M a2 ) 1 und T = sin α s µ ¶ Is 2h 1+ . g M a2 (122) Die Rollzeit ist somit länger als die entsprechende Gleitzeit für einen Massenpunkt, welche aus Gl. (122) für Is = 0 folgt. Die Ursache für diesen Unterschied werden wir mit der kinetischen Energie in Kapitel 9.7 diskutieren. Gleich schwere und gleich grosse Zylinder mit verschiedenen Trägheitsmomenten (z.B. Hohlzylinder T ′ und Vollzylinder T ′′ aus verschiedenen Materialien) haben verschiedene Rollzeiten T′ = T ′′ sµ ¶ µ ¶ I′ I ′′ 1+ s2 / 1+ s 2 . Ma Ma (123) Ähnliche Hohlzylinder, d.h. solche, deren innerer und äusserer Radius dasselbe Verhältnis besitzen, haben die gleiche Rollzeit. Für einen Hohlzylinder gilt nämlich à ! M 2 M a22 a2 Is = (a1 + a22 ) = 1 + 21 . 2 2 a2 Einsetzen in Gl. (123) ergibt T ′ = T ′′ . b) Rollen und Gleiten Ist der Neigungswinkel α der schiefen Ebene genügend gross, so wird die durch die Kraft M g sin α − R erzeugte Beschleunigung d2 xs /dt2 so gross, dass die durch das Drehmoment von R hervorgerufene Winkelbeschleunigung d2 ϕ/dt2 zu klein ist, um die Rollbedingung zu erfüllen. Der Zylinder gleitet und beginnt sich dabei zu drehen. Die Bewegung hat nun 2 Freiheitsgrade. Die Reibungskraft ist mit R = µG N = µG M g cos α bestimmt. Aus Gl. (120) und (121) folgt d2 xs = g(sin α − µG cos α), dt2 105 d2 ϕ µG M ga cos α = . 2 dt Is Unter Erfüllung der Anfangsbedingungen: xs (0) = 0; vs (0) = 0; ϕ(0) = 0; ω(0) = 0 lauten die Lösungen vs (t) = g(sin α − µG cos α) t, ω(t) = µG M ga cos α t, Is ϕ(t) = g xs (t) = (sin α − µG cos α) t2 2 µG M ga cos α 2 t. 2Is Speziell für einen Vollzylinder mit Is = M a2 /2 wird ω(t) = 2µG gacos α t. Würde dieser Zylinder rollen ohne zu gleiten, würde die Rollbedingung ω ′ (t) = g(sin α − µG cos α)t vs (t) = a a verlangen, dann wäre ω′ 1 = (tan α−µG ). ω 2µG Da tan α > 3µG , so ist ω ′ > ω, d.h. der Zylinder dreht sich zu langsam, um rein rollen zu können. 9.6.5 ´ ´ ´ α Aufsetzen eines rotierenden Zylinders auf eine schiefe Ebene N #à x J ] @ R 3́ aJ ´ 3́ ´ ´ ϕJJ´ ´ R "! ´ ´ ´ ? Mg Die Bewegungsgleichungen lauten 0 = M g cos α − N M d2 xs = R−M g sin α (125) dt2 Is (124) d2 ϕ = −Ra. (126) dt2 Wird der Zylinder zur Zeit t = 0 so aufgesetzt, dass die Anfangsbedingungen vs (0) = 0, ω(0) = ω◦ gelten, so wird er zunächst gleiten, es gilt also R = µG N = µG M g cos α. Aus Gl. (125) und Gl. (126) folgt dann d2 ϕ µG M ga cos α =− . 2 dt Is d2 xs = g(µG cos α − sin α), dt2 Unter Berücksichtigung der Anfangsbedingungen liefert die Integration: vs (t) = g(µG cos α − sin α)t, ω = ω◦ − µG M ga cos α t. Is Wenn µG > tan α, so bewegt sich der Zylinder die schiefe Ebene hinauf; im Falle µG < tan α bewegt er sich abwärts. Für den speziellen Fall tan α = µG verschwindet vs . Der Zylinder rotiert an der Aufsatzstelle, ohne sich fortzubewegen. Diese Lösungen sind nur bis zum kritischen Zeitpunkt Tk gültig, wenn der Zylinder so stark abgebremst wurde, dass die Rollbedingung vs (Tk ) = aω(Tk ) erfüllt werden kann und der Zylinder danach nur noch rollt ohne zu gleiten, wie im vorigen Beispiel diskutiert wurde. Setzen wir vs und ω in die Rollbedingung ein, ergibt sich µ g(µG cos α − sin α)Tk = a ω◦ − Daraus folgt Tk = ¶ µM ga cos α Tk . Is aω◦ . g(µG cos α − sin α) + µG M ga2 cos α/Is 106 Speziell für einen Vollzylinder wird v 6 Q Q a·ω Q Q Q Tk = Q Die zugehörige kritische Winkelgeschwindigkeit ist ©P P P v s ©© P P © © ©© © ωk = ω◦ - Tk 9.7 aω◦ . g(3µG cos α − sin α) t ! à 2µG . 1− 3µG − tan α Die kinetische Energie bei ebener Translation und Rotation Ein Körper der Masse M führe eine ebene Bewegung aus, d.h. alle Geschwindigkeiten (und auch ~vs des Schwerpunktes) liegen parallel zu einer xy-Ebene und der Winkelgeschwindigkeitsvektor ω ~ steht senkrecht zur Ebene. Die Geschwindigkeit eines beliebigen Massenelements dM ist dann ~v = ~vs + ω ~ × r~′ , und seine kinetische Energie ist → ω .r z → v → r → S i dM 2 dM h 2 v = vs + 2~vs (~ω × r~′ ) + (~ω × r~′ )2 . 2 2 Es ist |~ω × r~′ | = ωr′ sin ϕ = ωr⊥ , also 2 (~ω × r~′ )2 = ω 2 r⊥ , r⊥ ist der Abstand des Elements dM von der Drehachse. Die totale kinetische Energie wird mit Integration über den ganzen Körper: dM ϕ y dT = vs Z 1 Z 2 1 dM ~ × r~′ dM ) + ω 2 r⊥ T = M vs2 + ~vs ( ω 2 2 x R Der mittlere Term verschwindet, weil r~′ dM = 0 auf Grund der Definition des Schwerpunktes. Im 3. Term stellt das Integral das Trägheitsmoment dar. Wir haben somit: T = 12 M vs2 + 12 Is ω 2 die kinetische Energie bei der ebenen Bewegung. Es gilt E-Erhaltung konservativer Kräfte: TT rans + TRot + V = Etot = konst. Rotiert der Körper speziell um eine starre Achse im Abstand d von S, so ist vs = ωd, also nach dem Satz von Steiner T = M 2 2 Is 2 I◦ 2 ω d + ω = ω . 2 2 2 Im allgemeinen Fall kann die kinetische Energie in einen Translationsanteil TT und einen Rotationsanteil TR zerlegt werden. Für den letzteren gilt mit dϕ = ωdt µ ¶ dω 1 dTR = d Is ω 2 = Is ω dt = Msz dϕ, 2 dt denn Msz = Is dω ist die z-Komponente des Drehmomentes bezüglich S. Also folgt durch dt Integration R2 (TR )2 − (TR )1 = Msz dϕ. 1 107 Die Änderung des Rotationsanteils der kinetischen Energie ist gleich der Arbeit jener Kräfte, die bezüglich des Schwerpunktes ein Drehmoment ausüben. Die Änderung von TT rührt offenbar von jenen Kräften her, welche nur die Translation des Körpers beeinflussen. Insgesamt muss natürlich wieder der Energiesatz der Mechanik in der Form (TT + TR )2 − (TT + TR )1 = W1→2 von Kapitel 4.2 gelten. Zur Veranschaulichung betrachten wir das Beispiel des rolX y lenden Zylinders auf der schiefen Ebene, der aus der Ruhe ¤ XX XX #à X XXX ¤ z¤ starten möge und eine Strecke ℓ hinabrollt. Für die Rotatiℓ a ¤qº¤ N onsbewegung lautet die Energiebilanz ¤ ¤º¤ y ¤ X X y X Z Z X¤ "! x XX ¤XXX 1 ¤ R hX z 6 ? M g XXX X M dϕ = Ra dϕ = Raϕ = Rℓ = Is ω 2 , sz X α ¤ 2 ? X wobei wir die Rollbedingung aϕ = ℓ benutzt haben. Für die Translationsbewegung gilt Z 1 (M g sin α − R)dx = (M g sin α − R)ℓ = M v 2 . 2 1 1 M v 2 + Is ω 2 = M gℓ sin α = M gh, (127) 2 2 im Einklang mit dem Energieerhaltungs-Satz. Das Ergebnis dieser Überlegungen: die Arbeit der Haftreibung R ist herausgefallen! Die Haftreibung ist keine dissipative Kraft, d.h. sie wandelt nicht mechanische Energie in Wärme um. Die bei der Translationsbewegung verloren gegangene Energie wird bei der Rotation vollständig zurückgewonnen. Die Haftreibung transformiert nur eine Form der mechanischen Energie in eine andere. Gleichung (127) erklärt, warum ein Hohlzylinder, der gleiche Masse und Dimension wie ein Vollzylinder, aber ein grösseres Trägheitsmoment hat, zum Abrollen von der schiefen Ebene eine längere Zeit braucht. Eine Variante dieses Versuches ist das Abrollen eines Zym linders an einem senkrechten Faden. Energieerhaltung: 6 6 6 z1 à à !2 !2 z2 M dz I dz 1 m ? 1 s 1 h M gh = + + M g(h − z1 ), 2 dt 2 R2 dt Addition beider Gleichungen liefert: ? m m? v=0 wobei Is = Folglich wird die Fallzeit T1 = Zs1 ◦ M 2 R 2 gilt und damit | dzdt1 | = dz1 q 4 gz1 3 = s 3 s1 g M Für den frei fallenden Zylinder gilt M gh = 2 q dz2 | = 2gz2 | dt und T2 = Zs2 ◦ à 4 gz1 . 3 für die Fallstrecke s1 . dz2 dt !2 dz √ 2 = 2gz2 + M g(h − z2 ), s 2 s2 . g Für gleiche Fallzeiten verhalten sich die Fallstrecken wie s1 /s2 = 2/3. 108 q 9.8 9.8.1 Eigenschaften des Kreisels Trägheitstensor und Eulersche Kreisel-Gleichungen † Auf Grund der formalen Ähnlichkeit von Impuls- und Drehimpulssatz, also von ~◦ dL d~p ~ ◦, = F~ und =M dt dt könnte man vermuten, dass der Beziehung p~ = m~v ein ähnlicher Zusammenhang zwischen ~ und ω L ~ bei der Rotation entspricht. Das ist aber im allgemeinen nicht der Fall. Die Beziehung L◦z = I◦ ω gilt nur für ebene Bewegungen. Wird ein Punkt ◦ eines starren Körpers festgehalten, dann nennt man die Bewegung um ◦ eine Kreiselung. Sie besitzt drei Rotationsfreiheitsgrade, die jedoch wesentlich komplizierter sind als drei reine Translationsfreiheitsgrade. Die Schwierigkeiten mehrerer Rotationsfreiheitsgrade haben folgende Gründe: 1. Es gibt keine Koordinaten, deren Ableitungen direkt Geschwindigkeiten darstellen, wie bei den Translationen. Drehungen sind Pseudovektoren (axiale Vektoren), deren Reihenfolge nicht wie bei polaren Vektoren vertauscht werden kann. 2. Die Trägheitsmomente hängen von der Achsenwahl ab. Ändert die Achse mit der Zeit die Richtung, so wird I = I(t), während in Analogie für Translationen die Masse m konstant ist. ~ 6= I~ω , da L ~ im allgemeinen nicht die Richtung 3. Für Drehungen gilt im allgemeinen L von ω ~ hat. Das Trägheitsmoment muss daher durch einen Tensor 76 I dargestellt ~ = I~ω . werden, so dass gilt L Im folgenden wird der Trägheitstensor rein buchhalterisch für Schreibfaule eingeführt, wobei die Rechenregeln in der Matrizendarstellung zwanglos einsichtig sind. ~ 6= I~ω , ist die Hantel, deren Mitte mit einer vertikalen Ein Beispiel der Aussage L Achse verbunden ist, die mit ω ~ rotiert. 76 Tensoren sind physikalische Objekte, die durch ihr Transfomationsverhalten definiert sind. Skalare sind Tensoren 0. Stufe. Vektoren sind Tensoren 1. Stufe. Tensoren 2. Stufe, wie das Trägheitsmoment können im einmal gewählte Koordinatensystem durch eine n × n Matrix (ein Zahlenschema) dargestellt werden. Man bildet aus Vektoren einen Tensor durch das Axx Axy Axz ax bx ax by ax bz dyadische Produkt A = ~a ⊗ ~b = ay bx ay by ay bz = Ayx Ayy Ayz Azx Azy Azz az bx az by az bz Es gilt ~a(~b · ~c) = (~a ⊗ ~b)~c, beachte jedoch: ~a(~b · ~c) 6= (~a · ~b)~c. Der Einheitstensor ist . 1 0 1I = 0 1 0 0 0 0 1 Man führt den Tensor auch oft mit der Bedingung ~a(~b · ~c) = (~a ⊗ ~b)~c ein; dann ist die Multiplikationsvorschrift ⊗ definiert und ~a ⊗ ~b stellt einen Tensor 2.Stufe dar. Ein allgemeiner Tensor p-ter Stufe ist durch das mehrfache Produkt von p vektoriellen Faktoren gegeben. Vergleiche die bisher bekannten Verknüpfungen von zwei Vektoren durch das Skalarprodukt und das Vektorprodukt. 109 Die Hantel ist um den Winkel α gegen diese Drehachse ~ ◦ der Hantel bezüglich ◦ ist geneigt. Der Drehimpuls L dL o dϕ ~ L◦ = ~r1 × p~1 + ~r2 × p~2 , oder wegen −~r2 = ~r1 = ~r und ~ ◦ = 2(~r × p~) = 2m(~r × ~v ). L ~ ◦ dreht sich −~p2 = p~1 = p~ ist L m → → ω → → Lo α mit der Winkelgeschwindigkeit ω ~ auf einem Kegelmantel p 1=p ~ ◦| ; L ~ ◦ und → → um ω ~ mit dL◦ /dt = L◦ sin α dϕ/dt = |~ω × L . r1=r → r2 ω ~ stehen also nicht parallel zueinander. Diese Bewegung → p2 ist nur möglich mit einem äusseren z.B. durch Lagerkräfte m aufgebrachten Drehmoment ~ ◦ = dL~ ◦ = ω ~ ◦ ; ohne Lagerkräfte dreht die Hantel M ~ ×L dt ~◦ k ω ~ ◦ = 0 wird. bis L ~ steht und M ~ ◦ und ω Wir wollen jetzt einen allgemeinen Zusammenhang zwischen L ~ finden und dann mit Hilfe des Drehimpulssatzes Bewegungsgleichungen, die Eulerschen Kreiselgleichungen, aufstellen, die für die Kreiselbewegung gelten, d.h. für Bewegungen eines starren Körpers, von dem ein Punkt fest gehalten wird. Wenn bei einer Kreiselung ein Punkt des Körpers im Raume fest bleibt, dann kann dieser Punkt ◦ als raum- (~ri ) und körperfester (~ri′ ) Ursprung gewählt werden. Es ist dann ~ri = ~ri′ und die Zeitabhängigkeit steckt im raumfesten System in den Komponenten von ~ri und im körperfesten System in den Basisvektoren ~i′ , j~′ , k~′ von ~ri′ . Es gilt nach der ~ ◦i = mi ~ri × (~ω × ~ri ) und damit für Definition des Drehimpulses für einen Massenpunkt L → 77 n Massenpunkte ~◦ = L n X 1 ~ ◦i = L n X 1 mi ~ri × (~ω × ~ri ) = n X 1 mi [ri2 ω ~ − (~ri · ω ~ )~ri ] (128) oder für einen ausgedehnten Körper ~◦ = L Z ~r×~v dm = Z ~r×(~ω ×~r) dm = Z 2 [r ω ~ −(~r·~ω )~r] dm = Z [r2 ω ~ −(xωx +yωy +zωz )~r] dm Hier hängt ω ~ in der Summe nicht von i und im Integral nicht von der Massenverteilung ab. Es besteht jetzt das mathematische Problem, wie man ω ~ aus der Summe herausziehen ~ ◦ = I◦ ω kann oder vor das Integral stellen kann, um so die Beziehung L ~ aufstellen und den Trägheitstensor I◦ berechnen zu können. Dazu berechnet man die drei Komponenten des Drehimpulses78 L◦x = ωx L◦y = ωy L◦z = ωz Z | Z | Z | 2 2 (y + z ) dm −ωy {z } Ixx 2 2 (x + z ) dm −ωx {z } {z } Iyy (x2 + y 2 ) dm −ωx Izz Z | Z | Z | yx dm −ωz {z Cyx } xy dm −ωz {z } {z } Cxy xz dm −ωy Cxz Z | Z | Z | zx dm {z Czx } yz dm {z } {z } Cyz yz dm Cyz Die Trägheitsmomente I in den obigen Gleichungen sind in Analogie zum Trägheitsmoment der ebenen Bewegung definiert. Die übrigen nichtdiagonalen Terme C werden 77 78 Beachte hier die Vektoridentität ~a × (~b × ~c) = (~a · ~c)~b − (~a · ~b)~c. Man erhält natürlich das gleiche Ergebnis, wenn man direkt das dreifache Vektorprodukt ausrechnet. 110 als Deviationsmomente bezeichnet. Für alle drei Komponenten erhält man so in einer buchhalterischen Anordnung79 L◦x =Ixx ωx −Cxy ωy −Cxz ωz +Ixx −Cxy −Cxz ωx ~ ◦ = I~ω = L◦y =Iyy ωy −Cyz ωz −Cyx ωx ⇒ L −Cyx +Iyy −Cyz ωy L◦z =Izz ωz −Czx ωx −Czy ωy −Czx −Czy +Izz ωz R R R (y 2R+ z 2 ) dm R − xy dm − R xz dm (x2R+ z 2 ) dm R − yz dm I = − R yx dm 2 2 − zx dm − zy dm (x + y ) dm (129) (130) Jede Komponente des Drehimpulses ist eine lineare Funktion von allen Komponenten der Winkelgeschwindigkeit ω ~ .80 Der Trägheitstensor I ist symmetrisch, d.h. es ist Cij = Cji und es lässt sich ein körpereigenes Koordinatensystem S ′ mit den Einheitsvektoren ~e1 , ~e2 , ~e3 finden, in dem alle Deviationsmomente Cij verschwinden und nur noch die diagonalen Trägheitsmomente Iii der Hauptachsen übrigbleiben (Beweis in der theoretischen Physik). Die Hauptachsen fallen oft mit den Symmetrieachsen eines Körpers zusammen. Es gilt dann mit den Abkürzungen I11 = I1 , I22 = I2 und I33 = I3 für ein Hauptachsensystem ~ ◦ = I1 ω1~e1 + I2 ω2~e2 + I3 ω3~e3 L (131) ~ ◦ nicht parallel zu ω Auch im Hauptachsensystem ist L ~ , da (ausser für eine homogene Kugel) I1 6= I2 6= I3 ist. Bildet man mit Gl.(129), die für ein raumfestes Koordinatensy~ ◦ = dL~ ◦ , dann sind die Komponenten stem hergeleitet wurde, die Bewegungsgleichung M dt ~ ◦ wird kompliziert, es des Trägheitstensors zeitabhängig I = I(t) und der Drehimpuls L treten jedoch im raumfesten System keine Scheinkräfte auf. Im körperfesten und damit bewegten Hauptachse-System ist der Trägheitstensor diagonal81 und der Drehimpuls ist einfach entsprechend Gl.(131); es müssen dann jedoch im rotierenden System Scheinkräfte eingeführt werden. Das Hauptachsensystem dreht sich mit der Winkelgeschwindigkeit ω ~ 79 Die Multiplikation eines Tensors A, der durch die 3×3 Matrix dargestellt wird, mit den drei Komponenten des Vektors wird mit den üblichen Regeln der Matrizenmultiplikation durchgeführt: X X X XX A~r = Axl rl~i + Ayl rl~j + Azl rl~k = Ail rl~ei = r~′ l l i l l Rezept: Multipliziere die einzelnen Zeilen-Terme der Matrix mit den Spalten-Termen des Vektors. Mit den Tensorrechenregeln (siehe die zwei der vorhergehenden Fussnoten) kann die Detailrechnung mit allen einzelnen Komponenten von Gl. (128) bis (130) in zwei Zeilen elegant abgeleitet werden: 80 ~◦ = L n X 1 mi [ri2 ω ~ − (~ri · ω ~ )~ri ] ~◦ = L n X 1 mit ~a(~b · ~c) = (~a ⊗ ~b)~c und ~u = s~b = s1I~b ist n X ~ = I~ ω. mi (ri2 1I − ~ri ⊗ ~ri )] ω mi [ri2 1I~ ω − (~ri ⊗ ~ri )~ ω] = [ 1 | 81 {z =I } Als ein einfaches Beispiel sei der Trägheitstensor eines zweiatomigen Moleküls (H2 , N2 , O2 ) im körperfesten Hauptachsensystem berechnet: 111 gegenüber dem raumfesten System. L. Eulers82 Idee war, die Vorteile zu kombinieren und ~ ◦ im die Nachteile zu unterdrücken. Die zeitliche Ableitung dtd wird mit dem einfachen L ~ L◦ ~ ◦ und im körpereigenen beschleunigten Relativsystem Hauptachsensystem also ddt =M mit Gl.(88) d d′ = +ω ~× dt dt gebildet: ~◦ ~◦ dL d′ L ~◦ = +ω ~ ×L dt dt und d′ ω ~ d~ω d′ ω ~ = = + |ω ~× ω ~ {z } dt dt dt =0 Für das körperfeste Hauptachsensystem ist I =konst. keine Funktion der Zeit und ′ ~ = ω1~e1 + ω2~e2 + ω3~e3 damit ddtI1 = 0 und es folgt mit Gl.(131) sowie ω ~◦ d′ L d′ (ω1~e1 ) d′ (ω2~e2 ) d′ (ω3~e3 ) d′ ω1 d′ ω2 d′ ω3 = I1 + I2 + I3 = I1 ~e1 + I2 ~e2 + I3 ~e3 , dt dt dt dt dt dt dt ′ ~e1 = 0 (analog für ~e , ~e ) und es folgt im körperfesten System ruht ~e1 , damit ist ddt 2 3 ′~ ~ ~ ◦ = I1 dω1 ~e1 + I2 dω2 ~e2 + I3 dω3 ~e3 + ω ~◦ ~ ◦ = dL◦ = d L◦ + ω ~ ×L ~ ×L M dt dt dt dt dt ~ ◦ im Hauptachsensystem z.B. für die 1-Komponente ist Die Komponente von M M1 = I 1 dω1 + (ω2 L◦3 − ω3 L◦2 ) und mit L◦2 = I2 ω2 , L◦3 = I3 ω3 ⇒ analog für M2 , M3 dt 1 M1 = I1 dω dt − (I2 − I3 )ω2 ω3 2 M2 = I2 dω dt − (I3 − I1 )ω3 ω1 die Eulerschen Gleichungen im körperfesten Hauptachsensystem 123 (132) 3 M3 = I3 dω dt − (I1 − I2 )ω1 ω2 9.8.2 Der kräftefreie rotationssymmetrische Kreisel ~ ◦ = 0. Er kann im SchwereAuf einen kräftefreien Kreisel wirkt kein Drehmoment M feld realisiert werden, indem man ihn im Schwerpunkt aufhängt, der raumfeste Punkt 6 2 i=1 u 82 d ¢ ¢ ¢® 3 ¢ ¢ d i=2 u 1 2 2 2 r11 = −d, r12 = 0, r13 = 0, ri2 = ri1 + ri2 + ri3 r21 = +d, r22 = 0, r23 = 0, P P P 2 mP mi ri1 ri2 −P mi ri1 ri3 i (ri − ri1 ri1 ) P− 2 mP mi ri2 ri3 I = − P mi ri2 ri1 i (ri − ri2 ri2 ) P − mi ri3 ri1 − mi ri3 ri2 mi (ri2 − ri3 ri3 ) 0 0 0 I = 2m 0 d2 0 und I1 = 0, I2 = 2md2 , I3 = 2md2 . 0 0 d2 Leonard Euler (1707-1783) in Basel geboren, der Vater war Pastor in Riehen, studierte in Basel Theologie und dann Mathematik und Physik. 1727 erhielt er in der St. Petersburger Akademie die Stelle eines mathematischen Adjunkts, er erblindete 1735 auf dem rechten Auge, wurde 1741 Direktor der Akademie in Berlin, erblindete 1766 in Petersburg vollständig. Er war ein Anhänger der Wellentheorie des Lichtes, sein klassisches Werk populärer Wissenschaft: “Lettres à une Princesse d’Allemagne”. 112 ◦ ist dann gleich dem Schwerpunkt S, oder eine kardanische Aufhängung wählt83 . Bei Rotationssymmetrie ist im körpereigenen System I1 = I2 = I und die 3-Achse ist die Figurenachse durch den Schwerpunkt. dL◦ s Mit Gl.(132) und dL 3 dt = Ms = dt = M◦ = 0 ist 1 0 = I dω | I1 dtd · · · dt − (I − I3 )ω2 ω3 3 2 − (I − I)ω ω S=o 0 = I dω 3 3 1 S dt dω dω 3 3 2 0 = I3 dt − (I − I)ω1 ω2 = I3 dt ⇒ ω3 = konst 1 Kombiniert man wie angegeben die beiden ersten Gleichungen, dann erhält man 0= d2 ω1 I − I3 dω2 (I − I3 )(I3 − I) ω3 = ω̈1 − ω1 · ω32 = ω̈1 + ω1 · ω◦2 . − 2 dt I dt I ·I (133) Dies ist eine Schwingungsgleichung mit der konstanten Frequenz ω◦ = (I3I−I) ω3 und den Lösungen ω1 = c · sin(ω◦ t − δ) sowie mit der 1. Gleichung ω2 = −c · cos(ω◦ t − δ). 2 Im körperfesten System ist ω12 + ω22 = ω⊥ = c2 . Figurenachse 3 → ω1 und ω2 sind die Komponenten eines Vektors ω⊥ , der Gangpolω in der senkrecht zur 3-Achse stehenden Ebene mit der kegel ω→3 → Winkelgeschwindigkeit ω◦ rotiert. Da ω ~ =ω ~ ⊥ +ω3~e3 gilt, ω ist auch |~ω | =konst. Somit muss sich ω ~ auf einem Kegel, dem Gangpolkegel, um die Figurenachse drehen. Ist → ω2 ω1 = ω2 = 0 und damit ω ~ = ω3 =konst, dann bleibt der → Kreisel in der Figurenachse stehen (ruhender Kreisel). ω1 2 ~ s =konst. Im raumfesten System ist der Drehimpuls L 1 c Man wählt daher zweckmässig die " korperfestes ~ s = I1 ω1~e1 + I2 ω2~e2 + I3 ω3~e3 ; System z-Achse ↑↑ L I hat im körperfesten Hauptachsensystem nur Diagonalelemente. Die 3-Komponente des Drehimpulses ist Ls3 = I3 ω3 = Ls cos ϑ =konst. Man beobachtet folgende Bewegungen der einzelnen Axialvektoren: z ~ dreht auf dem Gangpolkegel um die Figurenachse 3 im 3 ω körperfesten Hauptachsensystem. Die Figurenachse 3 dreht unter dem konstanten Winkel ϑ um die raumfeste z-Achse (Nutationskegel). Wie bewegt sich ω ~ Nutations- → Ls kegel inbezug auf die raumfeste z-Achse? Ls3 ϑ Aus der Energiebetrachtung Gl.(137) ~ s = 1 ωz Lz =konst, ~ Is ω ~ = 21 ω ~ ·L Trot = 12 ω 2 raumfestes System muss mit Lz = Ls =konst auch ωz =konst gelten, damit läuft ω ~ auf einem Kegel um die z-Achse (Rastpolkegel). Wir überzeu­ Á¤º CO ~ s, ω gen uns, dass dann alle drei Vektoren L ~ und ~e3 =3-Achse in ­¤ C ­ ¤ C jedem Moment in einer Ebene liegen. Es ist ja ~s C ­ ¤L ~ Ls = I(ω1~e1 + ω2~e2 ) + I3 ω3~e3 = I~ω⊥ + I3 ω3~e3 = ­ ¤ ­ Á CO ¤ ­ = I(~ω − ω3~e3 ) + I3 ω3~e3 = I~ω + (I3 − I)ω3~e3 . C ¤ ­ ~ s liegt in der durch die KomponentenvekDer Summenvektor L (I3 − I)ω3~e3 C ¤ ­ I~ω C¤­ toren ω ~ und ~e3 aufgespannten Ebene. 83 ~ am Schwerpunkt angreift. Ein Diskus fliegt frei von Drehmomenten, da die Schwerkraft G 113 Nutationskegel z → Ls Rastpolkegel Da die relative Lage der drei Vektoren sich nicht ändert, bleibt als einzig mögliche Bewegung die Drehung dieser Ebene um die raumfeste Ls - Richtung übrig. Da sich 3 aber ω ~ schon um die Figurenachse dreht und sich beide ω→ ~ s -Achse drehen, haben wir folgendes Resultat um die L für die Bewegung des symmetrischen Kreisels 84 : Gangpolkegel a) ω ~ dreht sich um Ls auf dem raumfesten Rastpolkegel. prolater Kreisel I1 = I2 > I3 z 3 Nutationskegel Gangpolkegel b) ω ~ dreht sich um die Figurenachse 3 auf dem körperfesten Gangpolkegel. Rastpolkegel c) Beide Kegel rollen aufeinander ab, ω ~ bildet die gemeinsame Mantellinie. → ~ s auf dem raumfed) Die Figurenachse dreht sich um L ω sten Nutationskegel. → Ls oblater Kreisel I1 = I2 < I3 9.8.3 Je nach Anfangsbedingungen ist natürlich auch der Spezialfall möglich, dass die ω ~ -Drehachse und die Figurenachse mit der Richtung des raumfesten Drehimpulses zusammenfallen. Stabilität der Drehachse für Körper ohne Rotationssymmetrie Die Stabilität eines Systems z.B. im Schwerefeld kann untersucht werden, indem man kleine Auslenkungen aus der Gleichgewichtslage untersucht und die resultierende Bewegungsgleichung näherungsweise aufstellt. Die Bewegungsgleichung ist dann vom Typ ẍ + a2 x ≈ 0. Mit a2 > 0 erhält man eine Lösung x(t) ≈ cos at), x(t) bleibt endlich ist also stabil. Mit a2 < 0 ist x(t) ≈ eat und x(t) → ∞, die Lösung ist labil. stabil indifferent labil Allgemein ist für eine kräftefreie Bewegung mit ~ ◦ = 0 und I1 6= I2 6= I3 im Hauptachsensystem. Dreht sich der Körper bei Stabilität M praktisch nur um eine Hauptachse, dann ist ω1 ≈ ω2 ≈ 0 und ω3 6= 0 und die Eulerschen Gleichungen GL. (132), wenn der quadratisch kleine Term ω1 ω2 vernachlässigt wird, sind ω̇1 − I2 − I3 ω2 ω3 = 0, I1 ω̇2 − I3 − I1 ω3 ω1 = 0, I2 ω̇3 − I1 − I2 ω1 ω2 = 0 I3 | {z } ≈0 ⇒ ω3 = konst. Durch Differenzieren der ersten beiden Gleichungen und Einsetzen erhält man für ω1 und ω2 die Schwingungsgleichungen I2 − I3 I3 − I1 2 ω3 ω1 = 0 I1 {z I2 } | 2 a ω̈1 − und I3 − I1 I2 − I3 2 ω3 ω2 = 0 I2 {z I1 } | 2 a ω̈2 − 3 I3 −I1 stabil für a2 > 0 ⇒ I2I−I < 0, es muss dann I3 das grösste oder das kleinste I2 1 Trägheitsmoment um die Hauptachse 3 sein. 84 Die Figuren beschreiben einen prolaten Kreisel (I1 = I2 > I3 ), bei dem der Rastpolkegel ausserhalb auf dem Gangpolkegel läuft, und einen oblaten Kreisel (I1 = I2 < I3 ), bei dem der Rastpolkegel innerhalb des Gangpolkegels läuft. 114 instabil für a2 < 0 ⇒ I1 < I3 < I2 führt ω1 exponentiell von einer zunächst reinen Rotation um die Hauptachse 3 weg ins Torkeln. Die Hauptachsen mit dem grössten und dem kleinsten Trägheitsmoment sind stabile Drehachsen. Anschauliche Betrachtung dieser Stabilitätsbedingungen: Bei gleicher kinetischer Rotationsenergie 12 Iω 2 entspricht die Rotation um die Hauptachse mit dem maximalen (minimalen) Trägheitsmoment dem minimalen (maximalen) ω, d.h. ω kann bei erhaltener Energie der Rotation nicht mehr in beide Richtungen verändert werden. Ein anderes Stabilitätsbeispiel ist das Problem des Lassowerfers: Das Lasso klappt beim Drehen zu einem Stab zusammen, da das Trägheitsmoment für den Stab mit der 1 Länge ℓ kleiner ist als für einen Kreis mit dem Umfang 2ℓ also IStab = 12 mℓ2 < IKreis = 1 mℓ2 . Man muss deshalb beim Lassowerfen die Anfangsbedingungen besser wählen und π2 das Lasso steifer machen. 9.8.4 z 6 Symmetrischer Kreisel im Schwerefeld (Präzession) ~◦ ~rs k ω ~ kL µ ¡@¡¡ @ @ µ ¡ ¡ @¡ α¡~rs G ~ ? c ¡ Wir kehren zum symmetrischen Kreisel zurück. Der Kreisel sei jetzt aber nicht mehr im Schwerpunkt unterstützt, so dass das Gewicht ein ~ ◦ = ~rs × G ~ ausübt und folglich L ~ ◦ nicht mehr konstant Drehmoment M ist. Die daraus resultierende Bewegung der Drehimpulsachse nennt man Präzession. Zur Vereinfachung nehmen wir an, die Figurenachse, Drehachse und Drehimpulsachse fallen zusammen und ~rs liege in der Figurenachse. ~◦ k ω Es ist also L ~ k ~rs . Ferner sei ω3 sehr gross85 . Dann sind wir nicht mehr auf die Euler-Gleichungen angewiesen, ~ ~ ◦ = ~rs × G ~ = dL◦ sondern können den Drehimpulsatz M dt bq ª ~◦ L ? ~◦ dL ? ~◦ M → → ωp dL o → Lo α benützen. ~ ◦ senkrecht zu L ~ ◦ aber parallel zu dL ~ ◦ steht, muss dL ~ ◦ senkDa M ~ ◦ stehen. Dieser Sachverhalt gilt für jeden Augenblick, also recht auf L ~ ◦ -Vektors auf einem Kreis bewegen, L ~ ◦ selbst muss sich die Spitze des L präzessiert auf einem Kegelmantel, dem Präzessionskegel, um die ~ ◦ ist also ein Vektor, der im Relativsystem (Hauptachse) z-Achse. L konstant ist und im Absolutsystem nur seine Richtung aber nicht seinen Betrag ändert. Für ihn gilt dann nach Gl. (88) in Kapitel 8.2 ~ ~◦ . ~ ◦ = dL◦ = ω ~p × L M dt ωp nennt man Präzessions-Kreisfrequenz. Der Drehimpuls~ aus. vektor weicht also der angreifenden Kraft G 85 Der Grund für diese Annahme wird mit Gl. (135) klar. 115 ¯ ¯ ¯ ~ ¯ ¯ ¯ ¯ ¯ ¯ dL◦ ¯ ~ ◦| = ¯ ~ ¯¯ = rs G sin α = ¯¯ω ~ ◦ ¯¯ = ωp L◦ sin α ¯ = ¯¯~ |M r × G ~ × L s p ¯ ¯ ¯ dt ¯ Da rs G rs M g ωp = = L◦ ω3 I3 gilt, folgt die Präzessionsfrequenz des rasch rotierenden symmetrischen Kreisels (134) (135) unabhängig von α. Infolge dieser Präzession hat der Kreisel einen kleinen Drehimpuls in der z-Richtung erhalten. Falls jedoch ωp ≪ ω3 ist, d.h. für ω32 ≫ rsIM g , können wir diesen 3 ~ ◦ rechnen. Drehimpuls vernachlässigen und nur mit L Eine genaue Rechnung mittels der Euler-Gleichungen zeigt, dass die Kreiselachse nicht eine einfache Präzession um die z-Achse ausführt, sondern dabei noch Schwankungen des Winkels α auftreten (Nutation). Immerhin gibt es immer einen bestimmten Winkel α, bei dem die Präzession nutationsfrei ist. Insbesondere ist die senkrechte Lage α = 0 nutationsfrei, solange gilt 2q M grs I1 . schlafender Kreisel I3 Sieht man von der Nutation ab, so gelten für den Kreisel die folgenden Regeln: ω > ωkrit = 1. Ein äusseres Drehmoment erzeugt bei einem frei bewegli~ ◦ , wobei die Änderung chen Kreisel eine Präzession von L ~ ~ von L◦ die Richtung von M◦ besitzt. 2. Verhindert man eine Präzession durch Anbringen von Führungen, so erzeugen die Führungen Kräfte, die die Kreiselachse senken oder heben. 3. Will man eine Präzession der Drehachse erzwingen, so müssen die Lager die entsprechenden Kräfte und Drehmomente aufbringen. → Lo → ωp Wand → N → ω Mg ~ = ~r × N ~ M d 0¢ ¢̧ ¢ ~r¢ ¢ ¢ ¢ HH j H Beispiel zu 2): Die Führungskraft N erzeugt ein Drehmoment ~ = ~r × N ~ M ~◦ k M ~ . Die Kreiselachse senkt sich. Wirkt N ~ und eine Änderung dL umgekehrt, d.h. versucht man die Präzession zu vergrössern, so steigt die Kreiselachse. → F1 → Lo → F2 → ω → Mo 9.8.5 Beispiel zu 3): Wird die Kreiselachse in der Horizontalebene gedreht, so müssen die Lager die Kräfte F~1 , F~2 ausüben, deren ~ ◦ steht. Drehmoment parallel zu dL Rotationsenergie und Energiesatz für die allgemeine Drehung † Die kinetische Energie T eines Systems von Massenpunkten kann durch die Schwerpunktsgeschwindigkeit ~v und die die Relativgeschwindigkeit ~vsi der Drehung um den Schwerpunkt 116 ausgedrückt werden, wobei das Schwerpunktssystem definiert ist durch T = Pn i=1 mi~vsi = 0 1X 1X 1 1X 2 2 mi (~v + ~vsi )2 = mi (~v 2 + 2~v~vsi + ~vsi ) = m~v 2 + mi~vsi . 2 i 2 i 2 2 i Für einen starren Körper gilt ~vsi = ω ~ × ~rsi mit ~rsi dem Ortsvektor im Schwerpunktssystem. Damit ist die kinetische Energie 1X 1X 1 1 1 1 ~s ~ ·L T = m~v 2 + mi~vsi · (~ω × ~rsi ) = m~v 2 + mi ω ~ · (~rsi × ~vsi ) = m~v 2 + ω 2 2 i 2 2 i 2 2 | ⇒ {z ~s =ω ~ ·L } 1 2 1 m~v + ω ~ Is ω ~ = Ttrans + Trot 2 2 (136) In dieser Form der Aufspaltung in Translationsenergie und Rotationsenergie gilt die Gleichung Gl.(136) nur für Drehungen um den Schwerpunkt. Für die Drehbewegung um einen beliebigen raumfesten Punkt mit ~vi = ω ~ × ~ri ohne ~ = 0 ist die kinetische Energie äussere Drehmomente M 1 ~ = 1ω ~ ·L ~ I~ω Tkin = Trot = ω 2 2 (137) für die der Energieerhaltungssatz gilt. 9.9 Beispiele zur Kreiselbewegung 9.9.1 Stabilität des Fahrrades → Mo → → ω → Lo N → G 9.9.2 Wir nehmen an, das Rad fahre geradeaus und der Fahrer kippe zufällig nach links. Sein Gewicht übt ein Drehmo~◦ ment aus, das entgegen der Fahrtrichtung weist und L so dreht, dass das Fahrrad eine Linkskurve beschreibt. Dadurch kommt der Schwerpunkt des Fahrers wieder über den ~ ◦ verschwindet. Unterstützungspunkt zu liegen, so dass M Aufrichten der Kreiselachse infolge Reibungsmoment Der Kreisel ist an der Auflage etwas abgerundet, so dass der Auflagepunkt A ausserhalb der Figurenachse liegt. Deshalb → ~ bezüglich S ein Drehkann die in A wirkende Reibung R M S → ~ s ausüben, das senkrecht zur Geraden SA steht. moment M M → rA ~ s in Komponenten parallel und senkrecht Wir zerlegen M → ~ k erzeugt ein dL ~ s , das antiparallel zu zur Figurenachse. M ω ~ s steht, also zur Abbremsung führt. M ~ ⊥ bewirkt ein AufL A ~ s. richten von L Der “rattleback” ist ein Beispiel für ein Kreisel, bei dem die Figurenachse um 5◦ bis 10◦ gegenüber einer Hauptträgheitsachse verdreht ist. Er wechselt daher während des Kreiselns seine Drehrichtung86 . → M 86 Jearl Walker “Scientific Am. Oct. 1979 S.144”. 117 9.9.3 Kollergang der Mühlen ωp ~ ◦ω ~- L a Mg 6 ? 6 r ¾ a - XX XX X ? 6 N ? N =N◦ +N ′ ~◦ L ~ XXX dL◦ M ~◦ XX X X? ? 9.9.4 Durch das Abrollen der Mühlsteine wird eine Präzession des Drehimpulsvektors erzwungen. Ohne Bewegung ist M g = N◦ . Die erzwungene Präzession erfordert ein Drehmoment M◦ = aN ′ und somit eine zusätzliche Normalkraft N ′ . Die Rollbedingung verlangt aωp = rω. Dann wird mit I = 21 M r2 für den Mühlstein ωp = N ′a ωr M◦ = = . Also L◦ ωI a N′ = ω 2 rI a2 und N = N◦ + N ′ = M g + ω 2 r3 M/2a2 . Kreiselkompass Schwimmer Hg-Wanne Stator Rotor → Lo Als Kreiselkörper dient der Rotor eines Drehstrommotors, der an einem Schwimmer hängt, der in Quecksilber taucht. Dadurch wird erreicht, dass die Kreiselachse horizontal bleibt, aber in der Horizontalebene frei drehbar ist. Wir ~ ◦ des Kreisels in einer beliebidenken uns den Drehimpuls L gen Orientierung. Seine Komponenten in Richtung Breiten~ 1 bzw. L ~ 2 . Dreht sich die Erde um und Längenkreis seien L ~ 1 und L ~2 den Winkel ω◦ dt, so wird eine Präzession von L erzwungen. ~ 2 notwendige DrehmoDas zur Präzession von L ~ 2 wird durch ungleiche Auflagereaktionen der ment M ~ 1 zu Schwimmer erzeugt. Um die Präzession von L ~ 1 vorhanden erzwingen, müsste ein Drehmoment M sein. Da der Kompass in der Horizontalebene frei schwimmt, kann ein solches Moment gar nicht auftreten, und die Kreiselachse dreht sich daher gegen ~ 1 in diejenige Lage, in der gilt den Drehsinn von M ~1 dL = 0. dt ~ 1 6= 0 ist, muss L ~ 1 mit ω Wenn L ~ drehen, damit ist ~ nur L1 = konst. = 0 möglich. ~ ◦ stellt sich also möglichst parallel zu ω Der Vektor L ~ und zeigt daher zum Nordpol. → → ωo L2 → Lo → L1 t+dt t → L 2(t+dt) ω→o ω odt → L 2(t) → L 1(t+dt) → M1 → L 1(t) → M2 118 " Aquator 9.9.5 Deviationsmomente eines nicht ausgewuchteten Rades Ein nicht dynamisch ausgewuchtetes Rad z.B. eines Autos kann mit einem System zweier Massen, die über einen Stab unter dem Winkel α starr mit einer Drehachse verbunden sind, dargestellt werden. Es ist statisch ausgewuchtet, d.h. der Schwerpunkt liegt in •, der Winkel α 6= 0 ist je? doch endlich. Bei einer Drehung wird das Waage Drehmoment M◦ infolge der Zentrifugalkräfte vom Lager aufgefangen, es kann mit der Waage nachgewiesen werden. Drehmoment M◦ = d sin α · mω 2 · d cos α = |~r × F~Zentr.fug. | ~ ◦ | = |~r × p~| = L◦ = d · mωd cos α. Drehimpuls |L ′ Im körperfesten System ist L konstant mit der Zeit t, damit ist mit Gl. (88) ~Zentr.fug. 6F x A A αA d A ~ *L A ©© © α At A q h ω ~ A A dA Lager A m Ax ?2 m 2 ′ ~◦ ~◦ dL dL ~◦ = ω ~◦ = M ~◦ = +~ω × L ~ ×L dt | dt {z } =0 ⇒ ~ ◦ |, M◦ = ω · L◦ sin α = |~ω × L ~ ◦ ⇒ M◦ 6= 0. M◦ wirkt periodisch mit ω auf die Achslager und damit auf und ω ~ 6 kL die Waage. Im Augenblick der Figur steht M◦ ⊥ zur Zeichenebene. ~ ◦ d.h. α = 0 dann liegt ω Ist ω ~ kL ~ in einer der Hauptträgheitsachsen und alle Deviationsmomente verschwinden Cik = 0. Das Rad ist dann dynamisch ausgewuchtet: Ix 0 0 I = 0 Iy 0 , 0 0 Iz Ix = Iy , Iz = md2 , ~ ◦ = ~iIx · 0 + ~jIy · 0 + ~kIz · ω L ~ ◦ = 0 keine Lagerkräfte auf. Beim dynamischen Auswuchten von und es treten mit M Rädern müssen Ausgleichsgewichte innen und aussen an der Felge angebracht werden, um das Unwuchtmoment zu kompensieren. Bei langen Achsen z.B. Turbinenschaufeln muss in mehM1 + M2 = 0 reren Ebenen dynamisch ausgewuchtet werden, um Bie→ gemomente auf die lange Achse zu vermeiden, auch wenn ω keine Lagermomente der beiden äusseren Lager auftreten. 9.9.6 N ωΕ 23.4o Der Präzessionszyklus des Mondes (Saros-Zyklus) mE rEM Mondbahn 5.15o rES Erdbahn mS Sonne Die Bahn des Mondes um die Erde ist um 5.15◦ gegenüber der Erdbahn um die Sonne (die Ekliptik) gekippt. Die Sonne übt nun auf diesen geneigten Erde-Mond-Kreisel Gezeitenkräfte aus, die ihn in die Ekliptik zu kippen versuchen. Als Näherung beschreibt der 119 Schwerpunkt von Erde und Mond um die Sonne eine Kreisbahn und es gilt (mM + mE )mS (mM + mE )vE2 =Γ , 2 rES rES sowie 2 mM mE mM vM =Γ 2 rEM rEM (138) für die Kreisbahn des Mondes um die Erde. Der Mond hat zur Sonne in Neumond- (siehe Figur) bzw. Vollmondstellung einen um ∓rEM · cos 5.15◦ ≈ ∓rEM verschiedenen Abstand und damit eine Gezeitenkraft87 " F = Γ mM mS | −1 1 + 2 rES (rES ∓ rEM )2 {z # ⇒ F = ±ΓmM mS 2rEM mM vE2 = ± · 2rEM 3 2 rES rES | } 2 · rEM ≈± 3 , rEM ≪ rES rES {z } mit Gl. (138) Als Näherung wird angenommen, dass die Masse des Mondes infolge seines Umlaufes um die Erde im Mittel auf einem Kreisring gleichmässig auf der Bahn verteilt ist. Das Drehmoment M = F · sin 5.15◦ · rEM bei Neu- oder Vollmondstellung versucht den Mondkreisel in die Ekliptik zu kippen. Ist der Mond um den Winkel ϕ von der Neumondstellung entfernt, dann ist F um cos ϕ und auch der 5.15◦ Kippwinkel um cos ϕ verkleinert, dies ergibt eine Reduktion um den Mittelwert cos2 ϕ = 1/2. zusätzlich ist die Mondbahn im Laufe des Jahres nicht immer exakt gegen die Sonne gekippt, dies reduziert das Drehmoment um einen weiteren Faktor 2. Damit ist das effektive Drehmoment Meff = 2 mM 2 rEM sin 5.15◦ v E 2 rES 2 und der Drehimpuls des Mondes L = rEM mM vM . Mit Meff = ωp · L · sin 5.15◦ [siehe Gl. (134)] folgt die Präzession des Mondkreisels ωp ωp = 2 2 ωES 1 1 mM 2 rEM ◦ sin 5.15 = v · E 2 rES 2 rEM mM vM sin 5.15◦ 2 ωM 2π 2T 2 = ES ≈ 24 Jahre ωp TM unabhängig vom Kippwinkel, es ist ωM ≫ ωp . Mit einer exakten Rechnung ist der tatsächliche Saros-Zyklus 18.5 Jahre. Der Saros-Zyklus beherrscht wesentlich die Folgen von Sonnen- und Mondfinsternissen. Tp = 9.9.7 Die Präzession der Erdachse beim Umlauf um die Sonne Die Erde hat infolge der Zentrifugalkraft einen Wulst mit der Masse mW am Äquator mit abgeplatteten Polen. Mit den Halbachsen a, b dieses Erdrotationsellipsoiden → ω pE (Pfannkuchen) gilt angenähert (a − b)/a = 1/300. Der Erdkreisel ist um 23.4◦ gegenüber der Erdbahn geneigt. Ist der gesamte Wulst auf der der Sonne abgewandten Seite konzentriert, erzeugt er ein Drehmoment → Lo ∝ ω E N → F 1 > F2 F2 → rES M= F1 1 mW 2 2 vE · 2RE · · sin 23.4◦ 2 rES 2 S 87 Die Gezeitenbeschleunigung z.B. des Mondes auf der Erdoberfläche ist die Differenz der Mondbeschleunigung an der Erdoberfläche und am Erdmittelpunkt; die Kraft an einem ausgedehnten Körper greift am Schwerpunkt, hier am Erdmittelpunkt an. Die Zentrifugalkraft Z ist überall gleich (vgl. S.86). 120 Der Faktor 12 entsteht wie im vorhergehenden Kapitel aus der Mittelung über den Neigungswinkel. Da der Wulst über den Erdmantel gleichmässig verschmiert ist, ist das tatsächliche Drehmoment MW = M/2. Der Drehimpuls der Erde als Kugel ist L = ωE · I 2 mit I = 52 mE · RE ; da jedoch der Erdkern eine grössere Dichte hat als der äussere Mantel, 2 ist das Trägheitsmoment um 20% kleiner IE = 0.8· 25 mE ·RE und damit ist der Drehimpuls 2 2 LE = ωE · 0.8 · mE · RE 5 2 2 ωpE = mW ωES RE und mit Gl. (134) 1/2 = 1.6 2 ωE 5 mE RE mW m | {zE} MW = ωpE LE sin 23.4◦ 2 (1J)2 2.5 ωES ⇒ TpE = 192 = 70000 Jahre 1.6 ωE 24Std ≈ 1/300 Die Gezeitenkraft des Mondes verglichen zur Sonne kann angenähert abgeschätzt werden analog zu Seite 120: Gezeitenkraft der Sonne F = ΓmE mS 2RE mS ∝ 3 3 rES rES die Gezeitenkräfte zweier Körper verhalten sich wie Masse/Abstand3 . Mit mM = mE /80, mS = 3.3 · 105 mE , rES = 400rEM ⇒ FM 1 1 (400)3 = 2.4 = FS 80 3.3 · 105 die Mondgezeiten sind 2.4 mal so gross wie die Sonnengezeiten. 1 tot Damit ist die totale Präzession der Erde TpE = 1+2.4 TpE = 20400 Jahre. Tatsächlich (Hipparch 150 v. Chr. beobachtet, Laplace mit Kreiseltheorie) ändert sich die Jahreszeit auf der Erdbahn, d.h. die jahreszeitliche Stellung der Sonne zum Fixsternhimmel, in einer 26000 jährigen Periode in befriedigender Übereinstimmung mit der einfachen Abschätzung. Beiträge anderer Planeten sind kleine Korrekturen. Die vor 2000 Jahren festgelegten Tierkreiszeichen haben sich wegen der Präzession der Erdachse bis heute um ungefähr einen Monat verschoben, dies beachten Astrologen nicht. 0.6'' 1'' = 30 m 0.4'' 0.2'' N W 90 o Ost 0 o Greenwich Wegen der zeitlichen Schwankungen der Drehmomente kommt zur Präzession des Drehimpulses noch eine Nutation der Erdachse. Die Figurenachse der Erde stimmt nicht exakt mit der momentanen Drehachse überein. Die Durchstosspunkte beider Achsen an der Erdoberfläche weichen etwa 10 m voneinander ab. In der Figur ist die Wanderung des Nordpols während des Jahres 1957 um den 1900-1905 bestimmten Mittelwert dargestellt. Der Mond als Kreisel mit der Erde gebunden wirkt zeitlich stabilisierend auf die Lage der Erdachse, so dass über lange Zeiträume der Neigungswinkel von 23.4◦ um weniger als ±1◦ schwankt. Ohne den Mond würde die Erdachse chaotisch durch kleine äussere Störungen um 10◦ bis 30◦ schwanken. Damit würden starke klimatische Änderungen eine Entwicklung von Leben auf der Erde verhindern oder mindestens stark behindern88 . Bei der 26000 Jahre Präzession bleibt der Neigungswinkel erhalten. Die Planeten Mars, Venus, Merkur ohne einen Mond haben z.T. ein chaotisches Verhalten ihrer Drehachsen, wobei z.T. ω infolge der Gezeitenreibung schon sehr klein ist. Bei Uranus liegt die Drehachse unerklärt in der Ekliptik. Jupiter und Saturn mit Monden und Ring sind sehr stabil. 88 Jack Laskar (CNLS-France) Spektr. der Wissenschaften Sept.(1993)Nr.3 S.48. 121 10 Raum-Zeit-Symmetrie und die klassischen Erhaltungssätze † Die Erhaltung der Energie, des Impulses und des Drehimpulses folgt aus der Forderung nach der Homogenität des Raumes und der Zeit, bzw. aus dem Axiom, dass kein Raumpunkt, keine Richtung im Raum und kein Zeitpunkt ausgezeichnet ist oder dass Raum und Zeit keinen ausgezeichneten Nullpunkt haben. Daraus ergeben sich die folgenden drei Axiome: 1. Axiom Das Ergebnis eines Experimentes in einem abgeschlossenen System ist unabhängig von einer räumlichen Translation des Systems. Die potentielle Energie zweier Teilchen ist Epot = Vpot (~r1 , ~r2 ) = Vpot (~r1 + ~ℓ, ~r2 + ~ℓ) (Symmetrie-Axiom) e ~ℓ ¢¢̧ ¢̧ ¢ ℓ ¢~ 1 uH Y µ HH u¢ ¡ r ©© ¡ ~ * 2 ~r1 ¡ ©© ¡ © r2 ©© ~ ¡ © © r¡ e gültig für alle Translationen ~ℓ, wenn erfüllt ist Vpot (~r1 , ~r2 ) = Vpot (~|r1 − ~r ) {z 2} (Invarianz), ~r da gilt ~r1 − ~r2 = ~r1 + ~ℓ − (~r2 + ~ℓ). ∂Vpot ∂Vpot ~ ∂Vpot ~ ∂Vpot Für die Kraft gilt F~ = −∇Vpot = − = −~i −j −k . ∂~r ∂x ∂y ∂z ∂Vpot (~r1 − ~r2 ) ∂(~r1 − ~r2 ) ∂Vpot ∂Vpot =− =− F~1 = − ∂~r1 ∂(~r1 − ~r2 ) ∂~r1 ∂(~r1 − ~r2 ) ∂Vpot (~r1 − ~r2 ) ∂(~r1 − ~r2 ) ∂Vpot ∂Vpot =− =+ F~2 = − ∂~r2 ∂(~r1 − ~r2 ) ∂~r2 ∂(~r1 − ~r2 ) ∂Vpot ∂Vpot − =0 ⇒ F~ = F~1 + F~2 = − F~1 = −F~2 actio=reactio ∂~r1 ∂~r2 d~p und mit Newtons Gesetz F~ = p~ = konstant Impulserhaltung =0 ⇒ dt Dies verdeutlicht den Zusammenhang: Aus der Symmetrie folgt die Invarianz und daraus der Erhaltungssatz des Impulses. Die Folge Symmetrie→Invarianz→Erhaltung gilt auch für andere Symmetrien89 . 2. Axiom Das Ergebnis eines Experimentes in einem abgeschlossenen System ist unabhängig von einer räumlichen Drehung des Systems. ϕ→ dr→ r→ Die Drehung im Raum sei durch den Drehwinkel ϕ ~ gegeben. Die Isotropie des Raumes bedingt dann die Drehinvarianz der potentiellen Energie. Vpot (~r1 , ~r2 ) = Vpot (~r1 + ϕ ~ × ~r1 , ~r2 + ϕ ~ × ~r2 ) mit d~r = ϕ ~ × ~r Für kleine Drehwinkel d~ ϕ gilt dann (mit Taylor-Entwicklung) 89 Noether Theorem der Mathematik. Amalie, Emmy Noether *23.3.1882 Erlangen † 14.4.1935 Bryn Mawv (Pa.) 1922-33 Prof. in Göttingen. 122 Vpot (~r1 , ~r2 ) = Vpot (~r1 , ~r2 ) + ∂Vpot ∂Vpot d~r1 + d~r2 ∂~r1 ∂~r2 ⇒ ∂Vpot ∂Vpot d~r1 + d~r2 = 0 ∂~r1 ∂~r2 Mit F~ = − ∂V∂~pot ist90 r F~1 · (d~ ϕ × ~r1 ) + F~2 · (d~ ϕ × ~r2 ) = 0 = d~ ϕ · (~r1 × F~1 ) + d~ ϕ · (~r2 × F~2 ) ~1 +M ~ 2 die Summe der Drehmomente ist Null ~r1 × F~1 + ~r2 × F~2 = 0 = M ~ dL ~ = konstant Drehimpulserhaltung =M =0 ⇒ L ⇒ dt Die Drehimpulserhaltung gilt unter Umständen auch für nicht abgeschlossene Systeme (z.B. kugelsymmetrische Systeme, Erhaltung der z-Komponente im homogenen Feld). ⇒ 3. Axiom Das Ergebnis eines Experimentes in einem abgeschlossenen System ist unabhängig von einer zeitlichen Verschiebung des Systems. In einem abgeschlossenen System, in dem das Potential nicht explizit von der Zeit abhängt, gilt mit der Newtonschen Grundgleichung91 m~¨r − F~ = 0 ∂V (~r) = 0 mit ⇒ m~¨r + ∂~r ⇒ Zt2 t1 ~r˙ · · · dt ⇒ Zt2 ~r˙ m~¨rdt+ t1 Zt2 t1 ¯t2 ¯t2 ∂V (~r) 1 ~r˙ dt = 0 = mṙ2 ¯¯ +V (~r)¯¯ t1 t1 ∂~r 2 Ekin (t = t1 ) + Vpot (t = t1 ) = Ekin (t = t2 ) + Vpot (t = t2 ) Energieerhaltung Diese drei Erhaltungssätze der Energie, des Impulses und des Drehimpulses sind streng erfüllt und gelten in der klassischen Physik sowie in der Quantenmechanik und der Quantenfeldtheorie. Sie sind begründet in der Unmessbarkeit einer absoluten, ausgezeichneten Position und Richtung des Raumes und der Zeit. Dennoch wird von den Astrophysikern der Virgohaufen als das Zentrum des Universums (damit auch als einen Koordinatennullpunkt92 ?) angesehen. Der 4. strenge Erhaltungssatz der Ladung kann aus der Eichinvarianz (Unmöglichkeit eine absolute Phase einer Wellenfunktion anzugeben), einer in der Quantenelektrodynamik begründeten Symmetrieforderung abgeleitet werden. Eine Reihe in der Physik auftretender Erhaltungssätze sind nicht durch eine Symmetrie begründbar (Leptonenzahl- und Baryonenzahl-Erhaltung sind nur empirische Erhaltungssätze) oder nur in einem begrenzten Bereich gültig (Isospin-, Strangeness- und Charm-Erhaltung in der starken Wechselwirkung; die Parität wird maximal in der schwachen Wechselwirkung verletzt und in der starken Wechselwirkung erhalten). Die Summe aller Erhaltungssätze und die Kraftgesetze, die ebenfalls aus Symmetrieüberlegungen abgeleitet werden können (lokale Eichinvarianz in der QED), stellen die Grundgesetze der Physik dar. Unter Berücksichtigung der Relation für das Spatprodukt (Pseudoskalar) ~a(~b × ~c) = ~b(~c × ~a) 2 d~ r d r , ~¨r = ddt2~r , Energietrick: Multiplikation mit ~r˙ und Integration dt V = ∂V Es gilt ~r˙ = d~ dt , ∂~ r · dt . 92 Dies ist kein Widerspruch. In kosmologischen Dimensionen mit Gravitationsfeldern kann kein EnergieImpuls-Tensor aufgestellt werden. Energie- und Impulserhaltung sind nur lokal definierbar (siehe allgemeine Relativitätstheorie). 90 91 123 11 11.1 Elastizität der festen Körper † Interatomare Kräfte, Elastizität und Plastizität Im vorhergehenden Kapitel haben wir uns mit starren Körpern beschäftigt, d.h. mit solchen, bei denen der gegenseitige Abstand zweier Massenpunkte oder der Winkel zwischen zwei Verbindungslinien unverändert blieb, gleichgültig wie die äusseren Kräfte beschaffen waren. Wir nahmen also an, dass innere Kräfte auftreten, die solche Deformationen verhindern. Bei festen Körpern ist dies in der Tat weitgehend der Fall. Immerhin beobachten wir auch da, dass z.B. durch äussere Zugkräfte eine Verlängerung, also eine relative Lageänderung der Massenpunkte, stattfindet. Der starre Körper ist eine Fiktion. Alle Stoffe (nicht nur Gase und Flüssigkeiten) sind mehr oder weniger deformierbar, d.h. unter dem Einfluss äusserer Kräfte ändert sich ihre Gestalt. Die Ursache liegt in den interatomaren Kräften, die zwischen den Atomen des Stoffes bestehen. Diese Kräfte sind am stärksten in festen Stoffen, deren Atome am dichtesten gepackt sind. Ihrer Natur nach sind es elektrische Kräfte (s. Kap. 2.4). Gravitations- oder Kernkräfte spielen in diesem Zusammenhang gar keine Rolle. Wir betrachten zwei Atome. F~ sei die vom Atom 1 auf das Atom 2 ausgeübte Kraft. Bei sehr kleinem Abstand r ist F > 0, die Atome stossen sich ab infolge der gleichen Ladung der Kerne und der Überlappung ihrer Elektro~¾» ¾» ~ − F F nenwolken. Bei genügend grossem Abstand verursachen ¾ 1 2 die elektrischen Van der Waals Kräfte eine Anziehung ½¼ ½¼ ¾ r (F < 0). Somit gibt es einen Gleichgewichtsabstand r = r◦ , für den V(r) F = 0 gilt. Auf Grund unserer Betrachtungen in Kapitel F(r) 7.1 kann dann F in der Nähe der Gleichgewichtslage in der abstoβend ro linearen Form Gleichgewicht F = −k(r − r◦ ) (139) geschrieben werden. k > 0 hat die Bedeutung einer Federkonstanten. Mit F = −dV /dr lautet dann die potenr tielle Energie des Atomes 2 im Kraftfeld des Atomes 1 Vo k 2 anziehend V (r) = −V◦ + 2 (r − r◦ ) , also wie bei einer linearen Feder. Auf Grund dieser Verhältnisse macht man sich folgendes Modell des festen, kristallinen y Körpers: die Atome bilden ein Gitter und werden durch elastische Kräfte an ihren Plätzen gehalten. x -x Jedes Atom übt dabei Kräfte auf all seine Nachbarn aus; denn sonst würde bei Zug in der x − x Richtung nur eine reine Streckung und keine Querkontraktion auftreten. In diesem Kapitel wollen wir uns mit dem Zusammenhang zwischen den äusseren Kräften und den von ihnen hervorgerufenen Deformationen befassen. Bezüglich der Deformierbarkeit sind zwei Extremfälle zu unterscheiden: vollkommen elastische und vollkommen plastische Körper. Elastische Körper: Die Deformation ist eine eindeutige Funktion der äusseren Kräfte, unabhängig von der Vorgeschichte. Nimmt man die äusseren Kräfte weg, so verschwindet die Deformation vollständig. Beim Anbringen der Kräfte wird die geleistete Deformationsarbeit vollständig in potentielle Energie (Deformationsenergie) umgewan124 delt (z.B. Superball). Plastische Körper: Die durch die äusseren Kräfte bewirkte Deformation bleibt nach Wegnahme der Kräfte vollständig bestehen; die Deformationsarbeit geht vollständig in Wärme über (z.B. Knetmasse). Reale feste Körper liegen immer zwischen diesen beiden Grenzfällen: für kleine Kräfte sind sie fast völlig elastisch, für grosse Kräfte fast völlig plastisch. 11.2 Spannungen und ebene Spannungszustände Wechselwirkungen zwischen starren Körpern haben wir mit dem Konzept des Kraftbegriffes erfasst, der eigentlich für Massenpunkte entwickelt wurde. Da jedoch starre Körper sich nur in Punkten berühren, war dieses Vorgehen zulässig. Elastische Körper berühren sich jedoch in Flächen endlicher Ausdehnung, über welche die Kräfte verteilt sind. Wir benutzen den schon in Kap. 2.5 im Zusammenhang mit Oberflächenkräften diskutierten Spannungsbegriff. Spannungen sind jedoch nicht nur auf Oberflächen der Körper beschränkt; es gibt auch innere Spannungen. Ein Körper sei äusseren Kräften unterworfen. Wenn wir uns aus diesem Körper einen Teil herausgeschnitten denken, so müssen wir an der Oberfläche des so entstandenen Hohlraums Kräfte anbringen, die das durch das Herausschneiden gestörte Gleichgewicht des restlichen Körpers wiederherstellen. Offenbar sind dies die gleichen Kräfte, welche das herausgeschnittene Stück vorher auf den ihn umgebenden Körper ausgeübt hat. Es existieren also innere Kräfte in jedem Punkt des betreffenden Körpers, der unter dem Einfluss äusserer Kräfte steht. dF~ sei die Kraft, die wir an einem Element dA des eben betrachteten Hohlraums anzubringen haben. Zerlegen wir dF~ in eine Normalkomponente dFn und eine Tangentialkomponente dFt , so nennen wir → dF dA σ= dFn dA die Normalspannung (> 0 für Zug, < 0 für Druck) → dFt τ= dA → dF dA → Ft die Schubspannung. Fn Die Spannungen sind also die pro Flächeneinheit auftretenden Normalund Tangentialkräfte. Als Einheiten werden verwendet σ τ dA 1 Pascal (Pa) = 1 Newton/m2 = 10−5 bar = 1.01972 x 10−5 Techn. Atmosphäre (at). Spannungen sind keine Vektoren93 . Also ist auch keine Vektoraddition möglich. Nur wenn In einer allgemeinen, dreidimensionalen mathematischen Darstellung ist die Kraft ~t auf die Flächeneinheit dA gegeben durch die Normalkomponente parallel zur Flächennormale d.h. die Normalspannung ~σ und die Schubspannung ~τ senkrecht zur Flächennormale d.h. ~t = ~σ +~τ . Zwischen dem Spannungsvektor und dem Flächennormalenvektor ~n besteht dann ein linearer Zusammenhang σx τxy τxz ~t = T ~n mit T = τyx σy τyz T ist hier der Spannungstensor 2.Stufe. τzx τzy σz 93 125 alle Spannungen auf das gleiche Flächenelement bezogen werden, darf man die zugehörigen Kräfte wie Vektoren addieren. Normal- und Schub-Spannungen in einem gegebenen Punkt innerhalb eines elastischen Körpers hängen von der Orientierung des Flächenelements ab. Wir werden zeigen, dass man σ und τ für ein dA von beliebiger Orientierung berechnen kann, wenn man die Spannungen von solchen Elementen kennt, die zueinander senkrecht stehen. Aus den Spannungsbeziehungen in jedem Punkt des Körpers kann dann die Deformation mit empirischen Gesetzen gefunden werden. Wir behandeln nur den ebenen Spannungszustand: alle zu den Spannungen gehörende Kräfte sind parallel zu einer Ebene, z.B. der xy-Ebene. Zur Analyse dieses Zustandes denken wir uns einen Quader mit ½ ¡ z6 ½ q den Kanten dx, dy, dz um den Punkt P herausgeschnitten. Die dz P Spannungen, die wir zur Erhaltung des Gleichgewichtes am Qua¶ ¶dy der anbringen müssen, charakterisieren wir durch 2 Indizes: dx y spannungsfreie Ebene µ ¡ ¡ - 1. Index: Richtung der Normalen von dA x 2. Index: Richtung der Kraft. τ¾yx 6 σy Da für die Normalspannungen Normalen- und Kraftrichtung zu6 y σ-x sammenfallen, schreiben wir kurz σx = σxx , σy und σz . Da der τ¾xy 6 P q Quader ein infinitesimal kleines Volumen hat, können wir sein σx τxy ? Gewicht gegenüber den Spannungskräften vernachlässigen. Dann σy ?τyx - verlangt der Schwerpunktssatz, dass die Spannungen an zwei gex genüberliegenden Flächen entgegengesetzt gleich sind. Ferner müssen im Gleichgewicht die Drehmomente verschwinden (z.B. bezüglich P ): 2(τxy dzdy) dx dy = 2(τyx dxdz) , 2 2 also τxy = τyx . Da der Spannungszustand eben sein soll, muss τxz = 0 und τzx = 0 sein, weil sonst ein Drehmoment auf den Quader ausgeübt würde. Analog gilt τyz = τzy = 0. Ferner muss noch σz = 0 sein93 . Der ebene Spannungszustand ist somit in jedem Punkt durch drei unabhängige Spannungen gegeben: σx , σy , τxy . ds dy dz dA y . . y Sind σx , σy und τxy für einen ebenen Spannungszustand bekannt, so können daraus leicht die Spannungen σ und τ bezüglich eines beliebig gestellten Flächenelements dA bestimmt werden. Wird z.B. angenommen, dass dA senkrecht zur spannungsfreien Ebene steht, dA = dsdz, dx = ds sin α, dy = ds cos α. x so ist Aus den Gleichgewichtsbedingungen folgt α dx n ds τ xy α σx σy a) für die Tangentialrichtung t: σ τ τ xy τ dsdz + τxy ds sin αdz sin α + σy ds sin αdz cos α −τxy ds cos αdz cos α − σx ds cos αdz sin α = 0 also t x τ = (σx − σy ) sin α cos α + τxy (cos2 α − sin2 α). 126 (140) b) für die Normalenrichtung n: σdsdz + τxy ds sin αdz cos α − σy ds sin αdz sin α +τxy ds cos αdz sin α − σx ds cos αdz cos α = 0 also σ = σx cos2 α + σy sin2 α − 2τxy sin α cos α. (141) Mit Hilfe goniometrischer Beziehungen ergibt sich aus Gl. (140) und Gl. (141) σ= σx + σy σx − σy + cos 2α − τxy sin 2α 2 2 (142) σx − σy sin 2α + τxy cos 2α. 2 (143) τ= Aus Gleichung (143) folgt: es existieren Flächenelemente, in denen die Schubspannungen verschwinden und die senkrecht zur spannungsfreien Ebene stehen, wenn gilt tan 2α tan 2α = Ist α1 eine Lösung dieser Gleichung, wobei 0 ≤ 2α1 ≤ π/2, so ist auch α2 = α1 + π/2 eine solche, d.h. es gibt immer zwei zueinander senkrecht stehende Flächenelemente, die 2α keine Schubspannungen besitzen. Man nennt sie Hauptelemente. Die entsprechenden Normalspannungen σ1 und σ2 heissen Hauptspannungen des Spannungstensors und ihre Richtungen nennt man die Hauptrichtungen. π 2α 1 0o 2α 2 90o 180o Sind bei einem ebenen Spannungszustand die Hauptspannungen σ1 und σ2 bekannt und bildet das Flächenelement dA mit der 2-Richtung den Winkel α, so folgt aus den Gleichungen (142) und (143) Hauptrichtung 2 2 α σ τ σ1 σ= σ2 1 Hauptrichtung 1 τ σ2 σ1 + σ2 2 σ1 σ2 2α + σ1 2 σ2 cos2α 2 σ1 σ1 + σ2 σ1 − σ2 + cos 2α 2 2 (144) σ1 − σ2 sin 2α 2 (145) τ= Mohrscher Spannungskreis α 2τxy . σy − σx sin2α σ mit folgenden Vorzeichen-Regeln: a) σ ist positiv für Zugspannungen, σ ist negativ für Druckspannungen, b) τ ist positiv, wenn bezüglich der Pfeilrichtung das Körperinnere rechts liegt. Geometrisch lassen sich σ und τ direkt aus diesem Mohrschen Spannungskreis ablesen. Es sei z.B. σ1 > σ2 > 0. Auf der σ-Achse zeichnet man im Abstand σ2 + (σ1 − σ2 )/2 vom Ursprung einen Kreis mit Radius (σ1 − σ2 )/2. Vom linken Schnittpunkt dieses Kreises mit der σ-Achse zieht man unter dem Winkel α einen Strahl, dessen Schnitt mit dem Kreis die gesuchten σ und τ liefert. 127 11.2.1 Beispiele ebener Spannungszustände σ1 F 1) Linearer Spannungszustand: Äussere Kräfte liegen nur in Achsenrichtung und nur eine der beiden Hauptspannungen ist von Null verschieden, z.B. σ1 6= 0, σ2 = 0. Der Mohrsche Kreis berührt also die τ -Achse, und nach (144) und (145) gilt F Hauptrichtung Druck τ Zug α σ2 −σ1 σ σ1 σ= σ1 σ1 2) Hydrostatischer Spannungszustand: σ1 = σ2 . Folglich σ = σ1 =konst. (wie in Flüssigkeiten) und τ = 0 für alle α. Sämtliche Flächenelemente, die senkrecht zur Ebene E stehen, sind schubspannungsfrei. Der Spannungskreis ist zum Punkt entartet. τ σ σ1 =σ2 σ1 σ σ1 τ σ2 τ σ1 Druck τ τ τ σ2 σ1 Zug α σ1 σ2 11.3 σ1 σ1 (1 + cos 2α), τ = sin 2α. 2 2 σ 3) Maximale Schubspannung: σ1 = −σ2 . Also σ = σ1 cos 2α, τ = σ1 sin 2α. Für α = π/4 ist σ = 0 und τ = τmax = σ1 . Auf diese Weise kann bei der Metallbearbeitung ein maximaler Wert der Schubspannung erzeugt werden oder ist verifiziert bei der Torsion eines kreisförmigen Stabes Kap 11.4.2. Deformation isotroper Körper, elastische Konstanten. Der Zusammenhang zwischen Spannungszustand und elastischer Deformation lässt sich am einfachsten empirisch aus folgendem Versuch ermitteln: Ein homogener und isotroper Stab mit der Länge ℓ ℓ und dem rechteckigen Querschnitt a · b werde durch F F eine konstante äussere Normalspannung σ in Richtung der Stabachse belastet. Der Stab dehnt sich und ℓ+∆ℓ zeigt eine Querkontraktion. Für genügend kleine Beanspruchungen ist die relative Längenänderung, die sogenannte Dehnung ε = ∆ℓ/ℓ, proportional der angelegten Spannung. Es gilt also σ = Eε = E ∆ℓ ℓ das Hookesches Gesetz. (146) Die Materialkonstante E mit der Dimension N/m2 nennt man den Elastizitätsmodul. Das Hookesche Gesetz ist der makroskopische Ausdruck für die Gültigkeit der mikroskopischen Gleichung (139) aus Kapitel 11.1. σ F P B ε Wird der Stab über die Proportionalitätsgrenze P hinaus beansprucht, so tritt plastische Verformung auf, wobei oft eine Erhöhung der Proportionalitätsgrenze und auch eine Änderung des Elastizitätsmoduls erfolgt. Jedoch hat der Stab nicht mehr die ursprüngliche Länge, wenn die äusseren Spannungen entfernt werden. Die Molekularstruktur ist bleibend 128 verändert worden (Kaltverformung). Bei sehr grosser Belastung beginnt das Material bei der Fliessgrenze F zu fliessen, und schliesslich bricht es an der Bruchgrenze B. Die Kaltverformung lässt sich qualitativ durch Fehler im Gitteraufbau des festen Körpers erklären. Es treten z.B. Versetzungen auf, d.h. Gebiete, in denen zwei gegeneinander verschobene Kristallbereiche sich treffen. Längs der Versetzung können die Atomreihen leichter gleiten, was eine plastische Verformung begünstigt. Durch zu häufige Beanspruchung des Materials (z.B. mehrmaliges Biegen von Kupfer) wandeln sich kristallin geordnete, grössere Gebiete in kleine, polykristalline Bereiche um, das Gleiten längs der Versetzungslinien kann nicht mehr über grosse Strecken erfolgen, so dass sich die Festigkeit des Materials erhöht. Durch Dotieren mit Fremdatomen kann man das Gleiten längs der Versetzungen überhaupt verhindern: Eisen wird durch Zugabe von ≃ 1 % Kohlenstoff zu Stahl! Solange für die relative Längenänderung ε das Hookesche Gesetz gilt, sind auch die relativen Änderungen der Querdimensionen proportional zur angelegten Spannung: − ∆b ∆a =− =β∼σ, a b β ist die Querdehnung. Also ist ε/β = konst., und man setzt deshalb ε . . 1 , =ν= β m ν heisst Querzahl und m Poissonsche Zahl. Wie E sind sie charakteristische Materialgrössen94 . Es gilt σ = Eνβ = E β m Hookesches Gesetz für die Querdimensionen. Sind die elastischen Konstanten E und m bzw. ν eines bestimmten Materials bekannt, so lassen sich die Deformationen eines makroskopischen Körpers ohne weiteres angeben, sofern der Spannungszustand eben und homogen d.h. ortsunabhängig ist95 und die daraus folgenden Deformationen klein sind. Man denkt sich aus dem betreffenden Körper einen Würfel herausgeschnitten, dessen Kantenlänge im ungespannten Zustand willkürlich gleich 1 gesetzt wird. Ferner sollen die Hauptspannungsrichtungen senkrecht zu den Würfelflächen liegen. Dann werden die äusseren Spannungen angelegt und die neuen Kantenlängen berechnet. Für die 1-Richtung gilt ∆ℓ = ε1 = σE1 . ℓ 11.3.1 Beispiele 1. Linearer Spannungszustand: σ1 6= 0, σ2 = 0. Die neue Länge ist 1 + ε1 = 1 + 2 σ1 σ1 1 94 σ1 . E In der 2-Richtung lautet wegen der Kontraktion die neue Breite 1 1 + ε2 = 1 − β = 1 − mσ E 1 und analog für die 3-Richtung: 1 + ε3 = 1 − β = 1 − mσ . E ε1 , ε2 und ε3 heissen die Hauptdehnungen. b a Ein konstantes Volumen für einen idealen Körper fordert V = a·b·ℓ = (a−∆a)(b−∆b)(ℓ+∆ℓ) ≈ abℓ−a∆bℓ−∆abℓ+ab∆ℓ ⇒ ∆a ∆b ∆a ∆ℓ = + =ε=2 = 2β ℓ a b a und damit für den idealen Körper ε/β = ν = 2 und m = 0.5 (vgl. Tabelle Seite 132). 95 Sonst muss mit dem Spannungstensor T gerechnet werden. 129 ℓ 2. Allgemeiner ebener Spannungszustand: σ1 6= σ2 . Es wirken also zwei Kräfte gleichzeitig. Solange das Hookesche Gesetz gilt, überlagern sich die beiden Deformationen σ1 ungestört, d.h. jede verhält sich so, als ob die andere nicht 2 vorhanden wäre. 1 Infolge σ1 wird der Würfel in einen Quader deformiert, desσ2 sen Kantenlängen im Beispiel 1) berechnet wurden: σ1 mσ1 mσ1 1 + ε′1 = 1 + , 1 + ε′2 = 1 − und 1 + ε′3 = 1 − . E E E Wenn statt σ1 die Spannung σ2 angreift, lauten die neuen Kantenlängen σ2 mσ2 mσ2 ; 1 + ε′′2 = 1 + ; 1 + ε′′3 = 1 − . 1 + ε′′1 = 1 − E E E Die Superposition beider Deformationen verursacht relative Längenänderungen σ2 σ1 εi = ε′i + ε′′i + Terme 0(σ 2 ). Wenn wir die in den Spannungen quadratischen Terme vernachlässigen, resultiert ein Quader mit den Kantenlängen σ1 mσ2 σ1 − mσ2 mσ1 σ2 σ2 − mσ1 1 + ε1 = 1 + − = 1+ ; 1 + ε2 = 1 − + = 1+ E E E E E E m(σ1 + σ2 ) mσ1 mσ2 − =1− . 1 + ε3 = 1 − E E E 3. Deformation bei reiner Schubbeanspruchung: σ1 = −σ2 Die unter 45◦ gegen die Hauptspannungsebene geneigten Flächenelemente erfahren nur Schubspannungen von der Grösse τ = σ1 . Die Superposition der beiden durch σ1 und −σ1 hervorgerufenen Spannungszustände deformiert den Würfel in einen Quader mit neuen Kantenlängen, die wir direkt aus dem Ergebnis von Beispiel 2) übernehmen können, falls wir σ2 = −σ1 setzen: σ1 σ1 1 + ε1 ∼ 1 + ε2 ∼ 1 + ε3 ∼ = 1 + (1 + m), = 1 − (1 + m) = 1 − ε1 , = 1. E E Die ursprünglich um 45◦ geneigten Flächenele−σ1 mente, die nur Schubspannungen zeigen, werden um den Winkel δ/2 gedreht. Gegenüber der 1τ τ σ1 σ1 Richtung sind diese Elemente um den Winkel 1−ε 1 π/2−δ π/4 − δ/2 geneigt, und es ist τ τ à −σ1 π δ − tan 4 2 1+ε 1 Andererseits gilt Also folgt à π δ tan − 4 2 ! = ! = 1 − ε1 . 1 + ε1 1 − tan δ/2 tan π/4 − tan δ/2 = . 1 + tan π/4 tan δ/2 1 + tan δ/2 tan δ/2 = ε1 . Für kleine Deformationen gilt näherungsweise σ1 τ δ ≈ ε1 = (1 + m) = (1 + m). und damit 2 E E 130 τ= E δ. 2(1 + m) Für die Winkeländerung δ (und zwar für die absolute Änderung) des 45◦ -Winkels bei reiner Schubspannung τ gilt also eine dem Hookeschen Gesetz für die Längenänderungen analoge Beziehung. Man setzt deshalb . G= E 2(1 + m) Definition des Schubmoduls G und erhält τ = Gδ (147) Über die Grösse von m und damit E/G kann eine allgemeine Aussage gemacht werden, indem man einen Würfel mit allseitigen Druckspannungen σ betrachtet, wie er in Flüssigkeiten auftritt: 4. Räumlicher, hydrostatischer Spannungszustand p p Dies ist kein ebener Zustand mehr, jedoch liegt insofern ein einfaches Problem vor, als −σ1 = −σ2 = −σ3 = p. p ist der hydrostatische Druck. Ein Würfel mit Volumen V◦ = 1 wird deformiert, dabei werden drei lineare Verzerrungen superponiert. Die neuen Kantenlängen sind also p 1+ε=1− p m p + 2 p = 1 − (1 − 2m) E E E und das neue Volumen V = (1 + ε)3 = 1 + 3ε + 3ε2 + ε3 ≈ 1 + 3ε Die relative Volumenänderung ist (|ε| ≪ 1). V − V◦ V 3p ∆V = = − 1 ≈ 3ε = − (1 − 2m). V◦ V◦ V◦ E 1 3(1 − 2m) = K E Setzt man und nennt K den Kompressionsmodul und 1/K die Kompressibilität , so wird p ∆V =− . V◦ K Da ∆V /V◦ negativ sein muss, ist 1/K > 0 und folglich gilt für die Poisson-Zahl 0 ≤ m ≤ 0.5. Dem Grenzfall m = 0.5 entspricht K = ∞, d.h. keine Volumenelastizität: bei noch so hohem Druck p lässt sich das Volumen nicht komprimieren94 . Der fiktive, starre Körper hat m = 0.5; Flüssigkeiten sind nahezu inkompressibel. Aus der Beziehung 0 ≤ m ≤ 0.5 folgt E/3 < G < E/2. In der Thermodynamik sind die Beziehungen zwischen der Kompressibilität 1/K und den Materialkonstanten nützlich. Wir haben insgesamt vier elastische Konstanten kennengelernt: Elastizitätsmodul E, Schubmodul G, Poisson Zahl m und Kompressionsmodul K. Da zwischen ihnen die beiden Relationen G= E , 2(1 + m) 1 3(1 − 2m) = K E existieren, sind nur 2 elastische Konstanten voneinander unabhängig. 131 Ein homogener und isotroper Festkörper ist durch 2 elastische Konstanten vollkommen in seinem elastischen Verhalten bestimmt. Ist der Festkörper jedoch ein Einkristall, so ist er in seinem Verhalten nicht mehr isotrop, und es werden mehr elastische Konstanten benötigt (3 für kubische und 21 für trikline Kristalle). Typische Werte elastischer Konstanten polykristalliner Körper Material E[N/m2 ] G[N/m2 ] m K[N/m2 ] Al 7.0 · 1010 2.6 · 1010 0.34 7.3 · 1010 10 10 Pb 1.6 · 10 0.6 · 10 0.44 4.2 · 1010 Stahl 20.6 · 1010 8.0 · 1010 0.28 15.6 · 1010 Quarzglas 7.5 · 1010 3.2 · 1010 0.17 3.8 · 1010 10 Nylon 0.5 − 2.8 · 10 Starrer Körper ∞ ∞ 0.5 ∞ 11.4 Zwei Beispiele zur Biegung und Torsion In der Technik werden folgende, praktische Fragen gestellt: Mit welcher Krümmung bzw. Kurvenverlauf biegt sich ein Balken oder Träger bei Belastung mit frei aufliegenden, einem oder zwei eingespanten Enden? Wo tritt die maximale Belastung und damit ein Bruch auf? Wie muss ein optimales Profil bei minimalem Gewicht aussehen? 11.4.1 Biegung eines Balkens N1 N2 x F z Ein homogener Balken mit der Länge ℓ und dem Querschnitt q, der beidseitig frei aufliegt, werde durch eine vertikale Kraft F beansprucht, die in der Mitte des Balkens angreift. Vernachlässigt man das Eigengewicht, so gilt im Gleichgewicht N1 + N2 = F , F 2ℓ = N2 ℓ, also N1 = N2 = F2 . Der Balken soll vertikale Querschnitte besitzen, die eine vertikale Symmetrieachse haben. Ferner sollen alle DeA(x) formationen klein sein. Wir wollen die Spannungen und die Form der Stabachse berechnen. Dazu müssen wir die n Hypothesen von Bernoulli-Navier machen: a) Es existiert eine neutrale, d.h. spannungsfreie Faser n, Dehnung die senkrecht zu den entsprechenden Symmetrieachsen Symmetrieachse steht. b) Querschnitte, die im unbelasteten Zustand senkrecht zur neutralen Faser stehen, bleiben im deformierten Zustand eben und senkrecht zur neutralen Faser96 . Bestimmung der Spannungen im Querschnitt A(x): 96 vorher nachher Stauchung z.B. n n Diese Annahme steht im Widerspruch zur Biegungstheorie und kann nur als Näherung betrachtet werden. 132 F 2 0 Man denkt sich den Balken an der Stelle x durchgeschnitten, wobei x ≤ ℓ/2 sei. Um das Gleichgewicht nicht zu stören, müssen die Spannungen in x zusammen mit den τ x n äusseren Kräften die Gleichgewichtsbedingungen erfüllen. z=0 Ferner muss die Spannungsverteilung in A(x) so sein, dass x σ der Schnitt bei der Deformation eben bleibt97 . Dies ist der Fall, wenn τ (x, z) = konst., σ(x, z) = σ◦ (x)z, mit den Gleichgewichtsbedingungen σ z A Schnitt Stabachse z h1 für x < ℓ/2 X Stauchung A(x) h2 X n dA X Dehnung Aus Gleichung (149) folgt R A Fix = 0 M◦i = 0 ⇒ ⇒ Fiz = 0 0= Z A Z F = τ dA = τ A 2 ⇒ (148) A σ◦ (x)zdA = σ◦ (x) Z zdA (149) A Z Fx Z 2 = σ◦ (x)z dA = σ◦ (x) z 2 dA. (150) 2 A A zdA = 0, d.h. die neutrale Faser geht durch den Schwerpunkt des Schnittes. Setzt man R Is = z 2 dA A und nennt Is das Flächenträgheitsmoment des Schnittes A(x), so folgt aus Gl. (150) σ◦ (x) = Fx , 2Is also σ(x, z) = F xz 2Is für x ≤ ℓ/2. Die maximale Normalspannung im Schnitt A(x) tritt am oberen oder unteren Rand auf, je nachdem ob h1 grösser oder kleiner als h2 ist mit σmax (x) = F xh1 2Is Die maximale Spannung im Stab in der Stabmitte ist σmax,max = oder F xh2 . 2Is F ℓh1 F ℓh2 oder . 4Is 4Is Bei wachsender Belastung wird der Stab in der Mitte durchbrechen, wenn σmax,max grösser als die zulässige Spannung des Materials wird. Form der Stabachse, d.h. der neutralen Faser: Ein Mass für die Biegung der Stabachse im Schnitt A(x) ist der Krümmungsradius ρ(x). Sind A1 und A2 Querschnitte in der Nachbarschaft von x, die im undeformierten Zustand parallel stehen und den Abstand s haben, so schneiden sich deren Symmetrieachsen im Krümmungsmittelpunkt M der Stabachse. Nach dem Strahlensatz gilt dann 97 Damit der Querschnitt nach der Biegung eben bleibt, müssen die Fasern proportional zum Abstand von z = 0 gedehnt werden. Mit dem Hookschen Gesetz ist σ = Eε ∝ ∆ℓ/ℓ und damit muss σ(x, y) proportional zu z mit z = 0 der neutralen Faser sein. Die Proportionalitätskonstante σ◦ hat nicht die Dimension von σ. 133 ρ + h2 s + ∆s(h2 ) = , ρ s M ρ also n s h2 ∆s(h2 ) =1+ , ρ s h2 ∆s(h2 ) σ(h2 ) σ◦ (x)h2 = = ε(h2 ) = = , ρ s E E somit98 h2 s+∆s d.h. 1 + Fx MB (x) 1 = = ρ 2Is E Is E ℓ wobei x ≤ . 2 Wir suchen jetzt die Gleichung der Biegekurve z(x), wobei x und z die Koordinaten eines Achsenpunktes sind. Dazu müssen wir zunächst den zugehörigen Krümmungsradius ρ mit z(x) verknüpfen. Für zwei benachbarte Achsenpunkte gilt z dϕ dϕ = αx+dx − αx ≈ ρ α x+dx x Andererseits gilt dϕ ≈ x dz = tan α ≈ α dx ds ≈ dx d2 z dx = 2 dx. ρ dx also dα = dϕ = dα dx = dα. dx Somit folgt aus (151): dx ρ (151) und für|α| ≪ 1), d2 z 1 Fx MB (x) = = = . 2 dx ρ 2Is E Is E Aus dieser Differentialgleichung, die für die linke Hälfte des Stabes gilt, erhält man durch zweimaliges Integrieren F (x) = 2Is E à ! x3 + C1 x + C2 , 6 wobei sich die Integrationskonstanten aus den Randbedingungen z(0) = 0 (Nullpunkt) und ¯ dz ¯¯ =0 ¯ dx ¯x= ℓ 2 bestimmen. Für x ≤ F z(x) = 4Is E 98 à ℓ 2 (Horizontale Tangente) zu C2 = 0 und C1 = −ℓ2 /8 lautet demnach die Gleichung der Stabachse ! x 3 ℓ2 x − . 3 4 z l/2 z ext durch das Biegemoment MB (x) = F x/2 ausgedrückt. 134 l x Die Form der Stabachse ist symmetrisch in Bezug auf den Punkt x = ℓ/2. Die maximale Durchbiegung tritt auf für x = ℓ/2 und ist a zextremum = − b R Diese maximale Durchbiegung kann klein gehalten werden, wenn ein grosses Flächenträgheitsmoment Is gewählt wird. Die Flächen1 trägheitsmomente für die angegebenen Profile lauten: Is = 12 ba3 r D h 11.4.2 F ℓ3 . 48Is E Rechteck, Is = Is = H d/2 π (R4 − r4 ) 4 1 (DH 3 − dh3 ) 12 Rohr, Doppel-T-Träger. Torsion eines zylindrischen Stabes Ein zylinderischer Stab mit Länge ℓ und Radius R werde einseitig eingespannt und am freien Ende durch ein axiales Drehmoment Mℓ beansprucht. Im Gleichgewicht ist Mℓ = M◦ = 2F R. Infolge der Beanspruchung werden die Querschnitte verdreht. Eine gerade Mantellinie geht in eine Schraubenlinie über. Um die Spannungen im Schnitt A(x) zu bestimmen, denkt F man sich den Stab wiederum durchgeschnitten und die R Spannungen so angebracht, dass Gleichgewicht herrscht A(x) Ml und die Schnitte nur verdreht werden. Dies ist der Fall, x wenn azimutale Schubspannungen wirken. Es ist zunächst aus geometrischen Gründen rϕ = δx. Mo Analog zum Beispiel in Kapitel 11.3.1 Gl. (147) ist bei kleinen Verdrillungen der Torsionswinkel δ einer Schubspannung τ proportional: τ r τ δ τ rϕ . Also wird τ = δG = G . G x Die Gleichgewichtsbedingung verlangt dann δ= φ x M◦ = ZR r=0 R ϕG Z 3 πϕGR4 Grϕ 2M◦ τ 2πrdrr = 2π r dr = . Somit wird τ = = r. (152) x 2x x πR4 0 Die Schubspannungen sind also unabhängig von x. Sie werden maximal für r = R τmax = 2M◦ . πR3 Diese Ergebnisse kann man benutzen, um mit Hilfe eines Torsionspendels Schubmodule zu messen. Der verdrehte Draht übt ein rücktreibendes Drehmoment Mϕ aus, das durch obige Gleichung (152) gegeben ist. Der Drehimpulssatz für ebene Bewegungen liefert die Bewegungsgleichung 135 J◦ ℓ πR4 G d2 ϕ = M = − ϕ ◦ dt2 2ℓ mit der Lösung ϕ(t) = ϕ◦ cos(ωt − δ), 2R ϕ wobei ω = R 2 s πG , 2ℓJ◦ d.h. T ∝ R−2 . Diese Lösung hat natürlich nur einen Sinn im Gültigkeitsbereich des Hookeschen Gesetzes. 136 12 Mechanik der Gase und Flüssigkeiten Während bei festen Körpern die Moleküle durch innere Kräfte an Gleichgewichtslagen gebunden sind, führen in Flüssigkeiten und Gasen die Moleküle regellose thermische Bewegungen aus, da sie immer wieder mit ihren Nachbarteilchen zusammenstossen. Der Unterschied zwischen Gas und Flüssigkeit beruht auf der Grösse der intermolekularen Kräfte. In Gasen sind diese Kräfte klein, so dass Gase das ganze ihnen zur Verfügung stehende Volumen ausfüllen; ihre Kompressibilität ist gross. In Flüssigkeiten bewirken die relativ starken intermokekularen Kräfte eine " Gas Flussigkeit dichte Packung der Teilchen und eistatistische thermische ne Bildung von Tröpfchen mit einer Bewegung wohldefinierten freien Oberfläche; die Kompressibilität ist klein. Die Flüssigintermolekulare klein groβ " Krafte keit passt sich der Form des gegebenen " Kompressibilitat groβ klein Gefässes an; mit anderen Worten; sie " ganzes Volumen dichte Packung hat keine Formelastizität. fullt 12.1 Statik der Gase und Flüssigkeiten Eine ideale inkompressible Flüssigkeit ist eine reibungslose Flüssigkeit, die einer reinen Formänderung (ohne Volumenänderung) keinen Widerstand entgegensetzt. Nach Kapitel 11 bedeutet dies, dass alle Schubspannungen verschwinden. In wirklichen zähen sich relativ zueinander bewegenden Flüssigkeiten treten jedoch Schubspannungen auf (Kap. 12.4). Sofern die Flüssigkeit ruht, müssen wir nicht zwischen reibungslosen und zähen Flüssigkeiten unterscheiden. Da keine Schubspannungen auftreten ist τ = 0 und alle Hauptspannungen sind gleich gross, der Mohrsche Spannungskreis ist zu einem Punkt entartet. · ¸ dF N τ 6 rEs ist also σ1 = σ2 = σ3 = σ, und wir setzen − σ = p = 2 σ dA m und nennen p den hydrostatischen Druck. Der Druck als skalare Grösse ist positiv, wenn die verursachende Kraft nach innen zeigt. Der Spannungszustand ruhender Gase oder Flüssigkeiten ist durch eine einzige Spannung, den Druck p, eindeutig bestimmt (hydrostatischer Spannungszustand). Ist die Substanz frei von irgendwelchen Volumenkräften, insbesondere gewichtslos, so ist der Druck unabhängig vom Ort. Da der Druck auch nicht von der Stellung von Flächenelementen abhängt, kann er wie eine skalare Grösse behandelt werden. Er wird in den gleichen Einheiten wie die Spannung gemessen. Dass der Druck in einer schwerelosen, ruhenden Flüssigkeit überall der gleiche ist, ergibt sich auch aus folgendem Gedankenexperiment. Der Kolben K1 mit Querschnitt A1 werde durch eine Kraft F1 um die Strecke x1 nach innen ver→ K2 K1 F1 schoben. Dabei wird ein Flüssigkeitsvolumen x1 A1 verx2 → drängt und eine Arbeit x1 F1 geleistet. Ist die Flüssigkeit x1 F2 inkompressibel, so wird der Kolben K2 um eine Strecke x2 nach aussen verschoben, wobei x1 A1 = x2 A2 gilt. Wird die Flüssigkeitsmenge reibungslos, also ohne Enerp gieverlust verschoben, so muss auch F1 x1 = F2 x2 sein, wobei F2 die auf den Kolben K2 wirkende Kraft ist99 . Also folgt F1 /A1 = F2 /A2 = p. 99 Dies gilt auch für viskose Reibung R = β · v, wenn bei unendlich langsamer Bewegung die geleistete Arbeit R · x vernachlässigt werden kann. 137 Wir betrachten jetzt eine Flüssigkeit, auf die eine Volumenkraft (z.B. Gravitation, Zentrifugalkraft) wirkt. Es existiert also eine Kraftdichte f , d.h. eine Kraft pro Volumeneinheit und p = p(x, y, z) ist ein ortsabhängiger Skalar100 . Auf ein Volumenelement dV = dxdydz wirkt dann eine äussere Kraft dF~ = f~dV . Befindet sich die Flüssigkeit in Ruhe, so muss auch die Summe der auf das Element dV wirkenden Kräfte verschwinden. Für die x-Richtung muss gelten −p(x + dx, y, z)dydz + p(x, y, z)dydz + fx dxdydz = 0 z ½ ¡ ½ 6p(x)dydz - dFx ¾p(x+dx)dydz dz C ¶ C ¶dy dx C CW dF~ y µ ¡ ¡ -x p(x + dx, y, z) − p(x, y, z) ∂p = = fx . dx→0 dx ∂x oder lim Analog findet man ∂p = fy ∂y und ∂p = fz , ∂z also gradp = ∇p = f~ die Gleichgewichtsbedingung der ruhenden Flüssigkeit. Lässt sich die äussere Kraft aus einem Potential herleiten (Kapitel 4.3), so kann die Kraftdichte durch f~ = −gradV ′ = −∇V ′ ausgedrückt werden, wobei V ′ das Potential pro Volumeneinheit bedeutet, d.h. ∇p = −∇V ′ oder nach Integration p + V ′ = konst. An der freien Oberfläche einer Flüssigkeit muss die Resultierende aller angreifenden Volumenkräfte senkrecht zur Oberfläche stehen, andernfalls würden die Flüssigkeitsteilchen an der Oberfläche verschoben werden, bis die Volumenkräfte senkrecht zur Oberfläche stehen, die damit eine Äquipotentialfläche der Kräfte V ′ = konstant ist und folglich ist auch p=konstant101 . 12.1.1 Beispiele 1. Flüssigkeit im Gravitationsfeld der Erde po p(z) dG 0 zz z+dz p(z+dz) z p Die Kraftdichte der Schwerkraft ist mit ρ =konst. (inkompressibel) f~ = ρg~k, wenn ~k = Einheitsvektor in z-Richtung ist. Also reduziert sich die Gleichgewichtsbedingung ∇p = f~ mit p(0) = p◦ (Integrationskonstante) auf ∂p dp = = ρg, ∂z dz und somit wird p(z) = p◦ + ρgz. Der Druck nimmt mit der Tiefe linear zu z.B. Wasser p(1000m) ≈ 100p◦ = 107 Pa. 2. Gase im Gravitationsfeld der Erde ~ Im Folgenden ist oft der skalare Druck p mit einem Vektorpfeil der entprechenden Kraft dF~ = p dA in den Figuren gezeichnet. 101 Als ein Beispiel führt die Volumenkraft des Mondes zusätzlich zur Erdanziehung an der Erdoberfläche zu einem Gezeitenberg, der infolge der Erddrehung um die Erde läuft (Ebbe und Flut). 100 138 Wird die z-Richtung jetzt nach oben gewählt, so lautet die Gleichgewichtsbedingung analog zum vorigen Beispiel: z p(z+dz) dp = −ρ(z)g, dz dG p(z) p po (153) jedoch hängt wegen der starken Kompressierbarkeit der Gase die Dichte ρ(z) jetzt von z ab. Nehmen wir an, das Gas habe überall die gleiche Temperatur (isotherm), was für die Atmosphäre allerdings nur bei kleinen Höhenunterschieden gilt, so besagt das Gesetz von Boyle-Mariotte aus der Thermodynamik [Gl. (??)] pV = p m = konst, ρ wenn m die im Volumen V enthaltene Gasmasse ist. Also gilt p(o) p◦ p(z) = = , ρ(z) ρ(o) ρ◦ und p(z) Z p◦ z ρ◦ g Z dp dz =− p(z) p◦ ◦ und aus Gl. (153) folgt ⇒ dp ρ◦ = −gp(z) dz p◦ p(z) = p◦ e−ρ◦ gz/p◦ isotherme Barometerformel. Auf Meereshöhe bei 0◦ C hat Luft einen sogenannten Normal- Luftdruck von p◦ = 101 325 Pa = 1 Phys. Atmosphäre (Atm) und eine Dichte von ρ◦ = 1.29 kg/m3 . In der Höhe z 21 = 5480 m beträgt der Druck 0.5 Atm, sofern die Temperatur überall 0◦ C ist (ln 2 = gz 21 ρ◦ /p◦ ). Für kleine Exponenten bei geringen Höhendifferenzen ergibt die Reihenentwicklung der e-Funktion den Näherungswert p(z) ≈ p◦ à ρ◦ gz 1− p◦ ! = p◦ − ρ◦ gz. Für Wasserstoff ist ρ◦ (H2 ) = 0.08987 kg/m3 und z 21 = 78700 m. Wasserstoff kann deshalb leichter in den Weltraum entweichen. Sauerstoff 16 O2 und Stickstoff 14 N2 müssten deshalb in der Atmosphäre entmischt werden, dem wirkt jedoch die Entropie entgegen (Kap. ??). 3. Ausströmen von Gas aus vertikalem Rohr z Da der barometrische Druckabfall mit der Höhe von der Dichp1 6 p′1 6 te ρ◦ der Gassorte abhängt, ist der Überdruck in einem gash gefüllten vertikalen Rohr gegenüber der umgebenden Luft Gas ? q oben und unten verschieden gross. Es seien ρ◦G und p◦G Dich0 6 te und Druck des Gases in der Höhe z = 0, die entsprechenden Luft Werte für die Luft seien ρ◦L und p◦L . Benutzen wir den Näheh rungsausdruck für die Barometerformel, so sind die Druckunp2 ? p′2 terschiede an den beiden Öffnungen ∆p1 = p1 − p′1 ≈ p◦G − ρ◦G gh − p◦L + ρ◦L gh = p◦G − p◦L − gh (ρ◦G − ρ◦L ) ∆p2 = p2 − p′2 ≈ p◦G + ρ◦G gh − p◦L − ρ◦L gh = p◦G − p◦L + gh (ρ◦G − ρ◦L ) . und ihre Differenz ∆p1 − ∆p2 ≈ −2ρ◦G gh + 2ρ◦L gh = 2gh (ρ◦L − ρ◦G ) . 139 Für ρ◦L > ρ◦G ist also ∆p1 > ∆p2 . Die pro Sekunde ausströmende Gasmenge m ist proportional zu ρG vG . Nach der Bernoulli-Gleichung (160) ist aber die Gasgeschwindigkeit für nichtkompressible Medien vG ∼ pG ¾ - vG t ¤º¤X XX X ¤X XXX XXXX ¤º X ¤ ¤ XXX ¤ º ¤ ¤¤¤¤¤ ¤ s ∆p ρG und m ∼ ρG vG ∼ ρG s ∆p q = ρG ∆p. ρG Es ist ρ◦L (20◦ C) = 1.204 kg/m3 , ρ◦ (M ethan) = 0.72 kg/m3 , ρ◦ (P ropan) = 2.02 kg/m3 . Führt man die Rechnung aus, so zeigt sich, dass an der oberen Öffnung für Methan (Propan) die grössere (kleinere) Gasmenge ausströmt, solange der Überdruck des Gases nicht allzu gross ist. Besonders drastisch ist der Effekt beim nur wenig geneigten Behnschen Rohr. 4. Hydrostatisches Paradoxon h A A F1 A F2 h F3 Bei gleicher Bodenfläche A und gleichem Flüssigkeitsstand h sind die Kräfte auf die Bodenflächen gleich: F1 = F2 = F3 = Aρgh. Sie sind also unabhängig von der Gestalt des Gefässes. Der Bodendruck hängt also nur von der Höhe h ab. Erklärung: Man denke sich in das Gefäss einen Zylinder mit unendlich dünnen Wänden eingesetzt, so dass an den Druckverhältnissen nichts geändert wird. Der Zylinder ist im Gleichgewicht. Daran ändert sich auch nichts, wenn er mit dem Boden fest verbunden wird. Also wirkt auf den Boden nur die im Zylinder enthaltene Flüssigkeit. Oder: p ist ein Skalar, der nur von der Höhe abhängt. 5. Kommunizierende Gefässe po In einem U-förmigen Rohr sind zwei Flüssigkeiten übereinander geschichtet. Damit sie in Ruhe sind, muss an der Trennfläche der Druck beidseitig gleich sein, also p1 = p2 oder p◦ + ρ2 h2 g = p◦ + ρ1 h1 g. Daraus folgt ρ1 h1 = ρ2 h2 und h = h2 − h1 = h2 (1 − ρ2 /ρ1 ) . Insbesondere ist für ρ1 = ρ2 ⇒ h1 = h2 . Die Flüssigkeitshöhen stehen in beiden Gefässen gleich hoch. ρ2 p2 po h2 h1 p1 ρ1 6. Torricellisches102 Ausflussgesetz 102 Evangelista Toricelli (1608-1647), italienischer Physiker und Schüler Galileis. Er war Mathematiker der Medici in Florenz, benutzte selbst hergestellte Glaskugeln als Linsen, führte 1643 seine Experimente zur Erfindung des Quecksilber-Barometers durch, Galilei hatte schon ein Wasser-Barometer benutzt. Er zeigte, dass in einem Hg-Rohr der äussere Luftdruck mit der Hg-Säule im Gleichgewicht steht. Er behandelte das Problem des Vakuums (horror vacui). Im zu Ehren wurde die Einheit 1 Torricelli = 1 torr = 1mm Hg eingeführt. 140 Wie schnell fliesst Wasser aus der unteren Öffnung? Durch die Öffnung mit dem Querschnitt A strömt während der Zeit dt eine Flüssigkeitsmenge ρAvdt. Sie wird von der Geschwindigkeit 0 auf v beschleunigt durch die Kraft (p − p◦ )A = ρghA, die längs des Weges vdt die Arbeit dW = ρghAvdt leistet. Nach dem Energiesatz ist dW h v2 p◦ gleich der kinetischen Energie dT = ρAvdt ~ ~ pA p◦ A 2 q ¾ p ? v = 2gh der Flüssigkeitsmenge. Also folgt ¾vdtp ?◦ 6 Torricellisches Ausflussgesetz. Die Ausflussgeschwindigkeit ist genau so gross, als wenn die Flüssigkeit durch die Fallhöhe h gefallen wäre. Da der Druck p ein Skalar ist, ist die Richtung des ausfliessenden Wasserstrahles durch die Flächennormale ~ gegeben. von A 7. Oberfläche einer rotierenden Flüssigkeit Die Flüssigkeit rotiert in einem vertikalen zylindrischen Gefäss um dessen Achse. Für einen mitbewegten Beobachter wirkt auf ein Volumenelement dV neben dem Gewicht dG = ρgdV auch eine Zentrifugalkraft dZ = ρrω 2 dV . Die beiden Kräfte lassen sich aus einem Potential V ′ pro Volumeneinheit ableiten, z nämlich V ′ = ρgz − → ω zo dZ dV dG ω 2 r2 ρ. Da an der Oberfläche 2 als Äquipotentialfläche V ′ =konst. ist, gilt dort ρgz − 21 ρω 2 r2 = konst. Setzt man z(r = 0) = z◦ , so folgt z = z◦ + ω 2 r2 . 2g Die Oberfläche der rotierenden Flüssigkeitssäule ist ein Paraboloid. 12.2 Der Auftrieb Taucht ein fester Körper in ein Gas oder eine Flüssigkeit ein, so erfährt er von der anliegenden Flüssigkeit Druckkräfte, deren Resultante man Auftrieb nennt. Bedeutet ~n einen Einheitsvektor senkrecht zu jedem Flächenelement dA der Oberfläche des Körpers, so beträgt der Auftrieb F~A = − Z p~ndA. Oberfl. p p → dA p SD → n Denkt man sich den Körper ersetzt durch die von ihm verdrängte Gas- oder Flüssigkeitsmenge, das sogenannte Déplacement , so wird das Gleichgewicht sicher nicht gestört und F~A ändert sich nicht. Ist f~ die Kraftdichte der Volumenkräfte, die auf das Gas oder die Flüssigkeit wirken, so ist deren Resultierende für das Déplacement p F~D = Z D 141 f~dV. Dabei greift F~D im Schwerpunkt SD des Déplacements an. Der Auftrieb muss mit FD im Gleichgewicht sein, d.h. F~A + F~D = 0. Der Angriffspunkt von F~A ist somit ebenfalls SD . Ist die Volumenkraft speziell das Gewicht der Flüssigkeit pro Volumeneinheit, so gilt das Prinzip des Archimedes. ~ =0 F~A + G Der Auftrieb ist dem Betrag nach gleich dem Gewicht der verdrängten Flüssigkeit. Der Auftrieb beruht auf dem Druckunterschied zwischen Unter- und Oberseite des eingetauchten Körpers. Da der Druckunterschied durch das Gewicht der Flüssigkeit verursacht wird, kann es in einer schwerelosen Flüssigkeit keinen Auftrieb geben. 12.2.1 Beispiele 1. Stabilität eines Schiffes Damit ein Schiff schwimmen kann, muss ihm eine solche Form gegeben werden, dass das Gewicht der verdrängten Wassermenge, also der Auftrieb F~A , gleich dem Gewicht G des Schiffes ist. Damit das Schiff eine stabile Schwimmlage hat, müssen bei einer Auslenkung aus der Gleichgewichtslage FA und G ein aufrichtendes Drehmoment erzeugen. Die Jacht schwimmt stabil, weil ihr Kiel mit Blei be→ → A A schwert ist; eine homogene Jacht wäre instabil wie ein vertikal im Wasser schwimmender Holzklotz. Das SD ist der Fall, wenn das Metazentrum, d.h. der SchnittSD Ss punkt der Wirkungslinie des Auftriebs mit der SymSs → → Schwert metrieachse des Schiffes, oberhalb des Schwerpunktes G G des Schiffes SS liegt. → → Die Schwimmlage der Jolle ist aus dem gleichen GrunSs A Ss A M de stabil, aus dem auch ein flach auf dem Wasser schwimmendes Brett stabil ist: bei einer kleinen DreS D hung aus der stabilen Schwimmlage verschiebt sich → → SD G G der Angriffspunkt des Auftriebs sehr stark. 2. Ladung über Bord Ein Schiff mit Masse M sei mit einer Ladung m beladen. Der Auftrieb ist dann M m FA = (M + m)g = MD g, wobei MD = M + m die Masse des Déplacements ist. Fällt die Masse m über Bord, so ist der Auftrieb des Schiffes FA′ = M g. Die vom Schiff und der Ladung verdrängte Wassermenge ist wenn ρF ℓ < ρm MD′ = M + M m m ρF ℓ , ρm und es ist MD > MD′ . Der Wasserspiegel sinkt, wenn die Ladung versinkt. Ist ρF ℓ > ρm z.B. Holz, dann bleibt der Wasserspiegel, da das Holz schwimmt. 3. Zentrifugalauftrieb Ein Körper der Masse m sei in eine rotierende Flüssigkeit getaucht. Analog zum gewöhnlichen Auftrieb im Schwerefeld der Erde wird durch die Zentrifugalkräfte ein 142 Zentrifugalauftrieb erzeugt. Ersetzen wir wieder den Körper durch das Déplacement, so muss Gleichgewicht zwischen der Volumenscheinkraft Z~D auf das Déplacement (bei vernachlässigter Schwerkraft) und dem Zentrifugalauftrieb F~AZ herrschen: ~ D + F~AZ = 0. Z Es gilt mit 6ω ρ m ~er = Einheitsvektor in Radialrichtung ~ F~¾ Z AZ²¯ Z ±° ρF ℓ ~ ZD = ~er ρF ℓ rω 2 dV = −F~AZ . ¾rKörper - ~i ~ = ~er R ρm rω 2 dV. Die Zentrifugalkraft auf den eingetauchten Körper beträgt fernerRZ ~ =Z ~ + F~AZ = ~er ω 2 r (ρm − ρF ℓ ) dV. Die resultierende Radialkraft ist demnach R K Für ρm > ρF ℓ bewegt sich der Körper von der Drehachse weg, für ρm < ρF ℓ strebt er zur Drehachse. In Ultrazentrifugen mit 1000 Umdrehungen pro Sekunde kann man auf diese Weise verschiedene Viren und grössere Moleküle von einander trennen. 12.3 Dynamik idealer Flüssigkeiten Überlagert man der unregelmässigen molekularen Bewegung der Gas- oder Flüssigkeitsteilchen eine geordnete Bewegung (Driftbewe→ v gung), so erhält man eine Strömung. Indem man kleine Probekörper (z.B. Korkteilchen, Tinte) in die Flüssigkeit bringt, kann man die Bewegung der Flüssigkeitsteilchen beobachten. Wir bringen zunächst einige Definitionen. Stromlinien sind diejenigen Kurven, deren Tangenten in jedem Punkt die gleiche Richtung wie die Flüssigkeitsgeschwindigkeit haben103 . Ist das Stromlinienbild zeitlich unveränderlich, d.h. ist an jedem Punkt die betreffende Geschwindigkeit ~v konstant, so spricht man von einer stationären Strömung. Die Geschwindigkeitsvektoren einer Strömung bilden ein Vektorfeld ~v = ~v (x, y, z, t). Ist die Strömung stationär, so ist ~v = ~v (x, y, z), und damit ∂~v /∂t = 0. Eine Strömung heisst eben , wenn ~v überall parallel zu einer bestimmten Ebene, der Strömungsebene, ist. Laminare Strömungen sind Strömungen mit einem glatten Stromlinienbild, d.h. verschiedene Schichten gleiten ohne Wirbelbildung aneinander vorbei. Sind die Stromlinien verwirbelt, so nennt man die Strömung turbulent. Eine ideale Flüssigkeit ist definitionsgemäss reibungsfrei und inkompressibel. Sie zeigt wesentlich einfachere Gesetzmässigkeiten als die tatsächlich in der Natur 103 Analog zu den Feldlinien (Phys AII) ist mit ~v = ~v (x, y) die Differentialgleichung für die Stromlinien v dy y = f (x) gegeben durch dx = vxy . 143 vorkommenden realen Flüssigkeiten , deren Strömungen beim Überschreiten einer kritischen Geschwindigkeit immer turbulent werden, wenn ein Hindernis um- oder durchströmt wird. Im folgenden ist es das Ziel, für Flüssigkeiten und eingeschränkt auch für Gase eine Bewegungsgleichung auf der Basis des Newtonschen Prinzips aufzustellen. 12.3.1 Die Kontinuitätsgleichung für stationäre Strömungen Es kann keine Materie erzeugt oder vernichtet werden104 . Es muss die in jedes Volumenelement hineinvz (z + dz) 6 » ³ v (y + dy) » fliessende Flüssigkeitsmenge auch wieder heraus³³ » y z dx 1 ³ 6 ³ fliessen. Pro Zeiteinheit strömt durch die Fläche dA die Flüssigkeitsmenge dm/dt = ρ·dA·vn , wenn 1 dz vx (x) ³³ vx (x + dx) vy (y) vn die Geschwindigkeitskomponente in der Norma© ©© s lenrichtung zur Fläche dA steht und die Dichte dy (x, y, z) ρ=konst. inkompressibel ist. Für ein Volumenelevz (z) 1y ³ -x ³³ ment muss also gelten: dmein /dt = ρ · dydz · vx (x, y, z) + ρ · dzdx · vy (x, y, z) + ρ · dxdy · vz (x, y, z) = dmaus /dt = ρ · dydz vx (x + dx, y, z) + ρ · dzdx vy (x, y + dy, z) + ρ · dxdy vz (x, y, z + dz) · 1 ⇒ ρ dxdydz ~ · ~v = div · ~v = ∇ ∂vx ∂vy ∂vz + + =0 ∂x ∂y ∂z die Kontinuitäts(154) gleichung Die Kontinuitätsgleichung gilt auch für nichtstationäre Strömungen jedoch nur für inkompressible Flüssigkeiten. Sie spielt in vielen Bereichen der Physik eine Rolle. Betrachtet man z.B. eine Stromröhre , d.h. ein Rohr, dessen Wandungen von Stromlinien gebildet wird und dessen Endflächen senkrecht zu den Stromlinien stehen, dann muss, da seitlich keine Flüssigkeit in die Stromröhre eintritt, die durch dAe einlaufende Menge pro Zeiteinheit gleich der bei dAa auslaudA a fenden Menge sein, also dA e v→2 → v1 12.3.2 ¢̧ ¢ ρdVe ve dAa = ρve dAe = ρva dAa ⇒ = . dt va dAe Die Bewegungsgleichung von Euler und Bernoulli ¶ 7 µ ¡ ¡ ¶ ~v ¡ ¶ ¡ µ ¡ ¶ » ³ ³ ¡ ¡ » ¶ > ½ ½ ¡ ¡ ½ @ dτ ¡ ½ © ~ © ¡ ½@ R dF @ * ½ ©© µ ¡ ¡ © ½ © 1 ¡ ½ © ³³ † Auf ein Volumenelement dτ in einem Stromfaden wirkt die Gesamtkraft dF~ . Sie setzt sich zusammen aus einer Volumenkraft dF~τ = f~dτ , d.h. einer äusseren Kraft, die auf das Volumenelement dτ wirkt, wie z.B. die Schwerkraft ρgdτ oder die Zentrifugalkraft und als zweites die Oberflächenkraft als Resultierende der Kräfte dF~◦ aus Druck·Fläche. Für die x-Komponente gilt mit dA = dy · dz 104 Zur Erzeugung von Materie z.B. eines Protons muss mindestens infolge der allgemeinen Energieerhaltung die Ruhmasse des Protons als Energie, d.h. E > m Proton zur Verfügung stehen und gleichzeitig die Baryonenzahl erhalten bleiben. Dies ist ein Problem der Teilchenphysik. 144 dF◦x = −[p(x + dx) − p(x)] dA |{z} ⇒ − 1/dτ ∂p dF◦x = = f◦x für alle Komponenten f~◦ = −∇p ∂x dτ Mit dem Newtonschen Prinzip erhält man nun die Bewegungsgleichung für das Volumenelement dτ dm d~v d~v = ρdτ = dF~ = dF~τ + dF~◦ = (f~ − ∇p)dτ dt dt und damit d~v (155) = f~ − ∇p die Eulersche Bewegungsgleichung. dt Die Eulersche Bewegungsgleichung entspricht also dem Newtonschen Prinzip, angewendet auf eine bewegte Flüssigkeit. Allgemein ist ~v = ~v (x, y, z, t) und ~v ändert sich mit der Zeit und der Position. Für eine stationäre Strömung ist jedoch ~v allein durch die Ortsv abhängigkeit gegeben ~v = ~v (x, y, z) unabhängig von t und das totale Differential d~ wird dt nur durch die Ortskoordinaten ausgedrückt. So gilt z.B. als Vorübung für den freien Fall im Gravitationsfeld mit vz = vz (z, t) für z das totale Differential nur für die z-Abhängigkeit der stationären Strömung mit ∂v =0 ∂t ρ dvz = ∂vz ∂vz dz + dt ∂z ∂t dvz ∂vz dz ∂vz dt ∂vz ∂vz ∂vz = + = vz + = vz dt ∂z dt ∂t dt ∂z ∂t ∂z also dvz dvz ∂vz d (mvz ) = mg = m ⇒ =g= vz dt dt dt ∂z Für den allgemeinen stationären Fall ist dann mit Gl.(155) und ~v = ~v (x, y, z) und mit Newton’s Aktionsprinzip ¸ · dv (x, y, z) x dx + ∂vx dy + ∂vx dz =f − ∂p ; =ρ ∂v ρ x dt ∂x dt ∂y dt ∂z dt ¸ x ∂x · dv (x, y, z) ∂v ∂v ∂v ∂p ; ρ y dt =ρ ∂xy dx + ∂yy dy + ∂zy dz =fy − ∂y dt dt dt ¸ · dvz (x, y, z) dy ∂p ; ∂v ∂v ∂v dx dz z z z ρ =ρ ∂x dt + ∂y dt + ∂z dt =fz − ∂z dt x-Komp. y-Komp. z-Komp. Dies ist eine komplizierte Differentialgleichung, die für den Spezialfall, dass sich die Geschwindigkeit durch ein Geschwindigkeitspotential ~v = −∇Φ ableiten lässt, vereinfacht werden kann. Das Geschwindigkeitspotential ist offenbar möglich für den stationären Fall, bei dem jedem Ort eine eindeutige Geschwindigkeit zugeordnet werden kann. Dann ist dx = vx = − ∂Φ , vy = − ∂Φ und vz = − ∂Φ und für die x-Komponente gilt dann105 dt ∂x ∂y ∂z à ∂ 2 Φ ∂Φ ∂ 2 Φ ∂Φ ∂ 2 Φ ∂Φ + + ρ ∂x2 ∂x ∂x∂y ∂y ∂x∂z ∂z ! ρ ∂ = 2 ∂x "à ∂Φ ∂x !2 | {z } vx2 + à ∂Φ + ∂y | {z !2 vy2 + } à ∂Φ + ∂z | vz2 {z !2 # =v = ∂p ρ ∂ 2 v = fx − 2 ∂x ∂x } 2 und entsprechend für die y- und z-Komponenten. Nimmt man eine konservative Kraft′ dichte mit f~ = −∇V ′ und damit für die x-Komponente fx = − ∂V , dann erhält man106 ∂x µ ∂ ′ ∂ ∂ ρ 2 ∂ ρ 2 v + V + p=0= v +V′+p ∂x 2 ∂x ∂x ∂x 2 ¶ ¶2 µ 1 ∂ h ∂Φ i ∂Φ ∂ 2 Φ = · mit der Identität 2 ∂x ∂x ∂x ∂x2 106 für eine nichtkompressible Flüssigkeit mit ρ =konst. Die Ableitung der Konstanten ist null. 105 145 und analog für die beiden anderen Komponenten. Damit gilt für eine nichtkompressible Flüssigkeit mit ρ =konst. ρ p + v 2 + V ′ = konst. 2 12.3.3 die Bernoulli107 -Gleichung. (156) Spezialfall der Bernoulli-Gleichung Die Bernoulli-Gleichung (156) für ein Schwerefeld kann auch anschaulicher mit einer Energiebetrachtung abgeleitet werden. Die von allen Kräften geleistete Arbeit eines Stromfadens im Schwerefeld ist gleich der Zunahme der kinetischen Energie hier für eine reibungsfreie, stationäre, laminare, inkompressible Flüssigkeit längs einer Stromröhre: dWp = p1 A1 dx1 − p2 A2 dx2 = (p1 − p2 )dV mit der Kontinuitätsgleichung A1 dx1 = A2 dx2 = dV und der Arbeit der Schwerkraft dWG = ρg dV (h1 − h2 ) ist mit dem Energiesatz (p1 − p2 )dV + ρg dV (h1 − h2 ) = ⇒ p1 + ρ2 v12 + ρgh1 = p2 + ρ2 v22 + ρgh2 =konst. Für diesen Spezialfall ist ρ 2 (v 2 2 − v12 ) dx 1 A1 p1 h1 dx 2 A2 p2 h2 dV p + ρ2 v 2 + ρgh = konst. (157) Interpretation: 1. Term: Statischer Druck, den ein mit der Strömung mitbewegter Beobachter mit einem Manometer misst. 2. Term: Kinetische Energie der Volumeneinheit = Staudruck oder dynamische Druck. 3. Term: Potentielle Energie pro Volumeneinheit dτ z.B. der Schweredruck Gl. (157). pt = p + ρ2 v 2 wird manchmal fälschlich als Gesamtdruck bezeichnet, dies trifft nur dann zu, wenn für V ′ = ρgh = 0 der Stromfaden horizontal verläuft, es ist in diesem Fall p + ρ2 v 2 = konst. = ptot [siehe Gl. (160)]. Zusammenstellung der Voraussetzungen für die Bernoulli-Gleichung (156) 1. Die Strömung ist reibungsfrei. 2. Die Strömung ist laminar, hat keine Wirbel. 3. Das Medium ist inkompressibel ρ =konst. (Gase mit geringer Geschwindigkeit) 4. ~v ist aus einem Geschwindigkeitpotential Φ ableitbar d.h. stationär. 5. f~ ist aus einem Kraftdichtepotential V ′ ableitbar (konservative Kraft). Diese fünf Voraussetzungen sind i.a. für die normalen Probleme nicht extremer Randbedingungen der Hydodynamik erfüllt. 107 Daniel Bernoulli (29.1.1700 Groningen - 17.3.1782 Basel) Physiker und Mathematiker aus einer niederländischen Gelehrtenfamilie, die seit 1622 in Basel ansässig ist [Jacob Bernoulli (1654-1705) Mathematiker, Buch über Wahrscheinlichkeitsrechnung ’Ars conjectand’ behandelt das Gesetz der grossen Zahl, Jacob II Bernoulli (1759-1789), Johann Bernoulli (1667-1748) Vater von D.B. Mathematiker Klärung und Formulierung mechanischer Prinzipien] studierte erst Medizin mit einer Dr.Arbeit mit 21 Jahren ’Über die Luftmenge, welche beim Einatmen in die Lunge tritt’. Professur in Petersburg, 1732 Lehrstuhl für Anatomie und Botanik in Basel, schrieb ’Hydrodynamika’ Anfänge der kinetischen Gastheorie, z.B. Erhöhung der Gasbewegung und damit des Druckes durch Wärme, Problem des gebogenen Balkens, bestimmte die Leistung des Herzens, 1750 Professur für Physik, die ihm mehr lag. Viele Preise u.a. Preis der Pariser Akademie für ’Sur la perfection des clepsydres (Wasseruhr) ou des sabliers (Sanduhr) sur mer’. 146 12.3.4 Potentialströmungen † Die Bedingung, dass eine Strömung ein Potential Φ besitzt, d.h. eine Potentialströmung ist, folgt aus ~v = −∇Φ = −gradΦ ⇒ vx = − ∂ 2Φ ∂ ∂ 2Φ = = ∂x∂y ∂y∂x ∂x à ∂Φ ∂y ! ∂ = ∂y | {z } à ! ⇒ ∂vy ∂vx = , ∂y ∂x | {z } −vy −vx ∂vz ∂vy − = 0, ∂y ∂z d.h. ∂Φ ∂x ∂Φ ∂Φ ∂Φ , vy = − , vz = − ⇒ ∂x ∂y ∂z ∂vx ∂vz − = 0, ∂z ∂x ∂vy ∂vz = , ∂z ∂y ∂vz ∂vx = ∂x ∂z ∂vy ∂vx − = 0. ∂x ∂y Dies sind gerade die Komponenten des Vektorproduktes ∇ × ~v = rot ~v à ∂vz ∂vy ∇ × ~v = ~i − ∂y ∂z ! à ∂vx ∂vz − + ~j ∂z ∂x ! à ∂vy ∂vx − + ~k ∂x ∂y Damit ist die Bedingung für eine Potentialströmung ! =0 ∇ × ~v = 0 (158) Die Strömung muss wirbelfrei, d.h. laminar sein. Vergleiche hierzu die gleiche Bedingung für ein wirbelfreies konservatives Kraftfeld [Gl. (30)]. 12.3.5 Beispiele † 1. Die Stromlinien sind konzentrische Kreise mit |~v | ∝ r ~v = ω ~ × ~r, ω ~ = ~kω, also vx = −ωy, vy = +ωx, vz = 0 vy 6 #à ¾ ¾ ²¯ 6 6 - vx ±° ?? "! und damit ∂vx ∂vy − = −ω − ω = −2ω 6= 0 ∂y ∂x Dies ist keine Potentialströmung sondern es bestehen Wirbel in allen Raumpunkten. 2. Nicht jede rotierende Strömung hat Wirbel r vy 6 |~v | ∝ 1r , ~v = a ω~r×~ |~r|2 = x2 + y 2 , ω ~ = ~kω die Stromlinien 2 , #à sind geschlossene Kreise und x = 0, y = 0 ist ein singulärer ¾ ¾²¯ 6 6 - vx Punkt. Es gilt für die Komponenten ?±° ?y x "! vx = −aω 2 , vy = +aω 2 , vz = 0 2 x +y x + y2 ³ ∂ ∇ × ~v = ~i ⇒ ∂y vz − |{z} =0 ´ ³ ∂ ´ ³ ∂ ∂ ∂ ∂ ´ ~ vy + ~j vx − v v − vx + k z y ∂z ∂z ∂x |{z} ∂x ∂y |{z} |{z} =0 =0 =0 à x · 2x ∂ 1 vy = aω − 2 2 2 ∂x x +y (x + y 2 )2 à 2y 2 1 ∂ vx = −aω − ∂y x2 + y 2 (x2 + y 2 )2 damit ist ∇ × ~v = ∂ ∂ vy − vx = 0 ∂x ∂y 147 ! ! = aω y 2 − x2 (x2 + y 2 )2 y 2 − x2 = aω 2 (x + y 2 )2 und die Strömung ist wirbelfrei mit Ausnahme der singulären Achse. Umschliesst der Integrationsweg die singuläre Achse, . H dann ist die Zirkulation Z = ~v d~r = 2πaω, ausserhalb der Achse ist Z = 0. Die so definierte Zirkulation einer Strömung ist die Summe der skalaren Produkte aus der Strömungsgeschwindigkeit ~v und dem Wegelement d~r längs einer geschlossenen Kurve um einen Körper. Die Absaugwirbel beim Entleeren einer Badewanne sind ein Beispiel einer rotierenden Potentialströmung. 12.3.6 Die Berechnung einer Potentialströmung aus der Potentialgleichung † Mit der Kontinuitätsgleichung ∇~v = 0 für eine Potentialströmung ~v = −∇Φ erhält man108 div · gradΦ = ∇∇Φ = 0 = ∆Φ = 0 die Potentialgleichung (159) Die Lösung dieser partiellen Differentialgleichung mit den Randbedingungen liefert das Potential Φ und damit die Geschwindigkeitsverteilung ~v = −∇Φ. Als Beispiel für ein ebenes zylindersymmetrisches Problem ist der Laplace Operator in ebenen Zylinderkoordinaten109 à ! 1 ∂ ∂ 2 Φ ∂Φ 1 ∂ 2 Φ ∂Φ 1 ∂ 2Φ ∂ 2Φ ∂ 2Φ + = = 0 ⇒ r + + =0 r + ∆Φ = ∂x2 ∂y 2 r ∂r ∂r r2 ∂ϕ2 ∂r2 ∂r r ∂ϕ2 Mit einem der Rezepte zur Lösung partieller Differentialgleichungen werden die beiden Variablen r, ϕ mit dem Produktansatz Φ = χ(ϕ) · R(r) separiert. ∂Φ dR ∂ 2Φ d2 R = χ(ϕ) , = χ(ϕ) , ∂r dr ∂r2 dr2 r ϕ d2 χ ∂ 2Φ R = R ∂ϕ2 dϕ2 2 d2 χ dR r2 d R2 2 d2 R dR 1 d2 χ ⇒ rχ 2 + χ + R 2 = 0 ⇒ k 2 = dr + r dr = − dϕ dr dr r dϕ R R χ Die beiden Seiten der Gleichung sind jeweils nur von r oder ϕ abhängig, die Gleichung muss aber für alle r und ϕ gelten. Dies kann nur erfüllt werden, wenn jede Seite für sich gleich derselben Konstanten k 2 ist. Damit ist die partielle Differentialgleichung in zwei normale Differentialgleichungen mit der Separationskonstanten k 2 separiert. Es gilt110 r2 2 dR d2 R 2 k −k d χ + r − k R = 0 ⇒ R = Cr + Dr , + k 2 χ = 0 ⇒ χ = A cos kϕ + B sin kϕ dr2 dr dϕ2 Die allgemeine vollständige Lösung ist Φ = (Crk + Dr−k )(A cos kϕ + B sin kϕ). Die Integrationskonstanten A, B, C, D und die Separationskonstante k werden aus drei Randbedingungen z.B. für einen Zylinder mit dem Radius Rz bestimmt111 : 2 2 2 ∂ ∂ ∂ ∇∇ = ∆ = ∂x 2 + ∂y 2 + ∂z 2 ist der Laplace Operator. Partielle Differentialgleichungen der Form 2 ∇ Φ = ∆Φ = 0 oder =konst. treten in allen Bereichen der Physik und Chemie auf, wie in der Elektrostatik, Wellentheorie, Quantenmechanik als Schrödinger Gleichung... 109 siehe Anhang C.5 110 siehe im Anhang C.2 die Differentialgleichungen 5. und 9. k−1 111 − Dr−k−1 ) ⇒ C/D = Rz−2k 1. vr (r = Rz ) = 0 ⇒ vr = ∂Φ ∂r = −(A cos kϕ + B sin kϕ)k(Cr 1 ∂Φ k k −k 2. vϕ (r = Rz , ϕ = 0, π) = 0 ⇒ vϕ = − r ∂ϕ = − r (Cr + Dr )(−A sin kϕ + B cos kϕ) ⇒ B = 0 und k =ganze Zahl. 3. vr (ϕ = 0, π; r → ∞) = v◦ ⇒ v◦ = −Ak(DRz−2k rk−1 − Dr−k−1 ) ⇒ k = 1 für v endlich und AD = Rz2 v◦ . 108 148 vr (r = Rz ) = 0, " vϕ (r = Rz , ϕ = 0, π) = 0, µ Rz ⇒ Φ = −v◦ r 1 + r ¶2 # " vr (ϕ = 0, π; r → ∞) = v◦ µ Rz cos ϕ, vr = v◦ cos ϕ 1 − r ¶2 # " µ Rz , vϕ = −v◦ sin ϕ 1 + r ¶2 # Mit diesen Gleichungen ist das Geschwindigkeitsprofil um einen Zylinder bestimmt. Das Stromlinienbild der obigen Figur dagegen kann durch Integration der Geschwindigkeit berechnet werden, wie dies in der Fussnote Seite 155 angegeben ist oder als allgemeinere Methode aus einem ebenen Stromlinienbild in der komplexen u − v Ebene mit v =konst. durch eine konforme Abbildung in die komplexe x − y Ebene bestimmt werden: Es gilt w = z + R2 /z = u + iv = x + iy + (x − iy)R2 /(x2 + y 2 ) = x(1 + R2 /r2 ) + iy(1 − R2 /r2 ). Hierbei wird die u − v Ebene auf die x − y Ebene ausserhalb des Kreises R abgebildet. Es ist r2 = x2 + y 2 und y wird numerisch berechnet aus der Gleichung v = y(1 − R2 /(x2 + y 2 ) =konst. v = 0 entspricht der x-Achse bis −R, dem Kreis mit R und der x-Achse +R bis unendlich. Für jeden Punkt der u − v Ebene findet man einen Punkt in der x − y Ebene, der ausserhalb des Kreises liegt. Für kompliziertere Stromlinienbilder müssen die konformen Abbildungen der entsprechenden Begrenzungen (z.B. Flugzeugflügel) gefunden werden (vgl. auch die Figur Seite 156). 12.3.7 Anwendungen der Bernoulli-Gleichung Die Bernoulli-Gleichung ist von sehr grosser Bedeutung für die ganze Hydrodynamik. Obwohl sie streng nur für reibungslose und inkompressible Flüssigkeiten gilt, kann man doch in vielen Fällen diese Einschränkungen vernachlässigen. Wir betrachten den Sonderfall, dass das Potential V ′ der Volumenkräfte konstant ist. Das ist der Fall, wenn keine oder nur sehr kleine äussere Kräfte wirken (seichte Strömung im Schwerefeld) oder wenn die Stromlinien horizontal verlaufen. Dann ist mit Gl. (156) ρ p + v 2 = konst. = p◦ 2 die Bernoulli-Gleichung. (160) Die Konstante p◦ wird Gesamtdruck genannt und hat die Bedeutung des hydrostatischen Druckes p für den Fall der ruhenden Flüssigkeit (v = 0). Die Grösse (ρ/2)v 2 nennt man den dynamischen Druck. Die Bernoulligleichung besagt also, dass Statischer Druck + dynamischer Druck = Gesamtdruck. 1. Die einzelnen Drucke werden mit speziellen Sonden gemessen. - ¨ - § - p - Der statische Druck wird mit einer Drucksonde gemessen, deren Profil die Strömung möglichst wenig stört. Die Öffnungen der Sonde, die mit einem Manometer verbunden sind, liegen parallel zu den Stromlinien. Wenn pL = Luftdruck, so gilt für den statischen Druck p = pL − ρ◦ gh, er nimmt mit steigendem v 2 ab. - Mit dem Pitotrohr wird der Gesamtdruck p◦ gemessen. Die gegen die Sonde anströmende Flüssigkeit besitzt einen Staupunkt (v = 0) an der Spitze der Sonde, die hier eine axiale Öffnung besitzt, die ans Manometer angeschlossen ist. Also ist p◦ = pL + ρ◦ gh′ . ?? pL ?h » v=0 - » X - X 6°ρ◦ ± ÁÀ p◦ pL ? ? ′ h ? 6 ρ◦ ±° ÁÀ 149 » - » X - X - p ?? ′′ h ?p◦ 6° ± ÁÀ Der dynamische Druck wird mit dem Prandtlrohr gemessen, das eine Kombination von Drucksonde und Pitotrohr darstellt und die Differenz von Gesamtdruck und statischem Druck misst, d.h. den dynamischen Druck p◦ − p = ρ2 v 2 = ρ◦ gh′′ . Mit dem Prandtlrohr werden bequem Strömungsgeschwindigkeiten gemessen. 2. Mit dem Venturirohr wird die Strömungsgeschwindigkeit von Gasen oder Flüssigkeiten in einem Rohr bestimmt. Der wesentliche Teil ist die Querschnittverengung A2 . Aus der Kontinuitätsgleichung folgt h1 6 ′ h3 = h16 6 h3 A1 v1 = A2 v2 , ? H h2 ©© ? ? h2 6 6 ?? 6 - H - v2 - v1 v1 6 ? H © H ? © ′ A2 A1 A1 v1 A2 ⇒ ρ ρ ρ p1 + v12 = p2 + v22 = p3 + v12 , 2 2 2 A1 oder p1 = p3 , v2 = à ! ´ ρ³ 2 A21 ρ p2 = p1 − −1 . v2 − v12 = p1 − v12 2 2 A22 Wegen der Reibung tritt aber bei gleichförmigem Querschnitt ein linearer Druckabfall auf. Bei variablem Querschnitt beobachtet man daher die Druckhöhen h′2 und h′3 . 3. Hydrodynamisches Paradoxon Der aus dem Rohr mit der Geschwindigkeit v◦ austretende Gasstrahl wird durch die untere Platte nach allen Seiten umgelenkt, so dass die Geschwindigkeit v(r) zum Rande der Platte immer kleiner wird. Nach der Kontinuitätsgleichung ist v◦ A◦ = v(r)2πrd. Ao Der Druck zwischen den Platten ist dann ro µ ρ ρ v◦ A◦ p(r) = p◦ − v 2 = p◦ − 2 2 2πrd Ro r F = ZR◦ r◦ d ¶2 , er ist also wesentlich kleiner als der äussere Luftdruck p◦ . Daher wird die untere Platte mit einer Kraft ρv◦2 A2◦ R◦ [p◦ − p(r)] 2πrdr = ln 4πd2 r◦ gegen die obere gedrückt. 4. Abdecken eines Hauses im Sturm Das Haus bewirkt eine Verengung der Stromlinien und nach dem Kontinuitätsgesetz deshalb eine Erhöhung der Windgeschwindigkeit über dem Dach. Nach der Bernoulli-Gleichung ist dann der statische Druck p über dem Dach kleiner als im Innern des Hauses: 150 → p v→ F A po ρ p = p◦ − v 2 . Die Kraft auf das Hausdach 2 → F ρ (Fläche A) ist dann F = A(p◦ − p) = Av 2 . 2 Beispiel: v = 20 m/s = 72 km/h, ρ = 1.29 kg/m3 , A = 50 m2 , F = 12 900 N. 5. Torricellisches Ausflussgesetz Für eine Flüssigkeit haben wir es schon im Kapitel 12.1 diskutiert. Das gleiche Resultat erhält man auch mit der Bernoulli-Gleichung. In dem mit Flüssigkeit gefüllten Gefäss sei p1 der Druck der Flüssigkeit in der Höhe der Ausflussöffnung. Herrscht aussen der Luftdruck pL , pL 6 so gilt h ? p1 v1 = 0 v pL ρ p1 + 0 = pL + v 2 . 2 Da aber p1 = pL + ρgh, so ist v= (161) q 2gh Im Falle eines Gases, das aus einem Gefäss ausströmt, in dem es unter dem Druck p1 steht, gilt wieder Gleichung (161), so dass p1 v1 = 0 v pL v= r 2(p1 −pL ) ρ Dieses Ergebnis hatten wir in Kapitel 12.1.1 Beispiel 3 zur Berechnung der aus einem vertikalen Rohr ausströmenden Gasmenge benutzt. 12.4 Innere Reibung der Gase und Flüssigkeiten Wir befassen uns jetzt mit realen Flüssigkeiten, die sowohl kompressibel als auch zäh sind, also sogenannte innere Reibungskräfte aufweisen. Dass solche Kräfte vorhanden sein müssen, zeigte schon der Versuch mit der rotierenden Flüssigkeit in Kapitel 12.1. Die Rotation des Gefässes kann nur dann auf innere Flüssigkeitsschichten übertragen werden, wenn zwischen diesen Kraftwirkungen bestehen. Um einen 1 - v◦ quantitativen Zusammenhang zu erhalten, machen wir folz 6 genden Versuch: In einer Flüssigkeit wird die Platte 1 mit τ- v(z + dz) pp pp pp pp der Geschwindigkeit v◦ gegenüber der zu ihr parallelen und pp pp pp pp dz ¾ - v(z) ruhenden Platte 2 bewegt. Ist v◦ kleiner als eine kritische τGeschwindigkeit vk (die in Kap. 12.5 behandelt wird), so bildet sich zwischen den Platten eine laminare Strömung 2 aus, wobei die Flüssigkeiten, die den Platten unmittelbar anliegen, an diesen haften (Grenzschicht). Denken wir uns die Flüssigkeit zwischen den Platten in infinitesimal dünne Schichten zerlegt, so müssen wir annehmen, dass benachbarte Schichten mit verschiedenen Geschwindigkeiten aneinander vorbeigleiten und dabei aufeinander dynamische Schubspannungen τ ausüben. Dadurch entsteht ein Geschwindigkeitsgradient dv/dz quer zur Strömung. Für die Schubspannungen gilt folgendes empirisches Gesetz 151 · ¸ dv N τ =η Newtonsches Reibungsgesetz τ dz m2 Die Proportionalitätskonstante η heisst Zähigkeit oder Viskosität. Ihre Dimension ist Ns [η] = m 2 = Pascal·s. (Für die noch häufig gebrauchte cgs-System-Einheit Poise gilt die Umrechnung 1 Poise = 0.1 Pascalsekunde.) η In einer realen Flüssigkeit existieren neben dem bislang " Flussigkeit allein betrachteten Druck, d.h. der Normalspannung, auch Tangential- oder Schubspannungen. Die Viskosität ist stark T temperaturabhängig. Während bei Flüssigkeiten die Kraftwirkung benachbarter η Gas Schichten mit steigender Temperatur abnimmt, beruht die Zunahme von η bei Gasen darauf, dass hier die innere Reibung eine andere Ursache hat, nämlich die Diffusion zwiT schen benachbarten Gasschichten. Wenn Gasteilchen aus einer schnelleren Schicht in eine langsame übertreten, so erhöhen sie den Impuls der langsameren Schicht, so dass sich die√Geschwindigkeiten beider Schichten angleichen. Da die mittlere Gasgeschwindigkeit v̄ ∼ Temperatur ist (Kap. ??), wächst η mit der Temperatur. Viskosität Für wichtige Stoffe wie Wasser und Luft ist η relativ klein, η [Pascal s] so dass bei kleinem dv/dz auch die Schubspannungen ge20◦ , 1 bar ring sind und die Substanz als nahezu reibungsfrei angeseLuft 1.83 ·10−5 hen werden kann. Dieses Argument gilt jedoch nicht mehr H2 O 1.00 ·10−3 für die Grenzschicht, wo grosse Gradienten dv/dz und soHg 1.56 ·10−3 mit beträchtliche Schubspannungen auftreten. Hier muss Pech ∼ 107 die Reibung immer berücksichtigt werden. Wir benutzen das Newtonsche Reibungsgesetz zur Berechnung der Geschwindigkeitsverteilung und der Durchflussmenge einer zähen, inkompressiblen (ρ = konst.) Flüssigkeit, die laminar durch ein Rohr mit kreisförmigem Querschnitt strömt (Hagen-Poiseuille-Strömung). Wir denken uns die Flüssigkeit in konzentrische Hohlzylinder von jeweils infinitesimal kleiner Wandstärke dr zerlegt. Ist die Strömung stationär, so muss die Summe der Kräfte, die auf einen Hohlzylinder wirken, verschwinden. Diese Kräfte sind einmal die Druckkraft (p1 − p2 )2πrdr infolge des Druckunterschiedes zwischen Anfang und Ende des Zylinders und dann die Schubspannungskräfte τ , welche die benachbarten Zylinder ausüben. Vernachlässigen wir das Gewicht, so gilt im Gleichgewicht (p1 − p2 )2πrdr + 2πℓ(τ r)r+dr − 2πℓ(τ r)r = 0, R p1 dr r τ(r+dr) τ(r) p2 oder r d − (p1 − p2 ) dr = (τ r)dr. ℓ dr Integriert ergibt dies τ r = −(p1 − p2 ) r2 + C1 . 2ℓ (r = 0) = 0, Aus Symmetriegründen ist die Randbedingung der Differentialgleichung dv dr d.h. nach dem Newtonschen Reibungsgesetz τ (r = 0) = 0, und damit C1 = 0. Dann wird τ r r2 dv = = −(p1 − p2 ) . Also: v(r) = −(p1 − p2 ) + C2 . dr η 2ℓη 4ℓη 152 Weil die Grenzschicht haftet, gilt v(R) = 0. Also wird C2 = (p1 − p2 ) v→ R2 4ℓη und folglich v(r) = p1 − p2 2 (R − r2 ) 4ℓη Die Geschwindigkeitsverteilung ist parabolisch. Die maximale Geschwindigkeit wird auf der Rohrachse gemessen, sie hat den Wert vmax = (p1 − p2 ) 2 R . 4ηℓ Die pro Zeiteinheit durch einen Rohrquerschnitt fliessende, inkompressible (ρ = konst.) Flüssigkeitsmenge Q [ kg ] ist s Q= ZR 0 R " πρ(p1 − p2 ) R2 r2 r4 2πρ(p1 − p2 ) Z (R2 r − r3 )dr = 2πrv(r)ρdr = − 4ηℓ 2ηℓ 2 4 0 Damit folgt das Q= πρ(p1 − p2 )R4 . 8ηℓ #¯R ¯ ¯ ¯ . ¯ 0 Hagen-Poiseuille-Gesetz. Die gute experimentelle Bestätigung dieses Gesetzes bedeutet, dass die Annahme einer haftenden Grenzschicht zu Recht besteht. 12.5 Viskose Widerstände und Reynoldsche Zahl Aus dem Hagen-Poiseuille-Gesetz folgt als mittlere Durchflussgeschwindigkeit R Q (p1 − p2 )R2 1 Z = v(r) · 2πr dr = v̄ = 2 πR 8ηℓ πR2 ρ und als Druckkraft F , 0 die vom Druckunterschied p1 − p2 herrührt, F = (p1 − p2 )πR2 = 8πηℓv̄. Da die Flüssigkeit nicht beschleunigt wird, muss eine entgegengesetzte Kraft Wv wirken, die das Rohr auf die Flüssigkeit ausübt. Dieser viskose Widerstand hat also den Betrag Wv = 8πηℓv̄ Hagen-Poiseuile- Widerstand in einem Rohr. (162) Das gleiche Ergebnis erhält man natürlich, wenn man 2πRℓτ (R) mit dem Wert für τ (R) = |p1 − p2 | R/2ℓ aus Kapitel 12.4 berechnet. Eine weitere Widerstandsformel stammt von Stokes. Bewegt sich eine Kugel vom Radius r in einer viskosen Flüssigkeit, wobei diese die Kugel laminar umströmt, so erfährt die Kugel einen viskosen Widerstand Wv = 6πηrv̄ Stokes-Widerstand einer Kugel. (163) Für turbulente Strömungen bei höheren Geschwindigkeiten, bei denen das HagenPoiseuillesche Gesetz nicht mehr gilt und die Geschwindigkeitsverteilung in einem Rohr nahezu rechteckig ist, kommt zu dem reinen laminaren Reibungswiderstand noch der Druck- oder Wirbelwiderstand durch die Erzeugung und Ablösung von Wirbeln. Dieser Druckwiderstand ist proportional zum Staudruck ρ2 v 2 , die zu leistende Arbeit ist in der 153 kinetischen Energie in den Wirbeln enthalten, und zur Fläche A des Körpers senkrecht zur Strömungsrichtung, d.h. ρ W = K v2A 2 für turbulente Strömung. ρv 2 /2 stellt die kinetische Energie der Flüssigkeit pro Volumeneinheit dar, K ist die dimensionslose Widerstandsziffer (Widerstandsbeiwert). Es ist A = 2πRℓ für ein Rohr (Hagen-Poiseuille), A = πr2 für eine Kugel (Stokes). Mit den Gl. (162) und (163) erhalten wir dann für die Widerstandsziffern KH−P = 8πηℓv̄ ρ 2 v̄ 2πRℓ 2 8 = ³ ρv̄R ´ , KS = η 6πηrv̄ ρ 2 v̄ πr2 2 12 = ³ ρv̄r ´ . η In beiden Fällen hängt die Widerstandsziffer nur von einer dimensionslosen Zahl ab: Re = ρLv̄ η die Reynoldsche Zahl. L ist eine für das jeweilige Problem charakteristische Länge (Kugel- bzw. RohrRadius). Somit werden die viskosen Widerstände WH−P = 8 ρ 2 v A, Re 2 WS = 12 ρ 2 v A, Re 2 oder allgemein ρ W = ψ(Re ) v 2 A 2 (164) Die Widerstandsziffer ψ(Re ) ist also nur eine Funktion der Reynoldschen Zahl. Dies ist das eigentlich Charakteristische des Widerstandsgesetzes. In der Physik nennt man zwei Prozesse, z.B. zwei Strömungen, physikalisch ähnlich, wenn entsprechende physikalische Grössen an ähnlich gelegenen Punkten einander proportional sind. Ähnliche Strömungen mit Widerständen, die einander proportional sind, liegen also vor, wenn bei ähnlicher Geometrie die Reynoldschen Zahlen gleich sind: Re1 = v 1 ρ1 L 1 v 2 ρ2 L 2 = Re2 = = Re3 = . . . η1 η2 Man kann also für Modellkörper z.B. L2 viel kleiner als L1 machen, muss dann aber, falls ρ1 = ρ2 , η1 = η2 sein soll, die Geschwindigkeit v2 entsprechend grösser wählen. Die Erfahrung zeigt, dass laminare Strömungen nur existieren, wenn Re einen kritischen Wert ReK nicht überschreitet. Turbulenz tritt ein, wenn ReK überschritten wird. Für Re < ReK ist die laminare, für Re > ReK ist die turbulente Strömung stabil. ReK hängt von den um- bzw. durchströmten Objekten ab. Für glatte Rohre ist ReK = ρLv ≈ 2300 η (L = Durchmesser). Bei vorgegebenen Werten von L, ρ und η tritt Turbulenz ein, wenn v eine η kritische Geschwindigkeit vK = ReK ρL überschreitet. In einem Rohr von L = 1 cm Durchmesser ist 2300 · 1.8 · 10−5 2300 · 10−3 = 0.23m/s, für Luft v ≈ = 3m/s. K 103 10−2 1.310−2 Für Luft ist damit vK ≈ 10 km/h die kritische Geschwindigkeit, die ein frei fallender Körper schon nach weniger als 1 Sekunde erreicht. für Wasser vK ≈ 154 12.6 Der dynamische Auftrieb und Widerstand Einen statischen Auftrieb erfährt jeder Körper in einem gasförmigen oder flüssigen Medium, das unter dem Einfluss der Schwerkraft steht. Ein dynamischer Auftrieb entsteht, wenn Medium und Körper sich gegeneinander bewegen und infolge einer Unsymmetrie der Strömung eine resultierende Kraft auftritt. Wir betrachten zunächst eine ebene Strömung um einen Zylinder mit den folgenden Eigenschaften: a) ~v = −∇Φ, d.h. ∇ × ~v = 0 (Potentialströmung) b) η = 0 (es existiert keine Grenzschicht) c) ∇ · ~v = 0 (inkompressibel) und mit der Randbedingung, dass an der Zylinderoberfläche ~v senkrecht zur Achse verlaufe. Es ist also für das Geschwindigkeitspotential Φ die Differentialgleichung ∇ · ~v = −∇ · ∇Φ = ∆Φ = − ∂ 2Φ ∂ 2Φ ∂ 2Φ − − 2 =0 ∂x2 ∂y 2 ∂z mit der entsprechenden Randbedingung zu lösen. Die Lösung wird mittels konformer Abbildung oder wie auf Seite 149 gefunden. Für die Geschwindigkeit ~v (r, ϕ) lautet die Lösung (vgl. Kap. 12.3.6) r → vo ϕ P1 vr vϕ ! à R2 vr = v◦ cos ϕ 1 − 2 , r v→ à ! R2 vϕ = −v◦ sin ϕ 1 + 2 . r P2 R P1 , P2 sind Staupunkte mit vr = 0. ~v◦ ist die Strömungsgeschwindigkeit im grossen Abstand vom Zylinder. Da das Stromlinienbild völlig symmetrisch ist, erfährt der Zylinder keinerlei dynamische Kräfte112 . Sein Gewicht und statischer Auftrieb sind in diesem Zusammenhang nicht von Interesse. Wir überzeugen uns rechnerisch. An der Zylinderoberfläche r = R ist vr = 0, vϕ = −2v◦ sin ϕ. Nach der Bernoulli-Gleichung ist dann der statische Druck an der Zylinderoberfläche ρ p = p◦ − vϕ2 = p◦ − 2ρv◦2 sin2 ϕ. 2 Also übt die Potentialströmung auf ein Flächenelement LRdϕ des Zylinders eine Kraft dF = pLRdϕ aus. Wir zerlegen dF in eine x- und y-Komponente und integrieren über die ganze Zylinderoberfläche: dF y ¾x 6 '$ ¡? dFy ª dϕ ¡ ¶ϕ ¡ ¡ ¡ -x ¶ @ R @ &% Fx = − Z2π O pLR cos ϕ dϕ = −LR Z2π ³ O ´ p◦ − 2ρv◦2 sin2 ϕ cos ϕ dϕ 112 Die Stromlinien r = r(ϕ) können in Polarkoordinaten durch Integration aus den Geschwindigkeiten dϕ vr = dr dt und vϕ = r dt berechnet werden aus dr 1 1 − R2 /r2 vr = · = − cot ϕ vϕ dϕ r 1 + R2 /r2 Z dr 1 + R2 /r2 =2 r 1 − R2 /r2 Z durch Separation der Variablen und Substitution ̺ = r R Z Z d ̺d̺ d̺ ̺2 − 1 − = ln = − cot ϕ dϕ = − ln sin ϕ+ln d ⇒ ̺2 − ̺ = 1. 2 ̺ −1 ̺ ̺ sin ϕ Dies ist die Bahngleichung in Polarkoordinaten mit der Integrationskonstanten d, dem Abstand von der x-Achse bei kleinem Winkel und grossem r, dort gilt angenähert ̺ = d/ sin ϕ. 155 = −LR p◦ Z2π O cos ϕ dϕ − 2ρv◦2 Z2π O sin2 ϕ cos ϕ dϕ Da beide Integrale verschwinden, ist Fx = 0. Analog findet man Z2π Fy = − pLR sin ϕ dϕ = 0. O Wenn also auf den Zylinder eine dynamische Kraft ausgeübt werden soll, muss die Symmetrie der Strömung gestört werden. Deswegen überlagern wir der obigen Potentialströmung die in Kapitel 12.3.5 mit dem Beispiel 2. bereits diskutierte Zirkulationsströmung Z 1 bzw. 2π r x Z und v ′ y = v ′ ϕ cos ϕ = − . 2π x2 + y 2 v ′ r = 0, mit den rechtsdrehenden Geschwindigkeiten v ′ x = −v ′ ϕ sin ϕ = Es ist Z = I y Z 2π x2 + y 2 v~′ d~s = ( 2πaω wenn der Nullpunkt umschlossen wird. 0 andernfalls. Die Überlagerung beider Strömungen ~v ′′ = ~v + ~v ′ ergibt ! à R2 ′′ vr = v◦ cos ϕ 1 − 2 r y x R P1 v′ϕ = − P2 vϕ′′ à R2 = −v◦ sin ϕ 1 + 2 r ! − Z . 2πr Wie vorher ist aus Symmetriegründen Fx = 0. Jedoch ergibt sich durch die in der yRichtung gestörte Symmetrie und den damit grösseren Druck an der Unterseite eine Kraft Fy = − Z2π 0 pLRdϕ sin ϕ = −LR Z2π · 2π ¸ ρ LRρ Z 2 p◦ − v 2 (R) sin ϕdϕ = v (R) sin ϕdϕ. 2 2 0 0 Z2 2v◦ Z sin ϕ + . 2 2 4π R πR Nur der letzte Term liefert einen Beitrag zum Integral: h i2 Hier ist v 2 (R) = vϕ′′ (R) = 4v◦2 sin2 ϕ + 2π LRρ 2v◦ Z Z sin2 ϕdϕ = Lρv◦ Z Fy = 2 πR 0 {z | π Fy hat die Bedeutung eines dynamischen Auftriebs. AD } Wir erhalten also G AD = LρZv◦ den Kutta-Joukowski-Auftrieb. In der Praxis wird die Zirkulationsströmung durch eine Rotation des Zylinders erzeugt. Dann muss aber die Flüssigkeit eine gewisse Zähigkeit haben (η 6= 0), damit eine Grenzschicht existiert, welche die anliegenden Schichten mitreisst. 156 Ein in einer Strömung rotierender Zylinder erfährt also eine ablenkende Kraft AD (Magnus-Effekt ). Rotierende Zylinder fallen deshalb nicht geradlinig. Die Wurfparabeln gleitender und rollender Körper sind in Wasser oder Luft verschieden. Als zweites Beispiel zum dynamischen Auftrieb behandeln wir den Tragflügel von Flugzeugen. Wie entsteht hier eine Asymmetrie in der Strömung? Wir betrachten einen ∞ langen Flügel, damit in jedem Schnitt gleiche Verhältnisse herrschen. Im Moment des Anfahrens in ruhender Luft teilt sich die in P1 auftretende Stromlinie in zwei Linien, die sich in P2 wieder vereinigen. Wenn η 6= 0 ist, so kommt wegen des längeren Weges die oberhalb des Flügels fliessende Luft mit einer kleineren P1 P2 Geschwindigkeit in P2 an als die unterhalb des Flügels fliessende. In P2 bildet sich also eine Unstetigkeitsstelle, die tangentialen Komponenten der Geschwindigkeit machen einen Sprung, so dass ein Wirbel entsteht. Dieser Anfahrwirbel erzeugt eine Zirkulationsströmung im gleichen Sinne. v Wegen der Erhaltung des Drehimpulses muss sich dann um den Flügel eine Zirkulationsströmung im entgegengesetzten Sinne ausbilden. Das bedeutet, dass die Geschwindigkeit auf der oberen Flügelseite langsam zunimmt, während sie auf der unteren Seite abnimmt, bis schliesslich der Geschwindigkeitssprung in P2 beseitigt ist. Der Anfahrwirbel wird mit der Strömung fortgeführt, die Zirkulationsströmung am Tragflügel bleibt übrig. Nach der Bernoulli-Gleichung resultiert auf der Flügeloberseite ein Sog, auf der Unterseite ein Drucküberschuss, so dass wieder ein dynamischer Auftrieb entsteht. Mathematisch behandelt man das Problem, indem man durch eine konforme Abbildung das Flügelprofil in einen Kreis überführt und umgekehrt. y x P1 R P2 Den richtigen Wert von Z findet man aus der Bedingung, dass der Staupunkt P2 an die Heckkante zu liegen kommt. Als Auftrieb erhält man wieder den Wert von KuttaJoukowski: AD = LZv◦ ρ. H Wovon hängt die Zirkulation Z = ~v d~s ab? Sicherlich ist Z ∼ v◦ = Anfahrgeschwindigkeit. A Ferner hängt Z auch von der Länge des Weges des Linienintegrals ab, also von der Höhe h oder der Breite b des Flügels, d.h. Z ∼ h bzw. Z ∼ b. Dann wird der Auftrieb P1 P2 AD = Lρv◦ Z ∼ Lρv◦ v◦ h = Lhρv◦2 bzw. AD ∼ Lbρv◦2 . Lh = A bzw. Lb = A′ haben die Bedeutung einer Fläche. Die Abhängigkeit vom Anstellwinkel α stecken wir in die Proportionalitätskonstante. Wir erhalten dann für den dynamischen Auftrieb 157 AD = KA ρ2 v◦2 A KA nennt man die Auftriebsziffer. Diese Form der Gleichung erinnert an den Ausdruck für den viskosen Widerstand nach Hagen-Poiseuille oder Stokes (Kapitel 12.5). Für die Stokes-Reibung hatten wir erhalten 12 ρ Wv = ³ ρv̄r ´ v̄ 2 A ∼ v̄. 2 η Ein analoger viskoser Widerstand Wv , der proportional zur Anströmgeschwindigkeit ~ D senkrecht zu ~v◦ steht, v◦ ist, ist natürlich auch beim Tragflügel vorhanden. Während A ~ v entgegengesetzt zu ~v◦ . steht W Es entsteht jedoch noch eine zweite Art von Widerstand, der dynamische Widerstand WD , der im wesentlichen 2 Ursachen hat: a) Wegen der endlichen Flügellänge tritt am Flügelende ein Randwiderstand auf. Der zwischen der Flügelober- und unterseite herrschende Druckunterschied versucht sich über das Flügelende auszugleichen. Da sich der Flügel gleichzeitig fortbewegt, bilden Wirbelzopf sich Wirbelzöpfe. Die zu ihrer Bildung notwendige kinetivo sche Energie wird dem Flugzeug entzogen. Die Grösse der Wirbelzöpfe hängt von der Flügelbreite ab. Vögel mit aufgespaltenen Flugfedern haben ein kleines WD , vgl.113 b) Bei hohen Geschwindigkeiten haftet die Grenzschicht nicht mehr, sie löst sich ab und bildet ebenfalls Wirbel. Diese Wirbelbildung führt zu einem Widerstand, den wir analog zum dynamischen Auftrieb AD in der Form AD v o F WD WD = KW ρ2 v◦2 A Dynamischer Widerstand schreiben. KW nennt man die Widerstandsziffer. Wie bei KA hängt sie vom Profil und Anstellwinkel ab. Im Gegensatz zum viskosen Widerstand ist jedoch der dynamische Widerstand proportional zu v◦2 , macht sich also bei hohen Geschwindigkeiten sehr stark bemerkbar. Die gesamte durch die Strömung hervorgerufene dynamische Kraft besitzt also zwei Komponenten, AD und WD . Als Profil wählt man die Stromlinienform, bei welcher der Körper von den Stromlinien umhüllt und KW möglichst klein wird. 15o Der optimale Anstellwinkel α wird aus dem Lilienthal- DiaKA gramm gewonnen, er ist durch KA /KW = Maximum gegeben. 10o o 3 Damit der Flügel sich mit einer konstanten Geschwindigkeit beo wegen kann, muss noch eine von den Propellern oder den Düsen0 triebwerken gelieferte Zugkraft F~ hinzukommen, damit ist -6 o KW ~D + W ~D+G ~ + F~ = 0. A 113 Technische Anwendung: Riblets - haarfeine Rillen verringern den Reibungswiderstand von Flugzeugen, Spektrum d. Wissenschaft, Dezember 1991 S.36 158 v-◦ ¾ ¾»¾ H Abschliessend stellen wir die Widerstandsziffern KW WD WD - W -D HH © © für den dynamischen Widerstand WD verschiedener © ½¼½ ½ Körper zusammen. Auch hier beruht der Widerstand auf der Entstehung von Wirbeln, zu deren Bildung » Energie notwendig ist, die den bewegten Körpern verv-◦ WD WD loren geht. Dabei bildet sich hinter den Körpern eine ¼ regelrechte Wirbelstrasse. KW = 1.58 1.33 Die einzelnen Wirbel lösen sich nicht gleichzeitig, sondern abwechselnd ab, was zu Vibrationen um die Längsachse führt (Platte in Wasser, Stab in Luft). In allen Fällen ist der dynamische Widerstand selbst dem Quadrat der Geschwindigkeit proportional. KW = 12.7 0.22 0.34 0.08 Kohäsions- und Adhäsionseffekte bei Flüssigkeiten Eine für Flüssigkeiten typische Erscheinung ist die Oberflächenspannung , in der sich die Existenz der intermolekularen Kräfte besonders drastisch bemerkbar macht. Das Modell einer tropfbaren Flüssigkeit stellt die Moleküle als fast starre Kugeln (kleine Kompressibilität) dar, die unter dem Einfluss der anziehenden Molekularkräfte so dicht wie möglich gepackt sind. Die Anziehungskräfte können durch die Molekularbewegung überwunden werden: das System ist dann im gasförmigen Zustand. In einer Flüssigkeit dagegen versuchen die Moleküle, sich möglichst zusammenzuballen. x Wir betrachten ein Flüssigkeitsteilchen X in verschiedenen x Abständen von der Oberfläche. Wir können uns um das Teilchen eine Kugel denken, deren Moleküle noch bemerk→ bare Kräfte auf das Teilchen X ausüben und umgekehrt. ∑F i = 0 innen Diese Kugel definiert die Wirkungssphäre des Teilchens X. Liegt diese Sphäre im Innern der Flüssigkeit, so heben sich die Anziehungskräfte der Nachbarn auf X im zeitlichen Mittel auf und X ist im Gleichgewicht. Ragt jedoch ein Teil der Wirkungssphäre aus der Flüssigkeit heraus, so ist das Gleichgewicht gestört und es resultiert eine in das Innere der Flüssigkeit gerichtete Zugkraft, die Kohäsionskraft. Ihr entgegengesetzt wirken die Anziehungskräfte der Gasmoleküle über der Flüssigkeit, allerdings ist diese Kraft viel kleiner als die Kohäsionskraft. Es ist also Arbeit aufzuwenden, um Moleküle aus dem Innern der Flüssigkeit an ihre Oberfläche zu transportieren. Die Moleküle an der Oberfläche haben also einen Vorrat an potentieller Energie, die sogenannte Oberflächenenergie. Jede Vergrösserung der Oberfläche erfordert eine Arbeit von aussen und erhöht die Gesamtenergie der Flüssigkeit. Die Flüssigkeit befindet sich im stabilen Gleichgewicht, wenn ihre Gesamtenergie ein Minimum ist, wenn also die Oberfläche eine Minimalfläche ist. Ohne äussere Kräfte bildet die Flüssigkeit kugelförmige Tropfen. Sind auch äussere Volumenkräfte vorhanden, so wird natürlich die Form der freien Oberfläche anders. Man definiert als Oberflächenspannung α den Quotienten aus der Arbeit dW , die zur Bildung einer neuen Oberfläche dA notwendig ist: dW α = Oberflächenspannung A+dA dA Die Dimension der Oberflächenspannung ist A ¸ · " # · ¸ Kraft Newton Energie = = . [α] = Fläche Länge m 159 (α hat nicht die Dimension Kraft/Fläche der sonst in der Physik benutzten Spannung.) Die Oberfläche einer Flüssigkeit hat eine grosse Ähnlichkeit mit einer elastischen Gummimembran. Allerdings ist α eine Konstante und unabhängig von Grösse und Gestalt der Oberfläche, α ist ja durch die molekularen Eigenschaften der Flüssigkeit bestimmt. Dagegen ändern sich die elastischen Spannungen bei einer Änderung der Fläche im gleichen Sinne. Dennoch kann man die Oberflächenspannung auch in folgender Weise einführen. Wird die Flüssigkeitsoberfläche längs eines Linienelements ds aufgeschnitten, so muss im Schnitt eine Kraft dF~ angebracht werden, damit Gleichgewicht herrscht. dF~ liegt in der Tangentialebene und steht senkrecht zu d~s, da keine Schubspannungen wirken. Ferner ist dF = βds. Um β mit α zu vergleichen, denkt man sich den Schnitt ds in Richtung von dF um dx verschoben. Die von dF geleistete Arbeit ist → dF dW = dF dx = βdsdx = αdA = αdxds. ds Es ist also β=α oder α= dF . ds Die Oberflächenspannung α ist die pro Längeneinheit eines Schnitts angreifende Kraft. Hieraus ergibt sich die Lenard-Methode zur Messung von α mit einer Waage. Im Drahtbügel wird eine Flüssigkeitslamelle gebildet. Ihre Oberfläche wird auf beiden Seiten b → → G vergrössert, wenn der Bügel aus der Flüssigkeit gezogen → Go F → → wird. Unmittelbar vor dem Zerreissen der Lamelle gilt Go =mg G = G◦ + F , wobei F = 2bα. Die Oberflächenspannung α hängt von der TemOberflächenspannung α peratur ab. Die folgenden Werte beziehen sich Substanz T α auf Oberflächen, die mit dem Dampf der Flüssig[◦ C] [N/m] keit bzw. mit Luft in Kontakt sind. Die OberH2 O 18 0.073 flächenspannung wird durch Verunreinigungen beC2 H5 OH 20 0.022 einflusst, sinkt im allgemeinen beim Lösen von Hg 15 0.407 Fremdstoffen. Die Ursache ist darin zu suchen, flüssige Luft - 190 0.012 dass die van-der Waals-Anziehungskräfte zwischen Oel 20 0.032 den Fremdstoff-Molekülen und den FlüssigkeitsSeifenlösung 20 0.030 Molekülen meist geringer sind als zwischen den Aethyl-Aether 20 0.017 Flüssigkeits-Molekülen untereinander. Die Fremdstoffmoleküle lassen sich deshalb mit geringerem Arbeitsaufwand an die Oberfläche befördern als die Flüssigkeitsmoleküle, d.h. die Fremdstoffmoleküle reichern sich an der Oberfläche an. Dann aber erfahren die Flüssigkeitsmoleküle an der Oberfläche eine verminderte Anziehung: α ist also kleiner geworden. Wirken auf Flüssigkeiten äussere Volumenkräfte, so sind die freien Oberflächen keine Äquipotentialflächen dieser Kräfte mehr. Bei sehr kleinem Volumen wird die Form der Oberfläche weitgehend durch die intermolekularen Kräfte bestimmt, bei grossem Volumen dagegen durch die äusseren Kräfte. Der erstere Fall ist besonders bei sogenannten Flüssigkeitslamellen (z.B. Seifenblasen) stark ausgeprägt. Wir betrachten ein kleines Flüssigkeitsvolumen dV , das gedV rade unterhalb der gekrümmten Oberfläche liegt. Für eidV dV ne konvexe Oberfläche wird die Kohäsionskraft gegenüber dem Wert bei einer ebenen Oberfläche erhöht, weil jetzt ein grösserer Teil der Wirkungssphäre des Flüssigkeitsvolumens dV leer ist. Für eine konkave Oberfläche wird die Kohäsionskraft erniedrigt. Die auf die Flächeneinheit bezogene 160 Änderung der Kohäsionskraft nennt man den Normaldruck , den wir jetzt berechnen werden. Wir beginnen mit der konvexen Oberfläche einer kompakten Flüssigkeit, also nicht mit einer Lamelle. Gegeben sei das Flächenelement dA = ds1 ds2 mit dem → αds1 Punkt P im Zentrum. In P wird die Flächennormale errich- αds2 ds2 n ds1 tet, und durch die Normale werden Ebenen gelegt, die aus P αds2 der Oberfläche Kurven herausschneiden. Von diesen Kurven gibt es zwei, die in zueinander senkrechten Ebenen lieαds1 R2 gen, den Hauptebenen, und welche die Hauptkrümmungsdφ 2 radien R1 und R2 haben. Die Mittelpunkte dieser HauptR1 krümmungskreise liegen auf der Flächennormalen. Also dφ 1 ds1 || Hauptebene 1, ds2 || Hauptebene 2. Auf die Seiten ds1 und ds2 wirken infolge der Oberflächenspannung Tangentialkräfte αds1 und αds2 , welche in der Normalenrichtung folgende Kraftkomponenten haben: 2(αds2 ) sin dφ1 ds1 ≈ αds2 dφ1 = αds2 2 R1 und 2(αds1 ) sin µ dφ2 ds2 ≈ αds1 . Die 2 R2 ¶ µ ¶ 1 1 1 1 Resultierende in Normalenrichtung ist dF = αds1 ds2 = αdA , + + R1 R2 R1 R2 und es existiert ein Druckunterschied p zwischen Aussenraum und Flüssigkeitsinnerem µ 1 1 dF =α + p= dA R1 R2 ¶ Normaldruck einer gekrümmten Flüssigkeitsoberfläche. (165) Sonderfälle: 1. Ebene Grenzfläche: 2. Zylindrische Oberfläche: R1 = R2 = ∞ → p = 0 R2 = ∞ → p = α R1 3. Gewichtsloser Flüssigkeitstropfen: Er ist also nur der Oberflächenspannung unterworfen. p muss überall gleich sein, die Oberfläche muss also konstante Krümmung . haben. Im einfachsten Falle ist das eine Kugel, d.h. R1 = R2 = R → p = 2α R 4. Geschlossene Flüssigkeitslamelle: Es sind 2 dicht benachbarte Oberflächen vorhanden. In der Herleitung der Gleichung (165) für p sind also alle Kräfte mit 2 zu multiplizieren, und man erhält einen Druckunterschied zwischen Innenraum und Aussenraum: dA ds 2 ds 1 µ 1 1 + ∆p = 2α R1 R2 ¶ Speziell für eine Kugel ist R1 = R2 = R → ∆p = 4α . R Bei grossen Kugeln (Seifenblase, Luftballon) ist also der Normaldruck klein114 . 5. Offene Lamellen: 114 Ein Luftballon ist anfangs schwer aufzublasen, da R klein und ∆p gross ist, später jedoch sehr leicht bis zum Platzen zu vergrössern. 161 Der Druck auf beiden Seiten ist gleich, also µ -R 1 ¶ 1 1 . Lösungen sind + ∆p = 0 = 2α R1 R2 R1 R1 = R2 = ∞ ebene Lamelle, R1 = −R2 Sattelfläche. 6. Seifenlamelle zwischen parallelen Platten: Die Oberfläche ist wiederum eine Sattelfläche. Für d ≪ R ist die Druckdifferenz ∆p zwischen innen und aussen gegeben pi d pa durch à 1 1 ∆p = pi − pa = 2α − R d/2 ! 4α ∼ =− . d 2R 4αR2 π . Die beiden Platten ziehen sich an mit der Kraft F = ∆pπR = d 2 Ist der Raum zwischen den Platten mit Flüssigkeit gefüllt, so ist F = 2αR2 π . d Adhäsionskräfte, Kapillarität Bislang haben wir die zwischen artgleichen Molekülen einer Flüssigkeit wirkenden Kohäsionskräfte behandelt. Der Begriff der Oberflächenspannung bezieht sich eigentlich auf die Phasengrenze Flüssigkeit-Vakuum. Wir wollen jetzt die Phasengrenze flüssig-fest diskutieren, wo die zwischen Molekülen verschiedener Substanzen herrschenden Adhäsionskräfte wirken. Bringt man z.B. einen Tropfen Flüssigkeit auf eine ebene Unterlage, dann wird sich dieser ausbreiten, wenn die Adhäsion überwiegt, andernfalls wird er nur etwas abgeplattet. Im ersten Fall benetzt die Flüssigkeit, im zweiten benetzt sie nicht. Die Adhäsion kann bei kleiner Kohäsion so gross werden, dass sich die Flüssigkeit in eine monomolekulabenetzend re Schicht ausbreitet. Die Adhäsionseffekte sind besonders auffällig in engen Röhren (Kapillaren), man spricht deshalb nicht benetzend auch von Kapillaritätseffekten. Steht eine freie, horizontale Flüssigkeitsoberfläche in Kontakt mit einer vertikalen Wand, so wird sie hochgezogen α 13 1. (kapillare Attraktion) oder hinuntergedrückt (kapillare De3. P pression), je nach Adhäsions- und Kohäsionsbedingungen. α 23 Die Wand schneidet aus der Flüssigkeitsoberfläche eine Beφ α 12 2. grenzungslinie P heraus, an der drei Grenzflächenspannungen auftreten. 1. Kohäsionsspannung α12 zwischen der Flüssigkeit und ihrem Dampf. Sie ist immer positiv, denn zum Verdampfen einer Flüssigkeit ist Arbeit notwendig. 2. Adhäsionsspannung α13 zwischen der Wand und dem Flüssigkeitsdampf. Sie ist meist sehr klein. 3. Adhäsionsspannung α23 zwischen Wand und Flüssigkeit. Sie kann auch negativ sein, wenn die Anziehung zwischen Wand- und Flüssigkeitsmolekülen stärker ist als jene der Flüssigkeitsmoleküle untereinander. 162 Diese Spannungen sind die jeweils pro Längeneinheit der Begrenzungslinie angreifenden Kräfte (Kohäsions- bzw. Adhäsionskraft). Damit sich die Begrenzungslinie nicht entlang der Wand verschiebt, müssen die Tangentialkomponenten der drei Oberflächenspannungen sich das Gleichgewicht halten. Für ein Linienelement dℓ der Begrenzungslinie gilt also dℓα13 = dℓα32 + dℓα12 cos φ, (166) wenn φ der Randwinkel ist, den die Flüssigkeitsoberfläche mit der Wand bildet. Die Schwerkraft kann in der Begrenzungslinie vernachlässigt werden. Für die Normalkomponenten muss keine Gleichgewichtsbedingung gelten, weil eine resultierende Normalkomponente nur einen Zug oder Druck an der Wand ausüben würde. Aus Gl. (166) folgt cos φ = α13 − α23 . α12 Da | cos φ| ≤ 1, kann die Gleichgewichtsbedingung nur für |α13 − α23 | ≤ α12 erfüllt werden. Wir können verschiedene Fälle unterscheiden: a) α13 > α23 : φ ist ein spitzer Winkel, benetzende Flüssigkeit b) α13 < α23 : φ ist stumpf, nichtbenetzende Flüssigkeit P c) α13 − α23 = α12 : φ = 0, vollständig benetzende Flüssigkeit φ d) α13 − α23 = −α12 : φ = π, vollständig nichtbenetzende Flüssigkeit. Ist α13 −α23 > α12 , so kann die Gleichgewichtsbedingung nicht erfüllt werden. Die Flüssigkeit kriecht so lange an der Wand hoch und bedeckt sie mit einer dünnen Schicht, bis das Gewicht dieser Schicht für das notwendige Gleichgewicht sorgt. Der Randwinkel bleibt dabei Null. In Kapillaren kann wegen ihrer grossen Oberfläche die Anziehungskraft der Wand gross gegenüber dem Gewicht der Flüssigkeit werden, so dass die Flüssigkeitsoberfläche hochsteigt (Kapillar-Attraktion , z.B. Wasser). Überwiegt dagegen die Kohäsion der Flüssigkeit, so wird diese in der Kapillare heruntergedrückt (Kapillar-Depression des Quecksilbers). Wir berechnen die Steighöhe h einer benetzenden Flüssigkeit in einem engen Rohr vom Radius r. Die Flüssigkeitsoberfläche bildet einen Meniskus, d.h. sie ist gekrümmt. Da sie nach innen (mit Krümmungsradius r′ ) gekrümmt ist, ist der Normaldruck = 2α12 /r′ negativ, stellt also einen Zug dar. Im Gleichtgewichtszustand muss dieser Zug gleich dem statischen Druck ρgh sein, 2α12 cos φ 2 (α13 − α32 ) 2α12 = , also ρgh = ′ = p r r r wenn wir noch Gleichung (166) heranziehen, ist die φ α 12 r h Steighöhe h = 2 (α13 − α31 ) 2α12 cos φ = . ρgr ρgr (167) Für vollständig benetzende Flüssigkeiten ist cos φ = 1. Wir tauchen zwei Platten, die einen spitzen Winkel β miteinander bilden, in eine benetzende Flüssigkeit, die an den 163 β Platten hochsteigt. Mit z und x seien die Koordinaten jener Kurve bezeichnet, welche die Flüssigkeitsoberfläche begrenzt, wobei z mit h aus Gleichung (167) identisch ist. Aus der Figur liest man ab 2r r β β = tg ≈ . x 2 2 x β/2 (für β ≪ 1) 4α12 cos φ 4α12 cos φ 2α12 cos φ = oder zx = = konst. ρgr ρgxβ ρgβ Die Anstiegskurve im Keil ist eine gleichseitige Hyperbel. Also wird z(x) = h(x) = 12.7.1 Die Differentialgleichung einer Oberfläche (Seifenblase) † Es ist zu beachten, dass eine Seifenblase oder eine offene Lamelle kein absolut stabiles Gebilde ist, da innerhalb der Lamelle stets Flüssigkeit nach unten abfliessen kann. Wegen der Viskosität in den dünnen Lamellen läuft jedoch die Bewegung so langsam ab, dass man das ganze Gebilde quasistatisch behandeln kann115 . Die Gleichung (165) ist eine reine geometrische Bedingung, die mit der analytischen Geometrie für die mittlere Krümmung einer Fläche z = z(x, y) in folgender Form geschrieben werden kann h 1+ 1 1 + =0= R1 R2 ³ ∂z ∂y ´2 i ∂2z ∂x2 h 2 h ∂z ∂z ∂ z − 2 ∂x + 1+ ∂y ∂x∂y 1+ ³ ∂z ∂x ´2 + ³ ∂z ∂y ´2 i3/2 ³ ∂z ∂x ´2 i ∂2z ∂y 2 (168) Diese komplizierte partielle Differentialgleichung (168) muss für ein spezielles Problem mit den Randbedingungen z.B. den Umrandungen gelöst werden116 . Beispiele 1. Kugelförmige Seifenblasen oder Luftballone haben R1 = R2 = R und damit ∆p = 4α R. Im Innern der Blase herrscht ein Überdruck, der umso kleiner ist, je grösser die Blase wird. 2. Bei einer offenen Lamelle ist ∆p = 0, der Druck ist auf beiden Seiten gleich; dies wird erfüllt, wenn R1 = R2 → ∞, d.h. die Lamellen eben sind oder wenn R1 = − R1 ist. In 1 2 diesem Fall hat die Lamelle die Form einer Sattelfläche. Man kann zeigen, dass bei einer vorgegebenen Umrandung die Sattelfläche eine Minimalfläche - eine Fläche mit minimaler Oberfläche - ist. 3. Spannt man eine Lamelle zwischen zwei parallele Platten, so ist die Oberfläche wiederum eine Sattelfläche. Für ³ ´ d ≪ R ist die Druckdifferenz ∆p zwischen innen und aussen . Die beiden Platten ziehen sich daher mit einer Kraft ∆p = pi − pa = 2α R1 − d2 ≈ − 4α d 115 A. Gyemant, Hdb. der Physik Bd VII, 1927 p.354. C. Isenberg, “The Science of Soap Films and Soap Bubbles”, Tieto Ltd. 1978. I. Müller, P. Strehlow, “Physik von Luftballons”, Phys.Blätter 55(1999)2,37. 116 Im zweidimensionalen kann die Krümmung k einer Funktion y = y(x) einfach angegeben werden: x = R cos ϕ, y = R sin ϕ, Steigung: tan ϑ = xy = − cot ϕ ⇒ ϑ = ϕ + π/2 = arctan y ′ , dϑ = dϕ. Die Krümmung ist k = 1 R dϕ y ′′ dϑ ds = ds , dϑ = 1+y ′2 dx, y ′′ . Die Sruktur der (1+y ′2 )3/2 = ds2 = dx2 + dy 2 = (1 + y ′2 )dx2 und damit k = mittleren Krümmung k = R11 + R12 einer Fläche z = z(x, y) ist wie angegeben ähnlich, jedoch komplizierter abzuleiten. 164 δ dy dx R y=y(x) y φ x 2 F = ∆p·πR2 ≈ 4αRd π an. Ist der Raum zwischen den Platten mit einer Flüssigkeit gefüllt, 2 dann ist die Oberfläche halbiert und es gilt F = 2αRd π . 4. Für eine axiale Symmetrie einer offenen Lamelle mit ∆p = 0 wird Gl. (168) r ∂z d ∂r r ³ ´2 = 0 dr 1 + ∂z ∂r z r d à dz k 2 1 + dr ⇒ !2 =r 2 ⇒ à dz dr r !2 r ∂z ∂r 1+ ⇒ à ³ dz dr ∂z ∂r !2 ´2 = konst = k (r2 − k 2 ) − k 2 = 0 k z−C dz −1 r , z = kcosh =√ 2 + C, r = kcosh dr k k r − k2 Dies ist ein Katenoid, eine Kettenlinie117 um die z-Achse. r Die Fläche des Katenoids ist S = d/2 R 2πr dz = 4πk 2 0 ³ ´2 R k d = − 1 mit cosh 2k r³ ´ 2 R . k Ei- ³ ´2 ne zweite Lösung mit 2 Kreisflächen ist S = 2πR2 = 4πk 2 Rk − 1 ⇒ Rk = 2. Es wird immer die kleinste Fläche gebildet, d.h. das Katenoid geht bei √ geringer werdendem Ab√ stand bei dem kritischen Abstand zu Radiusverhältnis d/R = 2cosh−1 2 = ±1.24645 in zwei Kreisflächen über. ∂z ∂z 5. Ist der Gradient einer Lamelle klein ∂x ≪ 1, ∂y ≪ 1, dann wird Gl.(168) zur zweidi- mensionalen Laplace Gleichung ∂2z ∂x2 + ∂2z ∂y 2 = 0. 117 Eine Kettenlinie wird gebildet von einer zwischen zwei Punkten aufgehängten Kette oder einem Seil, Draht, Hochspannungsleitung, bei denen die Biegesteifigkeit vernachlässigt werden kann. 165 A Physikalische Konstanten Stand 1986 Physikalische Grösse Symbol Wert(Fehler) Einheit Lichtgeschwindigkeit magn. Feldkonst., Induktionskonst. el. Feldkonst., Influenzkonst.=1/µ0 c2 Gravitationskonstante Standardschwerebeschleunigung Fallbeschleunigung Zürich (452 m) Plancksche Konstante h/2π c µ0 ǫ0 G gn gZ h h̄ h̄c e Φ0 RH α α−1 u u −e/me me me me mµ mµ mµ /me mp mp mp mp /me mn mn mn mn /me mn /mp ERy a0 λe re σe µB µM µN ge gµ gp gn γp γµ µµ /µp µn /µp µn /µe N◦ =L F R k VM b σ 2.997 924 58 × 108 4π × 10−7 8.854 187 817 × 10−12 6.672 59(85) × 10−11 9.806 65 9.806 52 6.626 075 5(40) × 10−34 1.054 572 66(63) × 10−34 197.327 053(59) 1.602 177 33(49) × 10−19 2.067 834 61(61) × 10−15 2.581 280 56(12) × 104 7.297 353 08(33) × 10−3 137.035 989 5(61) 1.660 540 2(10) × 10−27 931.494 32(28) −1.758 819 62(53) × 1011 9.109 389 7(54) × 10−31 5.485 799 03(13) × 10−4 0.510 999 06(15) 1.883 532 7(11) × 10−28 105.658 389(34) 206.768 262(30) 1.672 623 1(10) × 10−27 1.007 276 470(12) 938.272 31(28) 1836.152 701(37) 1.674 928 6(10) × 10−27 1.008 664 904(14) 939.565 63(28) 1838.683 662(40) 1.001 378 404(9) 13.605 698 1(41) 0.529 177 249(24) × 10−10 2.426 310 58(22) × 10−12 2.817 940 92(38) × 10−15 0.665 246 16(18) × 10−28 927.401 54(31) × 10−26 4.485 221 9(15) × 10−26 0.505 078 66(17) × 10−26 2 × 1.001 159 652 193(10) 2 × 1.001 165 924(9) 2 × 2.792 847 386(63) −2 × 1.913 042 75(45) 2π × 42.577 469(13) 2π × 135.538, 793(40) 3.183 345 47(47) −0.684 979 34(16) −0.001 040 668 82(25) 6.022 136 7(36) × 1023 96 485.309(29) 8.314 510(70) 1.380 659(12) × 10−23 22.414 10(19) × 10−3 2.897 756(24) × 10−3 5.670 51(19) × 10−8 m s−1 V s A−1 m−1 A s V−1 m−1 m3 kg−1 s−2 m s−2 m s−2 Js Js MeV fm As=C V s = Wb V A−1 = Ω Elementarladung magnetische Flussquant, h/2e quatisierter Hall-Widerst. h/e2 Feinstrukturkonstante, µ0 ce2 /2h inverse Feistrukturkonstante Atomare Masseneinheit m(12 C) Spezifische Ladung des Elektrons Elektronenmasse Myonenmasse Protonenmasse Neutronenmasse Rydberg-Energie, chR∞ Bohrscher Radius, α/(4πR∞ ) Compton Wellenlänge, h/me c klassischer Elektronenradius, α2 a0 Thomson Wirkungsquersch., re2 8π/3 Bohrsche Magneton, eh̄/2me Myonmagneton, eh̄/2mµ Kernmagneton, eh̄/2mp g-Faktor Elektron, 2µe /µB g-Faktor Myon, 2µµ /µM g-Faktor Proton, 2µp /µN g-Faktor Neutron, 2µn /µN Gyromag. Verhältnis Proton B/ω Gyromag. Verhältnis Myon B/ω Magn. Moment Verhältnis Magn. Moment Verhältnis Magn. Moment Verhältnis Avogadro (Loschmidt) Konstante Faraday-Konstante, N◦ e Molare Gaskonstante Boltzmann-Konstante, R/N◦ Molvolumen (273.15 K, 101325 Pa) Wiensche Konstante, λmax T Stefan-Boltzmann-Konstante 166 kg MeV/c2 C kg−1 kg u MeV/c2 kg MeV/c2 kg u MeV/c2 kg u MeV/c2 eV m m m m2 J/T = A m2 J/T J/T 2π MHz T−1 2π MHz T−1 mol−1 C mol−1 J K−1 mol−1 J K−1 m3 mol−1 mK W m−2 K−4 Fehler (ppm) exakt exakt exakt 128 exakt 0.60 0.60 0.30 0.30 0.30 0.045 0.045 0.045 0.59 0.30 0.30 0.59 0.023 0.30 0.61 0.32 0.15 0.59 0.012 0.30 0.020 0.59 0.014 0.30 0.022 0.009 0.30 0.045 0.089 0.13 0.27 0.34 0.34 0.34 10−5 0.009 0.023 0.024 0.30 0.30 0.24 0.24 0.24 0.59 0.30 8.4 8.5 8.4 8.4 34 B B.1 Grössen und Einheiten der Physik Grössenart, Dimension, Einheitensystem In diesem Kapitel werden die wesentlichen Grundlagen der Einheiten, Zahlenwerte, Dimensionen und Einheitensysteme zusammenfassend dargestellt [vgl. Kamke, Krämer; Physikalische Grundlagen der Masseinheiten, Teubner 1977]. B.1.1 Grösse und Zahlenwert Für eine physikalische Grösse G gibt der Messwert {G} an, wie oft die Einheit [G] in G enthalten ist: G oder G = {G} [G] für Gleichungen. {G} = [G] Z.B. v = 50 km (ohne [. . . ]), 50 ist hier als Messwert eine reine Zahl. Mit Angabe des h Messfehlers schreibt man: v = (50 ± 2) km oder auch v = 50(2) km , wobei der Fehler der h h letzten angegebenen Stellen in Klammern gesetzt wird. B.1.2 Grössenart und Dimension Längenangaben, wie z.B. Höhe, Umfang, Dicke, haben die gleiche Grössenart Länge, die Dimension dieser Grösse ist die Länge. Die Einheiten können sein: 1 m, 1 inch, 1 Lichtjahr, usw. Summen und Differenzen sowie Vergleiche (<, ≤, >, ≥, =, 6=) können nur zwischen Grössen gleicher Grössenart und gleicher Dimension gebildet werden. · ¸ dr m ∆r = Eine Differentiation z.B. v = lim ∆t→0 ∆t dt s liefert die Dimension der zu differenzierenden Grösse dividiert durch die Dimension des Differentials und bei einer Integration r= Zt v(t′ )dt′ [m] durch Multiplikation des Differentials. t◦ Es gibt einige Grössenarten, die die gleiche Dimension haben, wie z.B. der Skalar R Energie oder die Arbeit F~ · d~r [F ℓ] und der Pseudovektor (Axialvektor) Drehmoment ~r × F~ [ℓF ]. Diese Grössen unterscheiden sich jedoch physikalisch durch ihr Stufe (Skalar S, Pseudoskalar P , Vektor oder polarer Vektor V , Pseudovektor oder axialer Vektor A, Tensor T ). In Additionen und Subtraktionen dürfen nur Grössen gleicher Stufe verbunden werden. Für das Produkt von Grössen verschiedener Stufen gelten aus Symmetriegründen Grundregeln, wie V · V = S, V × V = A, V × A = V (vgl. Fussnote S. 9). Eine Division ist nur mit Skalaren einfach. Tritt formell der Ausdruck ~a/~b auf, dann kann mit einer Erweiterung mit ~b gebildet werden ~a ~a · ~b ~a · ~b = = 2 . ~b ~b · ~b b Dieser Rechentrick kann auch für komplexe Zahlen (als 2-dim. Vektoren) angewendet werden. 167 B.1.3 Grössengleichungen und links identisch sein In Gleichungen, wie F = Γ m1r2m2 muss die Dimensionh rechts i N m2 (Dimensionskontrolle). Damit ist die Dimension von Γ kg2 bestimmt. Mathematische Funktionen in Grössengleichungen, wie sin, cos, log, ln, sinh, exp, müssen als Argument unbenannte (dimensionslose oder Eins-Elemente) Zahlen (auch komplexe) enthalten, z.B. sin(ωt) = sin(2πνt), sin(2πx/λ), exp(−t/τ ). . . Diese Regel wird in der Technik und Medizin oft missachtet [z.B. Grössenklasse eines Sternes mv = −2.5 · log10 (Luminosität [W/m2 ]/2.52 · 10−8 )]. Einheiten und Dimensionen gehen verloren, es besteht die Gefahr von Rechenfehlern und Dimensionskontrollen können nicht mehr durchgeführt werden. Die Formel ist keine Grössengleichung. B.1.4 Winkel und Raumwinkel ϕ2 s ϕ R=1 ϕ1 ϕ=0 Ein Winkel wird definiert als das Bogenmass d.h. die Bogenlänge im Einheitskreis: ϕ= s s = [rad] mit R = 1. R 1m ϕ = ϕ2 − ϕ1 = s1 s2 s1 s2 − = − . 1m 1m R R Das Bogenmass ist eine dimensionslose Grösse (Verhältnisgrösse) mit der Bezeichnung rad (Radiant), ein voller Winkel ist ϕ = 2π. Die auch übliche Angabe in Grad ist Grad= rad · 180◦ /π mit 360◦ für den vollen Winkel. Der Raumwinkel ist die auf einer Einheitskugel aufgespannte Kugeloberfläche A Ω B.1.5 A A = [sr] 1 m2 R2 mit der Einheit [sr] (Steradiant). Eine Vollkugel hat Ω = 4π sr. Manchmal wird der Raumwinkel (z.B. eines Detektors) auch in Einheiten von 4π angegeben. Ω= R=1 Wahl der Basisgrössen in Einheitensystemen Als Bedingungen für ein Einheitensystem können die folgenden aufgestellt werden118 : (i) Beschränkung auf ein Minimum an Einheiten (ii) Die Bildung neuer Grössen (nicht Dimensionen) soll nur durch Multiplikation und Division bestehender Grössen bestimmt werden. Z.B. Fläche=(Länge)2 , nicht aber √ Länge= Fläche mit der Fläche als Basis. (iii) Die Struktur des physikalischen Begriffsystems ist durch folgende Axiome gegeben: 1. C = A · B Multiplikative Bildung von Grössenarten. Hierbei ist keine der Grössen A, B, C voreinander ausgezeichnet. 2. Unbenannte Zahlen (1) = A◦ (Eins-Elemente) ändern die Dimension einer Grösse nicht, A · (1) = A, z.B. [Länge]·5=[Länge], [Bogenlänge/Radius]=(1) [rad], [Wirkungsgrad 118 Fleischmann, Zeitschrift für Physik 129(1951)377. Hier beziehen sich Produkt, Quotient, Multiplikation, Division nicht nur auf reine unbenannte Zahlen (dimensionslose Grössen) oder Skalare sondern auf allgemein benannte Grössen. 168 η= Arbeit/Wärme]. 3. Reziproke Grössen A−1 multipliziert mit der Grösse A · A−1 = (1) ergibt unbenannte Zahlen, z.B. [Frequenz·Zeit]=(1). 4. Es gilt das assoziative Gesetz A · (B · C) = (A · B) · C und das kommutative Gesetz A · B = B · A. Die Bedingungen 1.-4. bilden eine kommutative Abelsche Gruppe. 5. Für alle A 6= (1) und m ∈ IN \ 0 gilt Am 6= (1), d.h. die Gruppe ist keine Drehgruppe, sie ist torsionsfrei119 . 6. Die aus unendlich vielen Grössenarten bestehende Gesamtheit besitzt ein endliches Erzeugendensystem, d.h. es gibt endlich viele (N )-Elemente Cp , Cq , . . . Cr , so dass jedes Element X sich bildet mit X = Cpαp · Cqαq · Crαr , αi ganzzahlig. Eindeutigkeit besteht, wenn kein Ci durch die anderen ausgedrückt werden kann (unabhängige Erzeugende bzw. Basis). Eindeutigkeit der Darstellung wird nicht vorausgesetzt, z.B. ist ~r × F~ = −F~ × ~r. 1.-6. sind das vollständige Axiomensystem der Gruppe, für die gilt: Satz: Es gibt mindestens eine Basis B1 . . . Bn mit n ≤ N . Für n = 1 gibt es genau zwei Basen B1 und B1−1 . Für n > 1 gibt es unendlich viele, gleichwertige Basissysteme. Ein Basissystem entspricht den n linear unabhängigen Grundvektoren eines n-dimensionalen Punktgitters. Die Anzahl der Elemente einer Basis werden durch folgende Bedingungen bestimmt: Es gebe in einem Gebiet k voneinander unabhängige Gleichungen zwischen l Grössenarten mit l > k, dann sind n = l − k unbestimmt und damit Grundgrössen (Basis). Z.B. in der Geometrie ist l eine Grundgrösse mit den Gleichungen A = l2 , V = l3 ; in der Kinematik die zwei Grundgrössen Länge, Zeit mit den Gleichungen v = l/t, a = l/t2 ; in der Dynamik mit drei Grundgrössen: a) Système International d’Unites (SI) {l,Masse,t} mit [m, kg, s] b) technisches System {l, F, t} mit [m, kp, s] c) natürliche Einheiten {v, Energie E, Wirkung S} mit c = me c2 = h̄ = 1 d) sowie viele andere mögliche Systeme. Physikalisch sind alle Basen gleichbedeutend, die Einheiten (Masszahlen wie cm, m, s, Std, Lichtjahre . . . ) sind belanglos, wesentlich ist die Verknüpfung und deren Eindeutigkeit. Es darf keine zweite, verschiedene, gleichzeitig geforderte Definition geben. Die Begriffsverknüpfungen (Definfitionen von Grössenarten der Form A · B = C) sind keine Naturgesetze, sie passen sich jedoch der Naturerfahrung an (wie v = l/t, F = m · b) ud stehen mit der Physik nicht im Widerspruch. Die Ganzzahligkeit des Exponenten ist √ eine reine Zweckmässigkeit, gebrochene Exponenten ( E) sind mathematisch einfach , physikalisch jedoch problematischer einzuführen. Vorsicht: Zusatzvereinbarungen, die das nte Basiselement aus den (n − 1) restlichen definieren, verletzen die Eindeutigkeit. Z.B. müsste im elektrostatischen cgs-System√Q(el. Ladung) √ ein unabhängiges Basiselement sein, jedoch ist E · l = Q · Q, Q = E√· l = l · Kraft und im magnetischen √ cgs-System ist der Induktionsfluss(Polstärke)= E · l = l · Kraft. Diese Zusatzforderung besagt, der Quotient beider Seiten ist dimensionslos, d.h. man kann nur in diesem Dimensionssystem jede Grösse mit diesem Quotienten multiplizieren ohne die Grössen zu verändern, jedoch nicht in einem anderen Dimensionssystem. Die Dimensionssysteme sind damit nicht eindeutig aufeinander abbildbar. 119 Für eine Drehgruppe gilt Am+n = An mit beliebigen ganzen Zahlen n; eine m-fache Drehung um den Winkel 2π/m führt zur Identität. 169 B.2 SI-Einheiten Für Grundgrössen und abgeleitete Grössen wurde an der 11. Generalkonferenz für Mass und Gewicht 1960 ein kohärentes Einheitssystem, das Systeme International d’Unités (SI), für den allgemeinen Gebrauch empfohlen. Die der Meterkonvention angehörenden Staaten sind gehalten, das SI durch Gesetz einzuführen. Das SI ersetzt alle früheren Masssysteme, wie das cgs- (cm g s), das mks- (m kg s), das technische Masssystem etc. In Klammern: die in diesem Skript i.a. benutzten Bezeichnungen der Grössen. Masse (m, M ) 1 Kilogramm (kg) ist die Masse des aus Pt-Ir bestehenden Urkilogramms , das im Bureau International des Poids et Mesures in Sevres aufbewahrt wird. Es entspricht ungefähr der Masse von 1 l Wasser bei 4◦ C. Zeit (t, T ) 1 Sekunde (s) ist die Zeitdauer von 9 192 631 770 Schwingungen des Uebergangs zwischen den beiden Hyperfeinstrukturniveaus im Grundzustand des 133 Cs Atoms. Länge (l, ℓ) 1 Meter (m) ist die Länge der Strecke, die das Licht im Vakuum während der Dauer von 1/299 792 458 s zurücklegt. Veraltet: Urmeter (sollte 1/40 000 000 des Meridians durch Paris sein), 1 m = 1 650 763.73 Wellenlängen des roten Lichtes, das von 86 Kr bei einem bestimmten Uebergang emittiert wird. Der Meterstandard zeigt, dass die Einteilung in Grund- und abgeleitete Einheiten willkürlich ist. Definiert ist heute die Lichtgeschwindigkeit c = 2.99792458 ×108 m/s. Elektrische Stromstärke (I) 1 Ampére (A) ist die Stärke eines Stromes, der durch zwei im Vakuum im Abstand von 1 m parallel verlaufende, geradlinige, unendlich lange Leiter von vernachlässigbarem Durchmesser, fliessend, eine gegenseitige Kraft von 2 × 10−7 Newton pro Meter Länge hervorruft. Temperatur (T ) 1 Kelvin (K) ist der Bruchteil 1/273.16 der thermodynamischen Temperatur des Tripelpunktes von Wasser. Die Celsiusskala ist definiert durch: t(◦ C) = t(K) - 273.15 K. Schmelzpunkt und Siedepunkt des Wassers unter Normalbedingungen liegen nur ungefähr bei 0◦ respektive 100◦ C. Der absolute Nullpunkt ist per Definition 0 K. Quantität der Materie (n, ν) 1 Mol (mol) ist die Menge eines Stoffes, die gleichviele Teilchen N◦ (Atome, Moleküle, Ionen, Elektronen, ...) besitzt, wie Atome in 12 g des Kohlenstoffisotops 12 C enthalten sind. N◦ = 12.000 g/mol Masse eines Atoms diese Zahl ändert sich, wenn die 12 12 C Avogadrosche oder Loschmidtsche Zahl, C-Atommasse genauer bestimmt wird. Lichtstärke 1 Candela (cd) ist die Lichtstärke (Intensität I = dΦ/dΩ), mit der 1/60 cm2 Oberfläche 170 eines schwarzen Strahlers bei der Temperatur des beim Druck von 1 atm erstarrenden Pt (2024.5 K) senkrecht zur Oberfäche strahlt. Sämtliche Dimensionen physikalischer Grössen lassen sich auf diese 7 Grundgrössen zurückführen. Z.B. Beschleunigung m/s2 , Kraft N = m kg/s2 . Die 7 Grundgrössen sind nicht alle fundamentale Basisgrössen. Z.B. wird die Kelvinskala nur eingeführt, weil der theoretisch existierende Zusammenhang zwischen Temperatur und Energie experimentell nur schlecht bestimmbar ist. Für die Physik genügen die 4 Basisgrössen m, kg, s und A. B.2.1 Von den SI-Einheiten abgeleitete Einheiten z.T. mit speziellen Namen In Klammern: die in diesem Skript i.a. benutzten Bezeichnungen der Grössen. ebener Winkel (α, ϕ) Raumwinkel (Ω) Frequenz (ν) Geschwindigkeit (~v ) Impuls (~p) Kraft (F~ ) Druck (p) Energie,Arbeit (E, W ) Leistung (P ) ~ ◦) Drehimpuls (L ~ ◦) Drehmoment (M Trägheitmoment (I◦ ) Wärmemenge (Q) Entropie (S) el. Ladung (q, Q) ~ elektrische Feldstärke (E) ~ dielektrische Verschiebung (D) el. Stromdichte (~j) el. Spannung, Potential (V ) el. Kapazität (C) el. Widerstand (R) el. Leitfähigkeit (σ) Induktionsfluss (Φ) ~ magn. Induktion (B) ~ magnetische Feldstärke (H) Induktivität (L) Lichtstrom Beleuchtungsstärke Radioaktivität absorbierte Strahlungsdosis Radiant = rad Steradiant = sr Hertz = Hz Newton Pascal Joule Watt = = = = N Pa J W Joule =J Coulomb =C Volt Farad Ohm Siemens Weber Tesla Henry Lumen Lux Bequerel Gray 171 = = = = = = = = = = = = = = = = = =V = =F = =Ω = =S = = Wb = =T = = =H = = lm = = lx = = Bq = = Gy = m m−1 m2 m−2 s−1 m s−1 kg m s−1 m kg s−2 m−1 kg s−2 m2 kg s−2 m2 kg s−3 kg m 2 s−1 kg m 2 s−2 kg m2 m2 kg s−2 As V/m Cb/m2 A/m2 m2 kg s−3 A−1 m−2 kg−1 s4 A2 m2 kg s−3 A−2 m−2 kg−1 s3 A2 m2 kg s−2 A−1 kg s−2 A−1 A/m m2 kg s−2 A−2 cd sr lm m−2 s−1 m2 s−2 = Ns = N/m2 = Nm = J/s = Nm = Nm = J/K = = = = = = J/C C/V V/A A/V Vs Wb/m2 = Vs/A = J/kg B.2.2 Verschiedene Einheiten Grösse (Symbol) SI Einheit Länge (l) 1m Fäche (A) 1 m2 Volumen (V) 1 m3 Zeit (t) 1s Frequenz ν 1 Hz Geschwindig. (v) 1 m/s Masse (m) 1 kg Kraft (F) 1N Druck (p) 1 Pa Arbeit (W) Energie (E) Wärme(Q) 1J Leistung (P) 1W Magn. Indukt. (B) Magn. Feld (H) 1T 1 A/m 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 Parsec = 1 pc = 3.085 72 ×1016 m Lichtjahr = 1 ly = 9.460 530 ×1015 m astr. Einheit = 1 AE = 1.496 00 ×1011 m inch = 1 in. = 2.54 cm (exakt) yard = 1 yd. = 3 feet = 3 ft.= 36 in. Seemeile = 10 Kabel = 1000 Faden = 1852 m mile = 1 mi. = 1760 yd. = 1.609 344 km Ångström = 1 Å = 10−10 m Fermi = 1 fm = 10−15 m Are = 1 a = 102 m2 Barn = 1 b = 10−28 m2 Liter = 1 l = 10−3 m3 Gallone (US) = 4 Quarts = 8 Pints = 3.785 4 l Gallone (GB) = 4 Quarts = 8 Pints = 4.545 9631 l d = 24 h = 86400 s Jahr = 1 y = 3.155 69 ×107 s ≈ π × 107 s cycle per second = 1 cps = 1 Hz revolution per minute = 1 rpm = 1/60 Hz km/h = 1/3.6 m/s Knoten = 1 Seemeile/h mile per hour = 1 mph = 1.609 344 km/h techn. Masseneinh. = 1 TME = 1 kp m−1 s2 = 9.806 65 kg atomare Masseneinheit = 1 u = 1.660 5655(86) ×10−27 kg pound = 1 lb = 16 ounces = 16 oz. = 0.453 59237 kg dyn = 1 cm g s−2 = 10−5 N Kilopond = 1 kp = 1 kg∗ = 9.806 65 N Bar = 1 b = 103 mb = 105 Pa Atmosphäre (phys.) = 1 atm = 1.013 25 ×105 Pa Atm. (techn.) = 1 at = 1 kp/cm2 = 0.980 665 ×105 Pa Pound per sq. in. = 1 PSI = 6.894 76 ×103 Pa Torr = 1/760 atm = 133.322 37 Pa = 1 mm Hg (0 ◦ C) Erg = 1 erg = 10−7 J kWh = 3.6 ×106 J cal (thermoel.) = 4.184 J cal (mittlere) = 4.186 97 J cal (15 ◦ C) = 4.185 5 J cal (IT) = 4.186 84 J eV = 1.602 1892(46) ×10−19 J Pferdestärke = 1 PS = 75 m kp/s = 735.498 75 W horse power = 1 hp (mech.) = 550 ft lb/s = 745.692 27 W hp (elektr.) = 746 W Gauss = 1 G = 10−4 T Oersted = 103 /4π A/m 172 B.2.3 B.3 Vorsilben der Dezimalteilung von Einheiten Vorsilbe Abk. Faktor Vorsilbe Exa Peta Tera Giga Mega Kilo Hekto Deka E P T G M k h d 1018 1015 1012 109 106 103 102 101 Dezi Zenti Milli Mikro Nano Piko Femto Atto Abk. Faktor d c m µ n p f a 10−1 10−2 10−3 10−6 10−9 10−12 10−15 10−18 spezielles nur dl, dm nur cm 1 fm=1 Fermi Astronomische Daten Erde 1 mittl. Sonnentag 1 Sterntag 1 tropisches Jahr 1 siderisches Jahr mittl. Radius Masse mittl. Dichte mittl. Entfernung von der Sonne 1 d = 86400 s 86 164.09 s 1 y = 365.242 20 d 365.256 36 d 6 371.0 km 5.976 ×1024 kg 5 517 kg/m3 1.496 ×1011 m = 1 astr. Einheit = 1 AE Mond Masse Radius Entfernung von der Erde siderische Umlaufszeit synodische Umlaufszeit (Neumond) 7.35 ×1022 kg = 1/81.3 mE 1 738.2 km 384 400 km (356 400 . . . 406 700 km) 27.321 661 d 29.530 558 d Sonne Radius Masse Oberflächentemperatur 695 990 km = 109.24 RE 1.989 ×1030 kg = 3.328 3 ×105 mE 5770 K Milchstrasse Durchmesser Dicke Sonne-Zentrum Masse 80 000 Ly 6 000 Ly 32 000 Ly 1.4 ×1011 mS 173 C Mathematische Hilfsmittel C.1 Mathematische Formelsammlung C.1.1 r ½ ½ ½α ½ Trigonometrie sin α = y/r csc = r/y cos α = x/r sec = r/x tan α = y/x cot = x/y sin2 α + cos2 α = 1 ½ ½ y x sin(α ± β) = sin α cos β ± cos α sin β, ´ ³ ´ α±β cos α∓β ³ 2 ´ ³ 2 ´ α−β cos β=2 cos α+β cos ³ 2 ´ ³ 2 ´ sin α−β cos β=2 sin α+β 2 2 √ sin α ± sin β=2 sin cos α + ³ cos(α ± β) = cos α cos β ∓ sin α sin β cos α − a cos α + b sin α=A · sin(α + δ), A = √a2 + b2 , tan δ = ab oder a cos α + b sin α=A · cos(α − δ ′ ), A = a2 + b2 , tan δ ′ = ab C.1.2 −1 Komplexe Zahlen iϕ z=a ϕ) √ √+ ib = ρ exp(iϕ) = ρ e = ρ (cosn ϕ + ni sin √ iϕ/n 2 2 , z = ρ eiϕ/2 ρ = a + b = |z|, tan ϕ = b/a, z = ρ e ℑ{z} 6 da | eiϕ |2 = eiϕ · e−iϕ = e0 = 1 liegt eiϕ auf dem Einheitskreis. b i ρ ½ > '$ Geometrische Deutung: ℜ{z} = ρ cos ϕ, ℑ{z} = ρ sin ϕ ½z ½ exp(iϕ) = cos ϕ + i sin ϕ, exp(−iϕ) = cos ϕ − i sin ϕ ⇒ - ⇒ ½ϕ ℜ{z} &% 1 a −i cos ϕ = exp(iϕ) + exp(−iϕ) a = , 2 ρ sin ϕ = exp(iϕ) − exp(−iϕ) b = 2i ρ exp(iπ/2) = eiπ/2 = i, exp(iπ) = eiπ √ = −1, √ n n inϕ n z = ρ e = ρ (cos nϕ + i sin nϕ), z = ρ eiϕ/2 , z̄ = a − ib ist√das konjugiert komplexe (auch z ∗ ) zu z = a + ib, √ 2 2 Betrag |z| = z z̄ = a + b C.1.3 Hyperbolische Funktionen sinh x = exp(x)−exp(−x) , 2 sinh2 x − cosh2 x = −1, C.1.4 cosh x = exp(x)+exp(−x) 2 sinh x tanh x = cosh x Inverse Funktionen sin[arcsin(x)] = x, ln[exp(x)] = x cos[arccos(x)] = x, etc. sinh[arcsinh(x)] = x, 174 cosh[arccos(x)] = x C.1.5 Ableitungen und unbestimmte elementare Integrale Für unbestimmte Integrale muss eine Konstante c berücksichtigt werden. R R Partielle Integration: u dv = u v − v du R d f (x) dx f (x) f (x) dx Z x n d n x = nxn−1 dx Z xn+1 x dx = , n 6= −1 n+1 x −1 d −1 x = −x−2 dx Z x−1 dx = ln x ln x d ln x = x−1 dx Z ln xdx = x ln x − x ex d x e = ex dx Z ex dx = ex sin x d sin x = cos x dx Z sin xdx = − cos x cos x d cos x = − sin x dx Z cos xdx = sin x tan x x d tan x = dx cos2 x Z tan xdx = − ln cos x cot x d x cot x = − 2 dx sin x Z cot xdx = ln sin x Z a2 Z a2 √ 1 dx = arctan(x/a) 2 +x a dx 1 = arctanh(x/a) 2 −x a dx x = arcsin |a| a2 − x 2 à Z 1 a+ dx √ = − ln |a| x a2 ± x 2 Z √ Z √ n x 2 ± a2 = oder = 1 a+x ln , (a2 > x2 ) 2a a − x oder = − arccos √ a2 ± x 2 x x , (a2 > x2 ) |a| ! i √ 1h √ 2 x x ± a2 ± ln(x + x2 ± a2 ) 2 √ dx = ln(x + x 2 ± a2 ) x 2 ± a2 175 C.1.6 Einige bestimmte Integrale, die nicht als unbestimmte Integrale angegeben werden können. Z∞ Z∞ n! dx √ , n = 0, 1, 2 . . . , p > 0 t p dt = n+1 (ln p) (1 + x) x 0 0 π a > 0 Z∞ Z∞ 2 a dx sin mx dx a=0 = 0 2 2 a +x x π 0 0 − a<0 2 Z∞ Z∞ sin2 (px) dx πp sin2 (mx) dx = 2 x 2 n −t 0 π/2 Z 0 Zπ dx a + b cos x 0 Z∞ e−ax dx =√ = 0 Z∞ 2 x e−x dx 0 Z1 0 1 , a 0 Z∞ 1 2 π dx = 2 2 2ab sin x + b cos x e−a 2 2 x2 1√ π 2a √ π = 4 √ π = 2 dx = 2 x2 e−x dx 0 ln x dx 1+x 2 =− a2 π 2 = 0 π − 2 π = 2 0 Z∞ = (−1)n · n! C.1.7 a>b≥0 a>0 (ln x)n dx 0 Z1 = π , − b2 a2 =π Z1 q ln 1/x dx 0 Z1 π 12 0 ln x dx 1 − x2 =− π2 8 Reihenentwicklungen ′ Taylor-Reihe: f (x) = f (x◦ )+f (x◦ ) exp(x) = sin(x) = tan(x) = sinh(x) = 2 (x − x◦ )2 (x − x◦ )1 ′′ +f (x◦ ) +· · · mit 0 ≤ (x−x◦ ) < 1 1! 2! 3 ex = 1 + x + x2! + x3! + · · · 5 3 x − x3! + x5! − + · · · 5 3 x + x3 + 2 x15 + · · · 3 5 x + x3! + x5! + · · · (1 + x)n = 1 = √ 1+x 1+x= √1 = 1+x ln(1 − x) = cos(x) = cot(x) = cosh(x) = 2 x − x2! 2 1 − x2! 2 1 − x2 2 1 + x2! x2 + n(n−1)(n−2) x3 + · · · 1 + nx + n(n+1) 2! 3! 1 − x + x2 − x3 + · · · , (−1 < x < 1) 2 3 1 + x2 + x8 + x16 + · · · , (−1 < x < 1) 2 3 + · · · , (−1 < x < 1) 1 − x2 + 3x8 − 5x 16 176 3 + x3! 4 + x4! 4 + x4 4 + x4! − +··· − +··· − +··· + ··· m>0 m=0 m<0 C.2 Zusammenstellung von Differentialgleichungen in Physik A Differentialgleichung Lösung 1. y ′′ = a y = 12 ax2 + C1 x + C2 2. y ′′ + ωy ′ = 0 y = C1 e−ωt + C2 3. y ′′ + ωy ′ = g y = C1 e−ωt + C2 + 4. y ′ + ωy = g y = C1 e−ωt + 5. y ′′ + ω 2 y = g y = y0 cos(ωt − δ) + 6. y ′′ − y = cos x y = C1 ex + C2 e−x − 12 cos x ′ 7. y ′′ + 2λy + α2 y = 0 q ω = + |λ2 − α2 | 8. y ′′ + 2λy ′ + α2 y = f (t) benutze : Ansatz : damit : Einsetzen in Dgl. : zusammenfassen : also : 9. x2 y ′′ + xy ′ − k 2 y = 0 g ω ·t g ω g ω2 λ > α y = e−λt (C1 eωt + C2 e−ωt ) λ < α y = e−λt (C1 eiωt + C2 e−iωt ) λ = α y = e−λt (A + Bt) R R = f (x, x) + 0x ∂f (x, y)dy F (x) = 0x f (x, y)dy ⇒ dF dx ∂x Rt y = 0 g(t − τ )f (τ )dτ R y ′ = g(0)f (t) + 0t g ′ (t − τ )f (τ )dτ R y ′′ = g(0)f ′ (t) + g ′ (0)f (t) + 0t g ′′ (t − τ )f (τ )dτ R g(0)f ′ (t) + g ′ (0)f (t) + 0t g ′′ (t − τ )f (τ )dτ + 2λg(0)f (t) R Rt ′ +2λ 0 g (t − τ )f (τ )dτ + α2 0t g(t − τ )f (τ )dτ = f (t) g(0)f ′ (t) + [g ′ (0) + 2λg(0) − 1] f (t) R + 0t [g ′′ (t − τ ) + 2λg ′ (t − τ ) + α2 g(t − τ )] f (τ )dτ = 0 Diese Gleichung wird erfüllt, wenn g(t − τ ) die Dgl. 8. erfüllt mit den Anfangsbedingungen g(0) = 0 und g ′ (0) = 1 λ>α y= λ<α y y λ=α y y = = = = 1 2ω Rt ³ ´ e−λ(t−τ ) eω(t−τ ) − e−ω(t−τ ) f (τ )dτ 0 ³ ´ i R t −λ(t−τ ) eiω(t−τ ) − e−iω(t−τ ) f (τ )dτ − 2ω 0 e 1 R t −λ(t−τ ) e sin ω(t − τ )f (τ )dτ Rωt 0 −λ(t−τ ) e (t − τ )f (τ )dτ 0 k −k C1 x + C2 x 177 C.3 Vektorgleichungen Skalarprodukt ~ ~a · b = ax bx + ay by + az bz ~a(~b · ~c) ~a · (~b × ~c) ~a × (~b × ~c) ~ (~a × ~b) · (~c × d) ∇ × ∇ψ ∇ · (∇ × ~a) (∇ · ∇)ψ ∆~a ∇ × (∇ × ~a) ∇ · (ψ~a) ∇ × (ψ~a) ∇(~a · ~b) ∇ · (~a × ~b) ∇ × (~a × ~b) Vektorprodukt ~ ~a × b = ~ex (ay bz − az by ) ~ey (az bx − ax bz ) ~ez (ax by − ay bx ) = = = = = = = = = = = = = = Tensorprodukt ~ ~a ⊗ b = ax bx ax by ax bz ay b x ay b y ay b z az b x az b y az b z (~a ⊗ ~b)~c ~b · (~c × ~a) = ~c · (~a × ~b) (~a · ~c)~b − (~a · ~b)~c ~ − (~a · d)( ~ ~b · ~c) (~a · ~c)(~b · d) 0 0 ∇ · (∇ψ) = ∆ψ ∇ · (∇~a) − ∇ × (∇ × ~a) ∇ · (∇~a) − ∇2~a = ∇ · (∇~a) − ∆~a ~a · ∇ψ + ψ∇ · ~a ∇ψ × ~a + ψ∇ × ~a (~a · ∇)~b + (~b · ∇)~a + ~a × (∇ × ~b) + ~b × (∇ × ~a) ~b · (∇ × ~a) − ~a · (∇ × ~b) ~a(∇ · ~b) − ~b(∇ · ~a) + (~b · ∇)~a − (~a · ∇)~b Ist ~x die Koordinate eines Punktes in Bezug auf einen Ursprung mit dem Betrag r = |~x| und ~n = ~x/r der Einheitsradiusvektor, dann gilt ∇ · ~x = 3 ∇ × ~x = 0 2 ∇ · ~n = r ∇ × ~n = 0 ~ a 1 ⊥ (~a · ∇)~n = r [~a − ~n(~a · ~n)] ≡ r C.4 Theoreme aus der Vektorrechnung ~ skalare oder Vektor-Funktionen, V ist ein dreidimensioIm folgenden sind Φ, Ψ, und A nales Volumen mit dem Volumenelement d3 x. S ist eine zweidimensionale, geschlossene Oberfläche des Volumens V mit dem Flächenelement da und der nach aussen zeigenden Normalen ~n auf da. R V R V ~ 3x = ∇ · Ad R ∇Ψd3 x = S R (Φ∇2 Ψ + ∇Φ · ∇Ψ)d3 x = S R R V R V R V ~ 3x = ∇ × Ad (Φ∇2 Ψ − Ψ∇2 Φ)d3 x = S R S R S ~ · ~nda A Divergenz Theorem ψ~nda ~ ~n × Ada Φ~n · ∇Ψda (Φ∇Ψ − Ψ∇Φ) · ~nda 178 Green’s 1. Identität Green’s Theorem Im folgenden ist S eine offene Fläche und C eine sie einschliessende Kontur mit dem Linienelement d~ℓ. Die Normale ~n zu S ist durch die rechte Hand-Regel in bezug auf das Linienintegral um die Kontur C definiert. R S ~ · d~ℓ Stoke’s Theorem ~ · ~nda = H A (∇ × A) R S C.5 C ~n × ∇Ψda = H Ψd~ℓ C Explizite Formen von Vektoroperationen Mit den orthogonalen Einheitsvektoren ~e1 , ~e2 , ~e3 , die den gewählten Koordinaten entspre~ gilt für den Nabla-Operator ∇ chen und den Komponenten A1 , A2 , A3 von A ∇Ψ = ~= ∇·A ~= ∇×A ∇2 Ψ = Kartesische Koordinaten x1 , x2 , x3 = ~x = x, y, z ∂Ψ + ~e ∂Ψ + ~e ∂Ψ ~e1 ∂x 2 3 ∂x2 ∂x3 1 ∂A1 + ∂A2 + ∂A3 ∂x1 ∂x2 ∂x3 ∂A ∂A3 ∂A2 ∂A1 ∂A 2 1 3 ~e1 ( ∂x − ∂x ) + ~e2 ( ∂A ∂x3 − ∂x1 ) + ~e3 ( ∂x1 − ∂x2 ) 2 3 ∂2Ψ + ∂2Ψ + ∂2Ψ ∂x21 ∂x22 ∂x23 Zylinder Koordinaten ρ, ϕ, z 1 ∂Ψ ∂Ψ ∇Ψ = ~e1 ∂Ψ ∂ρ + ~e2 ρ ∂ϕ + ~e3 ∂z ~ = 1 ∂ (ρA1 ) + 1 ∂A2 + ∂A3 ∇·A ρ ∂ρ ρ ∂ϕ ∂z ∂A ∂A1 ∂A3 ∂A 1 ∂(ρA2 ) ∂A1 1 2 3 ~ = ~e1 ( ∇×A ρ ∂ϕ − ∂z ) + ~e2 ( ∂z − ∂ρ ) + ~e3 ρ ( ∂ρ − ∂ϕ ) ∂ (ρ ∂Ψ ) + 1 ∂ 2 Ψ + ∂ 2 Ψ ∇2 Ψ = ρ1 ∂ρ ∂ρ ρ2 ∂ϕ2 ∂z 2 Kugel Koordinaten r, ϑ, ϕ 1 ∂Ψ 1 ∂Ψ ∇Ψ = ~e1 ∂Ψ ∂r + ~e2 r ∂ϑ + ~e3 rsinϑ ∂ϕ ∂ (sinϑA ) + 1 ∂A3 ~ = 12 ∂ (r2 A1 ) + 1 ∇·A 2 ∂r r sinϑ ∂ϑ r sinϑ ∂ϕ r · ¸ ∂A 1 ∂ 2 ~ = ~e1 ∇×A r sinϑ ∂ϑ (sinϑA3 ) − ∂ϕ + · ¸ · 1 ∂A1 − 1 ∂ (rA ) + ~e 1 ∂ (rA ) − ∂A1 +~e2 r sinϑ 3 3r 2 r ∂r ∂ϕ ∂r ∂ϑ 2 ∂ ∂ Ψ ∂ 1 ∂Ψ 1 1 2 ∂Ψ 2 (sinϑ ∂ϑ ) + 2 ∇ Ψ = 2 ∂r (r ∂r ) + 2 r r sinϑ ∂ϑ r sin2 ϑ ∂ϕ2 2 2 ∂ (r2 ∂Ψ ) ≡ 1 ∂ (rΨ) = ∂ (Ψ) + 2 ∂ (Ψ) mit 12 ∂r r ∂r2 r ∂r ∂r r ∂r2 ¸ Es werden auch folgende Schreibweisen benutzt: gradΨ = ∇Ψ ~ =∇·A ~ div A 179 ~ =∇×A ~ rotA ∇2 = ∆ Index in Polarkoordinaten, 8 Normalbeschleunigung, 7 Radialbeschleunigung, 32 Relativbeschleunigung, 79 Tangentialbeschleunigung, 32 Zentripetalbeschleunigung, 7, 8 Bewegung allgemein ebene, 9 gebunden, 51, 63 Konstante der, 59 Planetenbewegungen, 61 Relativbewegung, 77 starrer Körper, 98 thermische, 137 ungebunden, 51, 63 Bewegungsprinzip, 13 Bezugssystem Dynamik in einem bewegten, 80 Kinematik in einem bewegten, 78 Biegung, 132 Bruchgrenze, 129 ∆, 148 Γ, 18 ∇ (Fussnote), 44 ~ 44 ∇, ~ ∇×, 44 Äquipotentialfläche, 44, 138 Ableitung partielle (Fussnote), 43 vollständige, 43 Adhäsion, 159 Adhäsionseffekt, 159 Adhäsionskraft, 162 Aktionsgesetz, 14 Aktionsprinzip, 13, 80 Amplitude, 34, 65 aperiodischer Grenzfall, 69 Arbeit, 39 Archimedisches Prinzip, 142 Argand-Diagramm, 75–76 Astronomische Daten, 173 Atomgitter, 124 Atwoodsche Fallmaschine, 28 Auftrieb, 141 dynamischer, 155 Kutta-Joukowski-Auftrieb, 156 Auftriebsziffer KA , 158 Austauschteilchen, 17 auswuchten, 119 dynamisch, 119 statisch, 119 Axialvektor, 9, 44, 57 Axiom, 122 Azimutalbeschleunigung, 32 Cavendish-Experiment, 18 charakteristische Gleichung, 66 Corioliskraft, 80, 82 Coulomb-Gesetz, 48 Coulombkraft, 21 Coulombpotential, 93 Coulombsche Reibungsgesetze, 25 Dämpfung kritische, 68 schwache, 67 starke, 68 Déplacement, 141 Definition Arbeit, 39 Kilogramm, 2 Meter, 2 Sekunde, 2 Trägheitsmoment, 98 Deformation, 124, 128 Deviationsmoment, 111 Dichte, 94 Differential, 4 Differentialgleichung Bahn, 3 Bahnkurve, 3 Barometerformel,isotherme, 139 Basisgrösse, 3 Bernoulli-Gleichung, 146, 149 Voraussetzungen für die, 146 Beschleunigung, 5, 13 Absolutbeschleunigung, 79 Azimutalbeschleunigung, 32 Coriolisbeschleunigung, 80 Führungsbeschleunigung, 79 180 Ellipse, Parameter, 62 elliptisches Intergral, 35 Energie, 39 kinetische, 40, 107 potentielle, 43, 70 totale, 49 Energieerhaltungssatz, 49, 107, 123 Energieerhaltungssatz (Beispiele), 50–55 Energiesatz, 40, 41 der Mechanik, 40 Erdbeschleunigung, 29 Erdrotation, 84 Erhaltungssatz Drehimpuls, 57, 123 Energie, 49, 107, 123 Energie (Beispiele), 50–55 Impuls, 53, 122 klassische, 122 Eulersche Bewegungsgleichung, 145 Eulersche Gleichungen, 112 Exzentrizität der Ellipse, 62 homogene, 31 inhomogene, 31 dissipative Kraft, 108 Drall, 56 Drallsatz, 57, 95 Drehimpuls, 56 Konstanz des, 59 totaler, 94 z-Komponente, 98 Drehimpulserhaltungssatz, 57, 123 Drehimpulssatz, 57, 95 Drehmoment, 56, 95 Drehmomentenbedingung, 24 Drehwaage, 20 Driftbewegung, 143 Druck dynamischer, 149 Gesamtdruck, 149 hydrostatischer, 137 Normaldruck, 161 statischer, 149 Drucksonde, 149 Druckspannung, 127 dynamischer Druck, 149 dynamischer Widerstand, 158 Führungskraft, 80 Fall vertikal, im Vakuum, 27 vertikal, in Medium, 31 Fallgesetz, 27, 28 Feder, lineare, 64 Federkonstante, 64, 124 Federkraft, 64 Feldfluss, 49 Feldlinien, 42 Feldstärke, 20 Flächensatz, 60 Flächenträgheitsmoment, 133, 135 Flüssigkeit, 137 benetzende, 163 Dynamik der idealen, 143 ideale, 143 inkompressibel, 137 nichtbenetzende, 163 reale, 144 reibungslos, 137 rotierende, 141 ruhende, 138 verdrängte, 142 zäh, 137 Flüssigkeitslamellen, 160 Eötvös-Experiment, 19 Ebbe, 85 Effekt Kapillaritätseffekt, 162 Magnus-Effekt, 157 Eigenfrequenz, 34 Ein-Körper-Problem, 58 Einheit, 167 bar, 125 dyn (Fussnote), 13 Joule, 39 Newton, 13 Pascal, 125 Poise, 152 torr, 140 Watt, 40 Einheiten-System, 3 Einheitsvektor, 3, 7 elastische Konstante, 132 elastischer Körper, 124 Elastizität, 124 Elastizitätsmodul, 128 181 Bernoulli-Gleichung, 146, 149 Voraussetzungen für die, 146 Eulersche Bewegungsgleichung, 145 Kontinuitätsgleichung, 144 Potentialgleichung, 148 Gleitreibung, 25 Gleitreibungskoeffizient, 25 grad, 44 Gradient, 44 Gravitation, 17 Gravitationsfeldfluss, 48 Gravitationsgesetz, 18 Gravitationskonstante, 18 Gravitationskraft, 18, 85 Gravitationspotential, 46 Grundgesetze der Mechanik, 11 Fliessgrenze, 129 Fluss, 48 Fluss-Regel, 49 Flut, 85 Formelastizität, 137 Foucaultpendel, 84 Freiheitsgrad, 4, 78 Frequenz, 8, 34, 65 Fundamentalkräfte, 17 FWHM, 72 Güte-Faktor, 70 Galilei-Transformation, 78 Gangpolkegel, 113 Gas, 137 Geometriefaktor, 98 Gesamtdruck, 149 Geschwindigkeit, 4 Geschwindigkeitsvektor, 78 kritische, 154 mittlere, 4 momentane, 4 Winkelgeschwindigkeit, 78 Geschwindigkeitsvektor, 78 Gesetz Aktionsgesetz, 14 Coulomb-Gesetz, 48 Coulombsche Reibungsgesetze, 25 Fallgesetz, 27, 28 Fluss-Regel, 49 Gravitationsgesetz, 18 Grundgesetze der Mechanik, 11 Hagen-Poiseuille-Gesetz, 153 Keplersche Gesetze, 63 Kraftgesetz, 12 Newtonsches Gravitationsgesetz, 48 Newtonsches Reibungsgesetz, 152 Reflexionsgesetz, 54 Reibungsgesetze, 25 Torricellisches Ausflussgesetz, 140, 151 von Boyle-Mariotte, 139 von Hook, 128 von Stokes, 26 Gezeiten, 85 Gezeitenkräfte, 119 Gleichgewichtsbedingungen, 96 Gleichung Haftreibung, 25 Haftreibungskoeffizient, 25 Hagen-Poiseuille Gesetz, 153 Strömung, 152 Widerstand, 153 harmonische Bewegung, 34 Hauptachsen, 111 Hauptelemente, 127 Hauptrichtung, 127 Hauptspannung, 127 Homogenität Raum, 122 Zeit, 122 Hooksches Gesetz, 128 hydrodynamisches Paradoxon, 150 Hydrostatisches Paradoxon, 140 Hypozykloide, 83 Impuls, 14 totaler, 94 Impulserhaltungssatz, 17, 53, 122 Impulssatz, 15, 16, 95 Impuslerhaltung, 52 Inertialsystem, 13, 77 interatomare Kräfte, 124 Isotropie Raum, 122 Streuung, 92 Körper elastisch, 124 182 fester, Elastizität, 124 fester, kristallin, 124 Gewicht des, 21 homogen, 132 homogener, 94 isotrop, 132 Deformation, 128 plastisch, 125 starrer, 94 Bewegung (Beispiele), 101–107 Dynamik des, 94 ebene Bewegung, 98 Gleichgewicht des, 96 Kapillar-Attraktion, 163 Kapillar-Depression, 163 Kapillarität, 162 kardanische Aufhängung, 113 Kegel Gangpolkegel, 113 Nutationskegel, 113 Präzessionskegel, 115 Rastpolkegel, 113 Keplersche Flächensatz, 60 Keplersche Gesetze, 63 kinetische Energie, 40 Kohäsion, 159 Kohäsionseffekt, 159 Kohäsionskraft, 159 Kommunizierende Gefässe, 140 Kompressibilität, 131, 137 Kompressionsmodul K, 131 konservatives Kraftfeld, 42 Konstanten, 166 elastische Konstanten, 132 Gravitationskonstante, 18 Kontinuitätsgleichung, 144 Koordinaten kartesische, 14 polare, 4, 14 Zylinder, 4 Koordinatensystem, 77 kartesisches, 3 raumfestes kartesisches, 6 Krümmungskreis, 7 Kraft, 11, 13 äussere, 15, 124 Adhäsionskraft, 162 Corioliskraft, 80, 82 Coulombkraft, 21 dissipative, 108 Führungskraft, 80 Federkraft, 64 Gravitationskraft, 85 ineratomare, 124 innere, 15, 124 intermolekular, 137 Kohäsionskraft, 159 nicht-konservativ, 46 Normalkraft, 24, 26, 33 Oberflächenkraft, 23, 24 Reibungskraft, 23, 66 innere, 151 Scheinkraft, 80 Tangentialkraft, 33 Trägheitskraft, 80 Van der Waals Kraft, 124 Volumenkraft, 21, 138 Zentrifugalkraft, 80, 82 Zentripetalkraft, 33, 40 scheinbare, 83 Zugkraft, 158 Kraftdichte f , 138 Kraftfeld, 20, 42 Gravitationsfeldfluss, 48 konservatives, 42 nicht-stationär, 42 radial-symmetrisches, 45 stationär, 42 Wirbelfeld, 46 wirbelfreies, 44 Kraftgesetz, 12 Kraftstoss, 53 Kreisbahn, 8 Kreisbewegung, 7, 8, 32 Kreisel, 109 Bewegung des symmetrischen, 114 im Schwerefeld, 115 kräftefrei, rotationssymmetrisch, 112 oblater, 114 prolater, 114 rattleback, 117 schlafender, 116 Kreiselkompass, 118 Kreiselregeln, 116 Kreiselung, 109 Kreisfrequenz, 65 183 Nicht-Inertialsystem, 77 Noether Theorem (Fussnote), 122 Normal-Luftdruck, 139 Normalbeschleunigung, 7 Normaldruck, 161 Normalkraft, 24, 26, 33 Normalspannung, 24, 125 Nutation, 116 der Erdachse, 121 Nutationskegel, 113 Kreispendel, 36 kritische Geschwindigkeit, 154 Kurvenintegral, 42 Kutta-Joukowski-Auftrieb, 156 Länge, 1 Laborsystem, 78, 87 Ladung, 21 laminar, 26 Laplace Operator ∆, 148 Leistung, 39, 40 Lenard-Methode, 160 Lichtgeschwindigkeit, 2 Lilienthal-Diagramm, 158 Linienintegral, 42 Lotabweichung, 84 Oberflächenenergie, 159 Oberflächenkraft, 23, 24 Oberflächenspannung α, 159 Ort, 3 Ortskoordinaten, 3 Ortsvektor, 3, 77, 78 des Schwerpunktes, 16 Oszillator Eigenfrequenz, 72 Energie des schwach gedämpften, 69 gedämpft, 66 Grad der Dämpfung, 70 linearer, harmonischer, 64 ungedämpft, 64 Magnus-Effekt, 157 Masse, 2, 11, 13, 77, 94 reduzierte, 59 schwere, 19 totale, 94 träge, 11, 19 Massenelement, 94 Massenmittelpunkt, 16 Massenpunkt, 1 Beschleunigung des, 5 Bewegung eines (Beispiel), 10 Geschwindigkeit des, 4 Kinematik des, 3 Ort des, 3 System von, 15 Mathematische Hilfsmittel, 174 Mechanik, 1 die Grundgesetze der, 11 Methode von Lenard, 160 Metrik des Raumes, 13 Mohrscher Spannungskreis, 127, 137 Momentangeschwindigkeit, 4 Mondfinsternis, 120 Parameter der Ellipse, 62 partikuläre Lösung, 31 Pendel ballistisches, 54 Foucaultpendel, 84 konisches, 36 Kreispendel, 36 mathematisches, 33, 81 physisches, 102 Reversionspendel, 103 Torsionspendel, 135 Phasenübergang, 37 Phasengrenze, 162 Phasenkonstante, 34, 65 Phasenraum des Pendels, 36 Pitotrohr, 149 Planetenbewegungen, 61 plastischer Körper, 125 Plastizität, 124 Poissonsche Zahl m, 129 Polarkoordinaten, 4, 14 Polarvektor, 9 Potential, 46 Nabla-Operator (Fussnote), 44 neutrale Faser, 132, 133 Newtonsche Mechanik Gültigkeitsbereich der, 15 Newtonsche Prinzipien, 12 Anwendungsbeispiele, 27 Newtonsches Gravitationsgesetz, 48 Newtonsches Reibungsgesetz, 152 184 Rollbedingung, 104 rot, 44 Rotation, 44, 78, 99 Ruhemasse, 14 Ruhesystem, 78 Rutherfords Streuformel, 93 Potentialgleichung, 148 Potentialströmung, 147 potentielle Energie, 43 Präzession, 115 der Erdachse, 120 Präzessionsfrequenz, 115, 116 Präzessionskegel, 115 Präzessionszyklus des Mondes, 119 Prandtlrohr, 150 Prinzip des Archimedes, 142 Proportionalitätsgrenze, Verformung, 128 Pseudovektor, 9, 44, 57 Punkt,mathematischer, 1 Punktladung, 22 Saros-Zyklus, 119 Satz Drallsatz, 57, 95 Drehimpulssatz, 57, 95 Energiesatz der Mechanik, 40 Impulssatz, 95 Keplersche Flächensatz, 60 Schwerpunktssatz, 95 von Steiner, 99, 100 von Viëta, 103 Scheinkraft, 80 schiefe Ebene, 30 schiefer Wurf, 29 Schmiegungsebene, 7 Schubmodul G, 131 Schubspannung, 24, 125, 128 Schwerpunkt, 16 Schwerpunktsatz, 15, 16 Schwerpunktsbeschleunigung, 16, 29 Schwerpunktsgeschwindigkeit, 16 Schwerpunktssatz, 95 Schwerpunktsvektor, 94 Schwerpunktsystem, 87 Schwingung erzwungene, 71 gedämpfte, 67 Schwingungsdauer, 34, 65 SI-Einheiten, 3, 170 siderisches Jahr, 2 Sonnenfinsternis, 120 Sonnentag, 2 Spannung, 24, 125 Druckspannung, 127 innere, 125 Normalspannung, 125 Oberflächenspannung, 159 Schubspannung, 125, 128 Zugspannung, 127 Spannungstensor, 125 Spannungszustand ebener, 125, 126 Q-Faktor, 70, 73 Querdehnung β, 129 Querzahl ν, 129 Radialbeschleunigung, 32 Raketenantrieb, 37–38 Randwiderstand, 158 Rastpolkegel, 113 rattleback, 117 Raum, 1, 77 Homogenität, 122 Isotropie, 122 Raum-Zeit-Symmetrie, 122 Reaktionsprinzip, 15 reduzierte Masse, 59 Reflexionsgesetz, 54 Reibung, 24 Gleitreibung, 25, 30 Haftreibung, 25, 30 trockene, 24 viskose, 24, 26, 137 Reibungsgesetz von Stokes, 26 Reibungskraft, 23, 66 innere, 151 Reibungswiderstand, 26 Relativbewegung, 77 Relativitätsprinzip der Mechanik, 77, 78 Relativitätstheorie, 14 Relativkoordinate, 58 Resonanz, 71, 72 Resonanzamplitude, 72 Resonanzbreite, 73 Resonanzfrequenz, 72 Reynoldsche Zahl Re , 154 185 hydrostatischer, 128 linearer, 128 stabile Drehachsen, 115 Stabilität, 114 statischer Druck, 149 Stokes-Widerstand, 153 Stoss, 52 elastisch, 52 gerader-zentraler, 53 inelastisch, 52 Kraftstoss, 53 Stossparameter, 88, 93 Strömung, Hagen Poiseuille Gesetz, 152 Strömung, 143 ebene, 143, 155 laminare, 26, 143 Potentialströmung, 147 stationäre, 143 turbulente, 143, 154 wirbelfreie, 147 Zirkulationsströmung, 156 Streuformel von Rutherford, 93 Streuproblem, 87 Streuung Coulombpotential, 93 Isotropie, 92 rein elastische, 87 Stromlinien, 143 Stromröhre, 144 Superpositionsprinzip, 14 Symmetrie-Axiom, 122 System abgeschlossenes, 17 Systeme International d’Unitès, 3 träge Masse, 11 Trägheit, 11 Trägheitseffekte, 84 Trägheitskraft, 80 Trägheitsmoment, 98, 100 Trägheitsprinzip, 12 Trägheitstensor, 109, 111 Transformation Galilei-Transformation, 78 SS → LS, 90 Translation, 78 Turbulenz, 154 Umlaufzeit, 8 Unitaritätsrelation, 75 Urkilogramm, 2 Urmeter, 2 Van der Waals Kraft, 124 Vektor, 3 axialer oder Pseudovektor, 9, 44, 57 Einheitsvektor, 3 Ortsvektor, 3, 77, 78 polarer, 9 Schwerpunktsvektor, 94 Winkelgeschwindigkeit, 8 Venturirohr, 150 Verformung Kaltverformung, 129 plastische, 128 Viskosität, 26, 32, 152 Volumenelement, 94 Volumenkraft, 21, 138 Wechselwirkung elektromagnetische, 17, 21 elektroschwache, 17 schwache, 17, 23 starke, 17, 23 Widerstand dynamischer, 158 Hagen-Poiseuille-Widerstand, 153 Randwiderstand, 158 Stokes-Widerstand, 153 viskoser, 153 Widerstandsziffer KW , 158 Winkelbeschleunigung, 8 Winkelgeschwindigkeit, 8, 78 Wirbelfeld, 46 Tangentialbeschleunigung, 7, 32 Tangentialkraft, 33 Taylor-Reihe, 64 Tensor, 109 Spannungstensor, 125 Trägheitstensor, 109, 111 Theorem von Noether, 122 Torkeln, 115 Torricellisches Ausflussgesetz, 140, 151 Torsion, 132, 135 Torsionspendel, 135 Torsionswaage, 18 186 Wirbelstrasse, 159 Zähigkeit η, 152 Zeit, 2, 77 Homogenität, 122 Zentralfeld, 21, 22, 45, 58 Zentrifugalkraft, 80, 82 Zentripetalbeschleunigung, 7, 8 Zentripetalkraft, 33, 40 scheinbare, 83 Zirkulation Z, 148 Zirkulationsströmung, 156 Zugkraft, 158 Zugspannung, 127 Zwei-Körper-Problem, 58 Zylinderkoordinaten, 4 187